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Salazar Slytherin

Ein Leben im Schatten
von

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Chapter Sixteen

Ich frage mich, was die Menschen in hundert oder tausend Jahren über mich erzählen werden.

Das ist ungewöhnlich. Mir war die Meinung anderer nie besonders wichtig. Ich habe nie beabsichtigt, in die Geschichte einzugehen. Ich bin ein Marionettenspieler, ein Fädenzieher im Hintergrund. Was ich tue und was nicht weiß niemand so genau und das ist beabsichtigt.

Aber mit Hogwarts habe ich an einem geschichtsträchtigen Projekt teil gehabt. Ohne arrogant zu sein kann ich wohl behaupten, dass diese Schule ein derartiges Meisterwerk der Magie ist, dass sie viele Jahrhunderte überstehen wird. Und mit ihr auch mein Name.

So frage ich mich also letztendlich doch – was wird man über mich sagen? Wie wird man meine überstürzte Abreise erklären? Wie meinen Streit mit den anderen Gründern? Welches Licht werden die Ereignisse der letzten Tage auf mich werfen? Ich weiß nicht, ob ich es wirklich wissen will. Denn es wird zweifellos ein dunkles Licht sein.
 

Salazars Hand zitterte, als er die Feder beiseite legte. Er wusste nicht, ob er das wirklich durchhalten konnte. Das Schreiben seiner Memoiren hatte ihn bis jetzt immer beruhigt, hatte ihn seine Gedanken sammeln lassen. Doch was er jetzt zu Pergament bringen wollte, war eine offene Wunde. Ein Trauma, das er immer noch nicht ganz überwunden hatte. Das er vielleicht nie überwinden würde.

Trotzdem hatte er das Gefühl, dies tun zu müssen. Jetzt, wo er Hogwarts verlassen hatte, hatte er keine wirklich Aufgabe, keine Herausforderung im Leben mehr. Wenn er sich in Selbstmitleid und Trauer gehen ließe, würde er sich nie seinem letzten großen Ziel widmen können: alles dafür zu tun, dass sein Sohn glücklich wurde. Dafür brauchte er Kraft. Dafür musste er noch einmal durch diese Hölle gehen.
 

Es begann mit einem dieser üblichen Gesellschaftsbälle, die ich so hasse und die Marlysse so liebt. Mein Sohn Salviero sollte erstmals der Gesellschaft vorgestellt werden. Doch noch bevor die Festlichkeiten richtig angefangen hatten, erreichte uns Nachricht aus dem kleinen gemischten Dorf unten im Tal. Zuerst schien es ein harmloser Überfall der Muggel auf die dort ansässigen Magier zu sein. Eine kleine Truppe an Kundschaftern wurde ausgeschickt. Kurz darauf entdeckten wir, dass sämtliche magischen Fluchtmöglichkeiten abgeschnitten waren. Die ersten der Männer kamen blutüberströmt und halbtot mit Duellwunden zurück...

Ich heilte die Verletzten so gut es ging während mir berichtet wurde, dass die Armee der Kreuzritter mit Unterstützung ihrer Schlammblut-Priester umherzog um die Dörfer 'von den dämonischen Zauberern' zu befreien.
 

Es gelang, einige der Banne um das Anwesen zu brechen und Hilfe vom Magischen Hof anzufordern. Alles was wir brauchten war Zeit und die hatten wir nicht mit der Armee, die das Dorf mittlerweile dem Erdboden gleichgemacht hatte und nun auf die Villa zu marschiert kam. Wer noch einen Zauberstab besaß, hatte sich hier hin zurück gezogen. Die Gäste des Balls halfen den Dörflern dort Zuflucht zu finden. Innerhalb einer Stunde hatte sich die Halle in einen Krankensaal und die Räume des Gastgebers in ein Kriegslager verwandelt.
 

Salazar holte tief Luft. Kurz legte er die Feder beiseite und massierte sich seine Stirn mit einer Hand. Sein Blick glitt zu dem Antikopfschmerztrank auf seinem Schreibtisch. Doch er riss sich zusammen. In den letzten Tagen hatte er schon zu viel von dem Zeug geschluckt. Das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war eine Sucht.

In diesem Moment klopfte es leise an der Tür. Salazar wandte sich um, gerade als Salviero zögernd eintrat.

Sein Sohn war zuerst erleichtert gewesen, dass er wieder nach Hause gekommen war, aber entsetzt, als er erfuhr, dass sein Vater im nächsten Schuljahr nicht mit ihm zusammen nach Hogwarts zurückkehren würde.
 

Salviero stand in der Tür, unsicher und mit einem Bein auf das andere tretend. Salazar verzichtete darauf, ihn zu fragen was er wollte. Stattdessen streckte er nur die Arme aus und Salviero kam sofort auf ihn zu. Der Junge kroch auf seinen Schoß, wie er es nicht mehr getan hatte, seit er sieben Jahre alt war, und vergrub sein Gesicht an seiner Brust.

„Es wird alles wieder gut“, flüsterte er beruhigend, ohne zu wissen, was jemals wieder gut werden sollte, und strich seinem Sohn über den Kopf. „Wir schaffen es.“

„Sie haben dich rausgeworfen, nicht wahr? Wegen dem, was du getan hast.“

„Wie kommst du darauf, mein Junge? Nein, ich bin gegangen, weil sie mich zwingen wollten, Schlammblüter zu unterrichten. In der Tat haben sie alles getan, um mich aufzuhalten.“

„Aber... Das wird trotzdem noch Probleme nach sich ziehen, oder?“, fragte Salviero, wohl bemüht, sich seine Sorge nicht anmerken zu lassen. „Es ist Magiern verboten, Muggel zu töten.“

Was Salazar nie gestört hatte. Aber andererseits hatte er es auch noch nie so öffentlich und in solchem Ausmaß getan.

„Der Magische Hof wird dich vor Gericht stellen.“ Salviero sah zu seinem Vater auf. „Ich will dich nicht auch noch verlieren!“
 

Salazar erwiderte den Blick mit leichter Überraschung.

„Das war es, was dich so beschäftigt hat?“ Er schloss ihn nochmals beruhigend in die Arme. „Salviero, selbst wenn sie den Mut aufbringen würden, mich vor Gericht zu stellen – und dafür müsste man erst einmal einen Richter finden, der meinen Fluch nicht fürchtet – so habe ich immer noch siebzig von hundert Stimmen im Magischen Rat, die entweder bestechlich sind oder mir noch einen Gefallen schulden. Das ist genug, um mich von jedem Verbrechen freizusprechen. Selbst wenn ich den König höchstpersönlich vergiftet hätte.“ Wie hätte er je inoffizieller Herrscher des Untergrunds sein können, wenn er keine solchen Vorsichtsmaßnahmen getroffen hätte?

Salviero erwiderte seinen Blick überrascht – doch dann breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.

„Wirklich wahr?“, fragte er und wirkte in diesem Augenblick so unschuldig, wie ein Kind es nur sein kann.

„Wirklich wahr“, versprach er ihm und brachte ebenfalls ein Lächeln zustande. „Es hat seine Vorteile, ein gefürchteter böser Lord zu sein.“

Salviero umarmte ihn noch einmal.

„Ich bin froh, dass du's gemacht hast“, flüsterte er ihm dabei ins Ohr. „Diese Leute haben es verdient, zu sterben.“
 

Als Salviero sich wieder von ihm löste und aus dem Zimmer verschwand, sah Salazar ihm mit einer Mischung aus Bedauern und Dankbarkeit nach. Bedauern, weil Salviero so eindeutig seine schwarze Seele geerbt hatte und gleichzeitig Dankbarkeit dafür, weil ihn das selbst weniger einsam machte.

Als er seinen Blick wieder auf das Pergament vor sich richtete, fühlte er sich in der Lage, seine kalte Faktenbeschreibung mit dem tatsächlichen Grauen dieser Nacht zu füllen.
 

Es war ein schrecklicher Anblick. Blut bedeckte den weißen Marmorboden. Der Geruch von Eiter und verbranntem Fleisch vermischte sich mit dem von Arzneimitteln. Die Menschen schrien und klagten und weinten. Sie beteten und sie fluchten. Sie alle waren so schrecklich hilflos.

Das war das Schlimmste daran. Dass diese Muggel es geschafft hatten, uns wirklich zu verletzen.

Muggel sind in der Regel schwach, habgierig und feig. Doch die Unterstützung der Schlammblüter nahm ihnen Angst und gab ihnen Stärke, sodass ihrer Habgier und ihrem Blutdurst nichts mehr im Wege stand.

In mancherlei Hinsicht sind die Lichtmagier nicht anders. Sie sind vor allem dumm, sich an Regeln und Moral zu halten, aber ihr schwarz-weißes Denken geht so weit, alles Dunkle als Böse zu fürchten. Nur wenige sind stark genug, sich dagegen aufzulehnen. Alle anderen werden von dem Ruf der dunklen Magier verunsichert und abgeschreckt, dem Ruf, böse und mächtig zu sein.
 

Das ist das einzige, was uns gegen die Muggel helfen kann. Aufgrund ihrer Religion halten sie uns bereits für bösartig. Sie halten uns für Dämonen. Die einzige Möglichkeit, sie loszuwerden, ist ihre Feigheit gegen ihre Habgier antreten zu lassen. Die wenigen, die trotzdem kämpfen, werden zu schwach sein ohne die Massen.

Wenn wir lebend aus dieser Villa herauskommen wollten, mussten wir den Muggeln klarmachen, wie schrecklich die Dämonen der Hölle waren. Wie wenig sie gegen sie ausrichten konnten – gegen uns.
 

Als ich meine Vorkehrungen für ein geeignetes Mittel der Abschreckung traf, sammelten sich die letzten kampffähigen Hexen und Zauberer, um einen erneuten Vorstoß nach draußen zu unternehmen und die Muggel aufzuhalten.

Es gibt hierzu nicht viel zu sagen.

Marlysse ging mit ihnen, während Salviero blieb, die Verletzten zu versorgen.

Ich hätte ihr befehlen sollen, bei ihm zu bleiben.
 

Saliha bekam einen Alterungstrank, der sie für einen Tag auf die stolze Länge von 15 Metern eines ausgewachsenen Basilisken anschwellen ließ, sobald wir die Villa verlassen hatten. Unter ihrer Deckung flüchteten die anderen Magier hinein. Als ich Marlysse leblos am Boden liegen sah, glaubte ich für einen Moment, mir bliebe das Herz stehen. Ohne mich um die Gefahr zu kümmern stürmte ich zu ihr. Ich befahl Saliha, die Muggel zurückzuhalten und trug meine Frau ins Lager.

Sie hatte ihren Zauberstab verloren. Einer der Ritter musste ihr sein Schwert in den Bauch gerammt haben.

Eine halbe Stunde lang kämpfte ich um ihr Leben. Meine Hände waren rot von ihrem Blut. Es waren fast keine Tränke mehr da.

Ich schrie sie an und flehte und weinte, sie solle bei mir bleiben. Doch alles, was ich als Antwort erhielt, war das immer schwächer werdende Geräusch ihres flatternden Herzens.

Sie starb in meinen Armen, während meine Tränen ihr Gesicht benetzten. Sie sprach keine letzten Worte – Blut hatte ihre Lungen erfüllt. Sie sah mich nur an, mit schmerzerfüllten Augen. Nie war mir klarer, wie sehr ich sie liebte, als in diesem Moment, da ich sie verlor.
 

Salviero fiel in einen Schock. Er kümmerte sich nicht um das Dutzend anderer Magier, die mit dem Tod kämpften, als er seine Mutter beobachtete, wie sie ihre letzten Atemzüge tat.

Erst als ich ihren Körper zu Boden bettete und aufstand, hob er den Blick zu mir.

Meine Tränen waren versiegt. Meine Trauer vergessen. Ich wusste, das Bild ihres geschundenen Körpers würde mich mein Lebtag lang in meinen Alpträumen verfolgen. Aber in diesem Moment war ich erfüllt vom kalten Feuer des Hasses.

Ich konnte an nichts anderes mehr denken als an Rache.
 

Saliha hatte sich strikt an meine Anweisungen gehalten. Sie griff keinen der Muggel von sich aus an, sie zischte nur, bäumte sich auf und stieß hin und wieder vor, um sie abzuschrecken und von der Villa abzulenken. Doch dass sie nicht angriff machte die Ritter mutiger. Immer öfter stießen sie nach vorn und wollten einfach nicht verschwinden.

Mir war das mehr als recht.

Etwas in meinem Gesicht musste meine Absichten offengelegt haben. Vielleicht aber war es auch meine dunkle Aura, die so von Hass erfüllt um mich herum wirbelte und die so stark war, dass selbst den Muggeln ein Schauer über den Rücken lief. Jedenfalls wichen sie zurück, als sie mich mit wehendem Umhang und Haar aus der Villa stürmen sahen.

Ich sprach einen Haftungszauber auf meine Sohlen und mit ein paar wenigen Sätzen gelangte ich auf Salihas mächtigen Körper und schritt ihn entlang bis zu ihrem Kopf.

Und dann gab ich ihre einen einzigen Befehl: 'Vernichte.'
 

Nicht 'Töte', nicht 'Verteidige'. Ich befahl ihr, zu vernichten.

Gemeinsam haben wir in jener Nacht ein unvorstellbares Massaker angerichtet. Ich feuerte Fluch nach Fluch ab, während ich auf ihrem Kopf stand, in Sicherheit vor jedem Gegenangriff. Doch nicht einmal benutzte ich den schmerzlosen Todesfluch. Ich wollte sie leiden lassen für das, was sie getan hatten.

Saliha öffnete in dieser Nacht die Augen so weit wie noch nie. Hunderte fielen allein bei ihrem Anblick auf die Knie und hauchten ihr Leben aus. Bald schon genügte mir das nicht mehr. Ich wob einen Schild um mich, der es mir erlaubte, in jeder Situation das Gleichgewicht zu halten. Dann ließ ich Saliha vorstoßen. Ich ließ sie mit ihrem Kopf die Ritter von ihren Pferden fegen. Ich ließ sie ihre Zähne durch Rüstungen und Fleisch bohren. Ich ließ sie das Schlachtfeld mit Blut tränken.

Ich ließ sie die Menschen jagen.

Es dauerte nicht einmal fünf Minuten nach meiner Ankunft, da die Muggel die Beine in die Hand nahmen. Doch ich erlaubte ihnen keine Flucht. Diese Missgeburten hatten meine Frau auf dem Gewissen. Ich wollte keinen einzigen von ihnen entkommen lassen.
 

Erst als die Hofmagier – eine lächerlich kleine Anzahl zur Unterstützung gegen eine Armee – eintrafen und ich Saliha befehlen musste, die Augen zu schließen, damit nicht auch sie tot umfielen, hielten wir inne. So sehr ich in meiner Rage auch gewütet hatte, ich wusste, wann es Schadensbegrenzung zu betreiben gab. Ein Amok laufender Basilisk ist keine Kleinigkeit. Wenn der Magische Hof auch mir nichts anhaben kann, so würden seine Magier doch nach Saliha suchen und sie zur Strecke bringen wollen. Also gab ich meiner Vertrauten das Gegenmittel, welches sie auf normale Größe schrumpfen ließ. Natürlich war sie immer noch größer als jede andere Schlange auf der Welt und nicht weniger giftig als ein ausgewachsenes Exemplar ihrer Art, aber sie konnte sich jetzt leichter verstecken. Ich bedankte mich für ihre Hilfe und befahl ihr, selbstständig nach Hogwarts zurückzukehren. Sie kannte den Weg und wusste um den geheimen Eingang zu meinen unteren Kammern auf den Schlossgründen.
 

Ich blieb nicht, um mich von den Hofmagiern verhören zu lassen oder mich um die Verletzten zu kümmern. Ich nahm nur Salviero und meine Frau und apparierte, sobald die Schilde entfernt wurden.
 

Salazar setzte die Feder ab. Dies alles niederzuschreiben hatte ihm mehr abverlangt, als er für möglich gehalten hatte.

Sie hatten Marlysse am nächsten Tag begraben. Natürlich hatte Salazar mit dem Gedanken gespielt, sie mit seinen dunklen Künsten wieder zum Leben zu erwecken. Aber es wäre kein richtiges Leben gewesen. Ihre Seele war verschwunden und ließ sich nicht wieder zurück bringen.

Ihre Beerdigung wurde nicht groß angekündigt. Es gab keine Gäste, keine Trauernden außer Ehemann und Sohn. Salazar glaubte nicht, dass er es ausgehalten hätte, wenn Marlysses Familie auf einer christlichen Beerdigung mit allerlei TamTam bestanden hätte. Schließlich waren es christliche Glaubensritter gewesen, die sie umgebracht hatten.
 

Natürlich hatte der Umstand, dass Godric prinzipiell ebenfalls ein christlicher Glaubensritter war, sehr dazu beigetragen, dass Salazars Emotionen so übergekocht waren, als er Hogwarts wieder betreten hatte. Dass er immer noch den Nerv hatte, diese dreckigen Muggel auch noch zu beschützen.

Aber die Entscheidung, Hogwarts zu verlassen, war dennoch wohlüberlegt. Im Grunde war es nur noch eine Frage der Zeit gewesen, bis es so weit kommen würde. Salazar hatte es die ganze Zeit über geahnt. Er war sich nicht einmal sicher, ob er bedauerte, sich nie richtig verabschiedet zu haben.
 

Für einen Moment überlegte Salazar, ob er seine Trennung von der Schule sofort niederschreiben sollte. Doch dann entschied er, dass die Ereignisse noch zu frisch waren. Also räumte er seine Utensilien zusammen und stand auf. Die Stille des leeren Schlafzimmers schien ihn zu erdrücken. So sehr er es auch versuchte, er konnte sich nicht einbilden, dass er sich nur zu dem Bett hinter ihm umzudrehen brauchte, um Marlysse zu sehen, wie sie dort auf dem Bauch lag und ihn still bei seiner Arbeit beobachtete.

Marlysse war fort und würde nie wieder kommen.
 

Als die Stille unerträglich wurde, verließ Salazar das Zimmer. Er begab sich zu der verzauberten Plattform mit der vagen Aussicht, seine Schlangen zu füttern. Doch obwohl die Reptilien ihn freudig begrüßten und ab und an auch fragten, wie es ihm ginge, bemerkte er doch, dass keiner von ihnen seine Hilfe brauchte. So ließ er die Plattform immer weiter absinken, bis hinunter in die Schlangengrube.

Salazar trat von dem Grund des Schachtes fort. Er stand nun in einem kreisrunden Raum, so groß wie eine ganze Etage. Die Wände waren vollgestellt mit Regalen. Auf jedem von ihnen stand eine Fülle von Gefäßen und Brutkästen. Da waren geschlossene Boxen mit durchsichtigen Löchern auf der Oberseite, Holzkästen mit Watte oder Sägespänen ausgelegt und richtige Neste aus Schilfgras oder Heu. Sie enthielten kleine, weiße Natterneier, große Eier von Boas, Eier mit dicken und mit dünnen Schalen. Sie alle wurden magisch beleuchtet und bei optimaler Temperatur gehalten.

Der Boden in der Mitte der Grube bestand aus festgestampften Lehm. Doch etwa zwei Meter vvor den Wänden mit den Regalen war die Erde aufgewühlt, mit vielen Unebenheiten und Erdhaufen. Dort waren die Eier vergraben, die unterirdisch zu lagern waren. Unterbrochen wurde dieser Ring alle drei Meter von einem dünnen Steg aus weißem Kies, sodass man die Regale erreichen konnte, ohne die Eier in der Erde unabsichtlich zu beschädigen.
 

Salazar mochte keine Einsamkeit. Viele Leute, die ihn kannten, würden das Gegenteil behaupten. Und tatsächlich fühlte er sich selten wohl in menschlicher Gesellschaft, aber mit Schlangen war das etwas anderes. Es gab in seinem leben nur sehr selten Momente, in denen er 'allein sein' wollte. Wenn er sich ablenken wollte, so begab er sich in den Turm und sprach mit seinen Schlangen. Wenn er aber die Stille brauchte, um zu sich zu finden, dann begab er sich in die Schlangengrube. Er begab sich in das unterste Stockwerk seines Heimes, nur in der Gesellschaft hunderter Schlangeneier. Sie sprachen nicht zu ihm, sie interagierten nicht mit ihm, und doch fühlte er sich in ihrer Nähe nicht allein. Schließlich waren sie die Freunde, die er noch nicht kennen gelernt hatte.
 

Und wie es schien, war er nicht der Einzige, der so dachte.

„Salviero.“ Was machst du hier?, wollte er hinzufügen, aber die Antwort war offensichtlich: dasselbe wie du.

Sein Sohn antwortete ihm auch nicht. Er saß im Schneidersitz am Ende einem der Stege und starrte eine durchsichtige Box mit Kobraeiern an, hatte sich jetzt jedoch halb zu ihm umgedreht.

„Wirst du noch einmal heiraten?“, fragte Salviero unvermittelt.

Salazar wurde von der Frage überrumpelt. Langsam kam er näher und setzte sich noch langsamer neben seinem Sohn auf den Boden, um Zeit zu gewinnen.

„Nein, mein Sohn“, sagte er dann leise. „Nein, ich denke nicht.“

Salviero nickte nur und drehte sich wieder um.
 

„Das bedeutet nicht, dass wir unser Leben nicht weiter leben können“, meinte Salazar, mehr zu sich selbst als zu seinem Sohn.

„Mit der Zeit wirst auch du deine Trauer bewältigen. Wenn du erst wieder in Hogwarts bist-“

„Ich gehe nicht mehr nach Hogwarts.“

Salazar stockte. „Was?“

„Ich gehe nicht mehr nach Hogwarts. Ich will nicht mehr da hin.“ Jetzt sah Salviero ihn doch an. „Alles was ich wissen muss, kannst du mir doch beibringen.“

Salazar schwankte für einen Moment. Auf der einen Seite war er stolz auf seine Schule und hatte eigentlich damit gerechnet, dass sein Sohn und dessen Söhne sie alle einmal besuchen würden. Außerdem war da noch Saliha, die ohne einen anderen Parselmund schrecklich einsam sein würde. Auf der anderen Seite wusste er, dass Salviero dies nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihn tat. Salazar wusste nicht, was er mit so viel freier zeit anstellen würde, wenn Salviero in der Schule war. Vermutlich würde er verrückt werden.

„Gut“, sagte er schließlich. „Wenn es das ist, was du willst...“

Salviero nickte und schenkte ihm ein leichtes lächeln. Dann griff er nach der Hand seines Vaters und drückte sie leicht.

„Wir schaffen es. Zusammen schaffen wir es, Vater.“



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