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Ein neuer Blickwinkel

Großvaterparadoxon
von

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Unerkannte Freundinnen

Kapitel 16: Unerkannte Freundinnen
 


 

„Ein Fremder ist nur ein Freund, den man noch nicht kennt.“ (Irisches Sprichwort)
 

Rebekahs Sicht:

Eigentlich war es viel zu spät, um noch alleine rauszugehen, doch ich hatte keine Angst und ich wollte unbedingt noch Wasser für morgen früh holen, weil ich es vergessen hatte.

Doch morgen früh wollte ich ganz gewiss nicht los.

So war ich einfach aus dem Fenster geklettert, als alles still gewesen war.

Es würde ja auch nicht so lange dauern und es war sowieso niemand mehr zu so später Stunde unterwegs.

Als ich allerdings zum See kam, wurde ich eines besseren belehrt.

Erst hatte ich sie gar nicht bemerkt, doch dann fiel der Lichtschein des Mondes anscheinend sehr günstig auf sie.

Das war doch… Tatia!

Ja, genau.

Schnell verschwand ich hinter einen Baum, um mich zu verstecken.

Sie schwamm dort und hatte ihr Kind bei sich, legte ihn auf ihren Bauch und ich schloss instinktiv meine Augen, als ich ihre Brust sah.

Sie war vollkommen nackt!

War sie denn wahnsinnig?
 

Ich schaute erst wieder hin, als ich hörte wie eine sanfte Stimme erklang.

Irgendwie glaubte ich, dass ich noch nie ein schöneres Wiegenlied gehört hatte oder dass ich überhaupt jemals ein Wiegenlied gehört hatte.
 

„Nun schlafe, mein Kindchen und träume süß´

Schlaf, Liebchen, und suche das Paradies

Dort darfst du stets spielen und glücklich sein

o Kind, und kein Herz ist dort jemals allein

Schlaf, Kind, schlaf, das Wachen ist mein

schlafe, schlaf, Kind, Träume sind dein

Das Wachen ist mein

Kind, Träume sind dein“
 

Ohne wirklich darüber nachzudenken, verließ ich mein Versteck hinter dem Baum.

Ganz verzaubert von der schönen Melodie, der wundervollen Worte setzte ich einen Schritt vor den anderen.

Leise und langsam bewegte ich mich, um sie nicht zu erschrecken.

Auf keinen Fall wollte ich ihren berauschenden Gesang unterbrechen.

Anscheinend hatte sie keine Angst vor dem Wasser, es sah so aus als würde das Wasser sie ganz einfach tragen.

Was ist wenn es das nicht mehr machen würde?

Würde sie dann untergehen?
 

„Noch weißt du vom Leben nicht allzu viel

noch dünkt's dich ein heiteres, schönes Spiel

Und bist du am Abend auch müd und matt

o Kind, noch warst niemals des Spieles du satt

Schlaf, Kind, schlaf, die Zukunft ist weit

schlafe, schlaf, erträume die Zeit

Die Zukunft ist weit

erträume die Zeit!“
 

Fühlte das Kind das?

Fühlte es die unendliche Liebe?

Wie könnte es das nicht?

Sicher war es glücklich, es musste einfach glücklich sein, wenn es so sehr geliebt wurde.

Langsam streckte ich die Hand aus, um die Szene zu erfassen.

Doch würde sie vielleicht zerbrechen, wenn ich sie berühren würde?
 

„Nun schläfst du, mein Schätzchen, so tief und schön,

nie solltest du Tränen und Elend seh'n.

Bald hast du so lichte Träume nicht mehr,

o Kind, und das Leben wird dunkel und schwer,

Schlaf, Kind, schlaf, ich kämpfe für dich,

schlafe, schlaf, und träume für mich.

Ich kämpfe für dich,

du träume für mich.“
 

Tatia küsste ihren Sohn auf die Stirn und es war dann, als würde sie im Wasser stehen.

Sie hob ihr Kind hinauf in die Höhe und drehte sich zusammen mit ihm in Kreis, sodass es wie eine Art Tanz aussah.

Sie hielt inne, als sie mich sah, wahrscheinlich war sie überrascht.

Zwar konnte ich ihren Gesichtsausdruck von hier aus nicht beurteilen, aber ich wäre es sicher.

Besonders weil sie vollkommen nackt war.

„Rebekah?“, rief sie in die Dunkelheit hinein.

Leicht nickte ich, bis mir einfiel, das wenn ich kaum was erkennen konnte, dann würde sie es gewiss auch nicht.

„Ja“, sagte ich schwach, wusste nicht was ich sonst sagen sollte.
 

Ein Schweigen breitete sich aus, bevor sie mich fragte: „Sind sie auch hierhergekommen, um zu baden?“

Baden?

Was?

Oh Gott, nein!

„Nein, ich kann nicht schwimmen“, gab ich zu und da sie mitten im See war und ihre Arme so komisch bewegte, musste sie es wohl können.

Sie konnte schwimmen?

Wo hatte sie das nur gelernt?

Tatia schwamm mit Gideon zurück und als sie aus dem Wasser stieg, vollkommen nackt drehte ich mich sofort um.

„Ist doch nicht so schlimm, schließlich sind wir beide Mädchen“, meinte sie locker, als wäre das keine komische Situation.

Noch nie hatte ich jemanden nackt gesehen, auch keine Frau und schon lange war die Zeit her, als Mutter mich hatte nackt gesehen.

Aber Tatia schien daran wohl nichts Verfängliches zu sehen.
 

Ich hörte etwas rascheln und nach einer Weile meinte Tatia: „Sie können sich wieder zu mir drehen, ich bin angezogen.“

Zögernd drehte ich mich wieder zu ihr um.

Tatsächlich hatte sie wieder ihr Kleid an, ein dunkelgrünes einfaches Kleid.

Das letzte Mal hatte sie ein hellbraunes etwas rötliches Kleid getragen.

Da ich sie nackt gesehen hatte, wenn auch nur kurz, wusste ich dass sie genauso klein und zierlich war, wie sie selbst mit Kleidung den Anschein hatte.

Ihre Haut war ohne Makel, ganz anders als meine.

Ich hatte keine Narben oder ähnliche Unebenheiten erkennen können.

Sie hatte ihren Sohn auf den Arm, dessen Augen ein wenig schläfrig aussahen.

„Dann sind sie nur zum Wasser holen gekommen?“, fragte sie nach.

Verwirrt sah ich sie an, woher wusste sie das denn?

Sie deutete auf den Eimer in meiner Hand.

Oh, natürlich!

Wie dumm von mir.

„Wieso sind sie mitten in der Nacht hier?“, fragte ich sie verwirrt, da es mir nicht normal erschien.

Nie würde ich mir sowas wagen, es war ja schon wahnsinnig, hierher zu kommen, um Wasser zu holen, ganz geschweige davon zu baden.

Meine Eltern würden ausrasten, wenn sie davon erfahren würden.
 

„Ich bade sehr gerne und ich wasche mich und meinen Sohn dann immer.

Baden sie nicht gerne?“

Sicher, wenn ich es nur könnte.

„Schon, als ich ein Kind war, hab ich es ab und zu im flachen Wasser gemacht.

Aber jetzt geht das nicht mehr.

Haben sie denn keine Angst erwischt zu werden?“

Lächelnd schüttelte Tatia den Kopf, so als wäre das keine Möglichkeit, dabei hatte ich sie doch gerade dabei erwischt.

„Um diese Zeit ist hier niemand, außer uns beiden anscheinend.

Soll ich ihnen das schwimmen beibringen?“

Überrascht blinzelte ich mit den Augen, aber ihre Frage war so versuchend.

Zu gern würde ich das schwimmen lernen, einfach hinaus schwimmen im See, das war einfach nur ein genialer Gedanke.

„Ich… ich weiß nicht“, sprach ich unsicher.
 

Sie sah mich eine Weile an und ich wusste nicht was ich sagen sollte oder tun sollte, doch dann hielt sie merkwürdigerweise ihre Hand in meine Richtung.

Was sollte das bezwecken?

„Wir haben uns nie wirklich vorgestellt.

Da wo ich herkomme schüttelt man sich die Hand, wenn man sich kennenlernt.“

Verwirrt sah ich sie an, griff dann aber doch nach ihrer Hand, sie war so sanft.

Sachte schüttelte sie meine Hand.

„Mein Name ist Tatia, es freut mich dich kennenzulernen.

Lass uns doch Freunde sein“, meinte sie und mir fiel auf, das sie mich auf einmal duzte.

Freunde?

Außer meinen Brüdern hatte ich nicht wirklich Freunde.

Aber der Gedanke klang irgendwie schön.

„Ich bin Rebekah und ich würde gerne deine Freundin sein“, stimmte ich ihr zu und wir beide lächelten uns an.

Ich hatte jetzt eine Freundin, das war einfach unglaublich.

„Also Rebekah, soll ich dir das schwimmen beibringen.

Ich verspreche dir auch, dass es unser Geheimnis bleibt und ich es niemanden erzählen werde“, sagte sie entschlossen.

Etwas benommen nickte ich.

Wieso nicht?

Schließlich war ich nicht feige oder sowas.

Es würde uns schon keiner erwischen und ich wollte es so gerne lernen.



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