Zum Inhalt der Seite

Last Nightmare

Harvey kehrt zurück
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der alte Mann und die Mörderin seines Sohnes

Beyond hatte mit der Hilfe des Jungen mit der Bambusflöte Ednas Haus erreicht und trennten sich ihre Wege. „Du betrittst nun ihre Erinnerungen deiner Adoptivmutter an ihre Entführung. Danach wirst du wieder in die Realität zurückgebracht und dann musst du entscheiden, was du tun wirst. Aber pass auf: Es wird dir vielleicht nicht gefallen, was du sehen wirst und was auf dich zukommen wird.“ Danke für die herzliche Aufmunterung, dachte Beyond und machte sich bereit für das, was jetzt folgen würde. Der Junge verabschiedete sich von ihm, wünschte ihm viel Glück und ging davon wobei er wieder auf der Bambusflöte spielte. Nun war Beyond wieder auf sich alleine gestellt aber dank der Unterstützung des Jungen hatte der das Schwierigste bereits geschafft.

Nun öffnete er die Tür und betrat das Haus. Er fand aber nicht das Hausinnere vor wie er es kannte sondern eine Art Keller mit dunklen Fliesen an den Wänden. Der Raum hatte kein Fenster und es roch streng nach Desinfektionsmitteln, wie sie auch im Krankenhaus verwendet wurden. Er sah Edna, die man mit Gurten an eine Art OP-Tisch gefesselt hatte und die im Gesicht ein wenig mitgenommen aussah, als hätte man sie geschlagen. Beyond eilte auf sie zu und versuchte sie anzusprechen oder sie zu befreien, aber sie sah und hörte ihn nicht, auch gingen seine Hände durch sie hindurch. „Vergiss nicht Beyond, das ist lediglich eine Erinnerung. Eine Art Videodatei auf einem Computer, die im Unterbewusstsein abgespeichert und gelagert wird. Du kannst nichts tun.“

Neben Edna saß ein alter Mann mit Augenklappe und Sauerstoffzufuhr im Rollstuhl, der offenbar dieser Irrenarzt Dr. Marcel war. Der Kerl, von dem Edna erzählt und vor dem sie sich versteckt hatte. Sie beide unterhielten sich und sprachen über Dr. Marcels verstorbenen Sohn Alfred und über Dr. Marcels illegale Therapien an Patienten. Schließlich kamen sie endlich auf den Aufenthaltsort von Edna zu sprechen und Beyond hörte ganz genau hin um wirklich ganz sicher zu sein.

„Und daran können auch Sie mit Ihrer beschissenen Operation nichts ändern. Außerdem sucht bereits die Polizei nach mir.“

„Pah! Wo soll sie schon suchen? Wir befinden uns an einem Ort, wo sie garantiert nicht suchen werden.“

„Und wo bitteschön?“

„Na wo denn schon? In der verlassenen Harroway Psychiatrie. Und jetzt lasst uns mit der Operation beginnen.“

Die Harroway Psychiatrie? Von der hatte Beyond schon mal gehört. Dort wurden angeblich lebensgefährliche Therapien und psychochirurgische Eingriffe an unheilbaren Patienten durchgeführt. Der Chefarzt hatte insgesamt hatte über 60 Patienten durch seine grausamen Experimente und Versuche auf dem Gewissen, was ihm den Namen Dr. Tod einbrachte. Die Psychiatrie wurde daraufhin geschlossen und stand seitdem leer. Sie war ungefähr 30 km entfernt. „Harvey, hol mich bitte wieder zurück!“

„Wird gemacht. Schließ besser die Augen.“
 

Zurück in der wirklichen Welt eilte Beyond sofort aus der Galerie zu Molly und erzählte ihr von den Ergebnissen. „Könntest du mich bitte zur Harroway Psychiatrie bringen?“

„Na klar, aber willst du nicht die Polizei rufen?“

„Was soll ich denen denn sagen? Dass ich in mein Unterbewusstsein gereist bin und über eine Art astrale Verbindung Ednas Erinnerungen gesehen habe und dort von Dr. Marcel erfahren habe, wo er sie gefangen hält? Die würden mir niemals glauben, schon gar nicht einem Kind.“

„Auch wieder wahr. Komm, Thomas wird uns schon hinbringen.“ Sie eilten zur Limousine und wiesen den Butler an, sie auf dem schnellsten Wege zur Harroway Psychiatrie zu fahren. Die Fahrt dorthin kam Beyond wie eine Ewigkeit vor. Er wusste, wenn er nicht schnell genug war, dann würden sie Edna der Operation unterziehen und ihr nicht nur einen Teil des Gehirns entfernen sondern auch gleichzeitig einen Teil ihrer Persönlichkeit nehmen. Alles konnte passieren. Edna konnte die Operation gut überstehen aber sie könnte in einen völlig apathischen und teilnahmslosen Zustand verfallen, aggressiv werden oder sogar durch den schweren Eingriff sterben. Bitte, lass es noch nicht zu spät sein. Bitte lass uns rechtzeitig da sein, flehte Beyond innerlich und griff zu der Tasche, in der sich nicht nur Harvey befand sondern auch Ednas Pistole, die er gefunden und geladen hatte. Zwar widerstrebte es ihm, sie zu benutzen aber wenn ihm keine andere Wahl blieb, dann würde er von dieser Waffe Gebrauch machen. Selbst wenn er dann ins Gefängnis kam. Er würde alles tun um Edna zu retten.

Als sie den Hügel erreichten, auf dem irgendwo die Harroway Psychiatrie war, wurde ihre Fahrt jäh unterbrochen als irgendetwas die Reifen des Wagens aufstach und somit den Wagen an der Weiterfahrt hinderte. Auf Deutsch fluchend stieg der Fahrer aus und sah sich den Schaden an. Irgendjemand hatte auf der Straße diese Dinger ausgelegt, die man verwendete um Autofahrer im Parkhaus daran zu hindern, einfach auf illegalem Wege ohne zu bezahlen zur falschen Seite rausfahren. So genannte Spikes. Manchmal nutzten sie Polizisten auch bei Straßensperrungen um flüchtige Fahrzeuge aufzuhalten. Allem Anschein nach hatte Dr. Marcel diese Falle ausgelegt um ungestört zu bleiben. „Wie lange braucht man zu Fuß?“

„Mindestens zwanzig Minuten“ vermutete Molly und begann zu überlegen. „So kommen wir jedenfalls nicht weiter und Thomas wird uns schlecht alleine weggehen lassen solange er noch auf den Abschleppwagen wartet. Ich werde ihn ablenken und du machst, dass du fortkommst. Hier, nimm mein Handy mit.“ Sie reichte ihm ein ziemlich teures Nokia Handy, das sie während einer Deutschlandreise gekauft hatte. „Es besitzt einen Ortungschip. Falls also etwas passieren sollte, werden wir dich finden können.“ Beyond steckte das Handy in die Tasche zu Harvey und der Pistole. Letztere holte er raus und überprüfte noch mal, ob sie auch wirklich gesichert war. Molly betrachtete diese aus den Augenwinkeln und murmelte kaum hörbar „Pass auf wenn es einen Rückstoß gibt. Du musst in Schrittstellung gehen, sonst reißt dich der Druck nach hinten.“

Warum Molly sich so gut mit Schusswaffen auskannte, wollte Beyond lieber nicht wissen aber er bedankte sich für den Ratschlag. Sie blieben eine Weile am Auto bis sich Molly dann dem Ablenkungsmanöver widmete, indem sie mit Thomas sprach und alle Aufmerksamkeit auf sich zog (was ihr sicherlich nicht wirklich schwer fiel). Beyond eilte zu einem nächstgelegenen Baum und ging dort in Deckung. Von dort aus lief er geduckt weiter und als er den Wagen weit genug hinter sich gelassen hatte, rannte und rannte er. Er rannte bis ihm die Luft ausging und selbst dann lief er noch weiter. Er machte nicht eine einzige Pause, erst als er von weitem die geschlossene Psychiatrie sah, die wie ein hässlicher grauer Klotz da stand, umgeben von einer großen Mauer wie ein Gefängnis. Auf der Mauer war Stacheldraht und das schwere Eisentor war fest verschlossen. Es gelang ihm allerdings, durch ein kleines Loch zu schlüpfen und somit auf die andere Seite zu kommen. Mitten auf dem Platz stand eine Limousine, die sicher Dr. Marcel gehörte. Schon von weitem sah Beyond, dass sich zwei Wachen am Eingang aufhielten und miteinander redeten. Ein fetter Kerl und ein dürrer Lulatsch. So ein teurer Wagen hatte mit Sicherheit eine Alarmanlage. Wenn er sich unerkannt hinter dem Busch verstecken konnte, der sich an der Mauer befand, dann konnte er einen Stein auf den Wagen werfen und die Alarmanlage würde anspringen. Die beiden Wachen würden hingehen um zu sehen, was passiert ist und er konnte dann zum Eingang. Okay, es war ziemlich riskant aber im Moment blieben ihm nur wenige Optionen. Er musste es einfach darauf ankommen lassen.

Geduckt und lautlos schlich er zu dem Busch und schnappte sich einen kleinen Brocken Beton. Mit aller Kraft warf er den Klumpen, verfehlte aber. Zum Glück bemerkten die beiden Schwachköpfe nichts, also startete er einen neuen Versuch. Er nahm dieses Mal einen kleineren, der sich einfacher werfen ließ. Der Stein, der ungefähr so groß wie ein halber Golfball war, knallte gegen die Kühlerhaube des Wagens und ein lautes Sirenengeheul ertönte. Während die beiden Wächter nachsehen gingen, rannte Beyond zum Eingang und schaffte es noch rechtzeitig, bevor sie ihn noch bemerkten. Aber jetzt stand er vor einem neuen Problem: Es gab links zwei Gänge, rechts zwei Gänge und dann auch noch eine Treppe nach oben. Wo sollte er jetzt hin? „Harv, hilf mir mal.“

„Du musst da vorne den linken Gang nehmen und dann die Treppe runter bis du zu einer Stahltür kommst.“

„Danke Harvey. Und jetzt lass uns gehen. Vielleicht ist es ja noch nicht zu spät für Edna.“ Er stieg langsam und vorsichtig die Treppe runter, die an einigen Stellen stark abgenutzt war und wo man ziemlich schnell stürzen konnte. Da Harvey auf seine Erinnerungen zugreifen konnte, wusste er genau, wohin es ging und Beyond vertraute ihm. Zwar hatte Edna ihn ausdrücklich davor gewarnt, auf Harvey zu hören weil er die destruktive Seite seines Unterbewusstseins verkörperte und Beyond für seine Zwecke manipulieren konnte, aber jetzt im Moment war Beyond auf seine Hilfe angewiesen. Ohne ihn hätte er es nicht so weit geschafft. Nachdem er das Ende der Treppe erreicht hatte, ging er den Gang entlang, bog um die Ecke und ging durch zwei Türen. Einzig die flackernden Neonröhren gaben spärliches Licht und von der Decke tropfte stinkendes Wasser. Es war furchtbar kalt und zudem unheimlich. „Jetzt musst du die nächste Treppe wieder rauf, dann erreichst du den OP-Raum.“

Gerade wollte Beyond um die Ecke gehen um dort nach oben zu gehen, da sah er einen wahren Riesen da stehen, der offenbar Wache schob. „Hey“ rief der muskulöse Homer Simpson Verschnitt und eilte die Treppen runter. „Stehen bleiben du Zwerg!“ Schnell eilte Beyond weg und wollte sich irgendwo vor dem Kerl verstecken aber da er sowieso schon völlig erschöpft und müde war, hatte er gegen den zwei Meter großen Kerl keine Chance. „Los Beyond, erschieß ihn! Töte ihn bevor er dich tötet!“ Schnell zog Beyond die Waffe, drehte sich um und schoss drei Male. Der erste ging daneben, der zweite traf Hulgor ins Bein und der dritte in seine Brust. Die Wucht des Rückschlages war für ein Kind enorm und Beyond stürzte nach hinten. Hulgor war durch den Schuss in die Brust sofort tot und fiel wie ein Sack zu Boden. Schnell rappelte Beyond sich auf und ging wieder zurück zur Tür. Sich um Hulgor zu kümmern kam jetzt nicht infrage. Er musste Edna vor diesem durchgeknallten Psychodoktor retten, bevor er noch an ihrem Gehirn herumfummelte. Keuchend eilte er die Treppen hoch und rieb sich dabei sein schmerzendes Handgelenk. Es fühlte sich an, als hätte ihm jemand mit voller Wucht in die Handfläche geschlagen während er seinen Arm ausgestreckt hatte. Außerdem hatte er durch den ohrenbetäubenden Knall ein leichtes Sausen in den Ohren. Wer hätte gedacht, dass eine Pistole so eine Wucht entwickeln konnte. Beim nächsten Mal würde er Mollys Ratschlag besser beherzigen, damit das nicht noch mal passierte. Am Ende der Treppe verschnaufte er noch mal kurz und bereitete sich innerlich darauf vor, am anderen Ende der Tür wahrscheinlich das Grauen zu Gesicht zu bekommen. Vielleicht war Edna bereits tot oder so geistig eingeschränkt, dass sie gar nicht mehr wiederzuerkennen war. Vielleicht aber ging es ihr noch gut und sie hatten den Eingriff noch nicht vorgenommen. Beyond legte bereits seine Hand auf die Klinke, doch er zögerte. Harvey sah ihn fragend an. „Beyond, was ist los? Warum gehst du nicht rein?“

„Weil ich angst habe. Ich habe Angst vor dem, was mich erwartet.“

„Die brauchst du nicht zu haben. Ich bin ja bei dir.“

„Das ist nicht das Gleiche, Harvey. Edna ist meine Mutter, meine richtige Mutter obwohl wir nicht verwandt sind. Sie war für mich da, wenn ich alleine oder traurig war und sie hat mich getröstet. Sie war der erste Mensch, der mich lieben konnte.“

„Das verstehe ich aber wenn du jetzt nicht stark bist, wann dann? Edna braucht dich jetzt oder willst du sie noch länger diesem Irrenarzt aussetzen?“ Harvey hatte Recht. Er musste sich endlich zusammenreißen und tun, was er tun musste. Mit neuer Entschlossenheit drückte er die Klinke runter und öffnete die Tür. Und obwohl er sich innerlich darauf vorbereitet hatte, das Schlimmste zu Gesicht zu bekommen, schockierte ihn der Anblick, der sich ihm bot. Edna lag regungslos auf dem OP-Tisch, ihr Kopf als auch ihr linkes Auge waren bandagiert und sie war so blass wie eine Leiche. Und überall war Blut. Etwas weiter weg saß ein alter Mann im Rollstuhl, wahrscheinlich Dr. Marcel. Aber ihm schenkte Beyond keine Aufmerksamkeit. Stattdessen eilte er zu Edna und rief sie völlig aufgelöst mit „Mama“ an. Er dachte nicht nach, fragte sich selbst auch nicht warum er sie „Mama“ nannte. In seinen Augen war sie ihm mehr eine Mutter als irgendjemand anderes auf der Welt und er liebte sie wie eine Mutter. „Mama, du musst durchhalten. Ich bin hier um dich rauszuholen. Es wird alles gut werden!“

„Deine… Mutter?“ In Dr. Marcels verbitterten und finsteren Gesicht schien sich auf einmal etwas zu regen. War es Schuld oder erinnerte ihn diese Szene an etwas? „Das… das kann nicht sein….“

Beyond gelang es, die Gurte zu lösen und versuchte Edna zu Bewusstsein zu bekommen. Dank seiner Shinigami-Augen sah er, dass sie nicht tot war aber ihr Zustand war mehr als schlecht. Nur langsam bewegte Edna den Kopf und sah Beyond müde an. „Du… bist hier?“ murmelte sie und hob die Hand um seine Wange zu streicheln. „Du bist hier…. Es tut mir leid…. Verzeih… dass ich dir… solch eine Angst… gemacht… hab….“

„Geht es dir gut? Fehlt dir irgendetwas?“

„Nein… nein. Lass uns… nach Hause gehen.“ Edna setzte sich auf und versuchte trotz ihrer völligen Benommenheit aufzustehen. Doch sie konnte sich kaum auf den Beinen halten und wankte bedrohlich. Sie musste dringend in ein Krankenhaus, so viel stand fest. Beyond versuchte sie so gut zu stützen wie er nur konnte und ganz langsam gingen sie in Richtung Tür. Dr. Marcel beobachtete das und konnte das nicht verstehen. Edna stand noch unter der Nachwirkung der Narkose. Eigentlich war sie nach so einer schweren Operation nicht einmal in der Lage, sich richtig zu bewegen. Woher kam dann diese unglaubliche Willenskraft. War es ihre widerborstige Art ihm gegenüber, die sie schon immer besessen hatte? Oder war es die Liebe zu diesem Jungen, der sie „Mama“ nannte? Und als Dr. Marcel realisierte, dass sie genau das hatte, was sie ihm vor Jahren genommen wurde, nämlich einen kleinen Sohn, da entbrannte der tief sitzende Hass in ihm. Diese Edna hatte ihm Alfred genommen, sie hatte ihn umgebracht und jahrelang war er alleine gewesen. Und jetzt hatte sie eine Familie und führte ein geregeltes Leben? Nein, das konnte und wollte er nicht akzeptieren. Das würde er verhindern.

Obwohl er nicht mehr der Jüngste geschweige denn der Kräftigste mehr war, packte er die Räder des Rollstuhls und versperrte den beiden den Weg, entschlossen, Edna nicht mehr davonkommen zu lassen. „Glaubst du etwa ich lasse dich davonkommen Edna, nachdem du mir Alfred genommen und mich zehn Jahre später dieselbe Treppe heruntergestoßen hast? Du wirst endlich dafür bezahlen, was du uns angetan hast. Du wirst dafür büßen!!!“

Doch Beyond zog die Pistole und richtete sie ohne zu zögern auf die Stirn des Psychiaters. „Halten Sie endlich die Klappe und gehen Sie aus dem Weg, bevor ich davon Gebrauch mache.“ Doch Dr. Marcel rührte sich keinen Millimeter und schien Beyonds Waffe völlig zu ignorieren. Sein Hass auf die Mörderin seines Sohnes war einfach größer und sein Verlangen nach Rache hatte ihn zum Kriminellen gemacht. Sein Blick war voller Zorn und als er Edna zu fassen bekam, entlud sich all sein Hass. „Du hast mein Leben zerstört. Nur deinetwegen ist mein geliebter Sohn tot und nur deinetwegen bin ich jetzt ein Krüppel. Du hättest damals die Todesstrafe kriegen sollen und nicht dein Vater! Wärst du doch gestorben anstatt Alfred!“ Dr. Marcel riss, während er die völlig benommene Edna anbrüllte, immer heftiger an ihren Arm und Edna, die sich nicht mal alleine auf den Beinen halten konnte, war völlig außer Stande, sich zu wehren oder zu befreien. Beyond selbst stand wie angewurzelt da, sagte und tat nichts. Das alles kam ihm wie eine Art Deja-vu vor. Diese Anschuldigungen und Vorwürfe von Dr. Marcel erinnerten ihn an jemanden…. Ja genau, es war doch diese Hexe, die ihn zur Welt gebracht hatte und die ihn umbringen wollte. Dieses hasserfüllte Spinnenwesen, dass er zwei Male umgebracht hatte, in der Realität und seiner eigenen Welt. Und jetzt war es wieder da. Alles schien sich zu wiederholen, allerdings in der Gestalt von Edna und Dr. Marcel.

Als Dr. Marcel sie zu sich heranzog, damit er sie schlagen oder sonst was machen konnte, verlor sie endgültig den Boden unter den Füßen und stürzte. Sie versuchte noch sich am Geländer festzuhalten, doch sie schaffte es nicht und stürzte die ganzen Treppen hinunter. Das Gepolter hallte in den nackten Betonwänden nieder und verstummte schließlich, als Edna hart auf dem Boden aufschlug und dort liegen blieb. Doch dann geschah das, womit Dr. Marcel nie im Leben gerechnet hatte und auch nicht fassen konnte: Edna bewegte sich noch. Zwar hatte der Sturz ihr noch mehr zugesetzt als die Operation sowieso schon, doch sie war fest entschlossen, wieder aufzustehen. Sie packte mit der einen Hand das Treppengeländer und zog sich daran hoch. Ihr Gesicht verzog sich dabei vor Schmerz, doch sie gab nicht auf. Langsam und behutsam mit zusammengebissenen Zähnen kam sie wieder auf die Beine und schnappte dabei nach Luft. „Lass uns nach Hause gehen….“ Langsam machte sie einen Schritt in Richtung Treppe und sah zu Beyond hinauf. Dieser stand den Tränen nah und konnte sich kaum rühren. Dann aber holte Dr. Marcel einen Elektroschocker heraus und verpasste Beyond einen Schlag. Edna schrie auf und wollte zu ihm heraufeilen, doch ihre Beine gaben bereits nach den ersten beiden Stufen nach. „Lassen Sie Ihre dreckigen Finger von ihm!“

„Was willst du denn noch tun? Du kannst dich ja kaum noch bewegen. Du wirst diese Anstalt nicht mehr lebend verlassen und wenn ich den Jungen einer Charakterkorrektur unterzogen habe, wird er dir schon keiner Träne mehr nachweinen. Er wird sich nicht einmal daran erinnern, dass es eine Edna Konrad überhaupt jemals gegeben hat.“ Beyond zitterte am ganzen Körper und konnte kaum einen Muskel bewegen. Der elektrische Schlag schmerzte stark und er hatte das Gefühl, als sei er vom Blitz getroffen worden. Seine Arme zitterten und seine Beine wollten ihm nicht gehorchen. Aber wenn er jetzt nichts tat, dann würde dieser Irrenarzt nie Ruhe geben. Der Kerl war nicht nur verbittert, der war vollkommen durchgeknallt!!! „Komm schon Beyond, du darfst jetzt nicht schlappmachen. Du musst Dr. Marcel töten!“

Beyond umklammerte die Waffe und wusste, dass er nicht mehr so schnell eine Chance haben würde, wenn er jetzt schwächelte. Doch seine Hand zitterte so sehr, dass er nicht schießen konnte. Stattdessen schlug er den Elektroschocker aus Dr. Marcels Hand und lief zu Edna, die ihn in die Arme schloss. „Komm, wir müssen von hier verschwinden.“ Da Beyonds Körper sich noch nicht von dem elektrischen Schlag erholt hatte, nahm die verletzte Edna ihn auf den Arm und rannte durch den Gang ohne auch nur ein Mal stehen zu bleiben oder zu wanken. Ihr unbändiger Wille, Beyond zu beschützen, ließ sie alle Schmerzen vergessen. Und sie hatte Schmerzen. Nicht nur, dass ihr Kopf sich anfühlte, als sei er überrollt worden, ihr bandagiertes Auge fühlte sich an, als hätte jemand ein Messer hineingestoßen. Das rechte Bein sowie auch ihr rechter Arm schmerzten seit dem Treppensturz und jeder einzelne Schritt verursachte ungeheure Schmerzen, die jeden Menschen in die Knie gezwungen hätte. Doch sie war nicht bereit, aufzugeben. Sie wollte um jeden Preis verhindern, dass Dr. Marcel Beyond in die Hände bekam, sein Gedächtnis löschte und ihn über Jahre hinweg in eine Gummizelle sperrte. Das würde sie um jeden Preis verhindern, selbst wenn dieser Preis ihr Leben sein sollte. Eine Mutter sollte bereit sein, so ein Opfer für ihr Kind zu bringen. Wen hatte Beyond denn schon außer ihr? Er war sonst ganz alleine und das war allein schon Grund genug für sie, das alles auf sich zu nehmen um für ihn da zu sein. „Mach dir keine Sorgen, wir schaffen das schon!“

Es war ein unmenschlicher Kraftakt, den die schmächtige Edna leistete und erst als sie die Eingangshalle erreichten, da blieb sie stehen und setzte Beyond ab. Sie schnappte nach Luft, hustete krampfhaft und erbrach dann einen Schwall von Blut. Entsetzt wich Beyond vor ihr zurück als er das sah. Nicht weil er angewidert war sondern weil er insgeheim zu ahnen beginn, dass Dr. Marcel recht hatte. Nämlich dass Edna die Psychiatrie nicht lebend verlassen würde.

Immer mehr Blut begann sie hervorzuwürgen und rang verzweifelt nach Luft, als drohe sie zu ersticken. Doch dann nahm sie Beyonds Hand und eilte mit ihm auf den Platz wo Dr. Marcels Limousine stand, zusammen mit den beiden Wächtern. Von hinten hörten sie den Irrenarzt etwas rufen, da zog einer der Wachen eine Pistole heraus und schoss. Der Schuss ging daneben, doch Edna stieß Beyond instinktiv in eine schützende Ecke und stellte sich schützend vor ihm. Der nächste Schuss traf sie in den Oberschenkel und Edna schrie auf. Blut floss ihr Bein hinunter und sie versuchte trotzdem nicht hinzufallen. Sie drehte sich um und stellte sich direkt vor Beyond. „Seid Ihr übergeschnappt? Wollt ihr auf ein Kind schießen? Hört sofort mit diesem Scheiß auf!!!“

Der dürre Wachmann zögerte und senkte seine Waffe. Doch dann tauchte plötzlich Dr. Marcel auf, der wohl auf Umwege den Keller verlassen hatte. „Was wartet ihr noch? Schießt doch endlich!“

„Aber sie hat ein Kind bei sich.“

„Was macht das für einen Unterschied? Diese Frau muss sterben.“

„Aber wir können doch nicht riskieren, auf einen kleinen Jungen zu schießen und ihn zu verletzen Herr Doktor.“

Wütend fuhr Dr. Marcel mit dem Rollstuhl zum dünnen Kerl hin und riss ihm die Waffe aus der Hand. Dann erschoss er die beiden und wandte sich zu Edna. „Ich werde dir zeigen wie es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren. Du wirst das Gleiche durchmachen wie ich!!!“ Und er richtete damit die Pistole nicht auf Edna sondern auf Beyond, der sich immer noch hinter seine schwer verletzte Adoptivmutter kauerte. Und als ihm bewusst wurde, was der völlig wahnsinnig gewordene alte Mann vorhatte, rappelte er sich auf und wollte weglaufen. „Nein Beyond!!!“ schrie Edna und schaffte es noch ihn am Kragen zu erwischen und ihn zurückzuhalten. Sie zog ihn fest zu sich heran und hielt ihn fest. Ein lauter Knall, dann folgten drei, vier oder fünf weitere. Beyond kniff die Augen zusammen und weinte, während Edna ihn fest umklammert hielt und bei jedem weiteren Knall zusammenzuckte. Und während Dr. Marcel einen Schuss nach dem anderen abfeuerte, redete Edna den völlig verängstigten Beyond gut zu und versuchte ihn zu beruhigen. „Es wird alles gut werden. Es wird alles gut! Du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde dich beschützen.“ Nachdem der neunte oder zehnte Schuss gefallen war, trat Stille ein. Es war, als hätte jemand die Zeit angehalten, als würden sich alle im Auge des Sturms befinden mit dem Wissen, dass er gleich wieder beginnen würde. Oder aber der Sturm war vorbei und diese Ruhe nach dem Sturm war nichts weiter als das entsetzte und fassungslose Anhalten des Atems wenn das Ausmaß der Katastrophe offenbart wurde. Noch immer stand Edna da und drückte Beyond schützend an ihren Körper und versuchte ihre eigenen Tränen zurückzuhalten. Hätte es ihr Körper noch zugelassen, dann hätte sie ihn nie wieder losgelassen in der Gefahr, dass jemand ihm Schaden zufügen konnte. Doch die unzähligen Kugeln hatten ihren Körper zu schwer verletzt und während sie blutüberströmt langsam in die Knie sank, sah sie Beyond mit vor Tränen geröteten Augen an und drückte ihm einen letzten Kuss auf die Stirn. „Ich hab dich lieb… mehr als alles andere auf der Welt.“ Langsam erschlafften Ednas Arme, sie fiel erst auf die Knie, dann fiel sie zu Boden und blieb dort liegen. Um sie herum breitete sich eine Blutlache aus, die nach und nach ins Erdreich versickerte. Beyond sah, wie zuerst ihre Lebenszeit schwand, danach ihr Name. Edna Konrad war tot.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  RK9OO
2012-07-05T08:28:00+00:00 05.07.2012 10:28
Das mit den Spikes erinnert mich irgendwie an Wrong Turn... Rrrh *schwelg*
Ohw, das ist aber ein ganz schön trauriges Kapitel... Arme Edna, jetzt ist Beyond wieder alleine Q.Q
Ob er jetzt, durch die Traue und den Verlust -und vllt durch Harvey, der das eiskalt ausnutzt- zu dem Killer wird, den wir kennen und lieben? <3


Zurück