Zum Inhalt der Seite

Im kalten Licht des Mondes

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Eis und Feuer

„Es wäre für euch Beide ein gutes Training.“, beschwor Anko Evelyn, in deren Miene sich der Unwille deutlich abzeichnete. Bisher hatte sie es vorgezogen, dem Uchiha aus dem Weg zu gehen.

„Ist das wirklich notwendig?“

„Kakashi hat darum gebeten, und es wird dir sicher nicht schaden.“

„Ich mag Sasuke nicht sonderlich und möchte nicht versehentlich die Beherrschung verlieren.“

„Du Evelyn? Die Beherrschung verlieren?“ Anko lachte schallend. „Du bist einfach nur faul, Evelyn.“

„Ich fürchte, du hast mich erwischt. Es nervt mich, aber wenn du so darauf bestehst bitte. Wann und wo soll der Übungskampf stattfinden?“

„Heute Nachmittag auf dem Hochplateau, wenn Sasuke zustimmt.“

„Das wird er. Sag mir dann bescheid.“ Mit diesen Worten löste sich Evelyn in einer Wolke aus Eissplittern auf, die schmolzen, noch bevor sie den Boden berührten.

„Hoppla, was hat Evelyn denn heute für eine Laune?“

„Das ist eine verdammt gute Frage.“, antwortete Anko.
 

„Es ist nicht gut, gegen Sasuke anzutreten.“, gab Aurora zu bedenken. „Du kennst die Eigenschaften des Sharingans.“

„Das brauchst du mir nicht zu sagen. Ich werde beim Eis bleiben und die Wasser- und Windverstecke sein lassen. Er wird keines meines Jutsus kopieren können, bevor ich nicht weiß, ob er mir ein Feind werden wird.“

Die Füchsin schnaubte. „Es war von Anfang an ein Fehler, hierher zu kommen.“

Evelyn schaute versonnen zu den Wolken auf. „Vielleicht hast du recht, und es war wirklich ein Fehler, doch ich habe es getan. Jetzt lässt es sich nicht mehr ändern.“

„Hast du wenigstens erreicht, was du hier in Konoha gesucht hast? Oder geht es dir um Rache?“

„Nein, das macht meine Mutter auch nicht wieder lebendig. Ich suche den zweiten Teil meines Erbes.“

„Warum? Denkst du, er wird dir helfen?“

„Das werde ich wohl herausfinden müssen.“
 

Sasuke lehnte mit mürrisch verschränkten Armen an einem großen Felsen auf dem Hochplateau und wartete. Zum weitaus größten Teil ging ihm Kakashis Idee auf die Nerven, doch einen kleinen Teil reizte es, gegen einen Gegner solchen Rufes anzutreten. Und gerade dieser kleine Teil machte diese Herausforderung für ihn unwiderstehlich. So hatte er angenommen – was niemanden überraschte.

Ein leises Scharren ertönte, als Anko, Evelyn und die große Füchsin auf dem Plateau erschienen. Während sich die beiden Ausbilder in einen Plausch vertieften, legte Aurora sich hechelnd in den Schatten, und Sasuke und Evelyn musterten einander abschätzend. Beide erstellten im Geist eine Liste über alles, was sie bisher über den jeweils anderen gehört hatten.

Ein tiefes Knurren, das aus Auroras Kehle drang, beendete das Schwätzchen von Kakashi und Anko schlagartig. Der Füchsin bekam die Hitze nicht.

„Fangt an.“, instruierte Kakashi sie.

Sie ist eine Hyuga. Wahrscheinlich wird sie beim unbewaffneten Nahkampf bleiben, schoss es Sasuke durch den Kopf. Ich sollte sie besser auf Distanz halten.

Evelyn lächelte innerlich. Na Sasuke, um was wollen wir wetten, dass du mich gerade völlig falsch einschätzt?

Sie bezogen etwa fünf Meter von einander entfernt Stellung, und Evelyn nahm die traditionelle Kampfhaltung ihres Clans ein. In Sasukes Miene spiegelte sich Selbstzufriedenheit ob seiner augenscheinlich richtigen Einschätzung des Stils seiner Gegnerin. Als die Hellhaarige ihr Byakugan aktivierte steigert sich seine Annahme zur Gewissheit.

Anko legte überrascht die Stirn in Falten. Es war das erste Mal, dass sie Evelyn ihr Kekkei Genkai benutzen sah. Sie schafft es immer wieder, mich zu erstaunen...

Aurora brummte belustigt. Der Bluff ist perfekt, dachte sie. Der Junge hat keine Chance, wenn er ihr erst auf den Leim geht.

Weiß glomm es auf, als Evelyn ihr Chakra in den Händen konzentrierte, was Sasuke sehr wohl sehen konnte. Sie setzte zum Sprung an, doch Sasuke schloss hastig die nötigen Fingerzeichen und spuckte ihr einen Feuerball entgegen. Evelyn konterte mit einer Umwandlung, auf die Neji stolz gewesen wäre. Dennoch blieb diese Technik eine arge Chakraverschwendung.

Komm, mach ernst Evelyn, du hast jetzt genug gespielt, ging es Aurora durch den Kopf. Sie vertrat die Auffassung, dass das Byakugan allenfalls für medizinische Jutsus nutzte. Zumindest, wenn man solchen Begrenzungen unterlag wie Evelyn.

Die Hellhaarige überbrückte die Distanz zwischen ihr und Sasuke mit einem Sprung und verwickelte ihn in einen Nahkampf, in dem beide danach trachteten, die Schwäche des anderen zu finden. Ein Hickhack, das zu nichts führen würde. Das begriff auch Sasuke. Mit einigen Saltos brachte er sich außer Reichweite und formte die Fingerzeichen zu einem verwüstenden Flammeninferno. Doch Evelyn blieb nicht untätig, während sich Anko und Kakashi vorsorglich hinter einen Stein zurückzogen.

Als Sasuke verstand, dass er auf seine Gegnerin hereingefallen war, war es bereits zu spät, um das Jutsu noch abzubrechen.

Die Flammen loderten auf sie zu, und raubten dem jungen Uchiha vollkommen die Sicht. So sah er nicht, wie Evelyn Wasser über den Boden fluten ließ und sein Jutsu löschte. Das Wasser schwappte über seine Füße, aber als Sasuke das bemerkte, war es schon zu spät. Klirrend gefror der Wasserteppich und umschloss seine Füße mit eisigen Fesseln.

Kakashi schnappte erstaunt nach Luft. Hyouton, das Chakraelement des Eises war eine Mischung aus Wind und Wasser, wobei Wasser dem Feuer überlegen war. Neben Haku war Evelyn die Einzige, von der der Kopierninja wusste, dass sie dieses Element benutzte.

Sofort nutzte die Hellhaarige ihre Chance und machte einen Satz auf Sasuke zu, bevor er sich wieder befreien konnte.

„Tot.“, erklärte sie und tippte ihm gegen die Schläfe. In einer einzigen, reflexartigen Bewegung löste sie ihr Jutsu und fing den bewusstlosen Jungen auf. Der Kampf war vorbei bevor er richtig begonnen hatte.

Anko schmunzelte. „Diese Überrumpelungstaktik ist wirklich typisch für dich, Evelyn.“

„In einer langen Kraftprobe wäre ich ihm möglicherweise unterlegen gewesen.“

Anko und Kakashi tauschten einen Blick, während Aurora sich gelangweilt am Boden räkelte.

„Soll ich ihn jetzt wecken oder erst später?“, erkundigte sich die Hellhaarige immer noch mit dem besinnungslosen Sasuke im Arm.

„Jetzt.“, bat Anko.

Sie sammelte Chakra in der Hand und schlug ihm einmal kräftig auf den Rücken.

Sasuke erwachte mit einem Ruck und riss sie zu Boden. Seine Hände schlossen sich um ihre Kehle.

„Schreck lass nach.“, kommentierte Evelyn trocken, und da er auf ihrem Bauch saß, klemmte sie ihm die Füße unter das Kinn und riss ihn kraftvoll von sich weg. Er fing sich geschickt ab, und beide gingen wieder auf Abstand.

„Es reicht.“, sagte Anko scharf, denn sie ahnte, dass die Situation kurz vor der Eskalation stand. Doch Sasuke hörte nicht. Er hasste es, gegen sie zu verlieren, und seine alte Frustration kochte erneut über.

Evelyn gab Aurora ein Zeichen, und noch bevor Sasuke reagieren konnte, war die Füchsin über ihm und verbiss sich in seinem rechten Oberarm. Sie ließ erst locker, als seine Gegenwehr erstarb.

„Gut so.“, sagte die Füchsin mit blutiger Schnauze. „Tu, was sie sagt, sonst beiße ich dir den Arm ab.“ Niemand zweifelte daran, dass sie wirklich dazu in der Lage war.

Anko und Kakashi sogen scharf die Luft ein, als sie das zerfetzte Muskelgewebe sahen. Anko meinte sogar, den weißen Knochen durchschimmern zu sehen.

Sasuke knirschte vor Schmerz mit den Zähnen, obwohl er wegen seines hohen

Adrenalinpegels wohl nicht das volle Ausmaß spüren konnte.

„Lass mich sehen.“, forderte Evelyn ihn mit fachkundig ruhiger Stimme auf. Sasuke war nicht so dumm, ihre Hilfe abzulehnen, denn durch eine solche Verletzung konnte einen Ninja durchaus zum Krüppel machen, das wusste auch er. Mit zarten Fingern strich sie über die Wunde.

„Ich muss das auswaschen, bevor ich es heile.“, erklärte sie routiniert. „Sonst ziehst du dir eine Blutvergiftung zu, und wenn es dumm kommt, gehen Bakterien in die Knochen, was kaum zu kurieren ist. Entzündungen unter der Haut sind weitaus unangenehmer als jene an der Oberfläche.“ Sie zog eine kleine Phiole aus der Tasche. „Es wird weh tun.“

„Mach einfach!“, herrschte Sasuke sie an.

Sie goss den desinfizierenden Alkohol über das geschundene Fleisch und machte sich an die Heilung. Nicht einmal eine Narbe blieb zurück.

Nach der Behandlung löste Sasuke seine freie Hand, die er ungewollt ob der Schmerzen um ihr Handgelenk gekrampft hatte. Dunkle Blutergüsse blieben auf ihrer Haut zurück.

Er bat sie weder um Verzeihung, noch bedankte er sich, und während Kakashi Evelyn in ein Gespräch verwickelte, suchte er mürrisch das Weite.
 

Yuna hatte Evelyn zu dieser Auseinandersetzung nicht begleitet, denn sie mied Sasuke seit jeher und hatte am Morgen zufällig Naruto auf der Straße getroffen, sodass sie spontan einen gemeinsamen Trainingstag eingerichtet hatten.

Inzwischen war es bereits Nachmittag und jetzt saßen beide bei einer Nudelsuppe, um ihre Fähigkeit zu vervollkommnen, derartige Unmengen zu essen, dass sie Chouji Konkurrenz machten.

„Du bis ganz schön gut geworden.“, sagte Naruto zwischen zwei Bissen. Er hatte ordentlich was abbekommen.

„Evelyn hat mir das beigebracht.“ Yuna kicherte. „Ich glaube, ich treibe sie manchmal schier in den Wahnsinn.“

„Echt jetzt?“

„Ja. Anko ist die meiste Zeit ziemlich arbeitslos. Wir sind wohl recht pflegeleichte Schützlinge. Irgendwie zaubert Evelyn immer wieder neue Fähigkeiten aus dem Hut. Sie ist bei uns Genin schlecht aufgehoben. Sie ist eigentlich schon viel weiter.“

„Wie ist sie denn so?“

„Nett, wenn man erstmal mit ihr warm geworden ist, aber manchmal verdammt verschlossen. Na ja, jeder hat Dinge, über die er nicht gern spricht. Sie hat nur mehr davon.“, meinte Yuna und schob eine weitere leere Schüssel von sich. „Oh Mann, ich bin so vollgefressen. Ich glaube nicht, dass ich heute noch was Konstruktives zu Stande bringe.“

Naruto klopfte sich auf den Bauch. „Geht mir ähnlich. Hast du Lust morgen wieder mit mir zu trainieren?“

„Vielleicht am Nachmittag. Ich bekomme morgen meine erste Lektion in Sachen Heilkunde.“

„Das kann sie auch?“

„Ich sag es ja: wie aus dem Ärmel geschüttelt.“

„Ist sie irgendwo nicht gut?“

„Genjutsu. Das fangen wir erst an. Im auflösen ist sie recht gut, aber alles andere hat sie wohl bisher nie geübt.“

Yuna schaute müßig die Straße hinab. „Uärg!“, machte sie plötzlich. „Da kommt Sasuke. Ich bin dann mal weg.“
 

An diesem Abend fiel Yuna durch das Training erschöpf wie ein Stein ins Bett und erwachte auch nicht, als am nächsten Morgen der Wecker schrillte. Auch das spätere Klopfen an ihrer Haustür verschlief sie.

Plötzlich tippte ihr jemand mit dem Finger auf die Nase. Yuna schreckte hoch und versichte wie eine Eule blinzelnd etwas zu erkennen. Helles Sonnenlicht flutete das Zimmer, und jemand beugte sich über sie, daher sah sie nur den silbernen Glanz eines Haarschopfes.

„Guten Morgen, Yuna.“, sagte Evelyn und trat vorsichtig einen Schritt zurück, um Nirgendwo drauf zu treten. In stiller Kritik sah sie sich in dem Zimmer um. Es herrschte das reinste Chaos. Saubere und getragene Kleider lagen in Haufen durcheinander, gelesene Zeitschriften und Zeitungen lagen nicht selten zerrissen auf dem Boden und leere Süßigkeitenpapiere und Instand-Ramen Becher fanden auch noch ihre Plätze. Dazwischen sammelte sich der Staub zu Wollmäusen. Mit spitzen Fingern hob Evelyn eines der Schmutzgeschlänge auf.

„Gib acht Yuna, sonst entwickeln diese Dinger bald eine eigenständige Intelligenz.“

Yuna starrte sie immer noch verpennt an.

„Hä? Evelyn? Wie bist du hier herein gekommen?“

„Die Balkontür ist offen, aber wahlweise kann man auch durch das Dachfenster einsteigen, obwohl dabei die Gefahr groß ist, sich alle Knochen zu brechen. Es ist mir wirklich schleierhaft, wie ein Mensch ein solch Nachhaltiges Chaos verursachen kann.“

„Ach, das ist ganz einfach.“ Yuna gähnte.

„Anstatt dir beizubringen, wie man Verletzungen heilt, sollte ich dich vielleicht erstmal das Aufräumen lehren, damit genannte Blessuren gar nicht erst entstehen. Hier sieht es aus, als wäre eine Bombe eingeschlagen.“

Voller Unverständnis sah Yuna sich um. Was wollte Evelyn bloß von ihr? So weit sie sich erinnern konnte, hatte es bei ihr nie viel anders ausgesehen.

„Wusstest du, dass Ordnungsliebe eine Tugend ist?“

„Tugend? Igitt, Evelyn! Bleib mir so früh am Morgen weg mit Wörtern, die so gefährlich und anstrengend klingen!“

Die Hellhaarige seufzte. „So früh am Morgen, Yuna? Es ist zehn Uhr. Eigentlich waren wir schon vor zwei Stunden verabredet.“

„Ups, echt? Verzeihung.“

„Kommt vor.“, winkte Evelyn ab.

Yuna rieb sich die Augen und stand auf. Nicht eben elegant stakste sie über die wenigen begehbaren Inselchen auf den Flur, der etwas weniger unordentlich und zugemüllt war.

Evelyn warf einen vorsichtigen Blick in die Küche, die Yunas Zimmer gegenüber lag. Geschirr stapelte sich in der Spüle, und es stand eine beachtliche Menge an geschlossenen Töpfen herum. Die Hellhaarige ahnte Böses. Mit gerunzelter Stirn hob sie langsam einen der Deckel an und spähte in den Topf.

„Yuna, war das Erbsensuppe?“

„Nein, wie kommst du darauf?“

„Es ist grün. Schütte es ins Klo, sonst kommt es bald zu dir ins Bett gekrochen.“

„Oh, habe ich da etwa etwas stehen lassen?“

„Ich glaube nicht, dass dieser Grüne Blubb die einzige unangenehme Überraschung ist, die in dieser Küche auf dich lauert. Manches davon wird wohl schon Augen haben.“ Vorsichtig ließ Evelyn den Deckel wieder sinken.

Unbekümmert zuckte Yuna mit den Schultern. „Egal. Ich kümmere mich nach dem Training darum... vielleicht.“

„Das solltest du wirklich tun. Sonst muss ich eine ernste Seuchengefahr melden gehen. Es sei denn, du entwickelst gerade Biowaffen auf bakterieller Basis.“
 

„Wenn du eine Verletzung behandeln möchtest, musst du zunächst herausfinden, welcher Art die Wunde ist. Das ist eine Sache höchster Konzentration, denn da muss man sehr genau arbeiten.“, begann Evelyn. Sie saß mit Yuna im Gras vor ihrem Haus. „Dazu sendest du Chakraimpulse in den Körper des Patienten und tastest ihn so innerlich ab. Dabei ist es nötig, darauf zu achten, den anderen nicht zu schädigen.“

„Das geht?“

„Natürlich. Ein Risiko, das bei allem Jutsus besteht. Daher ist die perfekte Beherrschung des Chakras für die Heilkunst Grundvoraussetzung. Was man wissen muss ist, dass man mit medizinischen Ninjutsus keine Zellen bilden kann, zumindest weiß ich von niemandem, dem das bisher gelungen wäre. Bei einer Heilung beschleunigt man nur den natürlichen Heilungsprozess.“

„Das schränkt das Wirkungsfeld doch stark ein, oder?“, fragte Yuna nach.

„Das tut es. Außerdem kann ich dir jetzt nur die Grundlagen wie das Heilen von Fleischwunden und gebrochenen Knochen beibringen. Dinge, die vergleichsweise einfach sind, aber alles Weitere wäre einfach zu kompliziert und langwierig.“

„Mehr werde ich hoffentlich auch nie brauchen.“

„Meine Art, eine Heilung durchzuführen, ist eine andere, als jene, die andere Mediziner benutzen, was mit meinem Byakugan zusammenhängt. Gewöhnliche medizinische Jutsus sind nur für eine Aufgabe geschaffen. Ein Jutsu für ein oder zwei Arten von Wunden. Daher müssen Heiler sehr viele davon kennen. Bei meiner Methode ist es ein wenig anders. Ich leite mein Chakra in die Wunde, um es dort individuell anzupassen, deshalb brauche ich auch keine Fingerzeichen dafür.“

„Aber ist es nicht furchtbar schwer, Chakra zu lenken, das den Körper bereits verlassen hat?“

„Da hast du den Haken. Niemand hat gesagt, dass es einfach werden würde. Wenn du es allerdings beherrschst, kannst du dir durch Experimente alles Weitere selbst aneignen, um alle heilbaren Verletzungen zu kurieren.“

„Was soll ich tun?“, wollte Yuna wissen.

„Leg deine Hand auf meinen Arm und präge dir ein, was du wahrnimmst. Wenn du zunächst herausfindest wie es sein soll, wird es dir leichter fallen, die Fehler zu finden.“

Ich hätte nie gedacht, dass etwas so simpel aussehendes derart kompliziert sein könnte, ging es Yuna durch den Kopf und sie stöhnte. Dennoch hatte sie der Kitzel der Herausforderung gepackt. Unlängst war ihr Ehrgeiz erwacht, sich diese Fähigkeit noch vor der Chunin-Auswahlprüfung anzueignen.

Hoffentlich lade ich mir da nicht mehr auf den Teller, als ich essen kann, dachte sie und legte Evelyn wie geheißen die Hand auf den Arm.

„Nun sende dein Chakra aus und konzentriere dich auf die Energien, wie du es schon bei der Meditation getan hast.“

Yuna sandte Chakra aus, doch Evelyn zog sofort leicht den Arm zurück.

„Nicht so viel und kappe die geistige Verbindung nicht, wenn das Chakra deinen Körper verlässt.“

Die Dunkelhaarige versuchte es erneut und nahm plötzlich etwas sehr eigenartiges wahr: Ein langsames Pulsieren, eine seltsame Vibration und ganz unvermittelt ein heftiges Zucken. Nichts davon gehörte zu ihrem Körper. Yuna zuckte erschrocken zurück und ließ Evelyns Arm los.

„Was war das denn?!“, entfuhr es ihr.

„Das Pulsieren meines Blutes, das Vibrieren von Chakra und eine leichte Bewegung meines Muskels, wenn du das Zucken meinst.“

„Aber... es war so intensiv.“

„Heilende Sinne sind sehr sensibel. Du wirst dich schon noch daran gewöhnen. Versuche es noch mal und erschrick nicht. Ich werde meine Hand bewegen.“

Anfangs schwindelte es Yuna von den vielen gleichzeitig ablaufenden Prozessen, doch dann fand sie die Regelmäßigkeit im Zusammenspiel der diversen Muskeln und Sehnen. Sie begriff die Ordnung, und die Beobachtung wurde regelrecht beruhigend. Das Gewirr aus pulsierenden Adern war nun kein ablenkendes Chaos mehr, sondern fügte sich in seinen Aufgabenbereich ein. Sie nahm die starren Knochen wahr, die einem Baugerüst gleich dem Durcheinander seinen Halt gab.

„Weite dein Bewusstsein nun auf meine Hand aus.“

Sie tat wie geheißen und nahm sogleich einen Komplex wahr, der ihr noch verworrener erschien als der Unterarm.

„Kannst du mal nur den Daumen bewegen?“, fragte Yuna fasziniert von der feinen Motorik und den Stromstößen des peripheren Nervensystems in der Hand.

„Evelyn, kann man eigentlich einen fremden Körper steuern, wenn man die Nervenimpulse beeinflusst?“

„Natürlich, aber das bedarf einer Menge Fingerspitzengefühl.“

„Es fühlt sich bestimmt komisch an, wenn man plötzlich Dinge tut, ohne es zu wollen.“

Evelyn neigte den Kopf zur Seite. „Wenn du möchtest, demonstriere ich es dir nachher. Versuche aber nicht, es nachzumachen. Man sollte nicht mit Nerven und Innereien spielen, wenn man sich nicht auskennt.“

Yuna verdrehte die Augen. „Das ist klar.“

„Hoffentlich. Aber nun zu einer anderen Lektion.“, sagte sie und streckte den anderen Arm vor. Als sie den Ärmel zurückstrich, wurden die bläulichen, geschwollenen Flecken sichtbar, die vom gestrigen Kämpf mit Sasuke zurückgeblieben waren.

Yuna sog scharf die Luft ein. „Wie bist du denn da dran gekommen?“

„Das werde ich dir später erzahlen.“, versprach die Hellhaarige und fuhr mit dem eigentlichen Thema fort: „Ich hätte das hier zwar schon längst heilen können, aber derlei oberflächliche Wunden sind nahezu prädestiniert, um als Demonstrationsgrundlage herzuhalten. Du weißt bestimmt, was ein Bluterguss ist.“

„Sicher. Eine geplatzte Ader, deren Blut sich in das Gewebe ergießt und Druck ausübt. Daher die Schwellung und der Schmerz. Bei einer Berührung wird wegen der Flüssigkeit mehr Druck auf die Nerven ausgeübt.“

„Schön. Der Körper trägt erst die Flüssigkeit, dann die Farbstoffe ab, daher das hübsche Farbspektrum. Ich werde dir zeigen, wie man den Körper dabei unterstützt. Konzentrier dich wieder auf meinen Arm und achte darauf, was ich tue.“

In den nächsten Sekunden füllte die Wahrnehmung von Evelyns Chakra Yunas Bewusstsein zur Gänze aus. Die Flüssigkeit wurde entfernt und die Farbstoffe abgetragen.

„So, und jetzt du.“

„Ich?“, machte Yuna erschrocken und erstaunt über so viel Vertrauen seitens Evelyn.

„Natürlich. Man lernt aus praktischer Erfahrung, außerdem kann ich immer noch eingreifen, sollte etwas schief gehen.“

Die Dunkelhaarige schluckte und konzentrierte ihr Chakra. Ein Ausdruck der Verbissenheit legte sich auf ihre Züge.

Es funktionierte. Zwar war sie viel langsamer als die erfahrene Heilerin, doch die Haut nahm letztendlich wieder ihre normale Farbe an und auch die Schwellung verschwand.

„Gut Yuna, du hast es begriffen und das ungewöhnlich schnell. Wir machen Schluss für heute.“

„Was? Jetzt schon?“

Evelyn nickte. „Ja. Du weißt, wie man den Körper anderer Lebewesen untersucht. Probiere es an kleinen Säugetieren und großen Insekten aus. Es wird dich interessieren.“

Yuna schmollte gespielt. Die Mundwinkel ihrer Teamgefährtin zuckten.

„Außerdem gebe ich mein Wissen zum ersten Mal weiter. Ich muss mir über die nächsten Lektionen noch Gedanken machen.“

„Spielst du mit dem Gedanken, Ausbilderin zu werden?“, fragte Yuna neugierig.

„Ehrliche Antwort?“

Die Dunkelhaarige nickte irritiert.

„Nicht im Geringsten. Ich habe mir bisher noch kein konkretes Ziel gesucht. Ich bin jetzt erstmals sesshaft. Meine Mutter ist mit mir von Ort zu Ort gezogen als Wanderarbeiter im Tischlerhandwerk. Ich habe früh gelernt, zu arbeiten, um das nötige Geld zu verdienen. Mit fünf hatte ich das erste Mal Werkzeug in der Hand.“

„War das nicht furchtbar anstrengend?“

Evelyn zuckte mit den Schultern. „Nicht viel anstrengender als eine Ausbildung zum Ninja und die fängt ebenso früh an. Unser gesamter Besitz hat in die drei Taschen gepasst, die Aurora für uns getragen hat.“

„Aber warum? Hat euch etwas gejagt?“

„Das, Yuna, möchtest du gar nicht wissen.“



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  fahnm
2013-06-23T20:51:11+00:00 23.06.2013 22:51
Super Kapi^^


Zurück