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Ziras unerzählte Geschichte

von

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Verführer…

„Wo ist Mutter?“, fragte Nuka als Scar, wohlgemerkt allein, in seinen Teil der Höhle kam.

Scar funkelte Nuka wütend an, auch wenn er wusste dass seine Frage berechtigt und vorhersehbar warm, jedoch meinte er nur: „Sie kommt bald wieder, das ist klar.“

„Oh… Aber… Vitani hat doch Hunger.“, meinte Nuka vorsichtig und deutete auf seine wenige Tage alte Schwester, die an seiner Pfote nuckelte und als keine Milch kam, zu heulen anfing.

„Ach, keine Sorge, eure Mutter wird kommen, das weiß ich.“, meinte Scar mit einem plötzlichen, selbstgefälligen Grinsen und nahm Vitani vorsichtig zwischen die Pfoten. „Pssst Süße, sie kommt ja wieder.“, meinte Scar beruhigend und schaukelte Vitani zwischen seinen Pfoten umher. Sie mochte das normalerweise, es machte sie ruhiger und tatsächlich schien sie langsam müde zu werden.

Nuka rollte sich entkräftet neben seinem Vater zusammen und schlief kurz darauf ein.

Er wusste, wenn er ehrlich sein sollte, nicht wirklich was er nun tun sollte. Zum einen sagte dieser immerzu dominierende Teil in ihm, er solle einfach liegen bleiben und schlafen, sich gar ein wenig über Ziras Überemotionalität, so wie er es empfand, lustig machen doch ein winziger, kleiner Teil in ihm, der jedoch nie zur Geltung kam, sagte ihm er solle Zira suchen, es klären.

Aber wie schon gesagt, dieser Teil in ihm wurde kleingehalten.

Und zudem hatte Scar ja Recht: Zira würde wiederkommen. Denn es war wahr: Sie liebte Scar inzwischen einfach so sehr, sie würde alles für ihn tun und nie hätte sie ihn verlassen. Ja, natürlich liebte Scar sie auch, aber Zira… Sie liebte Scar nicht einfach, sie war über die Jahre völlig verrückt nach ihm geworden. Sie würde ihm jeden Wunsch von den Augen ablesen, alles würde sie für ihn tun, jedes Opfer hätte sie für ihn gebracht.

Sie liebte ihn einfach ZU sehr.

VIEL zu sehr.
 

Weinend saß Zira irgendwo, weit weg vom Königsfelsen, im Gras. Die Pfoten hatte sie über das Gesicht geschlungen, sie saß zusammengekauert im Staub und war nervlich völlig fertig.

Ja, doch, sie war wirklich mit den Nerven am Ende.

Es tat so verdammt weh, immer noch, so was von Scar zu hören. So etwas zu sehen. Mit eigenen Augen zu sehen wie der, für den du sterben würdest, kurz davor war dich mit einem jüngeren Exemplar auszutauschen.

Für wen hielt er sich? Als ob sie die Sache mit Nala einfach an sich abperlen lassen würde! Am liebsten wäre Zira für einen Moment zurück gelaufen, hätte sich Nuka und Vitani geschnappt und wäre mit ihnen ganz weit weg gerannt, ohne Scar.

Doch Zira war so vollkommen am Ende, sie wäre doch noch nicht mal fähig gewesen wirklich selbstständig zum Königsfelsen zurückzukehren! Sie fühlte sich wütend, traurig, hintergangen, niedergeschlagen, hasserfüllt… Und das alles auf einmal. Es war zu viel für sie, sie war so hilflos mit diesem Gefühlschaos und selten hatte sie sich so überfordert gefühlt.

Ja, überfordert traf es gut. Sie war es, sie war vollkommen überfordert mit der gesamten, verdammten Situation.

Und dann kamen all diese Fragen auf die sie sofort eine Antwort wollte, SOFORT!

Warum machte Scar das, war Zira ihm etwa nicht mehr gut genug? Sie war jetzt… Da musste sie gerade selber nachdenken… Wie lang war das jetzt schon alles her?

Ach ja, sie war sechs Jahre alt. Nala war drei.

Na und? So alt war Zira nun wirklich nicht! Jedenfalls nicht so alt, dass Scar sich gleich derartiges Frischfleisch an Land ziehen musste und glaubte sie sei schon so senil und bemerke es nicht!

Inzwischen hatte Zira vom ganzen weinen Kopfweh. Sie zwang sich aufzuhören, was jedoch einfach nicht klappen wollte und erst nach mehreren, schwerfälligen Anläufen schaffte sie es endlich wieder Haltung zu finden.

Sie musste kurz durchatmen, bevor sie sich die Schläfen rieb, in der Hoffnung dass die Schmerzen weichen würden.

„Idiot… dieser verdammte Idiot.“, begann sie plötzlich durch die Zähne zu zischen. Es begann. Jetzt würde es losgehen, jetzt würde sie anfangen sich in Beschimpfungen zu sagen und sich in diese derart zu vertiefen, dass sie sich in einen wahren Hass hineinsteigern würde.

Doch diesmal sollte es nicht so weit kommen.

Leider.

„Nanu… Kann ich helfen?“, ertönte plötzlich eine Stimme.

Zira sah auf und erkannte einen fremden Löwen zwischen dem Schulterhohen Gras auf sie zukommen. Er war ziemlich stämmig und muskulös, sein Fell hatte so ein sattes Schokobraun, mit einer dicken, dunkelbraunen Mähne und denselben stechend grünen Augen wie Scar.

Zira wischte sich schnell die Tränen aus dem Gesicht, setzte sich mit erhobenem Kopf auf und sah mit einer gewissen Hochnäsigkeit zu dem Löwen hinab.

Obwohl, was hieß hier ‚hinab‘? Dieser Kerl war fast einen halben Kopf größer als sie, es gab für sie nichts zum hinabsehen. Aber sie war eine Königin, sie hatte auch jetzt ihre Restwürde, falls noch welche da war, zu bewahren.

„Was willst du hier, wer bist du?“, fragte sie ungehalten. Eigentlich richtig forsch, aber warum sollte sie nicht?

Der große Löwe grinste kurz dermaßen unverschämt dass Zira ihm zu gerne die Schnauze eingeschlagen hätte, aber sie beherrschte sich, als er schließlich antwortete: „Mein Name ist Fisadi. Ich bin nur auf der Durchreise, ich habe nicht die Absicht zu wildern. Und mit wem habe ich die Ehre?“

„Zira.“, meinte Zira schroff.

„Oh, welch eine Ehre…“ Fisadi grinste sie schon wieder so frech an „Aber was macht so eine hübsche Löwin wie du ganz allein hier draußen? Hier wimmelt es nur so von Hyänen, die dich jederzeit töten können.“

„Ach, sagen wir mal… Es sind meine Freunde.“, wand Zira ab.

„Freunde? Wow, welch Beziehungen… Du bist also doch nicht so hilflos wie ich dachte, was?“, stellte Fisadi fest und begann Zira begierend zu umkreisen.

„Hilflos wäre völlig übertrieben.“, meinte Zira und ließ den Löwen keine Sekunde aus den Augen.

„Hey, nicht nur das du gut aussiehst, biss hast du auch… Ich wünschte es gäbe mehr solcher Löwinnen wie dir. Das wäre eine wahre Bereicherung für diese Welt.“

Natürlich fühlte Zira sich geschmeichelt, warum auch nicht? Fisadi überschüttete sie nur so mit Komplimenten…. Und ihr gefiel das. Wann hörte sie das denn schon mal von Scar? Das größte Kompliment was er ihr innerhalb der letzten Zeit gemacht hatte war, dass… Ach, sie wusste es nicht mal mehr.

„Hmhm… Danke.“, meinte sie und begann langsam sich merklich zu entspannen.

Sollte sie sagen dass sie die Königin war, also demzufolge… Ach, zur Hölle mit Scar, Zira würde schon nichts dummes machen.

„Und von wo genau kommst du?“, fragte sie Fisadi, welcher sich so zu ihr stellte, dass seine halbgeöffnete Schnauze direkt an ihrem Hals war. Sie spürte seinen Atem und wenn sie ehrlich sein sollte machte es sie nervös. Sein Atem roch nach frischem Fleisch, mach Blut, also hatte er sie vorhin angelogen. Aber es war ihr sogar egal, es kümmerte sie einfach nicht.

„Ach, ich komme von überall, mal bin ich dort, mal hier, mal da, immer dort wo ich willkommen bin, meine Schöne…“

Sein Maul kam ihrem Hals noch näher und seine Zunge fuhr ihr diesmal, nur kurz und recht sanft, über den Nacken.

Und in ihrer erregten Anspannung die sich langsam aufbaute, tat sie das was ihr verdammter, primitiver Instinkt ihr sagte. Ihr Instinkt war etwas was Zira eigentlich liebte, sie liebte diese gefühlslose, fast schon mechanische Grausamkeit beim Jagen, aber jetzt war es ihr alles andere als recht.

Jedenfalls legte sie sich, von ganz allein und ohne Zwang oder Druck, zu Boden. Und wenn eine Löwin sich dazu freiwillig bereiterklärte, war jedes weitere Wort unnötig, es war klar wo das hin führte.

Fisadi kam bereitwillig etwas näher und begann ihr verführerisch über den Nacken zu fahren. Einfach so, ohne ein Wort.

Wozu auch? Zira hatte genug getan.

Und erst jetzt schien ihr das klar zu werden. Erst jetzt spürte sie wie alles in ihr erstarrte und sich ihr eine Frage stellte: Was machte sie da? Was machte SIE da?

Und warum ließ sie das überhaupt zu?

Sie wollte schon die Krallen ausfahren und Fisadi über die Schnauze fahren, aber dann stockte sie. Inmitten ihres Denkens und schlug einen anderen Gedankengang ein.

Ganz im Ernst, warum sollte sie das NICHT tun? Scar hätte es doch auch getan! Wenn Nala nicht so störrisch gewesen wäre und sie nicht alles belauscht hätte, er hätte es getan!

Warum sollte Zira sich also nicht einfach hingeben? Eigentlich war sie nicht leicht rumzukriegen, aber das hier war was völlig anderes! Was Scar durfte, durfte sie doch auch, oder etwa nicht? Ja, doch, warum denn nicht? Was sollte denn schon passieren? Als ob sie von diesem einen einzigen Mal gleich trächtig wurde! Das war völlig unmöglich bis vor ein paar Tagen war sie noch mit Vitani schwanger gewesen, ihr Körper war doch gar nicht bereit für eine weitere Trächtigkeit.

Und es wäre ja auch nur dieses eine einzige mal… Also, warum sich nicht einfach hingeben? Fisadi war gutaussehend, jung, verführerisch… Was sollte passieren?

Süß lächeln und sich dieser Sache hingeben, das schaffte sie.
 

Einige Zeit später lag Zira mit halbgeschlossenen Augen ausgestreckt im trockenen Gras. Fisadi leckte ihr zärtlich am Nacken entlang und grinste in sich hinein.

Diese dummen Löwinnen! Als ob sie ihm irgendwas bedeuten würden! Er wollte doch nur seinen Spaß! Zira war ja so verzweifelt gewesen, als er ihr begegnet war! Sie war wirklich einfach rumzukriegen! Und das erbärmlichste war, wenn diese Schlampen auch noch glaubten, sie wären was Besonderes! Oh Bitte! Fisadi waren diese Löwinnen als Individuen doch völlig egal! Sie waren Spielzeug, das war’s.

Um ehrlich zu sein… Zira ging’s nicht viel anders. Ihr bedeutete dieser Löwe nichts. Und Fisadi spürte das, zumindest erahnte er dass er ihr ebenso wenig bedeutet wie sie ihm. Und das was gut. So müsste er zumindest keine Angst haben wenn er in zwei Jahren wieder in der Gegend streunen würde, dass ihm irgendeine todtraurige Löwin entgegen kommen würde und ihm fragen würde, wie er sie damals nur allein hatte lassen können.

„Na Prinzessin… Ich denke ich geh dann mal weiter. Mach’s gut.“

Kalt im Grunde völlig gleichgültig, klangen seine Worte und als Zira ihn einfach Wortlos gingen ließ, da stieg ganz, ganz langsam, im Minutentakt, das Wissen darüber in ihr auf, was sie da gerade eben getan, nein, gewagt hatte.

Es war schwer zu beschreiben, aber sie hatte es nur ganz langsam realisiert.

Sie hatte Scar betrogen, damit war sie schlechter als er.

Sie hatte Scar mit einem Löwen betrogen der ihr nichts bedeutete. Und der Kernpunkt war der, dass SIE es gewesen war. SIE hatte sich Fisadi um den Hals geworfen. SIE.

Sie war jetzt offiziell schlechter als Scar.

Und mit dieser Erkenntnis schien für Zira eine Welt zusammenzubrechen.
 

Völlig aufgelöst irrte die Löwin durch die Gegend, sie wusste nicht wie lang genau, aber irgendwann fand sie sich an der Südgrenze wieder.

Sie mochte die Südgrenze, immer mal wieder fand sie sich hier, wenn sie mal nicht wusste was sie mit ihrer Zeit anstellen sollte, was sie Nuka hätte Zeigen sollen, wenn niemand da war mit dem sie hätte Zeit verbringen können. Normalerweise durchzog ein breiter, aufgrund seiner schnellen Strömung eigentlich ziemlich gefährlicher Fluss die Grenze und stellte auch ganz offiziell das Ende ihres Königreichs dar, doch dieser Fluss führte inzwischen durch die große Hitze nur noch wenig Wasser. Und erst jetzt fiel ihr das wirklich auf.

Sie starrte gewissermaßen ungläubig in das was von dem Fluss übrig war und schluckte schwerfällig.

Als sie den Blick hob zuckte sie einen Moment zusammen, denn ganz plötzlich, ohne Vorwarnung, saß am anderen Ufer ein Schakal, der noch vor wenigen Augenblicken, da war sie sich sicher, definitiv nicht dagewesen war und starrte aus zwei leuchtenden, orangenen Augen zu ihr herüber.

Und groß war der Schakal, so groß, es war abnormal.

Auch der Schakal bemerkte Zira und sah auf. Es schien als wollte sie etwas sagen, doch sie zögerte, das sah Zira ihr an.

„Hey du… Du siehst ja gar nicht gut aus…“ Der Schakal ringte sich nun doch dazu auf etwas zu sagen „Ist was passiert?“

Zira tat so als hätte sie sie nicht gehört und drehte den Kopf weg. Tat so als würde sie etwas im Gras hinter sich beobachten.

„Ich bin übrigens Tumaini…“, stellte sich die Schakaldame nun vor und begann langsam durch den Fluss zu waten. Sie wollte doch tatsächlich zu Zira. Furcht schien sie wohl gar nicht zu kennen.

Nun konnte sich jedoch auch Zira nicht mehr dem Blick des Schakals entreißen und starrte zurück. Sie starrte zurück in diese großen, katzenartigen, die Nacht erleuchtenden Augen, die sie irgendwie an ihre eigenen erinnerten. Sie vertiefte sich richtig in das Gesicht dieses Schakals. Dabei war nichts Besonderes an ihr. Sie hatte eine Gesichtsform wie jeder Schakal, lang, ein flacher Kopf, zwei viel zu große Ohren, von denen das rechte jedoch fast nicht mehr vorhanden war, eine längliche, dünne, dunkle Schnauze und an ihrem Kieferknochen war das Fell etwas buschiger, die Augenzeichnung war hell, Zira hätte es fast schon al weiß bezeichnet, doch das war schwer zu sagen, es war zu dunkel um sich da festzulegen.

Tumaini schien Ziras Blicke jedoch als Bedrohung wahrzunehmen und brach so schnell wie möglich den Blickkontakt ab, sie wollte schließlich keine fremde Löwin provozieren, auch wenn dieses Häufchen Elend vor ihr, ihr einfach nur leid tat.

„Also… Du bist?“, fragte Tumaini um die Stille zu durchbrechen.

„Zira.“

„Aha…“ Im selben Moment fragte Tumaini sich wer seinem Kind so einen beschissenen Namen gibt, aber na ja.

Zira schwieg.

„Und… Was ist mit dir? Du siehst nicht gerade glücklich aus.“

Eigentlich wollte Zira ja darüber reden, doch wenn sie es einer der Löwinnen anvertraut hätte, wäre das alles außer Kontrolle geraten, jeder hätte davon gewusst und was man dann mit ihr tun würde, wollte sie sich nicht ausmalen.

Und wenn sie ehrlich sein sollte, kam ihr der Schakal nur recht. Sie war nur ein Schakal, nichts anderes als ein Schakal, dem niemand glauben würde, wenn sie das tatsächlich herumerzählen würde. Zudem kam sie nicht aus dem Geweihten Land, sie war unwichtig, sie wusste noch nicht mal wer Zira war. Also, warum konnte Zira es ihr nicht sagen, einfach um darüber gesprochen zu haben?

Okay, sie würde sich diesem Schakal anvertrauen, einfach nur um es von der Seele zu haben, um mit irgendwem darüber gesprochen zu haben, der es sowieso hoffentlich bald vergessen würde.

Zira sah in Tumaini Richtung und dann begann sie ihr einfach alles zu erzählen. Wie Scar sie betrügen wollte, wie das mit Fisadi passiert war… Von ihren Jungen zu Hause… Jedoch nicht zu viel. Sie sagte natürlich nicht dass sie Königin war, sie sagte eigentlich gar nichts über ihr zu Hause. Nur über das was eben heute Nacht passiert war.

Tumaini hörte ihr die ganze Zeit ruhig und aufmerksam zu, stellte keine Fragen, saß da und hörte einfach nur zu.

Als Zira schließlich fertig war, sah Tumaini sie nachdenklich an.

„Also… ich würde es ihm sagen, bevor er es von jemand anderem erfährt“, meinte sie ernst „Weißt du, ich weiß, dass das unglaublich schwer für dich sein wird, aber bevor du plötzlich mit dem Jungen dieses Löwen trächtig bist…“ Sie schluckte „Vielleicht wäre es besser es ihm zu sagen. Denn wenn er das Junge sehen wird... Wenn’s ganz dumm kommt wird es eben keine große Ähnlichkeit, weder mit dir noch mit Scar haben. Und dann… Na ja, er wird total geschockt sein“, seufzte Tumaini schwerfällig und betrachtete die Löwin, die noch immer wie ein Häufchen Elend da saß, von oben bis unten „Ich wünschte wirklich ich könnte dir helfen… Du tust mir Leid Zira.“

Tumaini schlang ihren Schwanz um ihre Hinterbeine und strich Zira tröstend über die Schulter „Meine Kleinen würden jetzt sagen, du könntest eine Notlüge oder so machen… Er hätte dich dazu gezwungen oder so…“ Tumaini zweifelte selbst an diesem Vorschlag.

Zira schüttelte traurig den Kopf. „Nein, das ist unrealistisch… Ich hab als Junglöwin bereits einen erwachsen Löwen getötet, als ich in Todesangst war… Es würde nicht glaubhaft kommen, das ich mich jetzt auf einmal nicht mehr wehren kann“ Sie schluckte schwer „Zudem… Wirkliche Kampfspuren zeige ich auch nicht wirklich. Das wäre völlig unglaubwürdig.“

„Oh… Das tut mir alles so Leid… Ich… ich wünschte wirklich ich könnte dir helfen…“, seufzte Tumaini und spürte plötzlich eine Enttäuschung über sich selbst in sich aufkommen. Sie hasste es nicht helfen zu können.

Doch eine Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Mama! Komm, ich hab Aas gefunden!“

„Ich komme, Kwanza“, antwortete Tumaini und sprang eilig auf „Tut mir leid, das war mein Kleiner. Ich… muss dann. Zira, es war mir eine Ehre dich kennenzulernen“ Sie sah ihr halbwegs aufmunternd entgegen „Wer weiß, vielleicht treffen wir uns eines Tages wieder. Und…“ Sie stockte kurz, als sie ihr den Rücken zudrehte „Viel Glück.“

„Du auch…“, verabschiedete Zira sich, auch wenn sie bezweifelte, dass der Schakal sie noch hören konnte, immerhin war sie bereits auf der anderen Uferseite.

Ohne ein weiteres Wort und schweren Herzens wand Zira dem Fluss den Rücken zu, so dass sie nicht mehr die Löwensilhouette erkennen konnte.
 

„Im Ernst Leute, diese Löwin tat mir einfach nur leid…“, seufzte Tumaini, als sie, am nächsten Abend erst, mit Mheetu, Kwanza, Samangi und Tofauti wieder weiter südlich an ihrem Stammplatz, zwischen der Baumgruppe, lag. Sie hatte grade eben die Begegnung mit Zira geschildert.

„Arme Löwin…“, seufzte auch Tofauti.

„Ja, das kannst du laut sagen…“, murmelte Mheetu mitleidig und legte den Kopf auf Tofautis Rücken. Überrascht sah die weiße Löwin zu Mheetu, ließ ihn jedoch machen.

Er gab es ja nur ungern zu, aber er spürte ihr Herz in diesem Moment wieder bis zum Hals schlagen, zudem wurde sie knallrot. Entweder beschämte er sie oder sie dachte genauso über ihn wie er über sie.

„Jaja, wirklich bemitleidenswert, obwohl ich mit einem toten Zebra mehr Mitleid habe“, meinte Samangi mit diesem gehässigen Unterton.

„Samangi“, meinte Tumaini entsetzt „Wie kannst du nur so herzlos sein?“

„War doch nich so gemeint…“, murrte die junge Löwin.

„Na dann, ich bin müde, gute Nacht.“, gähnte Kwanza um vom Thema abzulenken und auch Tumaini folgte ihm.

Sehr gut… Gleich sind wir allein, dachte Mheetu und stand auf. Heute. Heute würde sie es erfahren, heute würde er diesem zuckersüßen Ding endlich sagen was er für sie empfand. Er schob es schon so lange auf und jeder Tag der verstrich, ohne dass sie es wusste, schien so verschwendet.

Und mit jedem Tag wurde sein Verlangen nach ihr stärker. Er wünschte sich so sehr sich einfach nur an sie zu schmiegen, ihr zu sagen wie sehr er sie liebte und sie mit all seiner Liebe zu überhäufen. Denn das tat er, er liebte sie. Das war nicht einfach nur eine Schwärmerei, er liebte diese Löwin für alles was sie war.

Sie war anders und trotzdem war sie so lebensfroh, sie hatte es schwerer in allem was sie tat und dennoch schien sie das Leben mit jedem Atemzug zu genießen. Es war nicht zu verleugnen, sie liebte ihr Leben und alle die daran teilhatten.

Und sie faszinierte ihn. Mit allem. Ihre Haltung allem Gegenüber, ihre Augen, ihr Fell. Es faszinierte ihn ihr diese blutroten Augen zu sehen und genau zu wissen dass diese Augen vielleicht irgendwann erblinden würden und ihr das dennoch so egal war. Es war ihr egal was mal mit ihr passieren würde, ihr war es egal ob sie vielleicht irgendwann Hautkrebs bekommen würde oder erblinden würde oder weiß die Hölle was.

„Ähm, Tofauti… Ich… Ich wollte mit dir reden…“

„Tofauti, die eigentlich hinter Tumaini und Kwanza her gehen wollte, sah verwundert zu ihm. Mheetu klang so ernst, war was passiert?

„Klar, was ist denn?“

„Äh… Können wir das vielleicht wo anders besprechen?“, bat er.

„Hey, was ist denn los mit dir?“, fragte Tofauti und musste aus irgendeinem Grund grinsen.

„Ach, komm mal kurz mit.“, meinte er und führte sie zu einem kleinen Teich.

So, jetzt würde er es ihr endlich sagen. Er wollte endlich all seinen Mut zusammennehmen und es ihr sagen. JETZT.

„Also… Tofauti…“, begann er.

„Ja?“

„Mal ‘ne ganz blöde Frage“ er wurde knallrot „Wie findest du mich?“

Jetzt wurde Tofauti rot. „Äh… Ich mag dich, so wie wir alle hier.“, meinte sie.

„Genau so wie alle mich hier mögen? Nicht mehr, nicht weniger?“

„Mheetu…“ Tofauti grinste schief „Versuchst du grade mit zu erklären dass du Mist gebaut hast?

„Äh, n-nein, eigentlich nicht.“, antwortete Mheetu verwirrt und starrte kurz leer in die Gegend.

„Sooondern?“ Ja, Tofauti wurde langsam neugierig und in ihrem Bauch kribbelte es. Diese Anspannung die er auf sie übertrug war unerträglich.

„Ich wollte dir sagen… nämlich… Also… ich glaube ich… Ich…“

„Mheetu, nun komm auf den Punkt, du quälst mich hier.“ Tofauti sah gespielt geschunden zu ihm auf und legte theatralisch die Ohren an und seufzte langezogen.

„Du… du bist wirklich süß…“, stotterte er zu Ende und schluckte. Das war härter als er dachte!

Jedenfalls war es kurz ruhig, auch wenn das grinsen auf Tofautis Gesicht nicht verschwand.

„W…wirklich? Äh, danke.“, freute sie sich „Ähm… Aber das wolltest du mir doch sicher nicht sagen, oder? Das hör ich schließlich ständig von jedem.“

Mheetus Herz schlug bis zum Anschlag, er glaubte gleich zu sterben! War es denn so schwer für sie sich darauf etwas zu reimen?

„Ich… ich… Tofauti, ich… Wir sind Freunde, stimmt’s?“

„Jupp.“

„Und wir… vielleicht könnten wir…“ Seine Knie zitterten und er glaubte gleich tot umzufallen, weshalb er sich dringend setzten musste, sonst wäre er umgekippt.

Und dann bekam er endlich Unterstützung von der Seite von der er es am wenigsten erwartete hatte.

„Ich liebe dich auch!“, entfuhr es Tofauti plötzlich und sie grinste noch immer über das ganze Gesicht.

Mheetu musste diese Schocksekunde jedoch erst mal realisieren, bevor er das tun konnte, wonach er sich am meisten sehnte, nämlich sich einfach gegen sie schmiegen und sie nie wieder loslassen

Tofauti wurde von seiner stürmischen Zärtlichkeit und seinem Eigengewicht auf die Seite geworfen. Doch Mheetu schien das nicht wirklich zu realisieren, denn Mheetu schlang einfach die Pfoten um sie und rieb seine Stirn an ihrem Hals.

„Hab dich! Und ich lass dich auch nie mehr gehen!“, schnurrte er und musste kichern, als Tofautis Schnurrhaare ihn im Gesicht kitzelten.

Die weiße Löwin erwiderte seine Zärtlichkeit und fuhr ihm mit der Zunge liebevoll an der Schnauze entlang.

„Ich dachte schon du fragst nie…“, meinte sie schließlich und kuschelte ihren Kopf in Mheetus blonde Mähne.

„Hab ich auch nicht, du hast nur eine Tatsache festgestellt…“, seufzte Mheetu und drückte Tofauti zärtlich an sich.

Er würde sie jetzt bestimmt nicht mehr so leicht gehen lassen, nicht jetzt wo er sie endlich bei sich hatte.
 

Samangi konnte es nicht glauben! Warum ausgerechnet die beiden?! Warum musste er sich in ihre Schwester verlieben? Was stimmte denn mit Samangi nicht? War sie ihm zu hässlich? Mochte er ihre Fellfarbe nicht, gefiel ihm ihr Fellbüschel nicht, war ihre Augenfarbe falsch, was, was, WAS?! WAS passte ihm nicht an ihr?

Und da war sie nun, wimmernd, zusammengekauert, lag sie am Flussufer und weinte einfach nur vor sich hin.

Das war nicht fair, das war einfach nicht fair! Tofauti passte doch gar nicht zu Mheetu, sie war viel zu naiv und unreif für ihn, sie war kindisch, Mheetu hatte was Besseres verdient, nämlich SIE! Samangi, nicht Tofauti, dieses unreife Etwas.

Liebe tat so weh! Warum schnappte ihre kleine Schwester ihn ihr einfach weg? Samangi fühlte sich einfach nur hintergangen, sie fühlte sich verraten, dabei war sie doch selber schuld. Sie hätte sich eben mehr anstrengen sollten. Mheetu schien eben auf unterwürfige Zuckerpüppchen zu stehen. Dieser dumme Idiot!

Samangi heulte sich die Augen aus dem Kopf und fühlte sich so schlecht wie lange nicht mehr.

Sie wollte Mheetu, SIE, SIE! Warum bekam ihre Schwester ihn? Das war so unfair!

Als Samangi das grade eben gesehen hatte… Eine Welt brach für sie zusammen und sie hatte Probleme mit ihrer Atmung bekommen, ihr war richtig schlecht geworden als sie da blindlinks weggelaufen war. Bloß weg von diesen Turteltäubchen.

„Dieser verdammte Trottel!“, weinte sie. Und um es noch schlimmer zu machen, war seine Auserwählte ausgerechnet ihre Schwester! Das war alles so unfair! Samangi hatte sich in diesen Löwen von Anfang an verguckt und jetzt suchte er sich ausgerechnet dieses dauerglückliche etwas von Tofauti raus! Das war nicht fair! JA! Es war unfair, das war eben so! SIE war Mheetus beste Freundin!

Na ja… Das stimmte nur bedingt. Man konnte nicht genau sagen, wer hier mit wem am besten befreundet war. Tumaini, Kwanza, Samangi, Tofauti und Mheetu waren ein unzertrennliches Quintett. Jeder half jedem, jeder war der beste Kumpel des anderen… Sie lebten ein wunderbares Leben in ihrer kleinen Gruppe.

Und jetzt? Jetzt wurde aus Mheetu und Tofauti mehr.

Samangi glaubte zu sterben! Wie konnte man ihr das nur antun? SIE wollte an Tofautis Stelle sein!

„‘Mangi? Was ist denn mit dir los?“, fragte Kwanza verwundert und setzte sich neben seine Schwester. Ihr Geheule machte ihm langsam wirklich sorgen.

Er wollte eigentlich nur was trinken, doch dann sah er seine kleine Schwester völlig fertig am Fluss liegen. Kwanza nahm seine Rolle als großer Bruder ziemlich ernst. Wenn irgendjemand SEINER Familie was antun würde, würde er somit sein Todesurteil unterschrieben. Er hatte einen recht großen Beschützerinstinkt und war für sein noch recht junges Alter gelegentlich etwas zu mutig.

„Lass mich!“, fauchte Samangi ihm gereizt an und ihr stellten sich die Nackenhaare auf.

„Aber…“

„VERPISS DICH! LASS MICH ALLEIN!!!!“, schrie sie ihn an, sprang auf und rannte, als er nicht augenblicklich ging, mit tränenverschmierten Gesicht weg. Warum konnte man sie jetzt nicht einfach allein lassen? Konnte er nicht sehen dass sie jetzt keine Lust zum Reden hatte?



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