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Der blutige Weg zur Freiheit

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Der blutige Weg zur Freiheit

Die Publikumsmenge tobte, als der Hoplomachus seinem Gegner, einem Thraker, den Todesstoß versetzte. Der Kampf der beiden Gladiatoren hatte lange gedauert. Die Kämpfer hatten sich mehrere, kleinere Verletzungen beigebracht, die den Blutdurst der Römer immer weiter in die Höhe getrieben hatte. Doch am Ende hatte sich der Hoplomachus als der bessere und der ausdauerndere Kämpfer erwiesen. Er hatte den Thraker mit wenigen Hieben zu Fall gebracht und ihn dann auf Wunsch des Publikums getötet.

Unterhalb der Arena saßen weitere Gladiatoren unterschiedlichster Art im Sand und warteten auf ihren Kampf. Viele würden den morgigen Tag nicht mehr erleben. Manche nicht einmal den heutigen Abend. Sie alle kämpften für Ruhm, Ehre, Geld, Frauen. All das konnte man gewinnen. Manch einer würde sogar das Wertvollste auf der ganzen Welt erringen. Seine Freiheit.

Den Traum von Freiheit träumte auch Ajax, ein junger Mann von vierundzwanzig Jahren. Er war seit zwei Jahren Gladiator im Ludus von Flavius Lentulus in Volterra. Sein braunes Haar war kurz geschoren. Auch kein anderes Haar verunstaltete seine Gestalt. So wie bei allen Gladiatoren. Weder im Gesicht, noch auf dem Körper. Er war ein Murmillo, ein Gladiator, dessen Helm mit einem Fisch verziert war. Zu seiner Bewaffnung gehörten ein Gladius und ein Schild, der dem der römischen Legionäre glich. Normalerweise würde auch er gegen einen Thraker in der Arena kämpfen. Doch heute würde sein Gegner der Retiarius sein. Ein Gladiator, der mit Netz und Dreizack kämpfte. In Gedanken ging Ajax den Kampf durch. Sein Gegner würde versuchen, ihn mit dem Netz zu fangen und zu Fall zu bringen. Dann würde er ihn töten. Also musste Ajax dafür sorgen, dass der Retiarius sein Netz verlor. Ajax war nervös. Das Warten vor dem Kampf war immer am schlimmsten. Während des Kampfes übernahmen Reflexe und einstudierte Bewegungen. Das Denken war ausgeschaltet. Wer im Kampf dachte, tränkte den Sand der Arena mit seinem Blut.

Schritte näherten sich Ajax. Der Murmillo sah auf. Der Hoplomachus, der gerade gekämpft hatte, ging an ihm vorbei. Blut klebte an seinem Körper. Sowohl sein eigenes, als auch das des Thrakers. Hinter dem Gladiator schritt Alpinus. Er war der Magistra von Lentulus‘ Gladiatorenschule und ein ehemaliger Gladiator. Er hatte langes, schwarzes Haar und einen vollen Bart. Eine große Narbe verzierte seine rechte Gesichtshälfte. Er trug eine rote Tunika und hielt eine aufgerollte Peitsche in der Hand.

„Ajax.“, sagte der Magistra im strengen Tonfall. „Steh auf. Du bist an der Reihe.“

„Ja, Magistra.“, sagte der Murmillo, stand auf und folgte Alpinus zu einem hölzernen Gittertor, welches in die Arena führte. Am Tor war das Toben der Menge überwältigend. Ajax sprach leise ein kurzes Gebet zu den Göttern, sie mögen ihm den Sieg und das Leben schenken, während der Veranstalter der Spiele ihn ansagte. Das Tor öffnete sich und das Publikum jubelte. Schnell setzten ihm Knechte seinen Helm auf und gaben ihm Schild und Schwert. Dann betrat er die Arena.

Im Vergleich zu anderen Arenen war die Arena von Volterra klein. Dennoch war sie groß genug, um sämtlichen Stadtbewohnern einen Platz zu bieten. In der Ehrenloge saßen die Aristokraten der Stadt. Unter anderem Ajax Besitzer Flavius Lentulus. Auf dem Kampfplatz selbst befanden sich nun drei Personen: Ajax selbst, sein Gegner, der ihm an Größe, Gewicht und Geschicklichkeit ebenwürdig war. Ganz so wie üblich. Damit wollte man den Kampf in die Länge ziehen. Die dritte Person war ein Schiedsrichter. Dieser trug eine weiße Tunika und hielt einen langen Stock in der Hand. Sollte einer der beiden Gladiatoren um Gnade flehen, würde der Schiedsrichter den Kampf unterbrechen und das Urteil der Menge und des Veranstalters abwarten.

Ajax und sein Gegner stellten sich vor die Loge und grüßten ihre Herren, indem sie ihre Waffen hoben. Erneut erhob sich der Veranstalter. Ein junger Mann mit kurzen, schwarzen Haaren in einer weißen Toga und sagte laut, so dass jeder ihn hören konnte: „Beginnt!“

Sofort wich Ajax ein paar Schritte von seinem Gegner weg und hob seinen Schild. Noch immer fürchtete er sich nicht. Er war erleichtert, dass das Warten ein Ende hatte.

Der Retiarius ließ sein Netz über seinem Kopf kreisen, bereit Ajax zu fangen und zu töten. Der Murmillo machte einen Schritt nach vorne. Wie erwartet warf sein Gegner das Netz. Ajax wich zurück, bevor es ihn fing. Die Menge raunte, als das Netz zu Boden fiel. Sofort griff Ajax erneut an, bevor der Retiarius sein Netz einholen und wieder werfen konnte. Der Gladiator wehrte Ajax‘ Angriff geschickt mit dem Dreizack ab und wich zurück. Dabei hob er das Netz und ließ es wieder kreisen. Ajax machte ein paar Schritte zurück. Er ärgerte sich, dass sein Angriff fehlgeschlagen war. Damit hätte er gewinnen können.

Während des Kampfes vollzogen sie immer wieder Scheinangriffe, nur um sich wieder zurückzuziehen und den Gegner erneut zu attackieren. Die Menge fieberte mit jedem Schwerthieb und mit jedem Stoß des Dreizacks mit. Das Publikum tobte vor Begeisterung, als es Ajax gelang, seinem Gegner eine Schnittwunde zuzufügen. Keine schwere Verletzung, aber es floss Blut. Und das reichte dem Volk von Volterra vollkommen aus, um noch lauter zu jubeln. Doch Ajax war nicht zufrieden. Wenn er überleben wollte, musste der Retiarius sterben. Und wieder begann das Spiel der Scheinangriffe, um eine Schwachstelle des Gegners zu finden.

Dann hielt die Menge den Atem an, als es dem Retiarius durch eine Finte gelungen war, Ajax‘ Schwertarm mit dem Netz zu fangen. Der Gladiator zog daran und Ajax stürzte zu Boden. Nun ergriff ihn die Furcht. Wenn er überleben wollte, musste er sein Schwert befreien und wieder aufstehen, ansonsten würde er sterben. Er ließ sein Schwert los und befreite seinen Arm. Aber er lag noch immer auf dem Boden. Das Raunen des Publikums ließ ihn aufhorchen. Er drehte sich um und sah den Retiarius mit erhobenem Dreizack auf sich zu springen. Ajax nahm seinen Schild und stieß die Waffe beiseite. Danach trat er mit seinem Fuß seitlich gegen das Knie seines Gegners. Der Retiarius schrie vor Schmerz und ging in die Knie. Ajax kniete sich vor das Netz und versuchte so schnell es ihm möglich war, sein Schwert zu befreien. Der Retiarius quälte sich auf die Beine. Sein linkes konnte er kaum noch gebrauchen. Das rechte aber schon. Er humpelte mit erhobenem Dreizack und unter erneutem Raunen der Menge auf Ajax zu. Dieser fasste sein Schwert, wirbelte herum, schlug den Dreizack erneut mit dem Schild beiseite und stieß seinem Gegner die Waffe ins Herz. Blut quoll aus der Wunde und dem Mund des Retiarius. Als Ajax sein Schwert herauszog, fiel der Gladiator tot zu Boden. Nun tobte das Publikum vor Begeisterung, hatte es doch während des Todesstoßes den Atem angehalten. Sofort eilten Knechte mit einer Liege herbei und trugen den toten Kämpfer hinaus.

Der Veranstalter erhob sich wieder. „Und der Sieger ist Ajax, der Unbezwingbare Murmillo!“, verkündete er.

Das Volk jubelte laut und rief Ajax‘ Namen, während der Murmillo die Arena verließ und sich zu seinen Waffenbrüdern gesellte, die sich darunter befanden und warteten, das der Tag zu Ende gehen möge und sie wieder zurück in den Ludus gehen konnten.

Große Erleichterung erfüllte Ajax‘ Brust. Nun würde er wenigstens bis zu den nächsten Spielen weiterleben. Und eines Tages würde er frei sein.



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