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Worldtraveler ~Ver. 2~

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Reise 1 "Training" - Tag 1 ~Grundlagen~

4. März 2012

Yuki blinzelte. Sie richtete sich auf und reckte sich. Dann fiel ihr auf, dass sie ihren Wecker überhört haben musste. Hastig sah sie auf ihr Handy. Es war 7:34! Yuki fluchte und stand auf, denn sie hätte vor knapp einer halben Stunde auf Arbeit erscheinen müssen. Als sie schon die Nummer ihres Ausbilders heraussuchte, wurde sie blass. Sie war noch immer in dem noch recht ungewohnten Zimmer und Eissi grummelte neben ihr etwas vor sich hin. Yuki schaute sich um und ihr dämmerte, dass sie noch immer in Albenmark war. Sie stand leise auf, setzte ihre Brille auf und ging ins Bad. Sie schaute in den Spiegel und rieb sich den Schlafsand aus den Augen. Sie putzte sich die Zähne, wusch sich das Gesicht und rieb es anschließend mit einer nach Kamille duftenden Creme ein. Dann ging sie zurück ins Zimmer. Eissi schlief noch immer und Yuki musste lächeln. Wenigstens das hatte sich nicht geändert.

Sie schaute sich nach der frischen Wäsche um, die angeblich für Eissi und sie bereit gestellt wurde. Sie entdeckte auf zwei Stühlen jeweils einen Wäschehaufen. Einer war komplett weiß und der andere war schwarz. Da Yuki die Farbe mehr mochte, ging sie zu dem weißen Stapel und begutachtete die Sachen. Yuki fand eine weiße Stoffhose, die weder zu eng noch zu weit war. Sie passte Yuki perfekt. Sogar über ihre breite Hüfte bekam sie sie mühelos. Als sie darunter die frische Unterwäsche –Höschen und BH- entdeckte, zog sie die Hose nochmal aus und zog die frische Unterwäsche an. Sie war erstaunt, dass selbst das sehr gut passte. Sie wurde rot bei dem Gedanken, wie viel man über sie anscheinend wusste. Doch die Gedanken verdrängte sie schnell wieder und zog die Hose wieder an. Das Oberteil war eine Mischung aus Hemd und T-Shirt. Es war ebenfalls relativ weit, aber es schlabberte nicht unnötig an ihr herum. Unter ihrem Stuhl entdeckte sie hohe weiße Stiefel. Sie zog das absatzlose Schuhwerk an und freute sich, dass auch die perfekt passten. Selbst mit ihren Waden hatte sie keine Probleme die Stiefel zuzumachen. Es dauerte zwar etwas, weil sie die Schnürsenkel bis ganz oben zubinden musste, aber das machte ihr ausnahmsweise nichts aus. Sie wünschte sich schon immer solche Stiefel. Yuki lächelte und ging erneut ins Bad. Sie betrachtete sich im Spiegel und fand sich selbst ausnahmsweise mal gutaussehend. Sie kämmte sich ihre Haare und band sie zu einem Pferdeschwanz zusammen.
 

Als sie wieder ins Zimmer kam, saß Eissi auf dem Bett und betrachtete sie verträumt.

„Du siehst gut aus!“, sagte sie schläfrig.

„Danke, find ich auch! Guten Morgen, Süße!“, erwiderte Yuki.

Eissi lächelte und schaute sich um.

„Es war… kein Traum, oder…?“, fragte sie vorsichtig.

Yuki schüttelte den Kopf.

„Ich frage mich, wie das alles weiter gehen soll. Das ist so… unglaublich…“

„Es fühlt sich alles nicht echt an…“

Die Freundinnen schwiegen kurz, dann breitete Eissi ihre Arme aus. Das war das Zeichen, dass sie umarmt werden wollte, also ging Yuki zu ihr hin und umarmte sie herzlich. Dann stand auch sie auf und reckte sich. Yuki gab ihr derweil den schwarzen Wäschestapel in die Hand.

„Das sind dann wohl deine Sachen.“, sagte sie.

Eissi nahm sie entgegen und gab ihrer Freundin einen kleinen Kuss auf die Wange.

„Ich bin im Bad!“, sagte sie und verschwand.

Während sich Eissi umzog ging Yuki ans Fenster und öffnete es. Die Sonne ging gerade auf, daher war es noch relativ frisch, aber nicht mehr kalt. Von ihrem Fenster aus konnte man den Burghof sehen, auf dem schon reger Betrieb herrschte. Yuki sah viele Elfen hin und her laufen, auch kleine Wesen, die sie als Kobolde einstufte, tapsten flink in den Gängen umher. Sie hörte Schritte hinter sich und drehte sich um. Sie schaute in das rötlich angelaufene Gesicht von Eissi.

„Wie…sieht es aus…?“, fragte sie schüchtern.

Yuki betrachtete ihre Freundin von oben bis unten. Ihre Hose war etwas enger anliegend, als die von Yuki. Das lange Oberteil umwehte ihren Körper.

„Mir gefällt’s!“, antwortete Yuki und lächelte.

„Ist es nicht zu gewagt? Ich meine… bei meiner Figur…!“, sagte Eissi leise.

Yuki schüttelte den Kopf und winkte ab.

„Das ist schon okay. Ist ja nicht so, dass du jetzt aussiehst, wie eine Presswurst!“

Eissi strahlte und entdeckte dann auch ihre Stiefel. Sie sahen genauso aus wie die von Yuki, nur dass Eissi’s schwarz waren. Auch sie bekam ihre Stiefel problemlos über die Waden.

„Erstaunlich, dass uns alles so reibungslos passt.“, wunderte sich Yuki erneut.

„Ja, selbst die Unterwäsche!“

„Und die Stiefel.“

„Meinst du, das war geplant?“

Yuki zuckte die Schultern.

„Wer weiß. Mich wundert hier aber gar nichts mehr“, antwortete sie.

Eissi nickte und schaute durch das offene Fenster.

„Wunderschön…“, flüsterte sie.
 

In dem Moment klopfte es an der Tür.

Yuki öffnete sie und sah Ollowain. Sofort wurde sie wieder rot und verfluchte sich innerlich dafür.

„Guten Morgen. Habt ihr gut geschlafen?“, fragte er und schaute abwechselnd zwischen Eissi und Yuki hin und her. Als beide Frauen nickten, öffnete Yuki die Tür komplett, sodass er eintreten konnte. Hinter ihm kam noch eine schlanke Frau herein, die ähnliche Sachen wie Eissi trug. Allerdings waren ihre Sachen in einem dezenten Rot gehalten.

„Guten Morgen.“; sagte sie und lächelte. „Mein Name ist Yulivee!“

Yuki und Eissi stellten sich ebenfalls vor.

„Dann werden wir ab heute viel Zeit miteinander verbringen, Eissi.“, sagte sie freundlich.

Eissi nickte schüchtern und schaute hilfesuchend zu Yuki. Sie lächelte sie an und streichelte leicht über ihren Arm.

„Okay, dann wollen wir mal los. Eissi, kommst du bitte mit mir?“, fragte Yulivee.

Eissi nickte und schaute Yuki nochmal kurz an. Dann gingen sie und Yulivee.

„Wir beide müssen nochmal kurz zu Königin Emerelle. Sie wollte dich sehen, bevor wir losgehen.“, sagte Ollowain. Yuki nickte und folgte ihm aus dem Zimmer heraus. Sie schloss die Tür hinter sich und lief hinter Ollowain her.

„Das hört sich an, als würde ich niemals wieder herkommen. Aber das ist Quatsch. Es sei denn, ich bin so schlecht, dass mich Ollowain sofort aus Versehen tötet…“, dachte sich Yuki und schaute Ollowain schüchtern an. Bei jedem seiner Schritte wippte sein Schwert hin und her und Yuki starrte fasziniert darauf. Sie mochte Schwerter schon immer, aber in ihrer Zeit hatte sie kaum Gelegenheit ein Schwert zu sehen, erst recht keines, was so schön aussah. Noch während sie in Gedanken war, wurde sie von jemandem angerempelt. Yuki schreckte auf und sah einen kleinen und grimmig drein guckenden Kobold, der ihr sogar noch vor ein Schienbein trat und dabei irgendetwas sagte, was sich nicht freundlich anhörte. Ollowain bekam das mit und drehte sich um. Er sah den Kobold böse an und sagte ebenfalls etwas, was Yuki nicht verstand. Dann schaute der Kobold Yuki nochmal böse an und machte sich davon.

„Was… war denn das…?“, fragte Yuki verwundert.

„Ein unwichtiger Kobold, der sich wichtig machen wollte“, antwortete Ollowain knapp und lief weiter.

Yuki fragte ihn nicht weiter darüber, denn er schien jetzt schlecht gelaunt zu sein.

„Danke, du blödes kleines Ding! Jetzt hat der Mann schlechte Laune mit dem ich trainieren soll. Das wird ein Spaß!“, fluchte Yuki innerlich.
 

Als Ollowain und Yuki vor Emerelle standen, kam die zierliche Frau auf sie beide zugelaufen.

„Ich hoffe, du hattest eine angenehme Nacht“, sagte Emerelle.

„Im Grunde schon, ja“, antwortete Yuki und verschwieg, dass sie eigentlich schlecht geschlafen hatte, weil sie von ihrer Mutter geträumt hatte.

„Ich habe dich herbringen lassen, weil ich dir zwei Dinge geben möchte.“

Yuki spannte sich und wartete. Emerelle stand nun direkt vor ihr und Yuki konnte den zarten Duft ihrer Haare einatmen. Die Elfenkönigin legte ihre Hand auf Yuki’s Augen und plötzlich schoss eine Hitze durch ihre Augen und in ihren Kopf, sodass Yuki kurz aufschrie und in die Hocke brach. Ollowain half ihr wieder aufzustehen und Yuki wollte sofort losmeckern, weil sie das Gefühl hatte, dass ihre Augen verbrennen würden. Doch so schnell wie der Schmerz kam, verschwand er auch wieder und Yuki öffnete blinzelnd die Augen. Sie sah alles extrem verschwommen und ihre Augen tränten stark. Sie nahm ihre Brille ab und wischte sich mit dem Arm über die Augen und sah dann Emerelle an.

„Was sollte das?!?“, fragte sie.

„Wir beide waren der Meinung, dass man deine ungewöhnlich schönen eisblauen Augen mehr zur Geltung bringen sollte“, antwortete Emerelle lächelnd.

Als Yuki protestieren wollte erschrak sie. Sie konnte alles gestochen scharf erkennen, obwohl sie keine Brille auf hatte! Die Elfenkönigin hat ihre Kurzsichtigkeit geheilt. Als Yuki das bewusst wurde, wurde sie rot und schaute betreten zu Boden.

„Da-danke…“, stammelte sie schüchtern.

Emerelle hob ihr Kinn an und sagte: „Wunderschön und faszinierend. Nicht wahr?“

„Da habt Ihr recht!“, antwortete Ollowain und Yuki schoss das Blut nur noch mehr in den Kopf. Ihr Herz pochte und hämmerte wie Trommelschlag gegen ihren Brustkorb.

Emerelle lächelte erneut und rief einen Elf herbei, der mit einem Gegenstand in der Hand zu ihnen gelaufen kam. Er reichte ihn seiner Königin und verneigte sich dabei tief. Emerelle nahm den Gegenstand entgegen und bedeutete dem Elf zu gehen, woraufhin dieser schnell wieder verschwand.

„Dies hier ist mein zweites Geschenk für dich. Ohne dieses Schwert dürfte sich das Training gegen Ollowain noch härter gestalten, als es sowieso schon sein dürfte.“

Yuki nahm das ihr gereichte Schwert entgegen. Es war eine Zwillingsklinge: Ein Griff in der Mitte, der in zwei säbelartigen Klingen endete. Yuki begutachtete die Waffe und wog sie in ihrer Hand.

„Es ist wunderschön…!“, flüsterte sie.

„Ich habe es vor deiner Ankunft extra für dich schmieden lassen.“, sagte Emerelle.

„Also könnt Ihr in die Zukunft sehen und wusstet, dass wir kommen würden?“

„Es gibt viele verschiedene Formen der Zukunft. Das war die Zukunft, die ich mir am ehesten gewünscht habe.“

„Wie kann ich Euch nur jemals dafür danken?“

„Es wäre schön, wenn du uns hilfst. Das ist mehr als Dank genug.“

Yuki nickte ernst und Emerelle holte noch etwas Schwarzes hervor und gab es Ollowain.

„Dies ist die Gürtelschnalle für dein Schwert. Ollowain zeigt dir, wie du sie umzulegen hast“, sagte Emerelle und trat einen Schritt zurück. Ollowain führte den Gürtel durch die Gürtelschnallen an Yuki’s Hose. Jedes Mal wenn er sie am Körper dabei berührte kniff Yuki aus Reflex kurz die Augen zusammen. Das zweite Teil der Schwerthalterung führte Ollowain durch eine Öse am hinteren Teil des Gürtels, um ihn dann über ihre Schulter zu legen und in eine weitere Öse vorne festzuziehen. Dann steckte er ihr Schwert auf den Rücken. Yuki hörte kein Einrasten oder ähnliches. Nur einen seltsamen Druck, aber danach hielt das Schwert. Ollowain schaute ihr noch kurz in die Augen und obwohl es ein eher beiläufiger Blick war, traf er Yuki bis ins Mark. Dann stellte er sich wieder in einem gewissen Abstand neben Yuki.

„Der Griff deines Schwertes und die Verbindungsstelle an der Schnalle sind mit einer gegensätzlichen Magie behaftet“, erklärte Emerelle.

„Also funktionieren diese wie ein Magnet?“

„Ganz genau!“

„Vielen Dank“, sagte Yuki und lächelte.

Emerelle schüttelte leicht den Kopf und erwiderte: „Nicht dafür. Wie gesagt: Wenn wir euch schon solcher Gefahr aussetzen, dann möchten wir, dass ihr wenigstens gut ausgestattet seid. Und nun los. Ihr habt nicht mehr viel Zeit!“

Yuki nickte und Emerelle verabschiedete beide.

Somit konnte also der erste Trainingstag beginnen.
 

Yuki folgte Ollowain wieder durch das Herzland zu der Brücke, die er als Shalyn Falah bezeichnete. Sie lief auf seinem Wunsch hin vor ihm vorsichtig über die Brücke. Der Wind war heute besonders böig, sodass Yuki ernsthafte Probleme hatte sich aufrecht zu halten. Als sie das dritte Mal beinah gestürzt wäre fluchte sie leise vor sich hin.

„Wenn du erlaubst helfe ich dir!“

Ollowain stand direkt hinter Yuki und als sein warmer Atem ihren Nacken berührte, standen ihre feinen Nackenhärchen auf und ihr lief erneut ein angenehmer Schauer über den Rücken. Zudem schoss ihr das Blut abermals in den Kopf und sie stammelte nur ein leises „J-ja…“

Ollowain schob sich vorsichtig an ihr vorbei und drehte sich zu ihr um. Yuki schaute zur Seite weg, um wenigstens etwas ihr gerötetes Gesicht zu verbergen.

„Gib mir deine Hand.“

Yuki streckte die Hand aus und Ollowain zog sie vorsichtig hinter sich her und jedes Mal, wenn eine Windböe kam, umfasste er ihre Hand etwas fester. Er selbst war die Brücke gewohnt, daher machte ihm der Wind bei weitem nicht so sehr zu schaffen.

Als sie das andere Ende erreicht haben zog Yuki ihre Hand schnell weg und schaute zu Boden.

Ollowain räusperte sich.

„Gehen wir weiter“, sagte er nur und lief los.

Yuki blieb noch ganz kurz stehen und betrachtete ihre Hand, da sie das Gefühl hatte, als würde sie kribbeln. Dann lief auch sie los, um wieder zu Ollowain aufzuschließen.

Sie überquerten einen großen Teil der grünflächigen Ebene und in der Ferne sah Yuki eine große Staubwolke. Sie blieb stehen und schaute dorthin. Sie bemerkte, dass ihre Sehkraft erstaunlich gut war und sie glaubte, dass sie auch besser war, als sie noch durch ihre Brille gucken musste. Ollowain stellte sich neben sie und richtete seinen Blick ebenfalls in die Ferne.

„Dort beginnt die Steppe. Wahrscheinlich trampelt eine Herde Kentauren diese Wolke auf.“

Yuki nickte und vermied es, Ollowain direkt anzusehen.

„Na los, komm.“

So durchquerten sie einen weiteren Teil der Ebene und liefen dann durch ein kleines Stück Wald auf eine Lichtung.

„Hier trainiere ich immer. Wir sind hier ungestört und du kannst dich hier frei entfalten.“, sagte Ollowain und wandte sich zu Yuki um.

Yuki nickte und Ollowain zog sein Schwert.

„Bevor ich dich etwas lehre muss ich wissen, wo du stehst. Greif mich an, so wie du es aus dem Bauch heraus tun würdest!“

Yuki wollte protestieren, doch der ernste Blick Ollowains ernüchterte sie. Sie zog ihre beiden Klingen aus der Scheide und stellte sich in eine Kampfposition, die sie vom Karate her kannte. Ollowain hingegen blieb ganz normal stehen.

Fast.

Yuki konnte seine Anspannung regelrecht spüren und seine Augen verrieten, dass er vollkommen konzentriert war. Schließlich wusste er nicht, was ihn erwartet.

Nun, Yuki eigentlich auch nicht. Sie machte einen kleinen Schritt nach vorne und Ollowain spannte sich. Dann rannte Yuki mit erhobenen Zwillingsschwert auf Ollowain zu und setzte zu einem Hieb auf seinem Kopf an, doch er wich mit einer geschmeidigen Drehung zur Seite aus. Yuki lenkte den Schlag in seine Richtung und zielte auf seine Hüfte, doch Ollowain parierte mühelos mit dem Schwert. Yuki schlug weiter auf Ollowain ein, doch nicht ein Treffer saß. Entweder wich er aus oder parierte. Schon nach kurzer Zeit war Yuki völlig außer Atem.

Ollowain registrierte das und sagte: „Genug! Das reicht, setz dich hin.“

Sie setzte sich auf die Wiese und keuchte: „Und?“

„Deine Schwerthiebe kamen unkontrolliert und fast völlig planlos. Außerdem verschwendest du zuviel Kraft bei einem Schlag, deswegen bist du auch jetzt so außer Atem.“

Yuki nickte schwach, denn das war ihr selbst nicht entgangen.

„Wir haben drei Monate Zeit, bevor ihr in die erste Welt aufbrechen müsst. Diese werde ich wie folgt aufteilen: Im ersten Monat wirst du lernen, deine Kraft zu kontrollieren und gezielt einzusetzen. Das gilt sowohl für deine physischen, als auch für deine dämonischen Kräfte. In dieser Zeit wirst du dein Schwert selten benötigen.

Im zweiten Monat werde ich dir die Grundlagen des Schwertkampfes beibringen. Deine Trainingspartner werden dabei hauptsächlich Bäume oder andere meiner Schüler sein.

Im dritten Monat verfeinern wir dann deine Schwertkunst indem du gegen mich kämpfst!“, erläuterte Ollowain und Yuki hörte ihm aufmerksam zu, während sie wieder ihren Atem beruhigte.

„Diese drei Monate werden sehr hart für dich werden. Das Training wird bereits vor der Morgendämmerung beginnen und du wirst erst nach Sonnenuntergang wieder in dein Zimmer kommen. Bereite dich innerlich schonmal darauf vor.“

Yuki zog scharf die Luft durch die Zähne und erwiderte: „Was tust du, wenn ich vor Erschöpfung zusammenbreche? Das ist ja dann nicht Sinn der Sache, oder?“

„Mach dir darum mal keine Sorgen und vertrau auf meine Erfahrung. Du wirst in meinem Training an deine äußersten Grenzen und darüber hinaus gehen. Aber du wirst nicht sterben, dafür sorge ich!“

Irgendwie beruhigte das Yuki nur wenig, aber das behielt sie lieber für sich.

„Ich werde jetzt zurück in den Palast gehen und Essen besorgen. Bis dahin möchte ich, dass du dich konzentrierst und in dich gehst. Suche in deinem Inneren die Quelle deiner Kraft! Bevor du schließlich lernen kannst, deine dämonischen Kräfte zu kontrollieren, müssen sie erwachen. Dabei kann ich dir nicht helfen, das musst du selbst schaffen!“

„Aber wie? Woran soll ich erkennen, dass ich meine Kraftquelle gefunden habe?“, protestierte Yuki. In Wirklichkeit wollte sie jedoch nicht auf dieser Lichtung alleine sein. Vollkommen alleine, in einer gänzlich unbekannten Welt. Wer weiß, was hier im Dickicht lauerte.

„Du wirst es spüren. Soviel kann ich dir versprechen.“

Mit diesen Worten drehte Ollowain sich um und Yuki hob die Hand und holte Luft, um ihn am Gehen zu hindern, doch ihr kam kein Wort über die Lippen. Dann war Ollowain schon im Dickicht verschwunden und Yuki war allein auf der Lichtung.

Sie holte einmal tief Luft und versuchte sich zu konzentrieren. Auch wenn sie absolut nicht wusste worauf.
 

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Währenddessen…

„Wenn ich dir etwas beibringen soll, dann musst du auf das hören was ich sage. Du kannst nicht einfach so mit irgendetwas anfangen, da das tödlich enden könnte. Magie ist eine Kunst, die äußerster Konzentration bedarf. Du darfst dich durch nichts ablenken lassen. Meinst du, du schaffst das?“

Eissi nickte brav, als Yulivee ihr die Frage stellte, aber natürlich konnte sie ihr nichts versprechen. Im Gegenteil: Eigentlich ließ sie sich sehr leicht ablenken und ihre Konzentration hielt nie sonderlich lange an. Doch sie hatte nicht den Mut das zu sagen.

Yulivee hatte sie in einen großen kahlen Raum von Burg Elfenlicht geführt, der angeblich resistent gegen jegliche Magie war. Daher trainierten auch all die anderen Magier hier. Das zumindest hatte ihr Yulivee erzählt, aber da Eissi noch keinen anderen Elf hier bemerkte, bezweifelte sie das. Aber auch das behielt sie für sich.

„Zunächst musst du lernen, was Magie bedeutet. Was es heisst, einen Zauber zu weben.“

Eissi schaute Yulivee nur fragend an.

„Wir Magiekundige werden auch Zauberweber genannt. Ganz Albenmark ist von einem magischen Netz umgeben. Wenn wir Magie wirken greifen wir in das Netz hinein und verändern dessen Struktur, um beispielsweise eine kleine Flamme erscheinen zu lassen“, erklärte Yulivee, während tatsächlich eine kleine Flamme auf ihrer Handfläche erschien.

Eissi starrte auf die tänzelnde Flamme und schaute der Elfe dann ins Gesicht.

„Wie soll ich das machen? Im Grunde weiß ich gar nicht, wovon du redest und was das hier alles soll.“

„Du bist als Mensch in einer Welt aufgewachsen, wo das magische Netz extrem schwach ausgebildet ist. Daher fehlt eurer Welt beinahe jegliche magische Grundlage. Das liegt zum großen Teil auch an euch Menschen, da ihr der Natur soviel Schaden zufügt. Durch eure Schadstoffe kann sich das Netz nicht entwickeln.“

„Das war ja nicht immer so! Wir waren ja nicht immer so hoch technisiert!“, protestierte Eissi.

„Das stimmt. Früher war das magische Netz in eurer Welt ebenfalls relativ stark ausgebildet. Doch da eure Bewohner keine Magiebegabung besitzen, habt ihr gelernt euch selbst zu helfen. Beispielsweise, als deine Vorfahren das Feuer entdeckt haben. So habt ihr euch immer weiter entwickelt, doch dadurch hat sich das magische Netz nicht weiter ausgebreitet und durch eure Schadstoffe, die ihr mittlerweile in erschreckendem Ausmaß ausstoßt, entwickelt sich das magische Netz immer weiter zurück. Jetzt ist nur noch ein kümmerlicher Rest geblieben und selbst für starke Magier wie mich ist es sehr schwer bei euch einen Zauber zu wirken.“, erläuterte Yulivee weiter.

„Das hört sich an, als wärst du schonmal da gewesen!“

Yulivee lächelte. „Ja, ich war früher oft in eurer Welt. Doch das ist viele hundert Jahre her. Damals wart ihr Menschen nicht mehr als Primitivlinge, die sich in herunter gekommenen Städten und Dörfern zusammenrafften und meistens Krieg führten.“

Eissi lachte kurz auf und sagte: „Hört sich stark nach einer mittelalterlichen Epoche an!“

Auch die Elfe lächelte und lief dann einige Schritte auf Eissi zu.

„Da du durch deine Herkunft eine schlechte Startposition hast, gebe ich dir eine Hilfe.“

Yulivee legte Eissi eine Hand auf ihren Brustkorb.

In Eissi’s Körper breitete sich eine Wärme aus und sie zuckte daher zunächst leicht zurück. Die Elfe schloss die Augen und verlangte von Eissi dasselbe zu tun. Sie schloss die Augen und sah vor ihrem geistigen Auge Yulivee stehen. Sie warf eine helle Kugel auf Eissi. Sie breitete sich in ihrem Körper aus, dann durchfuhr sie ein plötzlicher und stechender Schmerz.

Als Eissi die Augen wieder öffnete sah sie in das lächelnde Gesicht von Yulivee.

„Wie fühlst du dich?“, fragte sie.

„Seltsam. Was war das?“

„Ich habe deine magische Kraftquelle aktiviert. Bei uns Elfen ist sie von Geburt an aktiv, doch bei dir war das natürlich nicht der Fall.“

„Heisst das, ich kann jetzt zaubern?“

„Hahahahaha, nein so einfach ist das leider nicht. Die Grundlagen werde ich dir beibringen. Versuche zuerst diesen Stein hier zum Schweben zu bekommen. Das ist eine simple Grundübung für Magiestudenten. Wer das nicht schafft, braucht sich nicht weiter mit der Magie zu befassen.“

Eissi betrachtete den Kieselstein argwöhnisch.

„Wie soll ich das machen?“

„Finde einen Weg! Du hast jetzt eine Grundlage. Ich bin gespannt, ob du es schaffst. Ich bin kurz weg. Ich muss noch etwas erledigen. Wenn ich wieder da bin, schau ich mir deine Fortschritte an.“

Yulivee erhob sich und Eissi wollte protestieren, da sie nicht allein sein wollte. Doch die Elfe war schon verschwunden.
 

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Im Thronsaal von Burg Elfenlicht…

„Wie macht sie sich? Meinst du, sie ist uns von Nutzen?“

„Das ist schwer zu sagen, meine Königin. Yuki hat keine Grundlage, daher ist ihre Schwertkunst noch mehr als miserabel. Doch ich habe das Gefühl, dass sie nur die richtige Führung braucht, dann kann sie durchaus sehr stark werden.“

Ollowain stand vor Emerelle und lieferte seinen Bericht über die ersten Stunden mit Yuki ab, so wie seine Königin es von ihm verlangte.

„Ist das dein einziges Gefühl?“, fragte Emerelle mit einem herausfordernden Unterton in der Stimme. Ollowain räusperte sich und bevor er etwas zur Erwiderung sagen konnte, schwangen die schweren Eichentüren des Thronsaales auf und Yulivee trat ein.

Sie verneigte sich vor ihrer Königin.

„Meine Königin!“

„Yulivee! Liefere mir deinen Bericht!“

„Ihr hattet recht. In Eissi schlummerte eine starke magische Kraft. Ich habe sie geweckt und fange nun mit den Grundlagen an. Woher ihre Kraft rührt weiß ich allerdings noch immer nicht.“

Emerelle nickte und bedeutete den beiden zu gehen. Sie sah Ollowain noch einmal kurz in die Augen, ließ dann aber von beiden ab und drehte sich um.

Der Schwertmeister und die Magierin verließen den Thronsaal und auf dem Weg in die große Küche unterhielten sie sich über ihre neuen ungewöhnlichen Schüler. In der Küche packten sie Essen zusammen und als sie wieder getrennte Wege gehen wollten, drehte sich Yulivee zu Ollowain um.

„Pass auf! Yuki ist ein Dämon. Und ich spüre, dass sie einer mächtigen Familie abstammen muss. Sei vorsichtig, dass sie dich nicht tötet!“

„Das wird sie schon nicht, da bin ich mir sicher.“

„Trotzdem. Du weißt, wie Dämonen sind!“

„Reduzier sie nicht nur auf ihre Rasse, Yulivee.“

„Oh Ollowain… Bring Königin Emerelle mit deinem Verhalten nicht gegen dich auf!“

„Mach dir keine Sorgen, ich weiß, was ich tue.“

Die Magierin nickte und lief den Gang hinab. Ollowain schaute ihr noch eine Weile hinterher, dann machte auch er sich auf den Weg zurück zu seiner neuen Schülerin.
 

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Waldlichtung…

„Ach, Man!!“ schrie Yuki und schlug auf den Boden. Seit gefühlten zwei Stunden versuchte sie schon ihre innere Kraft zu finden, doch keine Spur. Sie ließ sich auf den Rücken fallen und betrachtete die Wolken. Dabei fragte sie sich, wie es Eissi wohl momentan ergehen mag. Sie waren seit mehr als sechs Jahren befreundet und in der Zeit verstärkten viele Ereignisse ihre Freundschaft. Ein Jahr nachdem sie sich kennen lernten wurde ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt, die beinah ein ganzes Jahr andauerte. Doch danach hat sich ihr Verhältnis zueinander stetig verbessert und jetzt würde die eine für die andere ohne zu zögern durch das Feuer gehen. Besonders in dem letzten halben Jahr war Eissi für Yuki die wichtigste Person in ihrem Leben geworden. Ohne sie könnte Yuki noch schlechter mit dem Tod ihrer Mutter umgehen, als es jetzt noch der Fall war.

Yuki seufzte und richtete sich auf. Dann schloss sie die Augen und versuchte sich wieder zu konzentrieren. Es fiel ihr schwer alle Geräusche der Natur auszublenden, doch es wurde besser. Wieder breitete sich absolute Dunkelheit um sie herum aus und inmitten dieser endlosen Schwärze entdeckte sie eine rote Flamme. Sie lief darauf zu, als die Flamme sie auf einmal umhüllte. Yuki kniff die Augen zusammen und als sie sie wieder öffnete, fand sie sich plötzlich in einem blutroten und scheinbar endlosen Raum wieder. Yuki schaute sich um, doch sie erkannte nichts. Vor ihr tauchte auf ein Mann auf, der einen dunklen Teint besaß und auf seinem Gesicht waren zwei rote Dreiecke zu sehen. Er trug eine schwarze Hose und einen schwarzen Rollkragenpullover. Yuki verspürte keine Angst vor dem Mann, obwohl er etwas Arrogantes, ja sogar Feindseliges ausstrahlte.

„Du bist also bereit, dein Erbe anzunehmen.“

Yuki, die im Begriff war, zu erkennen, dass ihr richtiger Vater vor ihr stand, nickte fest. Der Dämon machte eine weit ausholende Bewegung und seine Hand fing an, schwarz zu schimmern. Mit dieser schimmernden Hand lief er langsam auf Yuki zu und legte sie ihr auf den Brustkorb. Yuki verspürte auf einmal einen ungeheuren Druck, sodass ihr die Luft wegblieb. Ihr Vater grinste und warf noch zwei rote Funken auf Yuki’s Gesicht.

„Wie heisst du?“, wollte Yuki wissen.

Der Dämon grinste bösartig und sagte nur: „Die roten Dreiecke markieren meine Familie. Sie sind absolut einmalig. Es sollte dir nicht schwer fallen herauszufinden, wer ich bin!“ Yuki verstand nicht ganz, doch bevor sie noch mehr Fragen stellen konnte durchfuhr sie ein stechender Schmerz, dann wurde alles um sie herum schwarz.
 

„…ki!“

„…uki!“

„…Yuki!“

Die junge Frau öffnete langsam die Augen und sah in das Gesicht von Ollowain. In der Nähe zwitscherte ein Vogel ein seltsames Lied. Es kam Yuki vor, als würde das Tier sie auslachen. Sie richtete sich auf und schüttelte den Kopf. Eine Angewohnheit, die sie entwickelte, als sie ständig Kopfschmerzen bekam.

„Was…?“

„Ich kam gerade erst zurück. Du lagst bewusstlos auf den Boden, daher habe ich mir kurz Sorgen gemacht.“

Ollowain räusperte sich und Yuki wurde wieder rot. Sie fragte sich mittlerweile, ob sie jemals wieder eine normale Gesichtsfarbe bekommen oder ob sie für immer eine wandelnde Tomate sein würde.

„Deine Kraft ist erstaunlich. Ich habe kein Talent für Magie, doch selbst ich kann deine Kraft fühlen.“

Yuki betrachtete ihre Hände, denn sie war der Meinung, dass sich nicht viel verändert hatte. Ollowain richtete sich wieder auf und schaute sich um.

„Siehst du diesen Felsen dort? Zeige mir daran, was du kannst!“

„Aber…! Was soll ich machen?“

„Konzentriere dich. Den Rest wirst du selbst heraus finden.“

Yuki stand auf und ging auf den kleinen Felsen zu und blieb davor stehen. Sie berührte die raue Oberfläche und schloss die Augen. Wieder sah sie diese rote Flamme. Sie versuchte innerlich danach zu greifen, doch als sie sie berührte, zerfiel der Fels zu Staub.

Gänzlich überrascht drehte sich Yuki um.

„Hast du…!“

Yuki riss die Augen auf und der Rest des Satzes blieb ihr im Halse stecken. Ollowain kniete auf dem Boden und hielt sich den Kopf. Ausserdem liefen ihm einige Schweißperlen über die Stirn, was für einen Elfen überaus ungewöhnlich war.

„Was ist mit dir? Tut dir was weh?“ fragte Yuki besorgt und kniete sich zu Ollowain nieder, um ihm zu helfen, doch dieser winkte ab.

„Mir geht es gut, wirklich. Es ist nur…“

Yuki stand auf und legte ihre Hand auf ihre Brust.

„Es ist meine dämonische Energie, nicht wahr?“ fragte sie mit ernstem Gesichtsausdruck. Ollowain seufzte und richtete sich langsam wieder auf.

„Selbst die Nachschwingungen in der Luft schaden uns Elfen.“

„Dann werde ich sie, solange ich hier bin, nicht benutzen!“

„Du musst aber lernen, sie zu kontrollieren.“

Yuki’s Miene verfinsterte sich und sie schaute lange nur auf den Boden und Ollowain dachte schon, sie würde weinen, doch dann schaute Yuki ihn fest an.

„Ich will euch Elfen nicht schaden, deswegen benutze ich sie nicht. Es tut mir leid Ollowain, doch in diesem Punkt ist es mir egal, was du sagst. Ich werde irgendwo anders lernen sie zu kontrollieren.“

Ollowain ging einige Schritte auf sie zu und berührte ihr Gesicht. Yuki wich nicht zurück, sondern versuchte in seinen grünen Augen zu lesen, was er in diesem Moment dachte.

„Ich habe gewusst worauf ich mich einließ, als ich zustimmte dich zu trainieren. Ich verlange von dir, dass du keine Rücksicht auf mich nimmst, sondern ernsthaft an dir arbeitest!“

„Aber…!“

„Nichts aber. Ohne meine Führung wirst du dort draußen keine zwei Tage überleben. Ich will das verhindern!“

Yuki blickte auf den Boden und seufzte.

„Ich glaube, ich werde nicht gegen dich ankommen können, oder?“

Ollowain lächelte und strich ihr sanft über die Wange. Dann drehte er sich abrupt um und ging zu dem Haufen, der vorher den Felsen dargstellte. Er ließ etwas Staub durch seine Hand rieseln und stand wieder auf.

„Dieser Felsstaub ist sehr fein. Mir ist niemand bewusst, der das in deinem Stadium geschafft hat. Deine Kraftquelle ist sehr mächtig, daher musst du einer mächtigen Familie abstammen.“

„Nur weiß ich nicht welcher.“

„Ich glaube ich habe dieses Mal, was du nun im Gesicht hast, schon einmal gesehen. Ich werde Nachforschungen anstellen, dann kann ich dir morgen sagen, wer deine Eltern sind.“

Yuki nickte nur.

„Gut. Jetzt beschreibe mir, wie das mit dem Felsen passieren konnte.“

„Nunja… ich habe meine Augen geschlossen und da war wieder so eine rote Flamme. Als ich sie berührte, ist der Felsen schon zerfallen. Mehr war da nicht.“

Ollowain nickte nachdenklich.

„Ich denke du bist der Magie nicht mächtig?“

„Ich kann sie nicht ausüben, aber dennoch sind mir die theoretischen Grundlagen bewusst. Ich kann dir nur praktisch nichts zeigen.“

Yuki nickte und fragte sich erneut ob das alles so wahr sein konnte. Sie glaubte in dem Moment, als Ollowain ihre Wange berührte, etwas in seinen Augen gesehen zu haben. Doch das konnte natürlich nur Einbildung sein. Warum sollte auch ausgerechnet jemand wie er sich für sie interessieren? Das war vollkommen absurd. Zumal Elfen mit Dämonen nichts anfangen können. Dazu hassen sich die beiden Rassen zu sehr, glaubte Yuki.

„Du musst etwas essen, bevor wir weiter machen können. Mit leeren Magen lässt es sich schlecht trainieren.“

Yuki nahm dankend das Essen entgegen, was Ollowain ihr reichte, denn ihr Magen meldete sich tatsächlich in dem Moment lautstark.
 

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Burg Elfenlicht…

„Konzentriere dich!“

Eissi unterdrückte einen Kommentar, denn das war fast der einzige Satz, den Yulivee seit ihrer Rückkehr zu ihr sagte. Sie hatte keine Ahnung, was die Elfe von ihr verlangte, denn nach ihrer Meinung konnte sie sich nicht noch mehr konzentrieren. Sie hatte es während ihrer Abwesenheit es nicht geschafft, den Stein zum Schweben zu bekommen. Die einzigen Male wo er ihre Handfläche verließ waren, wenn sie ihn wütend durch den Raum warf. Wieder einmal schloss sie ihre Augen. Sie spürte den stechenden Blick von Yulivee auf sich ruhen und öffnete erneut die Augen.

„Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn du mich so anstarrst!“

„Das ist dein Problem! Du musst den Punkt erreichen, wo du das nicht mehr wahr nimmst! Erst dann wird es dir überhaupt möglich sein ansatzweise Magie zu wirken!“

Eissi nahm diese Rüge schweigend entgegen und starrte wieder auf den kleinen Stein. Yulivee seufzte und starrte ihrerseits wieder Eissi an. Diese schloss wieder die Augen und dachte an Yuki und daran ob sie genauso gequält wurde, wie sie. Aber ihrer Freundin wird es wohl besser ergehen als ihr. Sie mochte Elfen sehr und auch an sich kannte sie Albenmark wohl sehr gut, weil sie die Bücher gelesen hatte. Ausserdem stand sie auf Ollowain, dass hatte Eissi sofort bemerkt. Aber wie immer ging ihre Freundin auf so etwas nicht ein. Sie würde schon noch heraus finden ob und was da lief. Schließlich hatten die beiden jetzt einen ganzen Tag für sich, da musste etwas passieren!

Eissi räusperte sich und sammelte wieder ihre Gedanken. Vor ihrem geistigen Auge erschien plötzlich eine helle Kugel, so ähnlich wie die, die Yulivee vorhin auf sie geworfen hatte. Eissi griff danach und die Kugel änderte ihre Erscheinung. Nun war sie der kleine Stein und Eissi spielte damit herum.

„Sehr gut!“

Eissi öffnete ihre Augen und spürte, wie in dem Moment der Stein auf ihren Handteller plumpste.

„Hat er…?“

„Ja, er schwebte. Das hast du sehr gut gemacht!“

Eissi freute sich, dass sie endlich mal etwas Lob erhalten hatte und lächelte.

„Nun werden wir daran arbeiten, dass du deine Konzentration auch noch hältst, wenn du deine Augen offen hast. Doch erstmal hast du dir etwas zu Essen verdient. Sicherlich hast du Hunger!“

Eissi’s Miene hellte sich auf, als die Elfe ihr das Essen reichte und biss genüsslich hinein.
 

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Waldlichtung…

Yuki riss keuchend die Augen auf. Wie Ollowain von ihr verlangte versuchte sie, die Flamme in sich aufzunehmen. Doch die wehrte sich und versuchte immer sie selbst zu umhüllen. Diesmal hätte sie es fast geschafft, doch die Flamme brach regelrecht aus ihrem Körper heraus.

Sie kniete auf dem Boden und ihre neuen Sachen waren vom Schweiß beinah völlig durchnässt. Ollowain hielt sie an den Schultern fest, damit sie nicht vornüber kippte. Auch er hatte Schweißperlen auf der Stirn und als sich Yuki’s Atem beruhigte, setzte sie sich hin und strich aus einem Reflex heraus Ollowain über die Stirn und wischte die Perlen fort. Ohne einen weiteren Kommentar stand er auf.

„Wir machen eine Pause, damit du dich wieder beruhigst. Komm kurz mit. Ich werde dir etwas zeigen.“

Yuki gehorchte und stand ebenfalls auf. Dabei schwankte sie kurz, denn ihr war schwindelig. Sie folgte Ollowain von der Lichtung herunter, der sie zu einem kleinen Bach führte. Yuki hockte sich vor das klare Wasser und schöpfte es mit dir Hand, um etwas Flüssigkeit in ihren Hals zu bekommen. Dann wusch sie sich das Gesicht und war dankbar für die Abkühlung. Sie schaute kurz nach links, wo auch Ollowain sein Gesicht wusch. Als er das bemerkte und sie anschaute, drehte sie ihren Kopf hastig zur Seite und starrte auf das Wasser. Ollowain hockte sich neben sie und drehte ihr Kinn in seine Richtung.

„Was ist los mit dir?“

„I-ich…“

„Deine Augen scheinen immer etwas zu suchen. Seit du hier bist, schaust du mich immer wieder an. Lass mich ehrlich zu dir sein. Es hat mich sehr überrascht, als du bei deiner Ankunft meine Ohren berührt hast, doch ich wusste, dass von dir keine Bedrohung ausging, obwohl du ein Dämon bist!“

Yuki’s Herz pochte und dadurch, dass er ihr Kinn fest hielt, konnte sie ihren Kopf auch nicht wegdrehen.

„Etwas an dir ist anders, als bei anderen Dämonen. Vielleicht liegt es daran, weil du bei Menschen aufgewachsen bist, aber…“

Yuki riss die Augen auf, als er noch näher an sie heran kam und sein Gesicht nun direkt neben ihrem Ohr war.

„… vielleicht ist da noch mehr?“

Yuki wollte etwas sagen, doch sie brachte kein einziges Wort hervor. Sie hatte das Gefühl, als würde ihr Kopf verglühen und ihr Brustkorb würde ob des mächtigen Trommelschlags ihres Herzens bersten.

Nun schaute Ollowain ihr wieder ins Gesicht, ließ dann aber von ihr ab und stand auf.

„Gehen wir zurück. Wir haben noch zu tun!“

Mit diesen Worten ging er zurück zur Lichtung und ließ Yuki dort wo sie war. Erst Sekunden später war sie in der Lage sich wieder zu bewegen. Sie lief ebenfalls zur Lichtung zurück. Dort angekommen, setzte sie sich sofort hin und schloss die Augen. Die rote Flamme war größer geworden und zuckte unkontrollierbar hin und her. Yuki hatte keine Chance mehr irgendetwas dagegen zu tun. Immer wieder riss sie keuchend die Augen auf. Auch Ollowain sagte nichts mehr, sondern beobachtete sie nur. Gelegentlich brachte er ihr Wasser, damit sie sich abkühlen konnte.

Als die Sonne langsam unterging, ging er auf sie zu und sagte: „Genug für heute! Das wird nichts mehr, so wie es scheint.“

Yuki blickte auf den Boden und vermied es, ihn anzusehen.

„Komm. Wir gehen zurück.“

Yuki stand auf und legte ihr Schwert wieder um. Dann folgte sie Ollowain, der die Lichtung bereits verlassen hatte. Als sie am Rand des kleinen Wäldchens standen drehte er sich zu ihr um und schaute sie an.

„Merke dir den Weg. Ab morgen wirst du ihn alleine gehen. Du musst deine Kondition verbessern, daher verlange ich, dass du den gesamten Weg rennen wirst.“

„Wie bitte? Weißt du, wie weit das ist? Das schaffe ich nie!“

„Ich weiß, wie weit das ist. Ich verlange nichts Unmögliches von dir. Ich verlange nur, dass du dich anstrengst!“

Yuki wollte weiter protestieren, doch bevor irgendwelche Widerworte über ihre Lippen kamen, ging er einige Schritte auf sie zu. Sie wich instinktiv einige Schritte zurück, doch hinter ihr war ein Baum. Als sie um Ollowain herum laufen wollte, versperrte er ihr mit dem Arm den Weg.

„Ich weiß, dass du das kannst, wenn du es wirklich willst.“

„Woher willst du das wissen? Du kennst mich gar nicht…!“

Wieder kam er mit seinem Gesicht ihrem sehr nahe. Er hob ihr Kinn, sodass sie ihn anschauen musste.

„Ollowain, ich…“

„Bleib ruhig, ich weiß, was du sagen willst.“

„Aber… warum…?“

„Ich kann es dir nicht sagen.“

Nach diesen Worten küsste er sie, ohne das sie etwas dagegen unternehmen konnte. Jeglicher innerer Widerstand brach und in ihrem Kopf drehte sich alles. Sekunden später ließ er von ihr ab und drehte ihr den Rücken zu.

„Verzeih mir. Das hätte nicht passieren dürfen.“

Yuki war unfähig etwas darauf zu erwidern. Ihre Lippen kribbelten und sie hatte das Gefühl, als würde ihr Kopf zerspringen. Ohne ein weiteres Wort lief Ollowain los und Yuki folgte ihm. Den ganzen Weg über schwiegen sie.

Über die Shalyn Falah ging Yuki diesmal alleine, schließlich musste sie es am nächsten Tag auch. Als sie Burg Elfenlicht erreichten, war es bereits dunkel geworden, was die Burg in einem völlig neuen Glanz erstrahlen ließ. Doch Yuki hatte nicht wirklich einen Nerv dafür.

Ollowain brachte sie noch bis zu ihrem Zimmer, erst dann drehte er sich wieder zu ihr um.

„Ich lasse dich morgen wecken. Mach dich dann auf den Weg zur Lichtung, ich werde dort warten. Schlaf jetzt, du musst ausgeruht sein.“

„Das sagst du so leicht…“

„…Ich weiß.“

Mit diesen Worten lief Ollowain den Gang hinunter und war um eine Ecke verschwunden. Yuki öffnete die Tür und versuchte, die Ereignisse des Tages zu verarbeiten.
 

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„Verdammt!“

Ollowain hieb mit der Faust gegen die Mauer und fluchte innerlich. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Seit er sie das erste Mal sah, war ihm bewusst, dass Yuki eine völlig andere Ausstrahlung hatte, als irgendjemand anderes. Sie war etwas Besonderes. Er hatte sich zusammen gerissen und doch brach für einen Moment sein Widerstand und das war ein Fehler, den er vielleicht nicht wieder ausmerzen konnte. Sie war ein Dämon und er ein Elf. Alleine vom gesunden Verstand her, konnte das nicht gut enden.

Er würde die Sache so belassen wie sie war und in Yuki nur noch eine weitere Schülerin sehen. Das war das Beste was er tun konnte.

Als er diesen Entschluss gefasst hatte, breitete sich ein Gefühl in seinem Inneren aus, was er vorher noch nie gekannt hatte. Es war eine Art Schmerz, den er so schnell nicht loswerden würde. Aber er hätte es nicht bis zum obersten Schwertmeister der Königin und Anführer der Elfenritter geschafft, wenn er mit Schmerz nicht umgehen könnte.
 

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Yuki lehnte noch einige Sekunden an ihrer Zimmertür. Sie hörte Eissi im Bad vor sich hin summen, wahrscheinlich lag sie wieder in der Wanne. Der Inhalt ihrer Tasche flog im ganzen Zimmer herum, das Fenster war ebenfalls offen. Auf dem Fenstersims sah sie ihre Zigarettenschachtel. Für Yuki war das alles nichts Ungewöhnliches, schließlich war ihre Freundin nicht für ihren Ordnungssinn bekannt.

Sie nahm das alles nur am Rande wahr, denn ihre Gedanken kreisten immer wieder zu ihrem neuen Lehrer zurück. Sie rutschte an der Tür herunter und vergrub ihr Gesicht in ihren Armen.

„Was soll das alles? Das hier kann alles nicht wahr sein. Es muss ein Traum sein!“

Sie verstand nicht, wie der Kuss zustande kommen konnte. Ollowain war doch nicht so ein Typ, der so was so Hals über Kopf machen würde. Zumindest nicht der Ollowain, wie sie ihn aus den Büchern kannte. Aber wahrscheinlich war diese Szene nur ihrer aberwitzigen Fantasie entsprungen und in der Wirklichkeit dieses Traumes gar nicht passiert.

Während sie so dahockte, kam Eissi aus dem Bad heraus.

„Yuki!!“

Freudestrahlend kam sie zu ihrer besten Freundin gelaufen und umarmte sie herzlich.

„Ich hab’ dich vermisst!“

Yuki schaute auf und lächelte sie schwach an.

„Du hast…“

„… ja, ich hab rote Dreiecke im Gesicht… Ich bin anscheinend wirklich ein Dämon in dieser unwirklichen Welt…“

„Lass mal, ich habe vorhin einen Kieselstein zum Schweben gebracht. Das ist genauso absurd.“

„Ich hab einen Felsen zu Staub zerfallen lassen.“

„Oha! Wie war dein Tag sonst?“

Yuki schaute kurz zur Seite und stand dann auf.

„Geht so. War heute nicht sonderlich erfolgreich.“

„Hmh… Bei mir ist auch nicht viel mehr raus gekommen. Yulivee ist ganz schön fordernd.“

„Tsk… Ollowain auch.“

Eissi lächelte und Yuki ging ins Bad und ließ sich frisches Wasser in die Wanne ein. Während sie badete versuchte sie auf andere Gedanken zu kommen, doch das gelang ihr nie für sonderlich lange Zeit. Als sie fertig war, waren ihre Sachen auf einmal verschwunden. Fragend schaute sie Eissi an.

„Da kam vorhin so ein süßes kleines Ding herein und hat die Sachen mitgenommen.“

„Toll, worin soll ich jetzt schlafen?“

„Hier, sie haben Nachtwäsche irgendwann im Verlauf des Tages hier hin gelegt.“

Eissi hob Yuki’s Kopfkissen hoch und zeigte ihr den schwarzen Pyjama. Yuki nickte und zog den Pyjama an. Dann verschwand sie unter ihrer Decke.

„Ist etwas passiert?“, fragte Eissi besorgt.

„Nein… es ist alles in Ordnung…“

„Glaube ich dir nicht.“

„Musst du aber.“

„War etwas mit Ollowain?“

„…Nein.“

„Das glaube ich dir auch nicht, wenn du eine Pause davor machst.“

„Es ging nichts von mir aus, falls du das wissen willst!“

Eissi richtete sich in ihrem Bett auf, denn nun war sie neugierig geworden.

„Aha, so wie das klingt, ging wohl etwas von ihm aus?“

Yuki zog die Decke bis über den Kopf, weil sie die Befürchtung hatte, dass man ihre Ohren im Dunkeln glühen sehen konnte.

„Alles klar.“

Eissi grinste und legte sich wieder hin.

„Bleib dran, Süße!“

„Ach du wieder…!“, flüsterte Yuki, doch Eissi reagierte nicht mehr darauf.
 

- Ende Reise 2 Tag 1 -



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2012-09-17T22:18:28+00:00 18.09.2012 00:18
So, nachdem ich mir mit dem Kapitel die Nacht um die Ohren geschlagen hab (XD) bekommst du natürlich auch dein nötiges Feedback^^

Story: An sich gefällt mir der Aufbau mit dem Training gut. Der Wechsel zwischen den beiden Charakteren und ihre anfängliche Ungeschicktheit machen die Geschichte glaubhafter, als in dienem ersten Werk, wo Yuki als Newbie in Midgar Bahamut abschlachten konnte. Sie sind nun mal nicht erprobte Kämpfer, daher sollten sie wirklich bei 0 anfangen. Der Einstieg dabei ist dir sehr gut gelungen, wobei Yukis Dämonenkräfte für meinen Geschmack zu einfach und zu früh erweckt wurden. Sicher verfolgst du dabei einen tieferen Plan, aber ich hätte es zum Beispiel besser gefunden, wenn ihre Kräfte während des Trainings mit einem anderen Schüler ausgebrochen wären, und sie dabei den Schüler schwer verletzt oder getötet hätte. Aber vielleicht hast du das ja schon geplant? Müsste noch weiterlesen^^
Nja gut, das waren nur meine Ideen soweit. Aber an sich, wie gesagt, grundsolide gute Leistung^^

Schreibstil: Dein Satzbau ist sehr einfach gehalten (vor allem zu Beginn des Kapitels), was das Verstehen der Geschichte deutlich einfacher macht, als ewig lange verschachtelte Sätze. Allerdings klingen dutzende kleine Sätze auf dauer etwas abgehackt. Hin und wieder ein paar mehr Nebensätze würden dem Klang der Geschichte sicher nicht schlecht stehen.
Ein kleines Manko, wieder auffällig gerade am Anfang, ist das fehlen passender Synonyme, gerade wenn es darum geht, Menschen zu beschreiben. Du wechselst fast ausschließlich zwischen "Yuki" und "sie" (bzw. Eissi/sie, Ollowen/er) etc., was auf dauer etwas verstörend wirkt. Versuch in Zukunft mal, deine Charaktere mit mehr Einfallsreichtum anzusprechen. "Die blonde Schwertkämpferin", "die junge Frau", "die Dämonenfrau", so etwas bringt Abwechslung und verschönert den Redefluss.

Rechtschreibung/Grammatik: Keine groben Verfehlungen. Hin und wieder mal ein Buchstabendreher, oder vergessene Kommata, aber nichts ernstes, was das Lesen unmöglich macht. Weiter so.

Fazit: Deine Geschichte gewinnt zunehmend an Reife. Du hetzt dich nicht mehr durch die Welt, wordurch man viel tiefere Bindungen an die Charaktere und Schauplätze bildet. Es macht Spaß, deine Geschichte zu lesen und wirklich langweilig war sie auch noch nich. Ich kann nur hoffen, dass die Geschichte weiterhin auf diesem hohen Niveau bleibt =)


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