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There’s no one left I love… - Well, there are always exceptions

A Finnick and Johanna Story
von

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He is always watching

10. Kapitel: He is always watching
 

Die Frau in dem engen Schlangenhautkleid und den gruseligen, neongrünen Augen warf Johanna einen bitterbösen Blick zu und Finnick hatte sich immer noch nicht von seiner Gänsehaut erholt. Seit diese Schlangendame zu ihnen getreten war, fasste sie ihn ständig an und es kostete ihn all seine Beherrschung nicht schreiend vor ihren Händen wegzulaufen. Denn die wirkten, wie die glatten Schuppen einer Schlange. Er hoffte nur, dass das Handschuhe waren!

„Oh bitte, heute Abend ist Finny mit mir hier. Und ich will ihn nicht teilen“, fuhr Johanna fort und zerrte an Finnicks

Arm, während die Schlangenlady an seiner anderen Seite hing. Ein bisschen fühlte er sich, wie ein heiß begehrtes Spielzeug, das von zwei Kindern beinahe zerrissen wurde. Hoffentlich gewann Johanna. „So leid es mir tut, aber Johanna hat Recht. Ich hatte ihr gesagt, ich würde heute Abend nur Augen für sie haben“, stimmte Finnick Johanna schnell zu und schenkte der Kapitolerin ein entschuldigendes Lächeln.

Bisher klappte es ziemlich gut mit ihrer Abmachung sich gegenseitig Interessenten vom Leib zu halten. Und auch dieses Mal schien es zu funktionieren.
 

„Oh! Na schön! Ich habe ohnehin schon den Präsidenten gebeten, ein Treffen zu arrangieren“, ließ die Dame verlauten und ihre Augen wanderten lüsternd über Finnick, der ein Schaudern unterdrückte. Das würde ein ganz und gar schrecklicher Abend werden! Zum Glück konnte er ihn noch etwas vor sich herschieben. „Und dann hab ich dich für mich alleine, Finnick“, hauchte sie ihm ins Ohr, während Finnick eine Gänsehaut der unangenehmen Art bekam. Ein wirklich schrecklicher Abend!

Johannas Augen weiteten sich und Finnick war heilfroh, dass sie keine angewiderte Grimasse zog, sondern sich benahm. Das konnte man bei Johanna ja leider nicht immer voraussetzen. „Ich freue mich darauf“, versicherte er der Kapitolerin strahlend und winkte ihr lächelnd nach, als sie erhobenen Hauptes in der Menge verschwand.
 

„Das war mit Abstand das Ekligste, was ich je erlebt habe“, kommentierte Johanna leise und Finnick schüttelte den Kopf. „Kann ich leider nicht behaupten“, entgegnete er und hielt die Hand hoch, als Johanna den Mund öffnete. „Und mehr werde ich dazu nicht sagen“, stellte er klar. Immerhin musste er ja nicht jedes ekelhafte, verstörende Abenteuer vor Johanna ausbreiten. Es reichte schon, wenn er sich ekelte und es war obendrein peinlich, darüber zu sprechen.

„Oh, lieber nicht. Ich bin gerade meine Alpträume losgeworden“, kicherte Johanna und schrak zusammen, als jemand sie unvermittelt am Rücken berührte. Es war reichlich untypisch für sie, dass sie so schreckhaft war. Finnick schob das auf die nervliche Anspannung seiner besten Freundin und musterte den jungen Mann, der an sie beide heran getreten war.
 

„Caius, mein Name“, stellte er sich vor und entblößte eine Reihe strahlend weißer Zähne, so dass Finnick fast das Gefühl hatte, geblendet zu werden. Natürlich war jedenfalls anders! Caius steckte in einem goldenen Outfit, das aussah wie ein Kleid und es irritierte Finnick, dass er keine Augenbrauen hatte.

„Hallo, freut mich“, erwiderte eine ganz und gar reizende Johanna und lächelte den Fremden kokett an, während Finnick sich in Schweigen hüllte. Dass dieser Mann nicht wegen ihm hier war, war ihm wohl bewusst. Trotzdem beobachtete er die Situation genau, um Johanna im richtigen Zeitpunkt zu retten.
 

„Darf ich um den nächsten Tanz bitten?“, erkundigte sich Caius und Finnick zog Johanna wie auf Kommando besitzergreifend an sich. „Tut mir leid, da sind Sie gerade zu spät gekommen. Der Tanz gehört schon mir“, erklärte er mit einem eingeübten Lächeln. Die Miene des Kapitolers war jedoch entspannt. „Ich nehme auch den Übernächsten“, ließ er Johanna wissen und Finnick fand, dass das noch reichlich nett war. Der Mann war wirklich ruhig und bisher noch kein bisschen verärgert. Dabei zählte Geduld nicht unbedingt zu den Stärken von Kapitolbewohnern. Wenn sie etwas wollten, musste sie es für gewöhnlich auch sofort bekommen.

„Der gehört mir auch“, antwortete er an Johannas Stelle, während sie nun diejenige war, die entschuldigend lächelte, was gespielt war, wie Finnick sehr genau wusste. „Ja, ich hatte Finnick alle Tänze versprochen“, hauchte sie gespielt verlegen und enttäuscht. Was für eine gute Schauspielerin dieses sonst so sarkastische, burschikose Mädchen doch war!
 

Jetzt zeigte sich doch ein weniger Ärger auf dem glatten, blassen Gesicht des Mannes. Und er musterte Finnick feindselig, während er versuchte möglichst unschuldig und verlegen drein zu blicken. „Ich werde warten. Irgendwann wird Mr. Odair schließlich auch einmal eine Pause machen“, verkündete Caius zuversichtlich und erdolchte Finnick mit Blicken, so dass dieser es eilig hatte, Johanna von Caius fortzuziehen und die Tanzfläche anzusteuern.

Von wegen, ruhig und gelassen oder gar freundlich. Dieser Caius wirkte jetzt, als hätte er es persönlich auf Finnick abgesehen. Anscheinend war er doch nicht der Geduldigste…
 

„Wenn der mich heute Nacht umbringt, bist du Schuld“, seufzte Finnick und zog Johanna in seine Arme, als sie auf der Tanzfläche angekommen waren. Johanna lachte leise. „Hast du gesehen, wie schmächtig der war? Den kann sogar ein Mädchen wie du fertig machen, Finn“, ärgerte sie ihn und legte das Kinn auf seine Schulter. „Außerdem glaube ich, würde die Schlangenlady dich rächen“, fügte sie hinzu und machte wieder ein angewidertes Geräusch. „Wenigstens hatte die Augenbrauen“, brummte Finnick. „Ja, grüne!“, schnaubte Johanna und schmiegte sich enger an ihn, als ihr Blick auf den interessierten Caius fiel. Besser sie trieben ihre Maskerade so glaubwürdig wie möglich.

„Ich hoffe, du hast viel Ausdauer, Odair. Ich werde den ganzen Abend mit dir tanzen müssen, wenn ich Callus entgehen will“, informierte sie Finnick, der lachend den Kopf schüttelte. „Jo, der Mann hieß Caius“, verbesserte er sie belustigt, weil sie sich einfach äußerst selten Namen merken konnte oder aber, was Finnick eher vermutete, einfach absichtlich die falschen nannte. Es sah ihr ähnlich, sich daraus einen Spaß zu machen.
 


 

Natürlich schafften sie es nicht den ganzen Abend auf der Tanzfläche zu sein, sondern waren regelrecht davon geflohen, als eine Frau mit Tigerkrallen ständig versucht hatte, Finnicks Allerwertesten zu betasten.

Johanna stand immer noch lachend neben dem länglichen Tisch, der sich unter der Fülle des angebotenen Essens beinahe bog. „Hör auf“, verlangte Finnick genervt und belud sich seinen Teller mit Nachtisch. Kleine, klebrige Törchten häuften sich bereits auf seinem Teller und er lud noch zuckrige Tierfiguren auf.

„Es tut mir leid“, erwiderte Johanna ohne eine Spur Mitgefühl, was Finnick aufseufzen ließ. „Ich glaube dir nicht, Jo“, schnaubte er und inspizierte ein zuckriges Hündchen, das er dann mit einem Schulterzucken auf seinen Teller legte. „Du könntest ruhig mehr Mitgefühl zeigen! Es hat wirklich wehgetan“, fügte er verärgert hinzu und schlenderte weiter den Tisch entlang, während Johanna wieder in Gelächter ausbrach und Finnick versuchte so normal wie möglich drein zuschauen, angesichts der Tatsache, dass sie gerade über die Blessuren an seinem Hintern redeten, die die Tigerdame dort sicher hinterlassen hatten. „Fairer Weise… das waren wirklich monströse Krallen“, lenkte Johanna ein, jedoch immer noch mit einen amüsierten Grinsen.
 

„Jetzt, wo du nicht mehr tanzt, solltest du dringend Caius suchen“, brummte Finnick und begutachtete etwas, von dem er glaubte, dass es blaue Schokolade war. Dann würde ihn wenigstens niemand mehr ärgern…. Wobei das natürlich nicht ernst gemeint war. So nervig Johanna manchmal auch war, hatte er sie trotzdem gerne um sich und würde sie nicht einfach zu einem Kapitoler abschieben.

„Gibt es Blaubeerschokolade?“, fragte er an Johanna gewandte, die ihm auf die Finger schlug, als er die Hand nach der bläulichen Süßigkeit ausstreckte. „Iss das nicht! Du wirst dick und deine Zähne werden faulen“, belehrte sie ihn und stahl sich eines der Törtchen von seinem Teller, in das sie sofort herzhaft hinein biss.
 

„Ich bitte dich! Ich werde nicht dick!“, empörte sich Finnick und überlegte bereits, wie er das fehlende Törtchen ersetzen könnte? Durch diese kleine Schale mit rosanem Pudding? „Außerdem putze ich mir wirklich sehr gründlich die Zähne. Drei Mal am Tag“, fügte er verteidigend hinzu. Das musste er wohl auch, angesichts des Zuckerschocks, den er seinen Zähnen immer wieder antat.

Johanna war ja schon fast so schlimm wie Mags. Die fand nämlich auch, dass er unvernünftig war und zu viel Zucker zu sich nahm. Auch heute Abend war das seine erste Mahlzeit. Aber was konnte Finnick schon dafür, dass Süßigkeiten einfach besser schmeckten? Und vierzehn lange Jahre hatte er nicht einmal geahnt, dass es so viele leckere Sachen gab. Er hatte also eigentlich etwas aufzuholen. Und da würde er sich auch von niemanden reinreden lassen.
 

„So leid es mir tut, aber Miss Mason hat nicht ganz Unrecht“, ertönte eine Stimme hinter ihnen und Finnicks Blick huschte sofort zu Johanna, die gänzlich erstarrt war, das Minitörtchen immer noch halb angegessen in der Hand. Und auch ihm stellten sich alle Nackenhaare auf. Alleine diese Stimme genügte, um ihn in pure Anspannung zu versetzen.

Ganz langsam drehte sich Finnick um und blickte in das Gesicht des Präsidenten von Panem. Der Mann war näher, als Finnick lieb war und er fragte sich, warum er nicht vorher den penetranten Geruch der künstlichen Rose am Revier von Snow wahrgenommen hatte. Die weiße Rose blitzte auf und hatte die gleiche Farbe wie Snows Haare und sein Bart. Gepaart mit den schon zu vollen Lippen, wirkte er alles andere als gefährlich. Doch jeder wusste, dass das ein Irrtum war.
 

Johanna und Finnick hatten beide schon früh gelernt, dass dieser Mann eiskalt und skrupellos war und dass jeder ihn fürchten sollte. Und genau das taten sie. Wann immer der Präsident Finnick zu sich rief, was nicht besonders oft vorkam, bekam dieser es mit der Angst zu tun. Denn normalerweise regelte das Staatsoberhaupt das Meiste über Briefe, die genauso widerlich rochen, wie er selbst. Finnick bildete sich dann immer ein, dass sein ganzes Zimmer nach Rosen stank. Traf er aber jemanden persönlich war das immer ein Grund zu Sorge.

Schon immer hatte Finnick gefunden, dass es besser war äußerst gelassen zu wirken und sehr entgegenkommend zu sein. Dann würde nichts Schlimmes passieren, hoffte er. Oder er könnte zumindest einiges abmindern. Je aufmüpfiger man wurde, desto mehr zog man Snows Wut auf sich. Finnick hatte das einmal aus Unwissenheit riskiert, als er sich geweigert hatte, weitere Arrangements anzunehmen, genauso wie Johanna und dieser Fehler hatte ihre Väter das Leben gekostet. Seitdem gaben sie sich die größte Mühe, Snow nicht zu missfallen.
 

Doch anscheinend hatte es nicht funktioniert. Denn warum sonst war Präsident Snow wohl hier? Zum Plaudern sicher nicht. Der Mann plauderte nie!

„Guten Abend, Sir“, begrüßte Finnick den Präsidenten, weil er sich als Erster wieder gefangen hatte. Und er wusste ganz genau, dass es den Präsidenten freute, dass er sie beide nicht nur überrascht hatte, sondern auch von ihnen gefürchtet wurde. Er sog das förmlich in sich auf, hatte Finnick das Gefühl. „Ich bin ganz gerührt, dass sich hier alle um mein Wohl sorgen. Aber mir macht süßes Essen nichts aus“, fuhr er so normal wie möglich fort. Es war besser, einfach erst einmal Smalltalk zu führen, um die genaue Stimmungslage des bedrohlichen Mannes heraus zu finden.

Nur leider wollte Finnick einfach nichts mehr einfallen und Johanna schwieg ebenfalls beharrlich. Finnick konnte nur vage erahnen, was in ihr vorging. Ihr Verlust und ihre Zwangsprostitution lagen ja auch noch nicht so weit zurück wie seine und Johanna war insgesamt ein wütenderer Mensch als er. Da war es vielleicht gar nicht so schlecht, wenn sie den Mund hielt, bevor etwas Böses herauskam.
 

Gutmütig klopfte Snow ihm auf die Schulter und Finnick bekämpfte den Drang die Hand einfach weg zuschieben. Denn natürlich war das absolut nicht möglich und würde dem anderen Mann ganz und gar nicht gefallen.

„Das freut mich zu hören.“ Natürlich freute ihn das. Immerhin würde ein unansehnlicher Finnick Odair kein Geld bringen, dachte sich Finnick bitter, versuchte jedoch weiterhin höflich zu lächeln.

„Weshalb ich hier bin, sind allerdings nicht Ihre Essengewohnheiten, obwohl Sie die wirklich überdenken sollten. Aber warum gehen wir nicht an die frische Luft?“, verlangte Snow und die beiden Sieger tauschten unangenehme Blicke. Keiner von ihnen wollte mit Snow diesen Saal verlassen. Aber sie konnten auch unmöglich ablehnen. „Natürlich“, murmelte Johanna dann, während Finnick seinen unberührten Teller auf einen der Tische stellte und sie gemeinsam den Saal verließen.

Deutlich konnte Finnick die Blicke der anderen Gäste in seinem Rücken spüren und wusste, dass sie sich fragten, was um alles in der Welt, sie mit dem Präsidenten zu tun hatten. Soweit er wusste, war dieser Mann nämlich nicht nur unter den Distriktbewohnern gefürchtet, sondern auch unter den Kapitolern selbst. Wenigstens einmal schienen sie genug Verstand zu besitzen!
 

In Johannas Augen sah er die gleiche Panik, die auch sein Inneres erfasst hatte, als sie ihm den Kopf zu wandte, während sie dem alten Mann durch die Gänge folgten und schließlich eine Türschwelle zum Garten passierten.

Finnick hielt beiden die Glastür auf und hielt Johanna für die kleine Stufe die Hand hin. Er war sich nicht sicher, welche Hand zitterte. Seine, ihre oder beide? Vorsichtshalber schob er beide Hände in die Hosentaschen und bemerkte, wie auch Johanna ihre rosa Handtasche fester umklammerte, während sie dem Präsidenten in den Garten folgten, der selbst im Dämmerlicht der vielen kleinen Lichter, die in den Büschen steckten und an Brunnen angebracht waren, beinahe zu grell strahlte. Die Blumen hatten durch und durch unnatürliche Farben und überströmten sie alle mit starken Gerüchen.
 

Ein Mal war Finnick schon hier draußen gewesen. Und damals hatte er es sich mit einen seiner Arrangements auf mehreren Bänken und an Bäumen vergnügt. Das war ihm damals widerlich vorgekommen und er hatte sich weit weg gewünscht. Aber jetzt wünschte er sich die unersättliche Frau zurück, wenn er dafür nur den Präsidenten loswerden konnte. Denn mit jedem Schritt wuchs Finnicks Unbehagen.

Brachte er sie so weit raus, um ihnen etwas anzutun? Machte man das nicht so, wenn es keine Zeugen geben sollte? Aber das war Blödsinn… alle hatten gesehen, wie er und Johanna mit Snow verschwunden waren… nur wer würde es wagen, sich gegen diesen Mann zu stellen?
 

„Sir…“, brachte Johanna schließlich heraus. Ihre Geduld war also schneller zu Ende gewesen, als seine. „Sir… entschuldigen Sie, aber wohin gehen wir?“, fragte Johanna und sah sich um. Während sie den Blick schweifen ließ, bemerkte Finnick neben ihrer Nervosität etwas anderes, weitaus Gefährlicheres. Wägte sie die Situation ab? Den Blick kannte Finnick. Johanna hatte in ihren Hungerspielen so ausgesehen, oder wenn sie sich mit anderen Siegern anlegte, und auch wenn sie ihn spielerisch angriff, weil er sie geärgert hatte. Finnick erstarrte, während er Johannas Miene analysierte. Sie konnte unmöglich so dumm sein und abwägen, ob sie einen Angriff riskieren konnte.

Hastig griff er nach Johannas Hand und packte sie so fest, dass ihm ihre Aufmerksamkeit gewiss war. Warnend hob Finnick die Augenbrauen. Es mochte so wirken, als wären sie nur zu dritt. Aber Snow war so lange an der Macht, dass er nicht den Fehler begehen würde, sich alleine mit zwei Siegern in völlige Abgeschiedenheit zu begeben. Er war sich ihrer Stärke durchaus bewusst. Niemals würde er einen solchen Anfängerfehler begehen. Nicht nach all seiner Erfahrung. Und wenn Johanna dumm genug war, einen Angriff zu versuchen brachte sie sich nur selbst in Gefahr. Und Finnick vielleicht sogar gleich mit.
 

„Sehr romantisch so ein Spaziergang im Mondlicht. Aber vergessen Sie nicht meine Anwesenheit“, ertönte die Stimme des Staatsoberhaupts neben ihnen und sie wandten beide überrascht den Kopf um. Während Finnick nun derjenige war, der kurz sprachlos war, schaffte es Johanna ein Lächeln zustande zu bringen. „Sir, wir würden Sie niemals vergessen. Aber es macht Ihnen doch nichts aus…“, begann sie und unterbrach sich selber, als sie Snows Blick bemerkte.

Zum zweiten Mal an diesem Abend bekam Finnick eine Gänsehaut der üblen Art und bekämpfte den Impuls einfach davon zu laufen. Denn was würde das schon bringen? „Leider, Miss Mason… leider macht es mir etwas aus“, entgegnete der ältere Mann leise und Finnick war erstaunt, wie er es noch darstellen konnte, dass es ihm wirklich leid tat. Denn dem Präsidenten tat nie etwas leid. So etwas wie ein Gewissen besaß dieser Mann nicht. Dafür war er ein hervorragender Schauspieler.
 

„Sir, Sie meinen…?“, erkundigte sich nun Finnick. Denn ihm war noch nicht ganz klar, worauf dieses Gespräch hinauslaufen sollte. „Mr. Odair, Miss Mason, ersparen wir uns die Umschreibungen. Wir wissen alle drei, was Sie beide für mich tun und wir wissen auch, dass ich kein Interesse daran habe, Ihnen diese Pflicht abzunehmen“, sagte der Präsident nun um einiges schärfer. Obwohl seine Stimme weniger nett klang, war es fast angenehmer, so mit ihm zu sprechen. Es war echter. Jetzt konnte man die Stimmung besser einschätzen. Finnick zog es vor, wenn Menschen nicht spielten, sondern ihr wahres Wesen zeigten.

„Das wissen wir. Was wollen Sie dann von uns?“, entgegnete Johanna, die sich von dem drohenden Tonfall anstecken ließ und deren Stimme nun ebenfalls weniger freundlich klang. „Jo…“, murmelte Finnick warnend, während seine beste Freundin nun ihm einen finsteren Blick zu warf. „Es ist doch so. Er hätte nicht mal mit uns raus gehen müssen. Eine Erinnerung daran, wäre auch vor allen anderen möglich gewesen!“ Wütend funkelte sie nun zu dem weißhaarigen Mann auf und Finnick war sprachlos vor Entsetzen. Das lief gar nicht gut. Was immer den Präsidenten grämte, würde nun noch schlimmer werden.
 

„Da haben Sie Recht, Miss Mason. Aber ich dachte mir Sie würden dieses Gespräch lieber ohne Publikum bevorzugen. Ich habe nämlich eine Anweisung. Dieses alberne Spiel zwischen Ihnen. Das hört auf. Augenblicklich“, forderte Snow und betrachtete ihre verschränkten Finger, als wären sie das Ekligste, was er je gesehen hätte. „Spiel? Sir, woher wollen Sie wissen, dass es ein Spiel ist?“, entgegnete Johanne gelassen. „Ich bitte Sie, Miss Mason. Halten Sie mich nicht für dumm“, seufzte Snow und nun wurde auch Finnick wütend. Natürlich hatte der Präsident Recht. Aber das konnte er unmöglich so genau wissen. Was wäre, wenn er Johanna tatsächlich lieben würde? Könnte er ihm das verbieten? Mit Sicherheit nicht!
 

„Bei allem Respekt, Sir. Aber ich glaube nicht, dass es Sie etwas angeht, was wir in unserem Privatleben tun“, sagte Finnick bestimmt und bereute diese Aussage sofort, als nun er von dem wütenden Blick ins Visier genommen wurde. „Mr. Odair, Ihr Privatleben hat aber Konsequenzen für unsere Vereinbarung. Sehen Sie, sobald jemand erfährt, dass Sie glücklich verliebt sind und in einer Beziehung mit der reizenden Miss Mason, habe ich Schwierigkeiten damit Sie zu vermarkten“, erklärte Snow nun wieder äußerst ruhig und in einem so lapidaren Ton, als würde er mit ihnen über das Wetter plaudern.

Nur, dass er das nicht tat. Seine Worte waren von äußerst großer Bedeutung für Finnick. Es war, als hätte man ihm einen harten Schlag verpasst und er realisierte die Worte nur allmählich. „Das heißt, Sie wollen nicht… Sir, wissen Sie, was Sie da verlangen?“, fragte Finnick entsetzt nach. Vollkommen egal, dass er nicht mehr so tun durfte, als ob er in Johanna verliebt war. Er durfte anscheinend nicht mal wirklich verliebt sein. Und dabei hatte sein Vater ihm immer beigebracht auf die Richtige zu warten. Das hatte er zugegeben sowieso nicht getan –tun können- aber trotzdem war da immer noch die Wunschvorstellung gewesen. Und die hatte Snow äußerst unsanft zum Platzen gebracht.
 

„Sie erlauben uns keine Beziehung. Zu niemanden?“, hakte nun auch Johanna nach. Ihre Stimme klang schriller, viel aufgeregter, als Finnick sie sonst kannte. Dabei war ihm nicht einmal bewusste gewesen, dass Johanna solche romantischen Zukunftsträume hatte.

„Ich sehe, wir verstehen uns.“ Präsident Snow wirkte zufrieden, während sie beide am Boden zerstört waren. Wie immer. Er weidete sich noch am Unglück anderer, das selbstverständlich er verursacht hatte. „Finnick hat Recht, das können Sie nicht verlangen!“, entschied Johanna resolut. „Natürlich nicht. Sie haben vollkommen Recht, ich kann Ihnen nur sagen, was ich von Ihnen erwarte. So wie Sie im Gegenzug von mir erwarten, dass Ihren Familien nichts passiert.“

Wieder waren sie alle in tiefes Schweigen gehüllt. Finnicks Hauptanliegen war es im Moment die weißen Marmorplatten unter seinen Füßen zu mustern, während es in seinen Ohren rauschte und ihm schier schwindelig wurde, während Snows Blick schwer auf ihnen lastete. Snow war deutlich gewesen. Mags oder eine potentielle Freundin. Natürlich wählte er dabei Mags! Er könnte nicht damit leben, sie auf dem Gewissen zu haben. Er hatte schon seinen Vater umgebracht. Wie konnte er das Gleiche wissentlich bei der Frau tun, die sein Leben gerettet hatte? Mags war alles an Familie, was er noch hatte.

Und Finnick wusste, dass Johanna niemals das Leben ihres Bruder und ihrer Mutter gefährden würde. Auch sie war merklich still. Denn dass sie jemanden kennenlernen würde war zwar noch ungewiss, aber durchaus möglich. Eine normale, glückliche Zukunft hätte es geben können. Die jedoch plötzlich weg gewischt wurde. Nun waren sie beide desillusioniert.
 

„Nehmen Sie es nicht so schwer. Wie lange kann es wohl noch dauern? Sobald ich Sie nicht mehr benötige, gehört Ihr Leben ganz Ihnen“, ertönte die freundschaftliche Stimme an Finnicks Ohr und er schob beide Hände wieder tief in die Hosentaschen, damit er nichts tat, was alles noch schlimmer machen würde. Denn eine tiefe, rasende Wut nahm von Finnick Besitz und er wusste, dass es Irrsinn wäre, ihr jetzt nach zugeben.

„Außerdem wollen Sie doch sicher niemandem zumuten, das alles mitanzusehen. Niemand teilt gerne, müssen Sie wissen. Nun dann, ich denke ich lasse Ihnen etwas Privatsphäre für Ihre… Trennung“, ließ der Präsident sie spöttisch wissen und machte Anstalten sie alleine zu lassen.
 

Finnick war erleichtert. Er brauchte Zeit für sich. Zeit, um alles zu realisieren. Zeit, um damit klar zu kommen. Das alles war nicht möglich, solange diese schreckliche Person vor ihm stand, die sein Leben kontinuierlich verpfuschte. Solange der Präsident noch nicht fort war, hielt Finnick den Kopf weiter gesenkt. Hätte er das nicht getan, hätte er vielleicht Johannas Aktion verhindern können. Dann hätte er sie vielleicht aufhalten können, als sie plötzlich einen Satz machte und einen Angriff auf Snow versuchte.

Seine beste Freundin musste völlig neben sich stehen, wenn sie einen solchen Blackout hatte und nun tatsächlich ihre leisen Drohungen wahrmachte, die sie manchmal vor ihm aussprach. Doch wie Finnick schon vermutet hatte, waren sofort Friedenswächter zur Stelle und pflückten Johanna von dem Staatsoberhaupt hinunter, das sie zu Boden gerissen hatte, noch bevor sie ihn verletzen konnte. Wild um sich schlagend versuchte Johanna sich zu wehren und es wirkte eher so, als hätte sie eine Art Aussetzer. Finnick glaubte nicht, dass sie darüber nachdachte, was sie tat. Denn das hier war selbst für Johanna zu riskant.
 

„Ich glaube, es ist das Beste, wir unterhalten uns morgen. Beruhigen Sie sich bis morgen Abend, dann setzen wir unser Gespräch fort“, schlug der Präsident vor und seine Stimme klang so eisig, wie die Botschaft in seinen Worten. Denn natürlich war das keine nette Geste, sondern eine Art Arrest, unter den er Johanna stellte.

Das bedeutete, dass sie vorerst länger hier bleiben musste und genau das hatte sie nicht gewollt. An ihrem entsetzten Gesicht konnte Finnick sofort erkennen, wem ihr erster Gedanke galt. Melo. Johannas kleiner Bruder, der immer noch krank in Distrikt Sieben auf die Rückkehr seiner Schwester mit den lebensrettenden Medikamenten wartete. Finnick fügte schnell die Gedanken zusammen. Es war unmöglich, dass Snow nicht davon wusste. Dieser Mann wusste alles, was in Panem passierte. Und er hatte die härteste Strafe gewählt, die er sich in so kurzer Zeit für Johannas Angriff hätte ausdenken können.
 

„Sir, nein!“, begann Johanna viel zu spät und das pure Grauen stand ihr ins Gesicht geschrieben. Nun hatte sie sich selber die Heimfahrt am Morgen versaut. Kein Wunder, dass sie sofort Reue zeigte und versuchte Schadensbegrenzung zu betreiben. Doch Finnick wusste bereits, dass ihr Flehen sinnlos sein würde. Der Präsident änderte seine Meinung nicht. Trotzdem sprang er ihr bei. Er könnte es sich schließlich nicht verzeihen, wenn er es nicht wenigstens versuchen würde.

„Präsident Snow, gibt es keine andere Möglichkeit? Johanna muss nach Hause. Ich bin sicher, sie hat ihren Fehler erkannt und es wird kein zweites Mal dazu kommen“, bat er ihren gemeinsamen Feind. „Das hätte sich Miss Mason früher überlegen können. Im Übrigen, glaube ich kaum, dass es dort noch etwas gibt, was Sie tun kann.“

Während Johannas Widerstand nun ganz abnahm und ihre Unterlippe gefährlich zitterte, stand Finnick da und betrachtete den Mann voller Abscheu, der seiner besten Freundin gerade auf die unschonendste Art und Weise beigebracht hatte, dass ihr Bruder verstorben war oder zumindest kurz davor war, die man sich denken konnte.
 

Nun war es ein Kinderspiel Johanna von hier weg zu schaffen, denn sie schien lediglich noch auf ihren Füßen zu stehen, weil sie von zwei Friedenswächter festgehalten wurde. Und Finnick starrte ihr ungläubig nach. Sie jetzt alleine einzusperren war die Krönung des Ganzen. Nur zu gut konnte sich Finnick vorstellen, wie Johanna in dieser Nacht leiden würde und er biss sich auf die Unterlippe, um den Schmerz zu verdrängen, den dieser Gedanke in ihm herauf beschwor.

Ein Räuspern schreckte ihn aus dem wirren Gewühl von Trauer und Wut. „Mr. Odair, nun da Sie wieder voll verfügbar sind, wie wäre es, wenn Sie Mrs. Anconi Gesellschaft leisten? Ich habe gesehen, wie sie ein wenig Beachtung von Ihnen erhaschen wollte. Die reizende Dame mit den Schlagenakzenten. Ich seh Sie dort in fünf Minuten!“, wies Snow ihn an, als wäre nichts weiter vorgefallen.

Noch bevor Finnick irgendetwas zu seiner neuen Aufgabe sagen konnte, war der Präsident verschwunden und ließ ihn in einem Meer voller greller, künstlicher Blumen zurück, wo er nun sich und seinen Gedanken überlassen war, während ihn die Frage quälte, wie ein einzelner Mann in so kurzer Zeit so viel Unglück bescheren konnte, ohne dabei mit der Wimper zu zucken.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Liuna
2013-11-26T21:48:45+00:00 26.11.2013 22:48
Oh man >.<
Snow ist sooo fieß. Die arme Johanna.
Und Finnick muss seinem 'Job' nachgehen. Echt wahnsinn!
Bin gespannt, wie es weiter geht :3


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