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The cage

Kisame/Itachi
von

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Geteiltes Leid

„Wir sollten hier bald weg, hmm.“

Zabuza drehte träge den Kopf zur Seite, erfasste aus den Augenwinkeln das Seitenprofil des selbst ernannten Künstlers. Dieser spielte gedankenverloren mit einer Haarsträhne, zwirbelte diese immer wieder zwischen seinen Fingern…eine typisch weibische Geste, die er bisher noch nie an dem Blondschopf bemerkt hatte. Aber als sie noch in einer Zelle gelebt hatten, hatte er auch keinen Grund gesehen, diesem mehr Aufmerksamkeit als nötig zuteilwerden zu lassen.

Zabuza hatte in ihm eine Möglichkeit gesehen, seinen Schmerz über Hakus Verlust raus zu lassen, doch es hatte nie funktioniert. Aus Wut war er brutaler mit dem anderen umgegangen, als es nötig gewesen wäre. Es hatte ihn nie interessiert, wie es Deidara dabei ging, vielmehr hatte er es genossen, wenn dieser litt. Allerdings hielt dieses Gefühl nie lange und am Ende holten ihn die braunen Rehaugen wieder ein, machten ihm bewusst, dass er unfähig gewesen war, den einzigen Menschen zu retten, den er jemals geliebt hatte. Liebe…bis zu Hakus Tod hatte er es nicht mal benennen können. Es hatte ihn innerlich zerrissen, ihn zu verlieren und das Blut, das er vergossen hatte, hatte nicht ausgereicht, um die hinterlassene Leere zu füllen.

Auch jetzt, wo er mit dem Blonden einigermaßen im Reinen war, war er nicht mal annähernd zufrieden. Er war beruhigt, nicht mehr so ruhelos wie noch zuvor, aber er war nicht glücklich – er würde es nie wieder sein können.

Deidara machte das nichts, denn ihm ging es anscheinend genauso. Das zwischen ihnen war meilenweit davon entfernt, als eine Beziehung bezeichnet werden zu können. Keiner von ihnen brauchte mehr als die körperliche Nähe und die Ruhe danach. Vielleicht hätte er schon eher einsehen sollen, dass er Deidara nicht unbedingt quälen musste, um seine aufgestauten Gefühle zu beruhigen.

„Du traust der Schlange auch nicht?“, brummte er und musterte Deidaras nackten Rücken.

Der Angesprochene schnaubte leise.

„Ich bin Orochimaru nur gefolgt, weil ich dich ursprünglich umlegen wollte…unsere Zusammenkunft hatte nichts mit Vertrauen zu tun, hmm“, erwiderte er dann und sah ihn über seine Schulter hinweg an.

Die blauen Augen funkelten ihn wie gewohnt sehr intensiv an.

„Sobald Itachi sein Drecksbalg von einem Bruder unter Kontrolle hat, sollten wir verschwinden. Orochimaru hat nichts davon, uns zu helfen – es sei denn, er will sich noch mal an Itachi vergreifen.“

Zabuza gab ein verächtliches Geräusch von sich, richtete sich in eine sitzende Position auf, bei der die Decke seine Leistengegend entblößte.

„Als würde Kisame das zulassen…du weißt doch, wie vernarrt er in den Uchiha ist.“

Meerblaue Augen huschten für einen Wimpernschlag in seinen Schoß, ehe sie sich wieder in seinen Blick bohrten.

„Ein wenig zu vernarrt, dafür, dass er angeblich nur seinen Hintern will, hmm?“

Zabuza antwortete nicht sofort darauf, dachte an die Gespräche mit seinem Kumpel. Nur seinen Hintern…nein, Itachi war längst mehr als ein schneller Fick, dafür waren die Mühen einfach viel zu groß.

„Als wüsstest du nicht genauso gut wie ich, dass es das nicht ist“, erwiderte er kurz angebunden und wollte aufstehen, um seine Klamotten zusammenzusuchen.

Verärgert sah er auf, als Deidara dies verhinderte, indem er sich einfach auf seine Hüften setzte, sein nacktes Becken an seines schmiegte. Andererseits konnte keiner sagen, wie lange sie noch dafür Zeit haben würden. Daher beließ er es bei einem finsteren Blick, der den Jüngeren aber wie erwartet nicht abschrecken konnte. Stattdessen bewegte dieser sich leicht auf ihm, nicht zu viel, damit sie noch reden konnten.

„Nicht nur, hmm?“

„Laber mich nicht voll damit…“

„Über Gefühle reden, ist wirklich nicht dein Ding oder?“

„Müssen wir jetzt mit dieser sentimentalen Scheiße anfangen?“, knurrte der Hüne genervt und Deidara grinste, ehe er sich herunterbeugte und die Hand in seinem Nacken vergrub.

Zabuza gab keinen Laut von sich, als sich die Nägel in seine Haut krallten und ihn ruppig näher zu dem Blonden zogen, der ein laszives Lächeln aufgesetzt hatte.

„Ist mit dir ja sowieso unmöglich, hmm.“

Als sich ihre Lippen daraufhin trafen, fühlte es sich weit weniger wie ein Kampf an, als sonst…

 

 

Itachi konnte nicht sagen, warum er mit einem Mal ganz ruhig war, doch seine innere Aufregung hatte sich gelegt. Vielleicht lag es daran, dass er wusste, dass Sasuke in der Zeit, in der er ohnmächtig gewesen war, kein Leid geschehen war. Diesbezüglich vertraute er Kisames Worten.

Nachdem dieser ihn im Zimmer zurückgelassen hatte, hatte er die Zeit damit verbracht, über alles nachzudenken. Madara war immer noch da draußen, sicher würde er Obito losschicken, um Sasuke und ihn zurückzuholen…oder zu töten, je nachdem, was sein Sadismus ihm gerade riet.

Er musste also endlich mit diesem Theater aufhören und seinem Bruder die Wahrheit erzählen…oder zumindest einen Teil davon. Wenn er vernünftig mit ihm reden konnte, würde er vielleicht endlich davon absehen, Madaras falschen Versprechungen zu glauben und sein eigenes Leben wieder aufnehmen.

Itachi würde Kakashi kontaktieren, ihm den Code für das geheime Bankkonto mitteilen und ihn dazu drängen, das Land mit seinem Bruder zu verlassen. Er selbst würde hier bleiben und Madara töten oder bei dem Versuch drauf gehen. Es war alles, was er noch tun konnte, um Sasukes Leben abzusichern.

Kurz wanderten seine Gedanken zu Kisame, der so viel für ihn getan hatte…erst jetzt, wo er Ruhe hatte, wurde ihm dies bewusst und es tat ihm tatsächlich leid, dass er ihn einmal mehr hintergehen würde. Dass der andere sich so um ihn kümmerte, hatte er nicht erwartet…aber Kisame hatte ihn auch bei seinem zweiten Besuch nicht überfallen.

Er hatte Wort gehalten und ihm etwas zu essen gebracht, so wie neue Kleidung. Er sähe wie ein billiges Flittchen in diesem Fetzen aus und sollte gefälligst Hosen wie ein Mann tragen. Die Ausdrucksweise war so typisch gewesen, ruppig geradezu, doch Itachi hatte es doch berührt, wie er dafür sorgte, dass er seine verloren geglaubte Würde wieder ein bisschen wahren konnte.

In dem schlichten Shirt und der schwarzen Jogginghose fühlte er sich um einiges besser, als in dem knappen Fummel, der wohl Orochimarus Kopf entsprungen war.

Itachi seufzte stumm, setzte sich dann etwas bequemer hin, um seine verletzte Schulter zu entlasten. Eigentlich war es jedoch egal, wie er saß, denn ihm tat ohnehin alles weh…ginge es nicht um Sasuke, hätte er vielleicht längst den einfacheren, feigen Weg genommen, um endlich seinen Frieden zu haben. Itachi merkte, dass er müde wurde und trotzdem konnte er nicht schlafen.

 

Und dann wurde die Tür geöffnet und er war nicht länger allein. Weder Orochimaru noch Kisame…sondern tatsächlich sein Bruder. Hinter diesem wurde die Tür wieder verschlossen und nun standen sie sich erneut gegenüber. Itachi musterte ihn genauestens, erhob sich jedoch nicht.

Sasuke schien in Ordnung zu sein, zumindest konnte Itachi keine Wunden ausmachen und auch seine Haltung zeugte nicht davon, als verspürte er Schmerzen. Beunruhigend war immer noch die Blässe, doch das war ja schon in Madaras Kerker so gewesen…und es lag wohl auch eher an den Umständen. Sasukes Blick machte ihm Sorgen, denn in seinen dunklen Augen lagen immer noch Hass und Verzweiflung, jedoch schien auch sein Bruder langsam müde geworden zu sein, denn er schwieg, machte ihm nicht sofort wieder Vorwürfe.

Itachi wartete, wollte ihn nicht überfordern, indem er auf ihn einsprach oder gar zu ihm ging. Egal, wie sehr er sich wünschte, er könnte den Jüngeren einfach in die Arme schließen und ihm den Trost spenden, den sie beide bräuchten…es stand ihm nicht zu.

Schließlich gab Sasuke ein schnaubendes Geräusch von sich, sah ihn nicht mal mehr an.

„Ganz ehrlich…wann reicht es dir endlich?“

Seine Stimme klang resigniert und Itachi wusste nicht, was er sagen sollte. Zumindest ging er nicht einfach auf ihn los – auch wenn es nachvollziehbar gewesen wäre.

„Hast du mich nicht schon genug gequält? Du bist echt ein Arschloch…lass mich doch einfach in Ruhe und gut ist! Oder bring mich meinetwegen um, aber…verdammt, hör auf, mich zu verhöhnen!“

Itachi hörte ihm wie betäubt zu, fühlte, wie sein Herz schwer wurde. Als hätte er seinem Bruder jemals Böses gewollt…doch er hatte sich ja wirklich wie ein Arschloch verhalten.

„Ich verhöhne dich nicht…und ich wünsche auch nicht deinen Tod, Sasuke. Bitte, lass mich dir erklären-“

„Was gibt es da zu erklären?!“

Sasuke fuhr zu ihm herum und nun schien seine Stimmung wieder in Wut umzuschwenken. Er funkelte ihn an, schien nicht gewillt, ihm weiter zuzuhören.

„Du hast sie umgebracht, Itachi! Ich habe es gesehen! Ich habe es…gehört…wie du sie gefoltert hast…sie haben dich angefleht! Wie…konntest du…“

Er begann wieder zu zittern und Itachi konnte nun nicht anders, als aufzustehen und ihm vorsichtig die Hand auf die Schulter zu legen. Jedoch wurde diese sofort weggewischt und schwarze Augen brannten sich in seine.

„Fass mich nicht an!“, zischte sein Bruder und wich einen Schritt zurück. „Verschwinde…lass mich ja in Ruhe!“

Itachi wusste nicht, ob man ihm ansah, wie sehr ihn dieses Verhalten verletzte, doch es war ihm auch egal. Er wollte das alles nicht mehr…diese gleichgültige Fassade, seine abweisende Haltung…es hatte nur dafür gesorgt, dass es Sasuke noch schlechter ging. Ohne auf dessen Worte zu achten, überwand er den Abstand zwischen ihnen und schlang die Arme ganz fest um ihn, drückte ihn an sich. Wie dünn Sasuke war, fiel ihm erst jetzt auf und es nahm ihn mit. Er war für all das Leid verantwortlich, auch wenn er Sasuke über alles liebte, änderte das nichts daran, dass er ihm das Leben zur Hölle gemacht hatte.

„Nicht! Geh weg! Fass mich nicht an! Du kranker…lass mich!“

Ein harter Stoß gegen seine verletzte Schulter folgte, als Sasuke sich wand, um seiner Berührung zu entkommen – Itachi ließ ihn nicht. Er ließ ihn toben, sich schlagen, aber er ließ ihn nicht los. Niemals wieder würde er ihn loslassen.

„Ich hasse dich!“

Er reagierte nicht, auch nicht, als Sasuke seinen Kopf gegen sein Kinn rammte. Seine Zähne schlugen unsanft aufeinander und ihm wurde schwindelig – er ließ nicht los. So sehr Sasuke sich wehrte, umso fester krallte sich Itachi an seinen Bruder.

„Nimm…deine Pfoten weg!“

Eisernes Schweigen und ebenso dauerte die Umarmung an. Sasuke zischte vor Wut und warf sich nun mit seinem ganzen Gewicht gegen seinen älteren Bruder. Itachi konnte sich nicht halten und er hatte Glück, dass das Bett direkt hinter ihm war, so dass er wenigstens auf dieses fiel – Sasuke über sich.

 

„…lass…mich…“

Itachi schloss kurz die Augen, während er Sasukes Stimme brechen hörte. Die Gegenwehr erlahmte immer mehr, es kamen keine Schläge mehr. Der Schmerz jagte durch seinen Körper und es hätte ihn nicht gewundert, wenn die Wunde wieder aufgegangen wäre, doch das war egal. Sasukes Keuchen drang an seine Ohren und er selbst war ebenfalls vollkommen außer Atem. Seine Umklammerung lockerte sich allmählich, auch wenn er ihn immer noch hielt…doch Sasuke blieb dennoch auf ihm liegen.

„…verdammt“, entkam es diesem erstickt und er zitterte heftig.

Itachi wusste nicht, ob es ihm Trost vermittelte, doch er begann sachte über seinen Rücken zu streicheln. Damals hatten sie oft aneinander gekuschelt zusammengelegen, sein Vater hatte immer gemeint, dass Sasuke zu sehr an ihm hing und selbstständiger werden musste. Itachi hatte es dagegen immer schön gefunden, wie der Kleine zu ihm aufsah…mit seinen unschuldigen, strahlenden Augen war er so lange sein einziger Lichtblick gewesen.

Und nun? Wo war das Lächeln, das die Sonne aufgehen lassen konnte? Das fröhliche Kinderlachen? Im Keim erstickt…von ihm selbst. Er hatte Schuld daran…denn er hatte zu lange geschwiegen.

„Warum?“

Itachi senkte halb die Lider, als er die Frage hörte, auf die es eigentlich keine richtige Antwort gab. Warum? Als Sasuke den Kopf hob und ihn so verzweifelt anstarrte, sah er es. Warum hast du sie umgebracht? Warum hast du mich leben lassen? Warum kümmerst du dich jetzt plötzlich um mich?

„Sag doch ein einziges Mal in deinem beschissenen Leben die Wahrheit!“, wurde er angeschrien und zwei Hände gruben sich in seine Schultern, schüttelten ihn durch.

Itachi verbiss sich ein Stöhnen und sah stattdessen zu dem Jüngeren hoch, dessen Gesicht mehr eine weiße Maske war. Sein Werk.

„Sag mir…warum sie…es verdient hatten, zu sterben?“, kroch es ihm bebend über die Lippen und nun gab es keine Ausflüchte mehr.

Itachis Augen waren leer, als er sich zurückerinnerte und nach den richtigen Worten suchte. Es gab keine richtigen Worte dafür, das war ihm bewusst. Also entschied er sich für die brutale Wahrheit.

„Sie…hatten es nicht verdient.“

Sasuke starrte ihn einfach nur an, das Reißen an ihm hörte auf.

„Sie waren gute Menschen…und das hat ihnen das Genick gebrochen“, fuhr er flüsternd fort. „Sasuke…ich habe unsere Eltern umgebracht, um ihnen noch mehr Leid zu ersparen.“

Der letzte Satz blieb ihm beinahe im Halse stecken, denn er klang so selbstgerecht, so rechtfertigend, dass er sich vor sich selbst ekelte. Es war nicht richtig, Sasuke dies zu sagen…er würde sich nachher die Schuld geben, doch wenn er dessen Hass nicht zum Erlöschen brachte, würde er ihn weiter jagen und vielleicht würde Madara ihn dann erneut auf seine Seite ziehen.

„Und um…dich zu schützen.“

 

Zuerst zeigte Sasuke keine Reaktion, ob er ihn überhaupt verstanden hatte. Er schien durch ihn hindurch zu sehen, wirkte benommen…doch dann ließ er ihn los, als sei er giftig. Heftig schüttelte er den Kopf, als wollte er die Worte von eben daraus verbannen. Itachi hatte geahnt, dass es ihn überfordern würde, deshalb hatte er gezögert.

„Sasuke…“

„Nein…nein, du lügst! Du bist ein elender, dreckiger Lügner!“, wurde er beschimpft, während sein Bruder immer noch auf ihm saß. „Niemals…ich war dir nie wichtig!“

„Das stimmt nicht.“

Itachi bemühte sich, ruhig zu klingen, damit der andere sich nicht noch mehr aufregte.

„Du warst mir immer wichtig und ich habe dich immer geliebt. Für unsere Eltern gab es keine Rettung mehr, aber du…du bist das Letzte, das mir geblieben ist. Der Einzige, für den ich noch etwas tun konnte.“

„Nein…nein, das…ist nicht wahr!“

„Doch…und sie haben mich tatsächlich angefleht“, fuhr Itachi nun gnadenlos fort, da er nicht wusste, ob er noch mal den Mut finden würde, wenn er jetzt abbrach. „Sie haben mich angefleht, auf dich achtzugeben.“

Er atmete tief ein.

„Ich habe sie nicht gefoltert und ich wollte sie nicht töten…aber es gab keinen anderen Weg.“

Sasukes Herz raste wie das einer Maus, während er die Informationen zu verarbeiten versuchte. Es würde sehr viel Zeit brauchen, um seine Wunden zu heilen…vielleicht ewig.

„Ich weiß nicht, was dir erzählt wurde, aber es waren Madaras Männer, die in unser Zuhause eingebrochen sind. Als ich kam, waren unsere Eltern bereits halbtot. Ich habe dich schreien und weinen hören…doch sie haben mir gedroht, dass sie dich ebenfalls umbringen würden, wenn ich…Sasuke, es tut mir so leid!“

Er drückte ihn wieder fester an sich, spürte den Kloß in seinem Hals.

„Es war meine Schuld…ich habe…Fehler gemacht. Ich…du weißt ja, dass ich für Madara einige…Dinge tun musste. Ich wollte das nicht mehr und habe angefangen, gegen ihn zu arbeiten…aber ich war unvorsichtig. Madara fand es heraus und…bestrafte unsere Eltern für meine Fehler.“

Itachi wusste, wie sich das anhörte und er bezweifelte, dass Sasuke ihm glauben würde. Für ihn musste es so klingen, als versuche er seine Haut reinzuwaschen und Mitleid zu erhaschen, doch dieses Mal log er nicht.

„Sasuke, ich konnte es dir nicht sagen…ich hielt es für besser, wenn du mich hasst. Ich hatte einfach Angst, du würdest Madara jagen. Er hätte dich umgebracht.“

Sasuke regte sich nicht, seine Mimik war nicht lesbar, sogar für Itachi nicht. Es war ja abzusehen gewesen, dass ihn die Wahrheit überfordern würde. Ob Sasuke ihm glaubte oder nicht, es würde in keinem Fall alles gut zwischen ihnen werden. Dafür war zu viel passiert. Trotzdem wollte er hoffen, dass es irgendwie wieder werden würde.

„Ich habe Kakashi darum gebeten, auf dich achtzugeben. Ich wollte, dass du irgendwann ein normales Leben führen kannst.“

Behutsam legte er eine Hand an Sasukes Wange, strich ihm über diese und wich seinem Blick nicht mehr aus. Mehr wollte er dazu nicht sagen, wenn sein Bruder nicht fragte. Wenn er ihn noch mehr überforderte, würde er sicher bald einen Nervenzusammenbruch erleiden.

 

„Wieso?“

Wie gebrochen er klang…die Wut schien fürs Erste verschwunden zu sein, doch Itachi wusste nicht, ob das ein gutes Zeichen war. Fragend sah er seinen Bruder an, der sein Handgelenk so fest umschloss, dass es wehtat.

„Wieso sollte ich dir glauben?“, fragte er und es war ihm anzusehen, dass er um seine Fassung rang. „Du hast mich die ganze Zeit belogen…du hast mich allein gelassen mit allem…weshalb sollte ich dir trauen?“

Itachi vermied es, ihm zu sagen, dass er selbst genauso einsam gewesen war. Auch er hatte seine Trauer und seinen Schmerz mit niemandem teilen können oder wollen.

„Du hast…Dinge gemacht, die so widerlich sind…du…hast dich…“

Es hätte ihm klar sein müssen, dass Madara die Geschichte ausgeschmückt und die schmutzigen Details nicht außen vor gelassen hatte. Davon abgesehen, dass Sasuke gesehen hatte, was man mit seinem Körper angestellt hatte. Er unterdrückte die Scham, auch wenn es schwierig war, wollte es auch nicht weiter ausführen.

„Verkauft?“, sprach er aus, wozu Sasuke wohl nicht in der Lage war. „Ja…das habe ich. Ziemlich oft sogar. Was Madara dir erzählt hat, wird wahr sein…aber ich tat es nicht ohne Grund. So wie ich auch nie grundlos getötet habe. Ich bin kein guter Mensch, aber ich habe nie etwas aus einer Laune heraus oder aus Spaß getan, sondern immer nur, um zu überleben.“

Sasuke antwortete nicht, sah ihn lediglich abschätzend und immer noch mit gewissem Misstrauen an – wer konnte es ihm verübeln? Ein verbittertes Lächeln zog sich über Itachis Gesicht…er spürte seine Wunde pochen.

„Ich bin deinetwegen zurückgekommen, Sasuke. Ich wollte verhindern, dass Madara dich zu all dem zwingt, was ich tun musste. Ich wollte, dass du ein Leben hast…und nicht irgendwann zurücksiehst und jede Sekunde davon bereust.“

Sasuke gab ein verächtliches Schnauben von sich, ehe er von ihm herunterstieg. Er setzte sich mit dem Rücken zu ihm aufs Bett, wirkte sowohl nachdenklich als auch unzufrieden.

„Wie großherzig von dir…“, murmelte er sarkastisch und Itachi richtete sich auf.

„Ich kann dich nicht zwingen, mir zu glauben…und ich kann nichts wieder gutmachen.“

„Ein Leben“, wiederholte der Jüngere seine Worte von eben. „Mein beschissenes Leben hat geendet, als du sie umgebracht und mich allein gelassen hast.“

Itachi schwieg dazu, ließ seinen Bruder ausreden. Beiläufig legte er eine Hand an seine Schulter, spürte, wie der Verband darunter durchnässte, bald das Shirt verkleben würde.

„Und selbst wenn du die Wahrheit sagst…denkst du wirklich, das macht es besser? Ich wünschte wirklich, du hättest mich damals einfach gleich mit erschossen…aber du wolltest ja anscheinend lieber den Gutmenschen spielen, nicht wahr?“

Itachi zuckte kaum merklich zusammen, als Sasuke lauter wurde und wieder zu ihm herumfuhr. Kalte Wut blitzte in den dunklen Tiefen und Itachi wurde klar, dass sie noch nicht fertig waren.

„Sasuke, ich-“

„Schieb‘s dir sonst wohin! Ich will es gar nicht hören!“, schnitt ihm Sasuke das Wort ab und langte nach vorn, packte ihn unsanft am Kragen.

Für ein halbes Kind hatte er ziemlich viel Kraft, doch vielleicht lag es auch nur daran, dass Itachi geschwächt war. Das Ganze ging ihm selbst nahe, doch sie mussten sich aussprechen. Ein dunkles Feuer schien in Sasukes Augen zu lodern…

„Dein Getue widert mich an!“, spie er ihm ins Gesicht. „Denkst du wirklich, ich kaufe dir die Nummer so einfach ab?! Willst du dich jetzt rausreden? Mir weißmachen, dass ich Schuld bin, dass sie sterben mussten?!“

„Ich wollte n-“

„Nein! Verdammt…ich wünschte, sie hätten dich einfach umgelegt! Wenn du tot wärst, gebe es diese ganzen Probleme nicht! Niemand hätte sterben müssen!“, redete sich sein Bruder in Rage und Itachi versuchte krampfhaft daran festzuhalten, es seien Madaras Worte.

Dennoch wünschte er sich einfach nur, Sasuke würde aufhören, ihn anzuschreien. Sein Limit war längst erreicht, er konnte nicht mehr.

„Und jetzt kommst du zu mir mit deinen scheiß Ausreden und erzählst mir diese verdammte Lüge?! Du hast alles zerstört und dafür hasse ich dich, Itachi! Warum kannst du nicht einfach unter der Erde liegen und verrotten?! Du willst mir doch nur einreden, dass du keine Schuld daran trägst, um davon abzulenken, dass du eine verdammte, billige Hure bist, die es genie-“

 

Sasuke hatte die Ohrfeige nicht kommen sehen…aus dem einfachen Grund, weil es Itachi ebenso ging. Es war, als hätte sich ein Schalter umgelegt, als ihm der letzte Satz einfach zu viel geworden war. Eine billige Hure? Itachi wusste, wie schwach es war, zur Gewalt zu greifen, wenn man keine Worte fand, doch er hatte einfach gewollt, dass Sasuke den Mund hielt.

„…verzeih“, flüsterte er und ließ den Kopf hängen.

Die schwarzen Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht, während er darauf wartete, dass Sasuke weitermachte – oder ihn vielleicht auch schlug. Er hätte wirklich nicht zuhauen dürfen, aber seine Grenze war erreicht.

Von seinem Bruder kam nichts mehr, doch er spürte seinen Blick auf sich ruhen. Wozu redete er überhaupt noch? Sasuke hatte seine Meinung längst gefällt…sogar mit der Hure hatte er Recht. Doch genossen hatte er es nie.

Er stockte, als er ein verräterisches Geräusch vernahm und zögernd blickte er auf. Sasuke wandte sich beinahe sofort ab, doch der Ältere hatte es längst gesehen. Verbissen knirschte Sasuke mit den Zähnen, während er sich verstohlen übers Gesicht fuhr...und Itachi kam plötzlich der Gedanke, dass er nicht der Einzige war, der sein Limit erreicht hatte.

„Scheiße…“, hörte er ihn leise fluchen, dann folgte ein Schluchzen.

Itachi wartete einen Moment, wollte ihn nicht sofort bedrängen, doch näherte er sich seinem Bruder und lehnte sich vorsichtig an dessen Rücken, legte den Kopf auf seiner Schulter ab. Sasuke zuckte unter ihm zusammen, doch er stieß ihn nicht von sich. Er weinte leise weiter, während die Anspannung Stück für Stück von ihm abfiel und Itachi legte von hinten die Arme um ihn, schloss die Augen. Wie oft hätte er sich gern so gehen lassen? Wie oft hatte er Obito aufgesucht, um einen Teil seiner Gewissensbisse bei diesem zu lassen?

Sasuke hatte alles Recht der Welt, seinen Tränen freien Lauf zu lassen…und er selbst weinte innerlich mit ihm, als er spürte, wie sich sein Bruder langsam in seinen Armen fallen ließ.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, dieses Mal kam das Kapitel recht schnell. :)
Lag daran, dass ich einfach einen guten Lauf hatte und es gern von der Backe haben wollte. xD
Jaaa, auch ich sehne mich nach mehr KisaIta, ich gebe es hiermit offziell zu! Erwischt!
Von daher wird es euch wohl freuen, dass es damit nun endlich weitergeht.
Was euch weniger freuen wird, ist die Tatsache, dass es eventuell etwas dauern kann.
Der 3-Wochen-Modus ist schon recht realistisch...aber ich hab ab dem 16. Juni Urlaub, mal sehen, ob ich da fleißig oder faul bin. ;)
Ein Tipp...ich bin beeinflussbar... *hust* xD
Aber beschweren kann ich mich ja wohl kaum bei all euren lieben Kommentaren, die mich echt immer jauchzen lassen wie ein kleines Kind. ^___^
Ich freu mich da wirlich tierisch drüber!
Wir sehen und dann beim nächsten Kapitel...bleibt gespannt! ;)

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  jyorie
2014-09-27T17:05:11+00:00 27.09.2014 19:05
Hey (•‿•)

*seuftz* bei Daidaras überlaufen hatte ich schon Angst, er sprengt sich jetzt selbst in die Luft, als er zu Madara ist.

Was für eine Flucht. Und dann noch Kakashi der die Bullen gerufen hat. Ich bin mir nicht sicher ob es auch so eskaliert wäre, wenn die Polente nicht angerückt wäre, oder ob dann ein Toter weniger zu beklagen wäre. Mich hat es echt umgehauen, das Sasuke jetzt tod ist. *seuftz* aber mal ganz, ganz nüchtern betrachtet und wenn man diese Beiden Sätze an die auch Itachi gedacht hat miteinbezieht: „Auch wenn du mich jetzt wegschiebst…ich werde niemals ein normales Leben
führen können. Ich will es nicht mal, also bitte…lass mich wenigstens bei dir bleiben!“ dann war es die Beste lösung. Keine Ahnung ob man es lebend mit Madara hätte aufnehmen können, ohne das er sich an einem der beiden rächt oder wieder als Druckmittel einsetzt. Aber das leben wäre immer unsicher gewesen und wenn Sasukes Vermutung stimmt, das Itachi ein Himmelfahrtskomando startet um Madara zu erledigen hat Sasuke ja noch weniger jemand.

Klar besser wäre es, wenn beide am leben geblieben wären, aber Sasuke hat auch seine Selischen Wunden davon getragen und so ein bissen kann man es verstehen, das er das gemacht hat, was soll er auch ohne Itachi, und wer weiß, was Madara ihm schon getan hat, und zurück zu Kakashi wollte er ja auch nicht. *seuftz* *seuftz* *seuftz*

CuCu Jyorie

Von:  Hinatara
2014-06-04T12:03:44+00:00 04.06.2014 14:03
nawwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwweeeeeeeeee.... nicht Sasu-awwwwwwwwwww~

Verdammt süßes Kapitel. Ich hab Tränen in den Augen und grins gleichzeitig. Sehr schön~~
Hoffentlich lässt Sasuke jetzt wirklich wieder etwas positive Nähe zu Itachi zu. Die könnten sie definitiv beide gebrauchen! Und im Endeffekt freut sich Onkel Kisa dann wohl auch ;3
Von:  Flecki49
2014-06-04T07:16:26+00:00 04.06.2014 09:16
Ich sitz hier und heul ebenso... *schnief*
Es ist gut, das Itachi das erzählt hat. Vielleihct noch ein paar mehr Details, warum und wieso... Und Sasuke erzählen, wie Madara das angestellt hat, harmloser Anfang, dann immer mehr...
brrr >_< Und Zabuza und Deidara scheinen sich ja auch ein bisschen besser zu verstehen jetzt, vielleicht kriegt der Sturschädel ja mal langsam mit, das da so einiges falsch gelaufen ist. Aber sieht ja gut aus^^ Bin mal gespannt wies weitergeht!
Ich wünsche dir viel Schreibmotivation und wundervolle Ferien mit viel Zeit zum Schreiben! ;)
Liebe Grüße,
Flecki^^
Von: abgemeldet
2014-06-04T05:49:25+00:00 04.06.2014 07:49
Wow das war ein wirklich heftiges Kapitel...
Ich find schön, dass zabusa und Deidara sich langsam "näher kommen" ohne dabei brutal zueinander zu sein :)
Und da war es endlich, das Gespräch zwischen Sasuke und Itachi *-* Und es war perfekt dargestellt! Nicht zu abgehoben, nicht zu oberflächlich, sondern wirklich, ehrlich perfekt!
Itachi tut mir so Leid, aber Sasuke genauso und der Moment, als Itachi Sasuke die Ohrfeige verpasst hat, war wirklich bewegend... Hätte fast selbst geheult... :-(
Ich hoffe, die zwei finden halbwegs wieder zueinander...
Und ich freu mich schon auf ein Gespräch und mehr zwischen Itachi und Kisame ;)
Bin schon total gespannt wies weitergeht!!
Ganz liebe Grüße


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