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Hinter dem Vorhang

Eine neue Chance
von

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Nach dem Krieg

Seufzend saß Harry, wie so oft, auf dem erdigen Boden, nicht beachtend, wie unbequem der Split war, der den Weg bedeckte. Es interessierte ihn nicht, dass der Regen in Strömen an ihm herablief, selbst die Aussicht, krank zu werden, war ihm gerade herzlich gleichgültig. Außerdem passte dieses Wetter einfach zu seiner Stimmung. Diesem Gefühl, vollkommen verloren zu sein, nicht zu wissen, was werden sollte oder wo er seinen Platz finden konnte.
 

Ja, der Krieg war aus, ja, er hatte eine Menge Leben gekostet. Er hatte Voldemort beseitigt, in einem Duell in einer Schlacht, die so viele zu Waisen gemacht hatte. Remus Lupin war tot, seine Frau hatte es ebenfalls nicht geschafft, Andromeda ließ ihn seinen kleinen Patensohn kaum sehen, weil sie auch mit dem Verlust der Tochter nicht klarkam. Dabei liebte er Teddy von ganzem Herzen. Der Kleine war inzwischen fünf Jahre alt, doch er sah diesen, außerhalb von Geburtstagen, so gut wie gar nicht, mitnehmen durfte er ihn nicht mal für einen Ausflug.
 

Die Weasleys waren, im Großen und Ganzen, ungeschoren davon gekommen. Bill hatte Kratzer im Gesicht, die seine Frau aber nicht störten, er hatte bereits sein zweites Kind, Charlie lebte in Rumänien, sprang da von Beziehung zu Beziehung, die Zwillinge führten weiter ihren inzwischen legendären Laden, wobei Niemand die Beiden mehr verwechselte, bedachte man, dass Fred ein Ohr eingebüßt hatte. Ron hatte Hermine geheiratet, allerdings war ihre Freundschaft daran zerbrochen, dass er selbst Ginny nicht geheiratet hatte. Dabei hatte er immer wieder betont, dass er in der jüngeren Schwester des Anderen nicht mehr sehen konnte, als eine gute Freundin! Er war mit ihr aufgewachsen! Ja, er hatte mal was mit ihr gehabt, weil Jeder es erwartet hatte, aber verdammt noch mal, er empfand nichts für sie! Und sie… nun, sie war besessen, er fühlte sich regelrecht von dem Mädchen gestalkt. Zu Beginn hatte sie noch versucht, ihn eifersüchtig zu machen, indem sie mit Jedem, aber wirklich Jedem ihrer Teamkameraden ins Bett gegangen war, als sie gesehen hatte, dass ihm das gleichgültig war, hatten die Beschuldigungen begonnen.
 

Etwas, das seine Beziehung zu Molly und Arthur auch auf Eis gelegt hatte. Er redete eigentlich nur noch mit Bill, den Zwillingen – und zu seiner eigenen Überraschung mit Percy, der ihm ein guter Freund gewesen war. Doch die Rotschöpfe hatten nun mal ihr eigenes Leben, verdammt noch mal! Er kam sich oft vor, wie ein Eindringling!
 

So, wie er sich überall fühlte.
 

In Hogwarts, das einmal seine einzige Heimat gewesen war und das ihm nun so fremd war, denn er sah nur noch die blutüberströmte Wiese des letzten Schlachtfeldes, obwohl das Schloss schon lang wieder stand und auch als Schule seinen Dienst unter Minerva McGonagall als Rektorin wieder aufgenommen hatte. Sie hatte ihm sogar einen Job angeboten, doch er hatte es nicht mal in Betracht gezogen. Er kämpfte so noch mit Alpträumen, danke vielmals. Da drin würde er nicht eine einzige Nacht friedlich schlafen können. Zu viele Erinnerungen jagten ihn inzwischen dort – oder in Hogsmeade, seinen eigenen Tod mit eingeschlossen.
 

Oh, er wäre damals so gern gestorben, war mit dem Ende zufrieden gewesen, wissend, dass Andere auf ihn warteten. Sirius, seine Eltern. Von den Toten der Schlacht hatte er ja erst später erfahren. Doch er war zurück ins Leben geworfen worden, hatte wieder kämpfen müssen, um den Irren ganz ums Eck zu bringen, egal, was es ihn denn kostete.
 

Nach der Schlacht hatte er Wochen gebraucht, um auch nur wieder einen Lumos sprechen zu können, so erschöpft war er gewesen, so sehr hatte ihn alles mitgenommen. Die Menschen um ihn herum hatten gefeiert, als hätte es keine Opfer gegeben, während er nächtelang nur geweint hatte. Seine eigenen Freunde, zu sehr im Freudentaumel des Sieges gefangen, hatten ihn eine ganze Woche lang einfach vergessen! Vielleicht war ihm damals schon klar geworden, dass es für ihn keinen Weg zurück in sein altes Leben gab, denn er sah nicht den Sieg, er sah nur die vielen, die zahllosen, die unnötigen Opfer.
 

Remus, der für ihn, seine schon lange toten Freunde und für sein Kind für eine bessere Welt gekämpft hatte, der so gern hatte leben wollen, für die Familie, die er bekommen hatte, obwohl er eben ein Werwolf war. Er war einer der Ersten gewesen, hatte sich den Lestranges in den Weg gestellt, um einige Kinder zu retten.
 

Hannah Abbot, die ihm die Zeit erkauft hatte, sich von seinem Fasttod wo weit zu erholen, dass er wieder aufstehen konnte. Sie war ein Jahr unter ihm gewesen, doch sie hatte gekämpft, wie eine Erwachsene. Sie lag nun auf dem neuen Friedhof der Helden der Schlacht, den das Ministerium im Atrium hatte anlegen lassen. Ein Ort, wo Remus als Wer nicht geduldet worden wäre, hätte er nicht richtig Rabatz geschlagen.
 

Tonks, Remus Frau. Obwohl ihr Sohn noch so jung gewesen war, hatte sie mitgekämpft, weil sie Moony nicht hatte allein lassen wollen.
 

Und fast hätten sie Fred hier auch noch verloren. Ein Feld voller Toter. Viele von ihnen noch keine siebzehn Jahre alt. Er hatte damit gerechnet, zu sterben und er war sich noch immer nicht sicher, warum er jetzt seinen dreiundzwanzigsten Geburtstag feiern durfte und Andere nicht. Dabei war es für ihn in Ordnung gewesen! Was hatte er hier schon noch, außer einer Wahrheit, die ihn fast dazu gebracht hätte, sich selbst umzubringen?!
 

Zu wissen, dass der Mann, den er so verehrt hatte, in dem er seinen Großvater gesehen hatte, ihn nur hatte aufwachsen lassen, um ihn wie ein Lamm auf der Schlachtbank zu opfern? Der Irre, der kaum besser gewesen war, als Voldemort selbst, hatte seine Verwandten angewiesen, brutal zu ihm zu sein, ihn zu züchtigen und zu unterdrücken, damit er weniger Gründe hatte, am Leben zu bleiben! Noch heute trug er diese Narben, die ihn immer an sein miserables Leben erinnern würden, das ihm doch Niemand zu glauben bereit war! Oh ja, Albus Dumbledore war ein Schwein! Doch das durfte er nicht laut sagen. Der Mann galt neben ihm als einer der absoluten Kriegshelfen, es interessierte Niemanden mehr, wie viele der umgebracht hatte, es zählte nur, dass er den eigentlichen Helden, ihn, ausgebildet und geformt, ihn zu einer ultimativen Waffe gemacht hatte!
 

Tatsächlich hatte Harry ein Jahr lang kämpfen müssen, um nicht selbst umgebracht zu werden, weil er offensichtlich nicht nur sehr mächtig, sondern auch sehr beliebt war, so, dass die Gefahr bestehen könnte, dass er der nächste, dunkle Lord werden könnte. Es war so lächerlich gewesen! Und die Einzigen, die wirklich bei ihm gewesen waren, in der Zeit, die er sogar in Azkaban hatte verbringen müssen, waren die Zwillinge und Percy gewesen. Ron und Hermine schienen mehr auf Andere gehört zu haben, der Rest hatte ihn, kurz nach der Schlacht und der Verleihung des Merlinordens schlicht vergessen, bis Lunas Vater Berichte zu seinen Gunsten geschrieben hatte, dank der Zwillinge. Der Mann hatte den Tod seiner eigenen Tochter damit verwunden, für ihn zu kämpfen. Ja, Luna hatte es nicht geschafft, sie war am Ende doch an ihren schweren Verletzungen gestorben und er hatte wieder eine Freundin weniger gehabt.
 

Die so ausgelöste Empörung hatte Harry wieder frei gesetzt. Danach war er geflüchtet, in die Muggelwelt, weit weg von den Erinnerungen des Krieges. In Gringotts hatte er festgestellt, dass er reich war und da Dumbledore ihn geschädigt hatte und dank der geltenden Gesetze der Gobblins im Bankwesen, war dessen Reichtum ihm auch noch zugefallen. Er musste nicht arbeiten. Nun, er würde auch keinen Job länger ausüben können. In der Muggelwelt fehlte ihm jegliche Art von Abschluss, die zugelassen hätte, einen Beruf zu erlernen und in der magischen Welt wäre er, egal, was er gemacht hätte, nur ein Aushängeschild gewesen. Dazu kam, dass er selbst jetzt, sechs Jahre später, noch nicht wusste, was er hätte tun wollen oder können.
 

Die meisten Tage verbrachte er damit, aus dem Fenster zu starren, ohne etwas zu sehen, oder eben hier auf dem Friedhof der Vergessenen, wie er es nannte. Hier lagen seine Eltern, hier lag der leere Sarg von Sirius Black, der in ihm aber auch nur seinen besten, toten Freund gesehen hatte. Im Ministerium, er hatte immer noch dessen Stimme im Ohr, wie der ihn James genannt hatte. Für Sirius war er ein Ersatz gewesen. Ja, und hier lag noch Jemand. Der Einzige, der ihn vermutlich hinter all den Masken gesehen hatte, die er so lang getragen hatte. Sicher, auch Snape hatte es, vor allem zu Beginn nur wegen eines Versprechens seiner Mutter gegenüber gemacht, aber dann war es weiter gegangen. Im sechsten und siebten Schuljahr hatten sie den Großteil ihrer Differenzen begraben und waren so was wie Freunde geworden. Severus hatte sich für ihn geopfert und war dann vergessen worden. Hätte er dessen Leiche nicht verlangt, sie wäre im Massengrab der Todesser gelandet, ohne Rücksicht auf seinen Status als Spion, er war nie für das, was er geleistet hatte, geehrt worden. Statt als Kriegsheld, der er war, galt er weiterhin nur als Todesser.
 

Das Einzige, was Harry hatte tun können, war, ihm hier ein schönes, ein einfaches Grab zu geben, neben der Frau die zu lieben er nie aufgehört hatte. Er hatte im siebten Jahr erfahren, dass Severus deshalb immer schwarz getragen hatte, weil er immer noch um sie getrauert hatte. Die einzige, wahre Freundin, die er gehabt hatte.
 

Na ja, fast die Einzige. Da waren wohl immer auch die Malfoys gewesen. Lucius und Narcissa. Draco war sogar sein Patensohn gewesen. Narcissa, die Cousine von Sirius, hatte die Schlacht ebenfalls nicht überlebt. Sie lag im Familiengrab der Malfoys, sie war gefallen, als sie ihren Sohn verteidigt hatte, gegen die eigene, durchgedrehte, vollkommen unzurechnungsfähige Schwester. Draco fühlte sich bis heute durch diese Schlacht entstellt, der er eine Narbe am Bauch zu verdanken hatte.
 

Doch er hatte ebenfalls geheiratet und hatte seinen ersten Sohn vor drei Jahren bekommen. Scorpius. Ja, die Malfoys hatten sich, ein weiteres Mal, aus der Affäre ziehen können, auch, weil einige Befragungen ergeben hatten, dass sie nicht nur unfreiwillig Todesser gewesen waren sondern auch Spione fürs Ministerium. Lucius Malfoy hatte nur die Hälfte der Zeit in Azkaban verbracht, die er dort gewesen war. Angeblich hatte er, der blonde Aristokrat, sich für ihn eingesetzt. Er wusste es nicht, er hatte einfach nur zugesehen, nach diesem Jahr so schnell es nur ging, unterzutauchen. Sozusagen in dem Moment, als er wieder aus dem Bau raus gewesen war. Das, was er wusste, wusste er von den Treffen im Hinterzimmer des Ladens der Zwillinge, doch mehr von der magischen Welt weigerte er sich bis heute zu betreten.
 

Wozu auch? Es würde nichts an seinem Elend ändern. Er fühlte sich wie eine Gazelle inmitten wilder, ausgehungerter Raubtiere. Jeder würde wissen wollen, warum er nicht verheiratet sei und ein Mädchen wie Ginerva Weasley, Star der Cannons, hatte gehen lassen! Wo denn seine Kinder seien, wo es doch so wichtig war, neue Magier in die Welt zu setzen. Als sei er ein verdammter Zuchtbulle, der irgendwelche Frauen zu befruchten hatte!
 

Wie oft hatte er schon mit dem Gedanken gespielt, das Geschehene rückgängig zu machen, mit irgendwelchen obskuren Ritualen, da die Zeitumkehrer entweder zu wenig Zeit zurückdrehen konnten oder vernichtet worden waren, um zu verhindern, dass irgendwelche versteckten Todesser oder Sympathisanten die Zeit zurückdrehen und ihren Meister erneut ins Leben holen konnten. Doch in der Nacht, als er es versucht hatte, war etwas gewesen, ein Traum, eine Stimme, die ihm unmissverständlich klar gemacht hatte, dass er das nicht durfte.
 

Danach hatte er beschlossen, sich selbst umzubringen. Das war erst vor zwei Jahren gewesen, aber er war daran gehindert worden, von den Zwillingen, die wohl was geahnt hatten. Sie hatten ihn schwören lassen, nichts zu tun, um sein Leben selbst zu beenden. Nur darum war er noch hier. Mitten im strömenden Regen, einen kleinen Spaten in der Hand, die Fingernägel dunkel von der Erde. Er hatte frische Blumen auf das Grab gepflanzt. Das von Severus Snape, der hier lag, nur ein einfacher Stein verkündete dessen Geburts- und Sterbedatum. Mehr hatte der Mann nicht gewollt und im Grunde vermutlich nicht mal das, doch es war Harry, der diesen Ort so sehr brauchte!
 

Und der Regen hatte einen Vorteil. Man sah seine Tränen nicht. Er konnte in aller Ruhe weinen, ohne gestört zu werden. Da Niemand wusste, dass das Grab hier war, würde er auch nicht gestört werden. Na ja, nicht Niemand aber kaum Jemand. Manchmal fand er Blumen von Anderen auf dem Kopf des Steines, einmal sogar einen Brief. Von Draco Malfoy wohl. Es Anderen gekannt zu machen hätte sicher nur Arschlöcher auf den Plan gerufen, die hier randalieren würden. Er wollte Snape schützen, wie der ihn immer bewahrt hatte. Auch, wenn der Andere tot war und davon wohl nichts mehr mitbekam. Nun, vielleicht war der Mann jetzt bei seiner Mutter und wieder glücklich. Wenigstens einer von ihnen, der sich nicht mehr mit der Vergangenheit rumschlagen musste. Nun, Severus hatte sich seinen Frieden verdient, mehr als die Meisten. Definitiv mehr, als er selbst.
 

Erst, als Harry merkte, wie der Regen nachließ und als das Quietschen des kleinen, schmiedeeisernen Tores einen anderen Besucher ankündigte, eine alte, stämmigere Frau in schwarzer Kleidung, stand er auf. Es wurde Zeit zu gehen, bevor Andere kommen würden. Er strich über sein Gesicht, nicht, dass das einen Unterschied gemacht hatte, verließ den Ort hastig und durch ein kleines Seitentor, um nicht an der anderen Frau vorbeigehen zu müssen, lief die Straße entlang, während der Regen ganz aufhörte, betrat dann den heruntergekommenen Wohnblock, der nicht weit entfernt war von Godrics Hollow und dem Friedhof.
 

Hier würde ihn niemand je suchen, nicht mal die Weasleys, die noch mit ihm Kontakt hatten, wussten, wo oder wie er wohnte. Es war das ideale Versteck. Eine kleine Wohnung, nur mit zwei Zimmern, Küche und Bad, in der heruntergekommensten Gegend der kleinen Stadt, dafür aber in der Nähe des Friedhofs, den er, bis er Snape hier hatte beerdigen können, noch nie betreten hatte. An dem Tag hatte er auch das erste Mal seine Eltern dort besuchen können.
 

Hinter der schäbig wirkenden Tür lag ein kleiner Flur, wo Harry sich die verschlammten Stiefel auszog. Eine Jacke hatte er mal wieder nicht angehabt. Die Kälte schmerzte, es war eine der wenigen Emotionen, die er noch wahrnehmen konnte. Schmerz. Dann fühlte er sich wenigstens nicht ganz so tot und innerlich schon verrottend. Auch Hose und Pullover zog er schon hier aus, nahm die nasse Wäsche, lief ins Bad und warf sie in die Maschine, zu den anderen, durchweichten Sachen. Es regnete seit Tagen und er war inzwischen fast jeden Tag auf dem Friedhof. Dann setzte er die Maschine in Gang, wusch sich kurz, zog sich seinen Schlafanzug an, auch, wenn es erst Nachmittag war, und verkroch sich in sein Schlafzimmer. Hier stand nur ein einfaches Doppelbett, ein Schreibtisch mit einem Computer, ein Schrank und ein Stuhl. Zweifellos wenig für das Geld, was er besaß, doch wozu brauchte er mehr? Es war besser, als der Schrank, in dem er so lang gewohnt hatte und der der Grund für seine immer noch nicht vorhandene Körpergröße war. Er hatte es nicht mal zu dem Meter fünfundsechzig gebracht, den Hermine schon in der fünften Klasse erreicht hatte. Selbst Ginny überragte ihn um acht Zentimeter. Er war ein Zwerg, etwas, worüber sich Rom und seine Frau inzwischen gern lustig machten, auch in Zeitungsberichten.
 

Es war ihm egal.
 

Er kroch unter seine zahlreichen Decken, die ihn doch nicht wärmen würden, schloss erschöpft die Augen. Wenn er doch wenigstens im Schlaf vergessen könnte! Dass er schon wieder vergessen hatte, zu essen, merkte er nicht. Schon seit seiner Kindheit hatte er Probleme mit seinem Hungergefühl. Er würde am nächsten Tag essen und einkaufen gehen, auf dem Rückweg vom Friedhof zur Wohnung. Alle zwei Tage was essen war auch ausreichend. Es war nicht so, als würde er Energie zum Arbeiten brauchen…
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Reglos, unter mehreren Zaubern verborgen, stand Lucius einige Reihen vom Grabstein seines besten Freundes entfernt. Er kam jeden Monat mindestens ein Mal, legte dann eine Lilie auf die Erde oder den Stein selbst. Jedes Mal fand er die Stätte in hervorragendem Zustand, mit frischen Blumen, ohne Unkraut, immer brannte dort eine kleine Flamme, doch Magie hatte er nie wahrgenommen. Natürlich wusste er, dass Harry Potter die Leiche beansprucht und das Grab bezahlt hatte, doch er verstand nicht, warum der Junge sich so darum kümmerte, dazu noch ohne Magie! Heute hatte es auch noch zu regnen begonnen, als er da gewesen war. Er hatte einige Zauber gesprochen, um nicht nass zu werden, war noch etwas geblieben.
 

Um mit Severus zu reden, der mal wieder nicht so viel Glück gehabt hatte, wie es ihm selbst zuteil geworden war. Damals, vor über zwanzig Jahren, war er als Spion des Ministeriums schon bei der ersten Welle aus Azkaban entkommen, dann im sechsten Schuljahr seines Sohnes erneut und auch nach der letzten Schlacht hatten sich genug seiner Kollegen für ihn stark gemacht, so, dass er eben entkommen war.
 

Als man ihn dann entlassen hatte, hatte er erfahren, dass man Potter immer noch in Azkaban hielt, er hatte sein gesamtes Wissen um illegale Tätigkeiten von Politikern zusammengetragen, war zu Xeno Lovegood gegangen, hatte den Mann aus seiner Trauer gerissen und mit ihm an der Befreiung des Jungen gearbeitet, dem die Zauberwelt alles verdankte. Selbst Draco hatte ihm dabei geholfen. Vermutlich froh, dass er sich mit was Anderem als dem Tod seiner Frau beschäftigte, die er, wenn auch nicht geliebt, doch sehr respektiert hatte. Sie hatten so viel zusammen durchgestanden. Nach der Schlacht hätten sie sich im stillen Einvernehmen trennen können, so, dass sie zu ihrem Geliebten hätte gehen können, doch dazu war es nie gekommen. Sie lag nun in einem der typischen Prunksarkophage seiner Familie im Mausoleum. Sie hatte es nicht lebend vom Schlachtfeld geschafft, wie so viele Andere auch.
 

Schließlich hatte man Potter, wohl vor Allem wegen des Drucks der Menschen, frei gelassen, doch er war nie wieder aufgetaucht, verschwunden, wie ein Geist. Er erinnerte sich an einige Gespräche mit Severus, der ihm gesagt hatte, dass der Junge, den er einst so wenig gemocht hatte, krankhaft schüchtern war, Aufmerksamkeit hasste und nur in Ruhe gelassen werden wollte, weit weg, wo man ihm nicht sein Leben diktieren würde. Vermutlich war er einfach gegangen, erst hatte er angenommen, dass der Grünäugige das Land verlassen haben könnte, doch dann war ihm aufgefallen, in was für einem Zustand Severus‘ Grab sich befand, jedes Mal, wenn er vorbei kam. Also war der Junge in die Muggelwelt geflohen.
 

Eigentlich müsste es ihn nicht interessieren, er hatte Potter geholfen, aus Azkaban raus zu kommen, hatte damit seine Pflicht und Schuldigkeit getan, doch schon seit Jahren musste er immer wieder an Diesen denken. Nicht nur ein Mal hatte er auch mit dem Gedanken gespielt, hier einfach zu warten, bis der Junge auftauchen würde, doch seine Pflichten hatten ihn immer davon abgehalten. Er war von jeder Schuld freigesprochen wieder in all seine Ämter eingesetzt und zum neuen Kopf des Wizgamont gewählt worden, hatte selten mehr als ein paar Stunden frei. Selbst jetzt, sechs Jahre nach dem Ende des Bürgerkrieges, war die magische Gemeinschaft noch nicht wieder vollständig aufgebaut, es bedurfte neuer Gesetze, besserer Kontrollen und anderer Einstellungen gegenüber magischer Wesen was ja im Grunde auch ihm das Leben erleichtern sollte. Doch das waren langwierige Prozesse, die viel Geduld und noch mehr Nerven kosteten.
 

Auch heute musste er wieder arbeiten, die nächste Sitzung würde um vier Uhr nachmittags beginnen. Doch es war gerade mal zwölf, noch genug Zeit, bevor er los musste. Na ja, aber er sollte langsam, er wollte noch was essen und sich umziehen. Ein Malfoy hatte immer gut auszusehen, Lucius hatte ein Image zu bewahren. Gerade, als er sich umwenden wollte, stockte er allerdings. Es regnete noch immer wie aus Eimern, doch das Tor zum Friedhof knarzte. Hastig sprach er noch einen Chameleonzauber über sich selbst, nicht bereit, sich mit Muggeln, die er wirklich nicht mochte, abzugeben, auf dem Weg durch das Tor.
 

Doch einige Dinge brachten ihn zum Stutzen. Die Tatsache, dass der Junge, der da entlang schlich, keinen Mantel oder keine Jacke trug, die Zielstrebigkeit, mit der er sich bewegte – direkt auf Lucius zu. Also blieb er stehen. Bis er den Anderen erkannte. Potter. Harry Potter! Er erkannte ihn sofort, denn der Andere hatte sich überhaupt nicht verändert. Noch immer hatten die grünen Augen denselben, gequälten, verlorenen Ausdruck, der sagte, dass der Jüngere mit Allem überfordert war, er war nicht einen Zentimeter gewachsen, für einen Mann wirklich klein und er sah erschreckend mager aus. Verloren in seinem zu dünnen aber ordentlichen Pullover.
 

Fasziniert und erschüttert blieb Lucius stehen, als seien seine Beine zu Stein geworden. Er sah, wie der Junge, er sah immer noch keinen Tag älter aus, als fünfzehn, obwohl er, wie Draco auch, dreiundzwanzig sein sollte, einen Spaten zog und aus einer Tüte einen Blumentopf holte, dann die Erde etwas ausscharrte, die Pflanze auf das Grab setzte, die Erde wieder glatt strich. Dann rupfte er Alles, was auch nur annähernd gelblich oder nach Unkraut aussah, blieb einfach hocken, als würde strahlender Sonnenschein herrschen. In sich zusammengesackt, vollkommen durchweicht. Von Zeit zu Zeit ging ein Schluchzen durch den Körper.
 

Potter blieb länger als eine Stunde, nur an Severus‘ Grab, stand dann auf, strich kurz über den Grabstein seiner Eltern und den von Black, wo er ebenfalls etwas rumzupfte und verschwand, als eine Muggelfrau auftauchte, hastig durch das hintere, kleinere Törchen, als wolle er nicht gesehen werden. Noch bevor er sich daran hätte hindern können, lief Lucius dem Jüngeren nach, seine Beine trugen ihn wie von selbst, die Straße entlang, vorbei an Godrics Hollow, direkt zu einer heruntergekommenen, schrecklich versifften Gegend, wo er eines der Gebäude betrat, die wohl Wohnungen beinhalteten. Lucius lief weiterhin hinterher, entsetzt als ihm der durchdringende Geruch nach Urin und Erbrochenem im Treppenhaus entgegen schlug. Eine Treppe hoch, noch eine, bis zu einer Tür, die sich gerade schloss, als er den Treppenabsatz erreicht hatte.
 

Lautlos trat Lucius näher, sah auf das Klingelschild. Fast hätte er sich mit dem Geräusch des Erstaunens selbst verraten, doch er konnte sich rechtzeitig bremsen. Da, auf dem Schild, stand der Name Evan Snape. Potter hatte den Namen seines besten Freundes angenommen?! Und den Mädchennamen seiner Mutter?
 

Verwirrt lief er weiter, wieder raus aus dem ekligen Gebäude, zurück auf die Straße, wo der Geruch endlich wieder verschwand. Er lief ein ganzes Stück, bevor er apparierte, um keine magische Spur zu hinterlassen. Er hatte Potter gefunden und keine Lust, erneut suchen zu müssen, auch, wenn ihm noch nicht klar war, was er mit diesem Wissen anstellen sollte.
 

Wieder zu Hause zog er sich um, sah auf die Uhr. Essen konnte er getrost vergessen, als er fertig war, war es bereits halb vier, er musste zusehen, zum Wizgamont zu kommen. Was er nun auch tat. Er rieb sich die Stirn, lief die Gänge des Ministeriums entlang, nicht wissend, wie er das zu verstehen hatte, was er gesehen hatte. Warum lebte Potter in so einer Gegend? Weshalb hatte er sich gerade für diesen Namen entschieden und was tat er da überhaupt?
 

Die Sitzung rauschte irgendwie wie in einem Traum an ihm vorbei, endete ergebnislos, wie so oft, seit sie die neuen Gesetze für Werwölfe diskutierten und wie man Studien über eine Heilung der Lykantrophie geldlich fördern könnte. Er hatte nicht sehr viel mitbekommen, musste er ehrlich sagen. Und auch jetzt saß er nur da, in einem der edleren Restaurants, alleine, wie so oft. Er mochte nicht allein zu Haus essen, doch Draco war mit Frau und Kind schon vor einer Woche in den Urlaub gefahren, da Astoria das regnerische Wetter nicht mehr ertragen hatte und Scorpius krank geworden war. Nun war das Manor aber erschreckend leer. Also aß er meist hier, den Blick nachdenklich aus einem der verzauberten Fenster gerichtet.
 

Jedes Mal sah er sie wieder vor sich, diese hoffnungslosen Augen, in denen ein so großer Schmerz gestanden war. Ein Ausdruck, den er sonst nur von Sev gekannt hatte, in den ersten Jahren nach Lilys Tod, bevor er gelernt hatte, selbst diese Regung vor Anderen zu verbergen. Warum hatte der Junge so viel Zeit bei Severus‘ Grab verbracht, sich aber kaum um das seiner Eltern, um das seines angeblich doch so geliebten Patenonkels verbracht? Und warum lebte er in einem Gebäude, das stank, wie eine Muggelkläranlage, bei Allem, was Recht war? Und aß der Junge denn nichts?! Er war so dürr gewesen!
 

„Sir?“
 

Erschrocken sah Lucius auf, sich mühsam zurückhaltend, seinen Zauberstab zu ziehen. Ein jahrelanges Leben als Spion hatte ihn gelehrt, erst zu zaubern, dann zu fragen. Doch in dem Fall war es nur Percy Weasley, mit dem er eng zusammenarbeitete. Der junge Mann war hochintelligent und er hatte sich, zusammen mit drei weiteren Geschwistern, ziemlich von der eigenen Familie entfernt. „Mister Weasley“, grüßte er den jungen Mann, der im Vorzimmer der Ministerin arbeitete. Er hatte es bei Weitem weitergebracht, als der eigene Vater, der immer noch als kleiner Beamter vor sich hinwerkelte, unfähig, wie eh und je.
 

„Mister Malfoy“, grüßte Percy freundlich. „Darf ich mich zu Ihnen setzen?“
 

Lucius hob fragend eine Augenbraue, machte aber dann eine einladende Geste, gerade, als die Frau kam, um die Bestellung aufzunehmen. Ein Salat, ja, er achtete peinlichst genau auf sein Aussehen und auf seine Figur, gefolgt von dem hier immer köstlich schmeckenden Hummergericht. Der Rotschopf dagegen entschied sich für etwas weit weniger Feines, nicht, weil er es sich nicht leisten können würde, sondern weil er wohl doch eher andere Dinge gewohnt war. „Was gibt es?“, fragte er, als die Frau wieder gegangen war.
 

„Sie waren heute bei der Sitzung ziemlich abwesend.“
 

„Ich war… in Gedanken“, gab er nur zurück, nippte an dem hervorragenden, französischen Wein. „Sind Sie eigentlich noch immer in Kontakt mit Mister Potter?“, fragte er schließlich. Immerhin war der doch laut Severus ständig bei den Weasleys gewesen.
 

Überrascht blickte Percy zu dem Blonden. Er hatte Diesen gesehen und sich entschieden, sich mal zu ihm zu setzen, denn er hatte was vor. Er hätte nur nie gedacht, dass der Mann so schnell zu dem Thema führen würde, wo er auch hin wollte. „Ja“, meinte er dann. „Nicht viel, aber ein Brief von Zeit zu Zeit.“ Es waren die Zwillinge, die den meisten Kontakt hatten und die ihm immer wieder zeigten, wie groß ihre Sorge war, auch, weil keiner ihm sagte, wo genau der Junge, den er mehr als Bruder sah, als Ron, sich versteckte. Er mochte Harry wirklich, doch er fühlte sich immer so machtlos, wusste nicht, wie er Diesem helfen konnte! Oh, er wusste von dem Selbstmordversuch, er wusste auch, dass die Beiden eine Wiederholung wohl verhindert hatten, doch das änderte nichts an dessen Unglück und Trauer. Es war, als könne Harry sich einfach nicht lösen, als habe er zu viel verloren.
 

„Wie geht es ihm?“, fragte Lucius nun sehr direkt. Oh, er wusste, gut sicher nicht, doch er wollte wissen, wie viel der Andere wusste. Noch immer verfolgten ihn diese Augen.
 

„Er sagt, gut“, konterte Percy sehr vorsichtig.
 

„Er sagt?“, hakte Lucius augenblicklich nach. Aha. Also wussten die es!
 

„Nun, was er sagt und was wirklich ist, ist bei seinem Zustand immer so eine Sache. Er will nicht, dass man sich Sorgen macht, erzählt dann immer alles Mögliche. Und als ich ihn das letzte Mal gesehen hab, sah er nicht überragend aus. Warum das Interesse?“ Percy beobachtete das nachdenkliche Gesicht des Blonden. Vor fünf Jahren hatte er geholfen, den Jüngeren aus Azkaban frei zu bekommen, er half der magischen Gesellschaft, aber das Interesse kam für Percy trotzdem überraschend.
 

„Ich… weiß nicht, ich habe in letzter Zeit öfter an ihn denken müssen.“ Keine direkte Lüge, wie Lucius befand, aber eine slytherinmäßige Halbwahrheit eben. „Er könnte als Held hier ein einfaches Leben haben. Aber stattdessen ist er wie vom Erdboden verschluckt.“
 

„Als hätte er je im Mittelpunkt stehen wollen!“, knurrte Percy, schwieg aber, als seine Suppe und der Salat des Anderen abgestellt wurde. Erst, als die Frau wieder weg war, sprach er weiter. „Ich denke, er verkriecht sich immer weiter. Ich glaub, außer meinen Brüdern, also, außer den Zwillingen, gibt es nicht mal Jemanden, der weiß, wo er lebt. Auch ich nicht. Wenn ich ihm schreiben will, muss ich es über die Beiden machen.“
 

„Warum?“
 

„Nun… ich denke, er hat Angst. Auch vor dem Rest meiner Familie. Ginny war einer der Gründe, warum er es für nötig hielt, sich in Luft aufzulösen. Leider eine verständliche Entscheidung. Sie ist besessen, immer noch, erzählt überall, dass sie verheiratet sein sollten und ihr der Titel Lady Potter zustünde.“
 

„Traurig“, stellte Lucius nur fest. Es war ein offenes Geheimnis, was für ein Flittchen die junge Frau war. Sie war so was, wie die konstante Lachnummer ihres Teams. Kein Reinblut würde sich so weit herablassen, sie zu heiraten, auch, wenn sie als Kriegsheldin aus einer Familie von Helden galt, die immer sehr begehrt waren. So, wie der junge Mister Longbottom, der seine Bekanntheit aber vor allem dazu nutzte, um mehr Geld für seine Forschungsprojekte zu erhalten.
 

Percy nickte einfach nur, sah den Blonden dann ruhig an. „Sie sind ein magisches Wesen, nicht wahr?“, fragte er dann sehr direkt. Es musste einfach irgendwann raus, verdammt noch mal! Die Zwillinge mochten dumm genug sein, Loyalität über Alles zu stellen, doch er machte sich einfach zu viele Sorgen!
 

Kurz hielt Lucius mitten beim Essen inne, dann aber riss er sich zusammen. „Was tut das denn jetzt zur Sache?“, fragte er irritiert. Es war kein sehr weit verbreitetes Wissen, mehr eine Vermutung, die die Menschen pflegten, doch er wurde nicht gern darauf angesprochen. Ja, er trug magisches Blut in sich, durchaus. Eine Menge davon, aktiv, das erste Mal seit mehreren Generationen. Oh, hatte er schon selten erwähnt? Denn das mit den Veela, das war nur ein Gerücht, das wegen der ungewöhnlichen Haarfarbe aufgekommen war.
 

„Wussten Sie, dass Dumbledore“, Percy weigerte sich, dem Mann irgendeine Form der Ehrenbezeichnung zukommen zu lassen, „hat wissen wollen, ob Harry zufällig vielleicht das Blut eines magischen Wesens in sich trägt, aus der Linie von James Potter? Damit man die inaktiven Gene wecken und den Jungen so stärker und zu einer noch effektiveren Waffe hat machen können?“
 

„Ich verstehe nicht, was das mit mir zu tun hat“, gab Lucius, noch immer sehr ruhig zurück und das auch nur, weil er schrecklich neugierig war. Sonst hätte er den Anderen spätestens jetzt vom Tisch geworfen.
 

„Er hatte nicht das, was Dumbledore gern gehabt hätte – sondern etwas Anderes. Etwas, das ihn zum Ausrasten gebracht hat. Er hat… er ist auf Harry losgegangen, das war kurz, bevor er von Snape ins nächste Leben befördert wurde.“
 

„Und…warum?“, fragte Lucius irritiert. Oh, er wusste, der Mann war alles, nur kein Heiliger, doch ihm wollte ja niemand glauben. Die Leute wollten diesen Irren als Anbetungssymbol, mussten sich an etwas festhalten und der Mann, der den Krieg auf die Schultern eines unterentwickelten Kindes hatte fallen lassen, schien sich für diese Leute anzubieten. Irre. Die waren vollkommen irre. Aber was sollte er dagegen tun? Ihm würde man nur unterstellen, ein Todesser zu sein und somit ohnehin zu lügen, selbst in seiner Stellung, denn das täten Slytherins ja immer.
 

„Harry… war kein magisches Wesen, aber er hat… einen Gefährten. Einen Seelenbund, den tiefsten von Allen. Einen anderen Mann. Das hat den Alten auf die Palme gebracht. Er hat dem armen Jungen vorgeworfen, schwul zu sein, dabei wusste der gar nicht, was das sollte. Er stand zu dem Zeitpunkt auf ein Mädchen zwei Jahrgangsstufen weiter unter ihm und vorher ja eine ganze Zeit lang auf Cho Chang. Später, nach dem Krieg, war er immer noch so verängstigt, dass er, selbst wenn er Neigungen entwickelt hätte, ihnen bis heute nicht nachkommen würde. Nicht mal diesem Jemanden gegenüber. Er hält sich für abstoßend. Das Wort, das in diesem Zusammenhang besonders oft gefallen ist, war ‚Freak‘.“ Hastig wich Percy aus, als der Blonde vor laute Empörung das Besteck so heftig auf den Teller fallen ließ, dass einiges von dem Gemüse über den Tisch hüpfte.
 

Lucius spürte, wie die Luft um ihn herum vibrierte, erst die Blicke der Anderen brachten ihn dazu, sich zu fangen. Etwas, das ihm wirklich schwer fiel. Er wartete, bis der Hauptgang gebracht wurde, starrte auf den appetitlich angerichteten Hummer, dachte dann wieder an den Jungen, den er auf dem Friedhof gesehen hatte. „Wer?“, fragte er einfach nur. Er würde diese Person finden und dem Grünäugigen vor die Nase setzen. Sollte er doch mal sehen, wie unnachgiebig magische Wesen sein konnten! Dann würde er auch nicht mehr so dünn sein!
 

Percy musterte den Anderen, während er mit dem Zettel in seiner Umhängetasche spielte. Es hatte ihn selbst fast der Schlag getroffen, als er Diesen vor einer Woche gefunden hatte, in der Wohnung seiner Brüder über deren Laden. Sie mussten den damals vernichteten Test wiederholt haben. Ihm hatten die Beiden nichts gesagt, Harry mit Sicherheit auch nicht. Nein, diese hässliche Entscheidung hatten sie ihm überlassen, er sollte tun, was er für richtig hielt, da war er sich eigentlich auch ziemlich sicher. „Was für ein Wesen sind Sie? Basiert es bei Ihnen, wie bei Veela, auf dem Geruchssinn?“
 

Gut, was zum Henker war das schon wieder für ein Sprung? „Wer sagt Ihnen, dass ich kein Veela bin?“
 

Percy lachte leise. „Ich war hervorragend in der Schule, auch in Verteidigung und Sie verhalten sich nicht wie ein Veela, die sich außerdem auch nur mit Gefährten fortpflanzen können und mit ihnen sterben. Sie haben Draco und Narcissa ist vor sechs Jahren gestorben, Sie aber sind so gesund wie eh und je. Außerdem suchen Sie auch nicht verzweifelt. Es ist recht eindeutig.“
 

Verdattert blickte Lucius den Anderen an, zuckte denn die Schultern, nahm einen Bissen, um Zeit zu gewinnen. Nein, er würde nicht sagen, was oder wer er war, ganz sicher nicht! Aber er war bereit, andere Informationen zu geben, denn dummerweise war er sehr, sehr neugierig, worauf das hier hinauslaufen würde. Er war gut mit Vergessenszaubern, im Notfall würde er Weasely denken lassen, dass das nie geschehen war. „Geruchssinn, ja“, nickte er. „Und ich bin nicht auf einen Gefährten angewiesen.“ Wäre auch wirklich dumm, denn dann wären die seinen vermutlich schon lang ausgestorben. Und nein, er suchte nicht. Gefährten waren Luxus, den es so gut wie nie gab. Vampire fanden ihn auch nur sehr selten. Sie lebten einfach.
 

Percy nickte. Er wusste, der Mann hatte Harry das letzte Mal mit sechzehn Jahren persönlich gesehen und war ihm nahe genug gekommen, um auch an ihm riechen zu können. Vor der magischen Volljährigkeit. „Können wir essen, zahlen und irgendwo ungestört weiter reden?“, fragte er daher, ließ den Zettel wieder los. Er wollte hier drin wirklich keine Szene haben.
 

Noch irritierter, aber sehend, so nicht weiter zu kommen, aß Lucius sein Gericht auf, tupfte sich den Mund ab und noch bevor der Rotschopf reagieren konnte, hatte er für Beide bezahlt, nahm den Anderen mit zurück zum Ministerium in sein großzügiges Büro. „Nun, Mister Weasley – was wollten Sie eben im Lokal nicht sagen?“
 

Percy seufzte, holte den Zettel aus dem Umhang. „Meine Brüder haben den Test von damals wohl wiederholt“, erklärte er. „Sie haben mir nichts gesagt, aber ich habe das hier gefunden.“
 

Noch irritierter nahm Lucius das Stück Papier, überflog den Inhalt – und starrte den Anderen an. „Was… was für ein Scherz soll das sein?“, fragte er scharf, immer noch um Ruhe bemüht.
 

„Scherz?“, fragte Percy leise. „Glauben Sie im Ernst, ich würde auf Kosten eines jungen Mannes, den ich als Bruder sehe und der schon so viel durchgemacht hat, so einen Scherz machen? Ich hätte nicht mal was gesagt, wenn wir nicht alle so eine Angst davor hätten, Harry beim nächsten Treffen nur tot wiederzufinden, weil er mit dem Leben nicht klar kommt und uns nicht an sich ranlassen kann! Sir, ich wäre nicht hier, wäre ich mir nicht sicher, dass es nur besser werden kann. Und… ist es nicht das, was jedes magische Wesen möchte? Einen Gefährten zum Beschützen? Oder ist es, weil er ein Mann ist?“
 

Mann? Das war nicht das Wort, was Lucius zu dem Jungen einfiel, den er im Regen auf dem Friedhof gesehen hatte. Junge, Teenager vielleicht. Klein, gequält, gejagt von der Vergangenheit. Aber warum hatte er dann nichts gerochen?! Er runzelte die Stirn, sah sich selbst wieder auf dem Friedhof. Es war kühl gewesen, immerhin Herbst, im strömendem Er… der Regen! Wasser! Natürlich! Wie hätte Lucius denn was riechen können, in diesen Fluten?! Und dann in dem Haus, der Gestank nach Urin…und er war nicht nahe genug an dem Jüngeren dran gewesen. Außerdem – wann hatte es ihn je interessiert, was aus einem Menschen außerhalb seiner Familie wurde?
 

Percy beobachtete den Mann, wusste, er hatte ihn am Haken. „Sie sind sein Gefährte, was auch immer Sie sein mögen, es ist mir ehrlich gesagt auch vollkommen gleich. Ich will nur das Beste für Harry, dass er endlich aufhört, in der Vergangenheit zu leben. Ich sag Ihnen, es wird sicher nicht einfach werden, aber Harry ist lieb und sanft und mitfühlend. Er hatte es immer schwer, bei seinen Verwandten, bei Dumbledore, durch die Erwartungen. Darum ist er sehr unzugänglich. Nicht, weil er es sein will, sondern, weil er es nie anders gekannt hat. Sind Sie bereit, sich damit auseinanderzusetzen? Können Sie damit umgehen, dass er Angst hat und nicht versteht?“
 

Oh weia. Diese Beschreibung war ihm schrecklich vertraut. Er sah sich selbst wieder, als Drittklässler und vor sich die Neuen in Slytherin, vor Allem den dürren Jungen mit der hellen Haut, den dunklen Haaren, der auffälligen Nase und den bohrend schwarzen Augen. Severus. Er hatte Niemandem vertrauen wollen, doch Lucius hatte es trotzdem geschafft. Nur, weil er gewollt hatte. Dieses Mal ging es sogar noch um weit mehr, als um Freundschaft. Es ging um etwas wie Glück. Ja, sicher, er war etwas mehr als doppelt so alt, wie Harry Potter, aber er war auch magisch, er würde leben, solang eben sein Gefährte lebte. So wollten es die alten Gesetze. „Wo ist er?“, fragte Lucius schließlich. Er wusste es, aber das zu sagen kam ihm falsch vor.
 

„Ich… habe keine Ahnung“, gab Percy leise zu. „Wie ich eben schon gesagt habe, wenn ich ihm schreibe, oder mich mit ihm treffen will, kontaktiere ich meine Brüder, nur kann ich nicht sagen, wie willens die wären, Sie zu ihm zu bringen. Sie wissen nicht mal, dass ich hier bin oder ihr kleines Experiment gefunden habe.“
 

„Ich finde es raus“, gab Lucius ruhig zurück, schloss kurz die Augen. „Darf ich Sie bitten, zu gehen, Mister Weasley? Ich möchte nachdenken.“
 

Percy nickte, erhob sich, er hatte erreicht, was er wollte. Lucius Malfoy hatte angebissen. Ja, vielleicht hatte er Harry verraten, aber er hatte es getan, um dem Jüngeren zu helfen, um dafür zu sorgen, dass er endlich beginnen würde, zu leben. Nach mehr als zwanzig Jahren wurde es aber auch Zeit dafür und wenn Jemand Glück verdient hatte, dann doch wohl er! „Ich hoffe, wir können bald wieder reden“, sprach er nur, verließ dann selbst das Büro.
 

Lucius dagegen sackte regelrecht in sich zusammen, stützte seine Ellenbogen auf die Knie, schlug die Hände vor sein Gesicht und dachte wieder an dieses schreckliche Haus. Er musste sich zusammenreißen, um nicht direkt dahin zu gehen, den Jüngeren zu beschnüffeln und dann mit in sein Herrenhaus zu zerren, wohl wissend, dass das der vollkommen falsche Weg sein würde. Dieses Loch schien Harrys Rückzugsort zu sein, ihm zu zeigen, dass er davon wusste, hätte ihn zweifellos vertrieben und dann würde er nicht wissen, wo er nach Diesem suchen konnte!
 

Nein, er musste sich was Anderes einfallen lassen und da bot sich eines geradezu an. Der Friedhof. Er war oft genug da. Er würde warten, wie er es heute getan hatte, nur dieses Mal würde er sich zeigen, auch, um nah genug an den Jüngeren heran zu kommen. Dann konnte er riechen, ob das, was auf dem Zettel, der immer noch auf seinen Knien lag, stimmte und überlegen, wie er weiter vorgehen würde. Vielleicht, indem er Harry einfach die Wahrheit sagte und auf sein Herz appellierte, ganz in seiner Slytherinart behauptend, den Anderen zu brauchen, um leben und denken zu können.
 

Gut, blieb nur noch zu sehen, wie er das mit seinem Job vereinen konnte. Gut, in einer Woche ging das Wizgamont in die Winterpause, aus der es nur für schwere Fälle gerufen werden würde, doch auch dann hatte er eigentlich jeden Tag zu tun, Briefe wurden dauernd an ihn geschickt, Bitten, Fragen, Anregungen. Alles musste bearbeitet werden und zumindest auch ein Teil von ihm selbst. Nun, egal. Eine Woche. In einer Woche würde er sich selbst ein, zwei freie Tage gönnen und dann weitersehen. Erst mal galt es wirklich, festzustellen, was da an der Geschichte dran war.

Wiedersehen am Bahnhof

„Und?“, fragte Fred leise, setzte sich zu seinem Bruder, der wie so oft über der Karte hing, die sie angefertigt hatten. Sie zeigte verschiedene Leute und ihre Positionen zueinander. Eines ihrer Produkte, das vor Allem Kinder kauften. Eine Karte, ähnlich der der Herumtreiber, doch nur Menschen, die eine bestimmte Süßigkeit gegessen hatten, wurden darauf angezeigt. Zum Glück hatte Malfoy die auch gegessen. Es schien, als hätte der Mann einen ausgeprägten Hang zu Schokolade und Percy – nun, da sie ihm versichert hatten, dass es keines ihrer Produkte war, hatte er es probiert.
 

Ja, ihr Laden war inzwischen ein riesiger Erfolg. Das Witzgeschäft schlechthin mit Filialen in den meisten, größeren Städten der magischen Welt und im Ausland. Sie hatten auf jeden Fall sehr, sehr viel zu Tun. Doch da war nicht nur die Kette, die vor Allem für Kinder interessant war und die ein Vermögen abwarf, sie hatten noch einen ebenfalls erfolgreichen Geschäftszweig, der nur von Erwachsenen und nur über den Katalog frequentiert wurde. Einen Sexshop mit Spielsachen, die sie vor Allem in der Muggelwelt herstellen ließen und dann erst mit Zaubern besprachen. Und das Alles dank des Geldes, das Harry noch immer in ihre Forschungen steckte.
 

„Er war bei Malfoy“, erklärte George, faltete die Karte wieder zusammen und blickte zu seinem Bruder, der sich die Haare recht lang hatte wachsen lassen und sie immer offen trug, weil die so verbargen, dass er nur noch ein Ohr hatte. Natürlich hatte er dasselbe getan, schon aus Loyalität und weil er seiner Mutter nicht die Möglichkeit hatte geben wollen, sie daran zu unterscheiden. Sie schielte nur zu oft nach ihren Ohren um zu sehen, mit wem sie sprach. Ein Armutszeugnis für eine Mutter, aber was sollte man auch machen?
 

„Es ist zu schön, wie berechenbar Percy ist“, lächelte Fred nur, setzte sich und stellte die Teekanne ab, goss seinem Bruder und sich eine Tasse ein.
 

„Und wir haben unser Versprechen nicht gebrochen“, nickte George.
 

„Hoffen wir nur, dass er uns nicht braucht, um den Kleinen zu finden.“
 

„Glaub ich nicht“, meinte der Jüngere der Beiden schulterzuckend. „Der hat seine ganz eigenen Möglichkeiten.“
 

„Hoffen wir es“, murmelte Fred nur. Er blickte auf den Tisch. Hier hatten sie vor einigen Tagen das Ergebnis ihres Tests liegenlassen, für Percy unübersehbar. Denn etwas Anderes war ihnen nicht mehr eingefallen. Harry baute immer weiter ab, zog sich in sich selbst zurück, ließ sich von Keinem aus seinem Kokon locken. Sie hatten das nun jahrelang mit angesehen und die Nase einfach voll gehabt, sich an Dumbledores Ausraster und die Unterstellung an Harry erinnert, schwul zu sein, den damaligen Test wiederholt. Mit überraschendem Resultat, wie sich gezeigt hatte. Harry hatte einen Gefährten, einen, der ihn schützen und ihm vielleicht helfen könnte! Doch sie hatten sich verpflichtet nichts zu sagen, nicht darüber, wo Harry sich verkrochen hatte, nicht darüber, wie es ihm ging. Nichts, was mit ihm zu tun hatte. Percy hatte das aber nicht getan und der machte sich auch Sorgen. Sie hatten gewusst, dass der Andere nach dem finden des Zettels zu Malfoy gehen würde und er hatte es getan, nach neun Tagen.
 

„Kopf hoch, Malfoys sind stur, wenn es Jemand schafft, dann die!“
 

„Hoffen wir es, ich hätte Harry nur ungern umsonst so ans Messer geliefert“, erklärte Fred, nippte an seiner Tasse.
 

„Och, ich bin ganz sicher! Und dann bekommen die Beiden eine Auswahl von den besten Spielsachen“, fügte er grinsend an.
 

„Oh du!“, tadelte der Ältere, doch nun mit einem Lächeln um die Lippen. „Sieh lieber zu, dass die Fieberdropgrundrezeptur nach Tulon kommt!“
 

„Schon unterwegs, du Sklaventreiber!“
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Es war kalt, ein richtig kalter Morgen, wie Harry feststellte und er hatte mal wieder auf seine Jacke verzichtet, trotz des Husten, der ihn von Zeit zu Zeit schüttelte. Nun, er brachte sich ja nicht selbst um, wenn er an einer Lungenentzündung endlich draufgehen würde, tröstete er sich zufrieden mit der Idee, torkelte trotz seiner wohl leicht erhöhten Temperatur an den einzigen Ort, wo er sich wirklich willkommen fühlte.
 

Der Friedhof lag ganz still da, nun, es war vier Uhr morgens, wer außer ihm würde wohl um diese Zeit irgendwo hin gehen? Der Mond stand hoch und klar am Himmel, die Sterne leuchteten. Was auch die Kälte erklärte. Er lief die Reihen entlang, die er auch blind gefunden hätte, vorbei an Namen, die ihm nichts sagten, bis zu den etwas getrennt liegenden Gräbern. Das Erste war das von Sirius Black, der vermutlich da war, wo er sich gern gesehen hätte. Selbst im Tod an der Seite des besten Freundes. Danach das Grab seiner Eltern, wo er nur kurz mit den Fingern über den für ihn zu glatt geschliffenen Stein strich, der sich so kalt anfühlte, sommers wie winters. Keinerlei Trost, kein Gefühl überhaupt in ihm auslöste. Vermutlich, weil er seine Eltern nie kennengelernt, nur ein Mal bewusst gespürt hatte, an dem Tag beim Turnier.
 

Es war der nächste Stein, der bei ihm wieder das trockene Schluchzen hochkommen ließ. Der fast unbehauene, naturbelassene Stein mit den eingravierten Worten, die er selbst mit Magie hinein gedrückt hatte. Er fuhr die so bekannten und vertrauten Rillen nach, während seine Lippen sich bewegten, ohne, dass es einen Ton dabei gegeben hätte.
 

Warum? Warum nur hatten ihn alle verlassen müssen? Severus war der Einzige, dem er sich je anvertraut hatte, der ihn verstanden hatte, weil er selbst dieses Schicksal getragen hatte, die Narben auf dem Rücken, die Unsicherheit, die er so gut zu überspielen gewusst hatte. Und der Tränkemeister hatte eigentlich nach dem Krieg mit ihm weggehen wollen. Weg aus England, dem sie mehr als genug Dienste erwiesen hatten, weg von den Menschen, die nie genug hatten, die immer mehr von ihren Helden forderten, weg von seltsamen, unlogischen Prophezeiungen und falschen Freunden. Das hatte der Mann ihm vor der Schlacht versprochen, begleitet mit einem freundlichen, sanften und so seltenen Lächeln.
 

Doch Severus war gefallen, hatte sich zwischen Nagini und ihn geworfen, die Schlange mit seinem letzten Atemzug getötet…
 

Ein weiterer, geplatzter Traum für Harry. Keine Familie, keine Anerkennung, keine Liebe. Denn Cho hatte in ihm nur einen Ersatz gesehen, während Ginny ihn als Geldhahn missbraucht hatte. Sie empfand doch gar nichts für ihn, sie war größer, hübsch und hatte ihre eigenen Vorstellungen über das künftige Leben. Die hatten nicht ihn enthalten, sondern den Mann, der Voldemort bezwang. Den-Jungen-der-zwei-Mal-lebte. Nicht ihn. Sie sah nicht, dass er andere Dinge brauchte, als sie geben konnte, dass er das Rampenlicht hasste, das sie brauchte, so sehr liebte. Er hatte sich getrennt, gleich, nachdem er aus Azkaban raus gekommen war, mit dem Ergebnis, dass Molly und Arthur verlangt hatten, ihn wieder festzunehmen und dass Ginny angefangen hatte, mit Jedem zu schlafen. Zweifellos, um ihn eifersüchtig zu machen, doch er hatte sich einfach nur angeekelt gefühlt und auch den letzten Kontakt schlagartig abgebrochen.
 

Jetzt bekam er nicht mal mehr eine Zeitung, weder muggel noch magisch. Er wollte nichts mehr wissen, er wollte nur, dass es vorbei war. In die Vergangenheit durfte er nicht, er konnte nicht sich und nicht Severus helfen, sich umbringen war ihm auch nicht möglich. Was blieb ihm denn da noch, außer auf eine gesalzene und gepfefferte Lungenentzündung zu hoffen, an der er eben krepieren würde. Seine Verwandten wären froh gewesen, wäre das eher schon geschehen. Und er war auch oft krank gewesen, aber seine verdammte Magie hatte ihn nicht sterben lassen. Damals war Harry froh gewesen, nun …
 

Es war kaum sechs Uhr, als Lucius sich dem Friedhof näherte. Er war nur an den Rand der Stadt appariert, um keine Aufmerksamkeit zu wecken, die ihm nun wirklich ungelegen gekommen wäre. Allerdings stockte Lucius, als er an seinem Ziel ankam. Es war eine sternenklare Nacht, recht hell, kurz vor der ersten Dämmerung. Die Grabsteine hoben sich fast ein wenig gespenstisch ab, aber auch das hatte ihn nicht stutzen lassen. Nein, in der Dunkelheit gut sehen könnend hatte er die kniende Gestalt bereits ausgemacht. Er hörte die Schluchzer, einige davon gefolgt von heftigem Husten. Was bei Merlin ging in diesem Mann vor?! Harry Potter um diese Uhrzeit, hier. Wie lang war er schon hier gewesen?
 

So leise es nur eben ging, schlich Lucius sich näher an sein Ziel, nutzte dabei etwas Magie, um über die Mauer zu kommen, ohne, dass das Tor gequietscht hätte. Er lief auf die zusammengesackte Gestalt zu, die sich auf den Knien hin und her wiegte. Noch immer nicht wissend, was er tun sollte, kam er schließlich zum Stehen, direkt hinter Harry, dessen Wangen nass glänzten und der um sich herum kaum etwas wahrzunehmen schien. Vor ihm lag erneut der Spaten, den er schon in der letzten Woche gesehen hatte.
 

Vorsichtig, noch immer unbemerkt, ließ Lucius sich selbst auf die Knie sinken, spürte die ungesunde Wärme, die von dem anderen Körper ausging, beugte sich näher über Diesen und sog leise die Luft ein. Und ja, es stimmte. Der Geruch war zwar etwas getrübt, doch unvergleichlich süß für seine Sinne und er, der die köstlichsten Leckerbissen der Welt kannte, konnte das sicher sagen. Es roch vielversprechend, wie eine reife, ihm noch unbekannte, unwiderstehliche Frucht. Es stand fest. Harry Potter war sein Gefährte. Der junge Mann, der selbst jetzt, sechs Jahre nach der letzten Schlacht, nicht über einen Toten hinweggekommen war, mit dem er nicht mal zusammen gewesen war, wie er aus sicherer Quelle wusste, war sein Gefährte.
 

Er hatte einige Tage vor der Schlacht mit Sev geredet, ihn mehr im Spaß gefragt, ob er Harry lieben würde. Er hatte mit ja geantwortet. Aber nicht wie einen Lover, sondern wie ein Kind, als wäre der Junge mit den avadagrünen Augen sein eigener Sohn. Er würde nun mal absolut nicht auf sein eigenes Geschlecht – oder auf Kinder – stehen. Und damals hatte Potter noch jünger ausgesehen, als er es ohnehin noch tat.
 

Als ein weiteres, trockenes und bedrohlich klingendes Husten die Stille zerriss, löste Lucius, wie von selbst, sie Spange seines Umhanges, ließ diesen schließlich über den Jungen gleiten, der das erst mal gar nicht zu bemerken schien. Erst Minuten später, als die Finger nach dem feinen Stoff tasteten, wandte sich auch der Kopf, unendlich langsam, in seine Richtung.
 

Es war einfach so viel! Es war zu viel! Harry ertrug es nicht! Er wollte nicht allein sein, er wollte, dass Sev wieder da war und ihn schützte! Nicht die Zwillinge, die selbst so erschöpft waren vom Krieg und dem Streit in der Familie, nicht Percy, der zwar nett aber immer am Arbeiten war, nicht die Irren in der Öffentlichkeit, die ihn mit einer Frau und mindestens zwei Kindern sehen wollten. Einfach Jemanden, der ihn sah und der sich um ihn kümmerte! Er wusste, der Andere hätte verstanden, auch Sev hatte immer mal gesagt, dass der Tod nicht das Schlimmste war, sondern vielleicht einfach nur eine Erlösung. Eine Nacht ohne Alpträume, eine Nacht ohne Angst, ein Aufwachen und ein Wiedersehen mit Menschen, die ihn liebten.
 

Remus, der zumindest manchmal verstanden zu haben schien, Siri, der sich so bemüht hatte, ihn zum Lachen zu bringen, selbst, wenn er nur der Ersatz gewesen war. Seine Mutter, die sich geopfert hatte und vor Allem Sev, der die einzige wirkliche Vaterfigur war, die er noch kannte! Er wusste nicht, wie lang er hier schon saß, in der Kälte, die seine Haut durchbiss und ihm schmerzlich klar machte, dass er noch immer lebte, als er feststellte, dass sich etwas verändert hatte.
 

Im ersten Moment konnte er nicht sagen, was, doch dann merkte er, dass seine Schultern schwerer waren. Mit seinen kältestarren Fingern tastete er, stellte fest, dass schwerer Stoff sich darauf gelegt hatte. Doch es war nicht der Stoff einer Jacke, das… war ein Umhang! Jemand aus der magischen Welt? Der… Andere, der das Grab besuchte…? Langsam, da ihm jede Bewegung ohnehin schwer fiel, wandte er sich etwas zur Seite, sah eigentlich kaum etwas, da seine Sicht immer dunkler wurde. Er wollte eine Frage stellen, doch da war es ihm, als wäre wieder so eine seltsame Stimme bei ihm, in seinem Ohr. Hatte er es geschafft? Durfte er gehen? Er spürte noch einen Arm, dann war da einfach nur noch beruhigende Schwärze…
 

Lucius sah den Jüngeren an. Er wollte etwas sagen, doch da sah er schon, wie Harry erneut einen heftigen Anfall bekam. Hastig griff er nach dem Jüngeren, wohl kaum eine Sekunde zu spät, denn der Junge brach einfach nur zusammen. Vorsichtig wickelte Lucius den zu leichten und zu dünnen Körper in seinen eleganten Umhang, hob ihn auf seine Arme, sah sich kurz um und apparierte. Zurück in sein Haus, wo er Diesen würde versorgen können.
 

Wie gern wäre er jetzt in der Lage, Sev zu rufen! Der Andere kannte sich so gut mit Krankheiten aus, hätte sicher einen Trank gehabt und eine Diagnose, doch nun musste er auf den anderen Familienheiler zurückgreifen, den er noch nicht so gut kannte und auch, wenn er Loyalität geschworen hatte, sein Vertrauen hatte der Mann sich noch bei Weitem nicht erarbeitet. Doch was blieb ihm Anderes übrig? Er brauchte Hilfe für den Anderen!
 

Rasch befahl er seiner Hauselfe, für das Erscheinen des Heilers zu sorgen, dann trug er den Jüngeren schnell in sein eigenes Schlafzimmer, wo nicht mal Narcissa geschlafen hatte, nachdem Draco zur Welt gekommen war, legte Diesen dort auf die Tagesdecke. Noch immer schüttelten Hustenattacken den sehr dünnen Körper.
 

Vorsichtig streifte er dem Jüngeren die ihm fast entgegenfallenden Schuhe von den Füßen, gefolgt von den löchrigen Socken. Erst dann schlug er seinen Umhang auf, machte das Hemd einfach mit einem Schneidezauber zunichte. Darunter fand er herausstechende Rippen und alte Narben, die von wenig schönen Zeiten erzählten. Die Haut des Jüngeren war klamm und kalt, die Stirn strahlte viel zu viel Wärme aus.
 

Sein Gefährte, wie es schien. Er, Lucius Malfoy, hatte einen Gefährten. Einen jungen Mann, der aussah, wie ein Teenager und der so mitgenommen war wie Sev zu dessen schlimmsten Zeiten! Das hier… war ein Alptraum. Harry war offensichtlich ziemlich krank, klar geschwächt, mitgenommen, selbst nach sechs Jahren noch und doch… freute er sich. Er wusste, Krankheiten konnte man heilen, sie stellten kein Hindernis dar. Selbst seelische Schmerzen konnten irgendwann erträglicher werden und er würde es Harry möglich machen. Was machte es schon, dass er Geduld brauchte? Die hatte er und Draco hatte auch gesagt, er bräuchte einfach nur was, in das er seine Energie stecken könnte. Etwas Anderes, als Arbeit. Nun, er würde Draco nachher schreiben und ihm Bescheid sagen. Aber erst wollte er, dass der verdammte Heiler…! Ah! Da! Da war er ja.
 

„Mister Malfoy, was…?“
 

„Das, was Sie heute hier sehen“, herrschte Lucius, sofort wieder der kalte, berechnende Politiker. „Davon wird nicht ein einziges Wort nach draußen dringen! Ist das klar?!“
 

„Sir, ich habe darauf einen Eid geleistet und…“
 

„Gut, denn sollte Irgendwer von meinem Gast erfahren, wird man von Ihnen nicht mal mehr genug finden, um es zu identifizieren! Und jetzt versorgen Sie ihn!“ Erst dann trat Lucius aus dem Weg, beobachtete aber jede einzelne Bewegung, jeden Zauber, den der Mann sprach, der den Anderen, der reglos bis auf die ein oder andere Hustenattacke da lag. Scheinbar erkannte er gar nicht, wer da vor ihm lag, denn die berühmte Narbe war ja bei der Schlacht verschwunden, allerdings befand sich eine ganz Ähnliche direkt über dessen Herzen, wo ihn der Avada damals getroffen hatte, der Harry ein weiteres Mal fast ins Jenseits befördert hatte. Das allerdings war ein Wissen, dass die Öffentlichkeit nie erreicht hatte. „Nun?“, fragte Lucius nach einer halben Stunde ungeduldig.
 

„Er hat eine schwere Lungenentzündung, ist stark unterernährt und dehydriert“, begann der Heiler, der nicht verstand, warum er so bedroht wurde. „Außerdem… ist der Gesamtzustand auch nicht überragend. Er hat sich wohl oft die Knochen gebrochen, vor Allem die im linken Unterarm, dazu ein Bruch an der Schädeldecke, der sicher mindestens fünfzehn Jahre her sein muss und der Schäden am Hirn ausgelöst hat, aber genau kann ich das nicht sagen, bis er aufgewacht ist.“
 

Lucius hatte alle Mühe, sich nicht anmerken zu lassen, was er dachte. Er verlangte nur, dass der Heiler seinem Hauself eine Liste mit zu beschaffenden Tränken gab und hoffte, dass noch etwas von denen da war, die Sev ihm immer gebraut hatte. Es waren einfach die Besten. Er beachtete danach den Mann nicht mehr, der mit einem Seufzen den Raum verließ, um von der Hauselfe konsequent nach draußen gescheucht zu werden. Er blickte zu dem jungen Mann, dessen Duft so schön und doch auch getrübt war, überlegte, einen Reinigungszauber anzuwenden, da immer noch Erde vom Grab überall klebte, doch dann sah er davon ab, rief eine weitere Elfe und befahl, die Wanne vorzubereiten, mit dem Eukalyptusbad, das Sev mal angerührt hatte, dann begann er, den jungen Mann vollständig zu entkleiden, trug ihn ins Bad und ließ ihn vorsichtig ins warme Wasser, um ihn aufzuwärmen und direkt waschen zu können.
 

Anschließend trocknete er Harry ab, zog ihm eine Boxer seines Sohnes von vor einigen Jahren an, die der nie getragen und die noch in der Originalverpackung gelegen hatte, die man auch kaum ändern und anpassen musste, dazu ein Hemd von sich selbst, in dem der Jüngere regelrecht zu ertrinken schien. So brachte er den Grünäugigen zurück, wenig überrascht, dass seine fleißigen Hausgeister die verdreckte Tagesdecke bereits beseitigt hatten. Auch die Kleidung seines mehr oder weniger freiwilligen Gastes war verschwunden. Auf dem Tischchen lag nur der Inhalt seiner Taschen. Aber auch das hatte Zeit. Erst mal verfrachtete er Harry ins Bett, griff nach der Phiole, die da stand. Es war noch eine seines besten Freundes. Daneben die Anweisung, dass der Jüngere aufgrund der fortgeschrittenen Krankheit wohl mindestens drei Dosen davon brauchen würde, jeden Tag eine, dazu zwei Tage absolute Bettruhe und leichte, aber regelmäßige Ernährung.
 

Mit einer Sanftheit, die er von sich selbst nur im Umgang mit seinem damals noch jungen Sohn kannte, flößte er dem Kleinen die Tränke ein, ließ dessen Kopf dann auf die Kissen sinken und packte ihn fest unter die Decke. Er blieb an der Seite des Bettes sitzen, strich immer wieder über die heiße Wange, hielt dessen Hand in seiner anderen. Ein Gefährte.
 

„Merlin, Sev. Hilf mir bitte“, murmelte er schließlich, seinen Blick weiterhin fest auf das schmale, angespannte Gesicht gerichtet, in dem er nicht mal die Spur von einem Bartansatz ausmachen konnte…
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

„Das… das stimmt nicht! Das würde meine Kleine niemals…!“
 

„Mutter, wie bitte soll das dann geklappt haben?“, fragte Bill kühl. Er verstand nicht, wie seine Eltern so blind sein konnten. Er arbeitete vor Allem in Frankreich, wo auch die Familie seiner Frau lebte, doch die Geschichten über das peinliche Benehmen seiner Schwester hatten auch ihn erreicht. Sie benahm sich, wie eine Straßennutte. Eine von der ganz billigen Sorte. Wobei, nein, sie war schlimmer, denn Andere verdienten damit zumindest noch Geld. Ginny aber spreizte ihre Beine einfach so, nur um es Jemandem auszuwischen, den es zweifellos noch nicht mal interessierte, ohne dabei darauf zu achten, was sie ihrer Familie antat. Daher war klar abzusehen gewesen, dass es zu einer Katastrophe kommen musste. Und jetzt war die auch eingetroffen.
 

Arthur hatte seine Tochter vom Training abholen wollen, als Überraschung und zur Aufmunterung, da sie ja ach so sehr um Harry Potter trauern und nicht über ihn hinwegkommen würde, hatte sie dann mit einem der Treiber in einer Umkleide gefunden – wie sie es trieben, wie die Karnickel. Problem bei der Sache war nur, dass der Mann verheiratet war, dessen Frau das zweite Kind erwartete und er mehrfach versicherte, es sei das erste Mal gewesen und er habe sich nicht gegen die Frau wehren können, die wie eine Sirene über ihn hergefallen sei. Das hatte er unter Veritas wiederholt.
 

Ginny hatte dann wohl den Fehler schlechthin gemacht, ihrem Vater zu versichern, dass das ihr einziger Ausrutscher gewesen sei, woraufhin der immer noch unter Wahrheitstrank stehende Mann aber dummerweise begonnen hatte, zu erzählen, was wirklich Sache war. Ein dazu gerufener Heiler hatte eigentlich nur das Gegenteil beweisen sollen, stattdessen eine gerade begonnene Schwangerschaft festgestellt – und noch nicht mal die Erste. Seine Schwester hatte mindestens zwei Mal illegal mit einem Trank abgetrieben.
 

Nun saß sie in einem Krankenhaus, bewacht von Auroren, denn der Mord an einem Ungeborenen war vor Allem in Zeiten wie diesen ein Verbrechen. Eines, von dem die potentiellen Väter noch nicht mal was wissen dürften. Da starb die magische Welt regelrecht aus und so eine trieb Kinder ab, die helfen könnten, die Gemeinschaft nach dem Krieg wieder aufzubauen!
 

Gut, die magische Gesellschaft war in einigen Dingen sehr, sehr altmodisch, aber bis zu einem gewissen Grad war Bill das auch. Abtreibung war für ihn ein Verbrechen. Nichts gegen Spaß vor einer Ehe, solang das diskret geschah, aber auch nicht in dem Ausmaß, wie seine Schwester es in den letzten vier Jahren getrieben haben musste. Sie war dabei, den Ruf der Weasleys zu zerstören, gerade wo er nach dem Krieg endlich einen besseren Klang bekommen hatte, eine andere Aussage als nur den Kinderreichtum und die dauernde Geldnot.
 

Das Schlimmste aber war die Reaktion seiner Eltern, die er nicht mal mitbekommen hätte, wäre er nicht kurz vorbei gekommen, um Unterlagen zu holen, da Fleur ihr zweites Kind erwartete und er kurz das Stammbuch der Familie hatte leihen wollen. Sonst hätte er davon nichts mitbekommen. Denn im Grunde mied er seine Familie, seit er seine Mutter über Fleur hatte herziehen hören. Sie war ihr nicht gut genug für eines ihrer Kinder. Eine Halbveela sei unter Bills Würde, er habe, gerade nach dem Krieg und seinen Leistungen, eine weit bessere Partie machen können. Etwas, das ihn so aufregte, dass er sich dem nicht aussetzen wollte und lieber wegblieb.
 

„Das… ist ein Irrtum! Man kann meine Kleine doch nicht festhalten! Ich rede mit dem Minister! Und dann mit dem Arsch, der es gewagt hat, Hand an sie zu legen!“ Für Molly stand es außer Frage, dass ihr Engel vergewaltigt worden war. Nie hätte Ginny all das getan, was ihr vorgeworfen wurde! Niemals! Sie hatte ihre Kinder besser erzogen! Sicher, sie datete, aber das war doch ihr gutes Recht! Sie war eine junge, erfolgreiche Frau!
 

„Ein Irrtum?“,fragte Bill spitz. „Selbst in Frankreich zerreißt man sich das Maul darüber, dass Jeder schon über sie drüber gerutscht sein muss. Oh nein! Sie ist schwanger, hat zwei Kinder abgetrieben und scheint alles zu ficken, was nicht bei Drei auf den Bäumen und männlich ist.“ Wie nebenbei fing er die Hand seiner Mutter ab, die auf Kontaktkurs mit seiner Wange gewesen war, drückte heftig zu. „Fass mich nicht an!“, zischte er schließlich, ließ die Hand wieder los. „Nur, weil du die Wahrheit über deine Prinzessin nicht erträgst, heißt das nicht, dass es sie nicht gibt und dass du darum Andere schlagen kannst! Ginny hat richtig Scheiße gebaut und man wird ihr dieses Kind wegnehmen! Es wird sicher dem Vater übergeben werden, auch wird man euch nicht erlauben, sie zu sehen! Das, was ihr passiert ist, ist zurecht passiert! Wenn sie zu dumm ist zu verhüten gleich ein paar Mal!“ Als seine Mutter erneut versuchte, ihn zu schlagen, schlug er schließlich selbst zu. Er war kein verdammtes Kind mehr und diese Frau erkannte er kaum wieder. „Du widerst mich an“, stellte er kalt fest, damit ging er in die Flammen, ließ seinen sprachlosen Vater, seine brüllende, entwürdigte Mutter und Ron zurück.
 

Oh ja, Ron. Der hatte seit dem Krieg auch keinen Job halten können, sprang von Anstellung zu Anstellung, ruhte sich auf seinen Verdiensten im Krieg aus und verlangte dafür noch Geld vom Ministerium, klagte. Auch gegen Harry Potter, für den er sein Leben riskiert habe. Nicht, dass auch nur Jemand bereit war, das zu vertreten. Die Meisten hielten seinen jüngsten Bruder für leicht geistesgestört. Tolle Familie. Eine Nutte, ein Irrer.
 

Molly dagegen starrte auf ihren Mann. „Worauf wartest du?!“, schrie sie empört, nicht glauben könnend, was ihr Sohn gerade gesagt und getan hatte. Er wagte es, Hand gegen sie zu erheben und unmögliche Anschuldigungen gegen ihren Engel zu verbreiten! Ginny war nur eine verletzte Seele, die die Trennung von ihrer großen Liebe nie verkraftet hatte! „Geh ihm hinterher und verprügel ihn! Er hat Hand gegen…!“
 

Irgendwann in der Tirade hatte Arthur einfach abgeschaltet, war aufgestanden, in den Kamin und ins Ministerium gegangen, wo er sich in seinem Büro einschloss, sich auf den alten, vertrauten Stuhl sacken ließ. Alles zerbrach unter seinen Händen. Seine perfekte, kleine Familie, sein guter Ruf. Alles begann, in den Staub zu sinken. Nach dem Krieg war nichts gelaufen, wie Albus es ihnen versprochen hatte. Weder war Potter bei der Schlacht gestorben, noch hatte der Junge seine Tochter geheiratet. Nicht, dass er das gewollt hätte. Der Bengel war schwach gewesen, in Azkaban, nicht in der Lage, sein Leben zu leben und außerdem ein Wrack. Sie hätte eine bessere Partie finden können, sicher weniger reich, aber angemessener. Nur hatte Ginny sich verrannt, so, wie seine eigene Frau. Sie hatten nicht sehen wollen, nur noch nach Rache geschrien.
 

Keine gute Idee, denn dank der Artikel von Xeno Lovegood war Potter der Held schlechthin geworden, den Alle liebten. Damit hatten Molly, Ginny und er sich das erste Mal ins Aus gebracht. Dann Rons dauernde Jobwechsel, sein ständiger Ärger mit jedem Chef, den er hatte, seine lächerlichen Klagen, auf die man noch nicht mal einging. Bill, der sich offensichtlich von der Familie abgewandt hatte, Charlie, der sich nicht meldete, wenn es sich nur irgendwie vermeiden ließ, Percy, der sogar im Rang hier auf der Arbeit über ihm stand und ihn nicht mal ansah, weil er sich gegen dessen Freund gestellt hatte, wann auch immer der Junge sich mit Potter angefreundet hatte. Die Zwillinge, die so erfolgreich waren und die auch nicht mehr mit ihnen redeten.
 

Und nun dieser Tiefschlag.
 

Oh, Arthur wusste, dass es wahr war. Man konnte unter Veritas nicht lügen. Ginny hatte die Familienehre tatsächlich mit Füßen getreten, sich mit allen möglichen Männern eingelassen, was ein Geistmagier sicher gerade auch noch beweisen würde, denn da sie schwanger war, noch so eine peinliche Sache, und man das Kind nicht gefährden wollte, würde man die Wahrheit auf andere Weise erfahren. Seine Tochter hatte Babies abgetrieben, sicher, um weiter spielen zu können und nicht zum Heiraten gedrängt zu werden. Sie hatte Kinder ermordet. Kinder von Männern, die davon nichts zu wissen schienen. Sie hatte ihrer aller Ruf beschmutzt.
 

Ja, damals hatte auch Arthur sich mal ein Stück vom Kuchen gewünscht. Die eine oder andere Galleone aus den Potterkammern nach dem Tod des Bengels, der seine gesamte Familie immer wieder in Gefahr gebracht hatte, doch so weit war er auch nicht gegangen.
 

Der Krieg hatte seine Familie zerstört. Nein, der Krieg hatte sie zusammengehalten. Es war der Friede, der sie kaputt gemacht hatte. Ihm blieb nur an eine Zeit vor alledem zu denken, als sie noch arm, aber glücklich gewesen waren, voller Hoffnung und Zuversicht. Eine Zeit, als Molly ihn noch in ihr Bett gelassen hatte…
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

„Harry…“
 

Verwirrt sah Harry auf, feststellend, dass er sich ein weiteres Mal hier befand, am Bahnhof von Hogsmaede. Wo er auch gelandet war, als Voldemort ihm das zweite Mal den avada auf den Hals gehetzt hatte, bevor aus den Tiefen von dessen Seele Tom wieder seinen Weg nach oben gefunden hatte. Offensichtlich lag er auf einer der Bänke, die Umgebung war in tiefen Nebel gehüllt und da stand der Hogwartsexpress mit offenen, mit einladenden Türen. Damals hatte er sich aufhalten lassen, aber nun… da irgendwo musste Sev sein! Er wollte zu dem Anderen, wollte zu seinen Eltern und Remus, zu Siri und seinen toten Freunden! Also richtete er sich auf, feststellend, dass sein Körper sich ganz leicht anfühlte. Er achtete erst mal nicht auf die Stimme, lief auf den Zug zu.
 

„Harry, Stopp! Verdammt noch mal! Bleib gefälligst stehen oder ich hex dich ins nächste Jahrtausend du Starrkopf!“
 

Erschrocken wandte Harry sich doch um, kurz bevor er die Haltestange hätte ergreifen können. Dann sah er sie. Sie tauchte aus dem Nebel auf, wie eine Göttin, in Gewändern, wie er sie manchmal auf Bildern griechischer Götter gesehen hatte, ein fließendes Gewand, das mit dem Nebel zu verschmelzen schien, die Farbe unbestimmbar, irgendwo zwischen weiß, grau und Blau. Ihre langen, blonden Haare umflatterten sie, ihre blauen Augen sahen ihn böse an. „Luna?“, fragte er leise. Eine seiner Freundinnen, die an seiner Seite geblieben waren. Nicht wie Ron, der auf ein Mal verschwunden war, als er Diesen gebraucht hätte. „Luna, du…!“
 

„Ja, ich bin tot, das weißt du doch“, lächelte die Blonde nun, trat ganz zu dem Anderen, nahm dessen Hand und zog ihn sehr entschieden von dem Zugabteil weg, hin zu einer der vielen Bänke, wo sie ihn dazu brachte, sich zu setzen. „Dummer Junge.“ Ihre geisterhafte Hand strich leicht über die Wangen des Anderen. „Du machst dich selbst kaputt, isst nichts, wirst krank… was soll das?“
 

„Ich… will einfach nur zu euch, zu meinen Freunden. Bitte, Luna. Lass mich dieses Mal einsteigen. Meine Eltern, Remus, Sirius, Sev, du, Hannah, ihr seid alle schon da, ich…!“
 

„Nein“, sprach Luna sanft und bestimmt. Sie setzte sich zu dem Älteren, der immer noch aussah, wie am Tag der Schlacht. „Es ist nicht deine Zeit. Du darfst da noch nicht rein. Für dich wird der Zug nicht fahren.“
 

„Aber…! Bitte, ich…!“
 

„Harry, es gab einen Grund, warum du damals zurückgeschickt worden bist. Deine Aufgabe ist…“
 

„Ich… ich hab genug gemacht! Ich will nicht mehr! Bitte! Ich… ich ertrage es nicht, ich kann nicht schlafen, nicht essen, ich…!“
 

„Harry, du hast eine Aufgabe“, wiederholte Luna unbeeindruckt. „Und eine Verpflichtung. Da in der Welt der Lebenden, wartet endlich mal was Gutes auf dich. Wir Alle, wir haben gelebt. Deine Eltern hatten eine gute Zeit und sind auch in der Anderswelt zufrieden, wenn auch auf eine Weise, die du noch nicht begreifen kannst oder sollst. Sie erinnern sich kaum an etwas, wollen und können nicht zurück. Sirius Black hat seinen Frieden gefunden, so wie Remus und Tonks. Und die anderen, die an dem Tag gefallen sind. Unsere Klassenkameraden. Es war ihre Zeit. Justin und Hannah, der Rest. Ihr Leben war vorbei und sie haben gelebt. Du dagegen, du bist jetzt dreiundzwanzig Jahre auf der Erde und hast noch nicht ein einziges Jahr davon gelebt oder warst wirklich glücklich. Du kennst nur Leid und Schmerz, mehr nicht. Darum kannst du nicht gehen. Das…“
 

„Sev… Sev, er kannte auch nichts Anderes und er ist hier! Er…!“
 

„Oh, Harry. Ja, auch bei ihm lief Einiges nicht, wie es laufen sollte, dank Dumbledore, der übrigens seine Strafe auch erhalten hat, in der Anderswelt. Er hat nicht getan, was seine Pflicht gewesen wäre, viele Leute hängen gelassen. Auch den Professor.“
 

„Und… warum bekommt er dann keine weitere Chance?“, flüsterte Harry mit gebrochener Stimme. Severus hatte es doch viel mehr verdient als er selbst!
 

„Oh, aber die bekommt er doch“, lächelte Luna nun geheimnisvoll. „Das Schicksal will, dass Fehler noch behoben werden und du bist sein Instrument. Du wirst dich um den Professor kümmern, wenn er an seinem Geburtstag, in etwa drei Monaten, seinen Weg zurück in die Lebendwelt finden wird“, erklärte das blonde Mädchen mit klarer, deutlicher Stimme. „Nur, wenn du bleibst, kann auch er eine zweite Chance haben.“
 

„Das… das ist Erpressung!“, begehrte Harry auf, der sich doch nur endlich Ruhe wünschte!
 

„Ja“, kicherte Luna. „Was Anderes zieht ja bei dir nicht.“ Doch dann wurde sie ernst, strich über die zitternden Hände des Jüngeren. „In der Welt der Sterblichen braut sich noch so Einiges zusammen, Harry. Dumbledore mag ja Geschichte sein, aber die, die mit am Meisten von ihm geprägt waren, sind es nicht. Er gilt als Held, aber das ist nicht der Platz, den die Götter ihm zugestehen. Es ist deine Aufgabe, das endlich richtig zu stellen. Du musst die Wogen glätten.“
 

„Ich habe… keine Macht da. Ich bin… weggegangen. Ich…!“ Wie sollte Harry so was denn tun? Das war nicht möglich! Er hatte auf seinen Einfluss verzichtet, auch, weil man ohnehin nicht auf ihn gehört hatte, wenn er was gesagt hatte, was ihm wirklich wichtig war. „Bitte, lass mich doch einfach gehen. Hab... ich mir nicht auch etwas Frieden verdient?“
 

„Du magst ja die magische Welt verlassen haben, aber weißt du, da unten wartet Jemand, der dir schon mal geholfen hat. Er hat Dad die Sachen gegeben, die dafür gesorgt haben, dass du frei gelassen worden bist und er kann dein Glück sein, wenn du ihn lässt. Er hat Macht und Einfluss. Er wird und er kann dir helfen, ohne, dass du betteln musst. Und vergiss nicht. Ohne dich hat auch der Professor keine zweite Chance.“
 

Harry spürte, wie ihm die Tränen erneut in die Augen schossen. Was hatte er denn für eine Wahl? Entweder er ging zurück oder es würden wieder Menschen sterben und Sev würde keine Chance bekommen! Das war nicht fair!
 

„Harry, das Leben muss nicht schlimm sein. Es kann auch sehr schön werden, wenn du es zulässt. Hör den Menschen um dich herum zu, hör auf Fred und George, auf Bill und Percy und auf den, der da sein wird, wenn du aufwachst. Ich wollte immer nur, dass du glücklich wirst. Das ich sterbe, war mir schon immer klar. Das war meine Bestimmung. Dad hat es auch gewusst. Aber du – deine Zeit ist noch lange nicht gekommen.“
 

Harry sagte nichts, er starrte einfach nur auf den Hogwartsexpress, mit einer unglaublichen Sehnsucht. Das war sein Frieden. Doch dann sah er wieder die Erinnerungen seines gebeutelten Professors und Freundes, seine rothaarigen Brüder, die sogar für ihn da waren, obwohl das die Familie auseinander riss. „Ich habe keine Wahl“, stellte er dumpf fest.
 

„Nein, die hast du nicht. Du bist krank aber noch weit vom Tod entfernt. Sicher, du könntest dich da rein setzen, aber der Zug würde sehr, sehr lang noch nicht losfahren“, erklärte Luna. „Und damit würdest du einem Anderen sehr, sehr weh tun. Jemandem, der das auch nicht verdient hat. Auf dich wartet eine Zukunft. Eine schöne, wenn du es zulässt.“
 

„Und… Sev?“
 

„Seine Zukunft entscheidest du“, lächelte die Blonde. „Du wirst an seinem Geburtstag ins Ministerium in den Raum der Mysterien gehen, dort wirst du sein Schicksal erfahren. Und du wirst nicht allein sein.“ Sie half Harry, sich hinzulegen, strich über dessen Haare. „Du wirst eine Familie finden, wo du sie nicht erwartet hast, größer, als die Meisten es auch nur ahnen und liebenswürdiger obendrein. Mit Ecken und Kanten, keine Frage, aber sie werden dich mit offenen Armen empfangen. Lebe dein Leben mein Freund und grüß meinen Dad von mir, ja? Wir werden uns wiedersehen, wenn deine Zeit wirklich gekommen ist, aber sicher nicht vorher. Und jetzt schlaf…“

Verbote und Gesetze?

„Was ist das?“, fragte Astoria neugierig. Sie hielt den vierjährigen Scorpius mit einer Hand um die Taille, während der begeistert klatschend vor einem Gehege im Garten stand, wo eine der Stuten vor zwei Tagen ein Fohlen bekommen hatte. Draco stand mit seinem Großvater, Abraxas, ganz in der Nähe, sie hielten einen Brief von ihrem Schwiegervater in der Hand, den sie aufgeregt diskutierten. Die Eule am Morgen hatte sie einfach verpasst. Immerhin musste sie hinter einem sehr aktiven Vierjährigen her spurten, der sich nun, in den wärmeren Gefilden im Süden Frankreichs, von seinem Husten gut erholte und nicht still sitzen oder gar im Bett bleiben mochte. Das hier war einer der vielen Familiensitze der Familie Malfoy, die weit größer war, als man dachte. Sie stammten auch ursprünglich aus Frankreich, kehrten immer wieder hierher zurück.
 

Draco sah seinen Großvater an, der immer noch recht jung und fit aussah, blickte dann auf seine Frau. „Unsere Familie scheint zu wachsen – vor Allem an Problemen.“
 

„Draco!“, mahnte der Familienpatriarch ruhig. Oh ja, der Junge war von seinem Vater schrecklich verwöhnt worden. Er bereute durchaus inzwischen auf Drängen der Blacks und auf Druck Voldemorts seinen Sohn mit Narcissa verheiratet zu haben und gerade dieser Brief gab ihm die Hoffnung, dass der Junge auch endlich glücklich werden könnte.
 

„Was? Es stimmt doch! Erstens, der ist jünger als ich! Zweitens, er bringt immer nur Probleme und drittens…!“
 

„Draco! Komm endlich über deine Schulrivalitäten hinweg!“, verlangte Abraxas hart. Dann wandte er sich an die Frau seines Enkels, die sie beide vollkommen verständnislos ansah. „Mein Sohn ist einer der wenigen Malfoys, in denen das Blut eines magischen Wesens erwachte, das vor vielen Jahrhunderten in diese Linie gelangt ist. Er hatte aber nie Träume oder andere Hinweise auf einen Gefährten – bis jetzt. Er hat Jemanden gefunden, nur gefällt die Wahl deinem Ehemann nicht.“
 

Mit gerunzelter Stirn blickte Astoria auf ihren Mann. „Wo genau ist das Problem? Du hast mir doch selbst erzählt, dass du nur willst, dass er endlich aufhört, nur noch fürs Arbeiten zu leben! Das ist der perfekte Weg, oder?“
 

„Aber doch nicht mit… mit dem!“
 

„Wo ist das Problem? Dass es ein Kerl ist? Bei den Göttern und Walhall, selbst ich wusste, dass er den Kerlen eher hinterher glotzt, als einer Frau! Du weißt, deine Eltern waren auf Druck hin verheiratet, nicht aus Liebe! Nichts für ungut, Abraxas“, fügte sie an, wissend, dass der Andere es hasste, mit was Anderem als seinem Vornamen angesprochen zu werden. Der nickte ihr auch nur zu, hob die Hände. Oh ja, er wusste, was er getan hatte.
 

„Merlin, das ist mir doch scheißegal! Wenn er nen Kerl will, dann bitte! Jeden, außer den!“
 

„Draco!“, knurrte Abraxas erneut warnend.
 

„Draco?“, fragte Astoria erneut.
 

„Meine Güte! Mein Vater hat Potter, ausgerechnet Harry Potter, angeschleppt! Der war erst jahrelang verschwunden und jetzt…!“
 

„Verdammt noch mal, Draco! Du benimmst dich wie ein verfluchtes Kind! Ja, er war mal besser in Quiddich, als du, ja, er hat sich im Krieg mehr Lorbeeren geholt, als du, aber er hat auch viel, viel mehr dafür bezahlt! Unter Anderem ein Jahr Azkaban! Und er hat die Möglichkeiten, deinen Vater glücklich zu machen! Du kennst das Credo der Familie! Ich erwarte, dass du ihn willkommen heißt und dich benimmst wir ein Malfoy und nicht wie ein beleidigter und gekränkter, elfjähriger Schuljunge!“
 

Draco knurrte, warf den Brief wütend von sich und stürmte in Richtung des Waldes, er musste sich abreagieren, ganz, ganz dringend.
 

„Das kann ja noch heiter werden“, stellte Abraxas leise fest, hob den Brief wieder auf und überflog ihn erneut. Sein Sohn hatte sich sehr, sehr knapp gefasst, nur gesagt, dass er seinen Gefährten gefunden hatte, wer es war und dass er wohl krank und mitgenommen war, noch nicht über die Schlacht von vor sechs Jahren hinweg. Schöne Grüße. Das konnte nur bedeuten, dass Harry Potter in einem katastrophalen Zustand sein musste. Er musste wieder an den Jungen denken, den sie früher öfter zu Besuch gehabt hatten. Lucius‘ kleiner Freund, der später so begabte Tränkemeister, der eines von vielen nicht anerkannten Opfern dieser letzten Schlacht geworden war. Der war damals auch verstört gewesen, weil der Muggelvater sich schrecklich benommen hatte und die Frau, eine Nachkommin der altehrwürdigen Linie Prince es nicht geschafft hatte, sich von Diesem zu befreien. Nun, sein Sohn hatte Herausforderungen ja schon immer geliebt, gesucht und gebraucht. Damit würde er wohl gut zu Tun haben. „Astoria, ich entschuldige mich, ich muss mit meiner Frau sprechen, das hier wird sie auch wissen wollen, wenn nicht kann ich morgen Teile meines Körpers im Gehege eines wenig erfreulichen Tieres wiederfinden. Ich hoffe nur, ich kann sie abhalten, direkt loszufahren um diesen jungen Mann kennen zu lernen…“
 

Astoria lächelte, hob Scorpius wieder auf ihre Arme. „Und ich gehe auch rein, er war lang genug draußen. Draco könnte noch eine Weile brauchen, bis er sich beruhigt hat.“
 


 


 


 


 


 


 


 


 

Mit einem leichten Lächeln sah Lucius auf die Zeilen seiner Eltern, legte ihn dann wieder auf den Nachttisch und blickte auf den jungen Mann, der da lag, in sich zusammengerollt, aber wenigstens nicht mehr totenbleich. Er erholte sich nun, dank der Tränke, sichtbar. Dabei hatte es vor zwei Nächten wirklich schlecht ausgesehen. Sein Gefährte hatte sogar Herzprobleme bekommen, weil die Lungenentzündung sich so weit in sein Atemorgan eingefressen hatte. Eine Weile lang war das Leben des Jüngeren fraglos auf Messers Schneide gestanden. Doch der Heiler und Severus‘ Tränke hatten das Schlimmste verhindert. Danach war es schnell bergauf gegangen.
 

Im Moment erwartete Lucius, das der Kleine aufwachen musste, bald. Dann konnte er auch was essen, statt nur Nährtränke zu bekommen und er konnte mit Harry reden. Etwas, dem er mit sehr gemischten Gefühlen entgegensah, wohl wissend, wie heftig Sev zu Beginn immer reagiert hatte. Doch das hier war sein Gefährte, er musste einfach helfen, auch, wenn es am Anfang zweifellos die Hölle sein würde.
 

Hatte er eigentlich schon erwähnt, dass er seit Harry hier war, nicht mehr gearbeitet hatte? Gut, seine Leute waren froh, endlich mal was zu tun zu haben aber für ihn war das reichlich ungewohnt. Doch den Jüngeren allein zu lassen kam genauso wenig in Frage.
 

Sein Blick glitt wieder zu den wenigen Dingen, die er in Harrys Taschen gefunden hatte. Einen Geldbeutel nur mit Muggelmünzen und einem falschen Personalausweis mit dem Namen, den er ja schon auf dem Klingelschild gefunden hatte, darin zu seiner Überraschung ein Bild von Severus, auf dem der tatsächlich mal gelächelt hatte, ein Schlüsselbund mit zwei Schlüsseln und einem Anhänger, auf dem man einen Tränkekessel sehen konnte, vermutlich zu der Siffbude, in der er hauste und ein Päckchen Streichhölzer. Kein Zauberstab, kein einziger Knut. Es sah aus, als habe der Jüngere sich sehr, sehr gründlich abgewandt. Wie ihm sagen, dass er zurückkommen sollte? Das würde zweifellos ein Kampf werden.
 

Harry wusste es, als er seine schweren Glieder und den hämmernden Kopf spürte. Er war wach und eindeutig wieder in der Realität. Keine Luna, kein Express weg von den Schmerzen, sondern eine Rückfahrkarte in die Welt, die er doch nur hinter sich hatte lassen wollen! Wo war er? Auf dem Friedhof? Nein, erstaunlicherweise war ihm nicht wirklich kalt, es schien eher einigermaßen angenehm zu sein. Eine Schwere Decke lag wohl auch auf ihm. Was ihn wieder an die schattenhafte Gestalt erinnerte. Der Umhang, der über ihn gelegt worden war. Der Fremde, von dem Luna gesprochen hatte.
 

Kurz überlegte Harry sich, die Augen zu öffnen, entschied sich aber dann dagegen und rollte sich einfach nur ein. Zumindest, bis er auf ein Mal Finger auf seiner Wange spürte. Dieses Mal zuckte er zurück, heftig, bevor er die Augen aufriss und versuchte, Entfernung zwischen wem auch immer und ihn zu bringen – nur um zu stocken.
 

Luna hatte gesagt, der Erste, den er sah – doch das konnte nicht sein! Da, vor ihm… da war… Lucius Malfoy! Ihm wurde heiß und kalt, er merkte, wie er immer schneller atmete, bis dieser widerwärtige Husten wieder kam, der ihm die Luftröhre zu zerreißen drohte. Doch erstaunlich starke Arme packten ihn, richteten ihn auf, so, dass das Luftholen nach kurzer Zeit einfacher wurde und die Stimme über ihm deutlicher. Beruhigende Worte. Er hätte es sich denken können! Nur die Malfoys, die Zwillinge, Bill und Percy wussten, wo er Severus begraben hatte! Wie groß waren da schon die Möglichkeiten der Leute, die ihn hätten entdecken können?!
 

„Ruhig, um Merlins Willen, reg dich nicht auf!“, sprach Lucius, packte den Jüngeren, der wieder von heftigem Husten geschüttelt wurde, richtete ihn auf und strich über dessen Seiten, bis Harry wohl wieder Luft bekam. „Es ist gut, tief einatmen, tief ausatmen. Alles ist gut.“ Erst, als das Husten wirklich vorbei war, hob er einen Trank, ließ ihn seinen Gefährten schlucken. Sofort wurde das Atmen leichter, das Rasseln hörte ganz auf. Das war für Lucius das Zeichen, eine Hauselfe zu rufen und nach was zu Essen zu verlangen.
 

Als Harry den Trank in seinem Mund spürte, hätte er fast wieder losgeheult. Der konnte nur von Sev kommen, war bitter, doch es wirkte, kaum, dass er ihn herunter gewürgt hatte. „Wo.. bin ich und.. warum…?“, brachte er schließlich mit heiserer Stimme heraus, schloss die Augen. Er wollte nicht essen.
 

„In Malfoy Manor, ich konnte dich schlecht auf dem Friedhof lassen“, antwortete Lucius, richtete einige Kissen auf und lehnte den Jüngeren dagegen. Ihn zu siezen, auf die Idee kam er gar nicht erst. „Du warst krank und bist regelrecht zusammengeklappt. Dafür hätte Sev dir aber mit Sicherheit die Ohren so lang gezogen, dass du bei jedem Schritt drüber geflogen wärst! Er mochte dich und das hätte er sicher nicht gewollt!“, schalt er leise, sah sofort die Tränen in den Augen. Vielleicht doch nicht der richtige Anfang.
 

„Ich… werde wieder heim gehen“, murmelte Harry, versuchte, die Decke anzuheben, doch seine Hände waren vollkommen kraftlos.
 

„Sicher nicht. Mein Heiler hat Ewigkeiten gebraucht, um dich wieder einigermaßen auf den Weg der Besserung zu bringen, du wirst bleiben, wo du bist. Sonst war die gesamte Arbeit für die Katz. Ah, das Essen. Suppe. Ich hoffe, ich muss nicht erst mit dir streiten. Draco musste am Ende auch immer nachgeben.“
 

Harry verstand nicht, so einfach war das. Was wollte Malfoy von ihm und warum tat der das? Er starrte auf den Teller mit Brühe, nahm aber auch den Löffel, als er aus den Augenwinkeln sah, wie der Blonde sich bewegte, vermutlich, um ihn zwangszuernähren. Er aß. Einen Löffel, zwei, auch einen Dritten und Vierten, danach mochte er einfach nicht mehr, er hatte keinen Hunger! Er wollte zurück dahin, wo es friedlich gewesen war!
 

„Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“, fragte Lucius sehr ruhig, nachdem der Jüngere nur nach wenigen Löffeln den Teller von sich schob. „Du bist spindeldürr, du musst was essen!“
 

„Kein… Hunger“, murmelte Harry, schloss die Augen. Schlafen. Einfach nur nicht da sein, selbst, wenn es nur Alpträume sein würden. Aber es war nicht die Realität.
 

„Das spielt keine Rolle, du musst noch was essen“, bestand Lucius, nahm den Teller, streckte Harry einen Löffel entgegen. Es kostete Zeit, es kostete Nerven, Diskussionen, in denen er nicht nachgab, dem Jungen gegenüber, der nicht verstand, doch am Ende aß sein Gefährte zumindest die Hälfte des Tellers. Erst dann war Lucius bereit, nachzugeben. Er brachte den Jüngeren noch dazu, etwas Tee zu trinken, half ihm dann, sich hinzulegen und beobachtete, wie der Grünäugige schließlich wieder einschlief, vollkommen erschöpft.
 

„Was mach ich nur mit dir?“, fragte Lucius sich leise, strich wieder über die zu warmen Wangen, sah auf den aufgeschlagenen Geldbeutel und das Bild seines Freundes. Wüsste er es nicht besser, er wäre vermutlich wirklich eifersüchtig geworden, doch so war ihm klar, dass Harry regelrechte Schmerzen hatte, mit dem Verlust einfach nicht klar kam. Vielleicht musste er nur mehr über dessen Ängste rausfinden, um ihm klar zu machen, dass Alles gut werden konnte, wenn sein kleiner Gefährte es zuließ…
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Mit Tränen der Wut in den Augen saß Ginny auf den Stuhl, auf dem man sie festgebunden hatte. Sie glaubte das alles nicht, ihr Leben, ihr in allen Details durchgeplantes und von ihr angestrebtes Leben zog an ihr vorüber und sie wusste selbst, es rutschte in immer weitere Ferne. Nur, weil sie erwischt worden war! Was hatte ihr Vater auch einen Heiler zuziehen müssen, um zu überprüfen, ob das, was der Idiot gesagt hatte, wahr war? Warum hatte man sie nicht einfach in Ruhe gelassen?! Hatte sie denn nicht das Recht auf etwas Spaß verdammt noch mal? Durften nur Männer in der Gegend rumficken?! Und ja, sie hatte ein paar Mal vergessen Verhütungstränke zu nehmen und war natürlich prompt schwanger geworden, hatte diese Blagen aber genauso schnell verschwinden lassen. Sie wusste, wenn Harry zurückkam, um sie zu holen, würde er kaum den Bastard eines Anderen wollen und außerdem war sie nicht bereit, ihren geliebten Job an den Nagel zu hängen.
 

Auch das Ding, das nun in ihr wuchs, hätte sie beseitigt, sobald sie es bemerkt hätte, doch nun waren Andere darauf aufmerksam geworden. Vor Allem ihre Familie. Nun, ihre Mutter war nicht das Problem. Vor Ihr würde sie immer sagen können, dass Andere Schuld waren, selbst ihren Vater würde sie vermutlich noch auf ihre Seite bekommen, doch das Problem waren die Brüder und natürlich die Presse.
 

Ihren geliebten Job als Sucherin, in dem sie so geglänzt hatte, den war sie auf alle Fälle endgültig los. Die Cannons hatten wohl schon gestern offiziell bekannt gegeben, sie nie wiedersehen zu wollen, da man mit einer Mörderin und so einem losen Mädchen, das nicht mal Halt vor Verheirateten machte, nichts zu tun haben wolle. Toll! Ausgerechnet sie musste an Jemanden geraten, der den Müll bei einer Hochzeit noch ernst nahm!
 

Sicher, von Harry, also von ihrem Ehemann hätte sie Treue erwartet, ohne die feste Zusage, dass auch sie das leisten würde, doch sonst waren Männer einfach nur untreue Idioten, die aber zumindest gut zur Befriedigung von Grundbedürfnissen waren.
 

Und jetzt? Jetzt saß sie hier für die nächste, verdammte Befragung! Ob sie nicht wisse, dass die Tränke, die sie zur Abtreibung genutzt hatte, illegal waren, dass man die nur unter Aufsicht von Heilern nehmen durfte, wenn wegen einer Schwangerschaft Gefahr für das eigene Leben gegeben sei. Als ob sie das interessieren würde! Verdammt noch mal, sie wollte ihr Leben und sie wollte es, wie sie es wollte und nicht, wie die Gesellschaft es gern hätte! Früher hatte sie auch immer bekommen, was sie verlangte! Warum sollte sich das nun ändern?! Nur, weil die Gesellschaft dringend Brutkästen wollte? Pah! Das war eine Rolle, die sie nie übernehmen würde!
 

Oh, sie hörte die Fragen, die ihr immer wieder gestellt wurden, doch sie beantwortete sie einfach nicht, sie ignorierte die Auroren und Heiler, Wahrheitstränke durften die ja nicht anwenden, wegen ihres Zustandes. Hätte ja das Blage gefährden können! Sie wollte es nicht! Die konnten das Ding, das da unter ihrem Herzen war, ruhig weg machen! Es war doch nur ein Geschwür, mit dem sie nichts anfangen konnte! Aber die Gesellschaft wollte ja das Kind! Und sie hinter Gittern!
 

Oh, sie hatte den Quibbler gesehen, er war ihr ja von Irgendwem hingelegt worden. Und Ginny hatte es auf die Titelseite geschafft. Doch nicht mit ihren herausragenden, sportlichen Leistungen oder mit ihrer eleganten Schönheit, dem neuesten Kleid, nein, weil sie eine irre Mörderin sei, die es wohl mit Allem treiben würde, was einen Schwanz hatte! Nur, weil sie es mit ihren Kollegen getan hatte! Aber Merlin noch mal, die sahen doch wenigstens gut aus, waren durchtrainiert und fit! Man hatte ihr Bild in der Öffentlichkeit ruiniert!
 

Und Harry, der sie doch beschützen sollte, war nicht da, um ihr zu helfen, wie es doch seine verdammte Pflicht wäre! Er gehörte ihr doch! Alle hatten Ginny immer gesagt, was für ein tolles Paar sie wären und wie gut es passen würde, wenn sie zusammenkommen würden! Sie und der beste Freund ihres Bruders! Sie hätte Lady Potter sein sollen, mit genug Geld um sich alles zu leisten, einem eleganten Anwesen und einigen Kindern, um die natürlich nicht sie, sondern der Andere sich kümmern würde, denn als Familienmensch hatte sie sich noch nie gefühlt, sie wollte keine Brutmaschine werden, wie ihre verdammte Mutter! Sie wollte diesen Fremdkörper in sich nicht, dessen Vater sie nicht kannte! Da waren mindestens neun Leute, die in Frage kamen, sechs davon verheiratet und von den sechs noch zwei Reinblüter die im Leben nicht zu ihr stehen oder das Kind finanzieren würden, weil sie es so wenig wollten, wie Ginny selbst!
 

Vor Wut weiter heulend warf Ginny sich einfach auf das Bett. Es lagen viele Zauber in dem Zimmer, sie konnte dem Leben dieses Fremdkörpers hier kein Ende bereiten und sie wusste, sie stand unter dauernder Beobachtung, selbst, wenn gerade wie jetzt, niemand im Zimmer war. Die Leute waren wohl gegangen, als sie abgeschaltet hatte. Oh, sie würde wieder anfangen, Potter zu suchen, gerade jetzt, wo sie auch noch ihren Job verloren hatte! Und dann würde sie ihm das Leben zur Hölle machen, bis er sie, wie er es schon vor mindestens vier Jahren hätte tun sollen, vor den Altar geführt und sie zu Lady Potter gemacht haben würde! Sie hatte ihn ein Mal gefunden, das würde ihr auch ein weiteres Mal gelingen!
 

Niemand, niemand ging so mit ihr um, dem ersten Mädchen in der Reihe der Weasleys seit sieben Generationen! Sie war magisch stark, schön und begehrenswert! So würde auch Potter nicht mit ihr umgehen! Er würde sie heiraten und dann würde sie mit allem ins Bett steigen, was kam! Denn sie wollte vor Allem den Namen und das Geld, der Junge… mit dem konnte sie nichts anfangen, da war Ginny ehrlich. Sicher, sie würde mit ihm schlafen, mit geschlossenen Augen war sicher auch er zu ertragen, doch er war ihr zu dürr, zu klein, zu nichtssagend. Das Attraktivste waren sein Ruf und sein Geld.
 

Nun, sie würde Pläne machen, zusammen mit ihrer Mutter, in dem Moment wo ihre Eltern sie hier raus geholt hatten und sie sich des unerwünschten Fleischklumpens in ihr entledigt haben würde…
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Nun war Harry schon eineinhalb Wochen hier und zwei Tage davon bei vollem Bewusstsein und immerhin vier Tage wieder bei sich. Nur verstand er von Stunde zu Stunde weniger. Am Anfang hatte er hingenommen, da es ihm nicht gut gegangen war, er hatte still hingenommen, doch nun, wo er immer weniger schlief, war er wirklich verwirrt.
 

Oh, er kannte Lucius Malfoy und dessen Stolz, dessen Arbeitseifer, dessen Konzentration auf die politische Laufbahn, die Alles zu sein schien, was der je gewollt hatte. Harry wusste auch, dass der Mann Draco ein guter, ein immer bewunderter Vater gewesen sein musste, aber warum tat der blonde Aristokrat das?! Jedes Mal, wenn Harry aufwachte, war der Ältere da, versorgte ihn, half ihm und redete mit ihm, war dann auch da, wenn der Jüngere wieder einschlief. Dessen größere Hand in seinen Haaren begleiteten Harry in den Schlaf und Lucius war da, wenn er nachts von Alpträumen geschüttelt aufwachte.
 

Dazu noch die kryptischen Worte von Luna, die ihm gesagt hatte, dass der Erste, den Harry sehen würde, sein Glück sein könne. Aber wie sollte das gehen? Das Andere war ein Mann! Ja, er fand Männer besser, als Frauen, da die immer wollten, das man selbst die Schulter zum Anlehnen war, aber wie sollte er das sein können? Er war so kaputt, er bräuchte Jemanden, doch… auf Männer zu stehen, war… nicht mal in dieser Welt in Ordnung. Das hatte Dumbledore ihn spüren lassen, als er noch nicht mal davon ausgegangen war, dass er vielleicht sein eigenes Geschlecht lieber mochte. Er wusste bis heute nicht, was das ausgelöst hatte, doch Dumbledore hatte damals stundenlang auf ihn eingeschlagen, ihn verhext und gewarnt. Damals hatte er den Glauben an den alten Mann und an sich selbst vollkommen verloren.
 

Sicher wollte Lucius Malfoy sich seinen Ruf nicht so ruinieren! Harry sollte sich zusammenreißen und zurück in seine eigene Wohnung gehen, es war schon zu lang Niemand mehr bei Severus gewesen, sicher stand Unkraut zwischen den Pflanzen auf dessen Grab. Er richtete sich etwas im Bett auf, der Blonde war gerade kurz aus dem Raum gegangen. Also stand er auf, wartete, bis das Zittern aufhörte, das leider immer noch kam, weil sein Kreislauf nicht so toll war. Nun, er hatte nicht viel mitgebracht, er musste nichts mitnehmen. Selbst die Sachen, die er trug, waren nicht seine. Sie gehörten, der Größe nach, Lucius Malfoy selbst. Eines seiner Hemden wohl. Fragte sich nur, wo seine Sachen waren. Nun, er würde sie schon finden. Die mussten in den feinen Dingen ja auffallen.
 

Verwirrt beobachtete Lucius den Jüngeren, der wohl in seiner kurzen Abwesenheit aufgestanden war und nun ziellos nur in seinem Hemd durch das Zimmer tapste, noch immer schwankend und nicht fit. Eine Weile lang sah er sich das an, dann allerdings machte er sich doch bemerkbar. Sein Gefährte war noch lang nicht fit genug, um so herumzuschleichen. „Harry?“, fragte er ruhig. „Was suchst du?“
 

Erschrocken wandte Harry sich um, als er die Stimme hörte, zwang sich dann zum Lächeln. „Ich… wollt nach Haus, ich hab... Ihre Gastfreundschaft lang genug.. beansprucht“, erklärte Harry leise. „Es… geht mir gut, ich kann wieder heim.“
 

„Das ist jetzt doch wohl nicht dein Ernst!“, knurrte Lucius um sein Entsetzen zu überspielen. „Erstens bist du alles Andere als fit und gehörst immer noch in ein Bett und unter Beobachtung, zweitens beanspruchst du gar nichts, was ich nicht gern gebe und drittens – diese Lumpen geb ich dir sicher nicht wieder! Außerdem hab ich doch gesagt, du sollst mich duzen.“ Er seufzte schließlich, brachte den Jüngeren wieder zurück in sein Bett. „Warum willst du wirklich weg?“, fragte er nach kurzer Zeit sehr direkt, strich seinem kleinen Gefährten über die Haare.
 

Verdattert starrte Harry auf den Blonden, der ihn einfach wieder ins Bett gebracht hatte, als sei er ein Kind. Stark, bestimmend und klar. „Ich…“ Wie immer, wenn er unsicher war, blieb ihm einfach die Stimme weg.
 

„Harry, ich habe dich nicht einfach so hierher gebracht“, begann Lucius ganz ruhig. Er wusste, die Wahrheit zog bei diesem Jungen am besten, das hatte Sev ihm mehr als ein Mal ganz klar gesagt. „Abgesehen davon, dass man Niemanden in der Kälte allein lässt, ist da noch mehr. Sev hat mir immer gesagt, dass du dir nichts mehr gewünscht hast, als eine Familie – ist das immer noch so?“, fragte er sehr direkt.
 

Wortlos starrte Harry den Andren an, minutenlang. Was redete Lucius da? Er wusste nicht, worauf das hinauslaufen sollte! Ja, natürlich wünschte er sich eine Familie, aber wie zum Henker sollte er die denn je bekommen? Er konnte keine Beziehung mit einer Frau führen, aber das, was er wollte, würde man ihm auch nicht geben können! Trotzdem merkte er, wie er selbst nickte. Ja, er hatte mit Sev oft darüber geredet, dass er eine Familie wollte. Es war eines seiner Hauptthemen gewesen, wenn es nicht gerade um den Krieg gegangen war.
 

„Ich weiß, dass das für dich sicher gerade sehr seltsam klingt, aber genau das ist es, was ich dir geben könnte“, erklärte der Blonde, setzte sich zu dem Jüngeren, nahm dessen Hände in seine. „Eine Familie, die weit größer ist, als die meisten Menschen in England auch nur ahnen.“
 

Okay, nun wurde es makaber. Harry starrte auf den entschieden zu attraktiven Mann, der doch von jeder Frau in England umschwärmt sein musste. Da er als Spion und Kriegsheld galt, störte sich bei ihm auch Niemand an dem immer noch zum Teil vorhandenen Tattoo an dessen Unterarm. „Wie denn?“, fragte er nur, für eine Adoption, die er auch gar nicht wollte, war er ohnehin zu alt und den einzigen Dad, den er gern gehabt hätte, war Sev gewesen, der ihn verstanden hatte. Sie hätten sich gegenseitig helfen können. Bei Malfoy… erwachten ganz andere Dinge in ihm. Dinge, die strikt verboten waren und die ihn nur in richtige Schwierigkeiten bringen würden! Dumbledore hatte damals gesagt, er solle froh sein, dass der Mann diese falschen Dinge jetzt aus ihm raus prügeln würde, denn wenn das Ministerium davon erfahren würde, würden die noch ganz anders mit ihm umgehen. „Wie denn?“, fragte er nur tonlos.
 

Sanft, aber mindestens genauso bestimmt hob Lucius das Kinn, um den auf den Boden gerichteten Blick zu ihm selbst zu bringen. Er lächelte etwas, strich über dessen Wange. „Weil du mein Gefährte bist. Du und… Harry?“, fragte er ein wenig irritiert, als der Jüngere einen regelrechten Satz von ihm weg machte. „Was hast du?“
 

„Nein!“, rief Harry sofort, nun wirklich panisch. Oh, er wusste, was das bedeutete. Immerhin hatte Bill eine Veela geheiratet und Hermine hatte ihm seit dem dritten Jahr vorgeschwärmt, wie toll es doch wäre, so was zu haben und das die oft Alles für einen täten. Ein schöner Kleinmädchentraum, Haken an der Sache war eben nur – er war kein verdammtes Mädchen!
 

„Äh… doch“, konterte Lucius, einfach nicht verstehend, wo das Problem war. „Mein magisches Blut würde sich nicht täuschen lassen. Wo ist dein Problem?“, fragte er leise und immer noch freundlich, sich nicht anmerken lassend, dass ihn diese Reaktion verletzt hatte, Sev hatte ihn früher oft genug gewarnt, dass hinter einigen Reaktionen, die ihm komisch vorkamen, Unwissen, Angst und Verrat Anderer stecken könnte.
 

„Ich… ich bin ein Mann!“
 

„Und?“ Okay, wo war denn da das Problem? Gut, er wusste, Muggel waren da sehr… unmöglich, sie verurteilten gleichgeschlechtliche Liebe, sie waren in ihren kleinen Geistern vollkommen eingeengt, nicht bereit, neue Konzepte auch nur zuzulassen, weswegen er ja auch nur so wenig für diesen Menschenschlag übrig hatte, aber Harry lebte doch inzwischen seit zwölf Jahren in der und mit der magischen Welt, die ihn, ein Mal betreten, auf die ein oder andere Weise nicht mehr losgelassen haben dürfte! Hier war das nichts Unübliches. Es war so normal, dass es nicht mal weiter Erwähnung fand! Einer der Gründer von Hogwarts war mit einem Mann zusammen gewesen, sein Bruder war mit einem verheiratet, soweit er wusste, schwärmte Charles Weasley selbst für sein Geschlecht und sogar keinem Geringeren als Merlin dem Großen wurden Liebeleien nachgesagt! Es spielte einfach keine Rolle! Wenn Magie kompatibel war, waren es die Menschen auch, wenn sie sich gegenseitig ergänzten, war es selbstverständlich, zusammen zu kommen oder zusammen zu sein!
 

„Das… das ist… es ist… verboten!“, beharrte Harry, starrte auf den Mann, der es doch wirklich besser wissen musste! „Ich…. Das Ministerium, sie würden nicht nur… Sie schmeißen, sondern… ich … ich kann nicht wieder nach Azkaban“, flüsterte er, spürte, wie sein Kopf begann, leichter zu werden, wie immer, wenn er kurz vorm Umkippen war, ein inzwischen durchaus vertrautes Gefühl. Selbst wenn Harry gewollt hätte und ja, er fand Lucius Malfoy attraktiv, er hätte sich schon aus purer Angst nicht eingelassen, war nun noch mehr davon überzeugt, schleunigst seine Sachen packen zu müssen.
 

„Verboten?“, fragte Lucius, nun wirklich verwirrt. „Warum sollte das verboten sein?“, er achtete darauf, ganz ruhig zu sprechen, da Harry gerade jede Farbe verließ. „Warum sollte man dir vorschreiben, wen du zu lieben hast?“ Ging es darum? Dass man Harry Potter nicht erlauben wollte, zu heiraten, wen er wollte?
 

„Weil… es unnatürlich ist! Männer… heiraten nur Frauen! Das… haben Alle immer… gesagt…“ Ron hatte das betont, Remus hatte Tonks geheiratet, Siri immer für eine andere Frau geschwärmt, Sev für seine Mutter, Percy für seine Angelina, Bill für Fleur.
 

„Bitte was?“, fragte Lucius, nun wirklich entsetzt. Er sah, wie der Jüngere, der nun noch mehr aussah, wie ein Fünfzehnjähriger begann, zu hyperventilieren. Ohne sich abwimmeln zu lassen, packte er seinen immer bleicher werdenden Gefährten, zwang Diesen, sich so zu beugen, dass der Kopf praktisch zwischen dessen Beinen war. Harry sollte nicht umkippen, nicht gerade jetzt! „Wie kommst du darauf? Warum sollte das verboten sein?!“ Gut, er hätte verstanden, wenn Leute gesagt hätten, sein Gefährte habe als Harry Potter ein Bild zu erfüllen, aber ein Verbot einer gleichgeschlechtlichen Beziehung? Wo befanden sie sich denn? Im tiefsten Mittelalter der Muggelzeit, wo man dafür verbrannt oder auf andere Weise umgebracht worden war?! „Wer hat dir den Müll denn erzählt? Ich arbeite im Ministerium und ich garantiere dir, das ist absoluter Unsinn! Wir können direkt Jemanden von dort hierher beordern, vielleicht den Minister für Familie. Oder gleich den Minister der magischen Welt! Madame Bones wird dir gern erklären, dass das einfach nur eine dicke, dumme Lüge ist! Mein eigener, jüngerer Bruder ist mit einem Mann verheiratet und danke, sehr glücklich mit dieser Situation.“
 

Die Worte drangen zwar zu Harry durch, doch im ersten Moment machten sie einfach keinen Sinn. Die Stimme von Dumbledore nach stundenlanger Folter schwebte wieder über ihm, während sein Kreislauf sich beruhigte und der Blonde ihn einfach an sich zog, so, dass er praktisch auf dessen Schoß saß. Ein noch seltsameres Gefühl. Sicher, richtig. Nicht so unangenehm, wie es sein sollte. Das war schon mal sicher. „Aber… Dumbledore…e r..er hat… mir weh getan, lang, nur, um mir klar zu machen, dass… es verboten ist und… dass man Schlimmeres mit mir tut, wenn… ich je etwas mit einem Kerl… anfange“, flüsterte er, als er sicher war, nicht mehr umzukippen. Oh, er hatte es noch deutlich vor Augen. Der Tag, als er ins Büro und von da aus in ein Nebenzimmer gebracht worden war, kurz nach einem komischen Test für was auch immer, zu einer Zeit, wo er für Cho und andere Leute geschwärmt hatte.
 

Dumbledore. Warum wunderte Lucius das nur nicht? Ja, er wusste, dass der Mann geglaubt hatte, dass die Liebe zu einem gleichgeschlechtlichen Partner verboten gehören würde, da es nicht in dessen Bild passte. Gleichzeitig war es in einigen Kreisen aber auch ein offenes Geheimnis, dass der Irre doch selbst auf Kerle gestanden hatte! Ehemalige Anhänger Grindelwalds, die einen Großteil der Erstunterstützter des Lords gebildet hatten, hatten sogar von einer Affäre zwischen dem dunklen Zauberer und Dumbledore gesprochen.
 

„Harry, egal, was er dir gesagt hat, es war eine Lüge, eine ziemlich Dreiste noch obendrein. Beziehungen zwischen Männern sind nicht verboten oder auch nur verpönt. Ich habe Kollegen im Wizgamont, die männliche Partner haben und die glücklich damit sind. Niemand verfolgt sie und sicher landet man deswegen nicht in Azkaban.“ Es war traurig zu wissen, dass dieser zarte, junge Mann selbst eine traumatisch lange Zeit dort verbracht haben musste, ein weiteres Mal umgeben von den zurückgekehrten Dementoren.
 

Was? Noch mehr Lügen? All das, was er durchgemacht hatte, die Zauber, die Schläge, die Peitsche, das Gefühl, dass seine Knochen wieder und wieder brechen würden, später seine Einsamkeit, als er dann, kurz vor der Schlacht, tatsächlich festgestellt hatte, wohl auf sein eigenes Geschlecht zu stehen, etwas, das er nicht mal Sev anvertraut hatte, aus panischer Angst, diesen zu verlieren.
 

Hilflos sah Lucius, wie sein Gefährte in sich zusammenbrach, sichtlich fertig mit den Nerven, überfordert mit den neuen Informationen und dem, was man mit ihm getan haben musste. Was hatte Dumbledore seinem Gefährten angetan? Was hatte dieses Schwein gewagt, zu tun?! Er drückte Harry, der sich dieses Mal nicht wehrte, enger an sich, sprach leise auf das zitternde Nervenbündel ein und wiegte ihn hin und her, während er schon überlegte, wie er diesen angeblichen Kriegshelden am besten demontieren und entehren konnte. „Ruhig, es ist gut, es ist Alles gut, ich schütze dich“, wiederholte Lucius wie ein Mantra, nahm sich vor, seinen Bruder hierher zu zitieren. Vielleicht würden Beispiele helfen, zusammen mit Charles Weasley.
 

Nicht verstehend, erschöpft und all die offensichtlich unnötigen Schmerzen vor Augen glitt Harry erneut in einen Schlaf ab, gehalten von starken Armen, er merkte nicht, wie er vorsichtig wieder in die Kissen gelegt wurde.
 

Lucius dagegen tobte. Gefoltert. Dumbledore hatte Harry gefoltert. Und er war sich sogar sicher, wie das abgelaufen war. Dumbledore hatte den Test gemacht, von dem Percy geredet und den die Zwillinge wiederholt hatten, der Mann hatte seinen Namen gesehen und beschlossen, dass das nicht nur nicht in sein Weltbild, sondern vor Allem nicht in sein Kriegskonzept passte, wohl wissend, dass Lucius seinen minderjährigen Gefährten mit Klauen und Zähnen verteidigt und ein Ausnutzen für den Krieg nicht zugelassen hätte. Also hatte man seinem Gefährten höllische Panik vor den eigenen Bedürfnissen gemacht. So sehr, dass er darüber nicht mal mit Severus gesprochen haben dürfte, denn so was, das hätte sein bester Freund erwähnt. Zweifellos.
 

Gut, aber nun wusste er, wo das Problem lag, es würde einfach sein, Harry die Gesetze zu zeigen und ihm klar zu machen, dass diese Dinge erfunden waren, es würde aber viel mehr kosten, den Jüngeren aus der Schale zu locken. Sanft deckte er Diesen zu, küsste ihn, wie so oft, auf die Stirn und ging dann in den Nebenraum, wo er eine Handvoll Floopulver in den Kamin warf. „Greenbay House!“

Es dauerte nicht lang, bevor ein Kopf im Kamin erschien. Ein Mann mit blonden, kurzen Haaren und denselben silbergrauen Augen. „Brüderlein? Was willst du denn? Seit wann rufst du freiwillig, außerhalb von Geburtstagen, an?“
 

„Mattie, ich hab keine Zeit für Späße“, erklärte Lucius nur knapp. „Weißt du, was passiert ist? Ich hab Dad gebeten, dir Bescheid zu sagen.“
 

„Ach das, ja, ich weiß von deinem Gefährten. Glückwunsch. Aber warum rufst du an? Nicht, dass ich mich nicht freuen würde.“
 

„Ich hab ein Problem.“
 

„Das… war mir fast klar.“
 

„Ein Gewaltiges. Man hat meinem Gefährten eingeredet, dass gleichgeschlechtliche Beziehungen rechtlich verboten und mit hohen Strafen belegt sind, er hat sich so in eine Panik gesteigert, dass er fast umgekippt ist. Mattie, er wurde gefoltert! Und… ich dachte, wenn er dich und Jaden kennenlernen würde, ist es für ihn einfacher, zu verstehen.“
 

„Man hat… was? Ist der Junge des Lesens nicht mächtig oder was?“, fragte Mattie leicht irritiert. Oh, er wusste von der Gefährtensache und hatte sich diebisch gefreut, wohl wissend, dass es nun immer Jemanden geben würde, der den Älteren effektiv ausbremsen würde. Da würde er mal sehen, wie man sich fühlte, wenn man nicht wusste, was los war! Allerdings hatte er den Namen nicht mitbekommen, denn immerhin hatte er nur einen kurzen Flooanruf von seinem Vater bekommen, eine Art Vorwarnung, da Lucius nun mal gern vergaß, ihn zu informieren, denn Irland war ja im Ausland und unerreichbar fern.
 

„Du…!“, Lucius musste sich auf die Zunge beißen, um nicht auszurasten, so Harry zu wecken und den jungen Mann aufzuregen, der ohnehin immer Alpträume hatte. Stattdessen entschloss er, Mattie was zu erklären. „Er hatte keinen Zugang zu dieser Art Literatur, er war zu beschäftigt, irgendwie am Leben zu bleiben und ich fürchte, er war stärker überwacht, als Gobblins es mit Gold tun.“
 

„Merlin, wen hast du dir denn angelacht?“, fragte Mathew verwirrt. „Wer wird denn so überwacht?“
 

„Harry Potter…“, warum hatte Dad dem Anderen denn das nicht auch gesagt? Das war nicht fair! Mattie war immer gleich am Brüllen und… ja, da war es. Allerdings klang es mehr nach einem japsenden Fiepen. Gut. Harry sollte schlafen. „Und glaub mir, ich weiß noch nicht viel, nur, dass ich, wenn ich könnte, wie ich wollte, Dumbledore aus seinem Grab zerren und ihn öffentlich unter Spott nackt pfählen würde!
 

Gut, das war… typisch Lucius. Gewalt war für den immer die beste Lösung gewesen, aber diese Aggressionen überraschten den Jüngeren trotzdem. „Ich nehme an, dass du das nicht am Feuer besprechen willst?“
 

„Bedenkt man, dass ich zehn Jahre älter bin und diese Geschichte wohl erschreckend lang zu sein scheint, würde ich es bevorzugen, wenn ich sie nicht kniend erzählen müsste, ja“, knurrte Lucius. „Also beweg dich und deinen Mann für ein, zwei Wochen hierher!“
 

Das brachte Mattie wieder zum Lachen. Alter Mann! Das war gut! Der Mann würde länger leben, als sie alle, solang dessen Gefährte nicht gekillt werden würde, was sehr unwahrscheinlich war, bedachte man Lucius‘ überbeschützende Art, die schon den fünfjährigen Draco immer in den Wahnsinn getrieben hatte. Aber gut, sein Bruder hatte die zehn Jahre zwischen ihnen bei Allem als Ausrede genommen. Nur, dass er es dieses Mal verstand. Es ging nicht um Lucius, sondern zweifellos um den Jungen. „Ich muss erst mal frei nehmen, vor übermorgen kann ich nicht kommen. Und Jaden muss auch Urlaub nehmen.“
 

„Seht zu, dass ihr das schnell tut“, blaffte Lucius nur, bevor er sich wieder auf die Beine arbeitete und seine Elfen nach einigen Bänden schickte, in denen geltendes, magisches Recht abgedruckt war. Tatsachen könnten Harry helfen.

Besuch am Friedhof

„Nun?“, fragte Charlie ruhig. „Was genau hattet ihr zwei damit zu tun?“, ihm steckte immer noch der Schreck in den Knochen, denn nicht jeden Tag bekam man einen Flooanruf von einem aufgebrachten Lucius Malfoy, der die Anwesenheit eines Mitglieds einer Familie verlangte, mit der er eigentlich eine uralte Fehde führte. Er war tatsächlich nach England gekommen, es war eine gute Ausrede bei seinem Chef gewesen, er hatte ohnehin kommen wollen, denn er musste mit seinem Vater auch über Ginnys Verhalten reden, das so nicht zu tragen war. Etwas, was er bei seiner Mutter nicht versuchen musste, aber er wollte nicht mehr dem Spott seiner Kollegen ausgesetzt sein! Ja, die Geschichte mit dem Verhalten seiner kleinen Schwester hatte ungeahnte Wellen weit über England hinaus geschlagen.
 

„Womit?“, fragte Fred ruhig. Immerhin war Charlie hier rein gestürmt und begann, nach Schuld zu fragen und er war sich gerade nicht sicher, was der Ältere wollte. „Wir haben Ginny garantiert nicht gesagt, sie soll sich benehmen, wie eine Nutte in der Nokturngasse!“
 

„Zwei Worte: Lucius Malfoy“; knurrte Charlie nur, denn er hatte keine Ahnung, was der durchaus gefährliche Aristokrat von ihm wollte.
 

Das brachte beide Zwillinge zum Grinsen, sie stießen sich gegenseitig mit den Ellenbogen an, bevor, wie üblich, wenn es um was Ernsteres ging, Fred zu sprechen begann. Und ja, Charlie konnte sie auseinanderhalten, ohne auf das fehlende Ohr zu hoffen, der Ältere war der Vernünftigere und der charakterstärkere der Beiden.
 

„Nun… wir könnten das Ergebnis eines Tests so auf dem Tisch liegen gelassen haben, dass Perc es gefunden und zu Malfoy gebracht haben könnte…“
 

„Test? Ergebnis? Warum sollte Percy wegen so was zu Malfoy?!“
 

„Na ja, da drauf stand immerhin, dass Harry Malfoys Gefährte ist“, grinste George stolz, immerhin war er auf die Idee mit dem Test gekommen, denn er wusste noch, wie Harry ihnen damals von einem erzählt hatte, bevor man ihn geschlagen hatte, wegen etwas, von dem er noch nicht mal gewusst hatte. Sie hatten Einiges ausprobiert, bis sie sich an Dumbledores Tick erinnert hatten, überall das Blut magischer Wesen zu suchen. Fred hatte daraus schließlich die richtigen Schlüsse gezogen.
 

„Bitte – was?“, piepste Charlie.
 

„Ge-fähr-te“, sprach George amüsiert und extra langsam.
 

„Wir wollten Harry aus seiner Depression holen, es geht ihm nicht gut“, erklärte Fred nun langsam. „Und wenn Jemand ihm helfen kann, dann doch sicher sein Gefährte. Ich mein, so schlimm kann der Mann nicht sein und er kann Harry nicht verletzen. Wir wussten nicht, was wir sonst noch tun sollen, wir haben uns so große Sorgen gemacht…“
 

„Aha“, murmelte Charlie, der gerade ziemlich… erstaunt war. Okay, zu viele Infos zu schnell. „Nur warum muss ich da auftauchen? Ich glaub nicht, dass Harry nach mir gefragt hat.“ Oh, er mochte den Grünäugigen, wusste aber auch, dass der sich in sich selbst verkrochen hatte und kaum noch Jemandem eine Regung gab, er gehörte nicht zu den Glücklichen.
 

„Wir haben keine Ahnung“, gab George zu. „Aber sicher hat Malfoy seine Gründe. Allerdings musst du ja auch schnell da gewesen sein, warum? Ich dachte, es dauert immer, bis man bei euch Urlaub bekommt!“
 

„Ehrlich gesagt, ich bin nicht nur wegen Harry hier, ich bin hier, weil ich mit Dad sprechen muss.“
 

„Ginny“, stellte Fred tonlos fest. Er war einfach nur froh, dass sie kaum noch was mit dieser Schwester zu tun hatten, die trotzdem das Geschäft kaputt machte, ihre Einnahmen waren durchaus zurück gegangen. Gewaltig. Zumindest in England. In Spanien, Russland, Polen, Deutschland und Rumänien nicht, aber trotzdem. Es war ärgerlich. „Sie hat sich aufgeführt, wie ein Flittchen, sie spuckt ihre Betreuer an, will das Kind umbringen, schreit, sie sei Lady Potter und Harry würde kommen, um sie zu holen und obendrein hat sie gesagt, sie hätte kein Leben abgetrieben, sondern hässliche Fleischklumpen aus ihrem Körper haben wollen. Sie muss mit Unmengen von Männern geschlafen haben, hat sich ihnen an den Hals geworfen. Und sie meint, das sei in Ordnung! Eine…. Eine Befragung hat sogar ergeben, dass auch eine Hochzeit oder Bindung sie von so was nicht abhalten würde…“
 

„Sie stellt uns wirklich alle bloß!“, knirschte Charlie einfach nur, der gehofft hatte, dass die Zeitungen Dinge nur aufbauschten. „Wisst ihr, dass Bill den Namen Delancour angenommen hat?!“
 

„Es wundert uns nicht“, entgegnete Fred.
 

„Was ist… mit unseren Eltern?“
 

Beide identischen Brüder senkten ihre Köpfe, seufzten leise auf, bevor Fred erneut das Sprechen begann. „Molly glaubt, Harry wäre an Allem Schuld und er müsste es wieder in Ordnung bringen, ihre Prinzessin hätte sich nie so benommen, hätte er sich verhalten, wie ein Mann und wie es von ihm erwartet wurde, sie will Ginny nicht nur raus aus der Überwachung, sie ist für die Abtreibung und versucht, die Cannons wegen des Rauswurfes rechtlich anzugehen. Sie blamiert uns gerade mindestens so, wie Ginny es tut und Dad… Dad ist nur noch im Ministerium, schläft da, geht Allen, auch uns, aus dem Weg und brütet vor sich hin. Er… gibt Harry auch den großen Teil der Schuld, aber ihm ist das Alles wohl vor Allem schrecklich peinlich…“
 

„Super“, knurrte Charlie. „Nun, ich muss mit den Beiden reden. So geht es nicht weiter! Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, auch, wenn sie hässliche Folgen haben könnten, aber da es nach dem Krieg mit dieser Familie ohnehin nur bergab gegangen ist, kann das ja so schlimm gar nicht mehr werden.“
 

Die Zwillinge beschränkten sich darauf, die Augenbrauen zu heben. „Wie du meinst. Ach, wenn du bei Malfoy bist, grüßt du unseren Harry von uns?“, baten sie schließlich. „Und sag ihm, dass wir bald mal einen Besuch erwarten.“
 

Charlie lachte leise, wuschelte seinen beiden Brüdern über die Haare, auch, wenn das heftigste Proteste bei den immerhin auch schon Fünfundzwanzigjährigen auslöste, die er gar nicht beachtete. Er war der Ältere, er war der große Bruder, er durfte das, so einfach war das, besser, die Zwei gewöhnten sich gar nicht erst an was Anderes.
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Ruhig und gelassen beobachtete Lucius, wie sein Gefährte wohl langsam wieder aufwachte. Er hatte lang geschlafen nach dem Gespräch, vermutlich überfordert von diesen Informationen. Nun, immerhin hatte er so Zeit gehabt, einige Dinge zu erledigen. In einigen Tagen würde sein jüngerer Bruder mit Mann auftauchen und Charles Weasley ebenfalls. Vielleicht konnten die Harry bestätigten, dass der nichts zu befürchten hatte. Bücher mit den Gesetzestexten lagen auf dem Nachtschrank bereit, jeweils mit Lesezeichen an den betroffenen Stellen.
 

Der Blonde strich leicht über die erstaunlich helle Haut des Anderen, lächelte in sich hinein, umgeben von diesem herrlichen Geruch, der ihm in der Nase lag. Doch er hielt sich zurück, tat nicht, was er eigentlich gern tun würde. Denn Harry war noch nicht soweit, er wusste, er konnte sich nur nach dem Tempo des Jüngeren richten.
 

Erneut erwachte Harry, wieder aus einem Schlaf ohne nennenswerte Alpträume, erneut umgeben von der ihm ungewohnten Wärme, die sogar dafür sorgte, dass er nicht dauernd das Gefühl hatte, auf Eis zu sitzen. Malfoy, er war immer noch bei Malfoy! Aber…! Aber er hatte doch gehen wollen! Warum..? und dann fiel es ihm wieder ein. Die Worte des Anderen, seine eigenen Neigungen, die Panik, die in ihm aufgestiegen war. Weg, er wollte nur noch weg, egal, wie angenehm die letzten Tage auch gewesen sein mochten, er wollte weder zurück nach Azkaban noch sonst was! Allerdings… war er wieder nicht allein. Er spürte die inzwischen vertrauten Hände, die durch seine Haare strichen. Und es fühlte sich gut an – zu gut, wie er sehr wohl wusste.
 

„Komm, Harry“, bat Lucius ruhig. „Es ist Zeit, dass du was isst, du hast mehr als zwölf Stunden geschlafen“, bat er, merkend, dass der Andere sehr wohl wach war, aber einfach nicht aufstehen wollte, nicht bereit, sich der veränderten, für ihn vermutlich erschreckenden Situation zu stellen. „Das Essen ist gleich hier.“
 

Er konnte sich nicht drücken, das wusste Harry. So gern er es auch wollte. Malfoy wusste, er war wach. Also öffnete er zumindest die Augen, blinzelte, als das inzwischen vertraute, fast alterslos wirkende Gesicht sich in sein Sichtfeld schob. Da waren keine Fältchen, wie bei Sev, die Sorgenfalten, die sich tief in dessen Züge gegraben hatten, die Verbitterung und Hoffnungslosigkeit. Der Mann vor ihm hätte zwanzig so gut wie vierzig sein können. Und er bestand darauf, dass Harry sich aufrichtete. Er blinzelte.
 

„Guten Morgen“, lächelte Lucius, half Harry, sich aufzusetzen und musterte den Jüngeren eine Weile, beschloss dann, da weiter zu machen, wo sie aufgehört hatten. „In ein paar Tagen kommt mein jüngerer Bruder, der übrigens mit einem Mann verheiratet ist und in Irland lebt, was ebenfalls zur magischen Welt Englands gehört und neben dir befinden sich alle gültigen Gesetzestexte, mit den entsprechenden Auszügen zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften.“ Er strich leicht über die Wange, beobachtete das Weiten der Pupillen, bemühte sich um ein ruhiges, freundliches Lächeln. Das Essen, frisch getoastete Sandwiches, tauchte vor ihnen auf, doch erst mal beachtete er das gar nicht. „Ich meinte, was ich gesagt habe und ich lass dich nicht weg…“
 

Oh Merlin! Das war nicht gut, das war gar nicht gut! Harry spürte, wie sich alles in ihm zusammenzog, sein Blick glitt zu den Büchern, die sich auf dem Nachtschrank an der Seite des Bettes stapelte, wo er immer schlief. Aber….! So lange…! Er hatte immer geglaubt, dass das falsch, sogar ungesetzlich war, in der ja durchaus etwas altmodischen Gesellschaft der magischen Welt!! Erneut spürte Harry, wie er schneller zu atmen begann, während die so in ihn eingeprügelte Panik vor sich selbst wieder an die Oberfläche drängte. Er spürte, wie der Ältere ihn packte und einfach auf den Schoß zerrte, der Arm, der sich um seine Mitte legte, die Stimme, die ihm mit erstaunlicher Kraft befahl, ruhig zu atmen.
 

Lucius war wenig erstaunt, als der Jüngere erneut zu hyperventilieren anfing, strich mit einer Hand über dessen Burst, mit der Anderen strich er Harry über die Seite. Es war mal wieder eindeutig, wie sehr man den Jüngeren verletzt hatte. Und für was? Nur, um die Kontrolle behalten zu können! „Es ist gut“, murmelte er, nicht mal sicher, ob sein Gefährte die Worte wahrnahm. „Ich verspreche dir, es wird Alles gut“, versprach er trotzdem. Es dauerte etwas, doch dann wurde Harry endlich wieder ruhiger, ließ sich sogar gegen ihn sacken. Erst jetzt griff der Blonde nach dem Tablett, hielt seinem Kleinen die Köstlichkeiten aus der Küche unter die Nase. „Iss etwas, danach lese ich mit dir die Bücher.“
 

„Ich… ich will zu… Sev“, flüsterte Harry schließlich, nahm aber einen der Toasts in die Hand. Er musste einfach zu dem Ort, wo er wenigstens etwas zur Ruhe kommen würde! Er war so lang nicht mehr am Grab gewesen, wo er sonst jeden Tag, manchmal mehr als ein Mal gestanden hatte! Er musste einfach Ruhe finden und nachdenken!
 

Allein das brach Lucius fast das Herz. Der Junge wollte zu einem Grab. Na ja, vermutlich wollte sein Gefährte etwas ganz Anderes, aber das konnte ihm Niemand möglich machen. „Wir können heute Nachmittag zum Grab“, stimmte Lucius trotzdem zu. „Dann kannst du in deine Wohnung, um die Sachen zu holen, die du wirklich brauchst.“
 

Okay, das war nicht, was Harry gewollt hatte! Er wollte allein dahin! Doch nur ein Blick auf die Hände, die ihn noch immer nicht losgelassen hatten, sagte ihm, dass er da lang warten konnte. Malfoy würde ihn nicht aus dem Blick lassen, nicht zulassen, dass er verschwinden konnte. Und die Malfoys schienen ja immer zu bekommen, was sie wollten. Harry wusste, er sollte sich wehren, doch er konnte nicht, zu ruhig fühlte er sich in den Armen des Blonden. Zu beschützt und sicher, abgeschirmt von der Welt. Er nickte, um zu verhindern, dass der Ausflug ganz abgesagt werden würde, nicht sicher, ob er wirklich in seine Wohnung wollte, um seine Sachen zu holen. Na ja, vielleicht würde Malfoy das Haus sehen und keinen Schritt weiter tun, denn die Wohnanlage für die unterste Muggelschicht stank immer unter aller Sau. Darum war es ja immer ein so gutes Versteck gewesen.
 

„Gut“, nickte Lucius erleichtert. Entweder Harry hatte schnell gelernt, dass er nicht gegen ihn ankam, wenn er was wollte, oder er war zu erschöpft, um was zu sagen. „Dann iss deinen Toast.“ Er rief eine Hauselfe, befahl ihr, Kleidung für Harry zu holen, der Blonde fürchtete, dass seinem Gefährten Dinge passen würden, aus denen sein eigener Sohn raus gewachsen war, seit der sechzehn Jahre erreicht hatte.
 

Da er keine Lust auf Diskussionen hatte, begann Harry, den Toast zu essen, doch nach kaum der Hälfte war ihm einfach zu schlecht. Er musste zwei Tränke nehmen, keine Ahnung, was das eigentlich war, anschließend, immer noch auf dem Schoß des Älteren, was sehr seltsam war, wurden ihm die Gesetzesbücher gezeigt, die Harry richtig wütend machten. Da gab es Paragraphen, in denen eindeutig stand, dass es wohl normal sein musste, wenn man mit einem gleichgeschlechtlichen Partner zusammenlebte und die Gesetze zum Teil richtig alt waren. Es schien richtig normal zu sein! Er wusste, er heulte wieder, doch dieses Mal war er nicht allein mit diesen Schmerzen, die zwar nicht körperlich aber kaum weniger heftig waren. Allerdings wurden seine Tränen immer wieder weggewischt.
 

Lucius sah, wie schwer sein Gefährte sich mit all den Informationen tat und wie weh sie Diesem zweifellos taten, doch Harry verlor nicht ein Wort über das warum oder was genau man mit ihm getan hatte, er weinte nur stumm vor sich hin, fast drei Stunden lang. Erst dann hatte der sich beruhigt, doch vermutlich nicht wirklich begriffen. Nun, zumindest schien er zu verstehen, dass man ihn belogen hatte, was immerhin ein Anfang war.
 

Nun musste Harry nur noch begreifen, dass es viele homosexuelle Pärchen gab, die ganz offen und durchaus zufrieden lebten, ohne sich zu verstecken und dass Niemand sich versteckte, dass es nicht mal was Besonderes war und eigentlich Niemand sich nach solchen Leuten umwandte, außer sie gehörten eben zu diesem eingeschränkten Kreis von Leuten um Dumbledore, die ihre eigenen alten Geschichten vergaßen oder die aus der Muggelwelt kamen und ihre verkommene Religion und deren bescheuerten Gebote mitgebracht hatten.
 

Schließlich hatte Lucius ihn ins Bad geschickt, wo ein Stapel Kleidung auf Harry wartete. Er duschte sich, zog sich an. Die Sachen waren weit besser, als seine üblichen Dinge. Warum hätte er sich auch rausputzen sollen? Für was oder für wen? Er trug immer noch die alten Sachen, die er von Dudley hatte oder die wenigen Dinge, die Sev ihm vor Azkaban und vor dessen Tod gekauft hatte, aber die nur zu besonderen Anlässen. Was nichts daran änderte, dass auch die nach vielen Jahren aufgetragen waren. Von dessen eigenen Sachen hatte Harry kaum etwas retten können. Nur zwei seiner alten Schulroben, in denen der Geruch nach seinem einzigen Vaterersatz langsam zu schwinden drohte. Eine davon lag immer auf dem schmalen Bett, in dem er schlief, sie roch inzwischen mehr nach ihm selbst, war kaum mehr als eine weitere Erinnerung. Er wusste nicht, ob er wirklich wollte, dass Lucius das sah, aber was für eine Wahl hatte er schon groß? Malfoy würde sich wohl nicht abbringen lassen, das hatte der deutlich gezeigt.
 

Unsicher blickte Harry in den Spiegel, überrascht über seinen eigenen Anblick. Er sah nicht mehr ganz so dürr aus, gut, immer noch zu jung und ohne eine Spur von Bart, aber darauf hoffte er ohnehin schon lang nicht mehr. Schon Sev hatte ihm gesagt, dass das sehr unwahrscheinlich wäre. Seine längeren Haare verbargen viel, eine Narbe hatte er nicht mehr und eigentlich – sah er Sev gar nicht mehr so unähnlich. Jeder würde ihm in der magischen Welt den neuen Namen glauben. Nicht, dass er vorhatte, dahin zurückzukehren.
 

Er starrte sich einfach an, minutenlang, bevor er das Klopfen hörte. Malfoy wartete. Und der Mann würde sicher nicht davor zurückschrecken, hier rein zu stürmen. Also trat er wieder raus, nickte dem Blonden zu, der ihm kurz über die Wange strich.
 

„Fehlt dir noch was?“, fragte Lucius, der beobachtete, wie sein Gefährte an ihm vorbei und zum Nachtkästchen schlich, wo er den kleinen Spaten holte, den der Blonde inzwischen wiedererkannt hatte. Es war der aus Sevs Arbeitsgeräten, mit dem charakteristischen SS am Griff.
 

„Neue… Blumen.“
 

„Es gibt einen netten, kleinen Laden in der Nok…“
 

„Nein! Ich… ich setz keinen… Fuß mehr in die magische Welt! Ich… ich kann nicht!“, reagierte Harry heftig. Ja, Luna hatte gesagt, dass er an einem Tag im Ministerium sein musste, was er – nur für Sev – auch tun würde, doch sonst weigerte er sich, diese Welt, die ihm nur noch mehr Leid gebracht hatte, wieder zu betreten. Er hatte seinen Zauberstab nie zurückgefordert, nutzte seine Magie, wenn überhaupt, dann nur instinktiv, nie absichtlich und er lebte so nicht schlechter, als Andere auch.
 

Okay, das war dumm gewesen. Lucius hätte es wirklich wissen sollen. War klar, dass die Erwähnung der magischen Welt Harry nicht gefiel. „Ich kenne aber auch einen netten, kleinen Muggelladen nicht weit von hier…“
 

„Ich.. hol die Sachen immer… in einem Laden beim… Friedhof“, erklärte Harry leise, froh, dass der Ältere nickte. Er wäre fast zusammengezuckt, als die Hand des Älteren seine umschloss, doch dann ließ der Grünäugige sich mitziehen, das erste Mal durch das Haus, eine riesige Halle und durch eine große Tür, die sich von selbst öffnete, nach Draußen, wo er noch näher an den Blonden gezogen wurde, der ihn kurz warnte, bevor er das Gefühl hatte, durch ein Nadelöhr gequetscht zu werden. Er hasste Apparation! Auch jetzt wurde ihm schlecht und er wäre gefallen, hätten die Arme ihn nicht so sicher gehalten.
 

„Geht es?“, fragte Lucius, noch immer besorgt, da Harry schwankte und erstaunlicherweise einen grünlichen Schimmer auf der Haut entwickelte, während er wieder bedrohlich schnell atmete.
 

„Ich.. hasse… magische Fortbewegung“, murmelte Harry einfach nur, löste sich schließlich aus der eigentlich sehr angenehmen Umarmung, die er einfach noch nicht annehmen konnte, zu laut waren die Stimmen in seinem Hinterkopf. Er lief los, nachdem er gesehen hatte, wo er war, rein in den Laden, wo er häufig hinging, wie immer, ohne den Verkäufer zu beachten. Ohne die Schnittblumen eines Blickes zu würdigen, lief er zu den Topfpflanzen, strich über die eine oder Andere, nahm schließlich ein Paar, ging zur Kasse – und stellte entsetzt fest, dass er nicht ein einziges Pfund in der Tasche hatte. Doch noch bevor er sich stotternd entschuldigen konnte, sah er den Schein, den Lucius ohne Kommentar über den Tresen schob. Erleichtert atmete er auf, nahm die Töpfe an sich.
 

Lucius lächelte, als er den erleichterten Blick sah. Natürlich hatte Harry kein Geld dabei gehabt. Doch er war immer gerüstet, hatte meist auch etwas Muggelgeld bei sich. Und es war ein minimaler Betrag. Er gab dem Verkäufer einen warnenden Blick, lief dann hinter Harry her, die Straße entlang, die auch er oft gelaufen war, zum Friedhof, den Harry schon betreten hatte. Er fand seinen abtrünnigen Gefährten schon an dem ihm vertrauten Grab, auf den Knien, dabei, verwelkte Blätter aus der Erde und von den Pflanzen zu zupfen. Die Töpfe standen neben ihm. Und ja, er weinte wieder.
 

Lucius trat einfach zu Harry, strich über dessen Haare. Natürlich zuckte sein Kleiner erneut aber er sagte nichts. „Sev hätte das nicht gewollt. Er wollte, dass du glücklich wirst, ihm würde es reichen, wenn du dich immer an ihn erinnerst und du hast sogar seinen Namen angenommen. Das gefällt ihm sicher. Aber dass du dein Leben mit Trauer verbringst, das wollte er nicht. Weißt du, wir haben manchmal über dich geredet“, erzählte Lucius, blickte auf den Stein, der seinem Freund sicher gefallen hätte. „Er hat immer gesagt, dass du was zu tun braucht im Leben und dass du die Welt sehen musst. Das hier wollte Sev sicher nicht.“
 

Harry schniefte einfach nur, wischte sich selbst mit dem Oberarm die Tränen ab, starrte auf die bereits wieder erdigen Hände. Er wusste das! Er wusste, dass Sev das nicht gewollt hatte! „Ich… kann nicht“, flüsterte er einfach. „Ich seh ihn… ich seh die Toten, immer… wenn ich schlafe“, gab er zu, nicht verstehend, warum er überhaupt davon sprach, dann packte er schnell die erste Pflanze, setzte sie sanft in die dunkle Graberde und klopfte den Boden vorsichtig etwas fest, um den Wurzeln wieder Halt zu geben.
 

„Ich helfe dir“, gab Lucius einfach nur leise zurück. „Und mit der Zeit wird es besser werden, wenn du nicht dauernd allein bist.“ Er wartete, bis Harry mit den Pflanzen fertig war, zog Diesen dann sehr bestimmt hoch, zauberte dessen Hände wieder sauber. „Verabschiede dich für heut“, bat er leise, aber sehr bestimmt, auf die Art, auf die er meist die gewünschten Reaktionen von dem Jüngeren erhielt. „Es fängt gleich zu regnen an und du warst wirklich lang genug krank. Dann gehen wir in deine Wohnung und holen deine Sachen. Sev würde nicht wollen, dass du krank wirst oder im Regen stehst.“
 

Harry wollte heftigst protestieren, doch er wusste, er hatte keine Chance, er würde doch wieder nachgeben, ob er nun wollte oder nicht. Er ließ sich auf die Beine helfen, strich, wie immer, die Buchstaben nach, während einige weitere Tränen rollten, dann lief er los, stumpf, sich sicher, spätestens jetzt Malfoy loszuwerden, denn der wollte doch sicher Niemanden, der sich aus Feigheit in so einem Bau versteckte, obwohl er nun eindeutig Geld hatte!
 

Ein zweites Mal stand Lucius in dem nach Urin stinkenden Flur, sah, wie Harry kurz stockte, doch dann weiter ging. Zum Glück. Er folgte Diesem, sah amüsiert dessen überraschten Blick, als der sich zu ihm umdrehte. „Was?“, fragte er, darauf bedacht, seine Stimme so ruhig wie möglich zu halten. „Dachtest du, das hier schreckt mich ab? Nein. Du bist da, also bin ich hier.“ Gut, er war froh, das schon mal gesehen zu haben und vorbereitet gewesen zu sein, aber selbst unter anderen Umständen wäre er schön weiter hinter seinem Gefährten her. Man ließ sein Glück nicht aus den Augen, punkt!
 

Harry öffnete den Mund, schloss ihn dann aber wieder und schloss die Tür auf, trat in den schäbigen, abgenutzten Flur. Ehrlich gesagt, hatte er sich nicht mal wirklich eingerichtet. Er hatte eine windschiefe Garderobe vom Vorbesitzer, eine manchmal funktionierende Küche, eine Dusche, unter der es so gut wie nie heißes Wasser gab und im Schlafzimmer nur einen klapprigen Schrank ohne Türen und eine Matratze mit einigen Decken drauf. Und mit Sevs Lehrkleidung.
 

Lucius sagte nichts, er war nur entsetzt. Harry war reich, mindestens so reich, wie er selbst und doch hauste er, als sei er kaum mehr, als ein Obdachloser, in einem stinkenden Haus, ohne wirkliche Möbel, mit wenig vertrauenserweckenden Geräten, umgeben von trist-vergilbten, ehemals weißen Tapeten und halbblinden Fenstern. „Pack alles, was du brauchst – und lass die zerlumpten Klamotten gleich da,“ fügte er an, hielt eines der löchrigen, viel zu großen Shirts hoch, die er fand. Er würde mit Harry einkaufen gehen! Aber so was von!
 

Harry sah den Anderen an, kurz zitterte seine Unterlippe, er drückte die schwarze Robe an sich, verzweifelt versucht, etwas von Sev zu riechen, aber da war nur der Geruch von seinem Shampoo. Er hätte fast geheult, als die Robe ihm weggenommen wurde, doch er sah, dass Malfoy Diese schnell faltete und in einen Koffer packte, den er vorher nicht gesehen hatte.
 

„Das Nächste“, bat Lucius ruhig, kein Wort über die Kleidung seines toten Freundes verlierend. In dem Moment hatte Harry wieder so verzweifelt ausgesehen! Er ließ sich andere Dinge geben, wobei er schlechte Kleidung umgehend aussortierte. Es blieb bei lächerlich wenig. Der Gringottsschlüssel, den er vorläufig selbst an sich nahm, wenige Kleidungsstücke, auf die der Grünäugige sehr nachdrücklich bestand, eine alte Babydecke, ein abgenutztes Fotoalbum mit einem Stück Papier drin. Lächerlich wenig für ein dreiundzwanzigjähriges Leben. Nicht ein Buch, keine Schriftstücke, nichts. Lucius sagte nichts, er klappte den Koffer zu, den er geschrumpft mit sich geführt hatte, zauberte ihn wieder klein und steckte ihn in seinen Umhang, sah dann wieder zu Harry, der regelrecht verloren auf der Matratze saß und auf seine Handflächen starrte. „Ich bringe dich heim.“
 

„Heim?“, fragte Harry mit erstickter Stimme. Er hatte kein Zuhause. Das hier war nur eine Behausung. Ein Ort, um schlafen zu können, ohne überfallen zu werden.
 

„Ja, heim“, konterte Lucius. „Zurück ins Haus. Es wird Zeit, dass du ein Zuhause bekommst, das den Namen auch verdient. Ich lasse meinen Gefährten nicht in so einem Loch.“ Er lächelte, setzte sich selbst auf die Matratze, die wenig bequem war, zog Harry zu sich, hob dessen Kinn, sah ihn kurz an und küsste Diesen. Es war kaum mehr als ein Streifen der Lippen, doch es fühlte sich für Lucius einfach nur gut an.
 

Im ersten Moment starrte Harry den Anderen mit riesigen Augen entsetzt an. Das war unnatürlich rief die Stimme Dumbledores in seinem Hinterkopf, falsch, dreckig, schlecht. Aber… warum fühlte es sich dann gut an? Er hatte Mädchen geküsst! Es war eklig gewesen! So hatte er sich das auch bei Männern vorgestellt, was es ihm leichter gemacht hatte, an Beziehungen gar nicht erst zu denken, doch das… das war… falsch! So gut…! Es… es schien etwas in ihm zu wecken, in Harry eine ungekannte Wärme auszulösen. Er sackte einfach nur gegen den Körper des Älteren.
 

Zufrieden grinste Lucius, als er diese Reaktion beobachtete, er hielt seinen jüngeren Geführten einfach nur eine Weile, ließ ihm etwas Zeit, das Geschehene zu verarbeiten, bevor er auf etwas Anderes zu sprechen kam. „Auf deinem Schild steht Evan Snape…“
 

„Wollt nicht Harry sein, wollt ich nie“, nuschelte Harry, der sich auf ein Mal bleiern müde fühlte. „Und Sev wollt mich adoptieren…“
 

„Ein guter Name“, lächelte Lucius, strich über die dunklen Haare, die sich auf seinem Schoß ergossen. „Willst du ihn behalten?“, bot er schließlich an. „Du hast Recht, Severus wollte dich zu seinem Sohn machen und er würde sich sehr freuen, dass du seinen Namen trägst. Du müsstest nicht Harry sein, Niemand würde dich noch erkennen.“ Vielleicht war das ein Weg, Harry aus seiner Trauer zu reißen und ihm ein neues Leben zu geben. „Ich werde die Namensänderung für dich erledigen und bei Gringotts Bescheid sagen. Warst du da eigentlich je wieder? Immerhin hat Sev dir Alles hinterlassen. Vielleicht ist da unten auch was Anderes, als eine alte Robe, an die du dich klammern kannst.“
 

Oh ja, auch das hatte sein Freund mit ihm besprochen. Den Schritt, Harry sein Vermögen zu hinterlassen, das gar nicht so gering gewesen war, da Severus der letzte Nachkomme der mächtigen Dynastie der Prince-Familie gewesen war. Und Lucius wusste von einigen Dingen, die da drin unter der Erde in einer der Kammern ruhten, extra bereits gekauft für die Tage nach dem Krieg, entweder, damit Sev es Harry selbst geben konnte oder eben damit der Jüngere etwas Trost bekommen würde, wenn er selbst fallen würde, denn damit hatte der Tränkemeister immer gerechnet. Immerhin hatte Severus als Spion in einem Krieg gekämpft und der Jüngere war immer Realist gewesen.
 

„Will nich in die magische Welt“, flüsterte Harry erschöpft.
 

„Wäre es das nicht wert?“, fragte Lucius ruhig. „Es wäre nur ein Tag und wir können direkt nach Gringotts flooen, da auch die Sache mit deiner Namensänderung klären – Evan.“
 

Vielleicht… vielleicht würde er etwas von Sev finden, das noch nach Diesem roch und… er mochte den Gedanken, nicht Harry sein zu müssen, wirklich zu Evan Snape zu werden. „Wenn… Jemand fragt, kann… ich ihm dann nicht sagen, dass… ich ein Verwandter von Sev bin?“, fragte er fast etwas kläglich.
 

„Natürlich“, lächelte Lucius. „Ein jüngerer Cousin vielleicht, der zur Sicherheit während des Krieges im Ausland gelebt hat.“ Er erhob sich, hob Harry dann einfach auf seine Arme. Harry – nein, Evan. Sein Gefährte, der sich nun an ihn schmiegte. Er trat aus der Wohnung, nutzte dann seine recht hohe, stablose Magie, um die Wohnung zu verwüsten. Niemand sollte mehr eine Spur von diesem alten Leben seines Gefährten finden können. Dann apparierte er, mitten im Gang. Es war ohnehin Niemand da, der etwas sah.
 


 


 


 


 


 


 


 


 

Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete Molly die Heiler, die hin und her liefen, immer wieder unterbrochen von Auroren. Die geschlossene Abteilung war mindestens so gut gesichert, wie Azkaban selbst, wie sie frustriert hatte feststellen müssen. Dabei wollte sie nur ihre kleine Prinzessin wieder, etwas, das auf ein Mal nicht mal mehr Arthur verstand! Ihr Mann hatte es gewagt, das Mädchen, zum Besten der Familie, offiziell zu verstoßen! Ihre kleine, unschuldige, gequälte Prinzessin! Und das nur wegen der Aussagen von einigen Arschlöchern, die es gewagt hatten, ihre Süße zu beflecken!
 

Da sie offiziell nicht mehr Ginnys Mutter war, hatte sie keine Berechtigung, das Mädchen, das sie auf die Welt gebracht hatte, zu sehen. Sie wurde als Sicherheitsrisiko gesehen und nicht eingelassen. Gut, es stimmte, sie wollte ihre Tochter befreien, aber das hätte jede Mutter so gemacht!
 

Pah! Sie hatte ja schon immer gewusst, dass Arthur ein unfähiger, verweichlichter Idiot war, der sich von Jedem, in dem Fall, von ihren vier älteren Söhnen, die sie nicht mehr als Mitglieder der Familie sehen konnte, unter Druck hatte setzen lassen. Sie hatten den letzten Anstoß zum Bann über ihre Süße gegeben! Na und? Was machte es schon, dass die Leute sich das Maul zerrissen?! Sie würden es auch wieder lassen!
 

Was die Situation noch schlimmer machte, war, dass vier der Männer, die als Väter für die abgetriebenen Kinder in Frage kamen, klagen wollten, wegen Mordes. Einer hatte nur eine Totgeburt von der Ehefrau gehabt und alles für ein lebendes Kind getan, zwei Andere hatten ein zweites Kind immer gewollt und der Letzte hatte nie eines auch nur gezeugt. Etwas, das Ginnys Position drastisch verschlechterte. Und dann der Vater des Fleischklumpens, den man das Mädchen auszutragen zwang – er wollte sein Kind an sich nehmen, hatte aber jeglichen Kontakt mit der Familie der Mutter verboten. Und noch eines draufgesetzt. Er würde Ginny heiraten, mit einem Vertrag in dem es eine Klausel gab, die Fremdgehen unmöglich machen würde, er wollte noch mehr Kinder und würde ihre Tochter dann auch vor den nächsten, bevorstehenden Prozessen schützen. Natürlich wäre sie immer auf das Haus des künftigen Mannes beschränkt, dürfte es nicht verlassen, sie würde unter konstantem Hausarrest stehen.
 

Aber es war der einzige Weg, nicht für den Rest ihres Lebens in Azkaban zu landen, außer Molly konnte ihr Kind befreien. Oh, sie war eine gute Hexe, doch sie war nicht übermächtig und aufgrund der Drohungen gegen ihre arme, kleine Prinzessin war die Sicherheitsstufe sehr hoch und die Leute waren sehr aufmerksam. Zu aufmerksam um einfach rein zu kommen, denn hier gab es weder die Möglichkeit, Tarnungszauber oder Tränke noch so was wie den Umhang zu nutzen, den Potter mal besessen hatte, der aber in der Schlacht zerstört worden war, stand ihr nicht zur Verfügung.
 

Es war eine schreckliche Situation. Molly konnte absolut nichts tun, nur danebenstehen. Sie hatte sich noch nie so machtlos gefühlt. Das war doch keine Art, mit einer Kriegsheldin umzugehen! Sie hatten so viel mehr verdient, doch es schien Niemanden zu kümmern, man suchte nur nach Möglichkeiten, ihrer Prinzessin noch mehr Schmerzen zuzufügen!
 

Wütend wandte Molly sich ab, sie würde heute kein Glück haben, das war vollkommen klar. Vielleicht auch morgen nicht. Doch sie würde nicht aufgeben, Ginny war immerhin ihre einzige, geliebte Tochter!
 

Und nebenher würde sie noch etwas Anderes tun! Sie würde nach Potter suchen! Nach dem Bengel, der Ginnys Glück so zerstört hatte1 Sie war bereit gewesen, ihn vor Allem wegen des Geldes in die Familie zu lassen und weil Ginny damit zufrieden gewesen war, doch er hatte es zu weit getrieben, sie nicht verteidigt, war ihr nicht zur Hilfe geeilt! Er war ein schrecklicher Verräter, der es gewagt hatte, nach der Entlassung aus Azkaban auch noch zu sagen, dass Dumbledore, der Weise, ein Verbrecher gewesen sei und der-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf selbst ein Opfer gewesen sei! Nein! Niemals würde sie solche Verleugnungen für gut heißen! Niemand legte sich einfach so mit ihrem Engel an und würde lebend davonkommen, um diese Geschichte dann zu erzählen!

Besuch bei Gringotts

Es war zwei Tage her, dass Lucius seinen Gefährten endgültig zu sich geholt und dessen Wohnung zerstört hatte. Zwar zuckte der Jüngere immer noch ständig, doch er ließ auch Nähe zu, vor Allem, wenn er es gerade nicht so mitbekam. Er hatte Harry, nun, jetzt Evan, auch mehrfach kurz geküsst, ohne je auf wirklichen Widerstand zu treffen.
 

Ja, er hatte die Namensänderung durch einige eingeforderte Gefallen in sehr kurzer Zeit und unter großer Geheimhaltung bereits durchgebracht und heute wollte er direkt mit seinem Evan nach Gringotts. In der Zeit würde auch Mattie hier ankommen und auf ein Signal warten, so, dass der Beste mit seinem Ehemann bereits am Knutschen sein würde, wenn sie wiederkämen. So, dass Evan sehen konnte, wie natürlich es sein konnte, wenn auch zwei Männer Zärtlichkeiten austauschten. Anschließend würden sie am Abend in einem der besten Restaurants essen um dem Jüngeren klar zu machen, dass auch die Öffentlichkeit auf so was nicht reagierte. Wobei Lucius sich fragte, wie dem Anderen in Hogwarts hatte entgehen können, dass es Schüler gab, die ihr eigenes Geschlecht ansabberten.
 

Nun, vielleicht half der heutige Tag, Evan die Welt wieder etwas weiter zu öffnen, auch, wenn es sicher ein Kampf werden würde, den Jüngeren in ein Lokal der magischen Welt zu bringen, doch Lucius hielt es einfach für sehr wichtig. Und was er wollte, das bekam er, immerhin war er ein Malfoy!
 

Zufrieden mit seinen Beschlüssen setzte Lucius sich wieder auf die Matratze. Evan schlief noch, er war nachts zwei Mal hochgeschreckt aus einem Alptraum, weswegen Lucius froh war, gar nicht erst zugelassen zu haben, dass der Jüngere in einem eigenen Bett schlief, er war sich sicher, dann hätte er nichts von dessen Alpträumen mitbekommen und Evan hätte sich nicht helfen lassen, sein Leiden irgendwie versteckt.
 

Sanft strich Lucius über die Haare seines Gefährten, beobachtete, wie der langsam aufzuwachen begann. „Guten Morgen“, grüßte der Blonde, als die grünen Augen sich auf ihn richteten. „Komm, Gringotts wartet. Ich habe dir Kleidung ins Bad gelegt, nach dem Frühstück können wir los.“
 

Evan blinzelte, er war es inzwischen fast gewohnt, so geweckt zu werden, sah in die sanften, grauen Augen, die auf ihn gerichtet waren. Noch immer konnte er sich an die Änderungen nicht gewöhnen, dabei war er nun etwa zwei Wochen hier. Evan hatte noch nie ein Bett mit Irgendwem geteilt, nicht in seinem alten Leben, nicht nach dem Krieg, doch nun wurde ihm gar keine Wahl gelassen. Malfoy bestand darauf, dass er mit dem Blonden in einem Bett schlief. Zu Beginn hatte er selbst das gar nicht so gemerkt, war wohl zu krank gewesen und jetzt… es war seltsam, gewöhnungsbedürftig, doch unerwarteterweise auch so unglaublich warm. Ihm war nicht mehr dauernd kalt. Evan setzte sich mühsam selbst auf, immer noch erschöpft vom letzten Alptraum und wieder mal hätte er die Sache am liebsten abgeblasen, doch gleichzeitig versicherte Malfoy dauernd, dass in den Kammern seines väterlichen Freundes etwas für ihn aufbewahrt war.
 

Daher nickte Evan, ließ sich aus dem Bett helfen und tapste, nach einem kurzen Kuss, ins Bad. Noch so was. Er liebte diese kurzen Berührungen, die seltsamen Gefühle, die das in ihm auslöste und ja, da waren die Bücher, die ihm gesagt hatten, dass das nicht strafbar war, doch noch immer hörte er dauernd die Beleidigungen, die man ihm zugeworfen hatte.
 

Zufrieden beobachtete Lucius, wie der Jüngere ins Bad lief, noch etwas tapsig am frühen Morgen, wie üblich mit einem leicht desorientierten Blick. Einfach zum Anbeißen! Er lächelte etwas, stand auf und orderte Frühstück, befahl der Hauselfe, seinen Ausgangsumhang zurecht zu legen und einen von Dracos Alten rauszusuchen.
 

Das Frühstück verlief sehr friedlich, wie Evan feststellte. Eigentlich wie immer. Malfoy bestand darauf, dass er aß und dann Tränke nahm, die er mit Obstsaft herunter spülte. Dann wurde er auf seine Beine gezogen, wieder in die Halle gebracht. Inzwischen hatte er sich ein wenig in dem Luxusanwesen umgesehen. Zumindest in den Gängen nahe der Wohnung, in der Lucius ihn gepflegt hatte. An der Tür wurde ihm ein dunkelgrüner Umhang umgelegt und mit einer Schlangenschalle geschlossen. Evan wusste einfach, Sev hätte das hier sehr belustigt. Er, der Gryffindor, der gekleidet war wie Jemand aus dem Haus der Schlangen. Der Gedanke entlockte ihm zumindest ein trauriges Lächeln. Dann wurde er in ein kleines Zimmer neben der Haustür gebracht – und durch den Kamin gejagt. Nur, dieses Mal zusammen mit dem Älteren, sonst hätte ihn niemand ins Floosystem bekommen.
 

Wie Lucius es erwartet hatte, wurden sie bereits von einem hochrangigen Gobblin erwartet, der sich vor den beiden Männern verbeugte. „Guten Tag“, grüßte der Blonde, wohl wissend, wem man lieber nicht vor den Kopf stieß.
 

„Guten Tag, Misters“, grüßte auch der Gobblin. „Ich bin Brenn, Verwalter des Erbes von Mister Potter, der nun den Namen Snape angenommen hat. Sie haben spezifisch nach mir verlangt?“
 

„Natürlich. Das hier ist Mister Evan Snape, er wünscht seine Kammern zu besichtigen, vor Allem die, die Professor Severus Snape als Letztes genutzt hat. Außerdem hätte ich gern ein Register versuchter Zugriffe und illegaler Abhebungsversuche.“
 

„Natürlich“, nickte Brenn, brachte die Leute von der privaten Eingangshalle zu einer der Karren. „Bitte einsteigen und festhalten, das hier wird eine längere Fahrt.“
 

Lucius half Evan einfach in den Wagen, hielt Diesen automatisch fest. Es war tatsächlich eine etwas längere Fahrt, da die Verliese der Princes älter waren und die älteren Kammern, so, wie auch die der Potters und Malfoys, weit unten lagen. Das Bremsen war gewohnt abrupt und ungemütlich, doch dann konnten sie aus den Karren, die aussahen, wie die von Muggelgoldgräbern, aussteigen.
 

Unsicher sah Evan sich um, trat, nach einem dezenten Schubser in seinem Rücken, aus der Karre und vor die Tür, wo der Gobblin ungeduldig stand, schließlich seine Hand packte und gegen eine Einkerbung drückte. Er spürte etwas, wie ein Stich, dann öffnete sich die Tür ohne ein weiteres Problem.
 

Kurz blickte Lucius sich um, lächelte traurig. Es war eine Verliesflucht, also mehrere miteinander verbundene Kammern, so, wie in denen der Malfoys und gleich hier im ersten Raum sah er die Dinge, die Sev immer viel bedeutet hatten. Ein alter, hoher Wandspiegel von dessen Mutter, davor eine Truhe, die die wenigen Erinnerungsstücke aus dessen Kindheit und Jugend enthielt, inklusive der alten Schuluniformen, einige weitere Truhen, in denen sich zweifellos Kleidung befand, spezielle Lagerkisten für Bücher, wo neben den Werken noch Sevs eigene Arbeiten und Aufzeichnungen lagen, die Tränke, die der unterschätzte Mann erst entwickelt oder andere, die er um ein Vielfaches verbessert hatte.
 

Ein leises Knarzen brachte ihn dazu, zu Evan zu sehen, der gerade eine der Kisten aufgeklappt hatte, die Unterlippe wieder zitternd. Rasch trat er zum Jüngeren, blickte hinein. Es war Kleidung. Dinge, die Sev getragen hatte, Roben zum Brauen, etwas Freizeitkleidung. Der Jüngere hielt einen dunkelgrauen Rollkragenpullover an sich gedrückt, der ihm nie passen würde, weil Evan einfach sehr klein war und Sev selbst jetzt kaum bis zur Brust gereicht hätte. Sanft strich Lucius dem Jüngeren über die Haare, nur um ihm zu zeigen, dass er nicht allein war, dann wandte er sich zu dem Gobblin, der gerade von einem Boten eine ziemlich dicke Akte bekommen hatte und die an ihn weiterreichte.
 

Kurz sah Lucius sich um, sah dann eine Wohnzimmergarnitur, die er früher auch in der Lehrerwohnung seines Freundes gesehen hatte, ließ sich dort auf der Lehne nieder und schlug die Akte auf. Nein, er war nicht wirklich überrascht. Mehr als einhundert Mal hatte Dumbledore versucht, an das Eigentum seines Gefährten zu kommen, angeblich für dessen Unterhalt, doch von dem Geld wäre nie etwas bei dem Jungen angekommen. Nun, den Unterhaltsfonds, den die Potters schlauerweise angelegt hatten, der war auch geplündert worden, in dem befand sich, trotz der stattlichen Summe, schon seit Evans drittem Schuljahr nicht ein einziger Knut mehr, alles abgehoben von dem ja ach so guten Menschen. Pah!
 

Doch was dann kam, überraschte ihn. Die Weasleys hatten Geld gefordert, für Ferienaufenthalte, doch das dickste Ding war Ginervas Behauptung, vollen Zugang durch Verlobung zu haben. Sie war natürlich rausgeschmissen worden, aber trotzdem. Kleine Elster! Nun, er würde mit Percy reden.
 

„Ich werde das hier mitnehmen“, erklärte Lucius, schrumpfte die Akte, steckte sie ein und lief zurück zu seinem Gefährten, der immer noch vor derselben Truhe kniete. „Evan, es ist gut“, redete er leise. „Komm, nimm den Pullover mit.“ Er half dem Jüngeren entschieden auf die Beine, zog ihn in die Arme und brachte ihn dann zu einer Kiste, wo sein alter Name drauf stand. „Das hier war für dich. Er wollte es dir selbst geben, nach dem Krieg, oder du hättest es dir holen sollen.“
 

Sprachlos starrte Evan auf die Truhe, wo mit der klaren, stechenden Schrift, die ihn auch so an den Charakter des Toten erinnerte, sein Name ins Holz gebrannt war. Er konnte nur zusehen, wie Malfoy den Deckel zurückschlug – und hätte am liebsten direkt wieder zu heulen begonnen. Obenauf lagen Bücher und Notizhefte, dazu ein Kasten, den der Blonde öffnete und der Tränke offenbarte, die Severus noch selbst gemacht hatte, viele davon, mit einem Stauzauber untergebracht. Darunter konnte er Kleidung finden. Oberteile, Hosen, die ihm vermutlich sogar passen würden. Und – ein Teddy. Ein Rabe, um es genau zu sagen. Er war schon etwas abgenutzt, doch Evan wusste sofort, was es war. Das Stofftier seines Professors. Er strich sanft über den Stoff, spürte, wie die Tränen seine Wangen herunterliefen.
 

Sanft schloss Lucius die Kiste wieder, schrumpfte sie und steckte sie vorsichtig ein. Damit konnte Evan sich in Ruhe zuhause befassen. Er drückte den Jungen an sich, wartete, bis der sich wieder etwas beruhigt hatte, erst dann führte er Diesen zurück zum Gobblin, der inzwischen einen Brief in der Hand hatte.
 

„Master Snape, Sir.“
 

Evan blickte auf, starrte auf die kleine Kreatur, die ihm etwas entgegen hielt. Es war ein Brief, auf dem er seinen alten Namen lesen konnte, geschrieben von… „Sev“, flüsterte er, griff mit zittrigen Händen nach der Nachricht aus dem Jenseits, wie sie ihm vorkam.
 

Also nein! Hätte der dumme Gobblin nicht damit anfangen können?! Das war nicht fair! Vorsichtig manövrierte er Evan in den Sessel, wo sonst immer Sev gesessen und in die Flammen gestarrt hatte. „Lies den Brief“, bat er sanft, er war sich sicher, dass da etwas stand, das seinem Gefährten helfen würde. Er setzte sich dazu, öffnete vorsichtig den Umschlag und gab Evan die beiden, eng beschriebenen Bögen.
 

Wie in Trance griff Evan nach dem Brief, er spürte, wie Malfoy sich auf die Lehne des Sessels setzte, begann dann, die gestochen scharfe Schrift zu lesen.
 

Lieber Harry (oder wie immer du dich jetzt auch nennst, wie ich dich kenne, war das Erste, was du getan hast, deinen Namen loszuwerden),
 

wenn du diesen Brief von den Gobblins bekommst, heißt das, dass ich wohl den Krieg nicht überlebt habe. Ich hoffe, seit dem Krieg ist noch nicht mehr als ein Jahr vergangen, aber wie ich dich kenne, war es wohl mehr. Und nein, rede dir gar nicht erst ein, dass es deine Schuld war, ich bin mir ziemlich sicher, dass du mich nicht umgebracht hast.
 

Ich weiß, dass es für dich schwer ist und dass du große Probleme haben wirst, aber Harry, ich will, dass du lebst. Das heißt, du lebst in einer schönen, gut eingerichteten Wohnung oder in einem bequemen Haus, hast eine Einrichtung, die einen solchen Namen verdient und vielleicht eine Betätigung, die dir tatsächlich auch Spaß macht. Und ich rede nicht von Auror, du tendierst dazu, dich umzubringen, wenn du versuchst, eine Straße zu überqueren.
 

Spaß beiseite.
 

Harry, ich kenne dich und egal, wo du haust, zieh um. Geh zu Lucius, er wird dir sicher helfen, hier sind einige meiner alten Möbel, ich habe Kleidung für dich anfertigen lassen und du solltest sie auch tragen. Ich weiß, mein Tod wird für dich nicht leicht sein, aber Harry, darum darfst du nicht aufhören, zu leben. Ich habe immer Alles drangesetzt, dass du mal ein Leben haben wirst. Wehe, du lebst nicht, sondern vegetierst noch immer vor dich hin, Mister! So hatten wir nicht gewettet!
 

Ich mag tot sein und es tut mir wirklich leid, dich allein gelassen zu haben, da ich dich sehe, wie den Sohn, den ich ohnehin nie haben werde, aber auch, wenn ich dich sicher vermissen werde, so finde ich doch im Tod auch endlich Ruhe vor all den Problemen und der Schuld, die mich jagt. Vor den Anschuldigungen der magischen Welt, die sie sicher gegen mich aussprechen werden, um ihr eigenes Gesicht zu wahren. Ich werde im Tod vielleicht Frieden finden.
 

Denn hätte ich überlebt, man würde mich zweifelsfrei einschließen, dafür hat Dumbledore sicher gesorgt. Es machte ihm noch nie etwas aus, Verbündete zu ermorden oder im Stich zu lassen. In der nächsten Welt werde ich meine Mutter wiedersehen und ich werde nicht allein sein, meine beste Freundin, deine Mutter, ist ja schon da.
 

Aber du, Harry, für dich fängt das Leben jetzt erst an. Lebe es doch bitte für uns beide. Und denk immer daran, wir werden uns in einem anderen Leben wiedersehen.
 

Bis dahin verbleibe ich dein Vater,
 

Severus Snape
 

Evan wusste, ihm rannen schon wieder die Tränen über die Wangen. Sev hatte gewollt, dass er lebte, wie Malfoy es immer sagte und der Andere hatte wohl auch durchaus mit seinem Tod gerechnet. Und auch, wenn der Tränkemeister ihn vermissen würde, so war er doch glücklicher mit dem Tod, als mit dem Leben. Was Evan auch wusste, vermutlich immer gewusst hatte. Sie hatten ja oft genug geredet, über Severus‘ eigene, wenig schöne Kindheit, die gute Freundschaft zu Lily, die zerbrochen war, seine falsche Entscheidung, die ihn den Rest seiner eigenen Würde gekostet hatte und dann die gescheiterte Liebe, von der kaum Jemand wusste.
 

Nein, Sev war nicht in seine Mutter verliebt gewesen, er hatte Lily nie so gesehen, sie war einfach seine Freundin aus frühester Kindheit gewesen, für deren Tod er sich immer verantwortlich gefühlt hatte. Aber all das Wissen machte es für Evan nicht leichter. Er vermisste den Anderen so schrecklich, gerade jetzt, wo er dessen Schrift sah, umgeben vom Geruch des Tränkemeisters, der noch im Sessel festsaß.
 

Doch in Gegenteil zu den letzten Jahren war er dieses Mal nicht allein. Erneut spürte er die Arme, die sich um ihn legten und wie ihm der Brief sanft aber bestimmt abgenommen wurde. Wärme, Sicherheit. Das Gefühl, nicht stark sein zu müssen und verstanden zu werden.
 

Sanft aber bestimmt nahm Lucius den Brief, um ihn selbst zu überfliegen und ja, er musste lächeln. Sein Freund hatte seinen Gefährten sehr gut eingeschätzt. In allen Dingen. Er packte den Brief ordentlich in seine Brusttasche, sammelte dann seinen Gefährten in seine Arme. „Was ich dir gesagt habe“, sprach er, als Evan wieder etwas ruhiger wurde. „Sev wollte unbedingt, dass du lebst und nicht nur dich versteckst. Du hast einen neuen Namen, siehst anders aus, Niemand würde dich erkennen. Daher werden wir heut Abend einfach essen gehen und du kannst aus der Truhe selbst aussuchen, was du anziehst. Nein, du sagst nicht nein, Evan“, fuhr er dem Anderen direkt in die Parade. „Es ist nur ein Essen.“ Und hoffentlich war es der erste Schritt, den Jüngeren wieder in eine Gesellschaft zu bekommen.
 

Evan wollte aufs Entschiedenste widersprechen, doch erneut kam er nicht mal zu Wort. Und er sah Sev vor sich, der ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue auffordernd anzusehen schien. Herausfordernd und bestimmend. Es war ein Essen, ein einziges Essen, das würde er irgendwie überleben. Also gab er nach, nickte. „Können… wir den… den Sessel mitnehmen?“, fragte er schließlich leise.
 

„Sev hat diese Möbel geliebt und sie sehen nicht schlecht aus. Wir könnten sie in den Raum neben dem Schlafzimmer unterbringen, im kleinen Salon“, stimmte Lucius zu, sah dann unauffällig auf seine Taschenuhr. Es waren gut zwei Stunden vergangen und Mattie richtete sich sicher gerade in seinen alten Zimmern wieder ein.“Sieh dich um und guck, was du noch mitnehmen willst, danach gehen wir wieder heim und ich zeige dir, wo wir essen gehen werden.“ Der Blonde wartete, bis Evan aufstand und begann, sich zögerlich umzusehen, sicher auf der Suche nach so was wie Fotos, als er sich zu dem geduldig wartenden Gobblin umwandte. „Wenn ich einen Prozess gegen Dumbledore einleiten würde, würde Gringotts bestätigen, was in diesen Akten steht?“
 

„Natürlich, Sir. Wir sehen ihn nicht als Kriegsheld, er hat sich viel Geld fälschlicherweise angeeignet und sogar zum Teil Leute gezwungen, ihn zum Haupterben zu machen. Wir sehen ihn als Verbrecher. Wir halten nichts von Dieben!“
 

„Gut, Sie werden von mir hören“, sprach Lucius ruhig, sah dann zu Evan, der mit zwei weiteren Taschen ankam. Eine erkannte er, Severus hatte sie immer bei sich gehabt, wenn er Kräuter sammeln gegangen war, die Andere hatte er auch noch nicht gesehen. Er lächelte, nahm dem Jüngeren beide Dinge ab, schrumpfte sie und steckte sie ein, wie auch die Möbel, froh, ein Zauberer zu sein. „Also los, machen wir uns auf den Heimweg.“
 

Evan nickte, war etwas überrascht, als Malfoy dieses Mal zwei Anläufe zu brauchen schien und leise vor sich hinfluchte, bevor sie schließlich ins Feuer traten.
 

Als sie aus den Flammen kamen, erlitt Evan allerdings fast einen Herzinfarkt. Er konnte das nicht glauben! In dem Raum, in dem sie ankamen, standen eindeutig zwei Kerle, einer davon so blond wie Lucius und Draco, sie damit beschäftigt zu sein schienen, auszuprobieren, wie viel Luft ein Mensch zum Leben brauchte! Die… die knutschten hier einfach! Und wie!
 

Grinsend beobachtete Lucius seinen Gefährten, dann sah er zu seinem Bruder, der seine Aufgabe ausnahmsweise mal sehr ernst zu nehmen schien. Nun, vermutlich würden die Zwei es überall treiben, wenn es ging. Selbst jetzt noch, nach mehr als zehn Jahren. Als sie auch noch begannen, zu fummeln und Mattie am Hemd seines Mannes zerrte, beschloss er doch, das hier zu beenden, bevor sein Kleiner wirklich noch umkippen würde. Also steckte er – ganz unmalfoyhaft – zwei seiner Finger in den Mund und stieß einen heftigen, lauten Pfiff aus.
 

Mattie hatte auf das Signal nur gewartet, war aufgestanden, hatte seinen Mann zu sich gezerrt und direkt begonnen, wieder mit Jaden zu knutschen. Sie hatten die letzte halbe Stunde schon mal mit Vorglühen verbracht und es war selten, dass Luc was wollte, das man gern tat. Allerdings, wie immer, wenn es um Jaden ging, verlor er nur zu bald die Beherrschung und wollte, was er immer wollte – mehr! Er vergaß, dass sie vermutlich Zuschauer hatten, zerrte am Hemd des Brünetten. Zumindest, bis ein schriller Pfiff sie in die Realität zurückholte. Er grummelte, beendete den Kuss. „Was, Bruder? Unter die Spießer gegangen, oder einfach nur frustriert, dass du im Moment nichts…? Wer ist das denn?“, fragte er dann neugierig, musterte den Jungen, der mal Harry Potter gewesen war. Ein Leckerchen aus der Nähe, genau das Beuteschema seines Bruders, wenn er es genau nahm.
 

Ruhig hielt Lucius seinen Gefährten auf, der ganz offensichtlich vorhatte, die Flucht anzutreten. „Dir auch einen schönen Tag, lieber Bruder“, stellte er nur fest, schob Evan vor sich. „Darf ich vorstellen? Evan Snape, mein Gefährte.“ Und nur um es zu untermauern, küsste er den Jüngeren, wenn auch nur sehr kurz, da der gerade kurz vor einem Koller zu stehen schien. „Evan, das da ist mein jüngerer Bruder, er lebt in der Regel in Irland, wenn er hier ist, heißt das, dass er was braucht und der Andere – das ist sein Mann. Jaden. Hat unseren Namen angenommen.“
 

Mit offenem Mund starrte Evan auf die beiden Männer, die einfach nur ein wenig ertappt grinsten, der Blonde strich die kurzen Haare glatt, der Andere schloss das Hemd wieder und richtete es. „Seit… wann haben … Sie einen Bruder?“, fragte er vollkommen platt. Ja, es war bescheuert, den Anderen zu siezen, mit dem er eigentlich sogar ein Bett teilte, doch er hatte das schon immer getan!
 

„Äh, erst mal, er hat mich seit dreiunddreißig Jahren und zweitens – Bruder – is das sein Ernst? Warum zum Henker siezt er dich, wenn er dein Gefährte ist?“
 

Lucius seufzte etwas, strich leicht über Evans Arm. „Er hat so seine Probleme“, gab er daher zurück. „Kommt, gehen wir in den Salon.“ Er führte den Jüngeren bestimmt weiter, gab einer Hauselfe die Sachen und gab Befehl, die Möbel in dem kleinen Salon an seiner Wohnung aufzustellen. Vor dem Kamin, wie sie bei Sev auch immer gestanden hatten. Den Rest sollte Evan so wegräumen, wie er es selbst wollte.
 

„Interessant“, stellte Mattie fest. Er folgte dem Anderen, seinen Arm um die Taille seines Lovers. Er ließ sich auch prompt in den ersten, freien Sessel fallen, rief eine Hauselfe und verlangte sofort einen ordentlichen Kaffee. „Und was genau sind das für Probleme?“
 

Lucius seufzte etwas, sah zu seinem Kleinen und zog Diesen an sich. Evan kuschelte sich auch sofort auf seinen Schoß, starrte immer noch ungläubig auf seinen amüsiert aussehenden Bruder und dessen Ehemann. Nun, Jaden lächelte freundlich. Der Mann war der einzig andere Tränkemeister, dem er wirklich traute. Bei Weitem nicht so begabt, wie Sev aber verdammt noch mal besser, als der Rest der Stümper da draußen. Der Einzige, der je den Wolfsbann hatte nachbrauen können. Allerdings konnte er den Trank nicht weiterentwickeln… „Wie würdest du reagieren, um Abstand zu schaffen, wenn man dir jahrelang glaubhaft erzählt hat, dass Homosexualität mit einem Leben in Azkaban und Sex mit dem Kuss geahndet wird?“
 

Okay, im Grunde hatte Mathew das ja gewusst, doch nun, wo er es so hörte und sah, wie der junge Mann sich regelrecht an der Brust seines Bruders versteckte, wurde ihm erst klar, wie heftig das gewesen sein musste, für den jungen Mann, der so alt war, die Draco und doch aussah, als wäre er noch nicht mal in der Pubertät gewesen! „Ich würde in die Bücherei gehen und gucken“, gab er leise zurück. „Aber darauf ist er wohl eher nicht gekommen.“
 

„Wann?“, fragte Evan auf ein Mal aufgebracht. „Wann hätt ich gucken sollen? Es war doch immer Jemand da, der hinter mir her war und mich überwacht hat, verdammt noch mal! Ich durfte nicht lesen was ich wollte, nicht lernen, was ich wollte und nicht die Freunde haben, die ich haben wollte! Ich…! Ich…!“, danach versagte ihm einfach irgendwie die Stimme, er starrte zu Lucius, der ihn einfach nur in die Arme schloss und hielt. Tränen hatte er gerade keine mehr, nicht wegen so was, er hatte heut schon mehr als genug geheult, wie er fand. Und er wollte den Anderen nicht vor dem jüngeren Bruder noch mehr bloßstellen.
 

Lucius starrte seinen Bruder sauer an. „Musst du es immer übertreiben?“, fragte er hart. „Hast du deine Zunge denn gar nicht im Zaum?“ Er hielt Evan einfach nur, beobachtete, durchaus amüsiert, wie Jaden seinem Bruder einen ordentlichen Schlag auf den Hinterkopf erteilte. Etwas, das er nur viel zu gern selbst getan hätte. Nun, erst mal musste das hier genügen. Er strich über den Rücken seines Gefährten. „Denk dir nichts. Nicht alle Malfoys können ihre Zungen zügeln oder haben diplomatisches Geschick.“
 

„Dafür bin ich ja auch der Jüngere!“, knurrte Mathew. Gut, er hätte das vielleicht wirklich nicht sagen müssen, aber er war in dem Moment einfach nur genervt gewesen! Er verstand nicht, wie eine Überwachung so durchgehend sein konnte und er wollte Luc doch nur helfen, verdammt noch mal! Er konnte seine Art nicht ändern…
 

„Schon gut“, murmelte Evan einfach nur. Er stand, wenn auch unwillig auf. „Ich… geh ins Zimmer und… guck nach den Sachen“, sprach er schließlich und verließ hastig den Raum, noch bevor man ihn hätte aufhalten können. Er kam sich einfach nur dumm vor.
 

„Mattie, so sehr ich dich liebe, manchmal bist du ein riesiger Idiot“, sprach Lucius nun ganz ruhig. „Hatte ich dich nicht ausdrücklich gewarnt?!“
 

„Kennst du deinen Bruder nicht mehr gut genug, um zu wissen, dass manchmal die Wände reagieren, bevor er es tut?“
 

„Ich hatte eigentlich gehofft, dass du ihn etwas erziehst?“, schlug Lucius vor, klickte mit den Fingern gegen die Lehne des Sessels.
 

Jaden lachte leise. „Oh, das habe ich, aber leider braucht er immer eine Weile um… he!“ Schnell fing der Mann die Hand des Anderen ab, die ihn zweifellos hatte irgendwo hart treffen sollen. Er sah hinter dem jungen Mann her. „Wie geht es deinem Evan, sagst du, nennt er sich?“
 

„Ja, Evan. Nach dem Mädchennamen seiner Mutter. Und es geht ihm beschissen. Er ist seit zwei Wochen hier und das ist jetzt das dritte Mal, dass er das Schlafzimmer verlassen hat. Ich habe ihn so weit erpresst, dass wir heut Abend in die magische Perle zum Essen gehen können, aber ich fürchte, danach wird mir so ein Erfolg lang nicht mehr beschieden werden. Er hat sich jahrelang vollkommen abgeschottet und versteckt. Er hat nicht gelebt, sondern vegetiert.“
 

„Autsch“, murmelte Mathew. „Und wie willst du das ändern?“
 

„Mit Geduld, Bruderherz. Mit Geduld. Das Ding, das du vermutlich immer noch für ein ekliges Gemüse hältst.“
 

Das brachte Jaden erneut zum Lachen. Doch es stimmte. So sehr er seinen Mann auch liebte, Geduld war dessen Sache nun gar nicht. Weswegen er sich weder zum Politiker noch zum Geschäftsführer eignete, man ihn nicht Kindern als Lehrer vorsetzen oder ihn Tränke zubereiten lassen konnte, ohne dann Alles in Trümmern zu finden. Manchmal war es ihm selbst ein Rätsel, wie Mattie es doch schaffte, sich genug am Riemen zu reißen, um mit Menschen zu kommunizieren. Nun, aber als Quiddichspieler war er seinerzeit sehr erfolgreich zu sein und als Trainer war er es auch. Diese Saison hatten die Cannons ihn angeworben. Es war auch der einzige Beruf, den der Mann ausüben konnte. Ganz ehrlich. Da konnte Mathew sich auch genug auspowern, um ihn selbst nicht vollkommen in die Verzweiflung zu treiben.
 

Dann aber wurde Jaden ernst, holte einen Beutel hervor und stellte ihn vor sich. „Ist er der Grund für die hochdosierten Nährtränke? Har er eine Essstörung? Ohne ihm zu nahe treten zu wollen – so sieht er aus.“
 

„Er hat wohl, bevor ich ihn geholt habe, tagelang gar nichts gegessen, ja, und er war richtig krank. Er isst immer noch zu wenig, aber immerhin regelmäßig. Darum brauche ich die Nährtränke und eben auch die Appetitanreger“, erklärte Lucius, rief eine Hauselfe und bat die, die neuen Tränke in einen der Schränke zu legen.
 

„Sicher“, nickte Jaden. „Ich werde neue Tränke aufsetzen, um einen Vorrat herzustellen.“
 

„Danke“, lächelte Lucius erleichtert, sah erneut nervös zur Tür. Es gefiel ihm nicht, den Jüngeren allein zu lassen und das so lange! Das hatte er nicht gemacht, seit er seinen Gefährten bei sich hatte! Er hatte doch sogar von Zuhause aus gearbeitet!
 

„Großer Bruder, tu mir und dir einen Gefallen und hau ab, du nervst. Wer weiß, was dein Kleiner da anstellt“, schaltete Mathew sich schließlich ein, er mochte gar nicht hinsehen. So war Lucius das letzte Mal drauf gewesen, als Draco geboren worden war! Da hatte er auch Jeden in den Wahnsinn getrieben!
 

Das ließ Lucius sich nicht zwei Mal sagen. Er wusste, es war lächerlich und Evan war kaum mehr als eine halbe Stunde allein gewesen, doch der Jüngere war so aufgewühlt gewesen, der Besuch der Kammer, der Brief, dann sein Bruder. „Nun, Mattie, du solltest ja noch wissen, wo sich in diesem Anwesen was befindet. Wir haben abends um sechs einen Tisch reserviert und bis dahin tut, was ihr wollt, nur tut es in Zimmerlautstärke.“
 

Mathew sah seinem älteren Bruder einfach nur kopfschüttelnd hinterher. „Man, hat der sich verändert“, stellte er leise fest. „Hat seinen Gefährten keinen Monat und benimmt sich wie ne Mutterhenne. Nein, Korrektur, wie ein Drache.“
 

Jaden zuckte mit den Schultern. „Ihr Malfoys wart schon immer sehr eigen und besitzergreifend. Du warst doch nicht besser! Dich bin ich nicht mal auf dem Klo losgeworden!“ Oh ja, zu Beginn hatte er Mathew für eine Pestbeule gehalten, die ihn einfach nicht in Ruhe gelassen hatte, dabei war noch nicht mal ne Gefährtenschaft das Problem gewesen, nur dessen plötzlich und einmalig entfachter Starrsinn, der sich nicht von dem Gestank im Labor oder von seinem nein hatte beeindrucken lassen.
 

„Hättest abhauen können“, grinste Mathew nur. „Hättest es vermutlich auch getan!“
 

„Stimmt.“
 

„Siehste?!“, fragte Mathew nur siegessicher. „So, und wo sind wir eben so rüde unterbrochen worden…?“
 

Lucius lief hastig zurück zu seiner Wohnung, trat ein und ging direkt weiter in den Salon, wenig überrascht, Evan in Severus‘ Sessel vor dem Kamin zu finden, dessen altes Lieblingsspielzeug, ein Kuscheltier in Form eines Raben in den Armen. Er starrte einfach nur in die Flammen, sah so vollkommen verlassen aus. Leise trat Lucius zu seinem Gefährten, strich sanft über dessen Wange. Kurz zuckte Evan wieder, doch dann richteten sich diese unglaublich intensiv grünen Augen auf ihn, voller Einsamkeit und Verzweiflung. Rasch hob Lucius den Jüngeren hoch, setzte sich und positionierte Evan auf seinem Schoß. „Was hast du?“, fragte er leise.
 

„Ich… vermiss ihn“, flüsterte Evan, starrte in die Flammen, hielt den Raben an sich gedrückt. Sev hatte ihm mal von dem Stofftier erzählt, das sein Vater ihm mal zur Strafe weggenommen hatte, obwohl er es so geliebt hatte. „Und…ich hab Angst, ich… war nicht mehr… unter Leuten, seit… seit…“
 

„Seit man dich nach einem Jahr Azkaban mitten in eine Menge geworfen hat“, beendete Lucius den Satz. Er hob den Kopf des Jüngeren, lächelte etwas. „Du bist dreiundzwanzig Jahre alt, Evan. Du musst dich nicht verstecken und Niemand wird es wagen, dich auch nur schief anzusehen. Es ist ein Essen in einem exklusiven Restaurant, da ist nie viel los und es gibt nicht Viele, die sich das noch leisten können.“
 

„Ich… wollt… S... Niemanden bloßstellen“, murmelte Evan, bemüht, dem Blick der silbernen Augen standzuhalten.
 

„Bloßstellen?“, fragte Lucius, nun vollkommen aus dem Konzept gebracht.

„Blamieren… mit… meinem Ausraster…“
 

„Oh, Evan! Glaub mir, mein gediegener Bruder hat schon ganz andere Sachen an den Kopf bekommen, vor Allem von mir! Du hast mich oder dich nicht blamiert! Aber in einem hat Mattie Recht – ich will nicht, dass du mich siezt. Nenn mich Lucius.“
 

Evan nickte nach einiger Zeit, nicht willens, sich zu streiten. Er lehnte sich an die Brust des Älteren, genoss die Wärme, die der ausstrahlte, ließ sich schließlich sogar den Raben abnehmen und kuschelte sich ein. Er merkte nicht, wie er selbst wegdämmerte, erschöpft von den Dingen, die sich bisher schon zugetragen hatten.
 

Mit einem vermutlich bei ihm sehr irre wirkenden Lächeln beobachtete Lucius, wie sein Kleiner sich schließlich in sich und gegen ihn zusammenrollte, sich sogar den Raben abnehmen ließ und nach wenigen Minuten schlicht einschlief. Noch eine Weile blieb der Blonde einfach sitzen, dann stand er vorsichtig auf, trug Evan ins Bett, streifte ihm die Schuhe ab und deckte ihn zu, blieb aber bei dem Jüngeren, schlug eine Akte auf. Aber nur, bis es klopfte. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm aber auch, dass es schon gut vier Uhr war. „Ja?“, fragte er ruhig, legte die Akte und den Stift beiseite, überrascht, als Jaden den Kopf durch die Tür steckte. „Was gibt es? Hat mein Bruder dich hier wirklich frei laufen lassen?“, fragte er amüsiert.
 

„Nun, ich habe ihn wohl ziemlich gut ausgepowert, er liegt irgendwo halbtot in der Gegend rum. Sonst benimmt er sich beim Essen nachher noch schlimmer.“
 

„Danke, ,so genau wollte ich es gar nicht wissen, es gibt Dinge, über die möchte ich als großer Bruder deines Mannes wirklich gern im Dunklen bleiben. Was machst du hier?“
 

„Ich komme wegen deinem Gefährten.“
 

„Und warum?“, fragte Lucius nun irritiert.
 

„Ich weiß, dass du ein wirkliches Vertrauensproblem mit Heilern hast, aber ich hab auch eine Heilerausbildung, ich könnte ihn mir ansehen, auch, um zu wissen, wie ich die Tränke am besten zubereite und was für seinen Körper wirklich wichtig ist.“
 

„Ehrlich gesagt ist das eine hervorragende Idee“, stimmte Lucius zu, deutete neben sich. „Er schläft, er war vollkommen erschöpft.“
 

„Hat er zu Mittag gegessen?“
 

Lucius konnte nur den Kopf schütteln. „Er war so erschöpft, ich wollte, dass er schläft. Er hat so oft schlechte Träume und ich kann ihm keinen Traumlostrank geben, er war eine Zeitlang süchtig danach und es hat Sev ein Jahr gekostet, ihn davon wirklich wieder runter zu bekommen.“
 

„Das ist ein Problem“, stellte Jaden traurig fest, blickte auf das selbst im Schlaf angespannt wirkende Gesicht und den sehr, sehr, den zu schlanken Körper, der wirklich nicht von einem Erwachsenen zeugte.
 

„Sev hat versucht, einen Traumlostrank zu brauen, der ohne die süchtig machenden und schädlichen Komponenten arbeitet. Er hat gesagt, er wäre kurz vor dem Durchbruch – leider konnte er seine Forschungen nie beenden.“
 

Jaden nickte. Er hatte seinen Kollegen immer ob dessen Geschick und Können bewundert, nein, schon beneidet. Der Mann schien mit den Trankzutaten sprechen zu können, wie zu Menschen. Er war ein Genie gewesen, das entschieden zu früh gegangen war und es konnte Jahre dauern, bis wieder so einer kommen würde. Womit all dessen Wissen und viele von seinen Ansätzen einfach verlorengegangen waren. Es war traurig. Dann aber wurde er abgelenkt von der Akte, die ihm gegeben wurde. Es war ein detaillierter Heilerbericht, der ihm gar nicht gefiel. Das hier wieder zu richten, das konnte sich hinziehen. Aber er konnte den Nährtrank optimieren. „Danke. Ich werde dann mal dein Labor missbrauchen.“
 

„Aber bitte erst nach dem Essen heut Abend“, bat Lucius ruhig. Es war ein seltsames Gefühl, einen Anderen als Severus da unten rein zu lassen. Sogar er selbst blieb immer nur im hintersten Eck und einige Dinge, die sein Freund dort gelassen hatte, standen da noch heute, nach sechs Jahren. Zum Beispiel dessen Lieblingskessel und Stößel.
 

„Sicher“, grinste Jaden, blickte wieder auf den schlafenden, jungen Mann, der gerade tiefer unter die Decke kroch. „Darf… ich etwas empfehlen?“
 

Lucius hob die Augenbraue, machte aber eine einladende Geste.
 

„Wenn er wirklich so lang nicht mehr unter Leuten war, könnte es sein, dass er auch bei den Wenigen, die in dem Restaurant sind, Panik bekommt. Daher wäre es vielleicht angebracht, einen Beruhigungstrank mitzunehmen.“
 

„Gute Idee, daran hab ich noch nicht mal gedacht“, stellte Lucius fest, nickte Jaden, der nun den Raum verließ, noch mal zu. Der Mann würde zweifelsfrei schon seine Arbeitsflächen in Augenschein nehmen und Vorräte überprüfen. Was ihm die Zeit gab, Evan zu wecken. Sie mussten ja aus der Kiste noch was raus suchen, was der tragen wollte oder zumindest den Inhalt der Truhe in dem begehbaren Kleiderschrank unterbringen, wo die Hauselfen gerade Platz für seinen Gefährten geschaffen hatten. Sanft strich er über die zu helle Wange, wartete, bis der Jüngere ihn nach einer ganzen Weile, im ersten Moment vollkommen verständnislos, anblinzelte. „Wieder wach?“
 

Unwillig setzte Evan sich auf. Er fühlte sich immer noch erschlagen, aber immerhin etwas besser, als noch kurz nach dem Besuch bei Gringotts. „Wacher“, erklärte er daher, ließ sich dieses Mal gern zum Älteren ziehen und kuschelte sich wieder gegen Diesen.
 

„Dann komm, suchen wir mal in der Truhe nach Klamotten für heut Abend und räumen die anderen Sachen weg.“

Ferien

Mit einem Lächeln begrüßte Fleur ihren Mann, ließ sich von ihm umarmen und küssen, ihr erstes Kind an der Hand. Sie war froh, dass er mit ihr nach Frankreich gekommen war, statt sie mit nach Ägypten zu schleppen. So faszinierend diese Region der Welt war, es waren auch entschieden zu viele Muggel da, es gab zu viele Unruhen, vor denen auch Magier nicht sicher waren und obendrein tat ihr die Hitze nicht gut. Sie war auch nicht gesund für ihr Kind, das ja, wie sie selbst auch, Veelagene hatte. Und immerhin – ihr Mann hatte ihren Nachnamen angenommen, was auch sehr ungewöhnlich war!
 

„Hallo, Fleur“, entgegnete Bill nur zu gern, küsste erst seine Frau und hob dann seine kleine Tochter hoch, legte die Hand auf den geschwollenen Bauch der Halbveela, wo er mit einem Tritt belohnt wurde. Vergessen war der Stress der Arbeit und der Frust über den nächsten Brief seiner Brüder, der inzwischen schwelende Hass auf seine einzige Schwester und die dumme, uneinsichtige Mutter, die nichts besseres zu tun hatte, als dauernd seine Frau zu beleidigen, der Untreue zu bezichtigen und ihm zu sagen, sie sei nicht gut genug für einen Weasley. Alles Gründe, seinen alten Namen abzulegen. Damit war er nicht offiziell aus der Familie ausgetreten, doch er hatte auch ein klares Statement gesetzt, das vor Allem der Vater sicher verstanden haben dürfte. „Und, meine Prinzessin? Wie war dein Tag? Hast du mit Mama und Oma gespielt?“
 

Als die Kleine nickte, lachte er, setzte sie wieder auf den Boden und sah ihr hinterher. Er hoffte wirklich, dass sie nicht am Ende werden würde, wie Ginny, doch er machte die Dinge nicht, wie seine Mutter. Das Kind würde klare Grenzen kennen und nicht mehr oder weniger Liebe erfahren, als das Brüderlein, das in wenigen Wochen auf die Welt kommen würde. Sie durfte nicht so werden! Aber er wusste, seine neue Familie, die Delancours, würden ihm dabei helfen. Seine Prinzessin, Rose, würde immer geliebt sein, doch sie würde auch wissen, wie sie sich zu benehmen hatte!
 

„Mach dir nicht so viele Sorgen“, bat Fleur leise, trat zu ihrem Mann und küsste ihn sanft. „Sie ist nicht deine Schwester. Und sie wird nicht so werden. Wir sind nicht deine Eltern.“
 

„Es… ich verstehe einfach nicht, warum Ginny das getan hat“, sprach er schließlich, brachte seine Frau zu ihrem Lieblingssessel und setzte sich zu ihren Füßen, begann, die zu massieren. „Sie war mal ein so liebes Mädchen, süß, klein und brav… wie konnte sie sich so hergeben?! Wie?! Ich meine, selbst ich hab gesehen, dass Harry nie was von ihr wollte! Sie…!“
 

Sanft strich Fleur über Bills karottenrote Haare. „Sie hat ihren Weg gewählt. Sie wollte berühmt sein und ohne Grenzen leben, sie wollte Dinge, die man nicht vereinen kann. Aber nicht du als großer Bruder hast versagt, sondern deine Eltern haben es. Ich hab doch damals gesehen, was abging! Ron und Hermine konnten tun, was sie wollten, der Bengel hat nur auf die Zwillinge geguckt und schon waren dann die Schuld! Egal, wo sie gerade waren. Und wenn Ginny eine Krokodilsträne geweint hat, hat dein Dad das Geld nur so um sich geworfen, damit sie aufhört, während Fred und George ihr Geschäft ohne die Hilfe von Harry nicht mal hätten gründen können, weil sie nicht unterstützt worden sind!“

Bill seufzte leise. Er wusste, Fleur hatte Recht. Wie hätte er einschreiten sollen? Er war fast nie da gewesen. Und wenn, dann hatte er die Zwillinge getröstet, die sich immer unverstanden gefühlt hatten. Nun, das waren sie auch. Allein die Tatsache, dass die Eltern und zwei der Geschwister sie nicht auseinander hatten halten können, bis einem ein Ohr abgerissen worden war, war ein trauriges Zeugnis der Stellung der Beiden. Oder Percy, der sich unverstanden gefühlt hatte, nur, weil seine Jobwahl auf Unwille gestoßen war, der bis heut die Familie mied, nun noch mehr als vorher. „Ich frage mich nur, warum das so ist. Warum sieht sie Ron und Ginny so anders als den Rest von uns? Ginny, gut. Sie war das erste Weasleymädchen seit Generationen, aber Ron?“
 

„Du hast mir damals gesagt, er wurde interessant, als die Freundschaft begonnen hat. Es klingt hart, aber hast du schon mal daran gedacht, dass deine Mutter ganz bewusst versucht hat, so das Familienvermögen zu vergrößern? Jeder wusste, dass Harry das Erbe seiner Eltern erhalten würde, wenn er einundzwanzig ist. Sie hat sich vermutlich ein großes Stück vom Kuchen erhofft, durch die Freundschaft zwischen Ron und dem Jungen und durch eine Hochzeit mit ihrer Tochter. Sie wäre zu Lady Potter geworden, und soweit ich weiß, auch noch zu Lady Black. Viel mehr Einfluss geht nicht. Sie hätte sogar den Vortritt vor den Malfoys gehabt.“
 

„Wenn es so ist, dann ist das sehr, sehr traurig“, gab Bill nur zurück. Wobei er das für gar nicht mal so falsch hielt, denn besser zu sein als die Malfoys wäre ein eindeutiger Weg, diese dumme Vendetta zu gewinnen, die seine Eltern immer noch kämpften, selbst, wenn alle Söhne damit aufgehört hatten. Na ja, alle außer Ron wohl. Aber der war noch nie über seine Eifersucht über Leute, denen es in seinen Augen besser ging, hinweggekommen. Und Draco war selbst jetzt über dem dauernd arbeitslosen, idiotischen Volltrottel.
 

„Erinnerst du dich noch daran, als du gesagt hast, wen du heiratest?“, fragte Fleur ganz ruhig. Natürlich hatten sie eine große Hochzeit gehabt, doch hinter den Kulissen hatte es schrecklich gegärt. Denn Molly hatte sie mehrfach beleidigt. Sie sei bei Weitem nicht gut genug für diese Familie und man würde diese Hochzeit nur feiern, weil man im Krieg mal eine nette Abwechslung brauchen würde, Bill würde schon aufwachen und sie dann abschießen, sich scheiden lassen und alle Kinder aberkennen, sie somit zu den Bastarden erklären, die sie ohnehin nur sein könnten. Damals hätte Fleur die Hochzeit fast abgesagt.
 

„Oh ja“, knurrte Bill nur. Es war das erste, aber nicht das letzte Mal gewesen, dass er richtig mit der Frau zusammengerückt war, sie sogar offen bedroht hatte, weil sie Fleur fast dazu gebracht hatte, ihn nicht zu heiraten.
 

„Sie hat gesagt, ich wäre nicht gut genug, meine Familie nicht angesehen und reich genug, um künftig mit ihr und somit mit Harry Potter verwandt zu sein.“ Oh ja, Fleur erinnerte sich noch sehr gut daran, vor Allem hatte sie nie verstanden. Sie kannte Harry, hatte damals mit ihm beim Turnier gekämpft und hatte ihn nicht mal in einer Beziehung sehen können! Sicher, mit Vierzehn hatten die Jungs immer schon ihre ersten Liebeleien gehabt, doch der jüngste Teilnehmer aller Zeiten hatte auf sie gewirkt, wie ein verschreckter Zehnjähriger. Sie hatte damals schon gegen Alles gewettet, gewusst, dass der Junge mit dem gejagten Blick das befehlende Mädchen mit den roten Haaren nicht heiraten würde. Niemals. So war es dann ja auch gekommen.
 

„Vielleicht sind die Beiden auch Schuld an dem, was Ginny getan hat“, murmelte Bill. Klar, keine Erziehung, dauerndes Nachgeben, Einreden eines Rechtes, war klar, dass das nur in ein Desaster führen konnte.
 

„Sind sie“, gab Fleur ruhig zurück. „Darum wollte ich so weit weg von England, wie es ging. Sie hätte einen Keil getrieben, zwischen uns oder schlimmer – zwischen die Kinder.“ Sie genoss die Massage, sah dann aber auf. „Was haben deine Brüder gesagt?“, fragte sie schließlich. Immerhin hatten die schon mehrfach Eulen geschickt.
 

„Dass sich wohl Einiges getan hat. Lucius Malfoy ist mit Harry zusammen, Harry hat einen anderen Namen angenommen, er nennt sich Evan Snape, außer meinen Geschwistern und den Malfoys weiß das auch Niemand.“
 

„Das passt eher zu dem Jungen, den ich kennen gelernt habe.“
 


 


 


 


 


 


 


 


 

Inzwischen war es Dezember geworden. Evan lebte nun seit fünf Wochen im Anwesen von Lucius Malfoy, das für ihn mehr ein Zuhause geworden war, als alles Andere. Mehr, als die Dursleys, mehr als Hogwarts, mehr als seine kleine Wohnung. Er hatte ein Tränkelabor entdeckt, wo er deutliche Spuren seines toten Vertrauten gefunden hatte, die Art, die Zutaten zu ordnen und zu beschriften, das Arrangement der Kessel und Rührstäbe.
 

Oder die Bücherei, in der viele, alte Werke neben neueren Büchern und sogar Muggelliteratur standen. Da hatte er sich auch heute verkrochen, denn wenn er raus ging, kam spätestens eine halbe Stunde später ein Hauself hinter ihm hergedackelt, der einen Umhang schwenkte und ihn vorwurfsvoll ansah, weil er ohne etwas Wärmendes mitten in der Kälte oder im Regen stand, dabei war der Park schon für den Winter vorbereitet und man sah nicht viel von der Pracht, die der wohl im Frühjahr oder Sommer haben musste.
 

Lucius war ihm unheimlich und doch hasste er es, wenn der Blonde, wie jetzt, wegen Sitzungen im Ministerium nicht da war. Er fühlte sich so sicher mit dem Älteren und ja, er liebte es, wenn der ihn küsste, hielt und einfach nur da war, vor Allem nachts, wo ihn immer noch die Alpträume plagten. Ja, der Mann küsste ihn, dauernd und es fühlte sich toll an.
 

Dazu noch dessen irre Verwandtschaft. Na ja, er hatte bisher Mattie kennen gelernt, aber der Vater schien nicht viel besser zu sein. Sie waren dann an dem Abend des Tages, wo Evan in Severus‘ Kammern gewesen war, zum Essen gegangen, in ein gehobenes Lokal, wo er am liebsten postwendend wieder raus gegangen wäre und nicht mal die Karte, die auf Französisch verfasst gewesen war, verstanden hatte, doch Lucius hatte ihn festgehalten und für ihn bestellt.
 

Dann hatten Mathew und dessen Mann das Knutschen angefangen, mitten in der Öffentlichkeit! Ja, er hatte Angst bekommen, doch das Einzige, was geschehen war, war, dass der unbeachtete Kellner rot angelaufen war und eine Frau hatte das Sabbern angefangen, was Evan nun gar nicht verstand. Sie hatte doch gesehen, dass die Beiden da wohl vergeben waren!
 

Langsam nahm Evan auch einfach hin, dass es wirklich nicht verboten war, als Mann Männer zu lieben und dass das, was man damals mit ihm gemacht hatte, nur eine Gemeinheit mehr gewesen war, die geholfen hatte, ihn unter Kontrolle zu halten. War eigentlich irgendwo auch klar gewesen, wie er zugeben musste. Man hatte ihn ja dauernd belogen. Oder ihm was vorgespielt. Sorge, Freundschaft, Vertrauen.
 

Darum wollte er ja nicht zurück in die Gesellschaft. In Keine. Nicht zu den Muggeln, die ihm nicht geholfen, die den Dursleys geglaubt hatten. Welcher Dreijährige bitte brach sich denn den Arm und lief dann noch gegen den Herd, wo die Pfanne mit dem heißen Fett über ihn kippte, nur um Aufmerksamkeit zu bekommen?! Und in die magische erst recht nicht. Diese Leute hatten ihn gezwungen, einen Krieg zu führen, vor dem die Erwachsenen selbst Angst hatten, dann war er für die Leute zum Mörder geworden, um anschließend als potentielle Gefahr, vermutlich noch auf Anweisung des ja schon ein Jahr vorher verstorbenen Dumbledore, auf direktem Weg nach Azkaban zu bringen, kaum, dass er Sev hatte unter die Erde bringen können. Man hatte ihn verraten und verkauft. Darum hatte er seinem Leben ja auch einfach ein Ende setzen wollen, doch die Zwillinge hatten ihm das unmöglich gemacht und ein ganzes Jahr lang hatte er seine Freunde dafür gehasst.
 

Und jetzt?
 

Er wusste es nicht so genau, wenn er ehrlich sein sollte. Er fühlte sich besser, als seit langer Zeit, vielleicht, seit er im dritten Jahr begonnen hatte, zu begreifen, dass man mit ihm spielte, wie mit einer Marionette. Lucius war da, er hielt ihn, half ihm, gab ihm Wärme und etwas, das man als Zuhause bezeichnen konnte. In dem gesamten, riesigen Haus gab es für ihn nicht eine einzige, verschlossene Tür. Das Musikzimmer mit den teuren Instrumenten, der Raum mit den Waffen, die magischen Artefakte. Oder hier die alten Bücher, die unbezahlbar aussahen, um es milde auszudrücken.
 

Nur – was für eine Zukunft hatte er? Was sollte er machen? Er hatte keinen Abschluss, war nie ein guter Schüler gewesen, auch, weil er es wie zu Dudleys Zeiten, nicht gedurft hatte. Und auch, wenn er den neuen Namen liebte, er würde es damit sehr schwer haben, irgendwo angenommen zu werden, wenn er nicht herausragte. Und in was war er schon gut, außer im Kämpfen, was er eigentlich so sehr hasste?
 

Erleichtert warf Lucius seinen Umhang einer der Hauselfen zu. Das Treffen heut hatte sich hingezogen, wie Kaugummi, dabei hatte er nun wirklich Alles von zuhause aus vorbereitet gehabt, aber scheinbar waren die Leute inzwischen zu dumm zum lesen! Dabei wollte er Evan nicht so lang allein lassen, er wusste inzwischen, dass der junge Mann sich kaum allein beschäftigen konnte. Als Kind hatte er das Spielen nicht gelernt und als Erwachsener wusste er nicht, was er tun sollte. Selbstverständlich versuchte Lucius, den Jüngeren anzuregen, doch das war schwer, wo der praktisch nicht bereit war, das Gelände zu verlassen. Darum war es so wichtig, bei Evan zu bleiben, nun, wo er sich endlich öffnete! Er wollte, dass sein Gefährte etwas fand, das ihm Spaß machte, doch jedes Mal, wenn er nicht da gewesen war, sagten ihm die Hauselfen, dass Evan entweder draußen gewesen war und dabei meist einen Umhang vergaß oder dass er in irgendeinem Zimmer hockte und nur raus starrte. „Wo ist er?“, fragte er daher die Hauselfe sehr direkt.
 

„Bücherei“, kam es von dem kleinen Wesen, das sehr schnell wieder das Weite suchte.
 

Seufzend löste Lucius die Spange in seinen Haaren, mit denen er die in der Öffentlichkeit meist zurückhielt, doch er wusste, sein Gefährte mochte es viel lieber, wenn sie offen waren. Leise öffnete er die nicht ganz geschlossene Tür, trat ein. Er lief direkt in Richtung des Kamins, wo auch die Sitzecke und das Fenster waren, wenig überrascht, dass Evan auf dem Fensterbrett saß, die Beine an sich gezogen, den Blick in die Ferne gerichtet. Sanft zog er Evan zu sich. Der Jüngere zuckte kurz, dann aber wandte er sich um, lächelte den Blonden an und ging auf den Kuss nur zu gern ein. „Warum sitzt du denn hier rum?“, fragte er.
 

„Ich… hab nachgedacht“, erklärte Evan schließlich, sah wieder kurz in den Park. „Es hat geschneit“, erwähnte er dann das Offensichtliche, bedachte man, dass sich eine weiße Schicht über den Rasen gelegt hatte.
 

„Hat es“, nickte Lucius, zog seinen Gefährten erneut zu sich und küsste ihn. „Kann man wohl Ende November auch erwarten. Bald ist Midwinter“, stellte er dabei fest. Man feierte dieses Fest etwas später, als das christliche Weihnachten, aber so um den Dreh herum. Wie gesagt, er war ein Anhänger der alten Wege, schon immer gewesen.
 

„Hm“, murmelte Evan nur, lehnte sich an den Älteren. Für ihn hatten diese Feste alle keine Bedeutung. Das einzig Positive war, dass bald auch der Tag sein würde, wo Sev seine zweite Chance bekam, laut Luna und sie war eine der Wenigen gewesen, denen er tatsächlich vertraute. Die immer ihn gesehen hatte, nicht den, den alle sehen wollten.
 

„Wollen wir nicht was machen?“, schlug Lucius erneut vor, wie fast jeden Tag. Er hatte es mit Muggelkino versucht, mit Theater und Konzerten, aber nie war der Jüngere darauf eingegangen. Auch jetzt würde er es tun, denn das Gesicht verschloss sich etwas.
 

„Ich mag nur… etwas kuscheln…“
 

„Dann kuscheln“, nickte Lucius, froh, dass Evan inzwischen auf seine Art recht offen nach Nähe fragte. Er wurde anhänglicher, legte sich abends, bevor er einschlief, schon in seine Arme, statt wie sonst erst nachts und im Schlaf rüber zu rollen. „Oben bei uns?“
 

Evan nickte. „In Sevs Sessel“, lächelte er, genoss es, dass der Blonde stark genug war, um ihn hochzuheben, als hätte er kein Gewicht, sie setzten sich. Es war, als würde er endlich etwas Ruhe finden, auch vor den eigenen Gedanken.
 

Der Nachmittag verlief wie immer, sie redeten, er brachte Evan sogar ein paar Mal zum Lachen. Der Jüngere öffnete sich, immer etwas mehr. Er redete nicht wirklich über das, was er erlebt hatte oder warum er nur von Zeit zu Zeit mit wenigen Weasleys sprach, ein Mal waren die Zwillinge sogar hier gewesen. Percy hatte ihm gesagt, dass er schon mehr wusste, als die Meisten.
 

Nun, er hatte eine wirkliche Überraschung vor, einen Weg, der ihm von Fred und George bestätigt worden war, der helfen könnte, Evan endlich aus sich selbst raus zu locken. Ein Urlaub, weit weg von England und all den Erinnerungen. Dad hatte für sie einen Luxusaufenthalt in der Karibik gebucht, wo es keine Ähnlichkeit mehr mit England gab, wo Evan vielleicht vorsichtig zu leben beginnen würde. Und in vier Tagen würde es losgehen. Außerdem würde, nach mehr als zwei Jahren, der gesamte Familienclan zusammenkommen, auch sein wohl laut Dad noch schmollender Sohn.
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

„Und? Und, und, und, und?“, fragten die Zwillinge aufgeregt, hüpften regelrecht auf und ab.
 

„Ihr seid furchtbar!“, lachte Percy, der inzwischen wusste, dass die Beiden den Zettel absichtlich hatten liegen lassen, wie er es bereits vermutet hatte. Die Zwillinge hatten wohl gefürchtet, dass der Jüngere sich was antun würde, auf welche Art auch immer, und gewollt, dass Irgendwer Evan für ihn selbst half. Nun, das hatte geklappt. Malfoy ließ seinen Gefährten gar nicht mehr aus den Augen, achtete sehr auf Diesen und wirkte wohl auch dessen Tendenz entgegen, sich selbst zu gefährden.
 

„Antworten!“, fauchten beide Männer gleichzeitig.
 

„Schon gut, schon gut!“, stöhnte Percy, hob beschwichtigend beide Hände. War klar gewesen, dass sie ihn überfielen, nachdem sie wussten, dass Malfoy heut mit ihm beim Essen war. „Was wollt ihr wissen?“
 

„Alles!!“
 

„Aaaalso, als ich heut Morgen ins Minis…“
 

„Percival Arthur Weasley! Wir können dein Leben…!“
 

„… ohne Probleme zur Hölle machen!“
 

„Schon gut, ihr Stinkstiefel“, lenkte Percy ein, aber allein das ungläubige Gesicht seiner Brüder war es schon wieder wert gewesen. „Lucius Malfoy und ich waren beim Essen, er hat mich eingeladen, hat extra seine Sekretärin vorgeschickt. Nettes Mädchen übrigens. Steht auf den Mann, denkt, sie hätte eine Chance. Sie weiß nicht, dass er einen Gefährten… schon gut! Hört auf, mich so anzusehen! Ich komm schon noch zum interessanten Teil!“, lachte Percy, setzte sich auf einen der Sessel. „Wir haben geredet. Er sagte mir, dass Evan sich langsam öffnet und nicht mehr ganz so viele Alpträume hat. Aber er will immer noch nicht nach draußen oder sonst wo hin. Er hat Angst, aber das wisst ihr vermutlich besser, als irgendwer sonst. Allerdings hat er einen Plan und er war sich sicher, dass ihr mich anschließend ausfragt, womit er sich, in seinen Worten, einen weiteren Kontakt sparen kann, da er vorhat, Evan zumindest einen Teil seiner Panik zu nehmen, indem er ihm einen Ort zeigt, den er gar nicht kennt.“
 

„Hö?“, fragte Fred verwirrt. Worüber am meisten wusste er nicht. Ob darüber, kontaktiert zu werden oder über Malfoys Idee.
 

„Glaubt der wirklich, das hätten wir nicht auch probiert?“, fragte George wütend.
 

„Nun, ihr hattet kaum das Geld, eine eigene Insel im asiatischen Teil der Karibik zu mieten, irgendwo einige Meilen von Bali weg“, grinste Percy. „Ein Luxusparadies.“
 

„Wow…“, brachte Fred sprachlos heraus.
 

„Jap, das dachte ich mir auch“, stimmte Percy zu. „Und es is ne geniale Idee. Raus aus England, raus aus der Enge, weg von seinen Problemen. Damit er endlich redet, denn auch, wenn er wohl offener wird, nach dem, was Malfoy mir gesagt hat, redet Evan immer noch nicht.“ Sie Alle, Percy, seine Brüder, Jeder, mit dem der Grünäugige noch Kontakt gehabt hatte, hatte die Namensänderung einfach hingenommen. Sie hatten eigentlich eher damit gerechnet, wenn sie ehrlich waren. Es war einfach ein weiterer Weg, hinter sich zu lassen, was gewesen war und Snape zu ehren, indem er dessen Name angenommen hatte. Sicher auch mit Hilfe des Blonden. Sonst wäre das nie ohne Presserummel gegangen, bedachte man, dass die magische Welt immer noch nach Harry Potter suchte, der in ihren Augen gefälligst eine Hexe zu heiraten hatte und zu helfen, die Gesellschaft wieder aufzubauen.
 

Nun, Percy konnte sich keinen besseren Schutz vorstellen, als Lucius Malfoy, der noch nicht mal von seinem Glück wusste, doch er würde sicher bei der nächsten Wahl als Kandidat für das Minsteramt ins Rennen gehen, gestützt vom gesamten Wizgamont und, kaum zu glauben aber wahr, er hatte auch großen Rückhalt in der Bevölkerung, weil er so bei dem Aufbau nach den Zerstörungen des Krieges geholfen hatte, auch mit privatem Geld und Muskelkraft. Der Blonde war sich nicht zu schade gewesen, die Ärmel hochzukrempeln und Verletzten zu helfen.
 

„Wow, der hat ein Glück!“, lachte George. „Die Frauen da sollen echt heiß sein und was die so mit ihren Händen und Füßen anstellen können…!“
 

Die Augen verdrehend versetzte Fred dem Anderen einen Schlag auf den Hinterkopf. „Reiß dich mal zusammen, du sexgeiler Trottel! Außerdem werden wohl weder Malfoy noch unser Kleiner daran Interesse haben!“
 

„Ihr Fehler. Für mich wäre da nur umso… he!“
 

Nun war es Percy gewesen. „George, beherrsch dich“, bat er einfach nur. „Aber ich denke, Lucius hatte damit die richtige Idee. Natur, keine Ähnlichkeit zu hier, keine Zauberer, keine Vorurteile und einfach mal etwas Zeit, ohne Flooanrufe für Lucius, ohne irgendwas Anderes. Auf diese Inseln dürfen immer nur wenige Besucher auf ein Mal, das ist richtig teuer. Und er hat gesagt, er hat die gesamte Insel gebucht, für sich... und später für seine irre Familie.“
 

„Okay, nu tut er mir doch Leid“, stellte George fest. „Draco is immer noch ein arroganter Schnösel!“
 

„Immer noch besser, als unser eigener Bruder“, erinnerte Percy nur, sah dann auf. „Wie? Bekomm ich nicht mal was zu Trinken?“
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

„…will nicht!“, rief Evan entsetzt. Er hatte keine Ahnung, was Lucius nun schon wieder vorhatte, nur, dass er von dem Älteren gepackt worden war und sie mit einem Portschlüssel gereist waren, irgendwohin und er bekam Panik. Was sollte das?! Er hatte sich noch nicht mal vorbereiten können und…! „Was… was war das?“, fragte er panisch, als er einen hohen Schrei hörte.
 

Grinsend über seinen gelungenen Coup sah Lucius sich um. Sie waren punktgenau am Anleger gelandet, in wenigen Minuten würde man sie abholen. Es war eine Muggelferieninsel, die er, für die Zusammenkunft seiner Familie, einfach mal gemietet hatte. Kostete wohl ein Vermögen, fiel aber bei seinem Geld nicht weiter groß ins Gewicht. Es war ein Ort, versteckt in den Tropen. Purer Luxus mit Massagen und allem, was man sich nur wünschen konnte, mit Leuten, denen es egal war, wer mit wem schlief, solang eben nur die Kasse stimmte, ein Teil des Geldes floss auch in die Erhaltung der von den idiotischen Muggeln fast zerstörten Riffe und in die einheimische Tier und Pflanzenwelt. Tat er also sogar noch was Gutes. Und wie auf Kommando schrie irgendwo mitten in dem scheinbar undurchdringlichen Dickicht des Regenwaldes der Schrei eines Vogels, vermutlich eine Papageienart. Eine, die sehr menschlich klang, wenn man es nicht besser wusste.
 

„Evan, du musst keine Angst haben“, sprach Lucius sanft. „Ich würde dir nie was tun, das weißt du. Mach einfach deine Augen auf, dann weißt du auch, wo du bist.“
 

Wo war er?! Panisch riss Evan die Augen auf – und merkte, wie sein Mund regelrecht bis zu den Kniekehlen fiel. Was war nun schon wieder geschehen?! Er stand mitten… im feinen Sand, der umgeben war von Wellen! Meer! Das… das musste das Meer sein! Als er seinen Blick schweifen ließ, sah er Pflanzen. Viele Pflanzen. Sehr viele und nicht eine davon hatte er schon mal gesehen. Zumindest nicht life. Auf Bildern, aber nie so. Dazu die vielen Geräusche, Schreie, die er jetzt wohl doch Tieren zuordnen konnte. „Wo…? Was…?“
 

„Eine wenig bekannte Insel ein ganzes Stück von Bali entfernt, sehr abgeschieden, keine Touristen, keine Zauberer, wenige Muggel, die auch nur Angestellte sind. Ein paar Köche, Kindermädchen, Masseure. Solche Dinge. Ich habe die gesamte Insel gemietet. Na ja, in vier Tagen kommt Mattie mit seinem Mann und dann auch nach und nach der Rest des Malfoyclans, aber nur wir. Du wolltest nicht raus, hast Angst, dass dich in England nur Erinnerungen einholen – hier ist nichts, wie in England.“
 

Lucius hatte das hier für ihn getan! Woher hatte er das nur gewusst? Dass er schon immer das Meer hatte sehen wollen? Nicht die rauen Küsten um England und Wales oder Schottland, sondern eben die Sandstrände, von denen die Dursleys immer geredet hatten, wo sie jedes Jahr mindestens ein Mal gewesen waren. Ohne ihn. Und nun stand er hier, inmitten eines Paradieses. Eines, das sicher sehr, sehr teuer sein würde. Und doch…
 

Allein die Tatsache, dass es hier keine anderen Leute geben würde, keinen den er kennen konnte, Niemanden, dessen Vorurteile oder Erwartungen er fürchten musste, war eine wunderbare Aussicht! Es war so… entspannend, als wäre ihm ein riesiges Gewicht genommen werden, dessen Existenz ihm gerade erst klar geworden war.
 

Doch dann fiel ihm etwas Anderes ein, etwas, das ihm kalte Schauer über den Rücken jagte. „Was…. Was ist mit Sev? Er… sein… sein Grab, es…!“
 

„Evan“, erinnerte er den Anderen sanft, hob dessen Kinn an. „Es ist Winter, du hast das Grab selbst eingewintert, es kann gerade nichts gemacht werden und das weißt du. Das hier ist Urlaub. Sev hätte es sicher auch gewollt, dass du dich ablenkst. Du musst leben. Lass mich dir zeigen, was es gibt und…“, allerdings sprach er nicht weiter, als er den Mann sah, der auf ihn zuging, gekleidet in eine makellos weiße Uniform, gepflegt. Der Mann neigte den Kopf, grüßte sie beide auf Englisch.
 

„Sirs, würden Sie mir bitte zum Strandbuggy folgen? Ich bringe Sie in den vorbereiteten Bungalow.“
 

Lucius nickte. Er hatte automatisch Evan fester gehalten, da der versucht hatte, wieder rückwärts zu gehen, doch nun beruhigte sein Gefährte sich, eindeutig erleichtert, keine Verbindung mit dem Gesicht vor sich zu entdecken. Er lief hinter dem Mann her, bugsierte erst Evan, dann sich selbst in die lustigen, an der Seite offenen und doch überdachten Miniwagen, die ihm sinnlos erschienen, denn von der Seite aus wurde man immer noch nass.
 

Fasziniert und mit offenem Mund, den ein kleines Stupsen am Kinn schloss, starrte Evan auf die Landschaft. Keine Autogeräusche, keine Flugzeuge, nichts Lautes. Nur die Geräusche der Tiere. Vögel, wie auch immer sie aussehen mochten, andere Lebewesen. Wasser tropfte von riesig wirkenden Blättern, es war überraschend warm hier. Und dann, auf ein Mal, wie aus dem Nichts, tauchte ein Häuschen auf, eines mit hölzernen Wänden und riesigen Fenstern, mit einem Dach, das aus festen Leinenbahnen zu bestehen schien, aussah, wie ein Zelt.
 

Mit amüsiertem Grinsen führte Lucius seinen Gefährten hinter ihrem Führer her in den luxuriösen Bungalow, wo auch eine Klimaanlage dafür sorgte, dass man trotz der Schwüle würde schlafen können. Auf den Kissen lagen exklusive Köstlichkeiten aus der Schweiz, feinste Pralinen und handgemachte Trüffel, exotische Blumen standen um Raum herum, der mit ausgesuchten Möbeln eingerichtet waren. Natürlich war der gesamte Boden mit Teppichen ausgelegt. Ja, hier würde es sich leben lassen.
 

„Haben Sie noch einen Wunsch, Sir?“
 

„Ja, ich habe von diesen romantischen Diners am Strand gehört. Das hätte ich gern für heut Abend. Für jetzt vielleicht einen alkoholfreien Cocktail für meinen Verlobten, einen mit Alkohol für mich und dazu ein leichtes Mittagessen.“
 

„Selbstverständlich. In fünfzehn Minuten werden wir einige Häppchen und eine Auswahl an Getränken bringen.“
 

„Dazu bitte das Programm mit den Angeboten des Hauses“, fügte Lucius noch hinzu, nickte und gab dem Mann einen extra Schein in die Hand, zog Evan dann an sich. „Und?“, fragte er leise. „Was denkst du? Verschanzt du dich hier drin oder isst du mit mir am Strand und erforschst morgen etwas die Umgebung?“
 

„Ist… das hier nicht zu teuer?“ Evan konnte nicht anders, sein Leben lang hatte man ihm nur gesagt, er sei eine Belastung, zu viel, um versorgt zu werden, kaum der Lumpen würdig, die man ihm denn überlassen würde, er wusste, das hier konnte nur unerhört teuer sein!
 

„Evan, ich könnte die Insel kaufen und den Hotelbetrieb aufrecht erhalten, wenn ich wollte und ich würde nicht mal Geld dabei verlieren! Hör endlich auf, dir so viele Gedanken zu machen. Genieß, was man im Leben haben kann! Du hast es verdient!“, er zog Evan an sich, küsste ihn sanft. „Also?“
 

„Ich… will sehen, was hier ist, wer hier so schreit“, gab der Grünäugige schließlich zu, wissend, dass Sev gewollt hätte, dass er sich umsah. Hier konnte gar nichts passieren. Kein Engländer weit und breit, nur Lucius.
 

„Sehr gut!“, lobte Lucius, das ganze schon jetzt als riesigen Erfolg sehend. Er ließ dann schließlich den Angestellten ein, der auf einem Wagen mehrere herrliche Platten mit köstlichen Häppchen und unterschiedlichen Gläsern mit verschiedenen Cocktails brachte, gab auch dem einen extra Schein und zog Evan an sich. „Und jetzt iss. Genieß es.“
 

Das Essen war köstlich und obwohl er immer noch zu wenig aß, aß er heute mit mehr Appetit, als in England. Zufrieden kuschelte Evan sich an den Älteren, wartete, bis auch der wohl satt war, ließ sich dann auf die Beine ziehen.
 

„Hier“, lächelte Lucius, öffnete den Schrank, in dem auch schon das Gepäck eingeräumt war, das er voraus geschickt hatte, gab seinem Gefährten eine leichte, aber lange Hose und ein leichtes Hemd, wohl wissend, dass Evan es hasste, Haut zu zeigen, selbst, wenn man keine Narben sehen konnte, die Sev hatte verschwinden lassen, mit Tränken und Zaubern. Nachdem der Jüngere sich umgezogen hatte, nahm er Diesen wieder an die Hand und brachte ihn nach draußen. Zeit für einen kleinen Ausflug in den Regenwald. Er hoffte, den Jüngeren so weit zu entspannen, um in den nächsten zwei oder drei Tagen, bevor die Anderen kamen, endlich einige Gespräche führen zu können. Aber noch nicht heute. Heut war nur zum Entspannen da.
 

Der Tag war wie ein Traum stellte Evan fest. Sie liefen in der weitläufigen Anlage herum, auf einem Bohlenweg, der sie auch an einem Massagepavillon und einem Pool vorbei führte. Nur – warum war da ein Pool, wenn doch das Meer nur einige Schritte entfernt schien? Dazu noch die Tiere, die er nun immer wieder zwischen den Bäumen erkennen konnte. Ein ganz mutiges, kleines Äffchen traute sich sogar fast bis an ihn ran und er konnte dem süßen, kleinen Ding ein Stück Obst geben, das Lucius wie aus dem Nichts gezaubert hatte.
 

Schließlich hatten sie einen wunderschönen, kleinen Tempel gefunden, wo sie sich setzten, Evan kuschelte sich automatisch an den Älteren, genoss die Zeit da oben. Die Luft war schwer und süß, warm und doch auch gut feucht. Ganz anders, als er es aus England kannte. Es war wie ein Traum. Das hier war die Welt, die Severus ihm hatte zeigen wollen. Sicher wäre der Andere schon auf der Suche nach seltenen Kräutern und Zutaten, nach Beeren und Wurzeln, um seine Tränke zu perfektionieren, auf eine Weise, die nur er zu beherrschen schien, intuitiv, wie Evan selbst kochte. Das hier hätte dem Älteren gefallen. Nun – vielleicht sollte er einfach Dinge sammeln und sie Sev zumindest auf das Grab legen.
 

Wobei…
 

Es war nun Mitte Dezember, es war gar nicht mehr so lang hin, bis Severus‘ Geburtstag sein würde, der Tag, an dem Luna ihm versprochen hatte, das der Andere auch seine zweite Chance bekommen würde. Er sah zu Lucius, der ihn sofort anlächelte, über seine Haare fuhr und doch konnte er es dem Anderen wieder nicht sagen. Nein, das war sein kleines Geheimnis, noch. Für eine Weile.
 

Irgendwann wurde es dämmrig und ein Mitarbeiter erschien, erklärte Lucius, dass das Dinner gerichtet sei und sie nur noch kommen müssten. Also erhob Lucius sich, brachte Evan zu dem Buggy, mit dem man sich hier bewegte und ließ sich zum Strand bringen. Gerade rechtzeitig. Mitarbeiter gaben ihnen herrlich bunte, köstlich kalte Cocktails, als die nun rote Sonne begann, scheinbar im Meer zu versinken. Evan beobachtete das Schauspiel sichtlich fasziniert, lächelte und dann geschah das, was Lucius wirklich zeigte, wie gut das war, was er getan hatte und es war ihm fast, als würde sein bester Freund hinter ihm stehen und ihm beglückwünschend auf die Schultern klopfen, denn auf ein Mal zog Evan ihn zu sich und verlangte einen Kuss. Nun, die Sonnenuntergänge hier schienen wahrlich ihren eigenen Zauber zu haben.

Abraxas Malfoy

Nachdenklich blickte Abraxas auf das Gemälde seiner Frau. Sie reagierte aber mal wieder nicht auf ihn, wie so oft. Selbst jetzt, wo sie tot war, waren sie dauernd am Streiten und man konnte danach nicht mal ordentlichen Versöhnungssex haben, das war wirklich frustrierend! Aber gut, was sollte man machen? So war das Leben eben. Von Fair war ja nie die Rede gewesen.
 

Immerhin wendeten einige Dinge sich ja nun zum Guten. Er hatte alte Fehler eingesehen, sein Sohn ebenfalls, sein anderer Sohn machte sich gut und sein Enkel hatte ihm den ersten Urenkel beschert, während der zweite schon auf dem Weg war. Gute Zeichen eigentlich für die Zukunft, vor Allem, da Lucius‘ letzter Brief, sicher noch in der Nacht geschrieben, sich im Gegensatz zu den letzten Wochen endlich mal positiv anhörte, nicht die üblichen Zeilen in denen sich vielleicht verhaltene Hoffnung verbarg, nein, dieses Mal war es entschieden mehr. Der Gefährte seines Sohnes schien endlich, weitab von England, aus dem Schneckenhaus zu kriechen.
 

Jaden, Matties Ehemann, hatte ihm nach dem Besuch einen Monat vorher noch gesagt, dass der Junge noch einen weiten Weg vor sich hatte und das es Jahre dauern könnte, bis Evan wirklich die Traumata überwunden haben würde, doch scheinbar war er endlich bereit, zu versuchen, sich auch zu öffnen. Die Entfernung zu England schien nur positiv zu sein.
 

Nun, er würde es Lucius gönnen. Der Junge hatte mehr als genug Stress gehabt. Erst hatte er fast unmögliche Anforderungen an seinen Erstgeborenen gestellt, dann verlangt, dass der ebenfalls zum dunklen Orden übertrat, um, egal, wer am Ende gewann, auf der Seite der Sieger stehen zu können, dann die Hochzeit, die weder Narcissa noch er selbst erst mal gewollt hatten. Gut, die Beiden hatten sich zusammengerauft, aber einfach war es für sie sicher nicht gewesen. Nicht mal nach Dracos Geburt. Sie waren am Ende nur Freunde gewesen, Lucius hatte sich Sex woanders geholt aber Zuneigung nie gefunden und Narcissa…
 

Nun, zumindest konnte Abraxas von sich selbst sagen, die Fehler nicht wiederholt zu haben. Er hatte Mattie fernab der Öffentlichkeit aufwachsen lassen, ihn nach Frankreich in die Schule geschickt, um Probleme zu vermeiden und den Lord über weitere Kinder im Unklaren zu lassen, hatte Mattie selbst die Wahl eines Partners überlassen, erstaunt über den Mann, den der am Ende angeschleppt hatte. Einen Tränkemeister, der so ziemlich genau das Gegenteil von Allem zu sein schien, was der Andere war, doch die Beiden waren seit Jahren glücklich miteinander und Jaden war der Einzige, der es je geschafft hatte, den immer aktiven, oft überdrehten Mathew zu zügeln.
 

Aber Lucius…
 

Nun, er hatte nun einen Gefährten, der sich offensichtlich endlich auf seinen Sohn einlassen konnte. Auch, wenn er seinem älteren Sohn vieles schwer gemacht hatte, der Junge war immer seinen Weg gegangen. Fest und ohne zu zögern. Er würde es auch wieder schaffen. Und wer wusste es? Vielleicht war dieser Gefährte genau das, was diese Arbeitsmaschine brauchte! Denn nun war nichts mehr mit den Tagen, die man im Ministerium zubrachte! Nun würde auch Luc etwas mehr leben! Tja, scheinbar richtete sich irgendwann Alles von selbst. Eine schöne Feststellung.
 

Nun, in wenigen Tagen konnte er sich selbst davon überzeugen. Er würde auch in einer Woche die Reise auf die Insel antreten, zusammen mit seinem immer noch schmollenden Enkel, der wohl wenig Wert darauf legte, einen Stiefvater zu bekommen, der nicht nur jünger war als er selbst, sondern auch noch sein ärgster Konkurrent über sechs Schuljahre hinweg. Nun, Draco war immer etwas verzogen gewesen und hier brach wieder aus, dass weder Lucius noch Narcissa ihm je einen Wunsch abgeschlagen hatten. Immerhin war er ihr einziges Kind gewesen, sie waren so überbeschützend gewesen, das selbst Mattie manchmal hysterisch lachend rumgelegen war. Und er… nun, er mochte seinen Enkel wirklich, aber im Moment benahm der sich wie der letzte Idiot. Er wollte, dass der Vater glücklich war, aber eben doch bitte nicht mit seinem Konkurrenten! Nicht mal Astoria, ein durchaus einsichtiges, freundliches Mädchen, schien in dem Punkt zu ihm durch zu kommen. Auch, weil der Junge meinte, Potter würde ihm alles wegnehmen. Erst die Schulrekorde, dann die guten Noten und den Ruhm, anschließend den Patenonkel und nun auch noch den Vater.
 

Gut, Draco war etwas selbstzentriert.
 

Hoffentlich würde sich das in den Ferien geben, denn auch, wenn Lucius mit Evan Fortschritte machte, das hieß wohl noch nicht, dass alles toll war, nicht zu vergessen, dass sie nicht immer auf der Insel bleiben konnten. Doch, sie könnten schon, aber Luc würde das nicht aushalten. Der Andere wollte helfen, endlich eine bessere Welt aufzubauen. Sein älterer Sohn hatte immer was zu tun gebraucht. Etwas Konstruktives.
 

Abraxas war eindeutig gespannt auf diesen Urlaub. Es würde zweifelsfrei sehr, sehr interessant werden. Vor Allem, da er selbst eigentlich gern mit dem jungen Mann reden würde, doch Lucius ihm klipp und klar gesagt hatte, dass das nur geschehen würde, wenn er dabei sei, da er keine Lust hatte, dass die erzielten Fortschritte durch die Art seines Vaters zunichte gemacht werden würden.

Nun, vielleicht sollte er schon mal packen und sehen, ob er noch was zu kaufen hatte, so viele leichte Sachen hatte er ja gar nicht. Immerhin war es in England nie so wirklich warm in seinen Augen…
 


 


 


 


 


 


 


 

Mit einem verräterisch sanften Lächeln beobachtete Lucius seinen kleinen Gefährten, der mit verträumtem Blick auf dem Strand einer kleinen Bucht saß. Die Angestellten hatten ihm von dem Ort erzählt, dass er schön und romantisch sei. Man hatte ihm einen Picknickkorb gepackt, eine Decke und Kissen waren bereits aufgestellt gewesen und warteten. Evan aber saß mitten im Sand, da, wo die Wellen ausliefen, standen seine nackten Füße. Er sah nach draußen, wo man von Zeit zu Zeit auch durch Bewegungen im Meer Fische vermuten konnte. So entspannt hatte er seinen Gefährten außerhalb von den vier Wänden seines Zimmers noch nie gesehen.
 

Eigentlich schämte Lucius sich schon, diese Ruhe nun zu zerstören, aber er wusste, er musste mit Evan reden, bevor die Anderen in zwei Tagen zu kommen beginnen würden. Bis dahin wollte er schon wissen, was er wohl wissen musste, um dem Jüngeren wirklich helfen zu können. Evan musste ihm erzählen, was geschehen war, nicht das, was Sev schon immer erzählt hatte, nein, alles. Egal, wie schwer es dem Jüngeren auch fallen mochte. Daher trat er zu dem Jüngeren, setzte sich neben ihn. „Evan“, sprach er sanft.
 

Lächelnd sah der Angesprochene auf, beobachtete, wie der Blonde sich neben ihn setze. „Es ist einfach toll hier“, erklärte er leise. „So… anders. Friedlich…“
 

„Ja“, nickte Lucius. „Das hier ist eine andere Welt und nicht unbedingt die Schlechteste“, stimmte er zu, zog Evan zwischen seine Beine. „Weit weg von England, genau richtig, um sich zu erholen. Selbst ich bin mal für einige Wochen nicht mehr erreichbar.“
 

„Warst du hier schon mal?“, fragte Evan schließlich, lehnte sich zurück in die herrliche, inzwischen vertraute Sicherheit. Vielleicht hatte er es wirklich etwas eilig gehabt, alles hinter sich zu lassen, denn das hier war sehr angenehm. Er hätte nie gedacht, auch nur das Recht auf dieses Gefühl haben zu dürfen, das ihm nun so viel Sicherheit gab. Ja, er verschanzte sich immer noch gern und selbst hier ging er den Leuten zum Teil aus dem Weg, doch die Küsse waren so herrlich, sie weckten etwas in ihm, das er lange tot geglaubt hatte. Vielleicht würde wirklich alles wieder gut werden, wenn auch Sev seine zweite Chance bekam.
 

„Nicht direkt auf dieser Insel, aber in dem Teil der Welt schon ein paar Mal“, lächelte Lucius, strich dabei leicht über die Seiten seines Gefährten, der sich an ihn gelehnt hatte, dessen Augen aber immer noch in die Ferne gerichtet waren. „Willst du mir nicht mal was erzählen? Ich hab das Gefühl, ich bin der Einzige, der redet…“
 

„Was soll ich denn erzählen?“, fragte Evan nur. „Du hast viel erlebt, ich…“
 

„Wie es so weit kommen konnte“, gab Lucius leise zurück. „Ich weiß, du willst nicht darüber reden. Aber es würde helfen. Du schirmst dich ab, weil man dir Müll erzählt hat und du hast nicht mal nachgeforscht. Das hat mir gesagt, es muss schon sehr lang so gehen und Sev hat so was mal angedeutet. Hilf mir, dir zu helfen und dich zu verstehen, erzähl mir, warum es so ist.“
 

Im ersten Augenblick wollte Evan sich einfach nur losreißen. Nicht reden! Nein, das hatte er ein Mal und wider besseren Wissen getan. Doch gleichzeitig… er wollte nicht aus den sicheren Armen raus. Lucius hatte ihn versorgt, ihm erklärt, wie man ihn belogen hatte. Und damals… es hatte so gut getan, sich beim Tränkemeister auszuheulen. Dem Mann, der ihn als Erstes verstanden, der ihm die eigenen Narben gezeigt hatte, bevor er seine hatte verschwinden lassen, damit er nicht dauernd dran erinnert wurde. Der ihn anschließend nach allen Ferien, die er dort hatte verbringen müssen, zur Seite genommen hatte, um seine Wunden zu versorgen, was vorher niemand getan hatte, auch Pomphrey nicht, die helfen wollte, ihn für diesen lächerlichen Krieg ‚abzuhärten‘, wie Dumbledore es immer genannt hatte, wenn er eben grün und blau geschlagen aus den Ferien bei seinen Verwandten zurückgekommen war. Er hatte nie gesehen, dass Evan damals sehr kurz davor gewesen war, freiwillig zu dem Irren zu gehen. Einfach nur, damit es endlich vorbei sein würde. Sev hatte ihm dann Mut gemacht, ihm gesagt, dass auch das vorbei sein würde, dass Niemand mehr über ihn bestimmen durfte, wenn er es geschafft haben würde, die magische Siebzehn zu überschreiten.
 

„Evan“, sprach Lucius leise, als der Jüngere nach mehreren Minuten noch immer keinen Ton von sich gegeben hatte. „Bitte, hilf mir, dich zu verstehen“, bat er ein weiteres Mal. Er wollte nicht, dass der Jüngere sich zu weit in sich selbst verkroch. War es doch zu früh gewesen? Aber… es musste doch endlich mal auf den Tisch!
 

„Meine Verwandten“, nuschelte Evan schließlich. Es stimmte. Lucius kümmerte sich, der Ältere war da, sagte ihm die gesamte Zeit, ihn zu lieben. Ihn, ausgerechnet ihn! Ja, er mochte den Blonden. Sehr. Konnte es teilweise kaum erwarten, bis der wieder kam, wenn er mal ging. Doch ob das Liebe war, das wusste Evan nicht. Es war nur klar, dass der Andere etwas in ihm weckte, was bisher noch Niemand geschafft hatte. „Man hat mich da… abgeladen, wie ein Stück Müll, vor der Tür eines Mannes, der mit der magischen Welt so wenig zu tun haben wollte, wie seine Frau. Man ist einfach davon ausgegangen, dass meine Tante das Kind ihrer Schwester schon versorgen würde. Dumbledore hat immer darauf gesetzt, dass man mir weh tun würde, er hat es mir am Ende mal gesagt. Es sei gewesen, um mich… abzuhärten. So.. haben sie es immer genannt. Und alle haben die Geschichten geglaubt. Dass ich verwöhnt werde, dass es mir gutgehen würde. Niemand hat das überprüft. Niemand! nicht… nicht mal Remus“, flüsterte er leise.
 

Ja, es tat weh, Remus Lupin verloren zu haben, der am Ende Jemand gewesen war, mit dem man mal hatte reden können, doch der Mann hatte sich so wenig um ihn gekümmert, wie alle Anderen auch. Er war abgeladen und vergessen worden, von Allen, weil es einfacher gewesen war. Auch für den Werwolf, der nicht damit klar gekommen war, sein altes Rudel verloren zu haben. Und so sehr er Siri immer geliebt hatte, der Mann hatte in ihm auch nur den besten Freund gesehen, nicht Harry, den Jungen, der Hilfe brauchte, nur James, den Rabauken, der er oft am liebsten auch gewesen war.
 

Lucius sagte gar nichts. Oh, er regte sich auf, selbst jetzt noch, obwohl er die Geschichte ja nur zu gut kannte, Dumbledore, der das Kind einfach mit einem Brief mitten in einer Nacht im Spätherbst vor der Tür der Muggelverwandten abgelegt hatte, sogar noch ohne zu Klingeln, der kalten Luft auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Er hätte gern etwas gesagt, den Jüngeren getröstet, hatte aber auch Angst, dass der dann einfach verstummen und gar nicht weitersprechen würde. Daher drückte er seinen Gefährten nur näher an sich, um Diesem klar zu machen, dass er da war, dass Evan nur weiterreden musste, dass er zuhörte.
 

Evan brauchte mehrere Momente, bevor er sich überwinden konnte, weiter zu sprechen, über das, was er immer noch als den schlimmsten Teil seines Lebens sah. Er verkroch sich regelrecht in den starken Armen, nutzte die Wärme des Anderen gnadenlos aus, schloss die Augen und zwang sich, ruhig zu werden. Die eigene Stimme klang vollkommen emotionslos, er hatte alle Gefühle verdrängt, sonst würde er nach dem zweiten Satz heulen, keinen Ton rausbringen und Lucius würde irgendwann erneut nachfragen, das war ihm klar. Der Blonde wollte etwas, der Blonde bekam es, egal, was es nun war. Dass er bei Diesem blieb, dass er ihm glaubte, dass er aß, auch, wenn er nie Hunger hatte. Konnte er es auch gleich hinter sich bringen. „Die Dursleys“, er weigerte sich inzwischen, den Verwandtschaftsgrad auch nur bewusst zu erwähnen, denn sie waren für ihn keine Familie und was das Schlimmste für ihn war – sie lebten noch, so, wie eh und je. Als hätten sie nie etwas Falsches getan. Er hatte nicht die Nerven, sich ihnen zu stellen. „… waren wenig begeistert, als sie mich gefunden haben. Ich wurde in den Schrank unter die Treppe gesperrt, bekam am Tag eine, manchmal zwei Flaschen Milch, wurde nie öfter als zwei Mal gewickelt und musste im Dunkeln bleiben, bis ich drei war und somit alt genug, um zumindest die Böden zu schrubben und Dudleys Spielsachen in Kisten zu räumen. Habe ich versucht, damit zu spielen, wurde ich verprügelt. Von ihm, von Vernon, Petunia hat mich nur durch die Gegend geworfen – damals. Mit viereinhalb musste ich kochen lernen, mit fünf das Frühstück für Alle machen, zu Essen bekam ich alle zwei Tage drei Scheiben Brot und eine große Flasche Wasser. Das Brot war meist schon angeschimmelt oder trocken. Ich sei ein Freak, warum gutes Essen an mich verschwenden, wo ich das der Anderen angeblich nie richtig machen konnte? Mit sieben Jahren wurden wohl Muggelbehörden auf mich aufmerksam, ich musste zur Schule, habe erfahren, dass ich nicht Freak heiße und wurde geprügelt, wenn ich besser war, als Dudley. Inzwischen musste ich das gesamte Haus sauber halten und alle Mahlzeiten kochen. Mein Zimmer war immer noch der Schrank. Ich wurde verprügelt, weggesperrt und durfte nichts essen. Wenn Dudley mich erwischt hat, wie ich Pausenbrote Anderer aus dem Müll zu fischen versuchte, hat er mich erst verprügelt, es dann seinem Vater erzählt und zugesehen, wie der mich auch geschlagen hat, zu Essen hab ich dann manchmal eine Woche nichts bekommen.“
 

Kurz musste Evan innehalten, dagegen ankämpfen, dass ihn die Welle der Traurigkeit wieder wegspülte, ihn mitriss. All die Fragen, warum er nie geliebt worden war, was an ihm so schrecklich gewesen sein sollte, warum er nichts hatte richtig machen können. Doch zumindest spürte er die Hände, die ihn sanft streichelten. Er war nicht allein, er hatte einen Rettungsanker. Und er war froh, dass es nicht das erste Mal war, dass er das erzählen musste. Sev hatte ihn immer wieder gezwungen, zu sagen, was genau geschehen war, warum und wie er verprügelt worden war, weswegen, bis er zugegeben hatte, misshandelt worden zu sein, etwas, das Evan ja auch jahrelang schlicht geleugnet hatte, überzeugt davon, selbst an all dem, was geschehen war, Schuld zu sein. Er hatte ein halbes Jahr gebraucht, um das Wort Misshandlung in den Mund nehmen zu können, sich selbst einzugestehen, nicht Täter sondern Opfer zu sein.
 

„Kurz vor meinem elften Geburtstag begann die Katastrophe“, sprach er monoton weiter. „Eulen kamen, immer mehr, mit immer mehr Briefen. Jedes Mal hat Vernon mich verprügelt, weil die Tiere den Nachbarn ja hätten zeigen können, wie anormal ich wäre, etwas, das er immer hatte vermeiden wollen. Dann kam Hagrid und hat Dudley einen Schweineschwanz angehext, den die dann operativ entfernen mussten. Nach dem Schuljahr bekam ich dann auch die Rechnung. In den Monaten wo ich dort war, wäre ich fast verhungert. Sie haben mir so gut wie nichts zu essen gegeben, ich musste arbeiten. Ohne die Zwillinge wäre ich auch nicht wieder zur Schule gekommen, sie haben mich befreit und dafür auch noch Ärger bekommen. Nach dem dritten Jahr wurde es besser, sie hatten Angst vor Sirius, aber dann hat Dumbledore ihnen von dessen Tod geschrieben. In dem Sommer wäre ich wirklich fast gestorben, aber Snape kam, den Grund kenne ich bis heut nicht, er hat mich gegen den Willen von Dumbledore mitgenommen und gesund gepflegt. Trotzdem musste ich nach dem sechsten Jahr wieder zurück, wenn auch nur für ein paar Wochen. Das hat für ein paar gebrochene Knochen gereicht“, endete Evan dumpf, während die Tränen nun wieder über seine Wangen rollten, als er daran dachte, wie er aufgewacht war, weg aus dem Schrank, in den er nach dem fünften Jahr wieder geworfen worden war, mit kaum Schmerzen, in einem kleinen, aber freundlich eingerichteten Zimmer in einem etwas heruntergekommenen, aber freundlichen Haus. Sev hatte neben ihm gesessen, ein Tränkemagazin auf den Knien, den Blick aber auf ihn gerichtet. Es war der Anfang ihrer wirklichen Freundschaft gewesen.
 

Allein die Stimme des Jüngeren jagte Lucius Schauer über den Rücken. So emotionslos, bis Sevs Name das erste Mal gefallen war. Oh, er wusste sehr gut, was damals geschehen war. Ein zeitverzögerter Brief von niemand Anderem als Lily Potter selbst, der in allerhöchster Not für ihr Kind bei dem Tränkemeister auftauchen sollte. Die Frau war klug gewesen. Und nun… strömten dicke Tränen über die schlagartig fast durchsichtig bleich gewordenen Wangen. „Oh, Evan“, flüsterte Lucius einfach nur. Kein Wunder, dass der Junge nie auf die Idee gekommen war, selbst Nachforschungen anzustellen. Er hatte Angst vor Folgen gehabt, sich vermutlich nicht mal getraut, Irgendwas zu tun, was verboten sein könnte – was hieß, dass er zu vielen Dingen, die er getan hatte, angestiftet worden sein musste, von Dumbledore selbst. Etwas, das auch Sev immer vermutet hatte, nachdem er gesehen hatte, wie der Jüngere wirklich war. „Es tut mir so leid…“
 

„Du… hast nichts getan“, flüsterte Evan nur. Er ließ zu, dass der Andere ihm immer wieder die Tränen von der Wange wischte, doch er wusste nicht, was das Erzählen gebracht haben sollte. Es war für ihn keine Erleichterung. Nun gut, Lucius hatte wohl verstanden, dass er mit zu viel gekämpft hatte, um sich darum zu kümmern, ob man ihn wieder mal belogen hatte, oder nicht, doch er selbst… würde wieder wochenlang Alpträume haben, das wusste er. Selbst jetzt kämpfte er immer noch mit dem Bild seines vor Wut fast violetten Onkels, der sich vor ihm aufbaute.
 

„Eben“, gab Lucius nur zurück. „Ich habe nichts getan, sowenig wie all die Anderen. Aber glaub mir, jetzt werde ich tun!“
 

„Ich… bin erwachsen geworden“, gab Evan einfach nur zurück. Jetzt brauchte er diesen Schutz nicht mehr, inzwischen ließ er niemanden mehr sein Leben bestimmen, nicht so. Gut, Lucius bestimmte eine Menge, das musste er zugeben, aber der meinte es auch nur ehrlich. Er war wirklich besorgt. Um ihn.

„Aber leben, das tust du immer noch nicht“, stellte Lucius ruhig in den Raum. „Das, was du bisher getan hast, war, dich zu verkriechen, aber keine Sorge, nicht mehr lang, dann wirst auch du wieder leben. Ich zeige dir schon, wie das geht. Denn du musst für zwei genießen, Sev hätte es sicher so gewollt.“ Er lächelte, hob den Kopf seines Gefährten etwas an, erleichtert, dass wohl keine Tränen mehr nachkamen. Er tupfte die Wangen wieder trocken. „Und hier machen wir einen Anfang“, versprach er schließlich. Und genau das sollte es nur sein. Ein Anfang. Ein Beginn, ein erster Schritt, dem viele Andere folgen würden. Er würde schon rausfinden, womit Evan sich wirklich beschäftigen wollte, was Diesen antrieb und ihm Spaß machte.
 

Evan sagte nichts. Er glaubte nicht mehr an Wunder, doch er wusste ja inzwischen, wie sinnlos widersprechen sein konnte. Er beschränkte sich darauf, die Augen zufallen und sich an die starke Brust sacken zu lassen. Die Worte des Blonden verstand er kaum, doch die Ruhe in dessen Stimme beruhigte ihn. Zusammen mit dem leichten Plätschern der Wellen, die am Strand zu seinen Füßen ausliefen…
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Starr blickte Molly nach Vorn, nicht bereit, sich etwas anmerken zu lassen, mitten im Gerichtssaal, wo sie saß. Auf irgendeinem freien Platz. Denn da Arthur Ginny verstoßen hatte, hatte sie ja auch keinen offiziellen Anlass, hier zu sein. Es hatte sie eigentlich nicht zu kümmern. Doch sie war da, zusammen mit Hunderten von Schaulustigen, die sich amüsierten, obszöne Gesten machten und auf ihre nun deutlicher schwangere Tochter zeigten, die da saß, mit mehreren Zaubern gefesselt und wohl ruhiggestellt, Aufregung hätte ja dem unerwünschten Fötus schaden können. Das Ding, das Ginny loswerden wollte und das doch der Kerl haben wollte, der es geschaffen hatte.
 

Heut war der Prozess. Der mit den anderen Männern, die ihre Tochter des Mordes bezichtigt hatten! Diese…! Oh, sie hatte versucht, das zu verhindern, ihnen Briefe geschickt, sie regelrecht angefleht und am Ende sogar versucht, die Aussage mit Gewalt zu verhindern. Doch sie hatte es nicht geschafft, trotz all der Arbeit, die sie investiert hatte. Jedes Mal war sie gestoppt und gehindert worden, sie war in der Unterzahl, denn es gab kaum noch Leute, die bereit waren, ihr und Ginny, eigentlich doch Kriegshelden, zu helfen! Man sah nur noch die angeblichen Kinder, die es nie gegeben hatte und erzählte, das sei das größte Verbrechen überhaupt, in Zeiten wie diesen ein Lebewesen daran hindern, zu entstehen. Solche Idioten!
 

Selbstverständlich versuchte Molly auch weiterhin, irgendwelche Spuren zu finden. Spuren von Harry Potter, der sie und ihre Familie so schändlich verraten hatte und der doch von ihren eigenen, verräterischen Söhnen, ihrem Fleisch und Blut, gedeckt wurde! Oh, sie wusste, die Zwillinge hatten wohl Kontakt mit ihm, doch sie bekam aus diesen beiden hässlichen, unfähigen Verrätern einfach nichts heraus!
 

Ja, Molly hasste ihre Kinder. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte sie sich Vorwürfe gemacht, nicht alle Nachkommen auf dieselbe Weise lieben zu können, sie hatte gedacht, sie wäre schlecht, weil sie ihre Söhne nicht auseinanderhalten konnte und zum Teil das Bedürfnis gehabt hatte, sie höchstselbst in der Badewanne zu ersäufen, inzwischen bereute sie nur noch, genau das nicht getan zu haben, als sie die Gelegenheit dazu gehabt hatte! Dasselbe galt für Percy, doch nun war es leider zu spät. Ihre eigenen Kinder hatten sie sogar einfach rausgeworfen! Sie kam nicht mehr in den Laden, konnte da auch nicht nach Spuren suchen. Doch sie wusste, irgendwann würde sie bekommen, was sie wollte und dann würde ihre Rache fürchterlich sein!
 

Denn Alle, die ihr kaputt gemacht und genommen hatten, was sie liebte, würden leiden! Schrecklich leiden! Und ja, sie dachte an Mord. Sie hatte schon oft getötet, für den Orden, auch durchaus Kinder und sehr junge Erwachsene. Sie hatte getan, was notwendig war. Und sie würde es wieder tun, auch mit diesen beiden identischen – oder nun ja nur noch fast identischen – Ratten. Aber erst musste sie das Hauptziel finden, den Idioten, der in ihren Augen an Allem schuld war, mit dem der soziale Abstieg so richtig begonnen hatte. Harry Potter, den noch viel zu viele Menschen verehrten. Sie fürchteten ihn zwar auch ob seiner Macht, doch weit mehr wollten sie ihn anhimmeln. Nun, das würde sein Ende finden, wenn sie sich an ihm ausgetobt hatte. Sie würde Bella aussehen lassen, wie eine verdammte Heilige! Niemand, absolut Niemand tat ihrer Prinzessin so weh!
 

Erst das Klopfen riss Molly aus ihren Gedanken. Sie sah auf, ihre Augen brannten vor Hass, als sie den Richter eintreten sah. Oh, auch ihn kannte sie. Er hatte als Sympathisant der dunklen Seite gegolten und viele der neuen, viel zu laxen Gesetze gestützt. Nichts hatte sich verändert. Statt endlich zu verbieten, dass gleichgeschlechtliche Menschen heirateten, war Alles beim Alten geblieben! Und das waren noch die geringsten Dinge gewesen! Magische Wesen waren nicht verpönt und ausgeschlossen, sondern wurden mehr und mehr integriert! Sogar Werwölfe! Nur, weil einer von ihnen sich ganz okay benommen hatte! Nun, auch der Mann stand auf ihrer Abschussliste – sehr, sehr weit oben.
 

„Im Namen der magischen Welt wird nun das Urteil gültig, gebunden an die alten Mächte. Ginerva Aurora Doe, ehemalige Weasley, wird verurteilt am Mord zweier ungeborener Leben sowie am versuchten Mord beim dritten Kind. Das dritte Kind wird sofort nach der Geburt der Familie des Vaters übergeben werden. Sie muss des Weiteren künftig jeden Tag im Hochsicherheitstrakt von Azkaban Arbeit verrichten, ihr gesamter Lohn wird den geschädigten Vätern überstellt werden. Zudem wird sie durch einen Mätressenvertrag an einen willigen Mann gebunden, um der Gesellschaft zurückzugeben, was sie genommen hat. Sollte ein Mann sich zu diesem Schritt bereiterklären, wird sie aus Azkaban entlassen und in die Obhut ihres künftigen Herrn überstellt, wo sie so leben wird, wie er es für angemessen hält und wo ihre einzige Pflicht im Gebären von Kindern bestehen wird, sie wird keinen öffentlichen Rang erhalten, eine Heirat oder Bindung sei für alle Zeiten ausgeschlossen, der Orden Merlins wird ihr aufgrund der massiven Verbrechen aberkannt. Das magische Gericht hat gesprochen.“
 

Molly schrie. Das konnte nicht sein! Das durften die doch nicht tun! Das …! Das…! Das durfte man mit ihrer kleinen Prinzessin nicht tun! Ihre Ginny gehörte nicht nach Azkaban! Ihre zarten Hände hatten keine schwere Arbeit zu verrichten und noch viel weniger hatte sie so etwas widerwärtiges wie eine Mätresse zu werden! Ihre Ginny war eine Lady, eine Adelige, kein Bettelmädchen! Eine Kriegsheldin, verdammt noch mal, eine, der Reichtum versprochen worden war! Doch ihr empörter Schrei ging im Gegröle der Masse, die das Urteil begeistert entgegengenommen hatte, unter. Niemand beachtete sie, man feierte, lachte und nicht wenig faules Obst flog auf ihre Tochter, die mit regloser Mine, eindeutig ruhig gestellt, auf dem Stuhl saß, sich aber erhob, als gleich drei Auroren sie abführten. Sicher würde sie nun direkt nach Azkaban gebracht werden. Ihr kleines Mädchen!
 

Am liebsten wäre sie vorgestürmt, doch das konnte sie nicht. Hier war Alles zu gut gesichert, hier erwartete man Angriffe, wie Molly sehr genau wusste. Sie musste erneut warten und beobachten, ihrem Kind heimlich zumindest Pakete schicken, die der das Leben erleichtern würden. Ihre Lieblingskekse, einen schönen Pullover, ein Stück Braten, den sie so liebte.
 

Und dann würde sie weitersehen. Molly hatte vor, es auch alleine zu schaffen, denn Hilfe konnte sie nicht erwarten. Von Niemandem, Arthur der Feigling, war ja nicht bereit, etwas zu Tun. Der Mann blieb lang im Büro, vermutlich ging er sogar in einen Puff und fickte da eine der Nutten, aber das war ihr Recht, sie hatte sich dem Mann schon lang verweigert, der auseinanderging, wie ein Hefeklotz und fraß, wie ein Schwein – wie alle, ihre Söhne. nicht nur einmal hatte sie in den letzten Tagen überlegt, einfach Gift unter das Essen zu mischen, doch damit hätte sie es Allen zu leicht gemacht, sich eindeutig als Mörderin identifiziert. Nein, der Tod der untreuen Familie, das war etwas, das sie später mit Ginny gemeinsam zelebrieren wollte, bevor sie das Land verlassen und nach Kanada fliehen würden, um da ein neues, ein besseres Leben beginnen zu können, fernab all der Verräter und mit dem Pottervermögen, das ihrer Prinzessin zustand, nun, nach all den Qualen noch mehr, als vorher schon. Und sie würde den Titel Lady Potter und Black führen, in dem Moment, wo sie in der magischen Gemeinschaft angekommen waren!
 

Darauf achtend, dass ihr Kopftuch ihre auffälligen, wenn auch schon mit einigen grauen Strähnen durchzogenen Haare versteckte, huschte Molly aus dem Saal, in dem so viele Menschen das Elend ihrer unschuldigen, Kleinen besprachen. Noch heute Abend musste sie ein Päckchen schicken, damit Ginny wenigstens etwas Schönes hatte, nach diesem Tag, wo sie noch nicht mal einen Brief schreiben konnte, um ihr Zuspruch zu geben.
 

Und dann… ging es an Pläne. Die Zwillinge überwachen, diesen verfluchten Richter in einen schrecklich grausamen Tod schicken, die Flucht aus dem Land organisieren. Es gab nicht mehr viele, aber ein paar wenige Treue, die weiterhin an Dumbledores bessere Welt glaubten. So, wie Ginny und sie. Und sie würden diese Welt auch umsetzen, in Kanada. Es würden sich viele anschließen, wenn sie erst mal sahen, wie gut dieses Leben war. Und dann würde man sie auf Händen und Knien bitten, zurück nach England zu kommen!
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

„Ruhig“, bat Lucius leise, strich sanft über Evans Rücken. Ihm war nur zu klar, dass er wohl Schuld an diesem Ausbruch von Alpträumen war, doch er war zum Glück gewarnt worden. Aus Severus‘ Erzählungen hatte er gewusst, dass sein Freund lange Nächte am Bett seines Gefährten verbracht hatte, um Diesen bei den Alpträumen nach den Gesprächen, die der ja damals so wenig hatte führen wollen, wie gestern, zu beruhigen. „Du bist in Sicherheit, niemand kann dir etwas tun, sie kommen an mir nicht vorbei“, versprach der Blonde, drückte den von Schluchzen geschüttelten Körper des jungen Mannes enger an sich. Sev hatte gesagt, dass es das erste Mal Wochen gebraucht hatte, bis Evan sich beruhigt hatte. Allein diese Nacht war Evan zwei Mal hochgeschreckt, das erste Mal zitternd und panisch um sich schlagend, jetzt hysterisch weinend. Was zeigte, wie wenig sein Gefährte die Geschehnisse von damals verarbeitet hatte, wie unfähig er war, mit dem, was ihm widerfahren war, umzugehen.
 

Es war schon wieder geschehen. Er hatte ihn gesehen, Dumbledore, in dem Büro, mit der Peitsche, über ihm, ihn für etwas bestrafend, das er nicht begreifen konnte. Er hatte damals Mädchen gut gefunden, nicht gewusst, dass man Männer lieben konnte oder durfte, denn das hatte ja auch Vernon immer ganz klar zum Ausdruck gebracht. Nie hätte er es gewagt, nach einem solchen Bedürfnis zu handeln, selbst, wenn er gewollt hätte. Und dann, aus heiterem Himmel, war er beschuldigt worden, Dumbledore hatte ihm genau erklärt, was mit schwulen Schweinen, wie er es genannt hatte, geschehen würde. Dass man sei erst öffentlich auspeitschen und zwar nicht, wie er es netterweise tat, mit einem einfachen Gerät, sondern mit einem, in dem Knoten und Splitter waren, um schmerzen zu vergrößern, dann würde man ihn weiter foltern, ohne Bewusstlosigkeit oder Tod zuzulassen, um den unnatürlichen Mann anschließend für mehrere Jahre nach Azkaban zu bringen, bevor man ihn dann öffentlich verbrennen würde, Dumbledore würde ihm nur einen Gefallen tun. Er hatte anschließend Wochen gebraucht, um überhaupt wieder laufen zu können, ohne bei jedem Schritt vor Schmerzen fast zusammenzubrechen.
 

Damals hatte er nicht mal zu Sev gehen können, aus Angst, dort auch nur auf Ablehnung zu stoßen, was natürlich richtig dumm gewesen war, doch damals hatte er das geglaubt. Nun aber war da Lucius, der nichts gesagt hatte, als er ihn einige Stunden vorher mit Tritten geweckt haben musste, auch jetzt hielt der Blonde ihn, die Stimme des Anderen schwebte über ihm, half ihn, sich zu beruhigen. „Sev… hätte… nicht gedacht, dass… es falsch ist… einen Mann zu … zu lieben, oder?“, fragte er, wobei das Sprechen schwer war.
 

„Oh, Evan“, murmelte Lucius, dem nun klar war, wovon der Jüngere geträumt und wen er gebeten hatte, aufzuhören, dass doch nichts getan habe. Es war, was er schon zu Beginn erfahren hatte. Dumbledores Ausraster nach dem ersten Test nach magischem Blut. „Sev war Männern selbst nicht abgeneigt. Er liebte Frauen, aber bei einem hübschen Gesicht hat er nie nein gesagt. Solang er oben war zumindest. Er war immer eher dominant.“ Denn Sev hatte nicht mehr zugelassen, dass Jemand ihn beherrschte, nicht mal im Bett, zu groß war die Vorsicht des Anderen nach dessen auch nicht gerade schöner Kindheit gewesen, wo er nur rumgeschubst und auch geschlagen worden war, schon im Alter von drei Jahren mehrere Nächte draußen hatte verbringen müssen, nur mit einer Decke, egal bei welcher Temperatur, da der Vater ihn nicht im Haus hatte haben wollen. „Er hätte dich unterstützt, egal, wen du liebst. Du warst für ihn wie ein Sohn.“ Kurz schloss Lucius die Augen. Er wollte Rache, schreckliche, vernichtende, absolute Rache an denen, die seinen Gefährten so verletzt hatten. Sicher, der Alte war schon tot, doch er konnte Diesem nehmen, was ihm immer am wichtigsten gewesen war: jegliche Form von Anerkennung, die Tilgung aus den Geschichtsbüchern, die absolute Verachtung. Nur zu schade, dass er dessen Gesicht dann nicht mehr würde sehen können. Oder diese Dursleys! Nun, gestern hatte er einen hervorragenden Privatdetektiv auf diese Namen angesetzt. Bei seiner Rückkehr würde er weitersehen.
 

Allein diese Worte zu hören, beruhigte Evan unendlich. Er schniefte, doch langsam schaffte er es, sich etwas zu beruhigen. Er fühlte sich so erschöpft, doch schlafen wollte er eigentlich auch nicht. Außerdem sagte ihm ein Blick, dass es ohnehin schon heller war.
 

„Besser?“, fragte Lucius leise, als er merkte, wie das Schluchzen nachließ. „Komm, du solltest noch etwas schlafen, du…“
 

„Nein!“, begehrte Evan sofort auf. „Nein, ich… bin wach“, beharrte Evan sofort. „Ich… aber du solltest… schlafen, ich… hab dich geweckt, ich… werd einfach ein… Handtuch nehmen und… zum Strand gehen“, beschloss er, wollte aus dem Bett gleiten, doch die Arme hielten ihn sofort zurück. „Bitte…“
 

„Du willst zum Strand?“, fragte Lucius. Er sah doch, dass der Jüngere hundemüde war! Das war Wahnsinn! Gut, er war auch noch nicht wirklich wach, aber er würde seinen gestressten Gefährten sicher nicht aus den Augen lassen! Allerdings… vielleicht würde Evan beim Klang der Wellen wieder einschlafen. Was durchaus möglich war, das Wasser hatte ihn auch am Vortag schon beruhigt. „Dann komm, gehen wir zum Strand. Ein Sonnenaufgang kann so schön sein, wie ein Untergang. Ein neuer Tag, der Alte vergessen“, lächelte er, ließ Evan erst dann los und stand selbst auf. „Na los, geh ins Bad, zieh dich um, ich werde ein paar Decken zusammensuchen.“
 

„Aber… aber du musst nicht…!“
 

„Ich will“, gab Lucius nur ruhig zurück, schubste den Jüngeren entschieden in das elegante Muggelbad und packte einfach zwei Decken und ein paar Kissen. Erst dann suchte er ein einfaches, langärmliges, weißes Hemd und Khakifarbene, nur knielange Hosen, zog sich an und band schnell seine Haare zurück. Er wartete, bis sein vollkommen erschöpfter Gefährte wieder auftauchte, in einem langärmligen Pullover und einer langen Jeans, der Jüngere schämte sich, weil seine Beine nicht nur sehr dünn, sondern auch sehr, sehr unbehaart waren und er hasste es, seinen Körper zu zeigen, er hatte Evan auch bis jetzt noch nicht ein einziges Mal ins Wasser bekommen. Weder in den Pool, noch ins Meer. Nicht weiter, als knöcheltief. „Na komm…“, lächelte er, streckte seine Hand aus, nahm die des Anderen.
 

„Willst du… wirklich nicht… schlafen?“, fragte Evan unsicher. Er fühlte sich wirklich erschöpft, aber das Bett war gerade so anziehend für ihn, wie eine verdammte Peitsche.
 

„Nein“, gab Lucius erneut zurück, verließ das Gästehaus. Da sie im Moment die einzigen Gäste waren, war er sich sicher, dass in spätestens einer halben Stunde einer der Buttler auftauchen und nach Wünschen fragen oder nach dem Grund für schlechten Schlaf. Schon mehrfach hatte Lucius Evan zu einer Massage überreden lassen wollen, da die sehr entspannend sein sollte, doch nicht mal vor einem Profi wollte der Jüngere Kleidung fallen lassen. Er lief den Bohlenweg entlang, bis zu der Bucht, die sie gefunden hatten. Dort breitete er eine Decke aus, legte die Kissen hin, zog Evan in seine Arme. Tatsächlich ging die Sonne gerade über dem Meer auf.
 

Evan starrte auf das Meer, das golden zu glänzen schien. Nicht rot, wie beim Untergang, sondern richtig golden. Dazu das Plätschern, die Geräusche der ersten Tiere, die aufwachten und die Arme, die ihn erneut hielten. Lucius hatte ihn nicht allein gelassen, dabei war Evan sich sicher, dass der Andere aber noch hätte schlafen wollen. Etwas, das ihm wirklich leid tat, aber im Moment war er wirklich erleichtert, nicht allein zu sein. Er konnte sich an der Wärme des Älteren regelrecht festhalten.
 

Lucius sagte nichts, da Evan schwieg, die Sonne und das Farbenspiel im Wasser zu beobachten schien. Wobei ihm auffiel, dass dessen Augen immer wieder zufielen. Irgendwann strich er darüber, mit dem Ergebnis, dass die Lider tatsächlich geschlossen blieben. Evan war wieder eingeschlafen, ruhig und entspannt. Sanft legte Lucius die leichte Decke um Diesen.
 

„Sir?“
 

„Bitte leise“, bat Lucius ruhig, sah dann zu dem Mann. Wow, das war sicher keine Stunde gewesen. „Was gibt es?“
 

„Haben Sie nicht angenehm geschlafen?“
 

„Doch, danke. Mein Mann wollte nur einen Sonnenaufgang bewundern. Zu dumm, dass er dabei eingeschlafen ist. Vielleicht klappt es morgen“, erklärte er lächelnd.
 

„Oh, selbstverständlich. Kann ich Ihnen vielleicht etwas bringen? Ein Getränk? Decken?“
 

„Tee“, erklärte Lucius ruhig. „Mehr nicht, danke.“
 

„Selbstverständlich.“
 

Wieder allein sah Lucius aufs Meer, dann auf seinen Kleinen. Er würde Evan Sicherheit bieten! Und Liebe! Dem Anderen zeigen, dass es Niemanden gab, den er je mehr würde lieben können. Er strich leicht über dessen Seiten, spielte selbst kurz mit dem Gedanken, sich zurücksinken zu lassen, doch dann ließ er es bleiben. Er wollte wach bleiben. Vorerst. Etwas nachdenken in der klaren Luft des frühen Morgen. Es konnte noch nicht ganz sechs Uhr sein.
 

Denn Lucius wusste, die Gefahren, die Evan fürchtete, waren nicht so weit hergeholt. Auch hier, auch in den Ferien, ließ er sich die Zeitungen kommen. Er musste sich nicht einmischen, aber informiert bleiben war wichtig und er hatte den Prozess um die Weasleyschlampe durchaus verfolgt. Er war entsetzt. Nichts gegen ein freies, sexuelles Leben, wenn man als Hure verschrien sein wollte, aber ein verdammter Verhütezauber musste doch wohl drin sein! Vor Allem diese eklatanten Beschuldigungen, dass das Alles Evans Schuld sei, weil der sie ja nicht geheiratet habe. So ein Unsinn!
 

Ein Geräusch ließ Lucius herumfahren, er kniff seine Augen zusammen – und stockte. Was war denn nun los? Da, vor ihm, auf direktem Weg zu ihm, war sein Vater! Der hätte doch erst in ein paar Tagen kommen sollen! Kurz blickte er zu Evan, doch der schlief wieder erstaunlich ruhig. Diese Nacht konnte ihn ja nur erschöpft haben. Er wartete, bis sein Vater auf Höhe mit ihm war. „Was tust du hier, Vater? Du solltest erst in drei Tagen kommen!“, fragte er dann mit Nachdruck.
 

Abraxas musterte seinen Sohn mit hochgezogener Augenbraue. Ein Mann hatte ihm gesagt, wo er Diesen finden konnte und seine Haarfarbe, die Länge und seine Haltung schien wohl als Verwandtschaftsbeleg mehr als genug gewesen zu sein. Er hatte sich erst mal umgezogen und war dann zum Strand gegangen, überrascht, dass der Beste freiwillig um diese Zeit draußen war. Aus der Ferne hatte er dann Lucius gesehen, auf einer Decke sitzend, allein. Es hatte zumindest so gewirkt. Nun aber erkannte er, dass der Andere seinen Gefährten auf dem Schoß hatte. Wobei er von dem kaum mehr als wirre, dunkle Haare sah. Ja, der würde die nächsten Tage zwischen lauter blonden Köpfen sehr, sehr auffällig sein. Das stand außer Frage. „Ich wollte mal wieder ein paar Tage nur mit dir sein, ohne Mattie und die Anderen“, erklärte er ruhig, setzte sich in den noch etwas kühlen, feuchten Strand neben seinen Sohn. „Das machen wir ohnehin viel zu selten.“
 

„Und auf diese Idee kommst du ausgerechnet jetzt, wo du genau weißt, wie viel Arbeit ich im Moment habe?!“, hakte Lucius ungläubig nach, bemühte sich aber, so ruhig wie nur möglich zu bleiben.
 

„Ich dachte, du könntest etwas Hilfe brauchen.“
 

„Weil gerade du so ein pädagogisch bewanderter Mensch bist?!“
 

Das brachte Abraxas zum Lachen. Oh, er wusste von seinen Fehlern. „Nun, ich hatte viel Zeit zum Lernen“, erklärte er. „Außerdem redet es sich manchmal einfach leichter mit Unbeteiligten, wie du sehr wohl weißt.“
 

„Womit du außen vor wärest. Willst du nicht Jaden hierher holen?“, fragte Lucius spitz. Ja, er hatte seinem Vater vieles verziehen, doch gerade jetzt störte der Andere wirklich. Und das gerade, wo Evan wieder ruhig geworden war.
 

„Lucius“, seufzte Abraxas einfach nur. Ja, der Junge war nicht wirklich begeistert. Aber auch damit hatte er durchaus gerechnet. Das war nichts, was ihn wunderte. Um den Anderen abzulenken, deutete er auf den Jungen. „Warum schläft er draußen?“
 

„Er hatte Alpträume und danach wollte er nicht mehr schlafen. Also bin ich mit ihm raus gegangen. Da ist er dann doch wieder eingeschlafen.“
 

„Was um Merlins Willen hat er denn geträumt?!“
 

„Sein Leben. Wie Dumbledore ihn gefoltert hat, um klar zu stellen, wie falsch es ist, schwul zu sein und den Trieben auch noch nachzugehen, dann von den Leuten, bei denen er aufgewachsen ist. Und lass mich eines sagen – schlimmer ist es Sev damals auch nicht gegangen, er hatte zumindest seine Mutter, die ihm immer mal wieder geholfen hat, wenn sie sich denn mal getraut hat. Und er hatte dann uns. Evan hatte gar niemanden!“
 

Abraxas hob seine Augenbraue, beobachtete, wie der sehr jung aussehende Mann auf den Armen seines Sohnes kurz wimmerte, sich dann zurecht wühlte und ruhig weiterschlief, während Lucius leise auf ihn einredete und über dessen Haare strich. Auch etwas, wozu er immer gedacht hatte, dass es seinem Sohn an Geduld fehlen würde. Nun, ein Gefährte war etwas Anderes, als ein Normalsterblicher. Keine Frage. Schließlich setzte er sich zu seinem Sohn. „Ja, und ich war es, der das mit Sev rausgefunden und den Jungen ins Haus geholt hat“, erinnerte er Lucius, griff zur Decke und zog das leichte Material vorsichtig etwas herunter. „Er sieht aus, als wäre er noch ein Teenager vor der entscheidenden Phase der Pubertät“, stellte der Ältere besorgt fest. Keine Stoppeln, nicht mal die Spur eines Bartansatzes, noch ein sehr androgynes, wenig männliches Gesicht, gerahmt von dunklen, auffälligen Haaren.
 

„Das habe ich dir schließlich auch gesagt“, knurrte Lucius, zog die Decke wieder hoch, nicht bereit, seinen schüchternen Gefährten den Blicken auszusetzen. „Und das weiß ich auch selbst. Was ändert das?“
 

„Dass du einen sehr, sehr komischen Geschmack hast…“
 

„Willst du sagen, er ist nicht schön?“, knurrte Lucius, dessen Pupillen sich auf ein Mal in die Länge zogen, so begannen, auszusehen, wie die von Katzen oder Reptilien.
 

„Äh… gut zu wissen, was dir so gefällt“, murmelte Abraxas, doch überrascht über dieses Benehmen. So viel zum Thema. „Und beruhig dich oder der da wacht auf, Junge“, erinnerte er den Jüngeren, der sich schließlich doch erstaunlich schnell wieder einbekam. „Immerhin scheinst du ja Alles rausbekommen zu haben. Schon eine Leistung für dich.“
 

Lucius verkniff sich einen Kommentar, musterte den Mann, der gerade den Tee brachte, bestellte gleich ein Frühstück für Zwei und legte Evan vorsichtig auf die Decke, sah dann zu seinem Vater, begann, sich mit ihm zu unterhalten, eine Hand immer bei seinem Kleinen.
 

Schließlich erfuhr er auch von Abraxas selbst, dass man Molly bei der Urteilsverkündung der eigentlich doch verstoßenen Tochter gesehen habe und von richtig Ärger ausging, da es bekannt war, wie sehr die Frau gerade dieses Kind immer verteidigt hatte. Und ja, Lucius machte sich Sorgen. Er kannte Besessene nur zu gut, schauderte kurz, als er an Bella dachte. „Sie wird nicht nur versuchen, diese kleine Schande zu befreien, sondern Jeden, der in ihren Augen mit deren Fall zu tun hat vernichten. Das beinhaltet die beiden Männer, die wegen der Abtreibung geklagt haben, der Richter, der sie verurteilt hat, die Wachen, den letzten Lover mit dem sie erwischt wurde, der Heiler, der die Schwangerschaft sofort gemeldet hat, ihr eigener Mann wegen der Verstoßung, die Brüder, die gegen Ginny waren. Und am Schluss den, den sie als ultimativen Schuldigen sieht – meinen Gefährten“, führte Lucius tonlos aus.
 

„Du glaubst doch nicht wirklich…!“
 

„Vater, diese Frau ist irre!“, zischte Lucius. „Und das habe ich dir damals auch immer wieder gesagt! Glaub mir, sie wird das tun! Also, wirst du kurz hoch gehen, wenn wir hier fertig sind und entsprechende Überwachungsmaßnahmen einleiten lassen oder soll ich in einigen Wochen und nach mehreren Leichen dastehen und dir das berühmte ‚ich hab’s dir doch gesagt‘ entgegen werfen?! Ich war mit der Einschätzung solcher Dinge schon immer besser, als du!“
 

„Schon gut! Ich denke immer noch, du übertreibst, aber bitte“, gab Abraxas schulterzuckend nach, beobachtete, wie sich wohl hinter dem Rücken seines Sohnes was bewegte, kurz danach richtete der Dunkelhaarige sich auf, rieb sich auf eine herrlich süße Weise die Augen, sah ihn an, blinzelte – und zuckte erst mal heftig zurück.
 

„Ruhig“, bat Lucius leise, strich über die Arme seines Gefährten. Er hatte noch mal drei Stunden ruhig geschlafen und war von selbst aufgewacht, zum Glück, nachdem die unschönen Gespräche vorbei waren. „Das ist nur mein Vater. Abraxas Malfoy. Auch leicht irre, wie alle Reinblüter, etwas größenwahnsinnig, aber man mag ihn irgendwann meist, wenn man sich an ihn und seinen seltsamen Humor gewöhnt hat.“
 

So was hasste Evan wirklich. Da wachte er endlich wieder auf, ruhig und einigermaßen ausgeruht, nur um festzustellen, dass da ein Fremder war! Gut, er hatte die hellen Haare der Malfoys, doch das machte es nicht wirklich besser! Es dauerte, wie immer, bis er wieder klar sehen konnte, sah in ein Gesicht, das sich kaum und doch so sehr von seinem Lucius unterschied. Er klammerte sich an seinen Malfoy, starrte auf den Fremden.
 

„Hallo, Evan“, lächelte Abraxas freundlich. „Ich bin Lucius‘ Vater. Schön, dich endlich mal kennen zu lernen und danke, dass mein Sohn endlich mal was Anderes tut, als arbeiten.“
 

„Hi“, murmelte Evan schließlich nach einer ganzen Weile, versteckte sich dann hinter dem Glas mit Saft, das der Ältere ihm in die Hand drückte. Hatte Lucius nicht gesagt, sie würden ein paar Tage allein sein? Er wollte den Anderen wieder für sich! Bitte – was hatte er sich gerade gedacht? Irgendwie… war das sehr seltsam. Automatisch klammerte Evan sich allerdings an Lucius, ohne auf dessen Versuche einzugehen, ihn zu füttern. Er hatte keinen Hunger.
 

Verwirrt blickte Lucius zu seinem Gefährten, der nicht mal die schönen Obststücke, die er sonst immer knabberte, haben wollte, sondern die gesamte Zeit über nur seinen Vater im Auge behielt. Mit einem Blick, der ihm doch ein wenig Sorgen machte und ihn gleichzeitig durchaus amüsierte, denn das hier sah aus wie Eifersucht. Etwas, das ihm nach den letzten Wochen richtig gut tat und zeigte, dass seine Versuche, unter Evans Haut zu kommen, erfolgreich gelaufen waren.
 

Etwas, das auch Abraxas nicht entging.
 

„Evan, warum gehst du nicht schon mal zur Hütte?“, fragte Lucius sanft. „Ich komme sofort, dann können wir den Regenwald noch etwas erforschen.“
 

Nur sehr, sehr ungern ließ der Jüngere sich auf die Beine helfen, er nahm die Decke, die ohnehin noch um ihn lag, die beiden Kissen und machte sich auf den Weg, da er auch mal ins Bad verschwinden musste. Er hoffte nur, dass Lucius schnell nachkommen würde.
 

„Warum ist dein Gefährte eifersüchtig?“, fragte Abraxas grinsend, stand ebenfalls auf und beobachtete, wie sein Sohn sich erhob und die Schultern zuckte. Er war immer noch erstaunt über den stattlichen Mann, der aus dem kleinen Jungen geworden war, der nichts mehr geliebt hatte, als ihn zu ärgern. Klein war Luc damals gewesen, ähnlich wie sein Enkel Draco, bis er, mit fünfzehn Jahren, einen erstaunlichen Wachstumsschub bekommen und durch das Trainieren und Duellieren richtig Muskeln angesetzt hatte und zwar da, wo sie gut aussahen.
 

„Vermutlich, weil er dachte, mich noch etwas für sich zu haben“, konterte Lucius. „Und wir beide wissen, wenn du es schon nicht aushalten konntest, wird Mattie morgen auch auf der Matte stehen, dazu deine irre Schwester, ihr Mann und ihre vier Kinder, dann Großvater und seine Neue.“ Ja, sein Opa hatte nicht nur im stolzen Alter von neunzig Jahren nochmal geheiratet, sondern auch noch zwei weitere Kinder gezeugt. Ein Zwillingspärchen, das nun zwei Jahre alt war und wenn die so weiter machten, würden sie sich bald so verhalten, wie Fred und George es laut Severus‘ Erzählungen immer getan hatten.
 

„So, so. Für sich. Bekommt er dich denn für sich?“, fragte Abraxas herausfordernd. Immerhin hatte sein Sohn es früher so wenig mit der Treue genommen, wie viele Reinblüter, die aus Vernunft verheiratet worden waren. Und außerdem war Luc mit seiner Arbeit verheiratet. Auch ihm war klar, dass sein Sohn ein hervorragender Minister sein würde, doch das würde auch bedeuten, dass Evan in die Öffentlichkeit treten musste. Nun, vielleicht nicht im nächsten Jahr, aber in der Zukunft durchaus. Wenn Luc es richtig anstellen würde.
 

„Willst du mir gerade etwas unterstellen?“, fragte Lucius, nun kalt und lauernd. Er wusste selbst, er war sicher nicht immer der beste Ehemann gewesen, aber Merlin, Narcissa hatte auch ihre faire Anzahl Liebhaber! Und es war was Anderes von Eltern zum Heiraten aus Prestigegründen überredet zu werden oder seinen Gefährten zu finden!
 

„Nur, dass dir klar sein sollte, dass du dem da nur ein Mal weh tun wirst, denn er würde nicht gut reagieren, Sohn. Vielleicht solltest du dir das klar machen. Er hat begonnen, dir zu vertrauen, für ihn wohl ein großer Schritt. Oder irre ich mich? Ich warne dich hier nur. Du bist nicht so hitzig, wie Mathew, du trägst deine Gefühle nicht offen im Gesicht – und genau das könnte in dem Fall das Problem sein. Wenn Evan das, was du als Freundlichkeitsaustausch ansiehst, falsch versteht. So, wie du es mir erzählt hast, denkt er, nichts wert zu sein. Das hier ist keine Einmischung, das ist eine Warnung, die ich dir gebe.“
 

Im ersten Moment war Lucius kurz davor seinen Vater zu schlagen, doch dann verstand er, dass sein Vater einfach nur Recht hatte. Evan würde und könnte ein Lächeln und ein freundliches Händeschütteln mit Männlein wie Weiblein falsch verstehen, so lange, bis er Diesem wirklich klar gemacht haben würde, was Evan ihm bedeutete. „Ich muss zu ihm. Er wird schon auf mich warten. Sieh zu, dass du dem Wizgamont den Auftrag gibst, die Überwachung einzuleiten. Wir werden uns ja dann wohl sehen.“
 

Abraxas schüttelte nur den Kopf, sah seinem Sohn hinterher. Es sah aus, als hätte Lucius nicht mal an die grundlegendsten Dinge gedacht, die kommen würden, wenn diese Zeit der Abgeschiedenheit enden würde. Nun, er würde beobachten und zusehen, dass er im Notfall Dinge etwas abfedern konnte. Besser wäre es.
 

Lucius hingegen lief zur Hütte zurück, sah, wie Evan allen Ernstes das Bett machte. „Evan, du bist im Urlaub! Du arbeitest nicht! Andere werden hier bezahlt, um das zu erledigen“, sprach er sanft, zog den Jüngeren an sich.
 

„Ich…“, wie sollte Evan denn sagen, dass er sich nur einfach hatte ablenken wollen? Er hasste es einfach, wenn der Ältere nicht in seinem Blick war! „Ich hatte doch nichts zu tun…“
 

„Oh, Evan“, murmelte Lucius, bevor er etwas tat, was ihn im Nachhinein selbst überraschte. Er drehte den Jüngeren zu sich, hob dessen Kinn an, sah in die großen, grünen Augen, lächelte und küsste seinen Gefährten, nciht ein kuss auf dei Stirn oder die Wange wie sonst, sondern richtig. Das erste Mal, in einem Bungalow, auf einer Insel irgendwo im Nirgendwo. Einfach nur, um dem Jüngeren zu zeigen, was er empfand – und auch weil er es schon so lange wollte. Er spürte, wie Evan im ersten Moment starr wurde, doch dann merkte er auch, wie sich, zu seinem eigenen Erstaunen, Arme um seinen Nacken legten. Mehr musste er nicht wissen.
 

Im ersten Moment verstand Evan gar nicht, was da geschah, im nächsten wollte er sich panisch losreißen. Ein Junge durfte einen anderen Jungen nicht…! Nicht auf den Mund! nicht.. nicht so! Doch dann warf er den Gedanken über Bord. Dumbledore konnte ihn mal! Lucius‘ Bruder tat es die gesamte Zeit und die Woche, in der der Mann da gewesen war, hatte er in kein Zimmer gehen können, ohne sicher sein zu können, ob Mathew nicht wieder knutschend irgendwo lag. Und er wollte es wissen, endlich verstehen, warum ihn die Küsse von Mädchen früher immer so kalt gelassen, warum er sich dann vor Ginny geekelt hatte, lang bevor er von ihren vielen Beziehungen gewusst hatte. Und ja, er verstand.
 

Wo die Mädchen sich kalt und glitschig angefühlt hatten, wie Fische, waren Lucius‘ Lippen herrlich warm, nicht so eklig weich, sondern wie mit Seide und Samt bezogenes, hartes Material. Ohne zu merken, was er tat, schlang er seine Arme um den Älteren, um noch näher an dessen starken, elegant bemuskelten Körper zu kommen, an dem er jede Nacht schlief, besser, als in den vorhergehenden Jahren seines ja auch nicht so kurzen Lebens. Erst, als sie keine Luft mehr bekamen, ließ der Blonde von ihm ab und Evan ließ seinen Kopf einfach gegen dessen Brust sacken.
 

„Ich liebe dich, mein Kleiner“, flüsterte Lucius, immer noch verblüfft, dass Evan diesen Kuss so überhaupt zugelassen hatte. Er hielt seinen Gefährten eng an sich gedrückt, spürte an seiner Brust, wie aufgeregt dessen Herz schlug.
 

„Ich… ich glaub ich… ich bin auch… verliebt“, flüsterte Evan, denn was Anderes konnte es wohl kaum sein, wenn er so darüber nachdachte. Es war, was er immer gehört und gelesen hatte. Dieses Prickeln, das er jetzt noch auf seinen Lippen spürte, die Wärme, das Flattern im Bauch, sein eigenes Bedürfnis, dauernd bei dem Blonden zu sein.
 

Lucius sagte nichts, er hielt Evan einfach nur näher an sich gedrückt. Das hier musste für den Jüngeren eine wahnsinnige Überwindung sein, das zuzugeben und diesen Kuss zuzulassen, wo ihm so lang eingeredet worden war, wie verboten das eigentlich war. „Ich bin da“, versicherte er seinem Gefährten. „Und ich werde immer für dich da sein, egal was ist“, versprach er, ohne auch nur ein einziges Mal zu zögern. Wie lang sie so standen, konnte Lucius gar nicht sagen, doch dann hob er Evans Kopf, küsste ihn erneut, wenn auch dieses Mal nicht ganz so lang. „Wollen wir wieder erkunden gehen?“, fragte er schließlich. „Aber erst wirst du was essen. Und wir lassen uns ein Picknick mitgeben. Was sagst du?“
 

„Können… wir wieder zu dem Tempel mit dem Bach?“,fragte Evan. Es war ein ziemlicher Aufstieg ohne diese Strandbuggys, doch er hatte es da oben, wo auch die Massagen waren, wunderschön gefunden. Sicher, er würde sich nicht anfassen lassen, aber da sitzen und essen, das würde er gern. Mit Lucius.
 

„Sicher“, stimmte der Blonde sofort zu. Er hätte in dem Moment vermutlich zu allem ja gesagt. „Da können wir uns sogar ein warmes Essen hinbringen lassen und kalte Getränke. Komm…“

Ein Schritt zur Rache

Zufrieden lächelnd saß Luna im Reich danach an einem Brunnen, blickte in das tiefe Wasser, das ihr das Bild von Harry zeigte, der sich nun Evan nannte. Der Grünäugige saß auf einer Bank, eng an Lucius Malfoy gekuschelt, der ihn mit Leckereien fütterte und immer wieder zwischendurch küsste. Oh, noch war lang nicht alles geschafft, aber der erste Schritt war getan. Ihr Freund aus der Welt der Lebenden war auf dem Weg, die Vergangenheit endlich hinter sich zu lassen und so auch bereit zu sein für die Aufgabe, die ihm bevorstand.
 

Ja, sie war tot, doch sie hatte schon mit zwölf Jahren gewusst, dass sie sterben würde, wie sie es getan hatte, um zu werden, was sie nun war. Sie war eine der Nornen geworden, eine Schicksalsgöttin, die eingreifen konnte, wenn etwas nicht so lief, wie es das sollte. Und gerade in England war das Gewebe des Schicksals eine einzige Katastrophe. Wenn der Teppich weiter gewebt werden sollte, mussten nun die Kettfäden neu aufgezogen werden und Harry, Evan war stark, er war einer ihrer Fäden, so, wie die Malfoys es waren. Zumindest einige von ihnen, die Weasleyzwillinge, Bill und Percy. Daraus wollte sie ein neues Gewebe schaffen. Eines, in dem sich auch die wohl fühlen konnten, denen man so übel mitgespielt hatte.
 

Erneut blickte sie auf die Seele, die sich seit dem Tod, kurz nach ihr selbst, in einem der Gefäße saß, vermutlich nicht unzufrieden mit der einfachen Wärme hier, nur enttäuscht, nicht bei seiner besten Freundin aus der Kindheit zu sein. Doch wie gesagt – es gab Einige, die ein Recht auf ein Neues, ein besseres Leben haben sollten und er gehörte dazu. So, wie es eine andere Seele, die noch hämisch und selbstzufrieden trotz der zerstörten Leben in einem anderen, weit hässlicheren Gefäß festgesetzt war, gerichtet und gestraft werden musste. Erst in der Welt der Lebenden, anschließend auch in dieser hier. Für den Mann war der Tod nicht das nächste Abenteuer, sondern eine harsche Strafe, die für viele Ewigkeiten anhalten würde.
 

Wohingegen Tom…
 

Nun, der Junge, der schließlich zum dunkelsten Hexer der Welt geworden war, hatte einfach den Verstand verloren, weil er gequält worden war, von Albus Dumbledore. Geschlagen, verraten, verkauft, misshandelt und benutzt. Doch am Ende hatte Tom über Voldemort gesiegt, über das Monster, das von Dumbledore erschaffen worden war, er hatte sich noch bei Evan bedankt, ihm den Tod verziehen, froh, frei zu sein und er hatte nur bereut, nie wirklich geliebt zu haben und nicht zu wissen, was Wärme war. Nun, inzwischen wusste der Junge es, denn Tom war auf die Erde zurückgekehrt, unter besseren Bedingungen dieses Mal, als Sohn von Draco Malfoy, verwöhnt und geliebt, doch mit einer umsichtigen Mutter, die ihn auch erzog. Scorpius würde immer die Liebe und Geborgenheit einer guten, großen Familie kennen, ein Netz haben und so auch einige seiner politischen Pläne von damals, die vernünftig gewesen waren, in späteren Jahren umsetzen. Dieses Mal nicht mit Gewalt, sondern mit dem Geschick das den Malfoys nun mal zu Eigen war.
 

Remus Lupin, der erst spät begriffen hatte, dass er kämpfen musste, hatte wie Sirius Black im Tod die Ruhe und den Frieden gefunden, den er gebraucht hatte. Die Freunde waren wieder vereint. James, Remus und Sirius, sie alle wollten auch nicht mehr zurück, sie hatten ihre Leben gehabt, auch, wenn es Remus weh tat, seinen Sohn nicht aufwachsen zu sehen, er wusste doch, Andromeda und ihr Mann würden ihm ein gutes Zuhause geben.
 

Tonks dagegen hatte ihren Weg zurück gefunden, dieses Mal mit einem angenehmeren Namen, in eine andere Familie, Lily Potter hatte auch ihren Frieden gefunden, sie konnte und wollte nicht zurück. Sie war auch schon zu lange gegangen, hatte sich an das Licht gewöhnt und außerdem war nicht jede Seele zu einer Wiedergeburt geeignet. Oh, Dumbledore hätte Alles gegeben, die Welt ein weiteres Mal zu terrorisieren, doch soweit würde es nicht kommen.
 

Severus war der Letzte, der seinen Weg zurückfinden würde, nicht ganz freiwillig, doch auch wenn er nicht begreifen mochte, er würde ein wichtiger Kettfaden sein, hatte seine eigentliche Aufgabe nie erfüllen können. Nur er konnte viele Krankheiten der magischen Welt durch sein Talent mit Tränken in den Griff bekommen und den Wolfsbann perfektionieren bis hin zur Heilung der Lykantrophie. Er würde dieses Mal die Gelegenheit bekommen. Zusammen mit einer Familie… nur wusste er noch nichts von seinem Glück. Luna wusste, auch in diesen Gläsern konnte ihr ehemaliger Professor ihr sicher ihre Zeit hier zur Hölle machen, nicht verstehend. Er hatte Evan ja auch nicht leiden und am Grab weinen sehen, jeden Tag, manchmal die halbe Nacht.
 

Nun, mit etwas Glück würde die Trauer bald besser werden. Ihr eigener Vater hatte gewusst, was geschehen würde, sie hatte ihm einen Brief hinterlassen, kurz vor der Schlacht geschrieben, dass sie wüsste, sterben zu müssen, um künftig ins Schicksal eingreifen zu können. Nun tat sie genau das von ihrem Platz am Schicksalsbrunnen. Sie wollte Gerechtigkeit.
 

So viele waren ungestraft davongekommen. Da war Dumbledore, der noch immer als Held galt, Molly Weasley, die dabei war, irre zu werden, Ginny, die so vielen weh getan hatte, auch den ungeborenen Kindern, die woanders eine neue Chance bekommen sollten, die Dursleys, die ihren guten Freund fast gebrochen hatten und noch immer in Wohlstand zufrieden und fett lebten. Nun, nicht mehr lang. Lucius würde sich diese Familie vornehmen, sie ruinieren, wie es nur ein Malfoy konnte und sie würde zufrieden von hier oben zusehen. Das war es, was Luna genoss. Sie musste nicht unparteiisch sein. Gerecht ja, aber sie durfte ihre Lieblinge haben. Auch Götter waren nicht perfekt und sie war ‚nur‘ eine Norne.
 

Ginny, die zur Mörderin und Betrügerin geworden war, weil sie ihre Eitelkeit nicht überwinden konnte, würde leiden und sie selbst würde dafür sorgen, dass die Beste Evans Glück nicht würde zerstören können. Niemand würde das wagen! Oh, sie würde schon für die richtigen Verhältnisse sorgen! Nur zu gut erinnerte sie sich an das Benehmen der Rothaarigen, die sich besser als alle Anderen gefühlt und sich so benommen hatte, da sie die künftige und einige Lady Potter sei. Pah! Da wäre noch eher sie es geworden!
 

Zufrieden mit den bisherigen Entwicklungen ließ Luna das Bild erlöschen, stand auf und trat zu den Gefäßen mit den wartenden Seelen. Nicht mehr lange, einige Tage, dann würde der nächste Schritt eingeleitet werden, der zeigte, wie hart und schlimm die Manipulationen des Alten waren und wie oft er weggesehen hatte, ganz bewusst verstand sich. Und Evan würde wirklich aus vollem Herzen wieder lächeln. Etwas, das ihr schrecklich wichtig war.
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

„Komm schon“, bat Lucius, streckte seine Hand aus. „Ich bin da, ich passe auf.“ Er war bereits knietief in der kleinen Bucht, doch Evan stand noch immer am Strand, in seinen Hosen und seinem Hemd, auf der Unterlippe herumbeißend, sich selbst mal wieder nicht sicher. Dabei war der Jüngere ganz froh gewesen, als Lucius ihn von dem bohrenden Abraxas weggeholt hatte. Oh ja, sein Vater hatte es absolut drauf, Menschen an ihren Schwachstellen zu erwischen, nur, dass Evan kurz vor den Tränen gestanden hatte bei den Fragen nach seiner Familie, die er wirklich nicht beantworten wollte und der Mann selbst machte ihm wohl auch Angst. Wie vieles das tat.
 

Unsicher starrte Evan auf seine Füße, dann wieder auf Lucius, der ein ganzes Stück entfernt stand, nur in einer eng anliegenden Badehose, die dessen perfekten Körper nur noch mehr betonte. Den Sixpac, die muskulösen Schenkel, die wohlgeformten Arme, die Hand, die nach ihm ausgestreckt war. Und er… wenn er das Hemd auszog, konnte man jede Rippe einzeln sehen und auch, wenn da kaum noch Narben waren, nur noch die von der Schlacht, nicht mehr die Spuren von Dumbledore und Vernon, so fühlte er sich doch immer noch hässlich, dürr, unterentwickelt. Wie ein Kind! Er verstand nicht, was dieser Mann da draußen an ihm fand!
 

„Evan“, rief Lucius ruhig, zwang sich, möglichst unbefangen zu lächeln. „Komm schon!“ Er wollte den Jüngeren endlich ins Meer bekommen! Er wusste, der Jüngere hasste seinen Körper, zog auch abends immer ein Oberteil an und das hinderte ihn gerade auch, hierher zu kommen. Dabei war Lucius egal, was Evan dachte, er liebte den Jüngeren, fand ihn schön, wirklich schön. Seine einzige Sorge war dessen zu geringes Gewicht, doch auch das hatte sich schon gebessert in der Zeit, in der er seinen Gefährten zu sich geholt hatte.
 

Unsicher starrte Evan wieder auf das Wasser, auf die ausgestreckte Hand. Gestern hatte er Lucius klar zu machen versucht, warum er da nicht rein wollte, mit dem Kommentar, dass da nichts sei, was der Blonde nicht schon gesehen hätte und dass er ihn lieben würde. Das war schließlich der Anlass für Evan seine Hose zu öffnen. Doch das Oberteil mochte er nicht ausziehen. Also ging er einfach mit rein. Warum auch nicht? Es war nur ein langärmliges Shirt, das würde auch wieder trocknen.
 

Warum war er nur nicht überrascht, als Evan schließlich mit seinem Oberteil ins Wasser kam? Er hätte es wirklich ahnen sollen. Nun, zumindest hatte er die Hose am Strand gelassen. Lucius wartete, bis der Jüngere bei ihm war, zog ihn zu sich. Immerhin hatte er erfahren, dass Evan nicht nur nicht schwimmen konnte, sondern auch das Wasser fürchtete, weil er dank seines Cousins wohl zwei Mal fast ertrunken wäre. Doch sein Gefährte liebte es doch so sehr, Wasser zu beobachten! Da sollte man wirklich, wirklich auch in der Lage sein, zu schwimmen! Schließlich nahm Lucius die Hand seines Kleinen, zog ihn an sich. „Und, ist es so schlimm im Meer?“
 

„Nicht… mit dir“, gab Evan schließlich zu. Er stand nun fast bis zum Bauch im Wasser, wo es Lucius gerade mal knapp bis zur Hüfte reichte. Es war angenehm warm, herrlich türkis und voller Leben. Wenn er sich konzentrierte, konnte er in der Nähe die Fische sehen. Kleine, Bunte, die sonst nur in Aquarien schwammen. Hier, mitten in der Freiheit des Meeres.
 

„Wollen wir etwas weiter raus?“, fragte Lucius sanft. Er wartete, bis Evan nickte, küsste Diesen und lief weiter, zumindest, bis er merkte, dass der Andere sich nicht mehr bewege. „Komm.“
 

„Ich… ich kann nicht!“, beharrte Evan, deutete auf das Wasser, das ihm fast bis zur Brust ging, die kleinen Wellen bis zum Hals. Dann allerdings zog der Blonde an seinem Arm, riss ihn weiter, direkt zu Diesem. „Nicht! Nicht, ich…!“
 

„Ruhig“, bat Lucius einfach, lächelte weiterhin. „Ich halte dich, du musst keine Angst haben. Pass auf, du hältst dich einfach an mir fest und ich schwimme. Ich bin ein guter Schwimmer, dir kann gar nichts geschehen.“
 

Evan wollte nicht, er wollte wirklich nicht, doch ehe er es sich versah, war er bei dem Andere, krallte sich sofort an Diesem fest. Doch dann… er beobachtete, wie Lucius sich elegant drehte, dann begann, mit langen, gleichmäßigen Zügen das Wasser zu teilen, während er einfach getragen wurde. Es dauerte auch nicht lang, bis er sich beruhigt hatte und einfach das Gefühl der Sicherheit genoss, dass er sonst spürte, wenn er in den Armen des Blonden lag. Lucius schwamm direkt auf eine Art Vorinsel zu, die ein Stück weit draußen war.
 

Es dauerte etwa eine halbe Stunde, bis Lucius wieder Boden unter seinen Füßen spürte. Er hatte den Tip von einem der Mitarbeiter des Hotels bekommen. Die kleine Insel vor der Hotelinsel, die eigentlich aus kaum mehr als ein paar wenigen Palmen, Sand und etwas anderem Gewächs bestand. Er zog Evan wieder zu sich, hielt Diesen, bis auch der wieder Boden unter den Füßen hatte und lief mit ihm auf dieses winzige Fleckchen Erde, das sie ganz für sich allein hatten. Ohne seinen Vater, Mattie oder Jaden, die heut Morgen mit Großvater, dessen Frau und seinen beiden sehr, sehr jungen neuen Onkel und Tante angekommen war. Was bei seinem Gefährten erst mal Fluchtreflexe ausgelöst hatte – gewaltige.
 

„Wow“; stellte Evan leise fest, als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte und sich auf den Sand geflüchtet hatte. Seit er hierher gebracht worden war, fand er jeden Tag etwas Neues.
 

„Ja, nicht wahr? Nett hier.“ Lucius trat hinter den Jüngeren, drückte Diesen an sich und küsste ihn, schmeckte das salzige Wasser auf dessen Lippen und zog ihn dann mit sich auf den Strand. „Und ganz ohne den Rest meiner durchgeknallten Verwandtschaft.“
 

Das brachte Evan zum Schmunzeln, doch es stimmte. Mathew und Jaden kannte er ja, aber der Andere, der Großvater seines Geliebten, der eigentlich wirklich schon alt war und dessen Frau, die um Einiges jünger war, mit den Kindern, die waren ihm dann doch unheimlich. Vor Allem diese Blicke, die man ihm, dem Eindringling zugeworfen hatte. Er wusste, die warteten sicher nur auf eine Gelegenheit, ihn allein zu fassen zu bekommen. Etwas, das er unbedingt vermeiden wollte, indem er entweder den Bungalow nicht verließ oder eben immer bei Lucius blieb, der seine Verwandten wenigstens ein wenig im Griff zu haben schien. Er wollte den Blonden wieder für sich allein! Nun, gerade im Moment hatte er diesen Luxus ja, erstaunlicherweise. Er rollte sich näher an den Älteren, der ihn einfach nur an sich drückte und erneut küsste.
 

Lucius genoss die überraschende Anhänglichkeit seines Gefährten, der sich eng an ihn kuschelte und die Augen geschlossen hielt. Wobei… nicht so überraschend. Er hatte das Gefühl, dass Evan fast ein wenig eifersüchtig auf die langsam zusammenkommende Familie war. Nun, seine Verwandten waren auch eine sehr eigene Gruppe und als nicht blond fiel man richtig heftig auf. Dazu noch die Unsicherheit des Jüngeren und der wenig missverständliche Kommentar seines Vaters, dass vermutlich der Familienrat gern mit Evan reden würde. Kein Wunder, dass der sich im Moment kaum aus dem Bunker traute. Vermutlich würde er morgen den gesamten Tag dahocken, denn auch, wenn er im Urlaub war, er musste kurz zurück nach England. „Evan…“
 

„Hm?“, fragte der leise, sah den Älteren kurz an.
 

„Ich muss morgen zurück nach England, nur für ein paar Stunden, wegen einer wichtigen, nicht verschiebbaren Konferenz mit einem wichtigen Mitarbeiter“; erklärte er. „Ich würde morgens gehen und wäre am späten Nachmittag wieder da.“
 

„Du… ich… ich soll allein hier.. bleiben?“, fragte Evan, der die altbekannte Panik in sich aufsteigen schien.
 

„Du kannst mich gern begleiten“, bot Lucius sofort an. Aber wie gesagt, ich bin sehr bald wieder da. Es wird nicht lange dauern.“
 

Nein, nach England wollte Evan nicht. Er sollte sich wirklich zusammenreißen. Oder… sollte er mit, um das Grab zu besuchen? Das wäre eigentlich… nein. Er hatte es versprochen. Er würde erst nach diesem Urlaub wieder zu Sev gehen. Wenn er jetzt gehen würde, wäre seine gute Laune dahin. Dabei war es doch hier so schön! „Ich… glaub, ich… werd einfach einen Tag… faulenzen“, erklärte er schließlich. Er würde sich im Bungalow verkriechen oder im Urwald, da würde ihm dann auch Niemand über den Weg rennen. Ein Tag, was war schon ein Tag? Er hatte es vorher dreiundzwanzig Jahre ohne Lucius ausgehalten.
 

„Dachte ich mir“, lächelte Lucius, küsste den Jüngeren erneut sanft. Gut, dann war das auch schon geklärt. Denn morgen hatte er ein Treffen mit seinem Detektiv, dann würde er entscheiden, was mit den Dursleys zu tun war und was er machen würde, das denen so weh tun würde, wie die Kindheit, die sie seinem Gefährten zugemutet hatten! Er grinste allerdings, als er merkte, wie Evan etwas unruhig wurde, das war ihm schon mehrfach aufgefallen, meist am frühen Morgen, wenn der Jüngere sich aus dem Bett schlich und dachte, er würde es nicht merken. Danach war die Dusche immer auf eiskalt gestellt. „Was ist?“, fragte er amüsiert. Er würde dieses Mal doch etwas tun. Kalte Duschen waren ja ganz nett, aber nicht auf Dauer.
 

„Äh… nichts“, nuschelte Evan hastig, zu schnell vermutlich. Er wusste, was los war und er wusste, was für Ärger er bekommen hatte, von Vernon, von Dumbledore. Er wollte nicht, dass das geschah! Nicht jetzt, wo er sich so wohl fühlte! Sonst war das immer nur nachts passiert, wenn er seltsame Träume gehabt hatte, an die er sich nicht mehr erinnern konnte! „Ich… ich muss…“
 

Warum reagierte Evan so verstörend auf eine beginnende Erregung?! Wobei – im Grunde konnte Lucius es sich denken. Statt Evan loszulassen, wie er es sonst immer getan hatte, drückte er Diesen enger an sich, ließ seine Hand unter dessen langsam trocknendes Oberteil gleiten. Nun, dann würde er es eben sein, der Evan zeigte, dass das in Ordnung und erwünscht war. „Ruhig“, bat er sanft, legte seinen Gefährten sanft auf den Sand und rollte sich halb über diesen.
 

„Was….? Was tust du?!“, fragte Evan, nun doch langsam entsetzt war. Was hatte Lucius da vor?! Er wollte noch etwas sagen, doch schon begann der Blonde, ihn zu küssen, die Hand des Anderen setzte sich in Bewegung, unter seinem Hemd, über seine Brust, spielte mit den Brustwarzen, so, dass das komische Gefühl immer heftiger wurde und ja, zwischen seinen Beinen rührte sich wieder was. Nein! Das war nicht… nicht gut…!
 

Erst, als Lucius sich sicher war, dass Evan wirklich so abgelenkt war, dass er nicht rufen würde, löste Lucius den Kuss, sah in die grünen, geweiteten Augen. „Lass dich fallen“, bat der Jüngere sanft. „Ich zeige dir, was schon nahe an den Himmel ran kommt“, versprach er mit rauchiger Stimme. „Vertrau mir…“
 

Evan wollte etwas sagen, protestieren, doch er konnte einfach nicht. Ja, er vertraute Lucius, obwohl er immer weniger verstand, am wenigsten aber wohl sich selbst. Das Bedürfnis, sich an dem Älteren zu reiben, selbst, als der seine Hände nun wirklich dahin bewegte, wo sie nichts zu suchen hatten, doch das Lustigste war, dass Lucius wohl ein ganz ähnliches Problem haben musste, wie er selbst, denn er konnte spüren, dass auch der Andere hart war. An derselben Problemstelle!
 

Sanft aber bestimmt zog Lucius die Badehose des Jüngeren ein klein wenig beiseite, strich über dessen Glied, massierte es. Während eines weiteren Kusses zog er seine eigene Hose herunter, nicht auf den Sand achtend, es gab Tränke, die sich später des Problems annehmen konnten. Es war für ihn ungewöhnlich, selbst so schnell so sehr erregt zu sein. Wobei… wenn er daran dachte, wie kurz er unter einer angenehm warmen Dusche brauchte, um selbst zu kommen, wenn er an seinen kleinen Gefährten dachte, dann wunderte es ihn vielleicht doch nicht. Er bewegte sich etwas schneller, doch hielt an seiner eisernen Disziplin fest, nicht bereit, vor seinem Gefährten Erlösung zu finden.
 

Evan wusste nicht, was da geschah. Das angenehme Prickeln war zu einer unfassbaren Hitze geworden, hatte sich angestaut und wollte raus. Doch wie?! Er kam Lucius entgegen, der ihn immer wieder massierte, ihm so seltsame und so nette Dinge ins Ohr flüsterte. Das Blut rauschte in seinen Ohren, dann hauchte Lucius wieder etwas in sein Ohr und etwas entlud sich. Das unglaublichste Gefühl überhaupt schoss durch seinen Körper, er merkte, wie sich alles in ihm anspannte und dann auf ein Mal entspannte.
 

Der Blonde konnte es wirklich kaum fassen. Narcissa hatte ihn, wenn sie gekommen war, abgeturnt, die Anderen, mit denen er geschlafen hatte, hatte er schon nur noch von hinten genommen, doch nun… er glaubte nicht, dass es etwas Schöneres geben konnte! Und nur Sekundenbruchteile nach seinem Gefährten kam auch er selbst, trotz seiner doch sonst so guten Beherrschung.
 

Lucius brauchte eine ganze Weile, bis er selbst wieder zu Atem kam. Vorsichtig rollte er sich von Evan runter, zog dessen Badehose wieder zu Recht und strich über dessen Wange, lächelte, als er das Lächeln auf dem so oft angespannten Gesicht sah. Kurz darauf öffneten sich dessen Augen auch wieder, richteten sich auf ihn.
 

„Was… was war das?“, fragte Evan schließlich, wobei er sich sicher war, dass Lucius sich nun kaputt lachen musste, ob seiner Unwissenheit. Er hatte keine Ahnung, was da gerade mit ihm geschehen war und vor Allem, warum das für Dumbledore und Vernon so falsch gewesen sein sollte. Er hatte sich noch nie so gut oder so erschöpft gefühlt. Er war sich sicher, nun zumindest für eine Weile ohne Alpträume schlafen zu können.
 

Erneut ermahnte Lucius sich, sich sein Entsetzen nicht anmerken zu lassen. Noch nie einen Orgasmus gehabt. Dreiundzwanzig Jahre alt, ein Mann und keine einzige Erlösung. Das konnte gar nicht gesund gewesen sein! Nun, jetzt war ja er da. „Das – ist einer von vielen Gründen, zusammen zu sein“, erklärte er daher mit sanfter Stimme. „Ein Orgasmus. Etwas, das sehr befreiend sein kann.“ Und etwas, das Ginerva Weasley wohl mehr als genug gehabt hatte. Dann auch noch zugeben, diesem jungen Gott, der doch so unschuldig war, nicht treu sein zu wollen!
 

„Warum… war es dann verboten?“, murmelte Evan, mehr zu sich selbst, als zu dem Älteren.
 

„Weil diese Schweine dich unter Kontrolle bringen wollten – vollkommen“, erklärte Lucius, rollte sich wieder so, dass er unten lag und Evan auf ihm liegen konnte. „Ruh dich aus, wir können hier bleiben, ich schwimm uns dann zum Abendessen zurück…“
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Grinsend warteten Fred und George an der verabredeten Stelle, zusammen mit dem zertifizierten Detektiv. Sie wurden definitiv nicht erwartet, doch sie wussten, sie würden nicht unwillkommen sein, nicht mit den Informationen, die sie hatten. Ihnen war der ratlose Detektiv aufgefallen, da sie selbst schon seit einer Weile die Dursleys beobachteten, doch dummerweise hatten sie Evan ja schwören müssen, keine Rache in irgendeiner Form zu nehmen. Nun, wenn Malfoy das für sie übernehmen würde, umso besser. Der Mann ging mit Feinden sehr, sehr heftig ins Gericht und allein das gab ihnen ein Gefühl, das war unvergleichlich. Endlich Rache für ihren kleinen Freund!
 

Kurz blickte Lucius in den grauen Himmel, sprach schnell einen Wärmezauber. So sehr er seine Heimat England liebte, wenn man gerade aus wärmeren Gefilden kam, merkte man wie kalt, wie eisig es eigentlich war. Nicht zu vergessen, dass nur ein Zauber seine eleganten Schuhe vor hässlichen Schneespuren bewahrte. Dabei war er so angenehm aufgewacht, hatte noch eine sehr lange, ausdauernde und entspannende Dusche mit Evan genossen und einen Umweg über sein Herrenhaus gemacht, um entsprechende Kleidung zu holen, die er für die Insel wirklich nicht dabei gehabt hatte. Allerdings hob er eine Augenbraue, als er nicht eine, sondern drei Personen am verabredeten Treffpunkt antraf, einer abgeschirmten Sitzecke eines durchaus noblen aber verschwiegenen Cafes. „Misters Weasley, womit verdiene ich die Ehre?“
 

„Nun, wir haben läuten gehört, dass die Dursleyschweine endlich bluten werden“, erklärte Fred mit leuchtenden Augen. „Und ich dachte, wir teilen unser Wissen, denn Ihr stümperhafter Detektiv ist ein grauenhafter Dilettant! Nix hat er rausgefunden!“
 

„Ich war nur eine Woche an dem Fall dran!“, verteidigte der Mann sich düpiert. „Und ich musste erst mal die Adresse finden, die immer noch versteckt ist! Und immerhin habe ich Sie gefunden, oder meine Herren?!“
 

Lucius musterte den Mann, hob eine Augenbraue und schon war der Kerl ruhig. Dann blickte er auf die Zwillinge. „Und warum haben Sie Ihre Rache nicht selbst in die Hand genommen? Ich weiß aus sicherer Quelle, dass das immerhin sehr schmerzhaft und entwürdigend sein kann.“
 

George grinste breit. „Draco hatte es nicht besser verdient, er hat unserem Freund die Nase gebrochen, nur weil ihm danach war! Und wir waren nett, immerhin hat das Kratzen nach einer Woche aufgehört! Wir hätten noch ganz anders gekonnt!“
 

Gut, Lucius wusste nur von drei Tagen, doch wenigstens erklärte das, warum Draco sich damals, mit vierzehn Jahren, blutig gekratzt hatte. In den Frühjahresferien. Der Severus hatte lang gebraucht, um ein Gegenmittel zu finden, wobei das nur Linderung gebracht hatte, das Juckpulver schien es in sich gehabt zu haben. „Ich sollte Sie jetzt noch bestrafen.“
 

„Ne, der hat’s verdient“, gab nun auch Fred zurück, legte dann seinen Kopf schief. „Wollen Sie es jetzt hören, oder nicht? Ach, und noch was – wir sollten uns wirklich, wirklich duzen. Evan würde ohnehin sehr, sehr bald drauf bestehen. Nämlich wenn er hört, dass wir das tun. Ich bin Fred. Das da ist George – und wir nehmen auch Verwechslungen nicht übel.“
 

„Nun, da wir nun die Formalitäten aus dem Weg haben – warum habt ihr euch nicht ‚bedankt‘ und was wisst ihr?“, fragte Lucius sehr direkt.
 

„Nuuuuuuuuuuuun“, setzte Fred an. „Evan hat uns schwören lassen, dass wir es nicht tun, so, wie wir Niemandem von ihm erzählen konnten.“
 

„Wie hat er euch das denn abgerungen?!“, frage Lucius entsetzt. Er wäre nie, niemals auf so etwas eingegangen!
 

Kurz wechselten die Zwillinge Blicke, deuteten dann auf den Detektiv, den Lucius schließlich, mit einer knappen Handbewegung fürs Ersten entließ, ihm noch sagte, sich zu melden. Vermutlich nur noch für die Bezahlung. „Nun?“
 

„Im Gegenzug musste Evan uns versprechen…“
 

„… sich selbst nichts anzutun“, beendete Fred leise den Satz. „Wir haben ihn vor vier Jahren gefunden, als er versucht hat, sich selbst umzubringen, weil er es nicht mehr ausgehalten hat.“
 

„Man, hat er damals geschrien, weil wir ihn nicht haben krepieren lassen!“, fügte George schaudernd hinzu.
 

Kurz schloss Lucius seine Augen. Es war, wie er befürchtet hatte, als er seinen Gefährten gefunden hatte. Evan hatte versucht, seinem Leben ein Ende zu setzen. Nun, er war sich ziemlich sicher, dass der Jüngere dieses Bedürfnis nun nicht mehr haben durfte. Zumindest dafür hatte er bisher sorgen können. „Die Dursleys.“
 

„Nun, Vernon und sein Sohn arbeiten bei Grunnings, der ältere Fettsack als stellvertretender Geschäftsführer, der jüngere Fettsack als Schichtleiter in der Produktion, untergebracht von Daddy, denn mit den Noten wäre er sonst nirgends genommen worden. Die Firma steht gut da, gibt auch einigen Leuten Arbeit. Diese beiden Irren lassen den Großen raushängen, aber sie sind beide abartig. Der Alte frisst Alles, was er bekommen kann und Dudley – nun, er hat wohl mindestens zwei Mädchen belästigt und einen Jungen vergewaltigt. Wir können froh sein, dass er diese Tendenzen erst entdeckt hat, als Evan außer seiner Reichweite war. Er muss sogar mal erwähnt haben, dass er, hätte er eher gewusst, dass das gut ist, vermutlich jahrelang einen Sklaven gehabt hätte, den er zu Allem hätte zwingen können“, knurrte Fred.
 

„Die Alte ist in jedem verdammten Weiberkränzchen, was es in der Straße gibt und sammelt Weihnachten für arme, hungernde Kinder in Afrika. Nur für Evan war nie was zu Essen im Haus!“, führte George weiter aus.
 

„Es gibt für diese Familie nichts Wichtigeres, als ihren Ruf und ihren Erfolg. Man hat Dudleys schlechte Noten entweder einfach nicht erwähnt, verleugnet oder sie Evan untergeschoben“, zählte Fred auf. „Sie wollen ultranormal sein und bloß nicht auffallen. Darum haben sie unseren Kleinen immer geschlagen, vor Allem, wenn seine Magie ihm zur Hilfe kam…“
 

Kurz verdunkelte Lucius‘ Blick sich, dann sah er die Mappe, die ihm zugeschoben wurde. Sie war voller Computerausdrucke und ja, er kannte diese Geräte. Auf den Blättern befanden sich wirklich alle Unterlagen, die man sich vorstellen konnte. Informationen über Grunnings, Unterlagen der Familie, des Grundstücks, sogar der monatlichen Zahlungen von Dumbledore an diese Leute, die auch noch Geld für diese Misshandlungen bekommen hatten und das nicht wenig. Kurz trommelte Lucius mit den Knöcheln auf die Bilder. „Ich kann sicher mit eurer Unterstützung rechnen?“
 

„Ich… wir können nichts tun, was diesen Schweinen wirklich schadet“, knurrte George aufgebracht. „Oh, keine Zweifel, wir versorgen dich mit Allem, mit Scherzartikeln, mit weniger netten Dingen, mit anderen Sachen – und Percy würde bei der Ausführung helfen, aber wir… dürfen nicht.“
 

„Aber das war Evans Leben wert“, sprach Fred ganz ruhig. „Ich will ihn lieber lebend, als Rache.“
 

„Sicher“, nickte Lucius, unendlich froh, nicht so einen Deal abgeschlossen zu haben. „Und ja, ich denke, ich habe einen Plan… warum wurde der junge Dicke“, er deutete auf ein Bild mit einem unaussprechlich hässlichen, Jungen darauf, „nie verurteilt?“
 

„Sein Vater ist ein Freund des Polizeipräsidenten.“
 

„Nun, dann werden wir damit beginnen. Wenn der Sohn als schwul und Vergewaltiger dasteht, wird der Polizeipräsident nicht nur nicht eingreifen, sondern auch erklären müssen, warum er das bisher nicht getan hat. Dann wird man den fetten Alten ebenfalls für unhaltbar halten ihn entlassen und dann… hat er Alles verloren“, stellte Lucius kalt fest. Er wusste, für so einen war das vermutlich bei Weitem schlimmer, als der Tod.
 

Die Alte würde, durch die Arbeitslosigkeit des Mannes und den verurteilten Sohn aus allen sozialen Kreisen fliegen, sie würden das Haus verlieren, das sie sich von Evans Geld finanziert hatten, sie würden Alles verlieren. Dann aber stutzte er. „Wer ist denn diese fette Kuh?“
 

„Vernons Schwester. Sie hat Evan geschlagen und ihre Kampfhunde auf ihn gehetzt, ein Mal konnte er stundenlang nicht von einem Baum kommen und war dann vollkommen durchfroren und wurde anschließend verprügelt, weil er ja oben auf dem Baum weder Mittag noch Abendessen hat kochen können“, erklärte Fred.
 

„Die nehm ich mir gesondert vor. Jeden Tag ein totes Drecksvieh vor ihrer Tür, schön aufgeteilt, in Lunge, Leber, Herz und Glieder.“ Er wusste, seine Augen waren wieder Pupillen, doch das war ihm gleich.
 

„Gern!“, riefen die Zwillinge.
 

„Gut“, nickte Lucius zufrieden. „Ich werde einige Gespräche mit meinen Freunden und Kollegen in der Muggelwelt führen, die werden beginnen, die Dursleys an die Kante zu bringen und ich – ich werde dieser liebenswürdigen Dame und ihren Hunden einen Besuch abstatten…“
 

„Ripper!“, erklärte Fred spontan. „Das ist der Liebling von der Ziege und der Hund, der Evan am öftesten gebissen hat!“
 

„Gut zu wissen…“

Das Malfoygericht und die unerwarteten Folgen

Japsend hielt Evan inne, sah sich um, packte eine der Lianen, betete, dass die hielt und kletterte schnell hoch, beobachtete dann, wie mehrere blonde Männer, angeführt von Draco Malfoy, an ihm vorbei hetzten. Diese Irren waren schon seit Stunden hinter ihm her, hatten versucht, ihn für ein Gespräch aus dem Bungalow zu holen, doch da war das Harry-Hunting endlich mal zu was gut gewesen. Er war schneller. Niemals würde er sich allein und ohne Lucius dieser Meute stellen! Er wollte nicht! Er wollte nur wieder mit Lucius allein in diesem Paradies sein! Warum kam Draco nicht über seinen verdammten Stolz hinweg und warum hatte er die gesamte Familie auf ihn gehetzt? Nur, weil er eben im Quiddich besser gewesen war! Verdammt, als wäre ihm das je wichtig gewesen! Dummes Spiel! Das einzig Schöne daran war doch immer nur das Fliegen gewesen!
 

Erst, als die Bande der blonden Irren nach mehreren Minuten nicht wieder auftauchte, ließ Evan sich wieder auf den Boden herab. Er sah sich um, entschied sich dann, zu einer der steileren Klippen zu gehen, wo Lucius und er eine kleine Pagode entdeckt hatten. Ein Pavillon, wie sie an allen schönen Orten hier standen. Da konnte er sich vielleicht verstecken, bis sein Malfoy wieder da war, denn zurück traute er sich nicht. Auch der Tropenregen konnte ihn nicht in die Anlage zurück locken. Er war zwar stark, aber auch nicht kalt oder unerträglich, wie der schneidende Regen im Spätherbst auf dem Friedhof…
 

Ohne auf den Regen zu achten, der ihn binnen Sekunden vollkommen durchnässt hatte, lief Evan also den Berg nach oben, entschied sich, an seinem Ziel angekommen, nur zur Vorsicht auch dort auf einem der Bäume Schutz zu suchen. Er wollte nicht Draco ausgeliefert sein und sich Vorwürfe anhören! Er konnte doch nichts dafür, dass er, gegen seinen Willen wohlgemerkt, begonnen hatte, sich in dessen Vater zu verlieben! Und er nutzte Lucius nicht aus! Mehr als ein Mal hatte er zurück in seine Wohnung gewollt und der Ältere hatte ihn einfach nicht gelassen!
 

Mit dem Gedanken igelte Evan sich in seiner Zuflucht ein, ohne auf Regen, Nässe oder den aufkommenden Wind zu achten. Es war auch nicht schlimmer, als früher, wenn er vor Ripper oder einem der anderen Hunde von Marge auf einen Baum hatte flüchten und oben bleiben müssen, bis sei denn dann gnädigst ihre hässlichen, vierpfotigen Mörder zurückpfiff.
 

Erschöpft lief Astoria weiter. Das war so lächerlich! Warum tat Draco das? Konnte er denn nicht sehen, dass sein Vater das erste Mal seit sie diese Familie kannte, glücklich war? Sie war inzwischen fünfeinhalb Jahre verheiratet, hatte ein knapp fünfjähriges Kind und war im sechsten Monat mit dem Zweiten schwanger. Sie hatte Lucius Malfoy gesehen, sie sah ihn häufig. Gut, in den letzten vier Wochen nicht, aber sonst war er jede Woche zwei Mal zum Abendessen gekommen, immer mit demselben, harten Ausdruck in den Augen, der Arbeitsversessenheit, die ihn vermutlich nur von der Einsamkeit abgelenkt hatte.
 

Doch als sie hier angekommen waren, hatte Lucius gegrinst. Nicht freundlich und kurz gelächelt, sondern richtig gegrinst, einen Arm um Evans Taille. Und der junge Mann hatte nicht so ausgesehen, als habe er vor, den Älteren auszunutzen. Also was sprach dagegen, den Vater und dessen Geliebten in Ruhe zu lassen?
 

Draco hatte schließlich auch immer gewusst, dass sein Vater seine Mutter nie geliebt, nur als Freundin gesehen und vielleicht am Ende sehr respektiert hatte! Aber nein, er hatte von Anfang an vorgehabt, eine günstige Gelegenheit zu nutzen, um Evan vor das Familiengericht zu zerren. Eine sehr malfoyeigene Institution, die die Blonden hier sehr ernst nahmen. Hier wurde geklärt, ob Jemand gegen die Familienregeln verstoßen hatte und ob ein Partner wirklich Heiratsmaterial war. Denn wenn ein Mitglied der Familie zweifelte, war es der Außenstehende, der sich verteidigen und seine Absichten offenlegen musste.
 

Und heute Morgen, da hatte Draco mitbekommen, dass sein Vater Irgendwen in England treffen wollte. Was dazu geführt hatte, dass er sofort einige Familienmitglieder zusammengetrommelt hatte und zum Bungalow seines Vaters aufgebrochen war – um ihn leer vorzufinden. Evan hatte wohl schon was geahnt und die Flucht ergriffen, was den schüchternen jungen Mann in den Augen von Draco nur noch schuldiger machte.
 

Astoria hatte von Anfang an beschlossen, sich da raus zu halten, sie war auf der Seite ihres Schwiegervaters, fand diese kindische Vendetta ihres Ehemannes einfach nur lächerlich. Stattdessen war sie mit Scorpius losgegangen, um ihren sehr aktiven Sohn zu beschäftigen, so sicher zu stellen, dass der am Abend so müde sein würde, dass sie ihre Ruhe haben konnte.
 

Auch jetzt lief der kleine, blonde und durchaus etwas verwöhnte Junge vor ihr, den auch der Regen nicht störte. Nun ja, gleich müssten sie einen der Pavillons erreicht haben. Der Regen hier kam immer plötzlich und heftig, er würde auch wieder aufhören. Nur wollte sie nicht bis auf die Haut durchnässt sein. Sicher, Zauber schützten, aber es gab Angenehmeres, wirklich. Und das nur, weil Draco meinte, seinem Kindheitsrivalen eine reinwürgen zu müssen. Sogar Mathew und dessen Ehemann hatten sich gegen dieses Gericht ausgesprochen. Abraxas dringend davor gewarnt. Das hatte Draco nicht von der Dummheit abgehalten.
 

„Scorp! Nicht so schnell! Lauf ja nicht zu nah an die Klippen!“, rief sie ihrem vollkommen überdrehten Sohn zu.
 

Die Stimme riss Evan aus seinen Gedanken. Er erschrak, musste sich schnell festklammern und sah dann runter, atmete wieder auf. Nur eine Frau mit einem kleinen, blonden Jungen, der abgesehen von den nassen Löckchen, aussah, wie Draco mit elf Jahren, nur eben noch ein wenig jünger. Er rannte vor der eindeutig schwangeren Mutter her, aktiv und neugierig. Sie gehörten zum Glück nicht zu dem Mob, der ihn mal wieder jagte. Eigentlich fühlte Evan sich zurückversetzt in seine ersten Schuljahre, wo Dudley die Kinder gegen ihn aufgehetzt hatte.
 

Allerdings behielt Evan den kleinen Jungen im Auge, der nah an der Klippe herumlief um zweifelsohne fasziniert auf das Wasser unter sich zu sehen. Er wusste, der Abhang dort führte etwa fünfzehn bis zwanzig Meter in die Tiefe und der Wind war heftig genug, um den Kleinen von Zeit zu Zeit nah an die Klippe zu treiben. Jedes Mal rief die Mutter, doch die Frau sah auch wirklich erschöpft aus.
 

Astoria war wirklich müde. Die halbe Nacht hatte sie sich die Tiraden ihres Mannes über den Lover ihres Schwiegervaters anhören müssen. Sie hätte schwören können, dass Draco einfach nur eifersüchtig war. Eifersüchtig auf den Mann, der ihm in der Schule den Erfolg, dann den Patenonkel und am Ende nun auch noch den Vater wegnahm. Und dann die andere Hälfte der Nacht hatte Scorpius nicht gut geschlafen und das Ungeborene auf ihrer Blase herumgetanzt. Sie blickte erneut zu ihrem Sohn, der gerade nah an den Abgrund getreten war, es sah alles so verschwommen aus, durch den Vorhang von Regen, doch Scocrpius hier drin zu halten war ein fruchtloses Unterfangen gewesen. „Scorp, komm da weg!“, befahl sie, sah, wie ihr Sohn aufsah und strahlte, doch dann geschah es, wie in Zeitlupe. Eine Böe, ein heftiger Wind, der noch vierjährige Junge, der taumelte, das Gesicht nun verzogen. Sie sprang auf, doch sie wusste, sie würde zu spät kommen. Hastig fummelte sie nach dem Zauberstab, doch eine Schwangerschaft brachte den magischen Haushalt durcheinander, sie könnte ihr Kind retten – oder es genauso gut umbringen. „Scorpius!!“
 

Auch Evan beobachtete das. Er war entsetzt, als der Regen den kleinen Körper vor sich her trieb – bis zur Klippe – und darüber hinaus. Er wusste nicht, wie er es schließlich schaffte, er griff auf seine Magie zurück, wie er es im Notfall immer getan hatte, ohne Zauberstab, den er seit Jahren nicht mehr besaß. Er apparierte, direkt zu dem Kind, bekam den Jungen zu fassen – und fiel mit ihm, doch Evan schaffte es irgendwie, den Fall zu bremsen, ein Wenig. Genug, um sich drehen zu können, so, dass er beim Aufkommen den Kleinen mit dem eigenen Körper schützen konnte. Es tat weh, es tat schrecklich weh, da Evan die Magie ohne Stab bei solchen Sachen nur so schlecht lenken konnte, doch er zwang sich, sich zu drehen, um den Kleinen vor Brandung und Regen zu schützen, bis hoffentlich Hilfe kommen würde.
 

Der kleine Junge schrie, mehr vor Schreck als aus einem anderen Grund, versuchte, Evan wegzudrängen, doch er ließ trotz der Schmerzen nicht los. Und dann hörte er, nun aus immer weiterer Ferne, wie der Kleine Mattie rief. Mathew? Lucius‘ jüngerer Bruder? War er da? Ja, mehrere Männer und drei Frauen, alle blond, stürmten auf ihn los. Als der kleine Junge dieses Mal los wollte, hielt Evan ihn nicht zurück. Er hörte einen Aufschrei, der sich nach Draco anhörte, rollte sich in sich selbst zusammen.
 

Doch dann waren da auf ein Mal Hände, rau, nicht Lucius, die nach ihm griffen und auch nicht verschwanden, als er irgendwie versuchte, nach ihnen zu schlagen. Er wollte nur in Ruhe gelassen werden! Man sollte ihn nicht anfassen! Alles tat weh… „Lucius“, wimmerte er, ohne es selbst zu merken.
 

„Ruhig, Kleiner“, murmelte Mathew, sah dann vorwurfsvoll zu Draco. Er hatte die Hetzjagd auf Evan zu spät mitbekommen, doch dann war er sofort zu Dad gegangen, um das zu beenden, zu spät, wie ihm schien. Und dann auch noch der aufgebrachte Patronus von Astoria, die sie dann hysterisch an der Klippe gefunden hatten. Sie hatte erzählt, wie Scorpius beim Spielen vom Wind über die Klippe geworfen worden war und dass ein ihr Fremder sich mit runter geschmissen hatte, um den Fall des Kindes zu bremsen oder weicher zu machen.
 

Evan.
 

Sie, also Abraxas, James, ein Cousin dritten Grades, Graham, dessen Bruder, Miraè, dessen Frau und er hatten sich sofort runter appariert, wo der bis dahin reglose Körper sich bewegt hatte um ein zwar schockiertes, aber vollkommen unverletztes Kind freizugeben, das sofort von Abraxas hochgehoben und an den nun auch auf sie zu stürmenden Vater weiter gegeben, während er schnell zu Evan getreten war.
 

„Dieser…! Ich hab es doch gesagt! Der hat versucht, meinen Sohn zu killen!“, brüllte Draco empört. „Er hat…!“
 

„Halt den Schnabel!“, zischte Abraxas, trat zu Draco und scheuerte dem die vermutlich erste Ohrfeige seines Lebens. „Dieser Mann hat dein Kind gerettet! Er hat den Sturz abgebremst! Und zwar nicht nur mit Magie, sondern mit seinen eigenen Körper!! Du hast eine Lebensschuld bei ihm, du ungezogener Idiot! Statt deiner schwangeren Frau zu helfen, hast du auf eine Hetzjagd geblasen! Verschwinde! Geh mir aus den Augen!“ Er schubste seinen Enkel von sich, trat zu seinem jüngeren Sohn, der versuchte, Evan zu helfen. „Wie geht es ihm?“
 

„Er ruft nach Luc“, erklärte Mathew leise, strich über dessen Wange. „Er muss Schmerzen haben. Ziemliche und sein einer Arm ist wohl gebrochen, aber er wehrt sich.“
 

„Er muss erst mal aus dem Regen raus“, erklärte Abraxas, zog seinen Stab und richtete ihn auf den Gefährten seines älteren Sohnes, ließ Diesen hinter sich her schweben. „Hol Jaden. Er hat eine Ausbildung. Ich will nur ungern einen Heiler kommen lassen und…“
 

„Jenna ist ausgebildete Heilerin“, sprach James leise. Sie war seine Frau und eigentlich hatte sie schon vor einiger Zeit das Praktizieren aufgegeben. „Sie kann Jaden helfen.“
 

„Schick sie zu Lucius‘ Bungalow“, befahl Abraxas knapp, lief schnell die letzten Schritte zu dem Haus, in dem sein Sohn mit Evan wohnte, ließ den Jüngeren, der inzwischen und vermutlich war es besser so, das Bewusstsein verloren hatte, auf das inzwischen gemachte Bett schweben. Mathew war schon los gerannt, fraglos, um Jaden und dessen Tränkevorrat zu holen. Auch James war nicht da. Doch Graham half ihm, den jungen Mann zumindest von dem vollkommen durchnässten Oberteil und der Hose zu befreien. Sie sahen, dass der den Sturz nicht so gut verkraftet hatte, wie das Kind. Eine Seite begann schon, die schillernsten Farben anzunehmen, war voller Abschürfungen und Schrammen, außerdem war selbst für den Laien zu erkennen, dass da mindestens eine Rippe gebrochen war. „Er wird Draco umbringen…“, stellte Abraxas einfach nur fest und gerade im Moment konnte er deswegen noch nicht mal Mitleid empfinden.
 

„Dabei haben wir ihn noch gewarnt“, knurrte es in dem Moment aus Richtung Tür. Rasch trat Jaden ein, stellte seine Sachen ab. „Jenna kommt gleich, sie guckt nach Scorpius und Astoria“, erklärte er schließlich. „Die arme Frau ist vollkommen aufgebracht und wir wollen keine Frühgeburt herausfordern. Außerdem – ich glaub nicht, dass noch viel übrig ist, wenn sie mit ihrem Mann durch ist. Sie ist selbst aufgebracht, Draco hatte ihr wohl versprochen, mit Scorpius zu helfen, anstatt andere Leute zu jagen.“
 

„Gut“, knurrte Abraxas. „Was hat Draco sich nur gedacht?! Und dann noch Evan zu beschuldigen?! Warum hätte er sich wohl mit dem Kind die Klippe unter werfen sollen? Draco ist nicht der Einzige mit einem blonden Kind! Es hätte auch das eines Anderen sein können!“
 

„Und außerdem hat der da“, Mathew deutete auf den jungen Mann, der in seinen Augen nun ein Held war, „mit der Vergangenheit abgeschlossen.“ Er seufzte etwas, als er sah, wie sein Mann den Zauberstab schwang, zuckte voller Mitleid zusammen, als der Körper sich kurz vor Schmerzen aufzurichten schien, bevor sein Vater zum Bett trat und Evan auf der Matratze hielt. Das hier war eine ausgewachsene Katastrophe. Fehlte eigentlich nur noch…
 

„Was zum Henker geht hier vor?!“, rief Lucius entsetzt. Er starrte in seinen Bungalow, denkend, von Evan begrüßt zu werden, doch stattdessen sah er einen Teil seiner Verwandtschaft und Jaden mit einem Zauberstab an seinem und Evans Bett! Dazu das Wimmern…!
 

Nein, es fehlte nicht. „Hallo, Lucius. Es gab einen Unfall und…“
 

„Evan!“, Lucius warf den armen Graham regelrecht aus seinem Weg, drängte James, der nicht schnell genug gewesen war, unsanft gegen die Wand und stand am Bett, wo sein Vater seinen Gefährten festheilt. Der Jüngere trug nur noch eine Boxer, eine Seite seines Körpers schien angeschwollen, ein Bein war eindeutig gebrochen, auch, wenn es sich gerade vor seinen Augen richtete. In dem Moment, wo auch die Lider seines Gefährten aufschnappten und die grünen, schmerzverhangenen Kristalle sich auf ihn richteten. Die blutleer wirkenden Lippen formten seinen Namen. „Ich bin hier“, flüsterte er, setzte sich zu seinem Kleinen, strich über dessen Haare. „Ich will…!“
 

Und in dem Moment kam die Nächste rein gerannt. Die Frau von James, ihre alte Heilertasche im Anschlag. Auch sie ging direkt auf das Bett zu, begann, mit Jaden Hand in Hand zu arbeiten. „Scorpius geht es gut, er ist bei Miraè und ihren Kindern, Astoria musste ich einen Schlaftrank geben, damit sie sich beruhigen konnte“, erklärte sie nebenbei Abraxas, der zwar nicht der älteste, lebende Malfoy, doch so was wie das unumstrittene Familienoberhaupt war.
 

„Sagt mir jetzt bitte Jemand, was geschehen ist?!“, bellte Lucius aufgebracht. „Ich war ein paar Stunden weg und…!“
 

„Luc, beruhige dich“, befahl Abraxas, leise, doch mit ungewohnt harter Stimme. „Ich erkläre Alles, sobald wir sichergestellt haben, dass es deinem Evan gutgeht und… verdammt“, stellte Abraxas leise fest, beobachtete, wie der ohnehin zu dürre Körper sich auf ein Mal durch einen offensichtlich schmerzhaften Zauber aufbäumte und die Augen aufflatterten.
 

Evan wusste nicht, was mit ihm geschah. Es tat so weh! Warum tat es immer mehr weh, geheilt zu werden, als sich zu verletzen?! „Lucius!“, wimmerte er, unendlich erleichtert, als sich der Kopf des Anderen sogar in seine Bildfläche schob. Er sah nur verschwommen, aber das hier war auch eindeutig sein Malfoy. Es roch nach Tabak und teurer Vanille. Und die Augen waren blauer als das Stahlgrau um ihn herum, heller, silbriger. „Luc“, flüsterte er, merkte nun, dass der Andere eine seiner Hände hielt.
 

„Ich bin da“, beruhigte Lucius seinen Gefährten, war versucht, Diesen zu fragen, was zum Henker geschehen war, doch er verkniff es sich, weil er den Schmerz in den Augen sah, strich stattdessen abwechselnd über die Hand, die er hielt und die wirren, nassen Haare. Dann allerdings beobachtete er, wie sein wieder wegdämmernder Gefährte sich strikt weigerte, die Tränke zu nehmen, die Jaden versuchte, ihm einzuflößen. „Evan, nimm sie“, bat er, aber im Moment schienen seine Worte nicht mal zu dem Jüngeren durchzudringen. Er seufzte, sah zu dem vollkommen ratlosen Jaden, packte den ersten Trank und verzog das Gesicht. Das Zeug war eklig und hatte einen noch widerwärtigeren Nachgeschmack, doch es half gerade gebrochenen Knochen, zu heilen ohne dass es schmerzte wie bei Skelegrow. Also schloss er die Augen, nahm das Zeug vor den nun sehr verwirrten Leuten in den Mund, legte seine Lippen auf die seines Kleinen. Und es klappte. Evan sah ihn an, doch er schluckte. Einen Trank nach dem Anderen. „Schlaf, Evan. Ich bin da. Erhol dich…“ Er strich über die Wangen seines Gefährten, der ihn noch mal kurz ansah, dann aber tatsächlich nachgab und die Augen schloss. Kurz danach atmete er wieder ruhig und regelmäßig.
 

„Bekomme ich jetzt endlich Erklärungen?“, zischte Lucius, sah seine Verwandten an, wobei auch immer wieder Andere rein spitzten und genauso schnell, zu seinem Erstaunen gerade von Mattie, raus geworfen wurden.
 

„Evan… ist die Klippe bei der kleinen Pagode runter gestürzt“, erklärte Mathew schließlich, nachdem er entnervt die Tür verrammelt und die Fenster magisch geschlossen hatte. „Er muss Magie benutzt haben, um überhaupt zu überleben.“
 

Gut, im ersten Moment dachte Lucius wirklich, dass das ein Selbstmordversuch gewesen sein könnte, doch dann schüttelte er den Kopf. Das hätte Evan nicht getan, erstens, weil er nicht mehr sein Leben beenden wollte, zweitens, weil er so auch die Zwillinge in Gefahr gebracht hätte. „Warum hätte er so was Dummes tun sollen?!“
 

„Er hat Scorpius gerettet“, griff nun Jaden ein, der merkte, wie aufgeregt und auch sauer sein Ehemann war – zu Recht natürlich, doch das führte dazu, dass der Mann prinzipiell die eine Hälfte ausließ und die Andere falsch wiedergab. „Der Junge wurde von einer Böe von der Klippe geweht, er hätte nicht allein überleben können, Evan muss appariert sein, hat sich um ihn gelegt und den Sturz mit seinem Körper und mit Magie abgefangen. Einen Zauberstab haben wir auch nicht gefunden.“
 

Oh Merlin! Evan hatte noch immer keinen neuen Stab! Das Alles hätte sich sicher vermeiden lassen, hätte er einen Stab gehabt und…! „Scorpius? Was ist mit ihm?!“
 

„Nicht ein Kratzer“, lächelte in dem Moment Jenna beruhigend. „Er spielt schon wieder. Astoria musste ich schlafen schicken, damit ihr Blutdruck sich beruhigt und sie nicht verfrüht Wehen bekommt.“
 

„Und wo war mein Sohn?“, fragte Lucius sofort scharf. Immerhin hatte der doch gesagt, er habe vor, seine Frau zu unterstützen, da der Junge im Moment sehr aktiv war und nicht still sitzen mochte. Wie viele Kinder um die fünf Jahre. Er hatte damals das Gefühl gehabt, verrückt zu werden, weil Draco auf so viele dumme Ideen gekommen war.
 

„Ähhh…“, nuschelte Mathew.
 

„Ja, ähm…“, steuerte auch Jaden bei, der einen Ausraster fürchtete und das sicher nicht zu unrecht.
 

„Was – hat – Draco – getan?“, fragte Lucius, jedes Wort extrem betonend.
 

„Er… und einige Andere haben versucht, Evan zu fassen zu bekommen, weil Draco das Malfoygericht über ihn zusammengerufen hat.“
 

„Bitte – was?!“, fuhr Lucius auf, starrte ungläubig auf seinen Vater. „Und du hast das zugelassen? Bist du noch ganz bei Trost!? Hat er nicht…?!“
 

„Lucius, als ich das mitbekommen habe, bin ich mit Mathew und Jaden und einigen Anderen los, um diesen Irrsinn zu stoppen, aber Draco wusste es besser, als in meiner Gegenwart so etwas zu sagen und…“
 

„Was zu sagen?!“, fragte Lucius, der sich kaum noch ruhig halten konnte und nur das leise Wimmern von Evan brachte ihn dazu, nicht aufzuspringen und loszustürmen.
 

„Toll gemacht, Dad“, blaffte Mathew. „Denkst du auch mal nach, bevor du redest? Ich dachte, ich wäre der mit dem Problem! Was hilft es, wenn der da Scorp rettet und Luc seinen Sohn killt?!“
 

„WAS?!“, brüllte Lucius, dicht gefolgt von einem heftigen Zucken zu seiner Rechten. Erschrocken wandte er sich um, sah zu Evan, küsste Diesen kurz und strich über dessen Augen, froh, dass die sich wohl aufgrund der starken Tränke, wirklich wieder schlossen. „Was hat mein gediegener Sohn nun schon wieder getan?“ Oh ja, er hatte Draco zu sehr verwöhnt, ihm zu viel durchgehen lassen.
 

„Dass… Evan dich nur will, um ihm eins auszuwischen und an den Reichtum der Malfoys zu gelangen, dass er nur ein besseres Leben will und dass man vielleicht überall rum erzählen sollte, wie er vor seiner Umbenennung hieß, um ihn richtig bloßzustellen. Er hat auch erwähnt, dass dein Gefährte nur Leid bringen würde.“
 

Tief durchatmen, zwang Lucius sich, sah dann zu Evan, der sich an ihn gekuschelt hatte, soweit es dessen Körper wohl zuließ. „Wo ist er?“
 

„Erstens, er ist festgesetzt, zweitens, du wirst nicht kopflos losstürmen, drittens, ich werde als Familienoberhaupt ein Wort mit ihm wechseln. Du, mein lieber Lucius, wirst genau da bleiben, wo du bist und dich um deinen Gefährten kümmern.“
 

„Und er hat Scorp gerettet“, murmelte Lucius nur, wie immer, wenn sein Vater mal ein Machtwort sprach, bereit, sich auch zu unterwerfen. „Und Reichtum – weißt du, dass Sev ihm das Prince-Vermögen vererbt hat? Er besitzt die Potterkammern und die der Blacks – er könnte uns aufkaufen und hätte noch Geld übrig!“
 

„Gut zu wissen“, konterte Abraxas, stand auf. „Bleib bei ihm und pass auf ihn auf, ich rede mit meinem Enkel. Mathew, komm bitte mit, Jenna, danke für die Hilfe, Jaden, sieh doch mal zu, dass du auf Abruf bleibst und sag bei den Angestellten Bescheid, die sollen Luc auf den Schock was Ordentliches zu Trinken und ein leichtes Essen bringen.“
 

Lucius beobachtete einfach, wie sein Vater den Raum verließ, sah dann zu Evan, der relativ friedlich auf der Matratze saß. Sein Gefährte hatte seinen Enkel gerettet, ohne auch nur eine Sekunde daran zu denken, dass ihm etwas geschehen könnte. Und wie dankte es Draco? Nun, vielleicht würde diese Lebensschuld seinen Sohn wachrütteln. Er würde nachher mit Diesem sprechen. Nachdem die Anderen mit ihm durch waren. Das Malfoygericht war ohnehin einberufen, mal sehen, wie sein eigener Sohn sich davor so schlug!
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Unwillig starrte Ginny auf ihren einstmals so straffen Bauch, der sich nun auf schreckliche Weise zu wölben begann. Es war widerlich! Und das Ding da drin war das Ekligste, was sie sich vorstellen konnte! Sie wollte es nicht! Nicht sehen müssen, wie es ihren Körper entstellte! Schon jetzt fühlte sie sich wie ein verdammter Ballon! Sie konnte sich kaum bewegen, musste alles tun, um diesem Parasiten beim Entwickeln zu helfen und stand dauernd unter Aufsicht! Mehrere Zauber lagen auf ihr und meist war noch eine alte Frau mit in dem Krankenzimmer, die sie ansah, wie ein Stück Müll und nicht mit ihr redete!
 

Pah!
 

Nun, sie wusste, ihre Mutter war auf ihrer Seite, war sie ja auch immer gewesen, die würde ihr helfen und dann würde sie persönlich erst diesen Parasiten killen und dann die Ziege, die sie gefangen hielt, ihre Lover, die ihre Schnauzen nicht hatten halten können und alle Anderen! Ja, ihre Brüder und ihr feiger Vater mochten sie verstoßen haben, aber auch die würden das am Ende bitter bereuen und sie wusste, Mom würde ihr dabei helfen.
 

Sie starrte durch den kargen Raum, nicht wissend, was sie tun sollte. Sie bekam keine Briefe, keine Zeitungen, gar nichts. Sie durfte auch niemandem schreiben, keine Kontakte haben, da sie eigentlich nach Azkaban hätte kommen sollen, doch das hätte ja dem Parasiten geschadet!
 

Und dann noch dieses Urteil! Sie, als billige Gebärmaschine, weit unter dem Stand einer ehrhaften Mätresse, nur für einen einzigen Mann, als Freiwild, damit der sich jederzeit an ihr vergehen konnte! Niemals! Das hatte sie bereits ihrem Anwalt gesagt. Sie weigerte sich, sich so weit sinken zu lassen. Sie allein entschied, wer an ihren herrlichen Körper heran durfte und sie hatte nie Kinder gewollt! Gut, sie hatte ein oder zwei als nötiges Übel für ihre soziale Stellung gesehen, doch mehr sicher nicht und zu einem Zeitpunkt, den nur sie allein zu entscheiden hatte!
 

Aber nein, die Dummheit und Feigheit des Vaters hatte sie alles gekostet, ihren Job, ihren Ruhm, ihren Orden, für den sei so gekämpft hatte! Und das Alles war am Ende nur die Schuld von Harry James Potter, der sich einfach erdreistet hatte, sich zu weigern, sie zur Frau zu nehmen, wie es hätte geschehen sollen, wie Professor Dumbledore es immer wieder versprochen, es ihr versichert hatte! Aber nein, das feige Schwein hatte es vorgezogen, sich vom Erdboden aufzulösen, nachdem er es, noch vor seiner Verhaftung gewagt hatte, für einen Merlinorden für den Verräter Snape zu kämpfen! Für diese widerliche, schleimige Kellerassel, die den Dreck unter den Sohlen ihrer Füße nie wert gewesen war!
 

Und dann noch die Dreistigkeit des Richters, der bekannt dafür war, einst mit der dunklen Seite liebäugelt zu haben, der ihr eisig kalt gesagt hatte, dass sie sich schon besinnen würde, nach den ersten Wochen in Azkaban, dass sie noch betteln würde, Gebärmaschine für eine Person sein zu dürfen, dass sie ihren Stolz verlieren würde, wie alles Andere. Der Mann war gestern hier gewesen, mit einem Ausdruck der Verachtung im Gesicht, ihr sagend, dass es bisher bereits einige Interessenten an ihrem Körper gäbe.
 

Niemals.
 

Das hatte sie sich selbst versprochen. Niemand sollte sie besitzen und schon gar nicht zu diesen Konditionen! Sie entschied, wer sie haben durfte und was es diese Person kostete! Denn dem Vertrag nach, auf den sie sich hätte einlassen müssen, konnte ihr Erstbesitzer sie jederzeit nach ein oder zwei Kindern, die sie in einem Abstand zu werfen hatte, den ein zertifizierter Heiler für angemessen hielt, an andere Personen weitergeben. Bis zu vier Besitzer könnte sie haben und die könnten sie jederzeit zurück nach Azkaban werfen lassen, wenn sie nicht tat, was man von ihr erwartete, sie würde nicht betrügen können, nicht verhüten, gar nichts!
 

Und warum? Weil sie mit ein paar verheirateten, heißen Kerlen gefickt und nicht an Verhütung gedacht hatte! Nur, weil sie eben auch das Vergnügen hatte haben wollen, was sie auch in der Schule immer gehabt hatte! Sie hatte ein Recht darauf, sie war eine Kriegsheldin! Eigentlich hätten ihre Brüder und ihr Vater mit ihrer Mutter zusammen arbeiten und sie befreien müssen! Schon vor Wochen, vor diesem beschämenden Urteil und verlangen, dass man Potter ausgrub, ihn zwang, sie zu heiraten, sie zu Lady Potter zu machen und ihr sein Geld zu geben! Das war, was hätte passieren sollen!
 

Stattdessen saß sie hier, tagein, tagaus, mit einem einzigen, vergitterten Fenster, an das sie nicht zu treten wagte, weil da draußen hämische Gesichter zu sehen waren. Sie durfte insgesamt nur zwei Stunden unter strengster Bewachung – und für den Parasiten – an die frische Luft, sonst hatte sie Strickzeug bekommen, das anzufassen sie sich weigerte. Noch nie hatte sie auch nur eine Masche gestrickt, sie würde nun sicher nicht damit anfangen!
 

Stattdessen gab Ginny sich voll und ganz ihren Rachegedanken hin, ihren Wünschen und ihren Vorstellungen darüber, was geschehen würde, wenn Mom sie hier rausgeholt haben würde. Das, was sie mit ihren Brüdern tun würde, mit Potter, mit allen Anderen, mit der alten Zicke, die da saß, die Augen auf ihren Stickrahmen und doch dauernd auch auf ihr.
 

Das Einzige, was sie hier bekam, waren widerlich gestreifte, formlose Sträflingslumpen, keine schönen Kleider mehr, keine eleganten Roben, keine hübschen Röcke und Hosen, die sie doch so liebte, nicht ihre feinen, seidenen Blusen. Doch diese Zeiten würden vorbei gehen, dann würde sie wieder in Samt und Seide gewandet gehen, bewundert und beneidet von den Schweinen, die nun über sie zu lachen wagten.
 

Oh, ihre Rache würde grausam sein…

Waffenstillstand

„Nun?“, fragte Lucius eisig. Er starrte seinen Sohn praktisch in Grund und Boden, dabei war der so groß gewachsen, wie er selbst. „Hast du mir etwas zu sagen, du verzogenes Kleinkind?!“
 

Mit einer Mischung aus Wut und Scham biss Draco sich auf der Lippe herum. Sein Großvater hatte ihn gestern ins Gebet genommen, wenig sanft und noch weniger rücksichtsvoll, hatte jedes einzelne seiner Argumente mit Logik entkräftet, einfach so, ohne auf die Geschichte mit der Vergangenheit zwischen ihm und Potter einzugehen! Hatte nur gesagt, der Andere bräuchte kein Geld und hätte er die Malfoys ruinieren wollen, hätte er es jederzeit tun können. Dann, als er die Sache mit der Beziehung angesprochen hatte, war Onkel Mathew aus der Haut gefahren. Er hätte doch keine Ahnung oder habe er sich mal die Mühe gemacht, seinen Vater zu beobachten, wie viel besser es dem nun gehen zu schien. Dass der ausgeglichener sei und wie Evan Lucius ansehen würde.
 

Jedes Mal, wenn Draco das Wort ‚aber‘ auch nur in den Mund genommen hatte, war ihm gesagt worden, dass seine Eifersucht lächerlich sei. Und dann… hatte er einen Ausbruch gehabt, für den er sich im Grunde inzwischen selbst schämte. Er hatte geschrien, dass er es nicht einsehen würde, dass ein Mann in seinem Alter, der aber aussah, wie ein verhungerter Vierzehnjähriger ihm, nach dem Ruhm in der Schule, dem Ruhm im Quiddich, seinem Patenonkel und seinem Erfolg auch noch den Vater wegnehmen würde! In der Nacht, als er an Scorpius‘ Bett gesessen hatte, war ihm dann klar geworden, wie dumm diese Worte klangen.
 

Würde sein Sohn so schreien und sich gegen sein Geschwisterchen wehren, würde er Diesen zurechtweisen, ihm sagen, dass sie ihn doch deswegen nicht weniger lieben würden, sondern dass nun einer mehr da war, den man liebhaben konnte. Und er… hatte sich benommen, als wäre er selbst noch ein Schüler in Hogwarts. Er war wirklich fies zu dem Anderen gewesen, der noch am selben Tag seinen Sohn gerettet hatte – wohl fast auf Kosten seines eigenen Lebens.
 

Ja, und nun stand er hier, als wäre er wieder elf Jahre alt und hätte in der Schule richtig heftig Mist gebaut. Vor seinem vor Wut rauchenden und doch erschreckend ruhigen Vater, der ihn aggressiv anstarrte und Mühe zu haben schien, nicht laut zu werden. Und ja, er kam als Bittsteller. Sein Großvater hatte gestern Einiges gesagt, was ihn zum Nachdenken gebracht hatte, auch über Evan und ob der es verdient hätte, verraten und bloßgestellt zu werden nach einer grausamen Kindheit, nach Azkaban und seinem jahrelangen wohl nur vor sich hin vegetieren.
 

„Ich… wollte mich ent… entschuldigen, Vater“, sprach er daher schließlich leise. Er war im Unrecht gewesen und ihm war nur zu klar, dass er nun eine Lebensschuld trug. Gegenüber dem Jungen, den er gestern früh noch am liebsten ins Meer geworfen hätte.
 

„Bei mir?“, hakte Lucius, immer noch kalt und nur wenig bereit, sich zu beruhigen, nach.
 

„Auch“, nuschelte Draco. „Ich… mir war nicht klar, wie kindisch ich mich benommen habe. Du… hast mich besser erzogen und…“
 

„Jaaaaaa?“, fragte Lucius weiter, als der Andere zu reden aufhörte.
 

„Und… ich hatte kein Recht, sowas zu tun, bevor ich ihn und dich nicht… zumindest mal zusammen gesehen hab.“
 

„Und weiter?“, fragte Lucius, die Arme vor der Brust verschränkt.
 

„Wenn… ich nicht Evan gejagt hätte, wäre Astoria nicht allein mit dem Kleinen rum gelaufen und Scorpius wäre nicht von dem Wind und dem Regen von der Klippe geblasen worden“, gab er schließlich zu. Das war es, wofür er sich am meisten schämte. Er war dreiundzwanzig Jahre alt, erwachsen, verheiratet, war Vater und hatte sich so hinreißen lassen, wohl wissend, wie Astoria unter dieser Schwangerschaft litt, seit sie den sechsten Monat erreicht hatte.
 

„Und wie gedenkst du, weiter vorzugehen?“, fragte Lucius weiter, nicht wirklich besser gelaunt durch das Geständnis.
 

„Ich… werde mich auch… bei ihm entschuldigen und… ihn freundlich in die Familie aufnehmen“, gab Draco geschlagen zurück. Astoria hatte ihn an dem Morgen gefragt, ob das nicht die Gelegenheit wäre, erneut die Hand der Freundschaft auszustrecken und Frieden mit dem Anderen zu machen, den er damals, im ersten Jahr, wirklich gern als Freund gehabt hätte. Eine Freundschaft, die sicher vieles hätte leichter machen können, für ihn und für Draco selbst. Dann hätte er nicht die Reste eines hässlichen Tattoos am Arm und nicht für einige Wochen nach Azkaban gemusst.
 

Lucius knurrte kurz, doch er nickte. Er wusste, diese Worte allein hatten Draco viel gekostet und der Junge war sein Sohn. Er liebte ihn, auch, wenn er eben sehr, sehr verzogen war. Woran auch er Schuld trug. „Dann rede mit Evan, wenn es ihm besser geht!“
 

„Ich.. bist du wirklich glücklich?“, fragte Draco schließlich leise.
 

Das brachte Lucius zum Seufzen. Er schloss die Augen, dachte an die herrliche Dusche, bevor er nach England gegangen war, an den Ausflug zu der Vorinsel, an die Küsse und an seinen endlich und immer schneller auftauenden Geliebten, der immer weiter aufblühte, hier endlich aufgehört hatte, sich nur zu verstecken. Er hatte Angst, dass Evan genau das wieder anfangen würde, das Verstecken und Verkriechen. „Draco, du wusstest immer, dass deine Mutter und ich nur befreundet waren und ja, ich bin glücklich. Du bist mein Sohn, ich liebe dich, aber du bist auch erwachsen und nicht mehr so auf mich angewiesen. Evan…“, der Langhaarige blickte kurz über seine Schultern, doch er hatte die Tür des Bungalow hinter sich zugezogen, um seinen Gefährten nicht den Blicken der zu neugierigen, dauernd um sie herum schweifenden Verwandten auszusetzen. „Evan gibt mir nicht nur das Gefühl, gebraucht zu werden, er… allein, dass er da ist, hat mir klar gemacht, dass ich nicht nur arbeiten muss wie ein Besessener.“
 

Draco verdrehte nur die Augen, als er sah, wie das Gesicht seines Vaters sich erschreckend schnell aufhellte. Er musste sich irgendwie mit Pot… mit Evan arrangieren und sei es nur für seinen Vater, den er immer noch gern und häufig besuchte. „Also gut… was auch immer du meinst, zu brauchen. Wie geht es ihm und wann kann ich das mit dem Entschuldigen hinter mich bringen?“ Das hätte er wirklich gern noch vor Midwinter erledigt und das war immerhin schon in zwei Wochen.
 

„Versuch es morgen“, bot Lucius schließlich an. „Im Moment schläft er noch und heut wird er sich zweifellos noch sehr zerschlagen fühlen. Geh zu Astoria und kümmere dich um deinen Sprössling. Sollte morgen alles gut laufen, könnten wir mittags am Strand grillen oder so.“
 

Draco nickte, wohl wissend, dass er heut sicher nicht mehr erreichen würde. Also drehte er sich um und lief los, um seiner Frau zu helfen und sie von seinem hyperaktiven Sohn zu erlösen, der seinen Sturz inzwischen als großes Abenteuer sah und seinen Onkel Evan endlich kennen lernen wollte, da der ja wohl ein Held sei und ein Starker noch dazu wenn der ohne Zauberstab apparieren könne.
 

Lucius sah seinem Sohn kopfschüttelnd hinterher, wandte sich dann um und trat wieder in den Bungalow, wo kurz vor Dracos Auftauchen ein Mitarbeiter des Resorts ein leichtes, kaltes Frühstück gebracht hatte. Evan lag noch unter der leichten Decke. Er hatte über Nacht ein wenig Fieber bekommen, doch es ging ihm sonst wohl wieder ganz gut. Das hatte Jaden zumindest gesagt, ihm aber noch Schmerztränke da gelassen hatte.
 

Er setzte sich wieder auf die Matratze, strich sanft über die bleichen Wangen. Es dauerte nicht lang, bis der Jüngere dieses Mal Zeichen von Erwachen zeigte. Das Kräuseln der Nase, der Versuch, weiter in die Wärme zu kriechen. „Evan, wach auf“, bat er leise.
 

Verwirrt wachte Evan auf. Er spürte die Finger in seinen Haaren und über seine Wange streichen, herrlich warm und inzwischen vertraut. Er hätte es vermisst, wären sie nicht da, wenn schon der schwere Arm nicht über seiner Taille lag. Warum zum Henker hatte er das Gefühl, eine Schlacht geschlagen zu haben? Er fühlte sich grün und blau, wie nach einem Zusammenstoß mit Dudleys Gang, die ihn immer gejagt hatte. Was war nur…? Und dann erinnerte er sich. Die Hetzjagd durch den Dschungel, der Regen – das Kind! „Das… das Kind, was… ist mit Dracos Jungen??“, fragte er aufgebracht, wollte sich aufsetzen und hätte fast losgeheult, so schmerzte die plötzliche Bewegung.
 

„Du wusstest also, wem du hinterher gehechtet bist?“, fragte Lucius überrascht, hielt wie nebenbei Evan ab, sich zu heftig zu bewegen und sich somit noch selbst schlimmer zu verletzen. Sein Gefährte überraschte ihn immer wieder, nun war dessen erster Gedanke wirklich das Kind, nicht er selbst!
 

„Sah aus, wie Draco auf den Fotos“, murmelte Evan, der sich beruhigte. Wenn Lucius so gelassen war und keine Trauerkleidung trug, schien er es geschafft zu haben. Er erinnerte sich auch dunkel, sich so gerollt zu haben, dass der Kleine aufstehen konnte, nachdem er schattenhaft Gestalten mit platinblonden Haaren auf sich hatte zurennen sehen.
 

„Es geht Scorpius gut“, lächelte Lucius beruhigend. „Du bist sein neuer, großer Held.“
 

„Gut“, murmelte Evan, kuschelte sich wieder an den Älteren. „Dann ist gut…“
 

„Komm, ich helfe dir, dich aufzurichten. Du bist soweit in Ordnung, bis morgen sind auch die Schmerzen weg und bis dahin…“, er hob die Phiole mit dem Schmerztrank. „Bis dahin wird es das hier tun. Wir lassen es ganz langsam angehen und es uns hier bequem machen.“
 

„Hört sich gut an“, lächelte Evan, trank das widerwärtige Zeug, doch es lohnte sich, als die Schmerzen nachließen. „Was hab ich mir gebrochen?“, fragte er schließlich. Er brach sich immer was.
 

„Ein paar Rippen, ein Bein, einen Arm, deine Schulter. Deine Magie hat einen großen Teil deines Falls gebremst.“
 

„War’s wenigstens zu Irgendwas gut“, lächelte Evan, froh, den Kleinen gerettet zu haben. Er streckte sich, sah dann auf das Frühstück. Ja, irgendwie hatte er sogar Hunger. Und das Essen kam zu ihm. Lucius fütterte ihn, half ihm ins Bad, setzte sich mit ihm in die Wanne für ein sehr ausführliches und entspannendes Bad. Der Tag versprach, wirklich schön zu werden.
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Seit Scorpius‘ Sturz waren zwei Tage vergangen, zwei weitere, traumhafte Tage, an denen Evan mit Lucius gekuschelt, geknutscht und gefaulenzt hatte. Angenehme Stunden, die er nie vergessen würde, selbst, wenn dieser Traum irgendwann, wie alles Gute, was ihm bisher geschehen war, ein Ende finden würde. Etwas, das ihn aufbauen konnte.
 

Im Moment war Lucius bei einer Besprechung mit den Familienältesten, wie man denn nun Midwinter organisieren wollte, also hatte Evan sich verzogen, an den Strand, wo gerade wegen des wieder fallenden Tropenregens niemand war. Er dachte wieder an die seltsame Begegnung mit Luna in ihrem griechischen Kleid. Lucius hatte ihm erzählt, dass Leute in diesen Kleidern so was wie Götter waren, als er Diesem gesagt hatte, Jemandem begegnet zu sein, als er krank gewesen war, in den Tagen, als Luc ihn vom Friedhof einfach mitgenommen hatte. Und dem Schmuck nach handle es sich sicher um eine Norne, eine Schicksalsweberin. War Luna wirklich eine Art Göttin geworden? Es würde ihn nicht wundern. Sie hatte die Welt immer mit anderen Augen gesehen. Dass sie nach dem Tod für die Fäden von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft verantwortlich sein sollte, das klang ganz nach etwas, das sie tun würde.
 

Der Tag von Sevs Rückkehr kam immer näher. Luna hatte von seinem Geburtstag geredet, das war der neunte Januar. Da würden sie schon wieder in England sein, denn Lucius musste arbeiten. Was er selbst in der Zeit tun sollte, wusste Evan einfach nicht. Vielleicht die Bibliothek erkunden, den Park, den er nur teilweise kannte. Natürlich das Grab wieder pflegen.
 

Er blickte auf das vom Regen aufgewühlte Wasser, wohl wissend, dass es am Abend wieder ganz ruhig sein würde. Hoffentlich war Lucius bald wieder da. Es war ihm unheimlich, doch er begann, seinen gesamten Tag nach dem Blonden zu richten. Götter, er hatte sich von dem Älteren anfassen lassen! Und es war gut gewesen, eine vollkommen neue Erfahrung, die ihm immer noch die Röte in die Wangen trieb, die er aber inzwischen auch gern wiederholte.
 

„Man, du brütest aber auch immer nur, oder? Einige Dinge ändern sich nie“, stellte Draco fest, er hatte den Gleichaltrigen schon eine Weile lang beobachtet, wie der im Regen saß und auf das Meer hinaus starrte, von Zeit zu Zeit lächelnd.
 

Erschrocken fuhr Evan zusammen, starrte auf Draco, der sich gerade von einem Baum abstieß und auf ihn zukam. Kurz überlegte er sich ernstlich, zu flüchten, doch da der Andere allein war, ließ er es sein. Er konnte nicht dauernd wegrennen und gegen eine Person kam auch er an. Vor Allem hatte er Lucius versprochen, dem Anderen eine Chance zu geben.
 

„Guck mich nicht an, wie ein verschrecktes Karnickel!“, verlangte Draco, der auf den nassen Sand starrte, dann auf den durchnässten Lover seines Vaters. Er selbst hatte einen starken Antiregenzauber um sich gesprochen, um eben nicht bis auf die Haut durchnässt zu sein. „Ich bin allein und hab nicht vor, dich irgendwo hin zu zerren. Meine Familie würd mich dafür killen, glaub mir. Außerdem schulde ich dir was – danke.“ So, nun hatte er es gesagt. Das Schlimmste und Wichtigste. „Dass du meinen Sohn gerettet hast.“
 

Das brachte Evan zum Lächeln. „Ich wollte nicht, dass ihm was passiert“, erklärte er leise. „Schon gar nicht vor den Augen seiner Mutter.“ Allein der Gedanke an das, was er träumte und fühlte, jede Nacht, wenn er schlief und seine Freunde wieder vor sich sterben sah.
 

„Obwohl es mein Sohn war.“
 

Nun verdrehte Evan wirklich die Augen. „Draco, du warst in der Schule ein Arsch, du bist verwöhnt, aber ich hab dich immer beneidet, um deine Familie. Und ich finde, ein Konkurrenzkampf in der Schule ist kein Grund, einen Anderen in den Tod stürzen zu lassen. Ich habe die Vergangenheit, ich hab den Streit hinter mir gelassen. Nach einem Jahr in Azkaban kam mir das, was wir in Hogwarts getan haben, einfach lächerlich vor“, führte der Grünäugige aus, malte, ohne den Blonden anzusehen, zusammenhangslos Muster in den Sand. Dass die langsam die exakten Konturen seines Geliebten ergeben könnten, merkte er nicht. Er hatte immer gemalt, wenn er sich ablenken wollte. Schon in der Schule und im Unterricht, wann immer er irgendwo ein Stück ungenutztes Papier gefunden hatte oder sich einen Block hatte bestellen können. Ein Hobby, über das er eifersüchtig gewacht hatte. Niemand wusste davon und seine alten Skizzenbücher hatte er vernichtet, bis auf eines, das irgendwo zwischen den Dingen, die er aus der Wohnung behalten hatte, verborgen lag. Es war das, in dem die Bilder von Sev waren, die er gemalt hatte.
 

Eine Weile lang beobachtete Draco den Jüngeren, erkannte das, was der Jüngere da zeichnete und war überrascht über dessen Geschick. Dann fasste er einen Entschluss. Er wollte einfach nicht, dass Evan erwachsener sein konnte, als er selbst und Merlin, so, wie er seinen Vater einschätzte, würde der den Grünäugigen doch nicht wieder gehen lassen! Also streckte er Diesem, wie damals im Zug, seine Hand entgegen. „Hi, ich bin Draco Malfoy, Sohn von dem Kerl, mit dem du rumknutschst, Vater des Kindes, das du gerettet hast. Freunde?“
 

Okay, das war etwas, mit dem Evan wirklich, wirklich nicht gerechnet hatte. Er sah sich selbst wieder, mit elf Jahren, im Zug, wo der andere damals Elfjährige ihm die Hand schon mal hingestreckt hatte. Damals hatte er sie ausgeschlagen, entsetzt über dessen Benehmen, das ihn immer so an Dudley erinnert hatte. Oh, später hatte er sich oft gefragt, ob einige Dinge anders gelaufen wären, hätte er erst die Freundschaft, dann die Sortierung ins Haus Slytherin zugelassen. Zumindest bei der Freundschaft könnte er vielleicht eine neue Chance bekommen. Was tat es schon, freundlich zu sein? In der Zeit, die er bei Lucius bleiben durfte, wollte er wirklich keinen Streit haben. „Hi, ich bin Evan“, antwortete er, nahm die Hand schließlich an, überrascht, als der Andere ihn abrupt auf die Beine zerrte. „Was…?“
 

„Du bist klatschnass, Mann“, stellte Draco fest. „Komm schon, da drüben ist eine der kleinen Pagoden und wir können was zum Knabbern ordern. Ich bleib nicht im Regen!“
 

Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen folgte Evan dem Anderen, der sich wohl, in einigen Dingen, nie ändern würde, nicht verstehend, wie angenehm dieser warme Regen war. Es wunderte ihn auch wenig, dass er auf ein Mal wieder trocken war. „Wie geht es deinem Sohn?“
 

„Oh, er kann es kaum abwarten, dass du endlich auftauchst. Er will, dass du mit uns isst und er dich in Ruhe aus der Nähe bewundern kann. Wenn du einverstanden bist, sag ich Dad, dass wir Alle hier essen. Und meine Frau will sich auch noch bedanken.“
 

„Warum… nicht?“, stimmte Evan vorsichtig zu. Er wollte nicht, dass Lucius wegen ihm auf ein Mittagessen mit seiner Familie verzichten musste. Er sah einfach zu, wie Draco einen Patronus schickte, um alle Betroffenen zu informieren.
 

„Dann ist das ja erledigt“, stellte Draco erleichtert fest, setzte sich und musterte den Anderen. „Ich will eine ehrliche Antwort – liebst du meinen Dad? Liebst du ihn so, dass du Alles für ihn tun würdest? Wirklich alles?“
 

Im ersten Moment wollte Evan etwas sagen, dass er nicht wusste, was wirkliche Liebe war und dass er sich gerade mal selbst sicher war, dass Lucius ihm mehr bedeutete, doch dann hielt er inne, schloss die Augen. Was war er bereit, für Lucius zu tun? Und er wusste sofort, was die Antwort war. Alles. Wirklich Alles, selbst Dinge, die er fürchtete. Würde Lucius ihn bitten, er würde sogar mit raus gehen in die Menschenmenge von London und wenn es den Anderen retten würde – er würde sogar sagen, wie sein alter Name gelautet hatte. „Ich… würde Alles für deinen Vater tun“, sprach er daher schließlich. „Ich… würde sogar zurückkehren in die magische Welt.“ Er schloss die Augen, bevor ein seltsamer Schmerz ihn durchfuhr. „Aber beruhige dich, ich denke, für ihn ist das nur so was wie eine vorübergehende Sache. Er wird früh genug merken, dass ich weder in sein Leben noch in seine große, fröhliche Familie passe. Niemand ist je bei mir geblieben…“, kurz schloss Evan die Augen, während er mit den Tränen kämpfte. Wer war er schon, um einen Mann wie Lucius zu halten? „Ich… entschuldige, ich… werde zu Mittag hier sein, ich… muss was erledigen und… bis später!“, dann rannte er, zurück in den Regen, in dem man zum Glück nicht sah, dass er heulte. Er lief zum Bungalow, wühlte im Schrank und fand, was er suchte. Er merkte selbst kaum, wie er sich in den Schrank setzte, den Rollkragenpullover von Sev fest in den Armen, der sogar noch nach dem Mann roch, den er als Vater gesehen hatte und der ihn geliebt hatte und doch lieber tot gewesen war, weil er so kaputt gewesen war. Die Liebe, die wieder mal nicht groß genug gewesen war.
 

Evan wusste, er tat Sev gerade unrecht, aber nun, langsam, wurde ihm erst klar, dass das hier nicht für immer anhalten konnte. Diese für ihn nicht verständliche oder nachvollziehbare Gefährtensache… er glaubte nicht, dass das wirklich was hieß oder für so was Seltsames wie ewige Liebe sorgen konnte. So etwas gab es nicht, schon gar nicht für ihn, der immer nur ein Ersatz gewesen war, für Remus und Sirius…
 

Wirklich verwirrt starrte Draco dem Anderen hinterher. Musste er das jetzt verstehen? Da gab sein ehemaliger Rivale zu, alles für seinen Dad zu tun, was er diesem sogar glaubte, nur, um dann in Tränen aufgelöst wegzurennen, weil er dachte, Dad würde nur mit ihm spielen?! Warum glaubte Evan das? Es war doch klar und deutlich zu sehen, dass sein Vater den Anderen liebte! Er schüttelte den Kopf, begann, auf und ab zu laufen. Immer und immer wieder.
 

„Möchte ich wissen, was hier los ist?“, fragte Abraxas, der seinen Enkel eine Weile lang beobachtet hatte. Er war nach dem Treffen noch eine Weile geblieben, während Lucius eiligst den Rückzug angetreten war, sicher um zu Evan zu kommen. Er hatte noch spaßeshalber mit einigen Anderen geredet, ob es nicht einfach nett wäre, eine Zeremonie für Luc und den Kleinen zu organisieren, sie fanden die Idee alle irgendwie gut, doch er wollte erst noch mit Jaden reden.
 

„Du weißt, dass Evan Dad liebt?“, fragte Draco unumwunden.
 

„Äh… ja? Das sieht ein Blinder?“, fragte Abraxas verwirrt, setzte sich aber hin und beobachtete, wie Draco auf und ab lief.
 

„Und wir wissen, dass Dad ihn liebt.“
 

„Du weißt, wir Alle wissen, was dein Vater ist und dass er sich nur ein einziges Mal für einen würdigen Gefährten entscheiden wird. Also wissen wir, was er empfindet. Worauf willst du hinaus?“ Nun machte Abraxas sich wirklich Sorgen. Er hatte gedacht, etwas Hirn in seinen Enkel bekommen zu haben.
 

„Warum denkt Evan dann, dass er für Dad nur eine Puppe am Rande ist, die irgendwann wieder ausgetauscht werden wird?! Warum vertraut er Dad dann nicht?! Ich hab ihn gefragt, ob er Dad liebt und er hat gesagt, er würde sogar seinen alten Namen wieder bekannt machen, sollte das mal nötig sein, für ihn, aber dazu würde es nie kommen und dann ist er heulend weggerannt! Ich versteh das nicht! Ich war wirklich einfach nur nett!“ Draco warf die Hände in die Luft, lief dann nur noch schneller die kurze Strecke auf und ab, begleitet von dem Geräusch prasselnden Regens.
 

„Das… hat Evan gesagt?“, fragte Abraxas verwirrt. Warum würde der Junge so etwas denken? Lucius kümmerte sich so gut um den Anderen! Was brachte Evan auf so eine dumme Idee?! Niemals würde ein Wesen wie Lucius es war, Irgendwem so was antun! Erst etwas vorspielen und dann fallen lassen! Das war vollkommen unlogisch!
 

„Ja, um dann heulend in den Regen zu rennen! Wie kommt der denn auf so was?! Ich mein, schön, in seiner Kindheit hat man ihn nicht auf Händen getragen, aber als er dann hierher, in die magische Welt gekommen ist…!“
 

„Hat man ihn verraten, verkauft, einen Krieg auf seinen Schultern abgeladen und ihn dann, letztendlich, nach Azkaban gebracht. Die Familie, die er so mochte, hat ihn verstoßen, Molly Weasley hat mit am lautesten nach seiner Verurteilung geschrien, nachdem Evan das Flittchen nicht heiraten wollte, Er hat Severus verloren, den Werwolf. Ja, was hätte er in der magischen Welt schon lernen sollen?“, fragte Abraxas ruhig.
 

Schlagartig blieb Draco stehen, starrte auf seinen Großvater. Er sah wieder den Elfjährigen mit den großen, grünen Augen vor sich, dann den Siebzehnjährigen, der eine Schlacht geschlagen hatte und den gebrochenen Achtzehnjährigen, der aus Azkaban in eine grausame Welt geworfen worden war, die ihn erneut zwar verehrte und ihn gleichzeitig vollkommen verdrängte. „Und er glaubt, Dad ist, wie die?! Hat er…? Sieht er denn nicht, wie Dad ihn anguckt!? Götter, ich steh jedes Mal kurz vor einem verdammten Zuckerschock! Und wenn er erst anfängt, zu erzählen, wie toll Evan ist!“
 

„Wer hat ihm je bewiesen, dass Menschen auch anders sein können?“, fragte Abraxas ruhig, während er selbst erst zu begreifen begann, wie schwer es Evan überhaupt fallen musste, hier zu sein, sie zu sehen, eine riesige Familie, die sich gegenseitig nervte, aber auch immer füreinander da war… Er sah den gesamten Tag glückliche Gesichter, ohne sich je wie ein Teil davon fühlen zu können. Es musste Folter sein.
 

„Toll! Und wie wollen wir das ändern?!“, fragte Draco entnervt. Nicht, um Evan zu helfen. Der war ihm egal, aber er hatte keine Lust, sich irgendwann sagen zu lassen, Schuld zu sein, dass sein Dad nicht glücklich geworden war, weil er nichts getan hatte.
 

„Ehrlich gesagt – ich hätte sogar eine Idee… eigentlich alle Älteren…“
 

„Aha?“, fragte Draco verwirrt.
 

„Und wir könnten deine Hilfe gebrauchen…“
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Vorsichtig setzte Neville die neue Pflanze in die Erde, strich über die Blätter, die regelrecht zu glühen schienen, ein Gruß an ihn, wie er sich sicher war. Dankbarkeit für die gute Pflege. Er lächelte, goss etwas Wasser, in das er Mineralien gegeben hatte. Dann richtete er sich auf, wischte über seine Stirn und nickte zufrieden. Eine neue Reihe war fertig und in weniger als einem Monat konnte er die ersten Blätter ernten. Es waren wichtige Pflanzen, die vor Allem für Heiltränke unabdingbar waren.
 

Kurz streckte Neville sich, nahm dann seine Sachen und lief los, fürs Erste war es genug, er würde später weitermachen. Erst mal wollte er etwas Essen, die Zeitung vom Morgen endlich lesen und schließlich einige Briefe schreiben. Fred und George hatten spezielle Beeren geordert, die er nicht aus der Hand gab, ohne den genauen Grund zu erfahren, außerdem war es eine gute Gelegenheit, mit den Beiden in Kontakt zu kommen, die er seit Harrys Befreiung aus Azkaban vor fünf Jahren nicht mehr gesehen hatte.
 

So, wie viele seiner alten Freunde entweder tot, außer Landes oder schlicht weg waren. Viele seiner Kameraden aus der Schule waren untergetaucht, gegangen oder hatten alle Verbindungen zu ihrem alten Leben durchtrennt.
 

Wie Harry Potter.
 

Er erinnerte sich noch, wie die Auroren ihn weggezerrt hatten, an den Händen seines Freundes hatte er damals dunkle Erde gesehen und der Andere hatte bitterlich geweint, sich nicht mal gewehrt, als er, durch ein brüllendes und tobendes Menschenspalier gejagt, nach Azkaban gebracht worden war. Danach hatte er ein Jahr lang nichts gehört, da waren nur die Zeitungsartikel von Lunas Vater gewesen. Als man Harry schließlich entlassen hatte, war er da gewesen, wie viele Andere auch. Doch er hatte nicht gejubelt, er hatte auch nicht gepfiffen und protestiert. Er hatte nur zusehen können, wie ein gebrochener Gleichaltriger, der für sie alle gekämpft hatte und fallen gelassen war, an ihm vorbei gegangen war. Harry hatte so jung ausgesehen, ohne Bart, die Augen halb geschlossen, er war immer wieder gestolpert, doch niemand hatte ihm geholfen. Auch er selbst nicht, er war nicht durch die Menge gekommen. Und dann… war Harry verschwunden.
 

Einfach so und bis heute.
 

Ohne eine Spur.
 

Mehrfach hatte Neville versucht, dem Gleichaltrigen zu schreiben, doch die Eule war immer unverrichteter Dinge zurückgekommen, bis er vor vier Jahren aufgegeben hatte. Harry hatte getan, was er zweifellos immer hatte tun wollen. Er war gegangen. Weg von Allen und Jedem. Weg von Verrat und Hass, irgendwo hin, wo es ihm hoffentlich besser ging. Vielleicht war er inzwischen verheiratet und hatte Kinder? Es würde Neville nicht wundern, so wichtig, wie für Harry Familie immer gewesen zu sein schien.
 

In seiner Küche streifte Neville seine Arbeitshandschuhe ab und blickte auf den Teller, der dort stand. Er lächelte sanft. Tamara war sein Engel. Sie hatte ihm über die erste Zeit geholfen, die nach dem Krieg gekommen war. Sie war da gewesen, hatte ihn getröstet, auch, nachdem seine Großmutter gestorben war. Sie war Französin und bei ihrer Cousine zu Besuch gewesen, kurz nach der letzten Schlacht. Wie er liebte sie die Herbologie und der Zettel bei seinem Teller sagte ihm, dass sie sich im hinteren Gewächshaus befand, um eine Bestellung einzusammeln, dass sie später kommen würde und er ein Bad vorbereiten solle. Was er nachher tun würde. Doch erst mal setzte er sich, griff nach dem Besteck und ließ seinen Blick zu den Rahmen an der Wand gleiten. Seine Frau und er waren in ein sehr kleines Haus gezogen, es hatte nur vier Zimmer, genug für sie, die Küche war also auch ihr Esszimmer, sie hätten was Größeres haben können, doch dann hätten sie mehr Hauselfen gebraucht, um Ordnung zu halten und sie waren ja doch kaum hier.
 

An der Wand über dem Tisch hing ein Bild von Tamaras Familie, eines von seinen Eltern, eines von seiner Großmutter und dann die Kohlezeichnung, die so lebendig aussah. Sie war ein Geschenk gewesen, zu Weihnachten. Sie sah aus, wie von einem großen Künstler, doch gezeichnet hatte das Bild Harry im fünften Schuljahr. Es zeigte Luna, Harry und ihn selbst mitten im Gewächshaus von Hogwarts. Sie alle drei sahen so lebendig aus und manchmal war er der festen Ansicht, dass Luna sich zu bewegen schien, ihm zuzwinkerte oder winkte.
 

Und was war geblieben? Harry war verschwunden, die Zeit musste für den Jüngeren schrecklich gewesen sein, nach dem Krieg und Azkaban, Luna war am Tag der letzten Schlacht gestorben und sie hatte gewusst, dass das passieren würde, hatte Xeno Lovegood ihm erzählt. Geblieben schien nur er zu sein. Manchmal saß er lange vor diesem Bild und dachte nach, an die Dinge, die falsch gelaufen waren. Dann drang nur Tamara zu ihm durch.
 

„Du solltest uns doch ein Bad einlassen! Und gegessen hast du auch nicht“, stellte Tamara ein wenig vorwurfsvoll fest, setzte sich und seufzte, sah auf die hübsche Kohlezeichnung der drei Kinder, die ihren Mann so oft weit wegzutragen schien.
 

„Oh, ich… Entschuldigung“, seufzte Neville, wandte sich wieder seinem Teller zu. „Ich habe die Zeit vergessen und so lang bin ich leider noch nicht wieder drin.“ Er nahm ein Stück Kartoffel, schob sie in den Mund.
 

„Weißt du, dass ich manchmal das dumme Gefühl hab, dass das Mädchen auf dem Bild sich bewegt?“

Überrascht sah Neville erst auf seine Frau, dann auf das Bild. „Dann geht es dir wie mir. Aber es ist kein Gemälde eines magischen Künstlers. Ein Fünfzehnjähriger hat es mir gemalt.“
 

„Der andere Junge also. Der Dünne auf dem Bild. Oder ist er der kleine Bruder von der Blonden?“
 

„Nein, Das ist… Harry Potter. Er war immer ziemlich klein“, erklärte Neville, der bisher nie über das Bild gesprochen hatte. Es hatte Tamara von Anfang an gefallen, daher hatte er nie erklären müssen, warum er es behalten wollte.
 

„Er sieht auch nicht sehr glücklich aus“, stellte Tamara nur fest. Sie hielt in der Beziehung nicht viel von England. Diese Irren hatten Kinder einen Krieg führen lassen, das sprach wirklich nicht für die Erwachsenen hier, aber sie liebte Neville und der wollte bleiben, um etwas zu ändern. Er hatte sein altes Haus mit allem, was darin war, einer Stiftung für die Kriegswaisen überlassen, die da inzwischen wohnten. Er hatte dafür nur ein Grundstück verlangt, auf dem nun ihre kleine Hütte und ihre Gewächshäuser standen.
 

„Ich bezweifle, dass er es je war. Was hat Luna gemacht?“
 

Tamara kniff die Augen zusammen. Sie wusste von dem toten Mädchen, dem Neville immer noch zu jedem Jahrestag der Schlacht einen Strauß Blumen aufs Grab legte. „Sie… scheint immer auf Harry zu zeigen.“
 

„Seltsam…“
 

„Vielleicht… will sie, dass du mit ihm in Kontakt trittst?“
 

„Das hab ich ein Jahr lang versucht“, erinnerte Neville seine Frau ruhig. „Die Eulen sind zurückgekommen, jedes Mal.“
 

„Sag mal… du hast doch gesagt, Harry hat das Bild gemalt – warum steht dann da, in der Blüte, Evan?“
 

„Was?“, überrascht legte Neville das Besteck beiseite und hob das Bild vom Haken, sah auf die Stelle, auf die Tamara deutete. Es stimmte. Jetzt, nach mehr als sieben Jahren, sah er es. Der Name. Eine Signatur. Und er musste etwas lächeln. „Harry hat seinen Namen immer gehasst. Er wollte nie sein, wer er war. Evan… seine Mutter hieß Lily Evans.“
 

„Schon mal daran gedacht, dass er seinen Namen jetzt geändert hat? Dann kann eine normale Eule ihn nicht finden! Was, wenn er jetzt Evan heißt?“
 

„Evan… Evan… Evan Snape!“, lachte Neville auf ein Mal, er erinnerte sich, wie oft der Jüngere immer in die Kerker gegangen war, er hatte ihm damals erklärt, sich mit dem Tränkemeister angefreundet zu haben und er wusste, dass Harry versucht hatte, die Leute dazu zu bekommen, die Leistungen des Anderen im Krieg anzuerkennen. Es war etwas, das Harry getan hätte! „Das… das könnte wirklich so sein!“
 

„Dann solltest du es versuchen“, erklärte Tamara. „Geister haben meist einen Grund, wenn sie so was tun. Und jetzt hast du einen Namen.“
 

„Ich werde es tun, aber erst nach Midwinter“, entschied Neville. „Vielleicht hat er inzwischen Familie und ich will ihm nicht die Feiertage ruinieren.“
 

„Du musst es wissen“, meinte Tamara nur und zuckte die Schultern, holte sich noch ein Glas Milch. „Und jetzt geh hoch, ich will ein schönes, heißes Bad, wenn ich die Eule mit den Sachen weggeschickt habe!“
 

„Sehr wohl, Mylady“, lächelte Neville, stellte den Teller beiseite und lief nach oben.

Midwinterüberraschung und Familienzuwachs

„Was…?“, verwirrt starrte Evan auf Draco, der ihn wenig sanft geweckt hatte. Und wo war Lucius?! Er wusste nicht so genau, was das sollte, doch sein Herz sackte in den Keller. War es das dann gewesen? Hatte der Andere seinem Vater von Evans Ausbruch erzählt? Dabei war er davon ausgegangen, dass der das vergessen hatte. Am Abend des Tages und nach wohl einer ziemlich langen Suche hatte Luc ihn im Schrank gefunden und nichts gesagt, als er Diesem nur ausweichend geantwortet hatte. Und Draco hatte danach nichts mehr gesagt.
 

„Komm schon!“, grinste Draco. „Na los, beweg dich!“
 

„Was…? Soll…? Er will also, das sich gehe?“, fragte er leise, während etwas in ihm sich zuschnürte. Konnte Lucius ihm das nicht mal selbst sagen? Und das nach der Nacht gestern, wo der Andere ihm versprochen hatte, immer da zu sein?
 

„Du sollst dich anziehen!“, erklärte Draco resolut, sich bemühend, sich seinen Frust nicht anmerken zu lassen. Er hatte seinem Vater, wie alle Anderen, am Ende sogar den Angestellten hier, geholfen, Evan zu suchen, der nach dem Ausbruch in dem Pavillon verschwunden gewesen war. Erst am späten Abend, na ja, eigentlich mitten in der Nacht hatte Dad dann einen Patronus geschickt, der gesagt hatte, dass er Evan gefunden habe – im Schrank in ihrem Bungalow. „Die Sachen liegen im Bad! Na los! Du wirst erwartet!“
 

„Ich…! Was geht hier vor? Draco, was…?“
 

„Hop! Ins Bad!“, Draco hatte nicht vor, dem Anderen zu sagen, worum es ging, wirklich nicht. Das sollte sein Dad schön selbst ausbaden. Der und seine Ideen! Also wirklich! Aber gut, er musste es ja wissen. Draco würde sich schön raushalten. „Na los!“
 

Unsicher starrte Evan auf das, was da lag. Ein weißes Hemd, eine weiße Hose. Sonst nichts. Also zog er es an, trat wieder raus. Er kam sich sehr, sehr seltsam vor, als Draco ihn wieder packte und mit sich zerrte. „Wo… ist Lucius?“, fragte er, fast schon bettelnd. Er verstand nicht, was da gerade mit ihm gemacht wurde! Und das hasste er.
 

„Da bring ich dich jetzt hin!“, lachte Draco, zerrte den Jüngeren, mit dem er sich tatsächlich in der letzten Woche durchaus angefreundet hatte, die Wege entlang bis zum Strand. Nun, sein Sohn war auch begeistert von Onkel Evan, mochte seinen neuen Helden gar nicht mehr allein lassen und das Beste war, dass der Grünäugige sich wirklich entspannte, wenn die Kinder da waren, selbst ein wenig zum Kind zu werden schien. Nicht, wie sein verrückter Onkel Mathew, den Dad damals fast gekillt hatte, als der mit Draco, als der gerade sechs Jahre alt gewesen war, mörderische Stunts geflogen hatte, sondern eher wie ein Gleichaltriger, der verstand, was die Kinder sich ausdachten. Die Kleinen liebten es, wenn der Andere seine sehr lebendig wirkenden Figuren in den Strand zeichnete. An dem sie nun übrigens waren. Etwas, das Evan zu einer Vollbremsung animierte. Ah, er dürfte wohl die weißen Tücher entdeckt haben, die sie am Strand an Bambusstäben gespannt hatten. Es war wirklich praktisch, dass sein Urgroßvater solche Zeremonien durchführen konnte, immerhin war der eine Art Hohepriester.
 

„Was…?“ Evan starrte auf die versammelten Malfoys, die da unter dem fast durchsichtigen, weißen, mit Blumen geschmückten Tuch standen. Eine der Gestalten, in Weiß gekleidet und barfuß wie er selbst, löste sich aus der Menge.
 

„Äh… das klärt ihr mal schön, ich warte bei den Anderen! Viel Erfolg, Dad!“ Und schon machte Draco sich vom Acker.
 

Mit einem leichten Lächeln trat Lucius auf Evan zu, der einfach herrlich aussah. Gut, etwas verwirrt und ein wenig ungekämmt, aber ansonsten… er hatte in den letzten Monaten etwas zugenommen, sah nicht mehr aus, wie kurz vor dem Hungertod, seine Verwandten waren begeistert von Evans sanftem Wesen und dessen Bereitschaft zu helfen, die gesamte Kinderbetreuung stundenlang zu übernehmen. Scorpius wollte sofort zurück nach England, um mit Onkel Evan spielen zu können, wenn Daddy arbeitete und Astoria hatte das sofort für gut befunden.
 

Allerdings waren da eben auch noch die Probleme. Noch immer steckte ihm der Schreck in den Knochen, als er Evan gesucht und erst mal stundenlang nicht gefunden hatte, bis er aus purer Verzweiflung sogar die Schranktüren aufgerissen hatte – wo er seinen Gefährte gefunden hatte. In sich zusammengerollt, Severus‘ Pullover in den Armen und getrocknete Tränen auf den Wangen. Und dann noch die Worte seines Sohnes, dass Evan Angst hatte, irgendwann abgeschoben zu werden. Er wäre in der Nacht fast nach England zurück, um die Dursleys, trotz aller Pläne und Vorsätze, zu töten. Sie waren der Beginn des Übels, der Grund, warum Evan sich als Wegwerfware sah.
 

Doch Dad hatte ihn beruhigt und ihm von diesem vollkommen übergeschnappten Plan erzählt. Es war eigentlich purer Wahnsinn, doch nach mehreren Stunden Diskussion hatte er zugeben müssen, dass es vielleicht die beste Möglichkeit war. Merlin bewahre, er hätte, ginge es nur nach ihm, an und für sich sofort zugestimmt, es ging ihm einfach nur um Evans Reaktion. Er hatte den Jüngeren eben eigentlich nicht so überfallen wollen. Doch das, was die Anderen ihm erzählt hatten, war der Auslöser für seine Zustimmung gewesen. Er hatte sogar Evans verbliebene Freunde eingeladen. Sie standen da unten und warteten.
 

„Lucius?“, fragte Evan, nicht wissend, was das hier sollte. Ein Fest? Eigentlich hatte er immer gedacht, auch Reinblüter würden Midwinter unter einem geschmückten Baum feiern. Oder war das hier einfach die Karibikversion des Ganzen?
 

„Evan“, lächelte Lucius, zog den Jüngeren an sich und küsste ihn sanft, bevor er, vor dessen Augen in die Knie sank. Etwas, das er nicht für Irgendwen je getan hatte. Doch hier wollte er es. Für den jungen Mann, den er wahrlich liebte. „Evan, ich bitte dich, hier und heute mit mir den heiligen Bund zu schließen“, sprach er leise die traditionellen Worte. „Bleib mit mir zusammen. Oder wie die Muggel es ausdrücken würden – heirate mich.“
 

Verwirrt beobachtete Evan, wie Lucius nach einem sanften Kuss, der nichts von Trennung zu haben schien, auf die Knie sank. Er verstand gar nichts und selbst, als der Ältere gesprochen hatte, brauchte er noch Minuten, um die Worte zu verstehen. Wirklich zu verstehen. Hatte… hatte der Langhaarige ihn gerade allen Ernstes gebeten, ihn zu heiraten?! Ihn? Den Unglücksvogel schlechthin? Heiraten? Für den Rest des Lebens?! Liebte… liebte Lucius ihn wirklich derart? Genug, um sogar vor ihm auf die Knie zu gehen?
 

Im Ersten Moment wollte Evan nein sagen, Lucius erinnern, dass der was Besseres als ihn bekommen könnte, doch dann sah er in die blau-silbrigen Augen, die ihn so voller Liebe ansahen und er musste sich an das erinnern, was er selbst Draco gesagt hatte. Dass er für Lucius Alles tun würde. Hatte der das hier eingefädelt…? „Willst... du das… wirklich?“, fragte Evan schließlich leise, er merkte, wie Tränen in seine Augen schossen. „Du… du tust das nicht nur als… Mitleid?“
 

Ohne sich aufzurichten, strich Lucius über die Wangen des Anderen. Mit so was hatte er gerechnet, darum hatte er sich vor seinen irren Verwandten ausbedungen, erst mal allein mit Evan reden zu können, bevor er zu denen musste. „So etwas tut man nicht aus Mitleid, denn die Zeremonie, die wir da unten planen, für die gibt es keine Scheidung, keinen Hinterausgang. Erinnerst du dich? Ich habe dir gesagt, du bist mein Gefährte, ich würde dich so oder so nicht mehr gehen lassen. Also – nimmst du mich?“
 

So, nun geschah es. Die ersten Tränen rollten. Und das… sehr freizügig. Er merkte kaum, wie er selbst auf die Knie absackte, seine Arme um den Hals des Älteren schlang. Sollte das wirklich wahr sein? Mehr, als ein komischer Traum? Würde Lucius ihn heiraten?! „Ja“, brachte er gerade noch so heraus, klammerte sich an den Blonden.
 

Lucius lachte leise, sprang regelrecht wieder auf und wirbelte seinen kleinen Gefährten durch die Luft, während hinter ihm lautes Klatschen einsetzte. Gut. Sehr gut. Damit würde auch sein eigenes Inneres sich beruhigen. „Ich liebe dich, mein Kleiner…“
 

Evan sagte nichts, er konnte es erst mal gar nicht. Er hielt sich nur an Lucius fest, während sein Herz wie wild zu klopfen begann. Wobei ihm etwas einfiel. „Was.. für ein magisches… magisches Wesen bist du eigentlich?“, fragte er schließlich.
 

Allein die Frage brachte Lucius zum Lachen. Jetzt fragte der Jüngere! „Spielt das eine Rolle?“, fragte er aber dann doch vorsichtig.
 

Evan zuckte die Schultern, noch immer ohne den Älteren loslassen zu können. „Würd es nur gern wissen… wenn… du es sagen willst.“
 

„Evan, ich würde dir alles sagen“, erklärte der Blonde. „Und ich bin etwas sehr Seltenes – ein Drago. Ein Drachenwesen. Bei der Zeremonie, die wir heute haben werden, binde ich meine Seele an dich. Darum ist auch keine Scheidung möglich. Und es bedeutet, dass mein Leben an deines gebunden ist. Ich sterbe erst, wenn du es tust.“ Dass sich dadurch Evans Lebensspanne vervielfachte, selbst für die Verhältnisse der magischen Welt, ließ Lucius außen vor, nicht bereit, zu riskieren, dass die eigentlich so gut wie begrabene Todessehnsucht seines Gefährten wieder ans Licht kommen würde. „Also – wollen wir los?“, fragte er sanft.
 

Evan nickte, schloss kurz die Augen. Ein Mensch, der bereit war, sich so an ihn zu binden. Freiwillig, ohne die Möglichkeit, irgendwann durch eine Hintertür zu verschwinden. Keine Scheidung, für immer. Er wusste, eigentlich sollte ihm das Angst machen, doch im Moment war das einfach nur sehr, sehr beruhigend. Endlich irgendwo hin gehören, eine Familie bekommen, eine große und zum großen Teil nette noch obendrein! Er ließ zu, dass die Arme des Anderen ihn frei gaben, aber nur kurz, eine der größeren Hände umschloss seine.
 

Erleichtert schlug Lucius den Sand von ihren Hosen, küsste Evan noch ein Mal kurz, nahm dessen Hand in seine und lief nach unten, wo sie von rasendem Applaus begrüßt wurden. Der Blonde ließ sich die Schulterklopfer wortlos gefallen, schirmte Evan aber von Selbigen ab und verkniff sich jeglichen Kommentar über seinen Kniefall, den er einst nie zu machen geschworen hatte. Nun, viele seiner alten Einstellungen waren mit Evans Ankunft ziemlich heftig über Bord gegangen. Vor Allem die zu seiner Arbeit. Arbeiten um zu leben, nicht leben um zu arbeiten. Für ihn etwas Neues.
 

Evan ließ sich führen, nach vorn, wo eine Art Altar aus Blüten errichtet worden war, auf dem mehrere Gegenstände aufgebaut worden waren. Ein zeremonielles Messer, zwei wunderschöne, silbrige Armreifen mit Drachenköpfen, einer kleiner, der andere größer, ein kristallener Kelch mit Edelsteinen im Griff. Aber da war etwas, das ihn viel mehr überraschte – rote Haare. Mehrere davon. Er spürte, wie Lucius seine Hand losließ und rannte einfach los, lachend und weinend gleichzeitig, als er sich Fred und George in die Arme warf. „Was… was tut ihr denn hier?!“, fragte er, sah dann zu Percy, Bill, Fleur, die wie eine Malfoy aussah, und Charlie. Natürlich auch Bills beide Kinder.
 

„Dachtest du, wir würden nicht kommen, wenn du dich schon zu einer Blitzhochzeit überreden lässt?“, fragte Fred nur amüsiert. „Wir zwei beide sind sogar deine Trauzeugen.“
 

Evan blinzelte, sah dann zu Lucius, der ihn einfach nur anlächelte.
 

„Was dachtest du? Dass deine Freunde nicht eingeladen wären“, fragte Lucius nur, trat zu Evan, küsste ihn und scheuchte die Rotschöpfe auf ihre Plätze, sah dann zu seinem Großvater. „Und jetzt lasst uns doch anfangen, ja?“, bat er schließlich. Er mochte es nicht zugeben, aber er befürchtete, dass Evan doch noch einen Rückzieher machen konnte. Götter, diese Zweifel passten gar nicht zu ihm! Was nichts daran änderte, dass er sie gerade hatte.
 

Für Evan war die Zeremonie irgendwie wie ein Traum. Der ältere Malfoy, der sie hielt, redete, die Leute klatschten immer wieder, irgendwann wurde ihm der kleinere der Reifen von Fred und George übergestreift, während Draco und Abraxas dasselbe mit dem Anderen bei Lucius taten. Dann wurde seine rechte Handinnenfläche angeschnitten und die von Lucius, einige Tropfen Blut flossen in den Kelch, dann wurden die Wunden aufeinander gelegt. Den Schmerz spürte Evan kaum, er sah nur zu, wie weitere Dinge in den Kelch gegossen wurden, einige Tropfen von mehreren Dingen, die dann besprochen wurden. Anschließend wurde Lucius der Kelch gereicht und der hielt ihn ihm hin. Evan tat, was wohl erwartet wurde, nahm einen Schluck, beobachtete, wie der Ältere dann dasselbe tat und den Kelch zurückgab. ,Evan sah, wie der ältere Malfoy wieder etwas sagte, schließlich den Rest des Kelches ins Meer goss.
 

Das schien so etwas wie ein Zeichen zu sein, denn sofort brach erneut tosender Applaus los. Evan sah zu Lucius, ohne wirklich zu verstehen, was diese Zeremonie bedeutete, spürte, wie der ihn an sich zog und küsste. Nicht kurz, wie eben sondern sehr, sehr ausführlich. Irgendwann glitt dessen Hand sogar unter Evans Hemd und erst ein vielstimmiges, heftiges Kutscherpfeifen holte ihn und den Blonden wieder in die Realität zurück.
 

„Ähem, den Vollzug des Bundes könnt ihr gern ohne Zeugen beginnen“, merkte Abraxas belustigt über seinen nun rot werdenden Sohn an, der tatsächlich das erste Mal überhaupt die Beherrschung verloren zu haben schien. „Jetzt wollten wir erst mal feiern!“, damit deutete er auf die Hotelangestellten, die gerade einen Grill und ein Buffet aufbauten.
 

Evan sah nicht mal auf, er kuschelte sich an die breite Brust vor sich, sah von Zeit zu Zeit auf das Band um sein Handgelenk. Er fühlte sich glücklich, ruhig – und das erste Mal überhaupt nicht mehr allein und nicht davon bedroht, irgendwann wieder wegen irgendwas abgeschoben zu werden, weil er unbequem werden könnte.
 

Lucius nickte seinem Vater zu, sah zu seinem kleinen Gefährten. Am liebsten wäre er einfach verschwunden, doch Evan sollte feiern, mit den wenigen Freunden, die er sich bewahrt hatte. „Komm, mein Kleiner“; flüsterte er sanft. „Das Essen wartet…“
 

Fred und George standen bei einem reichlich seltsam aussehenden Draco, der alle Mühe hatte, seinen hyperaktiven Sohn daran zu hindern, zu Onkel Evan zu rennen und diesem die Muschel zu zeigen, die er gerade am Strand gefunden hatte. Sie hatten ihren kleinen Freund noch nie so gesehen, so vollkommen selbstvergessen und ohne Angst in den leuchtend grünen Augen, die so glücklich strahlten. Als man sie gestern mehr oder weniger von der Feier, die sie Geschwister gehabt hatten, weg gezerrt hatte, hatten sie die Malfoys für klinisch irre erklärt, doch sie hatten es gesehen. Ein Malfoy, der auf die Knie ging und der auch vor einer so endgültigen Zeremonie nicht zurückschreckte, um ihrem Freund zu zeigen, dass er einen Ort hatte, an den er gehörte.
 

„Sieht aus, als hätten wir das Richtige gemacht“, stellte George zufrieden fest, hielt einen seiner Scherzartikel hoch, der sofort die Aufmerksamkeit des kleinen, quengelnden Blonden gefangen nahm und so Draco etwas entlastete.
 

„Was genau habt ihr getan?“, fragte Draco sofort vorsichtig, sah zu, wie sein Sohn nach der Flöte griff und hinein blies, woraufhin seine Haare abstanden als habe der Kleine in eine Steckdose gegriffen, was Scorpius zum Lachen brachte. Als er das nächste Mal rein blies, wurden seine Fingernägel grün. Aber zumindest war der Junge abgelenkt, denn im Moment wollte er nicht, dass sein Sohn Evan und seinen Vater störte, nicht, wo die Beiden so… glücklich aussahen. So vollkommen abwesend. Der Tag gehörte ihnen. Morgen konnte Evan wieder babysitten. Denn der Mann hatte dafür ein Händchen. Immer wenn der sich um die Malfoys unter zehn gekümmert hatte, waren die abends um acht ohne Theater ins Bett gegangen, hundemüde und kaum noch in der Lage sich zu regen.
 

„Och, nichts“, grinste Fred. „Nur dafür gesorgt, dass Perc erfährt, dass dein Dad Evans Gefährte ist und wir kennen unseren Bruder gut genug um zu wissen, dass der zu Lucius gehen würde, um dem das zu stecken. Denn wir… durften nicht. Wir haben Evan schwören müssen, Niemandem irgendwas über ihn zu sagen.“
 

„Toll – euch hab ich das also zu verdanken“; knurrte Draco, aber ohne Bosheit dahinter.
 

„Jep!“, kam es auch sofort zurück. Und schon waren die Beiden auf dem Weg zum Buffet, denn eines stimmte – Weasleys liebten gutes Essen.
 

Draco sah den Beiden nur hinterher, blickte dann auf seinen lachenden Sohn und wieder zu seinem Vater. Den erkannte er kaum wieder. Sicher, er hatte auch mit seiner Mutter nie unglücklich gewirkt, doch so unendlich glücklich hatte er den Anderen auch noch nicht gesehen, vollkommen selbstvergessen, nicht mal was sagend, als die Anderen mit ihren Reden begannen. Dad schien noch nicht mal ein Auge für Irgendwas zu haben, als für Evan. Und der… der sah auch Niemanden sonst. Nun, wo er bereit war, es zu sehen, konnte selbst er es erkennen. Evan liebte seinen Vater und es wäre ein Verbrechen, die Beiden zu trennen. Es sah so aus, als habe er nun einen Stiefvater im eigenen Alter…
 

Evan bekam ganz ehrlich kaum etwas mit. Er wurde von Lucius – von seinem Ehemann – mit den besten Bissen gefüttert, sie tanzten irgendwann zu exotischen Klängen von Trommeln, bevor sie von dem Rest der Familie regelrecht weggescheucht wurden. Endlich. Endlich allein mit Lucius – wo die nächste Überraschung wartete. In ihrem Bungalow lagen überall Blütenblätter, bunte, helle, durchscheinende Tücher hingen überall.
 

Zufrieden sah Lucius sich um und nickte. Ja, das war eine Hochzeitswohnung. Gut, sie hatten nur noch fünf Tage Flitterwochen, da er zu Silvester wieder im Ministerium sein musste, doch he, man konnte jedes Jahr wieder flittern! Er hob Evan auf seine Arme, legte ihn auf die Blüten im Bett – und spürte das erste Mal seit langer Zeit Tränen in seinen Augen. Dieses Bild allein… das würde er nie vergessen. Evan lag da, auf hellblauem Bettzeug, das Gesicht umrahmt von halblangen, schwarzen Haaren, die großen, grünen Augen vertrauensvoll auf ihn gerichtet – und lächelnd. Sein Gefährte. Das Schönste, was er je gesehen hatte. Er kniete sich selbst auf die Matratze, über den Jüngeren, küsste den Anderen sanft. Er wollte dieses Lächeln immer bei Evan sehen, egal, was es ihn kosten könnte! Das würde nun sein größtes Ziel sein!
 

Even strahlte den Älteren an, während er sich immer wieder selbst sagte, dass er den nun für immer hatte. Er würde nicht allein gelassen werden. Nur zu gern ließ er sich auf die Küsse ein, streckte sich den inzwischen so vertrauten und geliebten Händen entgegen. Das hier war so etwas, wie der schönste Tag seines Lebens, dessen war er sich sicher. Und zu denken, dass er noch beim Aufwachen gedacht hatte, dass Alles vorbei sein würde…!
 

Diese Nacht verschwamm in neuen Eindrücken, Lucius, der ihm das erste Mal zeigte, was Sex wirklich war, wie es zwischen Männern lief und er tat es sanft, zärtlich – und immer wieder. Es war ein absoluter Traum.
 

Für immer…
 


 


 


 


 


 


 


 


 

Genervt starrte Hermine auf ihren Ehemann. Inzwischen fragte sie sich wirklich, warum sie dumm genug gewesen war, ihn wirklich zu heiraten. Sie hatte von Anfang an gewusst, wie Ron drauf war und dumm, wie sie gewesen war, hatte sie gedacht, dass sich das ändern würde. Doch das hatte es nicht. Im Gegenteil. Ron hielt keinen Job länger als ein paar Wochen, bevor er rausgeworfen wurde, trotz seines Merlinordens und seit der unglücklichen Sache mit Ginny bekam er noch nicht mal mehr eine Anstellung.
 

Schon seit Wochen saß Ron nur auf dem Sofa vor der Glotze und obwohl sie ja arbeitete, schlecht bezahlt noch dazu, tat er nichts! Die Hauselfen, die sie eigentlich nicht hatte haben wollen, kümmerten sich um die Kinder. Ja, sie hatte zwei kleine Blagen, die sie nie hatte haben wollen und die nun nur hinderlich waren, da Ron ja keinen Finger rührte.
 

Und bei der Trennung, die Hermine anstrebte, um aus ihrer Affäre mit einem höheren Beamten Ernst machen zu können, würde es einen ungewöhnlichen Streit geben – keiner würde die Blagen wollen. Sie konnte weder etwas mit ihrem vierjährigen Sohn, noch mit der sechs Monate alten Tochter etwas anfangen.
 

„Ich lasse mich von dir scheiden“, sprach Hermine schließlich sehr kühl. „Ich habe seit Wochen eine Affäre und du bist nur im Weg.“
 

„Was?!“, brüllte Ron aufgebracht, starrte seine Frau empört an. „Ich bin ein Kriegsheld, du kannst nicht…!“
 

„Du hast dich verpisst in der Sekunde, wo es ernst geworden ist!“, brüllte Hermine. „Du hast dich hinter einer Mauer versteckt und abgewartet! Du bist nichts als eine Flasche! Ein verdammter Alkoholiker und unfähig, einen Job zu halten! Wir leben in einem heruntergekommenen Schuppen, weil du kein Geld anbringst! So haben wir nicht gewettet!“
 

„Und du?!“, fragte Ron eisig, warf seine Bierflasche an die Wand. Das Zeug war billiger als Feuerwhiskey. „Du bist nur unterwegs, kümmerst dich nicht um die Kinder und warst auch nicht auf dem Schlachtfeld!“
 

„Ich bin eine Frau, ich muss nicht kämpfen“, gab Hermine hochnäsig zurück.
 

„Verpiss dich aus meinem Haus und nimm die schreienden, plärrenden Derwische mit!“, schrie Ron nur, packte das Kind aus der Krippe, drückte es der Frau in den Arm und warf auch seinen Sohn, bei dem er nicht sicher war, wie er mit Vornamen hieß, zu der Frau. „Ich nehm deine Bastarde nicht!“
 

Im ersten Moment wollte Hermine widersprechen, doch sie verkniff es sich. Stattdessen nahm sie die Kinder, holte ihre Sachen und ging. Sie zerrte ihren Sohn ungeduldig hinter sich her, apparierte dann, ohne Rücksicht auf Verluste. Einen Moment überlegte sie, die Kinder zu Molly zu bringen, doch sie hatte keine Lust auf den dann folgenden Streit, da die Frau immer auf Rons Seite war, egal, weswegen. Zu den Zwillingen würde niemand sie bekommen, sie hasste die zwei, Bill war in Frankreich, Charlie in Rumänien, blieb ja nur einer, nachdem Ginny sich selbst so elegant ins Aus manövriert hatte.
 

Harsch klopfte Hermine, sah auf Percy, der öffnete und sie mit gehobener Augenbraue fragend ansah. „Das da sind die Blagen von deinem Bruder, ich will mit denen nichts zu tun haben, entweder du nimmst sie oder sie landen im Heim, ich lasse mich von dem Säufer scheiden und das da ist nur Ballast!“ Damit ließ sie das Baby, das inzwischen wie am Spieß schrie, in die Arme des Mannes fallen, stieß auch ihren Sohn da rein, wandte sich um und ging.
 

„Das sind auch deine Kinder, du Schlampe!“, brüllte Percy entsetzt, als ihm klar wurde, was diese Besserwisserin gerade getan hatte. Da stand er nun, mit einem weinenden Kleinstkind, das vermutlich nicht mal entwöhnt war und einem stumm weinenden Fünfjährigen, der die Welt nicht mehr verstand, ihn mit großen, blauen Augen ansah. Granger kam natürlich auch nicht zurück. „Komm, Kleiner“, seufzte Percy schließlich ratlos. „Im Gang stehen bringt auch nichts.“
 

Was, wenn er nicht gestern schon zurückgekommen wäre? Was hätte diese Irre dann mit den Kindern getan?! Dass es bei Ron und ihr kriselte, war klar gewesen, aber dass die Frau so herzlos war, damit hatte er nicht rechnen können. Evan würde erst heut zurückkommen, er wusste, sein Freund würde ihm tagsüber helfen, immerhin lebte auch Draco mit Scorpius in Malfoy Manor, denn man musste immer eines sagen – er arbeitete für sein Geld und das hieß, dass er tagsüber einfach nicht da war!
 

„Was… passiert mit uns?“, fragte Mika leise, nachdem er in der Wohnung stand, vollkommen verloren. Was nun? Oh, er wusste, Daddy trank und mochte weder ihn noch die Schwester, um die er sich mit der Nannyelfe immer gekümmert hatte, er wusste, Mommy mochte keine Kinder, sie war immer weg, doch was jetzt? Er wusste, der Mann war sein Onkel Percy, doch er kannte den Anderen kaum. Daddy hatte ihn immer einen Verräter genannt und gesagt, dass alle seine Brüder Schweine seien. Seine Onkel waren auch nie bei Familienfesten da gewesen. Nicht Percy, nicht die Zwillinge, nicht der Drachenzähmer oder der Fluchbrecher.
 

Percy beruhigte erst mal die Kleine, legte sie in eine Krippe, die er schnell transfigurierte. Dann kniete er sich zu dem Neffen, den er kaum kannte und der so still und leise weinte. Er war nicht geliebt, das wusste er. Er seufzte leise, hob nun auch den zusammenzuckenden Jungen hoch. „Ich habe keine Ahnung“, gab er zu. „Aber ich kümmere mich um deine Schwester und dich, mein Kleiner. Tagsüber muss ich arbeiten, aber ich habe gute Freunde, die sich um dich kümmern. Die haben sogar einen Sohn in deinem Alter, mit dem du spielen kannst. Er heißt Scorpius.“ Percy hielt den Kleinen, der schließlich ebenfalls weinend einschlief. Und das zwei Tage nach Midwinter…
 

Seufzend legte Percy seinen Neffen auf das Sofa, deckte den Kleinen zu, rieb sich die Stirn und warf Floopulver in die Flammen, rief die Zwillinge, dann Malfoy Manor, froh, dass erst Lucius, dann Evan in den Flammen erschienen. Es sah so aus, als wären sie auch einen Tag eher aufgebrochen. Kurz erklärte er, was sich gerade zugetragen hatte, dann wurde der Kamin wieder rot. Allerdings tauchte kurz danach eine Hauselfe auf, mit Kisten und einer Liste von Anweisungen sowie dem, was er gehofft hatte – der Einladung nach Malfoy Manor. Er könnte die Kisten hier habe, oder selbst in das Haus der Blonden ziehen, bis Allen was Besseres eingefallen sein würde. Er entschied sich, selbst nach Malfoy Manor zu gehen, das war weniger belastend für die Kinder.
 


 


 


 


 


 


 


 

„Mein Haus wird immer voller“, stellte Lucius leise fest. Er wusste nicht, wie lang es her war, dass es hier so lebendig gewesen war. Angenehm und vollkommen ungewohnt, doch die Hauselfen waren begeistert.
 

„Stört… es dich?“, fragte Evan leise und bedrückt. Immerhin war es sein Freund, der hier Unterschlupf gebraucht hatte, wegen Dummheiten von Ron, der ja auch mal Jemand gewesen war, der ihm etwas bedeutete.
 

„So ein Unsinn“, lächelte Lucius sanft. Er drückte seinen Ehemann an sich. „Ich fand das Anwesen früher immer schrecklich leer.“ Er sah gerade, wie eine kleine Hauselfe an ihm vorbei eilte, eine Flasche mit Milch in der Hand. „Es ist so groß hier, einige Leute mehr fallen wirklich nicht auf. Und die Zimmer sind auch endlich wieder bewohnt. Auch, wenn es wirklich gewöhnungsbedürftig ist, dass ich hier Weasleys habe.“
 

„Ich…verstehe es nicht! Wie… wie kann man so was tun?! Das sind doch ihre Kinder!“
 

Draco machte ein abfälliges Geräusch, sah zu seinem Sohn, der mit dem kleinen, rothaarigen Jungen in einer Ecke des Raumes saß und begeistert mit diesem Türme baute. Das war das Schöne – Scorpius war vollkommen unkompliziert und ging erst mal nur davon aus, dass alle Freunde waren. Was es wohl auch dem Kind leichter gemacht hatte, der das erste Mal Jemanden hatte, der mit ihm spielte. Michael, Mika, wie er genannt wurde. Dazu noch ein sechs Monate altes Mädchen, das noch nicht mal einen Namen hatte! Ja, das war das, was er Ronald Weasley zugetraut hatte! „Bei dem, was Weaslette getan hat, wundert dich das hier?“
 

„Bei meinem Bruder wundert mich gar nichts, der säuft den gesamten Tag“, gab Percy erschöpft zurück, das Baby im Arm, das er gerade fütterte. „Danke noch mal, Lucius. Ich hätte nicht gewusst, was ich tun soll, wenn ich morgen zur Arbeit muss. Und wie ich meinem Vermieter zwei Kinder erkläre. Oder wo die hin sollen, während ich arbeite. Danke, Zwerg“, er lächelte Evan an, der sofort die Verantwortung zu übernehmen bereit war.
 

Evan nickte einfach nur. „Das… ist selbstverständlich. Ich.. hab immerhin keinen Job.“ Er lehnte sich an Lucius, sah dann zu Mika. Er wusste, wie es war, unerwünscht zu sein. „Luc, du.. du musst was tun, damit… Percy sich wirklich um die Beiden kümmern kann, denn.. was, wenn Hermine die Kleinen irgendwann einfach zurückhaben will?! Sie würde Alles tun, wenn es ihr hilft! Und dann… das ist…!“
 

„Evan, beruhige dich“, bat Lucius, küsste seinen Geliebten. „Das wird nicht geschehen. Ich werde morgen mit Percy zum sozialen Dienst gehen und alles regeln. Percys Erinnerungen sollten mehr als ausreichend sein, um sowohl Ron als auch Granger alle Rechte zu nehmen. Die liegen dann allein bei Percy.“
 

„Gut“, nickte Evan, sah zu, wie der Rotschopf schließlich seine Nichte in das bereitstehende Bettchen legte. Er war froh, seinem Freund helfen zu können, doch noch überwog das Entsetzen. In den Wochen auf der Insel und den zwei Tagen, die sie sich nach der Hochzeit noch zu bleiben erlaubt hatten, hatte er gesehen, was Familie war. Hier, bei den Malfoys würde niemand ein Kind wegwerfen, wie Müll. Jeder kümmerte sich um Alle, selbst Draco hatte Evan mit mehr als vier kleinen Kindern und einigen Teenagern rumalbern sehen!
 

Er sah erneut auf sein rechtes Handgelenk, über dem nun wie tätowiert ein schlankes, elegantes, schwarzes Band lag, das mit Silber durchzogen war und in der Mitte der Drachenkopf. Lucius hatte es ihm erklärt. Als sie in der Hochzeitsnacht miteinander geschlafen hatten, war das Band mit ihnen verschmolzen und es würde sich erst wieder bei ihrem Tod von der Haut lösen. Eines der Zeichen, dass er wirklich und für immer an den Blonden gebunden war. Eine Familie hatte. Und er wollte diesen Kindern und Percy helfen. Außerdem hatte er nun wirklich was zu tun, wenn Lucius weg war, denn auch Draco arbeitete, Astoria war wegen der Schwangerschaft oft müde und Scorpius unausgelastet. Er konnte mit dem Kind Spielen und nun waren da drei Kinder, die er betreuen würde. Er kam sich nicht ganz so nutzlos vor.
 

„Komm“, lächelte Lucius. „Lassen wir die Drei sich einrichten.“ Er nahm Evans Hand, sah zu Draco, der Scorpius einsammelte und ebenfalls ging. Er sah noch zu Percy. „Leg dich hin, morgen ist ein Arbeitstag.“ Dann nahm er seinen Ehemann und machte sich auf den Weg, wuschelte Michael noch durch die roten Locken.
 

Evan lächelte Percy noch zu, ließ sich dann aber raus bringen, zurück in Lucius‘ und sein Schlafzimmer, wo er ins Bett kroch und beobachtete, wie sein Mann ihm folgte. Er kuschelte sich sofort in dessen Arme. „Ich… warum kümmert Molly sich nicht?“, fragte er schließlich Lucius leise. „Ich verstehe das nicht… es sind doch Kinder! Hat Hermine nicht gewusst, auf was sie sich einlässt?! Warum?“
 

„Evan“, seufzte Lucius, strich über die Wange seines Ehemannes. „Ron hat es nach dem Krieg nicht geschafft, sein Ego in den Griff zu bekommen, er ist ein Säufer, Granger… nun, sie hat wohl gedacht, dass Kinder mit Hauselfen weniger Arbeit sind und man sie ein Mal am Tag küsst und sie einen lieben. Was Molly angeht – sie hat sich auch sehr verändert. Glaub mir, es ist besser, dass die Kleinen bei Percy sind. Immerhin wirst du dich um sie kümmern.“
 

„Der Krieg… macht alles kaputt“, stellte Evan nur leise fest, kuschelte sich an die breite Brust, während die starken Arme sich wieder um ihn schlossen.
 

„Allerdings“, stimmte Lucius zu, küsste seinen Mann – und sprach vorsichtig ein heikles Thema an. „Sag mal… wärest du bereit, mich auf die Silvesterfeier im Ministerium zu begleiten?“, fragte er vorsichtig. „Ich wäre die gesamte Zeit bei dir und niemand wird dich bedrängen oder deinen Namen in Frage stellen. Aber… ich hätte dich wirklich gern an meiner Seite…“
 

Im ersten Moment lag Evan wieder das panische Nein auf den Lippen, doch dann sah er zu Lucius und es war, als würde der mit ihm verschmolzene Reif an seinem Handgelenk ein beruhigendes Gefühl durch seinen Körper senden. „Ich… ich kann es versuchen“; sprach er daher leise.
 

„Das ist alles, was ich mir wünsche“, lächelte der Blonde einfach. Vielleicht ein weiterer Schritt, seinen kleinen Gefährten wieder unter die Leute zu bringen. Er küsste seinen Geliebten, innerlich jubelnd als der wieder lächelte. Nun, sie würden noch eine richtige Hochzeitsreise machen, nächstes Jahr. Ganz für sich alleine, doch langsam musste auch er sich wieder sehen lassen. Denn er hatte sich nicht aus der magischen Welt zurückgezogen. Apropos! Nun hätte er es fast schon wieder vergessen! „Evan, wir müssen demnächst mal los, um wieder einen Zauberstab für dich zu finden… wir können in der Malfoy-Galerie kucken – vielleicht arbeitet einer der alten Stäbe für dich.“ Es würde Lucius nicht wundern, denn schon seit vielen Jahrzehnten hatte niemand aus der Familie mehr einen Stab kaufen müssen. Immerhin waren die Malfoys entgegen der Gerüchte ein sehr großer Clan, die die Stäbe nicht mit den Toten betteten, sondern schon immer weitergegeben hatten. Natürlich bekamen erst die magisch volljährigen Kinder einen richtigen Stab. Denn die alten waren einfach zu stark für Kinder.
 

Ein Zauberstab? Evan sah in die sanft auf ihn blickenden Augen. Er hatte der magischen Welt abgeschworen, seinen Stab nie zurück verlangt, wo der war, konnte er noch nicht mal sagen. Das letzte Mal hatte er das Ding in der Schlacht gesehen. Andererseits war es manchmal schwer, einige Dinge ohne Zauberstab zu machen, wie an dem Tag, als er Scorpius auf Kosten seiner Knochen gerettet hatte, das wäre wirklich einfacher gewesen, wenn er einen gehabt hätte. Und jetzt sollte er gleich auf drei Kinder aufpassen. Zwei davon Fünfjährige, die sicher immer wieder in seltsame Situationen geraten würden. „Aber… nicht zu Ollivanders“, bat er einfach leise.
 

„Ich halte nichts von dem Laden“, erklärte Lucius abfällig. „Das massenproduzierte Zeug, das der Mann hat, ist was für kleine Kinder, aber sicher nichts für Erwachsene.“ Er strich über die dunklen Haare. „Und jetzt schlaf…“

Ein Hobby

„Das ist eine sehr traurige Angelegenheit“, stellte die Dame ruhig fest, während sie nach einem Blick ins Denkarium das nächste Dokument unterzeichnete. Die Großeltern der verlassenen und offensichtlich von den Eltern ungewollten Kindern waren nicht zu erreichen. Arthur Weasley war unterwegs und von Molly fehlte jede Spur. Dazu hatte Lucius Malfoy sich für die Betreuung der Kinder während der Arbeitszeiten von Percy Weasley verbürgt. Sein Ehemann würde sich darum kümmern. Was Dazu geführt hatte, dass die Beste fast auf ihrem Hintern gelandet wäre, denn sie hatte nichts von einer neuen Hochzeit des begehrtesten Junggesellen aus dem magischen England mitbekommen! So was Gemeines! Dabei hatte er sie zwei Mal sehr freundlich angelächelt!
 

„Können wir bitte zum Ende kommen?“, fragte Lucius einfach knapp, ihm hatte der Blick der Frau gar nicht gefallen, als er seinen Mann erwähnt hatte. Nun ja, die Hochzeitsanzeige hatte er erst heut im Quibbler aufgegeben, daran hatte er erst mal nicht gedacht, denn kaum waren sie ja zurückgekommen, hatte Percy mit zwei Kindern im Arm vor ihm gestanden, nicht wissend, was er tun konnte.
 

Auch heut Morgen war es ein Kampf mit vielen Tränen gewesen, Mika klar zu machen, dass sein Onkel später wieder zurückkommen und ihn nicht auch weggeben würde, sondern eben arbeiten musste. Erst nach vielen Versicherungen und Scorpius‘ Eingreifen hatte der kleine, rothaarige Junge sich wegziehen lassen, dicht gefolgt von seinem Mann.
 

Doch Lucius wusste, inzwischen saßen sicher beide Jungen irgendwo im Haus und heckten Streiche aus, während Astoria ein Auge auf das Baby haben würde. Und Evan würde auch etwas Lesen mit den Kleinen üben, damit sie in einem Jahr mit dem Lateinunterricht beginnen konnten, der wichtig war, um die Zauber, die man sprach auch wirklich zu verstehen. Ja, Lucius bestand auf eine ordentliche Ausbildung der Kinder unter seinem Dach.
 

„Natürlich Mister Malfoy“, nickte die Dame, setzte eine letzte Unterschrift und schob Percy, der ein wenig übernächtigt wirkte, einige Papiere zu. „Das war es dann, die alleinige Erziehungsgewalt liegt bei Ihnen, Mister Weasley. Es gibt, wie gewünscht, Papiere, die Ihren Bruder zwingen, sich von den Kindern fern zu halten, bis die Achtzehn sind und Hermine Granger Weasley hat keinerlei Ansprüche mehr auf die Kinder, die sie ja mehr oder weniger ausgesetzt hat. Niemand darf Ihnen ihren Neffen und ihre Nichte wegnehmen.“
 

„Gut“, nickte Percy, blickte auf die Papiere und stockte. Er nahm die Geburtsurkunde des Mädchens. „Da ist kein Name!“, stellte er entsetzt fest. Eigentlich hatte er hier endlich erfahren wollen, wie diese Irren seine Nichte genannt hatten, nachdem Mika schulterzuckend erklärt hatte, seine Schwester immer Baby genannt zu haben!
 

Überrascht beugte Lucius sich über die Urkunde. „Die haben dem Kind keinen Namen gegeben!“, stellte er schockiert fest.
 

„Kann ich den nachtragen lassen?“
 

„Natürlich Mister Weasley.“ Die Frau nahm die Urkunde. „Was möchten Sie eintragen?“
 

Kurz schloss Percy die Augen. Es war unheimlich, doch praktisch augenblicklich sah er den Namen vor sich. „Dawn Eileen“, sprach er leise.
 

Kurz hob Lucius überrascht eine Augenbraue, doch es war Percys Entscheidung. Wusste der Mann, dass der zweite Name seines Kindes der von Severus‘ Mutter war? Vielleicht. Es spielte keine Rolle. Das Mädchen hatte einen Namen, das war viel entscheidender. „Gut. Komm Percy, wir müssen los. Der Tag hat gerade erst begonnen.“
 

Percy nickte, rieb sich kurz die Stirn, nahm die Unterlagen, nickte der Frau noch mal zu und verließ das Büro, froh, nicht seinen kleinen Neffen holen zu müssen, damit der gegen seine Eltern sprechen musste. Das hatte er nämlich befürchtet und schon in der Nacht hatte Mika geweint, aus Angst, weiter rum geschoben und von seiner Schwester getrennt zu werden. Und dann das panische Klammern am Morgen! Nein, das hatte ihm wirklich für einen Tag mehr als gereicht.
 

Auf dem Gang schlug Percy mit der Hand gegen die Wand. „Wie konnten diese Schweine?! Sie haben der Kleinen noch nicht mal einen Namen gegeben!!“
 

„Die Wand hat aber nichts verbrochen“, stellte Lucius fest. „Und Granger hat sich ihr eigenes Grab geschaufelt. Sie wird hier nicht mehr aufsteigen. Sie hatte Ambitionen, das weiß ich, aber nach der Sache, die morgen durch alle Zeitungen gehen wird, wird sie hier entlassen werden, ich bin mir sicher, dass ihr Lover sie ebenfalls verlassen wird und viele Leute sie mit deiner Schwester vergleichen werden.“
 

Grimmig nickte Percy. Das geschah der Ziege so was von recht! Die würde keine Unsprechbare werden! Nicht, solange er hier in gehobener Stellung arbeitete!!“ Kam ja gar nicht in Frage! Entschieden lief er weiter. „Wenigstens ist er jetzt in guten Händen. Danke noch mal, dass ich bei euch einziehen durfte.“
 

„Oh, ich habe auch meine Vorteile. Draco ist in dem Haus allein aufgewachsen und er hat sich furchtbar benommen, weil er so verzogen war. Scorpius wird lernen, wie es ist, Rücksicht nehmen zu müssen. Das nennt sich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.“
 

Percy lachte leise. Auch eine Möglichkeit, das neue Arrangement zu sehen. „Dann bis später.“
 

Lucius nickte, sah dem Rotschopf hinterher, öffnete seine Bürotür – und blinzelte überrascht. Neville Longbottom. Er war wirklich überrascht. Was machte der denn hier? Ging es um ein neues Projekt, für das der junge Mann Geld sammelte? Er gab immer gern, wenn es etwas Sinnvolles war und er hatte einen gewissen Respekt für den jungen Mann entwickelt, der immerhin zu Evan gestanden war und auch Dinge beigesteuert hatte, in dem Jahr, in dem sie für dessen Freilassung aus Azkaban gekämpft hatten. Eine Zeit, über die Evan bis heut nicht geredet hatte. „Mister Longbottom. Das ist eine Überraschung. Was bringt mir die Ehre?“, fragte er höflich und ruhig.
 

Noch immer vollkommen verdattert über das, was er am Morgen gelesen hatte, stand Neville vor dem blonden Aristokraten. Nein, er war sich sicher, er hatte die richtigen Schlüsse gezogen. Ein Irrtum schien unwahrscheinlich. Denn auch Lucius wirkte anders, als bei ihrem letzten Treffen vor etwas mehr als einem Jahr. Ruhiger und… ja, glücklicher. „Sie… herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Hochzeit“, begann er daher unbeholfen.
 

„Danke“, nickte Lucius, musterte den jungen Mann weiter. „Was ist der Grund für Ihr Hier sein? Ein neues Projekt?“
 

„Eher… ein sehr altes“, murmelte Neville. Doch dann riss er sich zusammen. „Ihr Mann… Evan Snape – ich weiß, wer er mal war und...“, hastig hob er die Hand, als er sah, dass der Andere seinen Zauberstab ziehen wollte. „Ich will ihm nichts tun“, schob er eiligst hinterher. „Ganz im Gegenteil. Wir waren befreundet, ich habe damals geholfen, die Sachen zusammenzutragen und versucht, mit ihm in Kontakt zu kommen, vor fünf Jahren, aber alle Eulen kamen immer mit der ungelesenen Post zurück. Sie konnten sie nicht ausliefern, wenn sie nicht wussten, dass er seinen Namen wirklich geändert hat. Ich… würde wirklich gern wieder mit Evan in Kontakt kommen. Wenn Sie es erlauben…“
 

Verwirrt musterte Lucius seinen Gast, der die Hand immer noch erhoben hatte, aber den eigenen Stab nicht zog. Also ließ er auch seinen zurück in seinen Gehstock gleiten, wohl wissend, dass es stimmte. Neville hatte geholfen, sehr sogar. Er hatte die Beweise erbracht, dass Evan nicht an die Macht wollte. Er hatte für den Anderen eingestanden, ohne zu zögern und ja, Eulen konnten nicht die Post austragen, wenn der Name nicht stimmte. „Wie kommen Sie darauf, dass er mein Mann ist?“
 

Mit einem leichten Lächeln zog Neville ein Foto aus der Tasche. Es war das Bild über seinem Esstisch. „Das hier war ein Geschenk von ihm an mich zu Weihnachten in unserem fünften Schuljahr. Er hat sein Bild mit dem Namen Evan signiert und er hat Luna und mir immer gesagt, wie sehr er Snape mag und bewundert. Es wäre seine Art, dessen Namen anzunehmen. Denn soweit ich weiß, und ich habe mich mit Professor Snape vor der Schlacht unterhalten, hatte er keine lebenden Angehörigen mehr.“
 

Der Mann vor ihm war gut, wirklich gut. Er blickte auf das Bild, das voller Leben zu sein schien, schob es dann dem Anderen wieder hin. „Ich kann nicht erlauben, was mein Mann nicht möchte“, erklärte Lucius ruhig. „Aber wenn Sie möchten, kann ich ihm einen Brief mitgeben. Evan ist sehr eigen, was die magische Welt angeht. Hätte ich ihn mit der Hochzeit nicht mehr oder weniger überfallen, hätte er vermutlich zwei Mal darüber nachgedacht, ja zu sagen, weil ihm erst nach der Zeremonie klar geworden ist, dass eine Bindung mit mir ihn unweigerlich hierher zurückbringen würde, eine Welt, die ihn verraten und verkauft hat.“
 

Neville blickte den Blonden eine Weile lang an, kramte dann in der Tasche nach dem Brief, den er vor zwei Tagen schon verfasst hatte. Es war, was er erhofft hatte. Sicher, er hätte Evan am liebsten direkt gesehen, doch er war sich im Klaren darüber, dass Malfoy einfach Recht hatte. Es war Evans Entscheidung. Diese Welt hatte ihm genug angetan.
 

Lucius nahm den Brief an sich, musterte den jungen, fitten Mann eine Weile. Es sah so aus, als würden sie wohl künftig einen weiteren Gast haben, denn er kannte Evan gut genug, um zu wissen, dass der den Anderen wiedersehen werden wollte. Gut so. Wieder ein Kontakt mehr für seinen einsamen Mann. „Oh, ich empfehle, dass Sie zu Silvester kommen, auch, wenn Sie es die letzten Jahre nicht getan haben“, merkte er daher an.
 

Überrascht sah Neville auf. Er hatte die Partys, auf denen Ron Weasley sein Unwesen trieb, gemieden, wie Pest, Cholera und Blattern, denn der Mann benahm sich unmöglich, gab mit Taten an, die er nicht vollbracht hatte und zeigte Jedem, der ihn sehen wollte, oder nicht, den Merlinorden. Außerdem war der Mann zu einem Säufer verkommen, der sich einen Scheiß um Irgendwas kümmerte, außer um sich selbst. Dazu Granger, die mit ihrem Aufstieg prahlte und dass sie nach sechs statt acht Jahren schon zur Unsprechbaren werden sollte. Nein, die waren nicht besser, als Ginny, die herum hurte und es sogar bei ihm versucht hatte. Er hatte sie seiner Tür verwiesen. Was ihm auch noch Spott eingebracht hatte. Nun war er froh darum. „Warum?“
 

„Weil mein Mann sicher froh sein wird, wenn außer seinen Weasleys, also außer den Zwillingen, Percy, Bill und Charlie auch noch Jemand da ist. Da bin ich mir sicher. Er wird Ihnen zügig antworten.“
 

„Er… er ist bereit, zu einer Ministeriumsparty zu kommen!?!“
 

„Er begleitet mich, weil ich ihn darum gebeten habe“, erklärte Lucius nur, strich gedankenverloren um sein rechtes Handgelenk.
 

„Ich… werde auf seine Antwort waren“, erklärte Neville, erhob sich. „Ich muss zurück, meine Frau kann nicht allein arbeiten. Und danke, dass Sie meinen Brief weitergeben. Ich… vermisse Evan wirklich. Ich hoffe, Sie beide werden glücklich sein.“
 

„Ich habe vor, Evan glücklich zu machen“, gab Lucius ruhig zurück. „Und es gibt wenig, was ich nicht tun würde.“ Etwas, das er in den letzten Wochen immer wieder festgestellt hatte. Er wusste, würde sein Kleiner ihn bitten, er würde seinen Job schmeißen und er würde es gern tun, egal, wie lang er gebraucht hatte, um zu erreichen, was er bisher geschafft hatte.
 

Das brachte Neville zum Schlucken. So etwas hatte er noch nie gehört. Dass Jemand endlich bereit war, etwas für seinen kleinen Freund zu tun. „Er… ich wüsste, was ihn wirklich freuen würde, Sir.“
 

„So?“, fragte Lucius. Sicher, er hatte ein Geschenk für Evan zu Midwinter gehabt, dass der in Ehren zu halten schien, doch er war für jeden Rat dankbar, denn so gern er den Anderen mit Geschenken überhäufen würde, er wusste oft nicht, was er diesem mitbringen konnte, da Evan ja selbst nicht wusste, was er wirklich mochte, man hatte es ihn ja nie herausfinden lassen.
 

„Zeichensachen“, erklärte Neville. „In der Schule hat er auf jedem Fitzel, den er finden konnte, gezeichnet, mit Tinte, Kohle und Bleistift. Bunte Farben hatte er nicht, aber ich wette, die würden ihm auch gefallen. Und er war wirklich gut.“
 

Kurz schloss Lucius die Augen, sah Evan wieder mit einem Ast in der Hand auf dem Strand, wie er für die Kinder Einhörner in den Sand gezeichnet hatte, die so lebendig gewirkt hatten. Darauf hätte er wirklich schon kommen können! Aber gut. Nun wusste er es und er konnte nachher selbst los, um Staffeleien, Leinwände, Farben, Pinsel, Stifte und Blöcke zu besorgen. „Danke für den Rat, ich denke, ich werde ihn umsetzen.“
 

Neville lächelte, nickte dann. „Dann…“, doch mitten im Satz brach er ab, erinnerte sich an noch etwas. „Wissen Sie, dass Evan einen Patensohn hat, den er nicht sehen darf?“
 

„Bitte?“, fragte Lucius ungläubig. Warum würde Irgendwer so etwas tun?!
 

„Der Sohn von Remus Lupin und Nymphodora Tonks. Sie haben Evan zu seinem Patenonkel gemacht, aber Andromeda Black kam mit dem Tod der Tochter nie klar, sie hat Evan einen Brief geschrieben und ihn in der Zeitung veröffentlicht, das war kurz nach Evans Entlassung aus… Azkaban“, erklärte Neville. „Die Frau will Evan nicht mal in der Nähe ihrer Familie. Er würde nur den Tod bringen.“ Er wusste einfach, wie Evan das verletzt haben musste. Der Junge war inzwischen knapp sieben Jahre alt. Er hatte Diesen ein paar Mal gesehen, an der Hand der Großmutter, die immer harsch ausgesehen hatte und den Jungen von Altersgenossen fern gehalten hatte. Sie hatte immerhin ihren Muggelmann, Schwiegersohn und die Tochter an den Krieg verloren. Er hätte, als Oberhaupt der Familie, sein Recht eingefordert, doch er kannte Evan. Der würde das nicht machen. „Und dazu kommt, dass bekannt ist, dass es Andromeda seit ein, zwei Jahren auch nicht mehr so gut geht, sie hat weder den Krieg, noch den Tod von Tonks je verkraftet. Sie sieht auch nicht gesund aus. Selbst, wenn Evan bereit ist, sich fern zu halten, bis sie nicht mehr ist, Jemand sollte ein Auge auf Andromeda haben, damit der Junge nach ihrem Tod zu ihm kommen kann.“
 

Super! Was hatte man seinem Mann eigentlich nicht angetan, fragte Lucius sich, während er an sich halten musste, um sich im Griff zu behalten. Er wusste, seine Pupillen waren schon wieder zu Schlitzen geworden. Wie konnte diese Frau es wagen, so etwas zu tun?! Er hatte Evan gesehen, mit den Kindern seiner Familie, der Jüngere war eine wahre Hilfe und verstand die Kleinen! Warum hatte man ihm das nur alles angetan?! „Ich werde auch das im Auge behalten“, versprach er, deutete dann auf die Tür. „Es tut mir Leid, unhöflich sein zu müssen, aber ich muss leider noch arbeiten und einiges in die Wege leiten…“
 

Neville nickte, stand auf und ließ sich zur Tür bringen. „Bitte, sagen Sie ihm, dass ich ihn wirklich vermisse und ihn gern wiedersehen würde“, bat er noch, er wusste, Evan würde es erfahren. Malfoy sah so entschlossen aus, seinen kleinen Freund zu schützen. So, wie er damals auf dem Schlachtfeld ausgesehen hatte, als er seinen Sohn gesucht hatte. „Dann sehen wir uns sicher bald. Einen schönen Tag noch.“
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

„Gefunden!“, rief Evan lachend, schnappte sich den kleinen Mika, der sich unter einem Gebüsch verkrochen hatte beim Verstecken spielen. Es war inzwischen Nachmittag geworden. Er hatte sich den gesamten Tag um die beiden Jungen gekümmert, wobei das kleine Mädchen, das Dawn hieß, wie Percy es ihm schnell via Floo gesagt hatte, vor Allem bei Astoria geblieben war, wenn sie geschlafen hatte. So, dass er sich voll und ganz auf die kleine Meute hatte konzentrieren können.
 

Der Park des Herrenhauses hatte tatsächlich einen eigenen Spielplatz, wie Scorpius ihm gezeigt hatte. Es war zwar kühl, aber raus gehen war wichtig, dazu hatten die Kinder dicke Umhänge an und sie waren ja auch nur eine Stunde draußen, bisher. Denn den Vormittag hatten Mika und er sich Scorpius‘ Spielzimmer angesehen und etwas schreiben geübt, dann hatten die Jungen zugesehen, wie er auf einem Blatt einen Bären gemalt hatte. Und jetzt sorgte er dafür, dass die Beiden abends so müde sein würden, dass weder Astoria noch Percy Probleme haben würden, die Kinder auch in ihre Betten zu verfrachten!
 

Mika kicherte. Er fand den Tag toll! Noch nie hatte man sich so um ihn gekümmert! Er war meist nur sich selbst überlassen gewesen, allein mit einer Hauselfe und seiner kleinen Schwester. Doch heute war es das erste Mal anders gewesen. Statt die gesamte Zeit in seinem Zimmer eingesperrt zu sein, um seinen Vater nicht zu nerven und der Mutter nicht zur Last zu fallen, hatte er heute mit der ganzen Familie essen dürfen, mit all den netten Leuten, mit Onkel Percy, der gar nicht so schlimm war, wie sein Vater immer gesagt hatte, mit Onkel Lucius, Evan, Draco, Tante Astoria und all den Anderen. Er hatte neben Scorpius gesessen und alles bekommen, was er wollte. Die Hauselfen hatten die Teller sogar so gerichtet, dass sie ausgesehen hatten, wie Gesichter! Und Niemand hatte geschrien! Die Erwachsenen hatten sich unterhalten, Onkel Lucius, wie er den Mann mit den langen, blonden Haaren nennen sollte, hatte dauernd an Onkel Evan rumgegrabscht, Onkel Draco hatte dann immer die Augen verdreht, es war einfach lustig gewesen.
 

Und er hatte mitreden dürfen. Onkel Percy hatte ihn immer wieder gefragt, was er denn so machte, den ganzen Tag und gefragt, ob er nicht was mitbringen sollte, aus der Stadt. Spielsachen aus dem Laden von Onkel Fred und George oder so.
 

Na ja, nach dem Essen war nicht mehr so lustig gewesen, Mika hatte Angst bekommen, dass Onkel Percy gehen würde um dann nicht wieder zu kommen, doch obwohl er geheult hatte, wie ein Baby, wie seine Schwester, war er nicht gerügt oder weggestoßen worden, sondern Onkel hatte ihm erklärt, dass einige Leute nun zur Arbeit gingen, wie Moma, um dann abends mit lauter tollen Sachen wiederzukommen. Und Onkel Evan hatte ihn dann auf die Arme genommen
 

Onkel Evan war toll. Den ganzen Tag hatte der mit Scorpius und ihm was gemacht. Erst hatten sie Spielsachen angeguckt, dann zusammen gelernt, wie man Namen schrieb, um schließlich zusammen zu spielen, erst im Haus mit der riesigen Hogwartseisenbahn, die durch das gesamte Zimmer fuhr und dann sogar hier draußen, wo die Malfoys einen eigenen Spielplatz hatten! Mit drei Schaukeln! Niemand musste sich streiten! Da waren eine Rutsche und Klettergerüste, ein Sandkasten und ein richtiger, kleiner Wasserpark, wo man im Sommer Unsinn machen konnte!
 

Natürlich nicht jetzt, wo es kalt war, aber später eben. Also hatten sie stattdessen erst Fangen und als sie dazu zu müde geworden waren, verstecken gespielt. Und immer suchte Onkel Evan. Das war wirklich lustig! Also klatschte er.
 

Evan lachte leise, als er sah, dass Mika mitspielte. Er wusste, der Jüngere hatte so seine Probleme gehabt, am Morgen, aber jetzt war Alles in Ordnung. Rons Sohn hatte sich sofort eingefügt und spielte sogar mit Scorpius. Scheinbar hatten seine angeblichen, auf jeden Fall aber ehemaligen Freunde sich nicht mal die Mühe gemacht, ihrem Sohn die Geschichte der bösen Malfoys zu erzählen. Dabei hatte Ron ja zeitweise von nichts Anderem mehr geredet. Es war ein Armutszeugnis. „Na los, versteck dich noch mal“, grinste er, lief dann weiter, um Scorpius, der deutlich mit seinen hellen Haaren aus dem Busch hervor stach, ebenfalls vom Stillsitzen zu erlösen.
 

Scorpius war ein wirklich lieber, kleiner Kerl, der es einfach liebte, wenn man sich mit ihm beschäftigte. Und er tat, was Evan sagte, selbst, wenn der Junge es gerade nicht mochte. Denn so gern arbeitete er nicht. Er wollte nicht schreiben lernen, wenn er genauso gut auch spielen konnte.
 

Nach ein Mal jagte er beide Kinder durch den Garten, spielte sogar Fangen mit ihnen, wobei sie schon entschieden langsamer wurden. Allerdings er auch, wenn er ehrlich war. Na ja, aber es lenkte auch ab, denn Evan vermisste Lucius, er vermisste den Blonden, mit dem er drei Monate dauernd zusammen gewesen war, und den er inzwischen schon verzweifelt liebte.
 

„Hab ich dich!“
 

Überrascht sah Evan auf, als eine weitere Person auftauchte. Percy! Und er hatte Mika gefangen. Und auch Draco kam, mit seinem eigenen Sohn auf den Schultern. Ah, er war erlöst. Er ließ sich an Ort und Stelle fallen und begann, heftig zu schnaufen. „Jetzt… seid ihr dran“, grinste er, sah dann zu Draco. „Ist dein Vater schon da…?“
 

„Nope, er musste noch was in der Stadt erledigen“, erklärte Draco, sah auf den erschöpften Gleichaltrigen. „Und danke, Astoria ist heilfroh, dass sie nicht hinter ihm her muss. Sie übernimmt morgen auch für die Jungs den Schreibunterricht. Dann bist du erst ab elf als Bespieler gefragt.“
 

„Gut“, nickte Evan, der aber keine Ahnung hatte, was er dann zwischen acht Uhr morgens und Elf tun sollte. Vielleicht in die Bücherei hoch gehen. Irgendwie so etwas. Er stand auf, streckte sich kurz und lächelte etwas, als er sah, wie beide Kinder auf die anderen Erwachsenen einredeten, er winkte Percy und Draco zu, lief dann hoch in Lucius‘ und sein Zimmer, wo er sich aufs Bett warf. Die Uhr sagte ihm, dass es erst vier war, er könnte vor dem Abendessen wirklich noch etwas schlafen, Luc würde ihn sicher wecken.
 

Es war schließlich schon halb Sechs, als Lucius tatsächlich in ihr gemeinsames Schlafzimmer trat, nachdem die Anderen Evan dahin hatten verschwinden sehen. Er hatte etwas gebraucht, erst zum Einkaufen, dann zum Einrichten des Raumes, der nur zwei Türen von hier entfernt lag. Es war ein kleines, aber lichtdurchflutetes Zimmer, das nie benutzt worden war. Er hatte eine Staffelei aufgebaut, einen Schreibtisch, auf dem mehrere Blöcke lagen, dazu an der Wand einen Schrank mit großen Schubladen, die noch offen standen. Darin reihten sich hunderte Aquarellbuntstifte, Tigelchen mit Farben, Pinsel in allen Stärken, Kohlestifte, Kreiden, Bleistifte, Tuschen, Federn, Radiergummis, Spitzer und leere Töpfchen zum Zusammenrühren von Farben oder zum Halten von Wasser. Dazu natürlich noch Paletten, Schneidewerkzeuge und was der Verkäufer ihm noch alles geraten hatte. Er hatte einfach Alles genommen und er wusste, mit dem Zimmer konnte er Evan glücklich machen.
 

Nach dem, was Draco ihm erzählt hatte, war er auch wenig überrascht, Evan schlafend im Bett vorzufinden. Die beiden Jungs schienen seinen Mann müde gejagt zu haben. Das musste er den Kindern lassen. Lächelnd beugte Lucius sich über seinen Kleinen, küsste ihn und beobachtete, wie der begann, aufzuwachen. So ähnlich musste der Prinz sich auch gefühlt haben, als er Dornröschen geküsst hatte. „Hi du… ich hab gehört, du hattest einen langen, anstrengenden Tag.“
 

„So fühl ich mich zumindest“, murmelte Evan, doch nur zu gern schlang er seine Arme um Lucius Nacken und ließ sich aufrichten, um einen weiteren Kuss einzuheimsen. „Aber ich glaub, Scorp und Mika sind so müde, die sollten gleich nach dem Essen einschlafen und sich bis morgen nicht mehr rühren…“
 

„Ja, das sagte Draco. Mein Enkel ist jetzt schon dauernd am wegnicken. So was kennen wir von ihm gar nicht“, grinste Lucius. „Aber jetzt komm, ich hab noch ein Geschenk für dich.“
 

„Ein..! Warum?“, fragte Evan irritiert. Er hatte keinen Geburtstag und zu Midwinter hatte er Lucius bekommen! Was konnte er noch verlangen, wo er doch selbst nichts für den Älteren gehabt hatte!
 

„Weil ich es will!“, kam es sofort aus Lucius heraus geschossen. Er trug Evan in das neu eingerichtete Zimmer. „Ich habe dich beobachtet, du hast dauernd mit einem Stock Bilder in den Sand gemalt und ich denke, du zeichnest gern…“ Damit öffnete er den Raum. „Das hier ist für dich.“
 

Sprachlos starrte Evan auf den Raum, der sich vor ihm öffnete. Das… war ein Traum! Das… das…! Überall standen Staffeleien, dann der Schrank, die Schubladen voller Stifte und Farben, Blöcke auf einem Schreibtisch direkt am Fenster, Pinsel, Bleistifte, Federn aus Glas! Wie in Trance lief Evan durch den Raum, strich über die vielen hundert Buntstifte, die alle eine andere Schattierung hatten, berührte die Tuben mit der Farbe, die Malkästen, fühlte die Borsten eines Pinsels. „Das… ist doch zu viel“; flüsterte er, während ihm die Tränen kamen.
 

Es stimmte. Evan liebte es, zu malen. In Hogwarts hatte er manchmal sogar Papier aus dem Müll genommen, da ihm seine Unterlagen ja knapp zugeteilt worden waren, um dann zeichnen zu können, meist nur mit Tinte, aber immerhin. Und hier… er wusste, aus dem Zimmer könnte er stundenlang nicht mehr auftauchen.
 

„Nein, ich denke, es ist gerade richtig“, erklärte Lucius nur, trat hinter seinen Geliebten und zog ihn in seine Arme. „Das hier ist mein Hochzeitsgeschenk an dich.“
 

„Aber… aber ich hab nichts…!“
 

Das brachte den Blonden nur zum Lachen. „Ich habe dich bekommen, das ist für mich mehr Geschenk, als ich je zu hoffen gewagt habe und ich verwöhne gern. Frag Scorpius und Draco. Sag einfach brav danke.“
 

„Ich…!“, Evan brachte kein Wort heraus. Stattdessen umarmte er Lucius und küsste ihn, ließ seine Gefühle in diesen Kuss fließen und als die Arme sich verengten, wusste er, der Andere hatte verstanden.
 

„Ich hab noch was für dich“; merkte Lucius leise an, setzte sich auf den gepolsterten Schemel, der vor der mittelgroßen Staffelei stand.
 

„Aber…!“
 

„Keine Sorge, es hat mich nichts gekostet, es ist ein Brief. Von Neville Longbottom. Er ist heut in meinem Büro aufgetaucht. Er wusste, wer du bist, weil du ein Bild mit Evan signiert hast und er hat die Anzeige im Quibbler gelesen, die ich wegen der Hochzeit geschaltet habe. Er hat über ein Jahr lang versucht, dich zu erreichen, was er nicht konnte, weil du ja deinen Namen geändert hattest.“
 

Verdattert nahm Evan den Brief entgegen. Neville. Er hatte lang nicht mehr an den Jungen gedacht. Wozu auch? Er hatte seinen Freund hinter sich gelassen, weil er gedacht hatte, dass der Dasselbe getan haben musste und weil er Diesen nicht belästigen wollte. „Nev?“
 

„Ja. Er sah so aus, als würde er dich wirklich gern wiedersehen. Ich habe ihm aber gesagt, dass es deine Entscheidung wäre.“
 

Evan lehnte sich an den Älteren, öffnete den Brief und ließ Lucius über die Schulter mitlesen. Es stand nicht viel drin, nur, dass Neville schrecklich leid tat, was geschehen war, dass es dem Anderen gut ging, der nun Kräuter mit seiner Frau züchtete und dass er ihn gern wiedersehen würde. In der Schule hatten sie immer viel zusammen gemacht, gerade nach dem vierten Jahr, als Ron wirklich seltsam geworden war. Neville, Luna und er. „Ich… glaub, ich… würde ihn gern wiedersehen…“
 

„Das ist gut“, lächelte Lucius. „Ich kann dich bei den Longbottoms vorbei bringen.“ Er wollte unbedingt, dass Evan wirklich zu leben begann und das beinhaltete auch, wieder Freunde zu haben, nicht nur kleine Kinder, die einem nachliefen, sondern richtige Freunde, wie die Zwillinge, zu denen Evan auch öfter wieder gehen wollte. Was ein großer Fortschritt war in Lucius‘ Augen.
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

„Was?“, fragte Molly aufgebracht. Sie hatte gerade etwas herausgefunden, etwas tun wollen, doch da war ihr aufgebrachter und eindeutig angetrunkener Sohn in das Haus gestolpert, mit einer schier unglaublichen Geschichte. Eine, die dem Ganzen die Krone aufsetzte. Etwas, das unerträglich und ein riesiger Affront war, etwas, das nur zu deutlich selbst nach außen hin den Verfall der Familie zeigen würde! Dabei gab es in der verdammten, magischen Welt nichts wichtigeres, als den Schein! „Du hast dir die Blagen wegnehmen lassen?! Und nichts getan?!“
 

Schneeweiß starrte Ron seine aufgebrachte Mutter an, die mit dem Nudelholz vor ihm stand, ließ die Bierflasche, die er noch in der Hand hatte, fallen. Ja, er hatte das mit Hermine mitbekommen, er hatte ihr selbst noch das ewig plärrende Blage in die Hand gedrückt, doch er hätte doch nicht mit sowas rechnen können! Ja, er war froh gewesen, die ewig meckernde Ziege los zu sein, die nur an ihm herum kritisierte und ihm nicht nur Mitleid, sondern auch Ehepflichten verweigerte! „Woher soll ich denn wissen, ob’s überhaupt meine Bagage is? Die hat doch selbst noch gesagt, dass sie mich seit mehr als einem Jahr dauernd bescheißt! Was soll ich fremde Bälger groß ziehen?!“
 

Kurz war Molly verführt, ihren Sohn zu schlagen, doch dann erinnerte sie sich, dass er mindestens so betrogen war, wie sie selbst. Albus hatte ihm zugesichert, dass er, egal mit welchen Noten, den Job als Auror erhalten würde, er habe dafür gesorgt, doch der neue Minister für Magie hatte einen Scheißdreck auf alte Leistungen gegeben und ihren Ronnie noch nicht mal in Betracht gezogen, weil er seinen Schulabschluss nicht nachgemacht und miserable Tränkenoten gehabt hatte! Dabei war das immer das große Ziel ihres Jungen gewesen! Ein großer Auror zu werden. Dabei war er immer so fleißig bei der rechten Sache gewesen!
 

Nachdem er dann die Abfuhr bekommen hatte, hatte Ron sich durch mehrere Jobs gearbeitet, natürlich erfolglos, da keiner ihn gefesselt hatte und ja, seither trank er etwas zu viel, aber er war noch immer ihr Junge! Dummerweise dachte er selten nach, bevor er etwas tat. So, wie dieses Mal. Auch, wenn seine Frau ihn betrogen hatte, die Kinder, beide rothaarig, waren eindeutig Weasleys.
 

Und nun hatte Ron sie verspielt. Die undankbare Schlampe, die nur dank ihrer Hochzeit mit einem Reinblut und Kriegshelden überhaupt einen Job bekommen hatte, hatte die Blagen, auch sie mochte den naseweisen Jungen und das Schreibaby nicht, bei Percy, ausgerechnet beim undankbaren Percy abgeladen! Und der Idiot, der sich schon lang von der Familie losgesagt hatte, hatte natürlich sofort etwas getan, was ihnen nur schaden konnte – er hatte das volle Sorgerecht beantragt und bekommen, war dann auch noch zu den verfluchten Malfoys gezogen! Alle Papiere waren unterzeichnet und der Brief, den Ron ihr gegeben hatte, war nur eine Warnung, sich den Kindern nicht mehr zu nähern, da man jedes Recht an ihnen ja aufgegeben habe und Percy wünsche auch keinen Kontakt zu den Großeltern! Er ließ sich stattdessen von den falschen, dreckigen, widerlichen Malfoys helfen! Natürlich kam sie gegen Lucius Malfoy und seinen verfluchten Sohn nicht an, denn die hatten sich beide ihren Weg in die höchste Politik erschlichen.
 

„Die Kinder sind weg“, stellte sie kalt fest. „Und es ist deine Schuld.“
 

„Ich will sie nicht!“, donnerte Ron, der sah, dass er wieder Oberwasser bekam. „Die können von mir aus verrecken! Sollen sie doch alle Malfoys werden! Ich bring die um, wenn ich sie noch mal sehe! Die Bälger von der Schlampe können bleiben, wo der Pfeffer wächst!“
 

„Ja, aber damit ist nicht nur Granger geschadet, sondern auch uns! Die nennen dich einen Säufer und sie eine Hure! Und gefühllos nennen sie uns jetzt auch alle!“
 

Ron knurrte. „Nur, weil Ginny sich hat erwischen lassen!“
 

„Deine Schwester ist auch nur ein Mensch, Ron! Ich verbitte mir, dass du so von ihr redest! Sie hat das nicht verdient!“
 

„Und an Allem is nur Potter schuld! Verrecken hätte er sollen in der beschissenen Schlacht!“, brüllte Ron, nun wie ein aufgebrachter, kleiner Junge. „Hätte er sie geheiratet, wäre das alles nicht passiert! Und dann kann er noch nicht mal in Azkaban krepieren!“
 

Molly seufzte leise. „Geh, schlaf deinen Rausch aus, dann können wir vielleicht Pläne schmieden“, erklärte sie, packte ihre Tasche.
 

„Und dann noch Snape!“, röhrte Ron weiter. „Ein Snape, ein direkter Verwandter von dem schleimigen Drecksschwein, das mir das Leben zur Hölle gemacht hat, hat Lucius Malfoy geheiratet! Dreckige Schwuchteln!“ Ja, und reiche außerdem. Etwas, das er noch viel weniger vertrug, als die Tatsache, dass zwei Kerle es sich gegenseitig besorgten.
 

Das brachte Molly zum Aufhorchen. Kurz vernebelte sich vor Wut ihr Blick, doch dann ging sie an Ron vorbei nach draußen, apparierte. Ein Muggelfriedhof, ein absolut würdeloser Ort, wie sie fand, aber das war im Moment unwichtig. Es war leer, Niemand war da. Sie lief die Reihen ab, vorbei an den Potters, deren Stein sie sprengte, dann Black, der es gewagt hatte, in seinem Testament ihre Familie auszuschließen. Das Grab zerstörte sie praktisch vollkommen, aber es war das Dritte, das sie richtig torpedierte. Severus Snape! Der Mann hatte es nicht verdient, dass sein Name irgendwo erwähnt wurde! Er hatte aus der Geschichtsschreibung vollständig zu verschwinden, getilgt zu werden von dieser Erde! Er hatte es Ron unmöglich gemacht, Auror zu werden, so auf ihm und ihrer Prinzessin herum getrampelt! Und das Vermögen der Princes lag nun für alle Zeit unantastbar in den Kammern der Gobblins, an die Vermögen ausgelöschter Familien ohne Testament nun einmal fielen. Noch mehr Geld, das ihr nicht zugutekam!
 

Die Erde flog nur so, der Grabstein war in Trümmern überall verstreut, die Blumen abgefackelt. Erst, als nichts mehr ging, hörte Molly auf, ihr Gesicht mit Schweiß überzogen, während sie ihr Werk betrachtete. Oh, sie wusste, wer das Verräterschwein beerdigt hatte und auch wenn sie Potter nun mal nicht finden konnte, sie wusste, das hier würde ihn treffen! Und zwar bis ins Mark! Und er würde wissen, wer es getan hatte, er sollte Angst haben. In Panik leben, bis sie ihn finden und umbringen würde! Jedes Mal, wenn Potter das Grab wieder aufbauen würde, würde sie es zertrümmern. Für Ginny, für sich – und vielleicht auch für Ron.
 

Niemand – absolut Niemand – legte sich mit Molly Weasley ungestraft an! Und niemand würde Profit aus Abartigkeit ziehen! Denn ja, nun, wo sie es wusste, würde sie den Verwandten von Snape auch auf ihre Abschussliste setzen, denn er musste nun das Prince-Vermögen besitzen! Niemand hatte reich zu sein, wenn sie es nicht war und so konnte sie auch noch die Malfoys bestrafen! Was konnte eine Frau mehr wollen?

Sylvester

Lächelnd saß Evan vor der Leinwand, ein Brett mit Farben auf dem Arm abgestützt. Er hatte diesen Raum seit vier Tagen und es war herrlich. Es war, als habe er nie aufgehört, zu zeichnen und nun hatte er so viel Papier, wie er nur wollte. An der Wand hing eine Kohlezeichnung von Lucius mit offenen Haaren, daneben eine von Sev, der lächelte. Einige weniger schöne Bilder lagen in einer Mappe. Erinnerungen, die ihn jagten. Die Zelle in Azkaban, die Dementoren und die Kälte, eingefangen in schwarzen Bildern, die er wegsperrte, die er eigentlich gar nicht hatte zeichnen wollen. Sie waren morgens entstanden, nachdem Luc zum Arbeiten gegangen war und er an den Alptraum der Nacht hatte denken müssen.
 

Die Menschenmasse, die ihn damals bespuckt und beworfen hatte, namenlose, leere, hassverzerrte Gesichter, die er nie zuvor gesehen hatte – und das Rot seines eigenen Blutes, das sein Gesicht durch eine Platzwunde herunter gelaufen war, verursacht durch einen geworfenen Stein, der ihn an der Schläfe erwischt hatte.
 

Doch das Bild, an dem er nun arbeitete, das war anders. Sein erstes Ölbild und er liebte es. Noch war nur wenig Farbe darauf, doch er wusste, wie es fertig aussehen würde. Es war für Lucius, der ihm immer wieder erzählt hatte, wie schön, wie unglaublich er die erste Nacht mit Evan gefunden hatte, als sie in ihrem Bungalow auf dem Bett mit den Blütenblättern gelegen hatten, beide nur mit einfachen Hemden und Hosen, nach der Zeremonie. Er selbst, wie er auf dem Bett lag, mit einem Lächeln und leuchtenden Augen und Lucius halb über ihm.
 

Das Malen lenkte ab, vor Allem, da sie in kaum einer Stunde im Ministerium sein sollten, zu der Silvesterparty, die ihm immer noch Magenschmerzen verursachte. Er musste unter Leute, obwohl er Menschen nicht ertrug und schon gar nicht in der Menge, doch immer wieder hatte Lucius gesagt, dass er keinen einzigen Augenblick lang allein sein würde, dass auch Percy, Neville, die Zwillinge und Draco da sein würden. Dazu noch das Gespräch, das er mit Draco gehabt hatte. Der Sohn seines Mannes hatte Evan erzählt, wie viel Arbeit Lucius in seinen politischen Aufstieg gesteckt hatte und wie wichtig es wäre, den Anderen zu unterstützen, wenn er diesen wirklich lieben würde. Danach hatte Evan lange gebrütet und wie nebenbei das Kohlebild von Lucius gemalt, es dann angesehen und gewusst, was er tun würde. Er wusste, wie sehr sein Mann seinen Job liebte, dass er für die Politik geboren war und helfen wollte. Wer war er, dann nicht zu helfen? Es wurde ja nicht viel erwartet, nur, dass er Luc unterstützte, sich mit ihm zeigte, auch, wenn es ihm schwer fiel, in der Menge zu sein. Aber Fremde konnten ignoriert werden, er musste nicht reden. Er würde den Blonden unterstützen. Darum ging er auch heut Abend mit. Für Lucius, der ihm dieses Zimmer einfach so geschenkt hatte, weil ihm gerade so danach gewesen war!
 

Als Evan allerdings Schritte hörte, wechselte er hastig die Bilder auf der Staffelei, immerhin sollte das hier ein Geschenk werden, stellte stattdessen eines darauf, das er gerade ebenfalls begonnen hatte. Es war der Garten von Malfoy Manor im Winter und darauf zu sehen Scorpius, der mit Mika spielte. Wobei die roten Haare von Percys Neffen sich weit stärker abhoben, als der Sohn von Draco, was Evan aber durch den roten Ball ausgeglichen hatte, den er den Blonden halten ließ. Wie sich herausstellte, hatte er gerade noch rechtzeitig gewechselt, denn es war Lucius, der nun in der Tür stand, zu ihm trat.
 

„Nicht schlecht“, lächelte Lucius, als er das bisher nur skizzierte Bild auf der Staffelei sah, auf dem es, bis auf einen roten Ball und Mikas rote Haare noch kaum Farbe gab. Doch man sah, was es werden sollte. Die spielenden Kinder unten im Garten – oder Park, wie auch immer man es nennen sollte. Doch selbst jetzt schon strahlte das Bild eine unglaubliche Lebendigkeit, eine Seele aus, die Fotos nie würden erreichen können. Er sah in Evans lächelndes Gesicht, küsste seinen Geliebten und sah sich um. Das Bild von Severus an der Wand kannte er bereits. Es war eine der ersten Skizzen gewesen und eine hervorragende noch obendrein. Sein bester, toter Freund, mit verschränkten Armen, seinen Lehrroben und mit einem absolut seltenen, angedeuteten Lächeln, das aber bis zu den Augen zu reichen schien, vor dem Kamin der Lehrerwohnung in den Kerkern von Hogwarts. Ein Bild voller unglaublicher Lebendigkeit, dass Sev weit besser eingefangen hatte, als jedes Foto, das er je gesehen hatte.
 

Doch da war heut etwas Neues dazu gekommen. Er. Evan hatte ihn gezeichnet, aus dem Gedächtnis, wie er es bei dem Tränkemeister getan hatte. Es war nur sein Oberkörper, der Kopf leicht nach vorn geneigt, so, dass die Haare frei fielen, mit einem amüsierten Grinsen, das er nur im Privaten zeigte, eine Hand am Oberarm auf der anderen Seite seines Körpers. Und er sah schön aus. Jung. So, wie Evan ihn wohl zu sehen schien. Doch, so gefiel er sich ausgesprochen gut! Das war besser, als das Portrait, das Narcissa in Auftrag gegeben hatte, dabei war das ein ach so guter Künstler gewesen. Pah! Der Künstler saß hier, vor ihm. Dagegen sahen alle Anderen alt aus. „Du bist ein Genie“, flüsterte er stolz.
 

Evan beschränkte sich darauf, rot zu werden. „Nur dank dir“, flüsterte er, legte dann die Palette sorgsam beiseite, packte die Farben weg und beobachtete, wie Lucius zur Mappe griff, die auf dem Schreibtisch lag. Es war nicht die mit seinen Erinnerungen, es war sein Skizzenblock, wo er heut Scorpius und Mika vor deren Augen gemalt hatte, sehr zu deren Begeisterung. Und das Haus, die Insel, einen Teil der Zeremonie, den Altar, Draco. Mehrere Seiten mit groben Zeichnungen, für jede ein neues Blatt, ungekannter Luxus, wie er fand.
 

„Evan, damit könntest du reich werden“, stellte Lucius beeindruckt fest. „Solche Bilder in Öl und du könntest Ausstellungen füllen.“
 

„Ich… weiß nicht“, winkte Evan ab, dem es peinlich war, gelobt zu werden und der auch nicht glaubte, dass er wirklich so gut sein konnte. Sicher sah Lucius Alles durch die sprichwörtliche, rosarote Brille. „Was gibt es?“
 

Erst bei der Frage konnte Lucius seinen Blick von dem Bild seines Enkels reißen, der da so unglaublich lebendig aussah, dabei bestand der Körper aus der Leinwand bisher nur aus wenigen Strichen mit einem weichen Bleistift. „Oh, es wird Zeit, wir müssen uns fertig machen“, erklärte Lucius. „Außer du möchtest doch nicht mehr mit…“ Immerhin wusste der Blonde jetzt, dass das Interesse an seinem Mann erschreckend groß war und viele sich fragten, warum jemand wie er Jemanden aus einer Als Verräterfamilie abgestempelten Gemeinschaft heiratete. Nun, er hatte einige Dinge klargestellt, was die Sache mit dem Verräter anging, doch er wusste, Evan würde damit konfrontiert werden.
 

„Ich habe versprochen, dass ich komme“, gab Evan nur zurück. Er lächelte, räumte seine Sachen weg und legte seine Hand in die des Anderen. „Also, steck mich in komische Klamotten.“
 

Lucius musste bei der Formulierung dann doch grinsen, er zog seinen Mann mit sich, genoss erst mal ein sehr ausgiebiges Bad mit Entertainment und ließ sich schließlich seufzend die Kleidung geben, die er tragen sollte. Eine elegante, schwarze Hose, ein weißes Hemd, eine dunkelblau schillernde Weste eine schwarze, eher kurze, nur taillenlange Jacke. Dazu dann noch ein Umhang, auf dem das Wappen der Malfoys, zusammen mit dem der Snapes zu erkennen war. Seine Haare waren mit einem Band zusammengefasst, da er es nicht mochte, wenn er von ihnen gestört wurde und er wollte sich selbst davon abhalten, mit den Strähnen zu spielen, weil er nervös war. Als Evan fertig war, sah er zu Lucius, der gerade ebenfalls dabei war, seine Haare mit einer eleganten, silbernen Spange zurückzubinden. Er trat zu seinem Mann. „Nicht…“, bat er leise.
 

„Hm?“, fragte Lucius überrascht. „Was nicht?“
 

„Nicht die Haare zurückbinden – du siehst viel besser aus, wenn sie offen sind…“
 

Überrascht sah Lucius zu seinem Gefährten und musste schon wieder dumm grinsen. Er wusste, sein Vater würde sich jetzt die Hände reiben. Er hob Evans Kinn an, küsste den Jüngeren sanft, während er mit der freien Hand die Spange wieder löste. „Dann werde ich sie offen tragen.“ Eigentlich trug er sie gern zusammen, weil es ihm ein strengeres Aussehen verlieh, doch wie gesagt, für Evan würde er alles tun. Was waren schon offene Haare? Man fürchtete ihn auch so zur Genüge.
 

„Danke“, Evan blickte zu Lucius, strich über dessen Wange. „Ich… weiß, dass du mal Minister werden willst“, sprach er schließlich. „Und ich weiß, dass das bedeutet, dass man seinen Ehepartner mitnehmen muss. Und… ich werde dich begleiten, wenn du das wirklich willst. Du möchtest die Welt verbessern, ich finde, dass du das auch tun solltest – damit es nie wieder einem Kind geht, wie mir. Ich werde dich begleiten. Ich muss ja zum Glück nicht reden“, fügte er lächelnd an.
 

Verdattert starrte Lucius auf seinen Gefährten. Ja, gestern erst waren Mitglieder des Wizgamont auf ihn zugekommen, um ihn zu fragen, ob er eine Nominierung annehmen würde, doch er hatte sich bis Morgen Bedenkzeit ausgebeten, um dann erst abzulehnen, einfach, weil er das Evan nicht hatte zumuten wollen. Und nun.. bot der Jüngere ihm das an?!
 

„Weißt du, was das bedeutet?“, fragte Lucius leise, denn auch, wenn Evan nicht würde reden müssen, er musste da sein, in Menschenmassen. „Das bedeutet, vor vielen Leuten zu stehen, während ich rede, viele, manchmal anstrengende Reisen und dass man auch dich begafft…“ Andererseits würde er so dann endlich den Dreck über Dumbledore ausgraben, veröffentlichen und dessen Leiche aus dem Grab zerren können, um Sev dort zur Ruhe betten zu können.
 

„Aber… du bist doch da“, lächelte Evan. Auch ihm war nicht wirklich wohl bei dem Gedanken, doch er hatte das Leuchten in Lucius‘ Augen gesehen. „Du passt auf mich auf…“
 

„Immer“, versprach Lucius, zerrte den Jüngeren regelrecht an sich, begann, Evan zu küssen, als würde es kein Morgen mehr geben und ja, er wollte seinen Mann nehmen, direkt, jetzt, hier und auf der Stelle noch mal! Er begann sogar schon, an dessen Oberteil zu zerren, doch ein schriller Pfiff ließ Lucius aufschrecken. „Draco“, blaffte er ungnädig, während Evan seinen hochroten Kopf an Lucius‘ Brust verbarg.
 

„Sorry, aber ihr habt keine Zeit mehr für ne schnelle Nummer!“, knurrte Draco ungehalten, seinen Arm um seine ausgeruht wirkende Frau, die froh war, dass Scorpius so schnell eingeschlafen war. Heut waren gleich drei Hauselfen als Babysitter im Einsatz, mit strikten Anweisungen, sofort einen der Erwachsenen zu holen, sei es auch nur wegen eines Alptraumes. „Wir müssen in drei verdammten Minuten im Ministerium sein, Dad!“
 

„Schon gut“, knurrte Lucius, richtete seine und Evans Kleidung, legte seinen Arm um die Taille des Anderen und führte Diesen durch den Kamin in die pompöse Empfangshalle. Er merkte auch sofort, wie sein Gefährte sich etwas versteifte, doch sonst ließ er sich nichts anmerken. Obwohl es voll war und gerade der Name Malfoy dazu führte, dass wirklich alle Köpfe sich hoben. Automatisch verstärkte er seinen Griff um Evan, führte ihn ruhig in den Raum, grüßte einige Bekannte, ohne auf die Blicke zu reagieren. Oh, er spürte die Nervosität des Jüngeren, doch erstaunlicherweise ließ Evan sich nichts anmerken, nickte und lächelte höflich.
 

Am liebsten wäre Evan in dem Moment geflüchtet, als er die vollgestopfte Halle mit vielen alten, bekannten Gesichtern sah und an kaum eines davon erinnerte er sich positiv. Es waren die Leute, die ihn nach Azkaban geschleppt hatten, die ihn verurteilt und gegen seine Freilassung protestiert hatten, doch er riss sich zusammen, konzentrierte sich einfach auf Lucius‘ Arme. Bis er ihn sah. Neville Longbottom. Der Andere lehnte an einer Wand, die Arme verschränkt, die Augen auf ihn gerichtet. Sie hatten sich die letzten Tage immer mal wieder geschrieben. Vorsichtig zupfte er an Lucius‘ Ärmel, lenkte dessen Aufmerksamkeit auf sich. „Ich gehe zu Neville“, erklärte er leise, deutete in die Richtung.
 

Lucius sah zu seinem Gefährten, der ihn kurz angestupst hatte. Etwas, das er ignoriert oder gar nicht bemerkt hätte, wären seine Sinne nicht auf den Jüngeren gerichtet. Er nickte, sah dann zu Neville, ein kurzer, warnender Blick, bevor er Evans Kinn etwas anhob und diesen sanft küsste. Mitten in der Öffentlichkeit, vor den Augen der verblüfften Politiker, die in ihm nur den harten, kalten und gefühllosen Mann sahen. „Dann geh, ich komme gleich nach…“
 

Evan erwiderte die Geste, ohne auch nur zu denken, dass sie ungewöhnlich sein konnte, lief dann zu Neville und blieb vor diesem stehen. „Hi…“, lächelte er unsicher, musterte den Mann, der, wie alle Anderen, größer war, als er selbst.
 

Schon seit Lucius Malfoy aus dem Kamin getreten war, hatte Neville dessen Begleitung im Blick. Harry Potter, nun Evan Snape, der neben dem blonden, der überraschenderweise mit offenen Haaren erschienen war, noch kleiner wirkte, als er ohnehin schon war, die dunklen Haare waren nun lang und viel glatter, die Augen schienen nicht mehr so dunkel, einfach, weil das Lächeln, das zwar nervös wirkte, trotzdem bis zu den Smaragden reichte. Er trug edle Kleidung und ganz ehrlich, Neville hätte ihn selbst kaum erkannt. Er sagte erst mal nichts, zog Evan an sich. „Hi du Schwachkopf. Ich hoffe, du weißt, dass ich tierisch sauer bin, dass du dich nicht gemeldet hast“, sprach er ruhig.
 

„Das hast du geschrieben“, antwortete Evan, sah den Anderen an. „Es ist frustrierend, ihr seid wirklich Alle größer!“
 

„Ich glaub nicht, dass Scorpius dich überragt.“
 

„Noch…“, schränkte Evan sofort ein. „Der Junge wird ein Riese!“, er lachte leise, löste sich von Neville. „Ich hab gehört, du hast geheiratet?“
 

„Jap. Tamara. Sie ist irgendwo da hinten, bei einem der Veelagesandten aus Frankreich. Sie kommt von dort. Und sie arbeitet auch mit Pflanzen. Und du? Ich hätte ja viel erwartet, aber dass gerade du ein Malfoy wirst…“
 

„Damit hätte ich auch nicht gerechnet“, gab Evan zu, dachte an den Tag, an dem er Lucius begegnet war. Seine Verzweiflung, als der es gewagt hatte, ihn vom Rande des Todes weg zu zerren. Seine Ängste, die er ja zum Teil durchaus noch hatte, aber dank des Blonden hatte er begonnen zu begreifen, dass Severus das, was er die letzten fünf Jahre getan hatte, nicht gewollt hätte und Lucius tat so viel, um ihm eine Freude zu machen! Und es war schön. In den wenigen Wochen mit dem Blonden hatte er erkannt, dass das Leben wirklich schön sein konnte. „Aber…na ja, Lucius ist wie eine Naturgewalt, wenn er etwas will.“ Oh ja, wie in den ersten Tagen, als er nicht hatte essen oder Tränke nehmen wollen. Dinge, die er nie länger, als ein paar Minuten durchgehalten hatte.
 

„Oh ja“, stimmte Neville zu, sah zu dem Blonden, der gerade sehr aufrecht stehend eindeutig Jemanden rüde in seine Schranken verwies. Man sah ihm nicht an, was Evan an ihm fand, gerade im Moment wirkte er einfach nur gefährlich. Doch wer sonst hätte es wohl schaffen sollen, den Jüngeren wieder aus der Schnecke raus zu lotsen? Gerade, als er eine Frage stellen wollte, kam ein Mann auf sie zu. Er kannte ihn, ein mittelmäßiger Braumeister, der den Nerv besaß, zu behaupten bei Weitem besser und gebildeter zu sein, als Snape. Er mochte den Kerl nicht.
 

„Snape“, zischte Ruben Gregs, der schon in der Schule nicht damit klar gekommen war, dass ein verdammtes Halbblut besser war, als er, zum jüngsten Tränkemeister aller Zeiten ernannt worden war und auch noch im Ausland überall anerkannt und geehrt wurde. Gut, hier in England nicht, aber auf jedem großen Kongress wurde er, trotz seiner berühmten Vorfahren, nur für seine Tränke verlacht, die, laut der Leute da, kaum das Niveau von Schulsachen hatten, verlacht und die Dinge, die Snape gesagt hatte, galten da noch heut als tonangebend! Und jetzt tauchte auch noch so ein potthässlicher Snape hier auf und heiratete einen der reichsten und einflussreichsten Politiker. „Warum konntest du nicht draufgehen, wie dein verdammter Verwandter, du dreckiger Pisser?!“
 

Im ersten Moment wollte Neville etwas sagen, doch Evan kam ihm zuvor. Binnen Sekunden sah er erst Panik in den grünen Augen, dann Verständnislosigkeit, anschließend einfach nur pure Wut. Der viel kleinere junge Mann stieß den Anderen aufgebracht rückwärts.
 

„Sie…!“, ungläubig starrte Evan auf den Kerl, erst wollte er flüchten, sich hinter Lucius verstecken, um nichts tun zu müssen, doch dann wurde ihm bewusst, dass der Kerl Severus beleidigt hatte. „Sie traurige Entschuldigung von was auch immer Sie sein mögen! Was fällt Ihnen eigentlich ein, rum zu laufen und Leute zu beleidigen?! Ich habe in der letzten Schlacht gekämpft, in den vorderen Reihen! Ich war einer von Vielen, der das getan hab, aber Ihre hässliche Visage, die hab ich noch nie gesehen! Ganz im Gegensatz zu Severus Snape! Er hat gekämpft, bis zum Schluss und er war im Gegensatz zu Ihnen ein Held, Sie riesiges Arschloch! Was haben Sie getan, unter welchem verdammten Stein haben Sie sich versteckt, während er Kinder gerettet hat!? Wenn Sie…!“ Dann aber spürte Evan Arme um sich herum, merkte erst, jetzt, dass er den Kerl am Kragen gepackt hatte und ihn wohl würgte, obwohl er kleiner und dünner war. Und dass der auffällig stille Kerl blau angelaufen war.
 

„Ruhig, Evan“, bat Lucius leise, eine Hand um die Taille seines Gefährten. Er hatte schon aufgesehen, als er das Wort Pisser gehört hatte, entschieden zu nah an der Ecke, wo er seinen Gefährten wusste. Ja, und dann, gerade, als er was hatte sagen wollen, war sein Ehemann ausgerastet. Er hatte zu reden begonnen, mit einer harten, kalten und scharfen Stimme, leise und doch so laut, dass Alle in Schweigen verfallen waren, während der Jüngere dem Anderen ohne es selbst zu merken, mit Magie den Hals abzuschnüren begann. „Dieses Stück Dreck ist es nicht wert. Lass ihn gehen.“ Er wartete, bis der Kerl haltlos zu Boden sackte. „Hat er dich beleidigt?“
 

„Er… er hat… gesagt, Sev… wäre schlecht!“, brachte Evan heraus, starrte mit brennenden Augen auf den japsenden Kerl, der noch die Dreistigkeit besaß zu japsen, dass er wegen Mordversuch nach Azkaban gehörte, wegen Angriff auf dessen Person!
 

„Der Mann hat Evan als Pisser bezeichnet“, mischte Neville sich ruhig ein. „Er hat ein Mitglied der Familie Malfoy in aller Öffentlichkeit beleidigt – grundlos, wir haben einfach nur geredet.“
 

Lucius sagte nicht ein einziges Wort, er deutete nur auf den Mann, der nun von zwei eiligst gerufenen Auroren gepackt wurde. Erst dann trat er vor, Evan sanft aber bestimmt in Richtung Neville drückend. „Niemand wagt es, meinen Ehemann zu beleidigen, oder dessen Verwandte! Oder wollen Sie nicht sagen, wo Sie bei der Schlacht waren, Ruben? Ich war auf dem Feld, um Harry Potter den Rücken frei zu halten! Evan war auf dem Feld, um Kinder zu schützen, obwohl er selbst eines war! Und Sie?! Wenn ich mich nicht irre, haben Sie sich im Labor Ihrer Verwandten verkrochen und gebetet, dass die Leute an Ihnen vorbeigehen würden! nicht wahr, Mister Gregs?!“ Dann wandte er sich zu den Auroren. „Führt den Herren hier nach draußen“, verlangte Lucius schließlich. „Ich wünsche dieses Individuum nie wieder im Haus des Ministeriums zu sehen.“ Erst, als die Auroren den tobenden und weiter beleidigenden Mann raus brachten, wandte er sich um, hielt Evan seine Hand hin und schloss den Jüngeren nun schon bewusst demonstrativ in seine Arme, darauf achtend, dass das dem aber nicht auffiel. „Es ist gut, Evan. Der kann dir gar nichts“, sprach er leise.
 

Evan lehnte sich gegen seinen Mann, schloss die Augen. „Ich hasse diese Leute“, stellte er leise fest. Darum war er so lange nicht zurückgekehrt.
 

„Es gibt auch Andere. Mister Longbottom, um nur einen zu erwähnen. Und sollte ich sagen, dass deine Kavallerie gerade raus ist? Um was wollen wir wetten, dass der Kerl sich wochenlang kratzen wird?“
 

„Hoffentlich!“, zischte Evan aufgebracht. Sev hat… nie was getan, außer für Andere da zu sein!“ Doch dann wurde ihm bewusst, dass alle ihn anstarrten. Er seufzte. „Ich… es tut mir leid, ich… wollte dich wirklich nicht so bloßstellen… ich wusste doch, ich bau nur Mist…“
 

„Evan, du hast keinen Mist gebaut, ganz im Gegenteil, du hast allen bewiesen, dass du vielleicht nicht körperlich der Größte bist, aber dieselben Krallen hast, wie jeder andere Malfoy auch. Du kannst mich gar nicht bloßstellen.“ Er küsste Evan kurz. „Und jetzt komm, das Buffet sieht gar nicht mal so schlecht aus.“ Er wollte seinen Kleinen nur noch ablenken.
 

Schließlich beruhigten sich die Menschen wieder, Lucius brachte Evan, den er nun regelrecht eifersüchtig und mit bösen Blicken von Allen außer den Weasleys, seinem Sohn, Astoria und Longbottom abschirmte. Nun allerdings, wenige Sekunden vor Mitternacht, standen sie, zusammen mit wenigen Auserwählten, auf einem der breiten Balkone und er hielt Evan in seinen Armen. „Das Feuerwerk hier ist wunderschön…“
 

Evan lächelte einfach nur, froh, dass es keine weiteren Zwischenfälle gegeben und man ihn in Ruhe gelassen hatte. „Es… ist Alles schön, wenn du da bist“, erklärte er einfach leise, was dazu führte, dass er sofort die Lippen des Älteren auf seinen spürte. Das war es, was er am meisten liebte. Die Küsse, die Arme, die ihn immer hielten, so, wie jetzt, die wie eine Mauer zwischen ihm und den Leuten war, die ihm unheimlich waren. Das Abzählen hörte er gar nicht und nicht mal das Feuerwerk konnte ihn dazu bringen, zu unterbrechen, was sie gerade taten.
 

„…neun… acht….!“
 

Draco lächelte, umarmte seine Frau, sah zu seinem Vater – und konnte gar nicht anders, als die Augen zu verdrehen. Er stieß die Rotschöpfe an, die neben ihm Stellung bezogen hatten, deutete auf den Anderen. Sein Vater knutschte gerade wie ein Irrer, inmitten auf dem Balkon des Ministeriums, Evan in den Armen, ohne auf den Countdown zu achten oder auf irgendwas Anderes.
 

„Dein Vater ist einfach nur glücklich“, gab Astoria nur zurück, nachdem die ersten Feuerwerke, von den Beiden vor ihnen unbemerkt, in den Himmel aufstiegen. „Lass ihn doch.“
 

„Er benimmt sich wie ein Teenager!“
 

„Und? Lass es ihm doch – hast du ihn schon mal so glücklich gesehen?“
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Ruhig hielt Luna das Glas mit Severus‘ Seele, es war soweit, noch wenige, kurze Momente und der Andere würde seine neue Reise auf die Erde antreten, etwas, das der zu ahnen schien, denn er begann, sich heftigst zu wehren. Nicht, dass ihm das helfen würde. Sie wollte etwas, die Anderen ebenfalls, da hatte der da nichts zu melden und immerhin wollte sie ja von ihrem Professor nichts Schlechtes. Allerdings war sie wirklich angepisst über die Querschläger, über Molly Weasley, Ron Weasley und Hermine die mal eine Weasley geworden war und nun wieder Granger hieß, ihren Job verloren hatte, da sie ihre Kinder weggeworfen hatte und auch ihr Lover hatte so eine einfach nicht gewollt. Nun, so wie es sein sollte.
 

Aber das, was diese Schlampe auf dem Friedhof angerichtet hatte, das war eine Unverschämtheit! Sie selbst hatte die Gräber wieder gerichtet, doch die Frau hatte es heute gewagt, sie noch mal zu zerstören und dieses Mal richtete sie nichts. Evan würde den Schaden erst nach der frohen Botschaft finden und dann würde ihm klar sein, dass er im Visier war und er würde Alles tun, um seine neue, große Familie zu schützen.
 

Immerhin öffnete Evan sich endlich, hatte begonnen, ernsthaft zu malen, wie er es schon vor Jahren hätte tun sollen. Gemälde, wahre Kunstwerke schuf er, ohne es auch nur zu ahnen. Er war einer der Wenigen, die das Talent hatten, die Essenz der Menschen einzufangen. Er war Jemand, der Gemälde schaffen konnten, die sich nach dem Tod einer Person, die noch zu Lebenszeiten gemalt worden war, zum Leben erwachen konnten. Und manchmal sogar, wenn sie erst nach dem Tod entstanden waren. Eine seltene, begehrte Gabe.
 

Nun, er würde sie schon noch erkennen. Und wenn nicht Evan, dann auf jeden Fall Lucius. Da hatte Luna keine Zweifel.
 

Sie sah wieder auf die spiegelnde Oberfläche, die gerade Lucius zeigte, der ihren kleinen Freund küsste und ihm dann in ein elegantes Oberteil half. Sie waren, wie Luna wusste, auf dem Weg ins Ministerium, da heute eine Sitzung war, in der Lucius wohl offiziell als Kandidat für das höchste Amt der magischen Gesellschaft vorgeschlagen werden würde. Evan würde seinen Mann hinbringen und dann tun, was sie ihm gesagt hatte. Er würde im Raum der Mysterien warten, wohin sich der Weg für ihn dank ihr öffnen würde.
 

Zumindest musste er nicht mehr Granger ausweichen, denn die war ja geflogen, schon vor ein paar Tagen und im hohen Bogen. Etwas, das Luna durchaus freute. Sie hatte gekämpft, Neville und Snape hatten gekämpft, Granger und Weasley, beide Weasleys aber, waren weit weg gewesen vom Schlachtfeld, irgendwo am Rand und sie hatten nur zugesehen. Das galt nicht für Molly oder die anderen, die älteren Söhne, aber sehr wohl für den Säufer und Angeber und für die Besserwisserin, die nichts lustiger gefunden hatten, als sich hinter Lunas Rücken über sie lustig zu machen, oder über Evan und Neville. Über Jeden, den sie für unwürdig erachteten. Also über fast alle.
 

Nun, die würden jetzt für lange Zeit etwas von ihrer eigenen Medizin zu kosten bekommen. Und das konnte Luna kaum abwarten. Sicher nicht die beste Eigenschaft für eine Norne, aber he – die alten Götter konnten auch sehr, sehr rachsüchtig sein! Warum sich nicht da, wo es brauchbar war, ein Beispiel an Vorgängern nehmen?
 

Sie hob das schöne Kristallgefäß erneut, wo inzwischen absolute Aufregung herrschte. Und ja, sie konnte sich denken, dass der Tränkemeister gerade heftigst und in mehreren Sprachen saftig und farbenfroh fluchte. Sie hielt das Glas so, dass die Seele sie sehen konnte. „Professor, es besteht kein Grund zur Aufregung“, erklärte sie freundlich, als würde sie nicht mit einem Älteren, sondern mit einem Kind reden. „Sie können sich wehren und aufregen, aber ich hab nun mal beschlossen, dass Sie zurück ins Leben gehen werden und dagegen können Sie gar nichts tun. Und ich habe noch etwas vor – ich werde Ihnen die schlimmen Erinnerungen – na ja, die Meisten davon – nehmen. Sie werden neu einfangen können, mit Harry Potter, der Sie wirklich vermisst.“
 

Luna konnte beobachten, dass die Seele kurz ruhiger wurde, bevor sie sich erneut wehrte. So etwas geschah, wenn ein Mensch zu vielen Schmerzen ausgesetzt worden war. Es war sinnlos, diesen Leuten das Leben wieder schmackhaft machen zu wollen, sie hatten zu viel erlebt, Enttäuschungen, Verrat, Hass und unendlicher Schmerz.
 

Sie trat schließlich, mit dem Gefäß in der Hand zu dem anderen, hässlichen Krug, lächelte und stupste den an, so, dass die sehr dunkle Seelenessenz da drinnen sich ebenfalls noch mehr aufregte. Sie liebte es einfach zu sehen, wie der Alte litt. Dann entkorkte sie das Gefäß, das sie hielt, nur um zu beobachten, wie die Seele des Dunkeläugigen sich flach auf den Glasboden presste. „Hilft nix“, grinste sie nur, drehte das Kristallgefäß um. Es dauerte eine Weile, überraschend lang, doch dann glitt der unwillige Überrest des Tränkemeisters heraus, direkt hinein in eine Art verzierten Tunnel. „Ich wünsche Ihnen ein dieses Mal schönes Leben. Und wie gesagt, wehren ist zwecklos!“, trällerte sie ihm noch hinterher, richtete sich dann wieder auf.
 

Sie sah, wie die andere Seele sich schrecklich aufregte, stieß das Gefäß erneut an. „Schnauze du Drecksschwein, du bist erst später dran. Keine Sorge, ich liefere dich schon in den dunklen Gefilden ab, sobald du gesehen hast, wie sie deine Leiche ausscharren, schänden und dann irgendwo versenken, während Severus ein Denkmal bekommt und du zu einer ausgelöschten Randnotiz der Geschichte verkommst, du Drecksschwein.“
 

Damit setzte Luna sich wieder zu ihrem Brunnen, strich über die Wasserfläche und blickte auf das Bild, das sich nun zeigte. Es war Zeit, wieder einige Dinge zusammenzufügen. Sie hätte Evan wirklich gern noch etwas mehr Zeit nur mit Lucius gegeben, doch die Konstellation, unter der man Leute mal eben zurückschicken konnte, die gab es leider nicht so oft und hundert Jahre konnten die magischen Leute nicht mehr auf ein Tränkegenie warten.

Hinter dem Vorhang

Es war soweit – heut war der Tag, von dem Luna damals am Bahnhof im Nebel gesprochen hatte. Heute sollte Sev zurückkehren. Er sah zu Lucius, der gerade dabei war, seinen Umhang zu befestigen und seine Haare darüber ordentlich zu richten. Er hatte dem Blonden nichts gesagt, aus mehreren Gründen. So sehr Luc ihn liebte, er fürchtete, der Andere könnte ihn für durchgedreht halten und dann wollte er dem Anderen keine Hoffnung machen, immerhin war Severus dessen bester Freund gewesen und was war, wenn er dann doch nicht kommen würde? Nein, dann reichte es, wenn er am Boden zerstört sein würde. Und wie er das dann Luc erklären sollte, wusste er auch noch nicht.
 

Also schwieg er und der Tag hatte sich auch noch angeboten, da heute die Nominierung des Anderen zum Minister stattfinden würde. Das war noch keine Wahl, Luc war einer von drei Kandidaten, aber der Tag war wichtig. Und seine Anwesenheit obligatorisch. Zumindest, bis die Versammlung stattfand. Draco wartete auch schon unten auf sie.
 

Sobald die Anderen dann in die Versammlung gehen würden, war seine Pflicht erfüllt, dann konnte Evan sich kurz absetzen, um den Raum der Mysterien ein weiteres Mal zu besuchen, obwohl er da eigentlich keinen Schritt mehr hatte reinsetzen wollen, aber er war es Severus einfach schuldig! Er konnte nicht nein sagen, nicht nach Allem, was der Andere für ihn getan hatte!
 

„Evan?“, fragte Lucius leise, als er merkte, wie tief sein kleiner Gefährte wieder mal in Gedanken versunken schien. Nun, vermutlich wegen des Datums. Heute hätte Severus Geburtstag gehabt und auf dem Rückweg vom Ministerium würden sie wohl beim Grab vorbei gehen. Das stand außer Fragen. „Bist du in Ordnung?“
 

„Was…? Ja, ja“, riss Evan sich sofort zusammen, lächelte den Älteren an und strich dessen Haare etwas zurück. Der Ältere trug sie wieder extra für ihn offen. „Ich kann mich doch sicher umsehen, während ihr dann in der Versammlung eure Zeremonien abhaltet, oder?“
 

„Natürlich“, nickte Lucius, küsste seinen Geliebten, froh, dass der bereit war, sich auch etwas ablenken zu lassen. Nicht zu vergessen, dass er inzwischen etwas sehr nützliches festgestellt hatte – er konnte spüren, wo sein Gefährte sich befand und wie es ihm ging, ob er aufgeregt war oder kurz vor einer Panikattacke stand. Und dank des Bundes konnte er, egal wo, direkt dorthin apparieren. Es war vor zwei Tagen das erste Mal geschehen, als Mika am Nachmittag im Garten beim Spielen mit Scorpius unglücklich gefallen war und Evan panisch geworden war. Er hatte sich ohnehin auf dem Heimweg befunden, das gespürt, die Augen geschlossen und war bei Evan gewesen, hatte diesen beruhigen können. Mika war nichts passiert, er hatte nur geweint, weil ein gestauchter Knöchel nun mal weh tat, aber ein Trank und eine Süßigkeit später war für den Kleinen Alles wieder in Ordnung gewesen. Evan zu beruhigen, der gedacht hatte, versagt zu haben, weil Jemand verletzt worden war, dagegen, das war etwas Anderes gewesen.
 

Das war Alles, was Evan wissen wollte, er ließ sich nun von den beiden Malfoys in die Mitte nehmen, landete wieder in der nun aber nicht so vollen Empfangshalle des Ministeriums, wo sie aber trotzdem von der Presse belagert wurden.
 

Nun, das war nichts gegen das Bild, was die zu Silvester geschossen hatten. Evan hatte es sich sogar ausgeschnitten, Lucius hatte ihm einen wunderschönen Rahmen überlassen und nun stand es im Esszimmer auf dem Kamin. Die hatten sie genau da fotografiert, als Lucius ihn um Mitternacht geküsst hatte. Und das Bild sah so toll aus, wie Evan sich an dem Abend gefühlt hatte. Geschützt und geliebt, sicher, mitten im Leben statt nur außen vor.
 

Automatisch richtete Evan sich auf, starrte auf die Leute und ertrug das Blitzlichtgewitter, Niemand hatte ihn das letzte Mal erkannt, sie würden es auch dieses Mal nicht tun. Denn die Leute suchten nur nach einer Narbe, die er gar nicht mehr hatte!
 

„Mister Malfoy! Sie kandidieren für das Amt des Ministers, obwohl Sie gerade einen Mann geheiratet haben, dessen Familie als Verräter gilt!“
 

Erst das brachte Evan dazu, aufzusehen, doch bevor er auf die Leute losgehen konnte, wurde er von Lucius zurückgehalten. Eine Hand um seine Taille beruhigte ihn etwas. Er wusste, der Blonde würde das nicht auf sich beruhen lassen.
 

„Soweit ich weiß – und ich weiß sehr gut, da Severus mein bester Freund war – war er ein Doppelspion, der unbezahlbare Informationen für uns gesammelt hat und ich rate Ihnen, meine Mann nicht noch mal zu beleidigen, sonst lasse ich ihn einfach los und ich denke nicht, dass ich Sie an das Schicksal von dem Stümper Ruben Gregs erinnern muss? Es ist kaum neun Tage her.“
 

Stille.
 

Im Saal herrschte kurz absolute Stille, dann kamen die nächsten Fragen, dieses Mal ganz harmlos. Was Lucius tun und erreichen wollte, wie er über viele Dinge dachte. Das war es, was sein Mann elegant und bestimmt beantwortete. Er redete von der Trennung der magischen Welt von den anderen Leuten, die nicht bereit waren, sich mit Magie anzufreunden und von vielen anderen Dingen, von besseren Schutzmaßnahmen für magische Kinder in Heimen und Muggelfamilien, von der Neugründung von Schulen und kompetenteren Lehrern.
 

Und dann ertönte der Gong, der die Abgeordneten rief und somit Lucius und Draco. Evan sah zu Lucius, trat auf Diesen zu, umarmte ihn, froh, dass der Andere die Geste erwiderte und küsste seinen Mann, ohne auf die Umstehenden zu achten. „Auf das es so läuft, wie du es willst…“, flüsterte er seinem Ehemann ins Ohr, merkte kaum, wie etwas seiner Magie in die Worte floss.
 

Lucius lächelte einfach nur, erwiderte den Kuss und ließ Evan schweren Herzens aus seiner Umarmung. „Es wird nicht zu lang dauern… oh, und die Reporter dürfen nicht weiter als bis zum ersten Stock…“
 

Evan lächelte, sah, wie Lucius in den großen Saal ging, gefolgt von vielen anderen Politikern, darunter auch Percy, der ihm kurz durch die Haare wuschelte und zuzwinkerte. Zurück blieb er mit einigen Männern und Frauen, die sich zusammen an Tische setzten, um die Zeit mit Reden und Kaffeetrinken zu verbringen. Er wurde ohnehin an keinen davon gebeten, ein eindeutiges Zeichen, was diese Idioten von Sev zu halten schienen, also ging er einfach zum Aufzug und sah auf die Leiste. Er wusste noch zu gut, wo der Raum der Mysterien sich verbarg, also drückte er auf einen der Knöpfe. In eines der zahlreichen Untergeschosse. Das siebte von zwölf, um genauer zu sein. Da, wo auch Prophezeiungen aufbewahrt wurden. Eigentlich nicht einfach so zugänglich, aber wie damals in seinem fünften Schuljahr schon war da mal wieder Niemand.
 

Automatisch griff Evan dahin, wo er früher immer seinen Zauberstab gehabt hatte, nur um festzustellen, dass da natürlich nichts war. Und Niemand. Also trat er aus dem Aufzug und sah sich um. Da lag nur der lange Gang still vor ihm. Kurz überlegte Evan, sah zu einer Tür ganz hinten, die in einen riesigen Lagerraum voll mit gläsernen Kristallen führte. Der Raum der Prophezeiungen. Der Ort, der zum ersten wirklichen Desaster geführt hatte. Wo man den Müll aufbewahrt hatte, den die Säuferin über sein Leben zum Besten gegeben hatte. Womit sie es versaut hatte.
 

Dann wandte Evan sich ab, sah den Gang entlang und lief schließlich los, zu einer hohen, schweren Eichentür. Er berührte sie, nur um festzustellen, dass sie ohne ein Geräusch ganz leicht aufglitt. Er trat in den Raum, wo sofort einige Fackeln zu brennen begannen, sah sich um. Er hatte sich wohl seit damals kaum verändert, war immer noch unerwartet groß, mit Artefakten an den Wänden verteilt und in der Mitte – der Bogen. Der Ort, der ihm Sirius genommen hatte. Er war da, wie ein großes, dunkles Loch in den Tod.
 

Der runde Bogen sah ganz harmlos aus, geschnitzt aus dunklem Holz und mit Runen überzogen, doch trotzdem überlief Evan ein kalter Schauer, denn auch, wenn es ungefährlich schien, er hatte gesehen, wie das Ding Leben zerstören konnte und in dem Fall seines.
 

Und was jetzt? Wie lange sollte das dauern und was würde geschehen? Denn langsam hatte auch Evan Bedenken. Was würde passieren, wenn Sev auftauchen würde? Wie sollte er den Anderen aus dem Ministerium bringen?! Das hier war ein Alptraum, nun, wo er darüber nachdachte, denn so sehr er den Tränkemeister liebte, so sehr schien der Rest der Welt den missverstandenen Mann zu hassen. Mehr als eine Stunde stand er schließlich hier, von einem Fuß auf den Anderen wechselnd. Er seufzte, überlegte sich, ob er gehen sollte, als es auf ein Mal rumpelte.
 

Erschrocken fuhr Evan wieder herum, so, dass er das Loch beobachten konnte und er hätte schwören können, die Geräusche und als der Bogenrahmen sich zusammenzog, es sah aus, als würde das Ding würgen! Als habe es sich ganz schrecklich an etwas verschluckt! Automatisch machte Evan einige Schritte zurück, gerade, als etwas regelrecht aus dem Rahmen purzelte, das Würgen hörte so schlagartig auf, wie es begonnen hatte, der schwarze Nebel lichtete sich – und gab ein Kind frei!!!
 

Was…? Was war geschehen? Severus wusste es nicht! Er war doch nur auf dem Weg zum Laden gewesen und er musste sich beeilen! Wenn sein Vater gleich zurückkommen würde und es wäre kein Bier da, würde er Moma wieder schlagen und dann auch ihn! Und er wollte wirklich nicht gerade heute draußen schlafen müssen und gehauen werden! Es war wirklich, wirklich eisig kalt da draußen und er wollte nicht frieren!
 

Aber dann… war er einfach durch die Luft geflogen, wo es vollkommen schwarz war, wo einfach… nichts war!! Gar nichts! Nichts als nichts! Nur um anschließend irgendwo raus zu fallen und sich mehrfach zu überschlagen! Das hatte weh getan! Und Moma war nicht da! Er zwang sich, sich aufzurichten, sah sich um und erstarrte. Das war so was von nicht die Straße, in der er wohnte, das war nicht mal in der Nähe von Spinners End. Er hatte keine Ahnung, wo er war! Ja – und dann blieb sein Blick an dem Mann hängen, der da stand. Er trug komische Sachen, wie Magier sie trugen, einen Umhang und wirklich teuer aussehende Hosen, sah ihn an.
 

„Oh Merlin“, flüsterte Evan, als er sah, wie das Kind sich aufrichtete, das nicht viel älter aussah, als Scorpius. Der Kleine wandte sich ihm zu und große, vollkommen schwarze Augen bohrten sich mit verschrecktem Ausdruck in seine eigenen. Der Junge hatte ein sehr schmales Gesicht, das wenig kindlich wirkte, er war dünn und die Nase war zwar nicht so krumm, wie er sie kannte, was eine Folge entschieden zu vieler Brüche gewesen war, aber durchaus etwas auffällig, vor Allem bei dem schmalen Gesicht. „Sev…“
 

„Wer… bissu!? W’rum kennsu mich? Wo bin ich? Ich muss zu meiner Mommy! Schnell! Wenn… Vater kommt und ich hab nich eingekauft, is er wieder böse!“, brachte Severus schließlich heraus. Er musste irgendwie zurück, das war ihm ganz klar und es musste schnell gehen. „Bitte, Herr Zauberer! Ich…!“
 

In dem Moment knallte die Tür, die Evan eben hinter sich geschlossen hatte, regelrecht gegen die Wand, er handelte, ohne zu denken, war mit einer einzigen Bewegung bei dem kleinen Jungen, zerrte Diesen hinter sich und schirmte ihn so vor den Männern und Frauen ab, die alle die dunkelgrauen Roben der Unsprechbaren trugen, die er auch noch nie gesehen hatte. Jeder von ihnen hielt Evan einen Zauberstab entgegen und er hatte noch nicht mal mehr einen. Doch er konnte, wollte und würde nicht zulassen, dass diese Ärsche es wagen würden, erneut Hand an Sev zu legen, vor Allem, da der Junge noch so klein war! „Fasst ihn nicht an!“, brachte er mühsam heraus, während der gesamte Raum zu schwanken schien, er merkte nicht, wie viel wilde Magie er in seine Stimme legte. „Niemand fasst ihn an oder…!“
 

„Ruhig…“, befahl Lucius mit sanfter, aber durchdringlicher Stimme, wobei ihn fast der Schlag traf, als er sah, was hier abging. Die Sitzung war gerade zu Ende gegangen, nach dem recht klaren Votum, das zu seinen Gunsten ausgefallen war und er hatte sich überlegt, wo er beginnen sollte, seinen Gefährten zu suchen, als er es gespürt hatte. Erst grenzenlose Überraschung, dann Schock und schließlich pure und gefährliche Entschlossenheit. Und er merkte, wie sein Gefährte begann, wilde Magie zu verwenden – im großen Umfang. Also hatte er die Augen geschlossen, nur um beim Öffnen im Raum der Mysterien zu stehen. Erst mal legte er nur seine Arme um Evan, der ein Kind festhielt und sich gleich fünf Unsprechbare, also die gesamte Belegschaft vom Hals hielt. Zwei Frauen, ein Mann, alle in den dunkelgrauen Roben, die auch ihm zustanden.
 

Ja, das war noch so ein wohlgehütetes Geheimnis. Er hatte seine Karriere hier begonnen, umgeben von dunklen Artefakten und mystischen Texten. Nur hatte er nach einigen Jahren festgestellt, dass die Politik bunter, interessanter und weniger gefährlich zu sein schien und war gewechselt, was nichts daran änderte, dass auch er ein Unsprechbarer war. Denn ein Mal in diese Kreise aufgestiegen konnte man diesen Rang gar nicht mehr verlieren.
 

„Nein! Wenn… wenn sie hierher kommen, dann… dann tun sie Sev weh!“, rief Evan, nicht bereit, sich beruhigen zu lassen, während der Kleine in seinen Armen nun laut vor Angst zu weinen begann.
 

„Bitte… was?“, fragte Lucius verdattert, blickte auf das Kind in den Armen seines Gefährten und erkannte die ungewöhnlich dunklen Augen, wo sich Iris kaum von Pupille abhob, wenn nicht gerade Licht darauf fiel. Nein, beschloss Lucius dann, erst Evan beruhigen, dann Sachlage klären. Rasch richtete der Blonde sich auf, sah die Anderen mit herrischer Mine an. „Runter mit den Stäben“, befahl er kalt.
 

Es wirkte, die Leute ließen ihre Stabe sinken.
 

„Rollt die Stäbe weg und tretet zurück.“
 

Evan beobachtete, wie die Leute ihre Zauberstäbe auf den Boden legten und zu ihm rollten, schließlich noch weiter zurück traten, bis sie Sev unmöglich erreichen konnten. Erst dann ließ seine Anspannung nach, er merkte, wie seine Magie etwas abebbte, aber er war noch nicht bereit, sie vollkommen verlöschen zu lassen, hob Severus, der Rotz und Wasser heulte, auf seine Arme und drückte ihn an sich.
 

Lucius wandte sich an die Unsprechbaren, wobei er sich fragte, wie zum Henker Evan hatte hier rein kommen können, der Jüngere war in keinem Auswahlprogramm oder sonst was. Nun, vielleicht war sein Gefährte einfach nur sehr, sehr mächtig. Oder das Schicksal hatte ihn hier gewollt – für seinen verstorbenen, besten Freund, der auf eine sehr seltsame Weise einen Weg zurück ins Leben gefunden haben musste. „Was ist hier los?“
 

„Wir.. wir haben nur gespürt, dass der Schleier aktiv geworden ist und sind rein gerannt“, verteidigte der Älteste der Anwesenden sich, wissend, dass Lucius denselben Rang hatte, wie er selbst, ob es ihm nun gefiel, oder nicht. „Wir konnten nicht mal rausfinden, was los war, aber der da muss am Bogen rumgespielt haben, denn…!“
 

„Ich hab gar nichts gemacht!“, brüllte Evan empört. „Hier waren alle Türen offen! Ich bin hierher geführt worden! Und als ich hier war, hat der Bogen sich gerührt! Ich spiel nicht mit Sachen rum, Sie…!“
 

„Ruhig“, befahl Lucius, hielt seinen aufgebrachten, ungewohnt aggressiven Gefährten bestimmt davon ab, dem Mann da die Augen auszukratzen. Denn er hatte soeben alles erfahren, was er wissen musste. Das Schicksal hatte Evan hierher geführt und Severus zurückgebracht. Es sah aus, als habe sein Freund doch noch nicht alle Aufgaben im Leben erfüllt und musste noch etwas erledigen. Er sah zu dem Jungen, der sich inzwischen in Ermangelung anderer Alternativen an Evan festkrallte und die Augen aufeinander presste. Dann wandte Lucius sich wieder an die Anderen. „Nun? Wie soll es weitergehen?“
 

„Der… Vorhang hat noch nie… Jemanden hergegeben, schon gar nicht, wenn er nicht mal durch den Bogen gefallen ist! Das kann nur Gefahr bedeuten! Der Mann muss dahin zurück, wo er hergekommen ist und…!“
 

„Ich werd Jeden kalt machen, der es wagt, Sev anzufassen!!“, empörte Evan sich ungläubig, während seine wilde Magie wieder aufflammte.
 

„Ruhig“, befahl Lucius erneut, dieses Mal selbst etwas Macht in seine Stimme legend, während er Kopfweh entwickelte. Er schob Evan, zu dessen und zur Sicherheit der Anderen, hinter sich, musterte jeden der Leute, die sehnsüchtig zu ihren Stäben blickten, aber sich nicht trauten, sich zu rühren. „Hier wird Niemand umgebracht. Und das Schicksal hat mehr als ein Mal Menschen, die hätten tot sein sollen, zurück in die Welt der Lebenden gebracht, wenn sie noch eine Aufgabe hatten. Wer außer einem genialen Mann wie Severus Snape kann wohl aus dem Wolfsbann, der auch von ihm gebraut wurde, einen Heiltank gegen Lykantrophie entwickeln?“, fragte er logisch.
 

„Er ist ein Kind, wie sollte er…?!“
 

„Indem er wieder lernt, unerkannt und ohne von anderen voreingenommenen Idioten angemacht zu werden“, konterte Lucius, er sah, wie die fünf Leute die Köpfe zusammensteckten, wusste bereits, er hatte gewonnen. Unsprechbare sahen mehr, wussten die Wahrheit zu finden, auch, wenn sie ihnen wie in diesem Fall einwandfrei wenig gefallen dürfte.
 

„Sie haben Recht“, stellte der Sprecher der Gruppe nach einigen schier endlosen Minuten fest. „Das Schicksal hat nur einen sehr ungewöhnlichen Weg gewählt. Aber warum hat Ihr Mann ihn gefunden? Ist das nicht ein seltsamer Zufall?“
 

„Er ist mit Severus Snape verwandt, ich würde das eher als Vernunft der Oberen bezeichnen“, knurrte Lucius, ungehalten über so viel offensichtliche Dummheit. „Das Schicksal hat einfach nur sicher gestellt, dass der Junge Jemanden hat, der ihn sofort bis aufs Blut verteidigt, denn ihr hättet ihn ja schon direkt umgebracht, ohne nachzudenken, ihr Hornochsen!!“
 

Brüskiert wich der Sprecher der Gruppe erst mal zurück, doch dann seufzte er einfach. „Und was nun?“
 

„Nichts“, gab Lucius zurück. „Ich werde meinen aufgebrachten Ehemann und das vollkommen verwirrte Kind in einen Raum bringen, wo ich beide beruhigen kann, um anschließend mit beiden zurück in mein Anwesen zu flooen. Von hier an haben die Unsprechbaren nichts mehr zu sagen, das hat das Schicksal mehr als deutlich übernommen.“
 

Mit den Worten brachte Lucius seinen Mann aus dem Raum der Mysterien, zum Aufzug und hoch zu seinem Büro im vierten Stock, wo er Diesen auf eines der beiden Sofas brachte. „Evan, es ist gut. Es wird Severus nichts passieren – außer, dass du dem armen Jungen gleich die Luft abgedrückt haben dürftest“, fügte er lächelnd an, um die Stimmung etwas aufzuheitern.
 

Severus verstand nun gar nicht mehr, was eigentlich um ihn herum geschah. Erst der komische, aber wohl nette Mann, dann die Männer und Frauen in Grau, die wie Moma einen Zauberstab hatten und ihn gegen sie beide richteten! Doch der Mann hatte ihn sofort geschützt, also hatte er sich an Diesem festgeklammert, mit aller Gewalt. Dann war da aus dem Nichts noch ein Mann aufgetaucht, hatte sich vor sie beide gestellt, die Leute angeschrien und sie nun hierher gebracht. Er schniefte immer noch, als der richtig harte Griff um seinen Körper nachließ, kroch sofort vom Schoß des Fremden auf den freien Platz auf dem Sofa: „Ich muss… zurück“, wimmert er schließlich hilflos. „Mommy bekommt sonst… Probleme…!“
 

Erst, als Lucius ihm sagte, dass er Severus eigentlich die Luft zum Atmen abschnürte, ließ Evan locker, ließ, wenn auch widerwillig zu, dass der Andere von seinem Schoß kroch. Sofort begann Severus wieder davon zu reden, zurück zu müssen. Evan sah hilflos zu seinem Mann. Der Junge wusste eindeutig weder, dass er sechs Jahre tot, noch, dass er damals neununddreißig Jahre alt gewesen war. Sev wusste nicht mehr, dass sein Vater seine Mutter vor seinen Augen erschossen hatte oder von ihm. Er war nur ein Fünfjähriger, der einfach aus der Umgebung gerissen worden war und sich mit erschrockenem Blick umsah.
 

Lucius wusste, wo Evans Problem war, dazu war sein Gefährte immer noch schrecklich aufgewühlt. Ja, er würde wohl beide beruhigen müssen, bevor er auch nur daran denken konnte, einen weiteren Ausflug zum Department für Soziales zu machen, dieses Mal nicht für Percy, sondern für sich selbst, denn auch er wollte auf keinen Fall, dass Sev woanders landen würde, als bei ihnen. Die Unsprecbaren würden sich nicht mehr einmischen, er konnte also sagen, was er wollte. Musste er sich nur noch eine Geschichte zu Recht legen. Vielleicht, dass das hier Severus‘ Sohn war? Nein, das passte nicht, das würde durchschaut werden. Aber ein anderer, naher Verwandter, der aus dem Ausland kam und da dessen Eltern tot waren, bei ihnen leben würde, immerhin war Evan ein Snape, mitsamt dem Gringottsschlüssel zu dessen gesamten Kammern, gut, dass es kein Allgemeinwissen war, dass die an Harry Potter gegangen waren, und damit der wahrscheinlichste Kandidat für die Vormundschaft. Irgendwie so was.
 

„Severus“, sprach Lucius, sah, wie der Kopf des Kindes herum zuckte und die dunklen Augen ihn misstrauisch musterten. „Severus, du kannst nicht zurück…“
 

„Aber…! Aber… dann hat Moma kein Bier und… und… wenn Vater dann…!“ Das durfte nicht passieren! Nicht nur, dass er dann wieder draußen schlafen musste, wo es doch so kalt war, dann würde er auch wieder Moma schlagen, dabei konnte die sich doch vom letzten Mal noch nicht wieder bewegen! Darum war doch auch er losgegangen! Und wie er hierher hatte kommen können, wusste er immer noch nicht!
 

„Du wurdest hierher gebracht, weil… zu Hause etwas passiert ist“, setzte Lucius vorsichtig an, nicht wissend, wie er dem Kind sonst klar machen sollte, dass es nicht zurück zu Eileen konnte, die immerhin vor mehr als zwanzig Jahren schon gestorben war. „Ich weiß, dass du das nicht verstehst und dich sicher sehr erschrocken hast, als du einfach hier aufgetaucht bist, aber es ist etwas Schreckliches passiert und deine Magie hat dich hierher gebracht. Dein… dein Zuhause gibt es nicht mehr.“ Keine Lüge, Spinners End war bis zu den Grundmauern abgefackelt.
 

„Aber… aber Moma war doch noch da!“, rief Severus entsetzt. Sein Vater war ihm egal, er mochte den Mann nicht, der sie beide dauernd schlug und ihn raus sperrte, selbst, wenn es so kalt war, dass das Luftholen ihm weh tat und auch die Zauber seiner Mutter ihm nicht wirklich helfen konnten. Er hatte doch sonst auch Niemanden! Er musste zurück!
 

„Sie ist sicher nicht mehr da“, sprach Lucius, nun sehr dankbar um die vielen Kinder in seiner Familie, die ihn manchmal zur Weißglut gebracht hatten, vor Allem, als er selbst noch jünger gewesen war. Wobei man sagen musste, dass er so eine Nachricht auch noch nicht hatte überbringen müssen.
 

Severus sah zwischen den beiden Männern hin und her. Was sagten die ihm da gerade? Wo war Mommy? Warum war er hier gelandet? Was sollte das?! Er spürte, wie seine Tränen erneut aufstiegen und über seine Wange rollten, als ihm etwas einfiel. „War… der böse… der böse Mann da?“, fragte er leise. Seine Mutter erzählte oft vom Krieg in der magischen Welt, von einem ganz dunklen Zauberer, der versuchte, viele Menschen zu verletzen, dass der zwar gute Ideen hatte, aber sie sehr schlecht umsetzte.
 

„Ja“, gab Lucius unumwunden zu. Immerhin stimmte es. Es war der Lord gewesen und zu Severus‘ Kindheit hatte der sehr stark an Macht gewonnen. „Darum ist da nichts mehr, aber der Mann ist tot. Er wird nie wieder Jemandem weh tun…“
 

„Aber…. Er hat Mommy weh getan!“, wimmerte Severus. Und was würde nun aus ihm werden? Sein Vater hatte so oft gesagt, dass er hässlich war und Niemand ihn haben wollte. Wo sollte er denn dann hin? Er wollte nicht in das Heim, an dem der Andere ihn so oft vorbei gezerrt hatte. Wo kein Zauberer war und wo alle ihn schlagen würden, wie die Kinder auf dem Spielplatz. Und dann durfte er auch nicht mehr ins Labor! Dabei liebte er es, Mommy zuzusehen, wie sie Tränke machte und er half doch auch schon dabei!
 

Evan konnte einfach nicht mehr zusehen. Sanft sammelte er Severus in seine Arme, wiegte den Jungen hin und her. „Niemand wird dir was tun“, versprach er leise. „Alles wird wieder gut werden. Lucius und ich, wir achten auf dich…“ Er strich über die bleichen, kühlen Wangen, wartete, bis der Kleine sich schließlich müde geweint hatte und vollkommen erschöpft einschlief. Vermutlich hatte er nicht wirklich verstanden. Wie auch, er war gerade mal fünf, so wie er aussah. Sanft legte Evan den kleinen Jungen auf das Sofa, löste die Spange seines neuen Umhangs, einer von denen, die Sev für ihn hatte anfertigen lassen., legte den dann um den kleinen Körper.
 

„Er… er ist ein Kind“, stellte Evan fest, nicht wissend, was er davon halten sollte. Er hatte sich so sehr nach dem Anderen gesehnt, nach dessen Stärke und Verständnis. Doch der war nun ein Kind, das gar nicht begriff, sich nicht mal an ihn erinnerte! Er sah hilflos zu Lucius. Nun, zumindest hatte er ein starkes Paar Arme, in das er flüchten konnte. Erneut strich er über die dunklen, sich feucht anfühlenden Haare.
 

Lucius beobachtete den kleinen Jungen, sah dann zu seinem Gefährten, der verwirrt aussah, aber nicht so überrascht, wie er es tun sollte, bedachte man, dass ihm gerade der Mann als Kind entgegen gefallen war, den er wie einen Vater gesehen hatte. Eher so, als sei er nur erstaunt über dessen Alter! „Evan, sag mir bitte die Wahrheit – warum warst du da unten?“ Sollte er enttäuscht sein? Hatte sein Mann ihm etwas so Wichtiges verschwiegen?
 

„Bitte… bitte, nicht böse sein“, flüsterte Evan. „Ich.. wusste doch nicht, dass er…!“
 

Entschieden hob Lucius das Kinn seines immer noch aufgebrachten Gefährten an, um den auch noch etwas wilde Magie knisterte, was ihn daran erinnerte, dass er mit seinem Mann noch nicht im Raum der Zauberstäbe gewesen war. „Evan, sag mir bitte einfach, was du weißt….“ Er strich über die zitternden Lippen. Er wusste, er konnte dem Anderen gar nicht böse sein.
 

„Ich… als ich krank war“, setzte Evan leise an. „Ich… wusste nicht mal, dass du es bist, der… mich gepackt hatte, ich… war wieder am Bahnhof in Hogsmaede. Das ist schon… mal passiert. Damals war ich... mitten in der Schlacht und… Voldemort hatte mich getroffen. Ich… war kurz tot und… auch damals war ich da. Doch… eine Stimme hat damals gesagt, ich darf nicht sterben… ich… war wohl ziemlich krank, als du mich gefunden hast und… dieses Mal war da… Luna. Luna Lovegood in einem alten Kleid, das… irgendwie aussah, wie die Kleidung… von einer griechischen Frau… sie hat gesagt, ich… wenn ich sterbe, dann… würde Sev keine zweite Chance bekommen und… außerdem würde ich nie mein Glück finden, obwohl… es so nah wäre.“ Er machte eine kurze Pause, hatte nicht die Nerven, aufzusehen, spielte stattdessen mit seinen Fingern. „Ich… wollte nicht zurück, ich… war so müde, ich… hatte nur Alpträume…“ Die hatte er noch immer und er konnte ja nichts dagegen nehmen, doch nun war er nicht allein, er hatte Lucius, der ihn dann tröstete und ihn beruhigte. „Aber… sie hat mich gestoßen, ich musste zurück… und in der ersten Zeit… da hab ich… immer nur gehofft, dass Sev zurückkommt… immer, wenn ich bei ihm war… in Hogwarts, da… hab ich mich besser… gefühlt… . Sie hat damals gesagt, dass… er an seinem Geburtstag zurückkommen würde… in der Kammer der Mysterien, also… wollte ich da sein…“
 

„Warum hast du mir das denn nicht erzählt?“, fragte Lucius, kniete sich so vor seinen Mann, dass der ihn ansehen musste. Er verstand gerade diesen Punkt wirklich nicht.
 

„Ich… er war doch auch dein Freund und… ich wollte nicht, dass du… dir Hoffnungen machst, weil… ich wusste nicht, ob das… wirklich war oder… nur was, das… ich mir ausgedacht habe… und… dass er als Kind zurückkommt… das… hab ich nicht mal geahnt!“, er wusste nicht, was er erwartet hatte, doch er wusste es. Den Mann, der ihn vor der Schlacht beruhigt hatte und der ihn in die Arme genommen hatte. Kein Kind!
 

„Oh, Evan“, murmelte Lucius nur, er drückte seinen Gefährten an sich. Selbst jetzt noch hatte der Jüngere an seine Gefühle gedacht. Er brachte es nicht über sich zu erwähnen, wie gefährlich es bei den Unsprechbaren war. Er hielt den nun selbst weinenden Evan. „Du hast Severus erwartet, nicht wahr? Den Mann. Dabei hat Luna es dir sogar ziemlich offen gesagt. Wie hätte er als Erwachsener eine zweite Chance haben können? Er hat doch damals alles verloren… er hatte eine schreckliche Kindheit, es wurde richtig schlimm, als er etwa sechs geworden ist.“ Lucius schloss die Augen. Das gehörte zu den Dingen, die Severus ihm nie erzählt hatte. Das, was geschehen war, als er etwa sechs Jahre alt gewesen war. Etwas, das wohl weit über Prügel hinausgegangen war. „Nur als Kind konnte er eine Chance bekommen.“ Lucius strich über die Wange seines Gefährten, während langsam noch etwas in sein Hirn zog. Er hatte ja gewusst, dass es seinem Mann in den ersten Tagen sehr schlecht gegangen war, doch… dass er mit dem Tod gekämpft hatte… allein der Gedanke ließ ihn schaudern. So richtig. Es machte ihm Angst. Der Gedanke, Evan fast verloren zu haben, wo er noch nie glücklicher gewesen war, als jetzt!
 

Evan lächelte etwas, schlang seine Arme um den Älteren, der nicht mal böse zu sein schien, obwohl er doch die Sache verschwiegen hatte. „Ich… ich weiß“, gab er leise zu. „Ich… hab einfach… ich wollte die ganze Zeit, dass er mich in die Arme nimmt, wie früher, aber… dafür hab ich jetzt dich“, fügte er an, kuschelte sich an Lucius‘ Brust. „Jetzt bin ich es eben, der Sev umarmt… und du.“
 

Der kleine Zusatz brachte Lucius, der seinen Gefährten selbst gerade heftigst umklammerte, fast schon unfreiwillig zum Lachen. „Ja, dafür hast du mich“, stimmte er einfach zu, froh, seinen Mann halten zu können. „Und ja, wir werden es sein, die Sev in die Arme nehmen. Er wird wirklich ein neues Leben bekommen… eines, indem er tun kann, was er will, wo Niemand über sein Leben bestimmen wird, außer ihm.“ Und dieses Mal sollte Severus auch endlich eine Liebe haben. Nicht das Mädchen, das er kurz nach Lilys Tod verloren hatte, nicht die schlimmen Dinge seiner Kindheit. Nur er und so was wie gute Eltern – hoffentlich. So, dass er dieses Mal lernen konnte, zu vertrauen, statt nur auf sich selbst zu bauen.
 

„Was jetzt?“, fragte Evan leise, der ganz auf den Boden geglitten war, sich nun, wie auch immer und wann auch immer das geschehen sein mochte, auf dem Schoß des Anderen saß und dessen Herzschlag lauschte, dabei Severus im Blick hatte.
 

Lucius wusste nicht, wie lang sie hier gesessen waren, doch es hatte gut getan, nicht nur Evan, auch ihm selbst. Auch sein Blick glitt zum Sofa, dann hob er Evans Kinn, küsste den Jüngeren. „Du bist offiziell ein Snape, damit Severus‘ nächster Verwandter. Ich regle das, wir nehmen ihn mit zu uns. Er ist nichts, als ein Kind, wie Mika und Scorpius. Wir fördern und wir fordern ihn. Wir geben ihm ein Zuhause. Du bleibst hier bei ihm, rede mit ihm, wenn er aufwacht, beruhige ihn. Ich regle den Papierkram.“
 

„Danke“, lächelte Evan, zog Lucius erneut zu ihm und küsste ihn. „Ist… eigentlich alles gelaufen, wie du gehofft hast?“, frage er auf ein Mal, daran denkend, warum der Andere ihn ja heut mitgenommen hatte.
 

„Ja“, lächelte Lucius, erwiderte den Kuss nur zu gern. „Ich bin nominiert. Das wird eine anstrengende Zeit, wenn wir jetzt auch noch Sev haben…“
 

„Wir bekommen das hin“, sprach Evan voller Überzeugung, ließ seinen Mann schließlich aufstehen und beobachtete, wie der das Büro verließ. Erst, als Lucius weg war, stand auch er wieder auf, ging zum Sofa und setzte sich zu Severus, strich wieder über das angespannte, kleine Kindergesicht. Es stimmte, was Lucius gesagt hatte. Wie hätte der Tränkemeister eine zweite Chance haben können, wenn er als Erwachsener gekommen wäre. Und… war es nicht mal an der Zeit, dass er zurückgab, was Sev ihm in den schlimmsten Jahren seines Lebens gegeben hatte? Sicherheit. Nun konnte er dem Anderen dasselbe geben. „Du bist sicher“, flüsterte er dem kleinen Jungen zu, legte den Umhang zurecht. „Lucius wird dafür sorgen – und ich bring jeden um, der dir was will.“
 

Lucius trat vor die Tür seines Büros, sah sich um und legte kurz die Hand vor die Augen, bis er das Zittern in den Griff bekam. Immer wieder sah er Evan, als er den gerade gefunden hatte, von Fieber und Husten geschüttelt – und offensichtlich kurz vor seinem eigenen Tod stehend. Er wusste, Evan war da drin, gesund, inzwischen nicht mehr dürr, nur noch schlank, mit strahlenden Augen, die ihn immer voller Hoffnung ansahen. Und er war so kurz davor gewesen, genau das für immer zu verlieren!
 

Doch dann riss er sich zusammen. Lucius musste rechtliche Dinge klären – und seinen ehemaligen Kollegen klar machen, was geschehen würde, wenn er die Geduld mit ihnen verlieren würde. Dass er keine Hemmungen hätte, sein magisches Erbe auch zu nutzen, wenn es dem Schutz der Familie diente und ja, Sev war für ihn Familie, schon immer gewesen. Blutsbruder, bester Freund – und jetzt wohl so etwas wie Sohn.
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Kichernd und sehr, sehr zufrieden sah Luna zu, klatschte in die Hände, das hässliche Gefäß mit den vielen Splittern klapperte dagegen aufgewühlt. Es hatte geklappt. Einwandfrei. Evan war gekommen, zuverlässig wie immer, hatte Snape in Empfang genommen. Der Mann würde nun ein neues, ein gutes Leben bekommen und lernen, dass es weit mehr als Gewalt gab. Es würde sicher nicht lange dauern, bevor die Malfoybande ein Alptraum für Jeden werden würde. Scorpius hatte dauernd dumme Ideen, Michael machte alles begeistert mit, solang es niemandem zu schaden schien und Severus… nun, er würde dafür sorgen, dass Täter wie Opfer immer heil wieder aus der Angelegenheit raus kommen würden. Sie konnte es schon vor sich sehen.
 

Die Kettfäden der Zukunft begannen, sich in dem neuen Rahmen des Schicksals zu spannen, hoffentlich für ein Muster, das endlich weniger Blut enthalten würde, für einige hundert Jahre. Das war Lunas großes Ziel gewesen und die Götter hatten ihr in den meisten Entscheidungen freie Hand gelassen, soweit eben die Macht einer Norne reichen würde. Und sie hatte schnell entschieden, denn auch hier oben profitierte sie weiterhin von der Gabe ihres Clans, von Cassandras Macht, die ihr gegeben war.
 

Sie hatte erfahren, dass Lucius, wenn er nicht glücklicher werden und ausgelastet sein würde, selbst ein dunkler Magier werden könnte, der am Ende seine eigene, wichtige Familie umbringen würde, beginnend mit seinem Enkel, um dann vom verzweifelten Sohn umgebracht zu werden. Etwas, das Dumbledore immer gehofft hatte, ohne zu wissen, wie viele Menschen zum Clan des Blonden gehörten und was das anrichten würde, nicht nur in England, sondern überall auf der Welt in den magischen Gemeinden.
 

Ohne Lucius wäre auch Evan gestorben, einsam, still und verlassen, um vielleicht erst Wochen später wegen des auffälligen Geruchs in seiner Wohnung gefunden zu werden und in einem Grab zu verschwinden, ohne Spuren zu hinterlassen, was dazu führen würde, dass die Menschen vergaßen, dass auch das Glück eines einfachen Menschen eine Welt ändern konnte.
 

Ohne Evan und Lucius‘ Hilfe wären Mika und Dawn nicht aus den Fängen der schlechten Mitglieder der Weasleys gekommen, wären verdorben gewesen und hätten die magische Welt mit dem Terror von Dumbledores Gedankengut überzogen, die wichtigen Stützen der magischen Gesellschaft zerstört und sich an die Muggel verraten, was in einigen Jahrzehnten zur Ausrottung des magischen Volkes und zu einer weiteren Reihe von Scheiterhaufen geführt hätte, die auf der Welt gebrannt hätten.
 

Nein, das war undenkbar.
 

Luna war sich sicher, die besten Kettfäden gewählt zu haben. Lucius Malfoy sah, wie es war, vollkommen glücklich zu sein, sich komplett und geliebt zu fühlen, nur für sich selbst, nicht für Geld oder aussehen, nur für seinen Charakter. Evan lernte, zu leben, würde seine Talente nutzen, um seine Geschichte auf seine Weise zu erzählen, er würde die Kinder prägen, die unter seiner Obhut standen und ihnen wichtige Werte auf den Weg mitgeben, ohne sie zu verderben und zu verziehen. Severus konnte endlich Fortschritt in der Medizin bringen und so helfen, eine weitere Gefahr einzudämmen, mit der die Reinblüer sich selbst fast ausrotteten.
 

Nur mit dieser Kombination würden alle heil durch die nächsten drei, vier wirklich anstrengenden Jahre kommen und die neuen Scharmützel und Schlachten überstehen, die auf sie warteten. Der Kampf gegen Molly Weasley, die schlicht begann, den Verstand zu verlieren, Ginnys eisige Kälte, die zeigte, dass das Mädchen einfach nicht lieben konnte, Rons Idiotie und Eigensucht, die noch viele Probleme auslösen würden.
 

Ohne die Dinge, die sie getan hatte, wäre das neue Gewebe nicht entstanden, sondern das Alte würde sein blutiges und absolutes Ende finden, dank eines anderen Irren, der sich für was Besseres gehalten hatte. Aber he, der litt und er würde noch viel mehr leiden!
 

Luna wusste auch, dass Evan es schaffen würde, das Loch im Herzen seines Vaters zwar nicht zu heilen, aber zumindest weniger schmerzhaft zu machen und ihm Hoffnung zu geben, so, dass der eine zweite Familie gründen würde, die seine Arbeit fortsetzen würde, die Wahrheit zu verbreiten und mochte sie auch noch so unangenehm sein. Er würde wieder ein Kind haben, das er lieben konnte sowie eine Frau, die es ihm nicht nachtrug, dass in seinem Herzen auch immer noch ihre Mutter und sie sein würden.
 

Nach einem weiteren Blick ließ Luna das Bild auf der Wasseroberfläche verschwinden, stand auf, trat beiseite und lief einen Weg entlang, den nur sie sehen konnte, sie musste andere Dinge regeln, bevor sie wieder beobachten konnte. Sie wusste, das, was sie dann sehen würde, würde ihr gefallen.

Die erste Nacht

Es hatte doch leider mehr als drei Stunden gedauert, bis Lucius alles geregelt hatte, wobei die Unsprechbaren den meisten Ärger gemacht hatten. Sie hatten mit der Nase mehrfach darauf gestoßen werden müssen, dass das Schicksal nun mal eine Entscheidung getroffen hatte, die sie alle noch nicht verstehen könnten, weil sie nun mal nicht bestimmt waren, die Fäden zu sehen und dass sie nicht das Recht hätten, das in Frage zu stellen.
 

Nachdem er das in die Köpfe der Anderen gehämmert hatte, hatte er ihnen auch klar machen müssen, wie wichtig es war, dass niemand erfahren würde, dass der kleine Junge wirklich DER Severus Snape war, denn dann würde eine Jagd auf den Kleinen beginnen, egal ob nun aufgrund von Hass oder weil sie endlich einsahen, was der Andere für die Gesellschaft getan hatte. Er würde sagen, dass der Junge denselben Namen trug, weil es als Andenken an den Verstorbenen gedacht gewesen war. Eine einfache, aber meist ausreichende Erklärung.
 

Doch auch damit war es nicht getan gewesen. Denn dann war da der Gang zu der Sozialstelle gewesen, wo er der Frau klar hatte machen müssen, dass man den letzten, lebenden Snape neben seinem Mann nach dem Tod der Muggelmutter hierher geschickt hatte. Ausgerechnet heute und nein, er habe keine Ahnung gehabt, das Problem sei auch, dass das bei Muggeln aufgewachsene Kind zwar kanadische Papiere, aber keine magischen Unterlagen habe. Das war ein Akt gewesen, vor Allem, da er ja erst wenige Tage vorher mit Percy hier gewesen war.
 

Aber nun hatte er doch alles, einen Kinderpass für Severus, das Schweigen der Unsprechbaren und für Evan und ihn die Gewissheit, dass niemand ihnen das Kind einfach wieder wegnehmen würde und konnte. Severus würde dieses Mal ein Leben bekommen, das man auch so nennen konnte. Er würde nicht mehr stark sein müssen aus Angst, wenn er sich Schwäche erlaubte, zusammenzubrechen, sondern er würde stark sein, weil er es war. Er hatte nun eine Familie, die ihn immer verteidigen würde und Lucius wusste, niemand würde etwas anderes sagen oder tun. Jeder würde helfen und jeder auf seine Art.
 

Mit dem Wissen trat er leise wieder in sein Büro ein und lächelte etwas. Der Junge war aufgewacht, saß, etwas in die Ecke gedrängt auf dem Sofa. Er schien wieder geweint zu haben, doch Evan hielt dessen Hand, redete leise auf Severus ein und tupfte dessen Gesicht mit einem frischen Taschentuch sauber. Und vor Allem – sein Gefährte lächelte, hatte den Schock wohl überwunden, nicht den Mann, sondern das Kind bekommen zu haben. Aber es war, wie sein Mann es auf den Punkt gebracht hatte. Wenn Evan in starke Arme flüchten wollte, hatte er nun ihn. Das war Lucius‘ Job und er wollte den auch nicht abgeben, um absolut nichts in der Welt!
 

„… gut werden. Ich weiß, dass das schwer ist, aber ich verspreche dir, ich passe auf dich auf“, sprach Evan leise und beschwörend auf Severus ein, der aufgewacht war, sich umgesehen und sofort zu weinen begonnen hatte, immer wieder nach seiner Moma gefragt hatte, nicht verstehend, warum der dunkle Mann sie geholt haben wollte und ihn aber nicht. Sev hatte ihn in dem Moment so an sich selbst erinnert, nach der Schlacht, als er die kalte Leiche des Tränkemeisters gehalten hatte, nicht verstehend, warum der tot war und er selbst noch lebte. Dann aber merkte er, wie die dunklen Augen sich weiteren, sich starr auf einen Punkt richteten. Also sah er auf. „Lucius, du bist wieder da.“
 

„Ja, bin ich. Es tut mir Leid, es hat etwas gedauert, aber jetzt ist alles erledigt, wir können nach Haus gehen und müssen uns um nichts mehr Sorgen machen. Zumindest nicht rein rechtlich – Sorgen werden wir noch zur Genüge haben“, sprach er aus Erfahrung. Denn auch Draco großzuziehen war alles Andere als leicht gewesen.
 

„Siehst du, Sev?“, fragte Evan. „Lucius hat für alles gesorgt, es wird Zeit, nach Haus zu gehen.“
 

Es fühlte sich für Lucius wirklich toll an, zu hören, wie Evan von Zuhause sprach und damit tatsächlich das Manor meinte.
 

„Is kaputt, habt ihr gesagt“, flüsterte Severus, der sich wieder völlig erschöpft fühlte. Der Mann da vor ihm, den er Onkel Evan nennen sollte, hatte ihm gesagt, dass sie verwandt seien, doch er kannte den Mann nicht und Moma hatte nie von ihm geredet, aber die redete nie von Verwandten. Aber wenn das Haus in Spinners End kaputt war, dann hatte er kein zuhause mehr!
 

„In dein neues Zuhause“, erklärte Evan, hob den Jungen, der sich erst mal versteifte, auf seine Arme. „Von dem ich dir erzählt hab. Mit den anderen Kindern und den ganzen, verrückten Leuten, die da wohnen.“
 

Andere Kinder… Severus hatte Angst. Die waren nie nett zu ihm, warum sollten die magischen da anders sein, als die Muggelidioten auf dem Spielplatz? Sicher würden sie ihn auch als hässlich beschimpfen. Doch er konnte nichts tun, als er, samt des Umhangs, in den er eingewickelt war, hochgehoben wurde. Er wimmerte, aber das machte es nicht besser, da war keine Mommy die ihm helfen konnte. Und der Mann hatte wieder gesagt, dass sie auch nie wieder da sein würde, da tröstete es kaum, dass auch Vater ihm nichts mehr tun konnte.
 

Lucius nahm Beide mit sich in den großen Kamin, darauf achtend, dass Evan nicht umfiel, wo er Sev im Arm hatte und selbst kaum aufrecht aus den Flammen treten konnte, wie er festgestellt hatte. Außerdem war es auch eine Ausrede, Evan eng an sich zu drücken.
 

„Da seid ihr ja!“, empfing Draco seinen Vater, der Stunden zu spät kam. „Wir haben schon…. Was zum Henker ist das denn, Evan?! Ihr seid kaum verheiratet, du bist ein Mal draußen und du kommst mir einem Kind zurück?!“, fragte Draco, der kurz davor gewesen war, den Anderen wieder Potter zu nennen! Er starrte auf das Bündel im Arm des Anderen. Hatte Evan hier nicht genug kleine Jungen, um sich mit ihnen zu beschäftigen?! Doch dann blinzelte er. „Wa… warum sieht… der da aus, wie…?!“
 

„Er sieht nicht so aus, er ist“, unterbrach Lucius, der seufzend seine Umarmung um seinen Geliebten löste. Die Standuhr in der Ecke zeigte, dass es vier Uhr nachmittags war. Dann rief er eine Hauselfe und befahl, das leere Zimmer gegenüber seiner Wohneinheit für Severus zu richten und von der Kinderwäsche, die sie überall kistenweise horteten, Dinge raus zu suchen. Der Raum hatte ebenfalls zwei Nebenräume, einer war ein Bad, der Andere würde wohl zu einem Spiel und Lernraum werden. Aber das hatte Zeit bis später. „Evan, geh mit Sev und zeig ihm sein Zimmer, die Tür gegenüber von uns, dann ist er ganz in unserer Nähe. Ihr könnt den Hauselfen sagen, wie ihr es einrichten wollt. Oh, kein Tränkelabor außerhalb meines Labors.“
 

Evan lachte leise. „Ganz bestimmt nicht, in dem Mief kann kein Mensch schlafen!“
 

„Hast du eine Ahnung“, gab Lucius nur trocken zurück, sah, wie Evan ging, den Jungen immer noch auf seiner Hüfte, dann sah er auf seinen Sohn, der sich gerade zu einem Nickerchen auf dem Boden verabschiedet hatte. Mit einem kurzen Aquamenti hatte er Draco aber wieder wach bekommen, setzte sich in einen der Sessel, die im Empfangsraum standen und beobachtete, wie der sich hastig umsah, dann zurücksackte.
 

„Dad, ich hatte einen sehr, sehr seltsamen Traum…“
 

„Dein Traum hat sehr schwarze Augen, ist etwa so groß, wie mein Enkel, etwas verweint, weil er nicht weiß, was ihn getroffen hat und befindet sich mit deinem Stiefvater auf den Weg in seine neuen Zimmer.“
 

„Aber… aber Dad! Severus… wir haben ihn sterben sehen, er ist…!“
 

„Er war tot, ja, daran besteht kein Zweifel, bedenkt man, wie oft ich sein Grab besucht habe. Aber er wurde wohl zurückgebracht. Ich habe keine Ahnung, wie oder warum, die hat Evan in dem Sinne auch nicht, er ist meinem Mann einfach in die Arme gestolpert und bei ihm hat das eingesetzt, was wir bei Kindern nun schon öfter beobachten konnten – vielleicht etwas stärker, als sonst“, fügte er an.
 

Draco spürte regelrecht, wie das Blut ihm wieder aus dem Gesicht wich. Sein Patenonkel war als Kind zurückgekehrt? Auferstanden von den Toten?! Das war unheimlich! Doch dieses Mal kippte er, dank einer sofortigen Ohrfeige, nicht wieder um. Was immerhin schon mal ein Anfang war. „Was… passiert jetzt?“, fragte er daher, versuchte, seine Gedanken um die Tatsache zu bringen, dass Jemand, um den auch er getrauert hatte, als kleines Kind wieder aufgetaucht war. Nein, irgendwie klappte das so was von gar nicht.
 

„Es stellte sich raus, dass Evans Namensänderung für uns sehr vorteilhaft war“, erklärte Lucius. „Es war eine Sache von ein paar Stunden, die entsprechenden Papiere zu erhalten. Er wird hier noch einmal aufwachsen, nur dieses Mal mit einer Kindheit, die man auch als solche bezeichnen kann, glaub mir, dafür wird Evan sorgen.“ Er musste jetzt noch schlucken, wenn er an die rohe, magische Macht dachte, mit der Evan die Unsprechbaren, die ja für diese Ämter gewählt wurden, weil sie ungewöhnlich stark waren, einfach so zurückgedrängt hatte. Nun, er war auch stark genug gewesen, Voldemort zu vernichten.
 

„Ich glaub, ich setze mich“, murmelte Draco, mehr zu sich selbst, als zu einem Anderen.
 

„Du sitzt schon“, konterte Lucius trocken, doch er verstand, was Draco so aufwühlte. Der Junge hatte seinen Onkel immer bewundert. Immerhin hatte sein Sohn noch nicht mal was gesagt, als er Evan als dessen Stiefvater bezeichnet hatte!
 

„Whatever…“
 

„Draco, ich will nach oben, zu Evan und Sev, kannst du bitte unseren Leuten und Percy Weasley und seinen Brüdern Bescheid sagen?“ Immerhin brauchten sie etwas Hilfe und der Rotschopf, der hier lebte, würde es ohnehin spätestens morgen erfahren. Konnte er es auch direkt aus der Quelle hören!
 

„Ja, sobald ich nicht mehr umkippe, wenn ich aufstehe“, beschwichtigte Draco. „Kann ich…?“
 

„Er wird nachher mit uns zu Abend essen, da kann er auch mit Mika und Scorpius reden. Immerhin ist er so alt wie die Beiden. Merlin steh uns bei… der Unsinn aus dem Kopf deines Kindes, kombiniert mit Severus‘ Intelligenz und Michaels Verbindungen… wir sind so was von geliefert“, murmelte er, während er sich auf den Weg nach oben machte, als ihm klar wurde, was für ein Trio sie nun unter dem Dach hatten. Keine Frage, die Weasleyzwillinge würden von ihrem Thron fallen, vermutlich sogar die Herumtreiber. Sie mussten den Kindern also vor allem Verantwortung beibringen, um wirklich schlimme Verletzungen zu verhindern!
 

Evan lief direkt an dem umgekippten Draco vorbei und die breite Wendeltreppe nach oben, während er spürte, wie der Junge, der sich bis eben gewehrt hatte, an ihm festklammert. Ja, so hatte er sich das erste Mal hier auch gefühlt – vollkommen eingeschüchtert von der Eleganz hier, doch er hatte schnell gesehen, mit wie viel Ruhe und Liebe hier gelebt wurde. Danach war der Rest nur noch ein großer Spielplatz gewesen. Mika und Scorpius glitten zum Beispiel dauernd an den Geländern herunter, ob sie es nun sollten oder nicht. Na ja, Lucius hatte gesagt, es gab da sogar inzwischen Zauber drauf, weil noch kein Kind in diesen Wänden nicht über die marmornen Handleiten nach unten gerutscht wäre, was auch ihn mit einschließen würde.
 

Oben angekommen öffnete Evan den Raum gegenüber von dem, wo Lucius und er schliefen, sah, wie drei Hauselfen bereits dabei waren, Möbel schweben zu lassen, sehr zum Erstaunen des kleinen Jungen auf seiner Hüfte.
 

Ein etwas größeres aber sicher sehr bequemes Kinderbett hatte bereits seinen Platz in einem Eck des Raumes gefunden, die Vorhänge waren entstaubt und zurückgebunden, die Bettwäsche war hellgrün, die Oberdecke mit Schlangen und Drachen verziert. Sogar hier und da ein Tränkekessel war zu sehen. Ein großer Kleiderschrank aus mittelbraunem Holz stand da mit weit geöffneten Türen, während die kleinen, eifrigen Geister, die Evan immer grüßte und lobte, Kinderwäsche darin stapelten, die aussah, wie neu und die vermutlich wirklich kaum getragen war. Er lächelte den kleinen Kreaturen zu, sah dann zu den hellen, schwer wirkenden Kisten, die an ihm vorbei ins Nebenzimmer flogen, zweifellos voll mit Spielsachen. Oder zumindest würden sie es sehr bald sein. Dann kam ein Schreibtisch, Teppiche breiteten sich aus. „Na, Severus?“, fragte Evan sanft. „Meinst du, man kann hier auch leben?“
 

Mit aufgerissenen Augen und offen hängendem Mund beobachtete Severus, wie der Raum sich füllte, die kleinen, komischen Wesen, das waren sicher Hauselfen, Moma hatte oft von den hilfreichen Geistern gesprochen, die man nie sah und die doch immer die Arbeit machten – wenn man sie sich denn leisten konnte, denn Hauselfen bekam man nicht einfach mal eben so. Und hier waren gleich drei Kreaturen mit riesigen Augen! „Da… können…“, er schniefte aufgebracht. Das Zimmer allein war so groß, wie das gesamte Untergeschoss von Spinners End!! „Das… is riesig…“
 

„Und ganz für dich allein“, lächelte Evan, strich sanft über Severus‘ bleiche Wange. Er brachte den Kleinen zum Bett, setzte ihn da ab.
 

„Meins…?“, flüsterte Severus, sah sich um, strich mit den Fingern über die sich sehr dick anfühlende Decke, nicht zu vergleichen mit der, die er früher gehabt hatte.
 

„Ganz allein deins“, nickte Evan, half dem Kleinen, sich von dem Mantel zu befreien und wieder auf die Füße zu kommen. Er nahm ihn mit in das andere Zimmer, wo tatsächlich gerade Kisten mit Bausteinen aufgestellt wurden. „Das ist dein Spielzimmer“, erklärte seinen neuen Mündel, ging dann wieder durch das Zimmer und in dessen kleines Bad, das er dort hatte. Das fanden Malfoys einfacher, wenn Kinder ins Bett gebracht werden sollten.
 

„Mommy“, flüsterte Severus nur leise, während er schniefte.
 

„Oh, Sev“, murmelte Evan, setzte sich mit dem Kleinen auf den Boden, nicht wissend, was er tun konnte. „Ich weiß, dass es schwer ist… und…“ ,in dem Moment fiel Evan etwas ein, er winkte eine der Hauselfen zu sich, bat diese, den Raben von dem Sessel zu holen, was die auch sofort tat. Er nahm das Stofftier, strich über Severus‘ Hand und legte es ihm hinein.
 

Severus wusste, er war ein Baby, er weinte schon wieder, aber er wollte seine Mommy wieder haben! Sie sollte ihn holen, ihn drücken und mit ihm hier bleiben! Doch sie kam nicht, da war nur der komische, wenn auch nette Mann, der ihn hielt und nicht mal sagte, dass er sich benahm, wie ein Baby. Und dann, auf ein Mal, hatte der… seinen Raben in der Hand, gab ihn ihm! „Krächzi“, flüsterte Severus, seinen kleinen Gefährten eindeutig erkennend. Vater hatte ihn ihm am Morgen erst weggenommen, gebrüllt, er sei mit fünf Jahren zu alt für so einen Mädchenkram. Es war sogar ein Flügel gerissen und er selbst hatte ihn wegwerfen müssen, in die eklige Tonne. Doch hier war er, sein Krächzi, mit dem Farbklex auf dem Schnabel, von dem Stift, mit dem Mommy und er das Schreiben geübt hatten und die Flügel waren beide dran!
 

„Ich dachte, er heißt Abraxas?“, fragte Evan überrascht. Severus hatte ihm damals erzählt, dass man auch ihm vieles weggenommen habe und erst, als seine Eltern tot gewesen waren, im Alter von siebzehn, hatte er in einer Truhe seiner Mutter sein altes Stofftier wiedergefunden. Und noch mehr geweint, heimlich, wo Niemand es gesehen hatte da man ihm früh eingeredet hatte, dass ein Mann so etwas nicht zu tun habe.
 

„Krächzi“, gab Severus leise zurück. Mommy hatte ihn aber auch immer Abraxas genannt.
 

„Nun, Krächzi wird bei dir bleiben, siehst du?“, lächelte Evan, strich über die dunklen, feuchten Haare. „Und er wird dich beschützen. Wie deine Mommy auch. Auch, wenn du sie nicht sehen kannst, sie ist immer bei dir.“
 

Das brachte Severus nur zu einem neuen Weinkrampf, bei dem er seinen Stoffraben eng an sich drückte.
 

So fand Lucius seinen Ehemann. Auf dem Kinderbett sitzend, den kleinen Severus im Arm, der Evans eigenen, größten Schatz an sich geklammert hielt. Das Plüschtier, das der in der Kiste gefunden hatte, die Severus ihm hinterlassen hatte. Er trat zu den Beiden, setzte sich ebenfalls, zog seinen Mann zu sich. „Es wird auch besser werden…“
 

„Ich weiß“, lächelte Evan. „Er hat gerade erfahren, dass er seine Mutter verloren hat… er darf weinen.“ Er wartete, bis Severus sich wieder etwas beruhigte, sah dann auf die Uhr. Fünf. Gleich würde es ohnehin Abendessen geben. Es war keine Stunde mehr. „Sev, magst du die anderen Kinder kennenlernen?“
 

Kurz sah Severus auf, schüttelte dann den Kopf. Er wollte nicht!
 

„Och, keine Sorge, das sind ganz liebe Jungen, komm! Das lenkt dich auch ab!“
 

Und noch bevor Severus erneut widersprechen konnte, wurde er hochgehoben, aus den Zimmern gebracht und nach schier endlosen, gleich aussehenden Gängen öffnete sich eine andere Tür, wo ihn sofort zwei Jungen ansahen, die bis dahin hinter einer tollen Eisenbahn her gerannt waren. Einer Blond, wie der Mann, der hinter dem lief, der ihn trug und der Andere mit richtig karottenroten, lockigen Haaren. So eine Farbe hatte er auch noch nicht gesehen!
 

Entschieden setzte Evan Severus auf den Boden, sah zu den anderen beiden Jungs, die sofort zu ihm rannten, um ihn stürmisch zu begrüßen. „Scorp, Mika, ich hab euch Jemanden mitgebracht“, erklärte er, nachdem er beide Jungen begrüßt hatte. „Severus hat seine Eltern verloren und lebt jetzt bei Lucius und mir und damit bei uns allen“, erklärte er, wobei er sah, dass Scorpius schon vor Mitleid zerschmolz, während über Mikas Gesicht Verständnis glitt, das man hatte, wenn man etwas sehr Ähnliches erlebt hatte. „Er ist etwas schüchtern, aber ihr seid doch lieb und spielt mit ihm, oder?“
 

„Ja, Onkel Evan“, strahlten beide Jungen, wobei Scorpius den Dunkelhaarigen sofort in die Arme zog. „Onkel Evan is der Besteste!“, erklärte er mit dem Brustton der Überzeugung, der keinen Widerspruch duldete. „Komm, guck mal unsere Hogwartsbahn! Daddy hat sie mir letztes Jahr gegeben, sie hat mal ihm gehört! Schau, in den Abteilen haben wir Schüler! Und da is unser Hogwarts! Und…!“
 

Gewonnen, stellte Evan fest, der sich an Lucius lehnte. Zwar schniefte der Kleine noch immer, doch die beiden anderen Jungen hatten dessen Aufmerksamkeit schnell gefesselt, zeigten Severus ihr liebstes Spielzeug im Haus und ließen ihn auch damit fahren. Kleine Jungen eben. Sicher, die ersten paar Nächte würden nicht leicht werden, doch dann würde es sich geben, davon war Evan überzeugt. „Hast du nicht irgendwo ein Bild von Eileen Snape?“, fragte Evan schließlich leise. „Ich würde es Sev gern ins Zimmer geben…“
 

„Seit ihrer Hochzeit keines mehr, auf dem sie wirklich glücklich aussieht“, erklärte Lucius ruhig, seinen Ehemann wieder mal an sich zerrend. „Aber du könntest ihm doch ein Bild malen, ich gebe dir ein Foto, das Severus mal hier vergessen hat, es wurde aufgenommen, als er wirklich etwa fünf war, es ist ein Portrait seiner Eltern, doch Eileen sah wirklich immer gedrückt aus.“
 

„Nun, dann werde ich ihm ein Bild von seiner Mutter malen, die lächelt!“, entschied Evan, froh, sein Talent für etwas so Gutes einsetzen konnte.
 

Lucius antwortete nicht, er küsste seinen Mann einfach nur, strich über dessen Seite. „Wollen wir die Drei kurz allein lassen und uns umziehen?“, schlug er vor.
 

„Ich… weiß nicht, ich will ihn nicht allein lassen…“
 

„Evan, er verschwindet nicht“, erinnerte Lucius den Jüngeren. „Und die Beiden sind so begeistert von ihm, dass sie ihn nicht allein herumlaufen lassen werden. „Und du magst diese steifen Sachen doch auch nicht. Du musst nachher einen Fünfjährigen baden, umziehen und ins Bett bringen, wo er sicher wieder weinen wird.“
 

„Du hast Recht“, seufzte Evan, sah zu den Kindern. „Scorpius, Mika, ich verlasse mich auf euch, achtet auf Sev, ja? Ich hole euch gleich zum Essen ab, aber Lucius und ich müssen uns noch umziehen.“
 

„Versprochen, Onkel Evan!“, kam es aus der Ecke gerufen, wobei die Kleinen kaum aufsahen. Nur Severus warf ihm einen seltsamen Blick zu, doch dann wurde er auch schon weitergezogen. Und Evan ebenfalls.
 

Lucius schüttelte durchaus auch etwas amüsiert den Kopf, während er beobachtete, wie sein Mann sich in einer noch nie gesehenen Geschwindigkeit seiner guten Kleidung entledigte, andere anzog und wieder raus rennen wollte, doch er hielt seinen Mann auf, zog diesen an sich. „Lass den Jungen Zeit“, bat er, küsste seinen Gefährten. „Kinder können Kindern oft besser helfen, als wir. Und Mika ist in einer sehr ähnlichen Situation.“
 

Evan seufzte, doch schließlich ließ er sich doch von seinem Mann ablenken – für eine Weile. Um halb sieben allerdings hielt ihn nichts mehr. Er lief los, um die Kinder zu holen, doch Lucius hatte ein Mal mehr Recht gehabt, die drei saßen in einem Kreis zusammen und spielten mit Murmeln, während der Hogwartsexpress um sie herumfuhr. „Kinder.“
 

„Was denn, Onkel Evan?“, frage Mika, der gerade frustriert aufstöhnte. Offenbar hatte er gerade verloren, bei den obskuren Regeln, die sich nur Kinder ausdenken konnte und die zu verstehen Evan aufgegeben hatte.
 

„Abendessen. Kommt ihr?“
 

Und schon schossen alle drei Kinder an ihm vorbei, wobei der Blonde und der Rotschopf den armen Severus in die Mitte genommen hatten und ihn sehr entschieden mit sich zerrten.
 

Severus konnte sich nur vor Staunen die Augen reiben, als er den gedeckten Tisch vor sich sah. Da gab es ein volles Sonntagsessen, mitten an einem Wochentag! Eine große Schüssel mit dampfender Suppe, aus der Jeder erst mal zwei Kellen voll bekam, dann warteten da weitere Schüsseln und Pfannen, aus denen es duftete und vor jedem Teller stand schon ein Stück Kuchen als Nachtisch! So was hatte es sonst nie gegeben, nur immer Brot und Butter, manchmal ein Ei oder etwas Käse, weil Vater so viel Geld versoff und nicht mal Momas Tränke genug einbrachten, um mehr als das Notwendigste zu kaufen. Hier aber bekam er nach der ersten Portion Fischstäbchen mit Kartoffelbrei und Spinat sogar noch mal Nachschlag, obwohl er nicht drum gebeten, nur die Köstlichkeiten angestarrt hatte. Und dann der Nachtisch! Das war ein köstlicher Kuchen! Ganz süß und mit Schokostreuseln oben drauf!
 

Anschließend wurde er wieder hoch gebracht, in das Zimmer, das nun gar nicht mehr leer aussah, sondern wie ein richtiges Kinderzimmer. Nicht die kleine Kammer, die er hatte, sondern ein wirklich bequemer, großer Raum mit Schreibtisch, Stiften, Papier und vielen anderen Dingen. Er wurde ins Bad gebracht, das erste Mal seit einem Jahr wurde ihm beim Ausziehen geholfen, er kam in eine Wanne mit warmem Wasser, dann, als er sauber war, wurde er in einen bunten, ganz flickenfreien Schlafanzug gesteckt, der so herrlich warm war, dass er sicher sogar im Freien warm halten würde. Anschließend hob der Evan-Mann ihn wieder hoch, brachte ihn zu dem Bett – und Severus wurde wieder klar, dass Moma nicht für den Gute-Nacht-Kuss kommen würde. Was half da ein schönes, großes Bett? Sie würde keine Nachtlieder mehr für ihn singen und ihn streicheln!
 

Evan war wenig überrascht, als Severus, kaum im Bett liegend, wieder zu weinen begann. Damit hatten sie ja auch gerechnet, doch das änderte nichts daran, dass ihm das das Herz zerriss. Er hob Severus wieder hoch, hielt ihn fest. „Ich weiß“, flüsterte er. „Ich weiß, dass du dich schlecht fühlst. Aber es wird Alles gut, du bist nicht allein. Und du wirst es auch nie sein…“ Er wiegte das schluchzende Kind, bis es schließlich erneut vor Erschöpfung einschlief.
 

Erst dann legte Evan den kleinen Jungen wieder in die Laken. Er hätte Severus am liebsten zu Luc und sich selbst ins Bett genommen, aber der Kleine kannte sie nicht und das hätte ihn vermutlich mindestens genauso zum Weinen gebracht. Er deckte Severus zu, wischte die Tränen von dessen Wangen und legte ihm den Raben wieder in die Arme, den der Kleine nur im Bad nicht bei sich gehabt hatte. Dann rief Evan eine Hauselfe und bat diese, ihm sofort Bescheid zu sagen, sollte, wenn Severus aufschrecken sollte. Er wollte nicht, dass der Kleine in einer fremden Umgebung allein aufwachen würde.
 

Erst dann stand Evan auf, trat vor die Tür, wo Lucius schon wartete, der eben am Tisch noch mit Draco und Percy geredet hatte. „Er hat wieder so geweint…“
 

„Das haben wir ja erwartet“, stellte Lucius leise fest, sah dann seinen Geliebten an. „Willst du.. trotzdem zum Friedhof?“, fragte er schließlich.
 

„Ich…“, kurz schloss Evan die Augen. Severus war nicht mehr dort, er war hier, gesund, wenn auch verwirrt und verängstigt, schlief vollkommen erschöpft, wie nur ein Kind es tun konnte. Andererseits wollte er auch sichergehen, dass die Gräber in Ordnung waren, immerhin war das auch ein Beweis für die magische Welt, dass der Severus Snape, den sie ja so hassten, tot war. „Ich denke, wir… sollten kurz vorbei sehen“, entschied er dann. „Nur… zur Kontrolle.“ Er hatte ein komisches, ein seltsames Gefühl in der Magengrube. „Wenn… es dir nichts ausmacht?“
 

„Nein, warum sollte es“, beruhigte Lucius, der eigentlich ohnehin von einem Besuch dort ausgegangen war. Und wenn er dann nur kurz dauern würde, wer war er, das zu verweigern?
 

„Danke… du lässt dich für mich auf so viel ein…“
 

„Du bist mein Gefährte, du bist mein Mann, Evan. Ich liebe dich. Und das, was du möchtest, ist nichts, was mich wirklich etwas kosten würde…“, erinnerte Lucius den Anderen, küsste ihn sanft. „Komm, gehen wir los. Dann sind wir in einer halben Stunde wieder da, wenn etwas mit Sev sein sollte.“
 

Evan nickte, ließ sich von Lucius ins Empfangszimmer bringen, der einzige Raum, von dem aus man apparieren konnte, der Ältere zog ihn an sich, nahm ihn so mit.
 

Draußen war es schon dunkel, die Straße lag verlassen da, also würde auch der Friedhof leer sein. Gut, stellte Evan fest, ging mit Lucius zum Tor, das sich auf eine Bewegung von dessen Hand mit einem leisen Knarzen öffnete, obwohl es eigentlich schon abgeschlossen sein sollte. Er lief die vertrauten Grabsteinreihen ab, die durch ein Lumos etwas erhellt waren, doch er hätte seinen Weg auch mit verbundenen Augen gefunden, so viel Zeit hatte er hier verbracht. Doch dann, kurz vor dem Grab, stockte er, wurde schneeweiß. Was war hier geschehen?! Der Grabstein seiner Eltern hatte sich verschoben, der von Sirius war einfach umgekippt und Severus‘ Grab… sah aus, als habe Jemand sehr, sehr viel Zeit auf die vollkommene Zerstörung gerichtet! Die Erde war aufgewühlt, die Pflanzen lagen zerstört und tot überall verteilt, der Grabstein war in winzige Stücke zersprengt worden und die Erde…! In dem Moment spürte er eine Hand über seinen Augen.
 

Lucius hatte neben der Zerstörung etwas viel Schlimmeres entdeckt – den verstümmelten Leichnam des erwachsenen Körpers seines Freundes, einige Schritte weit von dem Chaos entfernt, er schaffte es gerade noch rechtzeitig, Evan die Augen zuzuhalten. Ja, Klein-Sev mochte bei ihnen in einem warmen Bett liegen und erschöpft schlafen, doch der Anblick des bereits teilweise verwesten Körpers, der zerlegt und aufgeschnitten worden war, das hätte sein Gefährte nicht verkraftet. „Evan, wir gehen zurück“, erklärte er, umarmte seinen Gefährten, sicher stellend, dass der das hier nicht sehen konnte, apparierte zurück, überließ Percy seinen verstörten Mann und apparierte ein weiteres Mal zum Friedhof, um die Schäden zu beseitigen und Severus wieder zur Ruhe zu betten. Aber vor Allem, um rauszufinden, welche Irren das gewesen waren, denn es musste Jemand mit Magie gewesen sein, der Grabstein hatte nur durch Bombarda so zugerichtet werden können!
 

Eine Weile lang starrte Lucius auf das Chaos, bevor er seinen Zauberstab schwang, den eleganten, sicher schrecklich teuren Sarg, den Evan bezahlt hatte, zu richten und die Überreste wieder hinein schweben ließ, bevor am nächsten Morgen eine hysterische alte Frau das hier sehen konnte. Es konnte erst kurz vor ihrer Ankunft hier geschehen sein! Gerade, als er den Sarg zumindest wieder in der Erde hatte, hörte Lucius das Knacken in der Luft, sah auf, den Zauberstab wieder im Anschlag – doch es war sein aufgebrachter Sohn, der nur einen Blick warf – und dann wortlos mithalf. Zusammen sprachen sie alte, fast vergessene Schutzzauber, die diese Grabreihe vor weiteren Schäden bewahren und sie über Zerstörungsversuche informieren würde. „Wo ist Evan?“, fragte Lucius schließlich.
 

„Percy musste ihn in Severus‘ Zimmer bringen, er war schneeweiß, hat was von Grab gemurmelt. Und dass du ihm die Augen zugehalten hättest.“
 

„Kannst du dir ausmalen, wie er reagiert hätte, hätte er den Körper von dem Mann, der ihn gehalten hat, in Einzelteilen über den Friedhof verteilt gesehen?“, fragte Lucius nur knapp. „Ich war froh, dass ich verhindern konnte, dass er mehr gesehen hat, als den zerstörten Grabstein und die rausgerissenen Blumen!“
 

Bei dem Satz wurde Draco selbst schlecht, er sah sich um. „Wer war das?“
 

„Ich habe keine Ahnung, aber ich fürchte, dieser Jemand hat es nicht wirklich auf Severus abgesehen gehabt, sondern auf Evan selbst. Entweder, weil man Harry Potter gesucht hat, oder weil Jeder leiden soll, der Severus verteidigt.“
 

„Toll, da hat Jemand nen effektiven Weg gefunden, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen“, stellte Draco trocken fest.
 

„Und ich habe keine Ahnung, wer…“
 

Draco hob eine Augenbraue, sah sich den nun wieder normal aussehenden Friedhof an, auf dem er vorher nur ein einziges Mal gewesen war, um seinem Patenonkel Respekt zu zollen. „Ist noch magische Präsenz da?“, fragte er das Offensichtlichste. Denn er hatte, auch, wenn er Politiker war, einen Kurs für werdende Auroren mitgemacht, um sich selbst zu schützen.
 

„Oh“, murmelte Lucius, sich selbst fast schlagend für so einen blutigen Anfängerfehler. Dabei musste er doch aufpassen, um seinen Gefährten zu schützen, er hatte doch nur einen und den liebte er zu sehr, um sich auch nur vorzustellen, dass der sterben konnte. Allein das Wissen, dass der Jüngere ihm ja eigentlich ohnehin schon ein Mal fast unter den Händen weggestorben war, löste bei ihm Zittern aus! Er sprach den Zauber schließlich selbst. Und ja, es gab eine Menge Rückstände – alle von derselben Person.
 

„Ich würde…!“
 

„Dad, Niemand würde auch nur einen Finger rühren! Sie halten Sev für einen Verräter und wenn das bekannt werden würde, würden noch mehr Leute hierher pilgern, um das Grab zu schänden!“, rief Draco, packte den aufgebrachten Mann, der kurz vor der Raserei zu stehen schien. Aber auch er war entsetzt. Sicher, er mochte nicht alle Weasleys und die, die er mochte, mochte er so lang nun auch wieder nicht, doch eigentlich hatte er die Familie auch durchaus bewundert. Immerhin schien die zusammengehalten zu haben, selbst als es schwer geworden war. Erst durch das Verhalten der Jüngsten hatte deren Ansehen wirklich Schaden genommen.
 

„Sie wusste es! Sie wusste, dass Harry Severus mochte! Sie wollte ihn! Und sie wusste, dass sie ihn mit so was treffen konnte! Sie… sie will ihn umbringen…!“
 

„Dad, sie gibt Potter die Schuld an dem Schicksal ihrer Tochter, sie will nicht anerkennen, dass dieses Flittchen es ganz allein soweit getrieben hat, sie gibt ihm die Schuld, also will sie ihn umbringen, als würde das das Problem verschwinden lassen“, erklärte Draco, nicht glauben könnend, dass er gerade seinen Vater beruhigen musste. „Da sie ihn nicht gefunden hat, wollte sie ihm zumindest weh tun und das hat sie wohl auch geschafft, selbst, wenn er nicht alles gesehen hat. Der Vorteil ist, dass wir beide es wissen und entsprechend aufpassen können…“
 

„Aber… ich kann nicht immer bei ihm sein! Ich will ihm nicht das Gefühl geben, unter Beobachtung zu stehen! Und ich kann ihm unmöglich sagen, dass ihm schon wieder Jemand ans Leder will! Evan mag sich ja beruhigt haben, aber das…!“
 

„Dad, du wirst gerade panisch“, merkte Draco an, zog den Anderen zu einer der Bänke, die die Mauer des Friedhofes säumten. „Und Niemand hat von dir geredet. Aber hat Graham sich nicht auf der Insel aufgeregt, dass er kaum noch was zu tun hat, seit es keine Kriege mehr gibt? Er nennt sich einen super Strategen. Warum setzen wir ihn nicht auf Evan an und sehen, wie schnell wir ihn in die Frührente treiben können? Für so was würde er Griechenland sofort verlassen!“
 

„Draco – manchmal kannst du wirklich verschlagen sein“; musste Lucius feststellen und trotz der Situation grinsen, denn er wusste, Graham würde kommen – und an seine Grenzen stoßen, denn so sehr er Evan liebte, Severus hatte immer Recht gehabt. Der Jüngere würde jeden noch so gut versteckten Strohhalm finden, über den man fliegen könnte und sich dann alle Knochen daran brechen. Danach würde er nie wieder über Langeweile klagen, da er dann nur noch am Rennen sei.
 

„Ich hab vom Besten gelernt“, konterte Draco unbeeindruckt, froh, dass sein Vater sich wieder in den Griff bekam, denn den Anderen so zu sehen, war für ihn doch etwas irritierend, um nicht zu sagen, schlicht unerträglich. „Damit wäre Evans Hintern überwacht, selbst wenn er mal nicht an dir klebt, da diese Irre ihn ja jagen wird, mit egal welchem Namen, da sie sich an Jedem vergreifen wird, der Snape heißt, weil sie weiß, dass Harry Potter ihn mochte.“
 

„Das hat er nicht verdient“, murmelte Lucius getroffen. „Der Krieg ist seit mehr als sechs Jahren zu Ende und er findet keine Ruhe!“
 

„Ich glaub, er wusste, worauf er sich eingelassen hat“, entgegnete Draco vernünftig. „Und jetzt komm mit, nagle deinen Mann, bekomm dich ein und überlass Graham mir. Ich glaub, ich sag Mattie auch noch Bescheid, dass der Jaden sagt, dass der mehr Tränke brauen muss.“
 

Das war Alles, was Lucius brauchte, bevor er wieder heim apparierte und direkt in Severus‘ Zimmer ging, wenig überrascht, Evan da zu finden. Er saß am Bett des schlafenden Kindes und strich von Zeit zu Zeit über dessen Gesicht. „Hat er geschlafen?“
 

Erschrocken wandte Evan sich um, er wusste, man würde sehen, dass er wieder geheult hatte, doch er verstand nicht, wie Jemand auch noch ein Grab schänden konnte! Sev hatte nichts getan, außer zu helfen und für seinen einen Fehler hatte er so lange gebüßt! Er wischte sich die Wangen ab. „Er war kurz ein Mal wach und hat geweint, sich aber dann beruhigt“; erklärte er, nahm die sich ihm entgegenstreckende Hand.
 

„Komm. Es wird Zeit, dass du auch ins Bett kommst, bis die Hauselfen uns rauswerfen, weil eines der Kinder weint.“ Und damit tat er genau das, was sein Sohn ihm vorgeschlagen hatte.
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Vor Wut tobend stand Hermine vor dem kleinen Einfamilienhaus, in dem sie vor so vielen Jahren aufgewachsen war. Sie konnte es nicht fassen, dass ihre Eltern sie einfach vor die Tür gesetzt hatten! Nur, weil sie die dummen Blagen nicht hatte behalten wollen und sich von ihrem unfähigen Mann scheiden ließ, weil sie eine bessere Partie in Aussicht gehabt hatte! Und sie wäre noch nicht mal hierher gekommen, hätten sich die beschissenen Malfoys nicht auch noch eingemischt und offiziell gemacht, dass Ron ein Säufer war, sie eine Rabenmutter, die Kinder wegwarf wie Dreck und dass sie beide vergessen hatten, dem letzten, hässlichen Wurm einen Namen zu geben! Und? Wen hatte das denn zu interessieren?! Das war allein ihre Sache! Wer wollte schon Kinder von einem Dummen? Das hätte nur ihren hohen Wert gemindert, den sie dank ihres Intellektes hatte!
 

Aber nein, der Artikel hatte ihr Leben ruiniert! Der Mann, der sie heiraten wollte, war sofort abgesprungen und war sogar angewidert vor ihr zurückgewichen, hatte die Dreistigkeit gehabt, zu sagen, dass so etwas wie Hermine nicht die Mutter seiner Kinder werden würde. Als wäre sie etwas Dreckiges und nicht Trägerin eines Merlinordens! Nun ja, es war ein Prozess ins Rollen gebracht worden, um ihr diesen abzuerkennen, wie man es mit Ginny getan hatte, dabei hatte sie die Ratten nicht mal umgebracht, sondern groß gezogen! Und? Sie hatte die Gören eben nicht haben wollen! Die waren lästig gewesen und sie hatte unbelastet in eine neue Beziehung gehen wollen! Wer hatte aber auch ahnen können, dass Percy die Blagen behalten hatte, statt sie zu Molly zu bringen! Immer musste sie Pech haben!
 

Sie hatte ihren heiß geliebten und richtig gut bezahlten Job verloren, zusammen mit der Bezahlung, den Privilegien und ihrem mühsam erarbeiteten Ansehen! Alles verloren! Niemand würde sie nach den Schlagzeilen mehr einstellen, das war auch Hermine klar, denn dumm war sie wirklich nie gewesen. Sie hatte auch keinen Harry Potter mehr, mit dem sie sich zeigen konnte, um wieder beliebter zu werden, mal ganz davon zu schweigen, dass der sie vermutlich auch verurteilt hätte, nur wegen der dummen Blagen.
 

Doch dass nicht mal ihre Eltern sie wieder aufnehmen würden, damit hätte sie nicht gerechnet! Woher wussten die überhaupt von den Rotznasen? Sie hatte nie etwas von ihnen erzählt, eben weil sie immer gewusst hatte, dass sie die irgendwann loswerden wollte!
 

Nun stand sie hier mit ihrem geschrumpften Koffer und ihrem letzten Geld! Ihre Karriere in der magischen Welt war vorbei, bevor sie wirklich begonnen hatte und für die Muggelwelt fehlten ihr die verdammten Zeugnisse! Niemand würde ihr die Blagen zurückgeben, nicht, dass sie das wollte. Wohin gehen? Was sollte sie tun? Sie war die klügste Hexe in Hogwarts seit Albus Dumbledore, warum war sie dazu verurteilt, alles zu verlieren?! Sie hatte es so genau geplant! Hätte sie den Politiker geheiratet und ihre Ausbildung als Unsprechbare beenden können, wäre sie berühmt geworden! Reich und berühmt! Geachtet!
 

Aber nein, selbst ihre Eltern wandten sich von ihr ab, zugunsten von zwei Würmern, die sie noch nicht mal kannten und die hässlich waren wie die Nacht! Der Junge, den sie nicht mal als Sohn bezeichnen mochte, sah aus, wie Weasley und das Gör tat den gesamten Tag nichts, als sich selbst blau zu plärren! Sie war deren Tochter! Und eine Heldin!
 

Kurz schloss Hermine die Augen, zwang sich, ruhig durchzuatmen und die Straße hoch erhobenen Hauptes zu verlassen, damit Niemand wissen würde, wie man sie verletzt hatte. Sie wusste, sie konnte sich nur eine sehr billige Bleibe leisten fürs Erste, da sie nicht wusste, wie lang sie dort bleiben musste – und das Schlimmste war, dass die neuen Gesetze besagten, dass sie in der Muggelwelt keine Magie anwenden durfte, außer um sich zu verteidigen, was bedeutete, dass sie selbst putzen musste und keine Möbel transfigurieren konnte, ohne bestraft zu werden! Sie war rundum nur gearscht.
 

Aber Hermine wäre nicht Hermine, wenn sie sich nicht rächen würde. Percy die Ratte würde das bereuen, bitterlich und sie würde tun, was sie schon vor der Geburt der Blagen hätte tun sollen – sie würde die hässlichen Wechselbälger killen! Polytrank war schnell gebraut, dann konnte sie Weasley einfach umbringen.
 

Mit kaltem Lächeln lief Hermine weiter, bis hin zu einem kleinen, aber sauberen Hotel, von dem aus sie am nächsten Tag weitersehen konnte. Sie musste nah an eine magische Siedlung ziehen, sonst würde sie Probleme bekommen bei dem, was sie vorhatte.

Familie und der Rest vom Chaos

Sanft strich Evan über Severus‘ Rücken. Der Kleine war um etwa sieben Uhr morgens aufgewacht und hatte, nachdem ihm wohl wieder klar geworden war, dass seine Mutter nicht kommen würde, direkt das stumme Weinen begonnen, weswegen eine Hauselfe Evan, auf dessen Befehl hin, geholt hatte. Er saß nur da, wollte dem Kleinen helfen. Doch er wusste auch, es brauchte Zeit. Bei ihm waren es sechs Jahre gewesen und erst in den letzten Monaten war es ihm wirklich besser gegangen, wenn er ehrlich war. Dank Lucius und dessen unnachgiebiger Art, seiner Nähe und seiner Geduld.
 

Der Blonde war schon um halb sechs Uhr morgens aufgewacht, was Evan geweckt hatte. Doch sein Mann hatte darauf bestanden, dass er noch etwas weiterschlafen solle, er wolle nur mit einem Verwandten noch etwas vor dem Frühstück klären, bevor er um acht Uhr zur Arbeit müsse. Evan hatte sich tatsächlich noch mal umgedreht, doch nun saß er hier, mit einer nur hastig übergestreiften Schlafhose. „Möchtest du ein Bild von deiner Mommy in dein Zimmer bekommen?“, fragte er schließlich leise, als die Schluchzer nachließen. „Ich kann eines malen, wenn du möchtest. Ganz für dich allein und das hängen wir auf, wo du magst.“
 

Im ersten Moment nach dem Aufwachen war Severus sehr irritiert gewesen, es war so warm und weich gewesen, gar nicht wie seine Matratze im ungeheizten Zimmer. Oder draußen, weil er nicht schnell genug gewesen war. Doch dann war es ihm wieder eingefallen. Sein Tag. All die komischen Sachen. Er war mit dem letzten Geld los, um Bier zu holen, weil Moma sich wieder nicht hatte bewegen können, nur um sich dann auf unerklärliche Weise mitten in nichts zu finden – und bei einem seltsamen, wenn auch freundlichen Mann, der ihm geholfen hatte, als andere Zauberer gekommen waren, um ihm was zu tun. Und dann hatte er erfahren, dass sein Zuhause kaputt war – so, wie seine Eltern und dass er bei den beiden Fremden bleiben sollte. Er war in dieses riesige Schloss gekommen, zu zwei anderen Kindern, wo es viel zu Essen gegeben hatte, sogar Warmes. Er war gewaschen und ins Bett gebracht worden. Doch Moma hatte ihm nicht vorgesungen und sie würde ihn auch jetzt nicht mit leisen, freundlichen Worten wecken, um ihm klar zu machen, dass Vater noch schlief und nicht geweckt werden durften, aber dass nun mal einige Aufgaben warteten. Pflücken von Blättern für die Tränke, die Moma verkaufte, Schneiden und Zerdrücken von Flubberwürmern. All das würde nicht passieren. Severus war in einem fremden Haus bei fremden Leuten. Er wusste, er sollte das nicht, doch er war wieder am Weinen, wobei er nur sein Krächzi hatte, um sich daran festzukrallen.
 

Und dann, irgendwann, spürte er eine Hand auf seinem Rücken. Der nette Mann, der Stimme nach. Er schimpfte auch nicht, sondern streichelte ihn, was Severus sehr seltsam fand, denn sein Vater hätte ihn schon verwemst und rausgeworfen. Hier… der Mann, er war irgendwie wie Moma, nur, dass er nicht versuchte, ihn dazu zu bringen, aufzuhören, wie sie es immer tat. Schließlich begann er, sich etwas zu beruhigen, sah schließlich zur Seite, als er die Frage des Älteren gehört hatte. „Ein… Bild?“; fragte er, dachte an das, was seine Mutter immer gesagt hatte. Dass sie nicht das Geld hatte für ein richtiges Portrait, wie es doch so wichtig gewesen wäre für sie. „Du… kannst das?“, fragt er leise. „Aber… ich hab doch… gar kein Geld und…!“
 

„Sev“, sprach Evan ruhig, hob den Kleinen aus den Decken und auf seinen Schoß, strich die letzten Tränchen weg. „Ich mache das selbst und ja, ich kann das. Das Letzte, was ich von dir will, ist Geld. Davon scheint es hier ohnehin zu gehen. Denk doch nur mal, wie viele Spielsachen im großen Spielzimmer standen. Du bist ein kleiner Junge und denkst nicht an Geld!“, befahl er, stupste die Nase leicht an. „So, und jetzt werden wir erst mal dich anziehen, dann muss ich mich anziehen und dann gibt es in zehn Minuten Frühstück, wir können sogar noch mit Lucius und Draco essen, wenn wir uns beeilen.“
 

Denn wenn Evan ehrlich war, er brauchte das, er wollte bei dem Blonden sein, bevor der zur Arbeit gehen würde, noch ein wenig kuscheln, etwas knutschen, was auch immer, einfach nur etwas Nähe nach der unruhigen Nacht, denn dummerweise hatte der zerstörte Grabstein und das zerwühlte Grab bei ihm Alpträume ausgelöst – wieder mal. Irgendwann gegen Mitternacht hatte er heulend in Lucius‘ Armen gehangen, wieder sehend, wie Severus gestorben war. Und der Blonde hatte ihn gehalten, ihn getröstet.
 

Severus sah den Anderen an. „Frühstück?“, fragte er leise.
 

„Ja, natürlich“, lächelte Evan. „Eier, wie du sie magst, etwas Speck, ein, zwei Würstchen und vielleicht Cornflakes. Der Tisch biegt sich meistens.“ Er stand auf, half auch Severus auf die Füße, öffnete den Schrank und suchte schnell einfache, aber gute Kleidung zusammen, Hose, Rollkragenpullover, dicke Socken. Immerhin wollten sie nachher wieder rausgehen. „So, dann wollen wir mal!“
 

Severus starrte auf die Kleidung in seinen Armen, sie war ganz fein, so was, das man eigentlich doch nur sonntags trug, oder wenn man auf ein Fest ging! Er sah unsicher zu dem Mann, der ihn aber sehr bestimmt in Richtung Bad abdrängte. Ein Bad, das für ihn auch toll war. Ein richtiges Kinderbad, wo er ohne Hocker an Spülstein und Spiegel kommen konnte. Er legte die Sachen ordentlich auf einem kleinen, geflochtenen Tischchen ab, wusch sich, wie er es gelernt hatte, das Gesicht, zog den Schlafanzug aus, faltete ihn ordentlich und stieg in die warmen neuen Sachen, bevor er wieder raus kam, wo der Evan-Mann auf ihn wartete, ebenfalls angezogen, nicht mehr nur in einer Schlafhose, sondern auch in einem Rollkragenpullover, der so grün wie dessen Augen war und einer schwarzen Hose. Er nahm sogar die Hand, die ihm hingehalten wurde, wobei er sich selbst sagte, dass er das nur tat, um hier nicht verloren zu gehen. Krächzi hielt er unter den Armen.
 

Evan brachte Severus ins Esszimmer, setzte diesen und begrüßte erst mal Lucius, der bereits vollständig herausgeputzt, an seinem Platz saß, vor sich einen gut gefüllten Teller. Er küsste seinen Ehemann, sah dann wieder zu dem Kleinen. „Und? Was möchtest du essen? Eier? Vielleicht Rührei? Du musst es mir nur sagen.“
 

Severus starrte auf den dunkelhaarigen Mann, der zu dem großen, Blonden mit den langen Haaren gegangen war, ihn geküsst hatte und sich zwischen sie beide setzte. Das hatte er auch noch nicht gesehen. Dann aber war er irritiert. Eier, einfach so? Zum Frühstück?! Das hatte Moma immer zu Abend gemacht, damit auch mal was Warmes auf den Tisch kam! „Wirklich?“, fragte er leise.
 

„Natürlich“, bestätigte Evan seine letzten Worte. „Was magst du?“
 

„Kann… kann ich… Spiegelei mit Speck auf… weißem Brot bekommen?“, fragte Severus, hoffend, dass er nicht zu weit gehen würde, doch er liebte das und Moma hatte es ihm eigentlich zum Geburtstag versprochen… gestern. Aber sie hatte dann doch kein Geld gehabt, um Speck zu holen, weil Vater nach seinem Bier gebrüllt hatte.
 

„Sicher“, lächelte Evan, bestellte genau das, woraufhin kurze Zeit später zwei weiße, leicht getoastete Brote, belegt mit je drei Scheiben Speck und einem Spiegelei vor dem Kleinen auftauchten. Er band Severus noch schnell eine Servierte um, dann ließ er den begeisterten und vorerst wohl vom eigenen Elend abgelenkten Jungen essen, sah stattdessen zu Lucius, der ihn seinerseits musterte. „Was?“
 

„Hat er dich geweckt?“
 

„Er hat geweint“, erklärte Evan seinem Mann leise, lehnte sich an ihn und schloss kurz die Augen. „Da es ohnehin schon sieben war, dachte ich, dann können wir auch runter gehen und noch mit euch essen.“
 

„Mit ihm meinst du wohl“, gab Draco trocken zurück. Er wusste, in dem Moment hätte er auch gut und gern Luft sein können. Nicht, dass er übermäßig böse war, er beobachtete stattdessen fasziniert den kleinen Jungen, der erstaunlich manierlich und mit großem Genuss sein Frühstück verspeiste. Seinen Patenonkel als Kind zu sehen, war schon etwas sehr Eigenartiges.
 

Evan sah kurz zu Draco, den er, ehrlich gesagt, tatsächlich vorher nicht wahrgenommen hatte, lächelte kurz entschuldigend. „Ich meinte euch… es ist mir gleich, wer mit am Tisch sitzt.“
 

„Stimmt, vom Fummeln und Knutschen lasst ihr euch nicht mal in Anwesenheit von Kindern abhalten und…“
 

„Draco“, sprach Lucius leise, aber hart. „Keine solchen Worte am Esstisch mit Kindern!“, seine Hand lag um seinen Ehemann, dessen Teller gerade gefüllt wurde. Er hatte Diesem etwas Obst bestellt, da er wusste, dass Evan nach den Träumen letzte Nacht wohl nichts Großes essen würde.
 

Draco hob nur eine Augenbraue, zuckte denn mit den Schultern und vertiefte sich wieder in seine Zeitung. Schade, dass Astoria nicht hier war, er hätte gern mit ihr geredet, doch sie hatte sich wieder umgedreht, um noch etwas zu schlafen, bevor sie um neun Uhr den Unterricht für die Kinder übernehmen würde. Sie konnte die Tage auch nicht mehr abwarten, wieder ohne Wassermelone im Magen rumzurennen, wie sie es so schön ausgedrückt hatte. Nun, irgendwie konnte er die Frau verstehen. So mochte er auch nicht rumlaufen.
 

Evan musste leise lachen, schloss die Augen und genoss die Wärme. Am liebsten hätte er Lucius gebeten zu bleiben, doch er selbst war es ja gewesen, der dem Anderen gesagt hatte, dass er sich seinen Traum von der höchsten politischen Karriere erfüllen sollte. Er würde zu seinem Wort stehen und immerhin würde er nachher, wenn Astoria mit dem Unterricht fertig sein würde, mit den Jungen raus gehen und bis dahin konnte er endlich das Geschenk für Lucius fertig malen. Es fehlte nicht mehr viel, anschließend musste es nur noch trocknen und mit einer Schutzschicht überzogen werden.
 

Kurz sah Lucius besorgt auf seinen Gefährten, der heut früh sehr anhänglich schien, er wollte Diesem anbieten, zu bleiben, doch heute standen wichtige Sitzungen an, zu denen er erscheinen musste. „Iss was“, bat er schließlich, strich leicht über Evans Oberschenkel, wartete, bis der begann, seinen Fruchtsalat zur Kenntnis zu nehmen. Erst dann erwähnte er, wie am Rande. „Übrigens wird Graham für eine Weile hierher kommen. Er sucht nach neuen Beschäftigungsmöglichkeiten und ich dachte, wenn er auch etwas mit den Kindern spielt, hier im Haus, dann kannst du etwas mehr malen und da Astoria kurz vor der Geburt steht, kann er den Grundunterricht für eine Weile übernehmen.“
 

„Oh“, stellte Evan einfach fest. Er war durchaus überrascht, doch es klang vernünftig. Natürlich würde es ihm nichts ausmachen, das auch zu übernehmen, doch er liebte es, einige Stunden am Tag an der Staffelei verbringen zu können, daher fand er das eine gute Lösung. Er hatte den Anderen ja auf der Insel kennengelernt. Er war etwa so alt, wie Abraxas Malfoy, sehr aktiv, konnte kaum stillsitzen, hatte somit etwas von Mathew und würde sicher gut mit den Kindern spielen können. „Und wann kommt er?“, fragte er schließlich, schob sich ein Stück Melone in den Mund, auch, wenn er keinen Hunger hatte, aber ihm waren die prüfenden Blicke des kleinen Jungen aufgefallen und er wollte nicht das schlechte Beispiel sein.
 

„Im Laufe der nächsten zwei Tage“, antwortete Lucius, lächelte Severus zu, der sie beide sehr interessiert und wie er sicher meinte, unauffällig musterte. Nun, von Draco konnte er hinter der Zeitung auch nicht viel sehen. Er lächelte dem Kleinen zu, der sich eiligst wieder auf sein zweites Brot konzentrierte, sah dann zu Evan. Zumindest solang, bis sein Sohn die Zeitung beiseite legte, seinen letzten Schluck Kaffee trank und ihn abwartend ansah, während er sich aufrichtete. „Ich muss wohl los…“
 

Evan seufzte etwas, erhob sich mit seinem Mann, begleitete ihn bis zur Tür des Esszimmers. „Ich wünsch dir einen tollen Tag“, flüsterte er, lehnte sich noch mal an die starke Brust, genoss den sanften Kuss, den er bekam.
 

Lucius strich über die Wange des Jüngeren, lächelte etwas, während er nur zu deutlich die Absätze der Schuhe seines Sohnes auf den Marmorboden schlagen hörte. Nun, es war zehn vor Acht und sie wurden immerhin erwartet. „Dann bis später“, brachte er heraus, lächelte etwas. In den nächsten Tagen, wenn auch Graham da war, musste er Evan nämlich auch noch klar machen, dass sie eine Art Wahlreise unternehmen mussten, also jeden Tag für einige Stunden an einem anderen Ort auftauchen und dort Fragen beantworten. Nun, das hatte Zeit bis später. Es fiel auch ihm ungewohnt schwer, zu gehen, doch nun wusste er wenigstens, dass er diese Änderungen nicht nur für eine generell bessere Zukunft anstrebte, sondern für seinen eigenen Gefährten, der sich da draußen nie sicher gefühlt hatte. Er tat es für seine Familie.
 


 


 


 


 


 


 


 

Aufheulend und voller unbändiger Wut sprang Molly zurück, als der Zauber reflektierte und direkt auf sie zuhielt. Nein! Das konnte doch wohl nicht wahr sein! Wer war so stark, um solche Felder mit Schutzenergie um das Grab von einem beschissenen Verräter zu legen?! Sie musste ihre Wut ablassen! Sie musste! Und sie wollte zerstören! Die Leiche dieses Mal zu Staub verbrennen! Doch sobald sie auch nur versuchte, zu der Gräberreihe zu gelangen, wurde sie regelrecht weggeschleudert und ihre Zauber kamen Alle zurück! Sogar der Avada!
 

Sie ertrug das alles nicht mehr! Sie hasste die magische Welt, die Schweine, die ihr ihre Prinzessin genommen und sie so entwürdigt hatten! Dazu noch ihr beschissener, feiger Mann, der sich nun auf Grund IHRER mentalen Instabilität von ihr getrennt hatte! Sie hatte fast der Schlag getroffen, als sie am Morgen den Brief und die Dokumente gefunden hatte, die Arthur zurückgelassen hatte. Er hatte die Scheidung gefordert, weil sie besessen sei. Ja, Ginny habe Mist gebaut und sei dumm genug gewesen, sich erwischen zu lassen, sie sei nun mal ein Flittchen, damit müsse Molly leben, er würde ihr Gemecker und Gejammer nicht mehr ertragen und würde ihr nicht sagen, wohin er zu gehen gedachte! Das war… das… das…!
 

Warum? Warum nur hatte sie sich dazu herabgelassen, diesen dreimal dummen Looser zu heiraten, der schon im ersten Jahr ihrer Ehe auseinander gegangen war, wie ein Knödel und der noch nicht mal genug Geld mit nach Haus gebracht hatte?!
 

Und jetzt?
 

Er hatte auch geschrieben, dass sie von seinem Gehalt nichts mehr bekommen würde, da sie ja dauernd Ginny etwas schicken und Ron aus Schwierigkeiten kaufen würde, dabei hatte die Eine verdient, was geschehen war und der Andere sei ein Säufer, der nichts zustande brächte, da er von ihr ausgerechnet von ihr, vollkommen verzogen worden sei, wo sie zwei ihrer Kinder noch nicht mal auseinander halten könne und nach reiflicher Überlegung sei er daher zum Schluss gekommen, ihr und England für immer den Rücken zu kehren. Dieser stinkende, pfurzende, jammernde, unfähige Feigling hatte es ebenfalls gewagt, sie zu verlassen!
 

Schon zwei Mal hatte Molly versucht, den Laden der Zwillinge zu zerstören, doch sofort war sie nicht nur zurück geflogen, sondern hatte sich anschließend drei Wochen an den peinlichsten Stellen blutig gekratzt und absolut nichts hatte geholfen! Sie war sogar bei den Auroren gewesen, um Anzeige gegen ihre Kinder zu erstatten, doch die hatten die Dreistigkeit besessen, zu sagen, dass das, was diese beiden Irren um ihren Laden hatten, eine vom Ministerium abgesegnete und erlaubte Schutzschildfunktion sei, mit der sie ihre Ideen und ihre Besitztümer schützten. Und wenn sie dumm genug sei mit falschen Absichten dahin zu gehen, könnten ihre Kinder sie sogar anzeigen und einsperren lassen! Sie, die diese Ratten ins Leben geholt hatte!
 

Schnaubend wie ein Walross stampfte Molly vom Friedhof, begann, bombardas wild durch die hässlichen, phantasielosen Grabsteine der Muggel zu jagen. Was würde sie nun gegen einen Zeitumkehrer geben, mit dem sie Kontakt zu Albus aufnehmen durfte! Denn mit seinem Gemälde konnte sie auch nicht reden, Mc Gonagall hatte es gewagt, Dieses irgendwo einzulagern, mit schweren Zaubern umgeben, dass der weise Mann nicht mal den Rahmen verlassen konnte! Weil er ein schlechter Mensch sei, egal, wie er verehrt werde! Wie konnte die Frau, für die Albus so viel getan hatte, so etwas behaupten?!
 

Wie hatte die Zeit nach dem Krieg nur eine solche Wende nehmen können?! Statt wie früher Potter zierten dauernd ihre Kinder die Schlagzeilen. Ginny, die ein Mal nicht aufgepasst hatte und sich von ihrem jämmerlichen Vater hatte erwischen lassen, Ron, der zu dumm war, wenigstens öffentlich um seine Kinder zu kämpfen, der nun geschieden und allein war, wieder bei ihr lebte und doch nur weiter trank, statt sich zusammenzureißen und sich um etwas gute alte Rache zu bemühen.
 

Und warum das alles? So weit wäre es doch nie gekommen, wäre es so gelaufen, wie Albus es geplant hatte, eine schnelle, überhastete Eheschließung zwischen Potter und ihrer Prinzessin, danach dessen Ende in der Schlacht. Aber nein, dieses Arschloch musste überleben, ohne ihre süße Kleine, die so viele bewunderten, auch nur anzusehen!
 

Aufgebracht verließ Molly den Friedhof, lief einfach mitten durch die Muggel durch. War ihr doch egal, ob die Würmer sie erkannten oder nicht! Sie würde Jeden umbringen, der ihr in den Weg kam! Umbringen, umbringen, umbringen!
 

Sie hatte doch nicht ihr gesamtes Leben für die richtige Sache umgestellt, aufgegeben und zurückgestellt, um nun eine Lachnummer zu sein! Gespräche in der Winkelgasse und in Hogsmeade verstummten, wenn sie kam und wenn sie ging, hörte sie jedes Mal hysterisches Gekicher! Ohne auch nur nachzudenken, tat sei das Einzige, was ihr in dem Moment in den Sinn kam, sie richtete ihren Zauberstab gegen die Muggel, begann, ein wahres Blutbad anzurichten, während sie hysterisch lachte, als die alten Frauen auf dem Weg zu den Gräbern unter Schmerzensschreien verbluteten und starben. Und sie begann, Bellatrix Lestrange zu verstehen. Es tat so gut, die Schreie und das Flehen zu hören, diese Macht zu spüren, während sie blinde Panik verbreitete.
 

Erst, als Molly sich entschieden besser fühlte, apparierte sie zurück in den Fuchsbau, um ihre eigenen Sachen zu packen, Ron zwangsweise auszunüchtern und in eines der geheimen Häuser zu ziehen, die Albus für den Krieg überall hin ausgelegt hatte, umgeben mit Schutzzaubern aus dem Zauberstab des stärksten Magiers seit Merlin, da würden sie absolut sicher sein, solang sie es brauchten, bis sie Ginny befreit hatten und aus dem Land kommen würden.
 

Und das Beste – sie fühlte sich entspannter, als seit Jahren, obwohl sie gerade Morde begangen hatte. Nun, jetzt wusste sie, warum die Leute aus dem dunklen Orden so etwas getan hatten und es waren ja nur ein paar dumme Muggel gewesen. Das würde sie nun häufiger machen, das wusste Molly. Und Ron mitnehmen, dann würde er etwas Besseres finden, als zu saufen wie ein Loch. Und er konnte trainieren, damit sie effektiver einbrechen konnten.
 


 


 


 


 


 


 


 


 

Kurz wechselte Lucius einen Blick mit Graham, der ihm unauffällig zunickte, um ihm so zu sagen, dass keine Gefahr drohte und die roten Schöpfe, die er hatte erkennen können, nicht zu den Gefährlichen auf der Liste gehörten. Keine Gefahr für Evan, der neben ihm stand, äußerlich ruhig, doch wie schon auf den letzten beiden Veranstaltungen klopfte dessen Herz wie verrückt, er war zwar nur auf der Tribüne, doch er kam mit so vielen Menschen weiterhin nicht klar. Evan tat das Alles ausschließlich für ihn – weswegen Lucius ihn noch mehr liebte.
 

Was nichts daran änderte, dass er mal wieder selbst krampfhaft versuchte, seine Nervosität in den Griff zu bekommen. Nicht wegen der Rede, der immer selben dummen Fragen, die er mit erstaunlicher Gelassenheit auch jedes Mal wieder beantwortete, nicht wegen der Masse, die sich hinter dem Podium verbarg, sondern wegen der Nachrichten in den letzten Wochen.
 

Es war inzwischen Mitte März geworden, Graham lebte seit über zwei Monaten bei ihnen und hatte ein Auge auf seinen Gefährten, was bei dem tatsächlich dazu führte, dass er sich manchmal verzweifelt seine Langeweile zurückwünschte, denn es war nun mal Evan. Er fand immer Schwierigkeiten, selbst, wenn er sie ganz sicher nicht suchte. Im Gegenteil, eigentlich versuchte sein Mann, denen wirklich aus dem Weg zu gehen, doch jedes Ausflug im magischen England schien mit Chaos verbunden zu sein. Sei es, weil er Mitte Januar mit Sev losgezogen war, um dem ein Geschenk zu kaufen, da sie ja an seinem Geburtstag nichts gehabt hatten und Jemand ihn wegen seines Nachnamens kritisiert hatte oder einfach nur weil Evan bei einem Abstecher in Muggellondon fast von einem Auto überfahren worden wäre, das eine rote Ampel übersehen hatte.
 

Aber auch das war nicht der Grund für ihrer aller Panik. Das war etwas weit drastischeres. Es hatte Mitte Januar begonnen, damals waren Auroren ausgerückt wegen unerlaubter Zauber in einer reinen Muggelgegend nahe bei Godrics Hollow, das zu einem nationalen Denkmal ausgerufen worden war. Als die Leute eingetroffen waren, hatten sie ein Blutbad vorgefunden, wie seit Jahren nicht mehr. Es war, als wären die Todesser, seine wirklich schrägen Kollegen zurückgekehrt. Tote Muggel die gesamte Straße entlang. Alte Frauen auf dem Weg zum Friedhof, ein spielendes Kind, das zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war und drei Männer, einer war gerade erst dreißig gewesen und auf dem Weg zu einem nahegelegenen Bäcker.
 

Molly Weasley hatte den Verstand verloren. Wobei die Auroren nicht wussten, wer ‚der‘ Schuldige war, doch Lucius wusste es besser. Es war offensichtlich, da auch die Schutzzauber um die Gräber aktiviert worden waren, kurz vor dem Massaker. Diese Irre hatte festgestellt, die Leiche nicht schänden zu können, also war sie durchgetickt und hatte begonnen, die wehrlosen Menschen umzubringen! Es war ein wirkliches Wunder, dass es für die Tat keine Zeugen gab, denn sonst wäre zweifellos zu einer weiteren Hexenjagd geblasen worden und sie hatten alle keine Chance gegen die hochentwickelten Schusswaffen und Bomben der Muggel. Schon lange waren die ihnen eigentlich überlegen, denn was sie an Magie nicht hatten, hatten sie mit Technik wett gemacht, die den Fähigkeiten von Magiern schon lange überlegen war.
 

Und seither häuften sich die Vorfälle. Es hatte inzwischen elf Angriffe gegen, Jeder in einem anderen Ort in England, immer auf offener Straße und meist am frühen Morgen. Jedes Mal mit mindestens acht Toten. Aber es waren nicht mehr nur Muggel, die Frau war nun dazu übergegangen, Reinblüter abzuschlachten – mit Vorliebe Kinder. Was sehr tief blicken ließ.
 

Bei den letzten Massakern, die von den Auroren auch vorerst von der Öffentlichkeit fern gehalten wurden, um eine Panik zu vermeiden, waren auch Nachrichten gefunden worden. Nachrichten, gerichtet an Harry Potter. Dass das Morden weitergehen würde, solange der noch am Atmen war und dass Nichts und Niemand das geschehen stoppen könne, dass dies die Rache für dessen Versagen sei. Etwas, das Evan auf gar keinen Fall erfahren durfte. Es würde seinen Gefährten wieder in die tiefe Depression werfen, aus der er Diesen herausgeholt hatte, in wochenlanger Arbeit.
 

Inzwischen hatten auch die meisten Auroren eingesehen, dass es sich bei den Tätern wohl wirklich um Molly und Ronald Weasley handelte. Wobei die wohl nun beide Prewitt heißen dürften, denn da Arthur das Land schon im Januar Hals über Kopf allein verlassen, Bill den Namen aufgegeben hatte und Charlie im Ausland wohnte, hatte Percy seine Mutter und seinen jüngsten Bruder ebenfalls aus der Familie ausgestoßen. Was aber nichts an den Tatsachen änderte.
 

Diese irre Frau hatte nicht nur selbst Gefallen an Blut, Leid und Tod gefunden, sondern auch noch ihren Sohn mit hinein gezogen. Ron war schon immer leicht zu beeinflussen gewesen, etwas, das Draco ihm oft bestätigt hatte und er war seiner Mutter praktisch hörig. Und damit der perfekte Komplize.
 

Oh, die Ziele waren auch ziemlich eindeutig. Die Beiden wollten die Freilassung von Ginerva erpressen. Was nicht geschehen würde. Die war nun um sechsten Monat schwanger, doch man würde das arme Kind früher holen, weil sie eine Gefahr für das Kind war. In zwei weiteren Monaten konnte es mit Muggelmethoden geholt werden. Anschließend hatten drei Familien Anträge gestellt, das Weib als Brutkasten zu bekommen. Eine davon war verzweifelt, weil sie seit Jahren keine Kinder bekamen und auch wohl zweifellos nie bekommen würden. Sie würden das Vorrecht bekommen. Das Problem war nur, dass das Ministerium nicht sah, dass das so etwas wie das Todesurteil für diese Familie sein könnte, denn da ließ es sich weit leichter einbrechen, als in Azkaban. Und Lucius bezweifelte, dass das Morden dann aufhören würde, nein, es würde nur noch schlimmer werden. Denn dann waren es nicht mehr zwei, sondern drei Leute und die kleine, junge rote Hexe würde ihren Hass sofort auslassen und ihr jetziges Kind war dann zweifelsfrei das erste Ziel. Es war simple Berechnung.
 

Sicher, er hatte einen Vertrag ausgearbeitet, der vorübergehend Schutz bieten konnte, nämlich einen, der Magie nutzte, um die Frau an Pflichten zu binden, so, dass sie Niemandem, mit dem sie Kontakt gehabt hatte, schaden konnte, ihre Kinder nicht umbringen oder abtreiben durfte und außerdem selbst sterben würde, sollte ein Anderer versuchen, diese Leute dann zu ermorden. Das könnte die direkten Beteiligten schützen – aber nicht Verwandte, Bekannte und Außenstehende. Sie würde ihren Hass an Unschuldigen auslassen. Und was dann?
 

Erneut glitt Lucius‘ Blick zu Evan, der hinter der Bühne gerade Severus in den Armen hielt. Würde er das erfahren, er würde etwas sehr, sehr Dummes tun, keine Frage. Dabei lief für ihn persönlich endlich mal wirklich Alles gut.
 

Der Kleine hatte sich, nach drei harten und von Weinen geprägten Wochen endlich an das neue Leben gewöhnt, zumindest zum größten Teil, war irgendwann dazu übergegangen, ihn Papa und Evan Daddy zu nennen, vermutlich, weil Scorpius ihn darauf gebracht hatte und er hatte sich mit den anderen Jungs angefreundet.
 

Wenn sie nicht gerade im Unterricht waren, spielten die Kinder mit Evan oder sahen ihm manchmal einfach nur fasziniert beim Malen zu, denn sein Gefährte hatte wahre Wunder verbracht, eines davon hatte dem Kleinen, der für ihn tatsächlich inzwischen irgendwie wie ein zweiter Sohn geworden war, der ihn abends empfing, um ihm stolz die Fortschritte des Tages zu zeigen, endlich helfen können.
 

Evan hatte, nach einem alten Foto, Eileen Prince gemalt, so lebensecht, dass es schon beängstigend gewesen war. Und dann, drei Tage nach der Fertigstellung des Bildes, das zum Trocknen im Raum gestanden war, war es, obwohl es viele Jahre nach deren Tod entstanden war, zum Leben erwacht! Eileen Prince im Rahmen des Bildes hatte begonnen, sich zu bewegen. Und sie hatte sich erinnert. An Alles, bis hin zu ihrem Tod. Daraufhin hatte er sich mit dem Bild zusammengesetzt und der Frau den Rest erzählt. Die Leiden ihres Sohnes, dessen Mut und Erfolge. Sie hatte bitter geweint, als sie erfahren hatte, dass ihr Kind, das sie doch so geliebt hatte, gestorben war und ihm erzählt, wie sie es gehasst hatte, ihn nicht verteidigen zu können, gegen den gewalttätigen, versoffenen Ehemann. Außerdem hatte Eileen ihm auch erzählt, dass Tobias den Jungen nur zu oft mit nur einer Decke vor die Tür gesetzt hatte, weil er seinen Sohn nicht hatte ausstehen können, wie er Diesen verprügelt hatte und wie der Mann sie letztendlich, besoffen und wütend über das Fehlen von weiterem Alkohol, einfach erschossen hatte.
 

Erst dann hatte Lucius ihr von Severus praktischer Wiedergeburt erzählt und Eileen klar gemacht, wie wichtig es erst mal wäre, dem Jungen nichts von seinem alten Leben zu erzählen, dass der nichts wüsste, was über sein fünftes Lebensjahr hinausging. Sie war dankbar gewesen, dass ihr Kleiner nun eine richtige Kindheit haben konnte, versprochen, ihm nichts zu sagen, bis Lucius oder Evan es erlauben würden.
 

Erst dann hatten sie Severus das Bild gezeigt. Seither konnte der Kleine immer mit seiner Mutter reden, wenn er wollte und das hatte ihm sehr geholfen. Von seiner Mutter zu hören, dass Alles gut werden würde und er bei seiner neuen Familie sicher sei hatte dazu geführt, dass Severus begonnen hatte, sich an seinen Mann zu klammern. Er folgte Evan überall hin, wie ein kleiner Schatten.
 

Evan war sogar mit dem Kleinen ins Labor gegangen, um Diesen dort mit einem Kindertränkeset arbeiten zu lassen, etwas, das Severus sehr viel Spaß machte. Schon mit seinen gerade mal fünf Jahren hatte der Junge sogar auf eine wenn auch noch schüchterne Weise die Fehler seines Gefährten korrigiert, denn ein Genie in dem Fach war sein Mann bei aller Liebe absolut nicht. Aber Jaden hatte bereits zugestimmt, zwei Mal die Woche für eine Stunde rüber zu flooen, oder, in der Zeit, in der Mattie dann die Cannons im Londoner Stadion trainieren würde, sogar bei ihnen einzuziehen. Hatte er schon mal erwähnt, dass das Haus langsam wirklich voll wurde?
 

All das Glück – es wäre zerstört in der Sekunde, in der seinem Gefährten etwas geschehen würde, das wusste Lucius. Er blickte erneut zu Evan, der Severus auf dem Schoß hatte. Der Kleine war sehr quengelig und hatte geweint, als sie beide für einige Stunden hatten gehen wollen, weil er krank war und nach Mikas Erzählungen seiner Eltern hatte er Angst gehabt, dass die Beiden ihn abschieben würden. Nicht nach draußen, wie sein eigener Vater, aber zu den Hauselfen. Nichts hatte ihn vom Gegenteil überzeugen können, bis Evan einfach gemeint hatte, dass sie ihn ja mitnehmen konnten und wenn der Auftritt war, könnte ja Graham sich um den Kleinen kümmern. Lucius hatte daraufhin eine Hauselfe mitbeordert, mit der einfachen Ausrede, dass der Mann damit überfordert wäre und er seinem Großcousin zweiten Grades einfach so sehr mit Kindern nicht trauen würde, dann hatten sie Severus mitgenommen. Immerhin war Grahams Aufgabe nicht wirkliches Babysitten, sondern Gefahren wittern!
 

Evan strich Severus über den Rücken. Der Kleine war vollkommen erschöpft und krank, aber genauso war er schrecklich stur. Einen Charakterzug, der den Jungen bereits als Erwachsenen sehr geprägt hatte. Und da sein Süßer, wie er Sev oft nannte, krank war, hatte er es Diesem durchgehen lassen, den Jungen mitgenommen, aber er wusste aus der Erfahrung der letzten Veranstaltungen, dass es nun bald Zeit wurde. Außerdem machten ihn Lucius‘ Blicke nervös. Als wüsste der etwas, was er nicht sagen wollte. Das tat der Blonde in letzter Zeit häufig und auch die seltsame Ausrede, Graham nicht mit dem Kind zu trauen, das sich ja kaum allein bewegte, fand Evan komisch. „Sev, ich setz dich auf diesen Sessel, wie wir es besprochen haben“, erklärte er schließlich leise. Ich muss mit Papa auf die Bühne. Er ist gleich dran.“ Ja, der Kleine bestand darauf, ihn Daddy zu nennen und Lucius arbeitete bereits daran, die Vormundschaft zu einer richtigen Adoption umzuwandeln, mit Eileens Einverständnis. Es berührte ihn irgendwie, dass das Kind, das einst der Mann gewesen war, der ihm ein Vater hatte sein wollen, nun sein Sohn werden würde, aber Luna hatte Recht – es war Sev, der einen solchen Neuanfang weit nötiger gehabt hatte, als er selbst, denn er hatte… seine eigene starke Schulter, die einen Vater unnötig machte. Lucius war ihm weit mehr als das und er war nie so glücklich gewesen, weswegen ihn dieses Verhalten so wahnsinnig machte.
 

Oh, Evan las noch immer keine Zeitung, er wollte nicht wissen, was da gelogen wurde. Nicht mal den Quibbler nahm er in die Hand. Er war hier für Lucius und sonst für Niemanden, denn selbst jetzt noch, als Evan Snape, ließen ihn die Leute einfach nicht in Ruhe, mokierten sich und seit er die Überschrift gesehen hatte, in der stand, dass er Luc nur aus Gründen seiner Bequemlichkeit geheiratet habe, statt aus Liebe, war bei ihm Alles aus gewesen. Er hatte geheult.
 

Erst Lucius hatte ihn beruhigen können, ihm gesagt, dass das doch vollkommen egal sei, solang sie beide die Wahrheit wissen würden. Und die lautete, dass Evans ganze Kammern mehr Gold beinhalteten, als die aller Malfoys zusammen, selbst ohne die Kammern der Princes, die allein an Sev zurückgehen würde, wenn er das Alter von Achtundzwanzig erreichen würde. Und vorher hatte er so was, wie er selbst gehabt hatte, eine Art Taschengeldkammer, wo er sich Gold holen konnte für kleine Wünsche, wie Trankzutaten, mehr Kessel oder Bücher, sobald er siebzehn werden würde und bis dahin würde Evan ihn selbst verwöhnen.
 

Severus sah auf, runzelte kritisch die Stirn. Er wollte nicht von dem schönen, warmen Schoß runter, doch er wusste, dass er das musste. Er hatte es Daddy selbst versprochen. Ja, Daddy, sein Daddy, so, wie Scorp seinen Vater manchmal nannte und Mika seinen Onkel. Denn das war, was er wirklich wollte. Den Mann als seine Familie und Lucius als Papa. Als er die Zwei das erste Mal so genannt hatte, hatten sie ihn angesehen und gefragt, ob er das wirklich wollte, als er genickt hatte, war er nicht geschlagen, sondern umarmt worden und Evan hatte gesagt, dass es dann auch so sein würde. Er sei Daddy und Lucius Papa. Und sie würden ihn nicht allein lassen, auch nicht, wenn er quengelte, trotzte oder heulte.
 

So, wie heut Morgen, doch es war ihm wirklich nicht gut gewesen und er hatte Angst gehabt, abgeschoben zu werden! Nicht nach Draußen, wo es nun auch gar nicht mehr so kalt war, aber zu den Hauselfen, wie man es mit Mika gemacht hatte und mit dessen Schwester Dawn. Also hatte er geklammert und geschrien, trotz seines kaputten Halses, bis Daddy gesagt hatte, dass sie ihn mitnehmen würden, er aber hinten in einem Korbsessel bleiben sollte, während die Zwei auf der Bühne stehen mussten. Das war in Ordnung gewesen, er wollte nicht, dass Andere ihn sahen, mit seiner großen, roten Nase und den tränenden Augen. Doch gerade jetzt wollte er nicht, dass Daddys Wärme verschwand. Er wimmerte etwas, als er hochgehoben und in den Sessel gesetzt, in eine dicke Decke gepackt wurde, sah mitleidsheischend zu Daddy.
 

„Ich bin gleich wieder da, mein Kleiner. Ich verspreche es. Und du bleibst in der Zeit ganz ruhig sitzen, ja?“, bat Evan, er wartete, bis der Junge nickte, sah die Hauselfe, die sofort Stellung an Severus‘ Seite bezog. Erst dann trat er leise zu Lucius, schob seine Hand in die des Anderen. Er liebte das Gefühl, dass der nur durch ein leichtes Drücken in ihm auszulösen vermochte. „Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte er nun. „Du… hast ein paar Mal so komisch zu Sev und mir geguckt…“ Vielleicht sollte er doch wieder etwas Zeitung lesen…? Nur mochte er sich nicht mit all den Gerüchten herumärgern! „Du… sagst mir doch, wenn etwas nicht stimmt, oder?“ Oder ging es um was Anderes? Hatte er sich falsch benommen, sich nicht richtig bewegt? Er bemühte sich wirklich um die Malfoyschen Standarts, doch er war nun mal kein Adeliger! Oder er war es, war aber nie entsprechend erzogen worden!
 

Lucius spürte, wie die schmale Hand sich in seine legte, drückte Diese und warf noch einen Blick über die Menge, vor die er gleich treten würde, sah dann wieder zu Evan, der ihn nun leise fragte und ihn mit großen Augen ansah. „Oh, Evan…“, lächelte er, wandte sich zu seinem Mann um. Früher hatte er es schrecklich gefunden, in der Öffentlichkeit Zuneigung zu zeigen. Irgendwie würdelos und dumm. Aber vermutlich war das nur gewesen, da das mit Narcissa immer hölzern gewirkt hatte. Doch mit Evan war er schon sieben Mal auf Titelblättern gewesen. Händchenhaltend beim vom Podium gehen, küssend, zu Silvester und zu anderen Anlässen, oder den Anderen eng an sich drückend. Von jedem der Bilder hatte er einen originalen Abzug in Farbe von der Zeitung bestellt, hatte die in ein eigenes, keines Album, das sich bei ihm im Schreibtisch im Ministerium verbarg und eines der Bilder stand sogar in einem goldenen Rahmen auf der Schreibfläche. „Es hat nichts mit dir zu tun, ich … mache mir nur Sorgen um die Leute in der Menge.“
 

„Wegen des Namens…“, stellte Evan leise fest. Doch er bereute diese Entscheidung absolut nicht. Erstens weil er es aus Überzeugung getan hatte, zweitens, weil es Alles, was Sev betraf, entschieden leichter machte.
 

„Auch. Der Krieg mag um sein, aber das heißt auch nicht, dass Friede eingekehrt wäre.“
 

„Du machst dir also einfach Sorgen?“, fragte Evan leise. „Um mich?“
 

„Immer“, antwortete Lucius, froh, nach den letzten Zwischenfällen am Anfang des Jahres endlich mit seinem Gefährten in der Ahnengalerie gewesen zu sein, so, dass der nun zwei Zauberstäbe führte, erstaunlicherweise sehr starke. Nun, so viel, wie Evan ohne Stab konnte, war das vielleicht kein wirkliches Wunder. „Ich liebe dich“, flüsterte er, küsste seinen Geführten. „Und ich habe das Recht, mir Sorgen zu machen…“
 

Das brachte Evan zum Lächeln. Lucius war manchmal so süß zu ihm und nie stieß er Diesen zurück, nicht mal jetzt. Er konnte immer seine Hand zu der des Älteren stecken und sich an seinen Mann lehnen, selbst mitten in dessen Rede. Und die Fotos in der Zeitung, die er manchmal morgens sah, wenn Draco hinter den Papieren verschwand, schienen den Anderen gar nicht zu rühren.
 

Froh, diese Katastrophe abgewandt zu haben, drückte Lucius seinen Kleinen an sich, denn er hatte wirklich nicht erklären wollen, was sich abspielte. Sicher, sie hielten vieles aus der Presse raus, um eben weiter nach den Irren jagen zu können, doch das änderte ja nichts daran, dass es Berichte gab und Evan würde eins und eins sehr schnell zusammenzählen.
 

Schließlich mussten sie beide vortreten, der zweite Konkurrent hatte seine Rede mit sehr mäßigem Applaus beendet, doch nun brandete der wieder richtig heftig auf, als sie heraustraten, Hand in Hand wie immer bei den letzten Veranstaltungen. Warum auch immer. Vermutlich weil Lucius nicht nur blendend aussah und reden konnte, sondern weil er Ziele hatte, in denen Jeder sich wiederfinden konnte. Evan stand einfach nur still daneben, zeigte so, dass er seinen Mann unterstützte.
 

Allerdings war er auch froh, als sie wieder nach hinten treten konnten, nach einem Blitzlichtgewitter und den immer selben, dummen Fragen, dem Händeschütteln und dem Entgegennehmen von Briefen, die Luc meist einfach verbrannte, da viele davon tatsächlich von Männern oder Frauen stammten, die sich an Evans Stelle als Eheleute anboten! Oder einige wenige, die Evan wollten! Wie konnte man nur?! Lucius war verheiratet, verdammt noch mal! Nun, der Blonde reagierte gar nicht auf diese Schreiben, die aber Draco manchmal zur puren Unterhaltung las. Oder Astoria gab, die kurz vor der Geburt stand.
 

„Daddy“, murmelte Severus, froh, als der Grünäugige endlich wieder auftauchte, ihm war dauernd kalt, außer auf den Armen von einem seiner beiden neuen Eltern. Also stand er auf, torkelte, ohne auf die Elfe zu achten, zu dem Anderen und ließ sich wieder hochnehmen.
 

Evan hob seinen Kleinen hoch, schlug Diesen ein weiteres Mal in seinen Umhang ein. „Können wir wieder heim?“, fragte er schließlich. Auch er war erschöpft und irgendwie sah selbst Graham nicht begeistert aus. Percy, der auf sie gewartet hatte, gab seinem Mann etwas.
 

Kurz musterte Lucius seinen Mann, dem er heut Morgen ins Getränk heimlich einen Trank zur Vorbeugung geschüttet hatte, um zu verhindern, dass der auch noch krank werden würde, dass Sev krank war, war wirklich mehr als genug, dazu noch Scorpius, weswegen auch Draco nicht da war, da der Astoria nicht den Viren aussetzen wollte. Sie warteten nur darauf, dass es Mika auch traf – wobei, vielleicht hatte der das Mittel ja rechtzeitig bekommen. Das war das Schlimme an mehr als einem Kind an einem Platz. Sie wurden Alle krank, wenn einer was hatte. „Natürlich, hier sind wir fertig.“

Kollision mit der Realität

Es war herrlich! Lucius hätte fast hysterisch gelacht, als er das sah. Der immer noch fette, hässliche Mann, der mühsam und schnaufend wie ein Walross in Richtung der Mietkaserne torkelte, in seiner Tüte vom Supermarkt nichts als Bier. Er war heruntergekommen, seine Kleidung verschwitzt und verknittert. Keine Frage, aus der Nähe hätte er sicher gestunken, wie ein Biber. Nein, damit beleidigte er ein Tier, das es nicht wirklich verdiente. Ein Haufen Kot. Ja, das tat es genauso.
 

Oh, er hatte in all den vergangenen Monaten auch die Dursleys nicht vergessen! Über verschiedene Kanäle hatte er die Aktienmehrheit von Grunnings gewonnen, als Erstes die Dursleys gefeuert und das war ein Kinderspiel gewesen. Denn Beide leisteten bei Weitem nicht genug, waren aber bisher immer, sicher aufgrund von Zaubern, bei Kündigungen übersehen worden. Nun, dieses Glück hatte ein Ende gefunden! Durch einen Mittelsmann hatte er Beide rauswerfen lassen, mit miserablen Zeugnissen. Vernon hatte damit natürlich sein zu großzügiges Gehalt nicht mehr gehabt und nur zu bald hatte sich das in der Nachbarschaft herumgesprochen.
 

Mit sofortiger Wirkung.
 

Petunia war überall als Vorsitzende abgewählt worden, Gespräche verstummten, wenn sie einen Raum betrat, sie war nicht mehr gern gesehen und wurde auch nicht mehr eingeladen, nicht zu Kaffees, nicht zu Gartenparties.
 

Ja, und dann waren in den Zeitungen Artikel über Dudley erschienen, dank seines Detektives, der endlich mal was für sein Geld getan hatte, mit eindeutigen Bildern, die ihn beim Vergewaltigen eines Jungen gezeigt hatten, beim Belästigen eines Tänzers und beim Besuch eines einschlägig bekannten, homoerotischen Clubs. Doch es war nicht um dessen sexuelle Orientierung gegangen, was ja an sich schon ein Schlag für diese Spießer gewesen wäre, sondern um die Vergewaltigungen, die nicht verfolgt worden waren.
 

Nun, ab dann waren die Dursleys nicht mehr gemieden, sondern beschimpft worden, bei jedem Schritt, den sie in der Nachbarschaft getan hatten und nur zu oft hatten sie am Morgen dann nette, kleine Sprüche auf Auto oder Haus gesprüht vorgefunden.
 

Dudley war dann, einige Tage nach dem Bericht, von einigen Polizisten abgeholt und abgeführt worden, saß in Untersuchungshaft, wo es ihm wirklich schlecht ging, ohne all den Fraß, den er sonst so in sich hinein stopfte, ohne die Süßigkeiten und als einer, der zwar austeilen, aber eben nicht einstecken konnte. Schlechte Voraussetzungen für den Knast, wo er auch noch als schwerer Fall galt. Nun, er würde spüren, wie es war gegen den eigenen Willen mit Jemandem zu schlafen.
 

Einen Tag nach der Verhaftung hatten die Dursleys dann auch das Haus verloren, aufgrund der Tatsache, dass die Idioten, trotz keiner Einkommensquelle versucht hatten, denselben Lebensstandart mit Gewalt zu halten. Nun, die Zeiten waren vorbei und Vernon Dursley stand allein da, denn Petunia hatte sich scheiden lassen, besuchte auch ihren Sohn nicht. Sie arbeitete als Kassiererin, wurde aufgrund ihres Benehmens von Kolleginnen gemieden und lebte allein in einer wahren Bruchbude am Rand von London.
 

Der Hammer an der Sache war allerdings, dass sie es wagte, Evan die Schuld für ihre Misere zu geben! Diese Irre gab einem Kind die Schuld, dass es mit der Familie abwärts gegangen sei, in dem Moment, wo der Junge auf ihrer Schwelle gelegen hatte. Nun, sie würde eben weiter leiden, bis sie die Wahrheit erkannte – oder sie würde sterben. Es war nicht so, als würde es Jemanden geben, der sie vermisste. Vernon sicher nicht, der war zu beschäftigt mit saufen und rumschreien. Wie Ronald Weasley es bis vor einem Monat getan hatte, wenn Lucius so darüber nachdachte.
 

Nun, zurück zum Hier und Jetzt. Er beobachtete, wie Vernon laut fluchte, weil er den Schlüssel nicht fand, dann einfach gegen die Tür schlug. Ja, er war wirklich verkommen. Nicht mal die eigenen Schwester antwortete auf Anrufe oder Briefe. Nun, die Frau hatte auch zu viel Schiss. Die saß den gesamten Tag in ihrer Stube und wimmerte vor Bildern ihrer Lieblinge. Oh, er hatte sein Versprechen wahr gemacht. Er selbst hatte den alten, aber immer noch aggressiven Hund namens Ripper umgebracht und den Kadaver auf die Türschwelle gelegt. Und danach jeden Tag einen weiteren Hund. Seltsam war auch hier, wie wenig Mitleid die Nachbarn mit der Frau hatten.
 

Er würde nicht mehr lange warten, um die Frau umzubringen, sie in einen Herzanfall zu jagen, um es präziser zu machen. Niemand jagte seinen Gefährten einen Baum hoch! Niemand hetzte einen tollwütigen Hund auf ihn!
 

Und Vernon – nun, den würde er sich gesondert vornehmen, in einigen Wochen. Im Moment war Lucius einfach damit beschäftigt, hämisch bei dessen Fall immer tiefer zuzusehen. Lange würde der Mann nicht mal mehr diese Wohnung halten können, auf der Straße landen. Niemand würde so einen irgendwo arbeiten lassen, selbst die Muggelfastfoodketten nicht. Was Einiges heißen musste, wie Lucius sehr wohl wusste.
 

Nun, vielleicht würden die Leute irgendwann mal verstehen, aber vermutlich eher nicht. Und er würde sich weiterhin diebisch freuen, dass die Folterknechte seines Gefährten Stück für Stück fallen würden. Erst die Dursleys, dann der Richter, der den Jungen nach Azkaban geschickt hatte, anschließend noch der Rest der Leute, die seinem Kleinen eingeredet hatten, dass es sogar illegal sei, einen Mann zu lieben. Was wirklich absoluter Schwachsinn war.
 

Und die Weasleys! Er würde Molly Weasley nicht vergessen, hatte dafür gesorgt, dass alle nur irgendwie verfügbaren Kräfte nach ihr und ihrem besoffenen Sohn suchten! Sie würde sich ihrer Blutbäder nicht mehr lange erfreuen können, so viel stand fest und der Kuss war für so eine bei Weitem zu gut!
 

Aber er wäre nicht Lucius Malfoy, würde ihm da nichts einfallen! Aber nun war seine Mittagspause zu Ende. Er musste zurück, um einige Dinge zu erledigen und anschließend wollte er Evan heut zum Essen ausführen, wenn die Kinder im Bett waren. In ein besonderes Lokal in Irland, das Jaden ihm vorgeschlagen hatte, da es edel war, aber nicht zu elegant, dass es den Jüngeren wieder erschrecken würde, denn noch musste Evan sich an seinen neuen Stand gewöhnen.
 

Lucius schloss die Augen, lächelte etwas. Sein Evan, sein Gefährte. Sein Geliebter. Er hätte nie gedacht, so fühlen zu können. So intensiv und vollkommen zu lieben. Jeden Nachmittag wartete der Grünäugige auf ihn, Draco und Percy, zusammen mit den Kindern, die zu dem Zeitpunkt nur noch Karten oder Murmeln spielten, so müde, wie sie dann meist waren. Es war so ein Unterschied, einen derart warmen Empfang zu haben, als in ein leeres, irgendwie tot wirkendes Haus zurückkehren zu müssen…
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Wütend starrte Ginny um sich, sie befand sich in einem recht kargen Zimmer, in dem es kaum mehr gab, als ein Bett, ein Schrank mit sicher ausgesuchten Büchern, ein Teppich und ein Schreibtisch. Das war Alles, was man ihr zu geben bereit war, in einer Familie für die sie Brutkasten spielen sollte! Sie konnte das noch immer nicht fassen! Sie hatte einen Eid leisten müssen, ihre Magie war ihr entzogen worden, sie konnte die Familie oder die kranke Brut, die sie austragen sollte, nicht verletzen und obendrein würde ihr etwas passieren, wenn denen etwas geschah, selbst, wenn sie nichts damit zu tun hatte!
 

Aber schon nach vier Tagen Azkaban mit den Dementoren, die sich auf sie eingeschworen zu haben schienen, hatte sie schlichtweg aufgegeben. Da war selbst das widerliche, aufgeblähte Gefühl einer dreckigen, sie beschmutzenden Schwangerschaft besser, denn in der Zeit bekam sie gutes Essen, es war angenehm warm und ihr größter Feind schien die Langeweile.
 

Nun ja, und ihre Gefängniswärter. Sie hatte dies beiden eitlen Pfaue nur ein einziges Mal gesehen, bei ihrer unbequemen Ankunft. Arrogante Reinblüter, die entschieden zu viel Geld hatten und für sie nur Verachtung empfanden aber offensichtlich ohne ihre Gebärmutter aussterben würde. Arschlöcher! In den nächsten Tagen, nachdem ein Heiler feststellen würde, dass sie aus Azkaban keine Schäden davongetragen hatte, würde der Kerl zu ihr kommen.
 

Das war etwas, das Ginny noch mehr aufregte. Der Mann sah gut aus. Brünett, größer als sie, muskulös, sportlich. Jemand, mit dem sie eigentlich gern geschlafen hätte, doch hatte der aus seiner Abneigung keinen Hehl gemacht. Und von dem Typen sollte ihre Zukunft abhängen! Dazu kam, dass er nicht mal mit ihr schlafen würde! Der Heiler würde eine Muggeltechnik anwenden, um sie zu besamen, wie eine verfluchte Kuh!! Und das so lang, bis sie schwanger sein würde! Sie ekelte sich ohnehin schon wegen ihres einst so festen Körpers, der nun deutliche Zeichen der Ausleierung trug. Und es würde nur schlimmer werden!
 

Doch sie wusste auch, dass ihr Martyrium nicht mehr ewig anhalten würde. Oh, man dachte, sie würde nichts von außen wissen, doch sie hatte in ihrer Zeit im Gefängnis gelernt, zu sehen und zuzuhören. Es gab Morde, massenhaft Morde an Reinblütern, viele von ihnen waren aus Familien, in denen sie mit Männern im Bett gewesen war. Und sie hatte begriffen. Ihre Mutter hatte sie nicht im Stich gelassen, sondern war auf dem Weg, sie zu befreien, mit Angst und Schrecken. Sie würde kommen und diese Zeit würde bald nichts Anderes mehr sein, als ein schrecklicher Alptraum, der ein Ende finden würde. Ihr Körper würde seine alte Form wieder annehmen und auch, wenn sie weder die Blage noch deren Familie killen konnte, diese Leute würden immer wissen, dass sie der Grund für den Tod Anderer gewesen waren!
 

Mit kaltem Lächeln setzte Ginny sich an das Fenster, das zu einem weitläufigen Park zeigte, wo gerade der Frühling seine schönsten Blüten zeigte. Kirsche und Mandel standen kurz vor ihrer prächtigen Blüte. Sie sollte da unten sein, um das genießen zu können! Sie wollte mit ihrem Besen den Snitch jagen! Und bald würde sie genau das wieder tun!
 

Kurz strich Ginny angeekelt über ihre kurzen, hässlichen Haare. Man hatte ihr ihre Pracht abgeschnitten, als man sie nach Azkaban gebracht hatte, um Läuse zu verhindern und auch hier würde man ihr nicht erlauben, sie lang wachsen zu machen, aber das machte nichts, es gab Tränke, die ihre einstigen Locken wieder herstellen würden. Und dann konnte auch sie noch Rache üben, bevor sie dieses verrottete Land, in dem einer wie Lucius Malfoy vermutlich neuer Minister werden würde, endlich verlassen können!
 

Oh ja, sie hatte das gehört oder von den Wachen mitbekommen. Lucius bloody Malfoy, das Dreckschwein wegen dem sie in ihrem ersten Schuljahr fast draufgegangen wäre, hatte nicht nur einen Verwandten von Slimy Snape geheiratet, sondern war auf dem besten Wege, der mächtigste Mann im Staat zu werden! Dieser verlogene, verkorkste Blondie! Das war doch widerlich! Wie konnte man als Kerl einen Kerl lieben?! Allein der Sex war für sie da schon unnatürlich, dreckig und widerwärtig! Ihre Mutter und Professor Dumbledore hatten das immer ganz deutlich gezeigt und doch hatte der nie die neuen Gesetze durchsetzen können, weil es zu viele dieser unnatürlichen Paare gab, die der Andere eigentlich hatte vernichten wollen, aber dann war der Ärmste so krank geworden, dass er hatte getötet werden müssen und seine Nachfolger hatten ihn betrogen, nicht durchgesetzt, was der bestimmt hatte. Sie hatten von Anfang an einen falschen Minister gewählt und nun taten sie es erneut.
 

Es würde weiterhin Sodomie und Chaos herrschen und statt den Muggeln zu zeigen, wer der Stärkere war, schirmten sie sich ab, als hätten sie so etwas nötig! Sie waren Magier, das Hochgeborenste, was es gab, was je geschaffen worden war! Doch statt das einzusehen, verkroch man sich! Aber Ginny wusste, ihre Mutter und sie, sie würden diese neue, bessere Welt einläuten. Sicher, dazu musste es erst mal Blutbäder geben, doch die roten Flüsse würden ins Paradies führen.
 

Und dann würde sie nicht nur von ihrer Mutter Prinzessin genannt werden, sondern auch noch Königin eines neuen, eines besseren, magischen Volkes werden. Dann endlich würde ihr Traum einer perfekten Welt Wirklichkeit werden. Ihr Traum und der ihrer Mutter und ihres Mentors. Oh, vielleicht würde ja auch Ron dabei sein…
 


 


 


 


 


 


 


 


 

Glücklich lächelnd blickte Evan auf das Bild, das auf seiner Staffelei stand. Er hatte es geschafft, es vor Lucius zu verstecken, immerhin sollte das ja dessen Geschenk sein. Es war endlich wirklich vollendet und er war sich ziemlich sicher, dass man deutlich sehen konnte, wie sehr er seinen Mann liebte. Daran hatte er noch wochenlang gearbeitet.
 

Doch dann legte er wieder das Leinen über sein Werk und stellte es unauffällig in eine Ecke. Er würde es Lucius bald geben, vielleicht schon heut, wenn es sich so ergeben würde. Er trat zu einer anderen Staffelei, nahm dann den Firnispinsel. Es war ein Bild, das er nach nur einer Woche beendet hatte und das doch richtig gut geworden war. Draco, der am Kamin stand, vor ihm ein Sessel, in dem Astoria saß, in den Armen das neugeborene Kind, ein Mädchen, etwas, das scheinbar nicht so selten war, wie Andere es erzählt hatten. Und natürlich Scorpius, der auf dem Boden saß, wieder mit dem roten Ball, den er dem Kleinen schon im ersten Bild in die Hand gemalt hatte. Im Hintergrund knisterte ein Feuer, man konnte fast die Härchen auf dem Bärenfellteppich erkennen.
 

Nun ja, er hatte schon länger daran gemalt, aber das Baby eben gerade erst dazu gefügt. Nun brachte er vorsichtig den Firnis auf, der das Gemälde schützen sollte. Draco hatte ihn mal gefragt, ob er Magie beim Malen verwenden würde, er hatte im ersten Moment gar nicht verstanden. Wie sollte man denn da Magie verwenden? Zeichnen war doch nichts Magisches! Etwas, das wiederum Draco nicht zu begreifen schien. Na ja, auch egal.
 

Als Evan mit dem Firnis fertig war, stellte er die Staffelei beiseite, sah auf seinen Schreibtisch, wo sein offener Block lag, darauf eine Skizze von den Pferden, die er erst vor einer Woche entdeckt hatte. Ja, Malfoy Manor hatte Stallungen. Es hätte ihn wirklich nicht wundern sollen. Die Tiere hatten wieder etwas in ihm berührt… Hedwig. Seine Eule, seine Freundin, die wie so viele für ihn gestorben war. Er hatte immer gern Haustiere haben wollen, bei den Dursleys unmöglich, in Azkaban ausgeschlossen und nach dem Krieg war ihm alles zu gleichgültig gewesen. Auch jetzt wusste er nicht, was er wirklich wollte. Keine Eule auf jeden Fall, vielleicht eine Katze oder etwas Anderes, eventuell sogar einen Hund. Aber das spielte keine Rolle. Damit würde er sich später beschäftigen. Wozu brauchte er ein Tier? Er hatte den kleinen Sev!
 

Oh ja, Severus hatte sich wirklich gut eingefügt und vor drei Tagen war auch die Adoption offiziell geworden. Der Junge war meist still, konnte manchmal aber auch sehr aufbrausend sein, dann weinte er manchmal, weil er dachte, weggegeben zu werden, wenn er einen Anfall bekam. Doch das würde Evan niemals tun. Zu sehr liebte er den kleinen Jungen, der gerade mit Mika und Scorp bei Jaden war, der vorerst mit Graham den Morgenunterricht übernommen hatte, während Astoria sich von der Geburt erholte und sich nebenher noch um Dawn kümmerte.
 

Lucius war wieder im Ministerium, wie so oft. Es wurde gerade schwierig mit der Wahl und Evan fürchtete immer noch, dass es da noch was gab, so oft, wie Luc gerade weg war. Sicher, er hatte viel zu tun, mit der bevorstehenden Wahl und alledem, aber dann wäre der Blonde doch nicht so schrecklich angespannt!
 

Er griff gerade nach dem nächsten Stift, um mit der Skizze weiterzumachen, die Lucius auf einem der Tiere zeigte, als die Tür schon aufflog und drei Kinder rein rannten. Na ja, zwei Rannten und polterten auf die vorbereitete Tapete zu, die Evan ausgelegt hatte, damit die Drei malen konnten, Severus lief ruhig und seine Bücher an sich gedrückt hinterher.
 

Sein kleiner Tränkemeister lernte schneller, als die anderen Beiden und konnte die Stunden mit Jaden zwei Mal die Woche kaum abwarten. Er mochte die Rezepte ja noch nicht entziffern können, aber brauen konnte Severus sie zum Teil schon jetzt. „Hi ihr drei. Habt ihr fleißig gelernt?“
 

„Ja!“, lachte Scorpius, der seinen Lieblingsonkel sofort umarmte, nur um erst von Mika abgedrängt zu werden, der wiederum von Sev etwas unfreundlich zur Seite geschubst wurde. „Wir haben geschrieben!“
 

„He ihr drei, kein Gedrängel!“, bat Evan die Kinder. „Ich bin für euch alle da“, erinnerte er die Kleinen, gab ihnen Hemden zum Überziehen. „Dann wollen wir mal malen.“ Es goss draußen so heftig, dass er nicht raus wollte. nicht, dass einer der Jungen dann ausrutschte und sich was tat.
 

Sofort griffen Scorpius und Mika die Pinsel, begann, die typischen Kinder-Strichmännchen zu zeichnen. Sev zog sich zwar auch sein Hemd an und legte die Bücher beiseite, doch statt zu den Anderen zu gehen, trat sein kleiner Sohn zu ihm. „Was gibt es, Sev?“, fragte Evan sanft und freundlich.
 

Severus sah zu seinem neuen Daddy, dann zu den anderen Jungen, die schon malten. „Magst… du die beiden lieber als mich?“, fragte er schließlich leise. „Weil…ich so ne auffällige Nase hab?“ Er hatte Angst, seine neuen Eltern zu verlieren und weggeschoben zu werden, wie es Mika passiert war und alle Kinder hatten früher über seine Nase gelacht.
 

Verdattert sah Evan seinen Sohn an, hob diesen schließlich auf seinen Schoß und schloss ihn fest in seine Arme. „Sevvie, ich hab dich furchtbar lieb und ich würde dich nie einfach so weggeben, hörst du? Niemals. Du bist mein kleiner Junge und ich würde Alles für dich tun. Warte ab, wenn du älter bist, werden die Mädchen in Scharen hinter dir her sein, eben weil du nicht aussiehst, wie alle Anderen.“ Er strich über den Rücken des Kleinen, der sich an ihn klammerte. „Aber wie kommst du denn auf so was?“
 

„Mika… Mika hat gesagt, sein Vater und… seine Moma mochten ihn nicht… weil er… aussieht, wie er aussieht und…er… hat meine Nase gehasst, die Kinder haben immer über mich gelacht!“
 

Immer wenn Severus von seinem Vater sprach, sprach der Junge nur von ‚er‘. Schon früher hatte der Tränkemeister das immer getan. „Oh, Sev. Das hatte doch nichts mit seinem Aussehen zu tun. Seine Eltern konnten sich nur nicht richtig um ihn kümmern. Und deine Nase… glaub mir, sie passt zu dir – und ich mag sie. Man kann sie toll anstupsen“, erklärte Evan ernst, tat dann genau das. „Aber sag mal, wo habt ihr den Graham gelassen? Der ist doch sonst immer bei euch.“
 

Langsam beruhigte Severus sich. Er hatte heut ein Märchen gehört, vom hässlichen Entlein und so fühlte er sich hier oft. Und er hatte Angst gehabt. Die Ente hatte auch Niemand haben wollen, nicht mal die Mama-Ente. Aber Daddy hielt ihn ganz fest. Er seufzte leise, ließ seinen Kopf auf dessen Schulter gleiten. Daddy war eben was Besonderes.
 

„Magst du nicht mit den Beiden malen?“, fragte Evan schließlich, seine Stimme bewusst leicht haltend. „Einen Tränketopf und deine Lieblingszutaten?“
 

„Ja!“, lachte Severus, der sich wieder vollkommen beruhigt hatte, einen der Pinsel griff, sich die schwarze Farbe eroberte und mit dem Ernst eines Kindes zu Werke ging.
 

Evan dagegen musterte seinen Kleinen noch lange, sah dann zu den schmalen Büchlein, hob dann die Augenbraue. Er würde mal mit Graham reden und Diesen bitten, diese Art Märchen entweder nicht zu lesen oder nur dann zu lesen, wenn er sie danach auch erklärte. Das hässliche Entlein. Kein Wunder, dass Sev Angst bekommen hatte. Dem Kleinen war mindestens so oft gesagt worden, hässlich zu sein, wie ihm selbst! Und er spürte die Auswirkungen noch heute. Jedes Mal wenn Lucius ihm sagte, wie schön er war, konnte er es nicht glauben, obwohl er in den silberblauen Augen sah, dass sein Mann das, was er sagte auch genauso meinte…
 

„… meine Farbe und du hast sie dunkel gemacht!“
 

„Is nicht wahr! Sev hat die dunklen Pinsel! Er war im Gelb, nich ich!“, verteidigte Scorpius sich empört.
 

„Ich wollt das nicht“, wimmerte Severus, der schuldbewusst seinen dunklen Pinsel festhielt.
 

Verwirrt richtete Evan seine Aufmerksamkeit wieder auf die Kinder, sah das Dilemma. Das Gelb war dreckig geworden. Natürlich die einzige Farbe, die er nicht als Fingerfarbe auf Reserve hatte. Und Evan traute sich nicht, auf Farbe Magie anzuwenden. Er fand, das nahm ihr den Glanz. Das mochte er noch weniger, selbst, wenn es den Kindern nicht auffallen würde. Es war wie bei Tränken. Sev hatte ihm das, in seinem ersten Leben, erklärt. Nutzte man Zauber zum Schneiden, mahlen oder zerreiben, so zerstörte man die eigentliche, magische Wirkung der Pflanze mit einer anderen Magie. Etwas, das logisch klang und in seinen Augen auch auf Farben zutraf. Er sah auf die nun drei heulenden Kinder, denn weder Mika noch Scorp hatten Sev zum Weinen bringen wollen. Manchmal waren die Drei wirklich anstrengend. Doch dann kam ihm die Idee.
 

Er selbst war nun schon mehrfach mit Lucius wieder in der Öffentlichkeit gewesen, in die er ja eigentlich ohnehin nie wieder hatte sehen wollen. Er könnte doch einfach neue Farbe kaufen – und eine Süßigkeit für Jeden bei Bertie Botts Bohnen! Lucius hatte ja darauf bestanden, dass er aus seinen Kammern in Gringotts einen nie leeren Beutel und eine Karte mitnahm! Damit würde er die Jungs sicher auf andere Gedanken bringen, weg von dummen Märchen, die ihnen Komplexe einredeten und weg von diesem unseligen Streit. „Jungs – wollen wir in die Winkelgasse gehen, um neue Farbe zu kaufen? Dann bekommt Jeder sein eigenes Gelb. Und wenn ihr brav seid, gehen wir in den Honigtopf und noch zu Fred und George. Was sagt ihr?“
 

„Zu den lustigen Onkels?!“, fragte Mika begeistert, hörte sofort zu weinen auf und klatschte in die Hände, dass die daran befindliche Farbe nur so flog, denn wozu mit Pinsel malen, wenn es anders schneller ging?
 

„Zum Honigtopf?!“, rief Scorpius begeistert, der, seit seine neue Schwester da war, kaum noch weiter raus gekommen war, als in den Garten, was er schrecklich langweilig fand, weil das war doch nur was für Kinder! Gut, es machte Spaß, aber die Stadt war doch viel aufregender! Vor Allem, wenn man nicht mit Dad rumlaufen musste, der immer alles so eng sah, ganz anders, als Granpa Luc oder Onkel Evan.
 

„Vielleicht… in die Apotheke?“, fragte Sev mit leuchtenden Augen, während er sich die Tränen ab und damit Farbe auf sein Gesicht wischte.
 

„Ja, ja und ja“, grinste Evan, zeigte auf jedes der Kinder ein Mal. „Aber erst müssen wir euch von Farbklexmonstern wieder zu Kindern machen und ihr müsst mir versprechen, immer bei mir zu bleiben. Okay?“
 

„Ja!“, kam es aus drei Mündern einstimmig zurück.
 

„Gut“, lächelte Evan, nahm die Kinder, brachte sie in das Bad in Lucius‘ und seinen Räumen, machte sie sauber, zauberte Flecke aus deren Kleidung und ließ von einer Hauselfe Umhänge und feste Schuhe bringen. Es wurde zwar Frühjahr aber so warm war es nun auch noch nicht. Erst dann ging er mit allen drei Kindern durch das Flosystem und rief laut den Namen von Freds und Georges Geschäft. Das war ihm weit lieber als eine Landung mitten in einem Wirtshaus, wo auch um diese Zeit schon gebechert wurde. Außerdem lachte da Niemand, wenn gleich vier Leute aus den altehrwürdigen Hallen der Malfoys haltlos aus dem Kamin kullerten – diese Peinlichkeit würde ihnen erspart werden. Nur der liebevolle Spott seiner Freunde würde wohl bleiben.
 

„Eins, zwei, drei…. Freddie! Wir haben vier Geschosse!“, kam es auch prompt, doch wenigstens half feine Hand ihm auf.
 

„Dir auch einen schönen Tag, George“, konterte Evan, hielt Sev die Hand hin, der Anderen gegenüber immer noch stark fremdelte, selbst wenn er sie, wie in dem Fall, durchaus kannte und zu schätzen wusste, da zumindest Fred brauen konnte und jeder, der brauen konnte, war automatisch Sevvies Freund. So hatte Lucius den Kleinen dazu gebracht, ihm zu vertrauen. Der Blonde kannte zumindest Standarttränke und war mit Sev in sein Labor gegangen. Danach war sein Kleiner auch seinem Mann gegenüber ganz offen geworden. Etwas, das Draco und Astoria erst noch erreichen mussten. Von Graham mal ganz zu schweigen und auch Percy war nicht der Liebling seines Kleinen.
 

„Onkel George, Onkel George! Onkel Evan geht mit uns zum Honigtopf!“
 

„Und neue Farben kaufen!“
 

„Ja, und in die Apotheke“, beendete Evan, lächelte Fred zu, der gerade nach hinten kam.
 

„Im Ernst?“, fragte George überrascht. „Du… gerade du… bist auf dem Weg in die Winkelgasse?! Freiwillig?! Was is denn mit dir passiert?!“
 

„Gute Frage“, ergänzte Fred, der seinen Neffen und dann Scorpius umarmte, Severus zumindest die Hand hinhielt. Er war glücklich für Evan gewesen, als er von dessen Wiederauftauchen erfahren hatte und er war froh für den Tränkemeister selbst, der ihm viel beigebracht und viele Menschen ohne Rücksicht auf sein eigenes Leben gerettet hatte und der ein unglaublich süßes, wenn auch schüchternes Kind war, das auch jetzt wieder hinter Evan in Deckung ging. Warum musste ihr kleiner Freund gerade jetzt raus? Wo ihre irre Mutter und ihr Bruder auf Mordkurs waren?! Oh, sie wussten Bescheid, sie waren auch schon angegriffen worden. Na ja, es war versucht worden, aber sie hatten starke Schilde um ihren Laden, schon um sich selbst vor Spionen zu schützen, denn ihre Artikel, sowohl die für Kinder als auch die für Erwachsene, brachten jedes Jahr ein Vermögen ein, das ihnen mehr als einer neidete.
 

Evan musterte die Zwillinge. Warum hatte er nur den Eindruck, dass die Beiden nicht sehr glücklich mit seiner spontanen Entscheidung waren? Wussten die etwa auch mehr, als sie ihm sagten? Doch, er würde sich heut eine Zeitung kaufen, oder zumindest die von morgen für sich beanspruchen. Das hier nahm schon komische Ausmaße an! Trotzdem antwortete er, während zwei Kinder an seinen Händen zerrten und Sev noch hinter ihm stand. „Ich muss in die Öffentlichkeit, wenigstens von Zeit zu Zeit, für Lucius. Und ich dachte mir, an einem Wochentag um die Uhrzeit sind auch nicht so viele Leute da“, erklärte er schließlich. „Ich… kann nicht der unsichtbare Ehemann sein, so sehr ich das auch sein würde… für Luc.“
 

„Oh, Evan“, seufzte Fred. Er war ja dankbar für das Eingreifen von Lucius und dessen offensichtlichem Erfolg. Nie hatten sein Bruder und er den Jüngeren so glücklich oder so gesund gesehen, aber er ging gerade jetzt in die magische Welt, ohne Begleitung, ohne Irgendwen! Er war doch ein Ziel! Und zwar mit seinen BEIDEN Identitäten! „Du liebst ihn wirklich, nicht wahr?“
 

Kurz lächelte Evan, wie immer abgelenkt, wenn Jemand von Luc sprach. „Sehr“, gab er nur zurück.
 

„Ich komm mit“, beschloss George nach einem kurzen Verständigungsblick mit seinem Bruder, froh, über ihre Fähigkeit, wortlos zu kommunizieren. „Mit drei Kindern hast du immer einen nicht an der Hand. Nun, wer möchte zu Onkel George?“
 

Dankbar sah Evan seinen Freund an, während Scorp mit einem lauten ‚ich‘ schneller zugriff, als Mika, der ihn noch nicht mal losgelassen hatte. So hatte er einfach ein besseres Gefühl bei der Sache und er musste Sev, der von den Dreien der Vernünftigste war, nicht bitten, neben ihm zu laufen, statt seine Hand zu halten, was der Junge dauernd wollte, vermutlich immer noch aus Angst, vergessen zu werden oder verloren zu gehen. Und er ließ Sev nicht gern aus den Augen, einfach wegen der schlechten Erfahrungen. Immerhin hatte man versucht, den Kleinen zu töten, in dem Moment, in dem er wieder ins Leben gekehrt war. „Also dann, auf geht’s! Mika, Sev. Abmarsch! Zuerst zu den Farben, dann in den Honigtopf!“
 

Gesagt, getan. Sie waren eine halbe Stunde im Laden, in dem es Farben, Blöcke und Leinwände gab. Evan ließ die Kinder sich selbst einige Dinge aussuchen, wählte auch für sich selbst ein paar weitere Skizzenblöcke und Pinsel, denn er hatte in den wenigen Monaten seinen Zeichenraum praktisch mit kleineren Bildern tapeziert und fünf von den Leinwänden. Das Bild für Luc, das für Draco, das der spielenden Kinder, Eileen für Sev und ein Gemälde von denen, die im Krieg gefallen waren. Unter ihnen, in ihrer Mitte, wie ein strahlender Anführer, Severus der Erwachsene. Leuchtend, selbst in seiner dunklen Robe. Er hatte das Bild noch niemandem gezeigt, nicht mal Lucius.
 

Kaum waren George und Evan mit den Kindern aus dem Laden, warf Fred eine Hand Floopulver in den Kamin, doch da erschien nur eine Hauselfe mit der Nachricht, dass Lucius und Draco oder Percy bei der Arbeit seien, Master Evan das Haus mit den Kindern verlassen habe, Astoria und die beiden kleinen Mädchen schliefen und wo Master Graham war, könne man gerade nicht sagen. Er beauftragte den Elf harsch, Graham Malfoy zu suchen, dann nahm er Floopulver, warf seine Schürze von sich und floote zum Ministerium, um Lucius Bescheid zu sagen. Er hatte einfach nur ein wirklich schlechtes Gefühl, die Stelle, wo einst sein Ohr gesessen hatte, juckte und brannte wie verrückt!
 

„…Bohnen haben!“
 

„Und ich mag Zauberstäbe!“
 

„Die Hedwigeulen nicht vergessen!“
 

Kurz sah Evan auf, als er den Namen hörte, sah, wie Scorpius in eine der Karaffen griff, wo tatsächlich weiße Eulen flogen. Er ließ die Kinder aussuchen, denn so oft gab es bei Lucius gar keine Süßigkeiten. Aber ein Mal musste es in Ordnung sein. „Sev, magst du denn nichts?“, fragte Evan schließlich.
 

Severus sah sich unsicher um. „Kenn ich nich“, erklärte er. Er wollte nichts haben, was dann doch nicht schmeckte und all das war fremd für ihn. Für ihn waren doch schon die Nachtische Luxus, oder das Stück Schokolade, das seine Moma manchmal beiseite geschafft hatte.
 

„Dann probier.“
 

„Aber… das kostet doch dann…!“
 

„Und?“, fragte Evan ungerührt, nahm eine zuckerfeder aus einer der Glaskaraffen und hielt sie Sev hin. „Manchmal braucht man was Süßes.“ Erst, als er das gesagt hatte, ließ Sev sich langsam auf das Abenteuer ein, versuchte mal hier, mal da.
 

Schließlich hatten alle drei Kinder einen Beutel für sich, hielten ihre Schätze in kleinen Tüten auf dem Weg zu ihren Zielen. Mika und Scorp wollten mit George noch mal in den Scherzartikelladen, so, dass Evan nur noch mit seinem kleinen Sohn auf dem Weg zu dessen Wunschziel war. Ein Ort, der für die anderen Beiden fraglos stinklangweilig sein würde.
 

Rasch öffnete Evan die Tür zu dem Ort, den er eigentlich immer gemieden hatte, hörte dasselbe Klingeln wie früher, als er noch in der Schule gewesen war. Und auch das Innere hatte sich kaum verändert. Derselbe Verkäufer, dieselben Regale. Sogar dieselbe Auslage im Fenster. Hier erst ließ Sev das erste Mal seine Hand los, sah sich bei den kleinen Tränkesets um, die eindeutig für Schulkinder waren. Was so in etwa dem entsprach, was sein Junge konnte, laut Jaden, der seine Eifersucht auf Sevs Talent sofort unumwunden zugegeben hatte, gleichzeitig stolz war, dieses Mal so was wie dessen erster Lehrer sein zu können.
 

„Sir, das ist für ein so junges Kind nicht ungefährlich.“
 

„Oh, keine Sorge, mein Sohn weiß besser, als ich, was er da tut“, lächelte Evan. „Er wird mal ein ganz Großer. Bekommt jetzt schon Unterricht in Dingen, die andere Kinder erst mit elf Jahren lernen und begreifen.“
 

„Dann muss er ein außerordentliches Verständnis für Tränke haben“, stellte der Apotheker fest, musterte den kleinen Jungen in der blauen Stoffhose und dem dunkelblauen, feinen Pullover. Oh, er wusste, wen er vor sich hatte, keine Frage. Der junge Mann hier landete in der Regel auf jedem Titelblatt, wenn er mal in die Öffentlichkeit ging. Der neue Ehemann von Lucius Malfoy, ein entfernter Verwandter eines tatsächlichen Genies, das der Mann tatsächlich jedes Mal verteidigte. „Muss er von seinem Verwandten haben.“
 

„Oh ja“, lächelte Evan. „Er hat mehr mit Severus Snape gemein, als nur seinen Namen. Er hat dessen Talent…“
 

„Ein großer Gewinn für die Gesellschaft also, Lord Malfoy.“
 

Kurz zuckte Evan zusammen, diesen Titel einfach nicht gewohnt, doch er nickte schließlich. „Sev wird sicher Großes leisten. Er liebt Tränke schon jetzt.“
 

„Daddy! Daddy, guck mal! Hier, das da! Das mag… darf ich das haben? Bitte?!“
 

Das lenkte Evan und den Besitzer ab, er trat zu seinem Kleinen, blickte auf dessen Fundstück. Es war wohl für die Zweitklässler von Hogwarts für dieses Schuljahr, ein voll präparierter Kasten mit Zutaten, Rezepten, zwei Rührstäben und einem Kessel.
 

„Ist gut, wir nehmen es, Kleiner. Aber denk dran…“
 

„ich weiß, nur mit Onkel Jaden, Papa oder Onkel Draco, nicht allein. Ich weiß das doch, Daddy! Ich kann allein nich mal die Rezepte lesen! Noch nich“, fügte er aber sofort an.
 

„Gut“, lächelte Evan, zahlte, und verließ den Laden. Die Straße war nun voller als eben, die Geschäftszeiten waren um, die Leute gingen nun einkaufen – und blieben stehen, um ihn anzustarren und zu tuscheln, wie er es inzwischen ja nur zu gut kannte. Er sah, wie Sev sich weiter an ihn drängte, hielt dessen kleine Hand fester. „Kopf hoch. Lass sie nicht sehen, dass du Angst hast, mein Süßer. Ich bin da und im Gegensatz zum Letzten Mal bin ich bewaffnet.“
 

Severus sah zu seinem Daddy, nickte dann, hob entschlossen sein Kinn und lief weiter – bis eine Frau direkt auf sie zukam. Sie schimmerte komisch, als wäre sie unter Einfluss von…. Polytrank!“, rief Sev, deutete auf die Frau, die in dem Moment einen Zauberstab zog.
 

Verwirrt sah Evan auf Sev, dann in die Richtung, in die er deutete, dann reagierte er wie auf Autopilot, als habe es die letzten sechs Jahre ohne Schlacht nicht gegeben. Sein Zauberstab rutschte wie von selbst aus der Halterung am Arm in seine Hand, während er wortlos ein Schild beschwor und Sev hinter sich zog, die ersten Zauber abwehrend. Wer war die Frau?! Warum griff sie ihn einfach an?! Was sollte das?! Mitten auf offener Straße und mir solchen Zaubern?! Diese… Evan kannte sie! Evan kannte diese Art zu kämpfen!
 

Was sollte das? Was ging hier vor?! Er spürte, wie ein Zauber seinen Schild schwächte, einen Schneidezauber durchließ, doch er spürte den Schmerz nicht mal, während er verbissen für Sev kämpfte, der weinend hinter ihm stand und nichts verstand. Wie auch, er begriff doch selbst nicht! Warum geschah das?! Und dann – deutete die Frau wahllos auf einen der anderen Herumstehenden, der – in all seine Einzelteile zerrissen wurde, einfach so! Panisches Geschrei folgte, hektisches Rennen, mehr Zauber, die ziel- und verstandlos flogen.
 

Und dann, auf ein Mal, Sprüche, die neben Evan vorbei schossen. Mehrere blonde Schöpfe, einige weitere Rote. Sev war in Sicherheit. Evan spürte, wie der Boden unter seinen Füßen schwankte, er hörte den spitzen Schrei seines Sohnes, sah noch, wie die Frau in einer Wolke verschwand, dann kippte er einfach um.
 


 


 


 


 


 

Es war Zufall gewesen, purer, aber toller Zufall. Sie war unter Polytrank in der Winkelgasse gewesen, um einen neuen Zauberstab für sich zu beschaffen und so die Auroren zu verwirren. Doch gerade, als sie zu Ollivanders hatte gehen wollen, hatte sie ihn gesehen. Den Snape-Drecksack, der Malfoy geheiratet hatte! Der Verwandte eines Verräters, der nichts besseres zu tun hatte, als den Kerl auch noch einen Held zu nennen, der ihren Ron hatte durchfallen lassen und ihm damit seinen Beruf versperrt hatte, so, dass sie einen ganzen Monat gebraucht hatte, um ihren Jungen wieder vom Alkohol runter zu bekommen!
 

Und dann hatte sie über Umwege in Erfahrung gebracht, dass ihr Ron nicht mal nüchtern zumindest seine Blagen zurückfordern konnte, da Percy, der nicht mal verheiratet war, sie adoptiert hatte! Sollte der sich doch selbst ein Weib suchen, das ihm länger blieb, als ein verdammtes, halbes Jahr! Aber nein, er bediente sich bei anderen Leuten in der Familie! Nun, auch er würde leiden für das Ruinieren des Familienbildes.
 

Aber erst mal hatte sie ein anderes Ziel ausgemacht!
 

Hysterisch lachend stürzte sie auf den Mann zu, entsetzt, als das Kind ihr auf den Kopf den Trank zusagen konnte. Aber es spielte keine Rolle, es würde nicht lang genug leben, um davon erzählen zu können. Sie begann, gemeine Zauber zu sprechen, nur um sehen zu müssen, dass die einfach abprallten, wie die Zauber, die sie auf das Drecksgrab hatte verwenden wollen! Aufgesaugt von einem unsichtbaren, mächtigen Schutzschild!
 

Nun erst richtig aufgebracht, weil es nun so nicht laufen durfte, begann sie, die heftigeren Dinge zu sprechen, ohne auf die Umstehenden zu achten. Sollten die doch gucken, die würden eh nicht eingreifen, hatten zu viel Schiss um ihre eigene Haut, um sich auch nur zu rühren. Wie immer eben, solang sie nicht angegriffen wurden, würden sie sich nicht einmischen.
 

Da! Endlich! Das Schild schien schwächer zu werden! Sie sah genau, wie der Snape zusammenzuckte, bombardierte die Stelle weiter, nur um festzustellen, dass sie sich geirrt hatte. Voller Wut über ihr eigenes Versagen, dabei hielt sich sie wirklich für stark, schoss sie mehrere Zauber mitten in die Menge. Und nein, an denen lag es nicht. Der Zauber pulverisierte eine Frau mit Einkaufstüte, ließ einen anderen Mann gefrieren und in Tausende von Einzelteilen zerspringen.
 

Etwas, das Molly unglaublich guttat, nun, wo panisches Geschrei und kopflose Flucht begann. Chaos. Besser, als die jammernden Familien, die sich füreinander aufopfern wollten und die sie doch alle umbrachte, wenn sie ein Mal in deren Häuser gekommen war und es war so erschreckend einfach! Etwas Polysaft hier, ein kleiner Veränderungszauber da und sie war überall. Nicht zu vergessen, dass ihr eigener Körper dadurch zeitweise schlanker und agiler zu werden schien. Sie hörte sich selbst lachen, wie einst Bella Lestrange, doch das war ihr gleichgültig. Diese Leute waren es, die sie so weit getrieben hatten! Sie hatte gekämpft, für eine bessere Welt und die forderte sie jetzt nun einmal ein! Was war daran falsch?! Alle anderen schienen ihre Beteiligung in der Schlacht teuer ausgezahlt bekommen zu haben, Leute wie Malfoy waren noch reicher geworden und nur sie sollte mit ihrer Prinzessin und ihrem gefallenen Prinzen auf der Strecke bleiben, mit einem unfähigen Ehemann und verräterischen Kindern!? Nicht in diesem Leben!
 

Wütend begann sie, wieder auf ihr eigentliches Ziel zu feuern, doch der Snape hielt erschreckenderweise stand und irgendwie kam Molly nicht umhin, sich zu fragen, ob ihr die Technik nicht auf eine seltsame Weise vertraut war. Diese Technik eines Feiglings, der sich nur hinter seiner Magie versteckte.
 

„Dreckiges Schwein! Deckenrutscher! Kloake! Unnatürliches, widerwärtiges Stück Scheiße! Ich bring dich um! Erst das hässliche Blage hinter dir, dann dich, dann jeden Anderen, der mich so beschissen hat! Und am Ende… an Ende auch diesen Verbrecher Harry Potter! In Azkaban hätt er verrecken sollen! Und alle Snapes sollten tot sein! Aber keine Sorge! Diesen Fehler des Schicksals werde ich schon korrigieren! Und hier werde ich anfangen!“, brüllte Molly aufgebracht, schoss weiter und weiter, während der Schweiß begann, ihr Gesicht herab zu rinnen und sie wusste, gleich würde die Wirkung des Polysaftes ganz nachlassen.
 

Aber dann wurde es erst richtig hässlich. Auf ein Mal kamen sie angeschossen. Ihre eigenen, verräterischen Söhne, einer der Zwillinge, dank der langen Haare konnte sie nicht sagen, welcher, Percy und gleich drei Malfoys schossen auf sie zu, mit gezückten Stäben und entschlossenen, beängstigenden Gesichtern. Wer waren diese Leute?! Sicher, da war Lucius, das Schwein und sein Sohn Draco, aber wer war der Andere?! Eindeutig auch ein Malfoy, kein Zweifel bei den Haaren, doch sie hatte ihn noch nie in ihrem Leben gesehen!
 

Allerdings wusste Molly, dass sie es nicht länger schaffen würde, sie hatte sich schon an diesem beschissenen Snape ausgepowert, das wusste sie. Dieser Mann, der angeblich so alt sein sollte, wie ihr Ron, nur wenige Monate jünger, sah aus, wie ein kränklicher Zwerg! Warum war er dann so viel stärker, als ihr Sohn?! Das war eine Frechheit!
 

„Ich komme wieder!“, brüllte Molly. „Ich werde kommen und euch alle killen! Jeden beschissenen Snape, der sein hässliches Gesicht irgendwo auf dieser Welt zeigen wird und all die verräterischen, arschkriecherischen Malfoys!“, warf sie in die immer noch panische Menge, in der nun auch Auroren auftauchten, sie sah ihre eigenen, roten Haare, wusste, der Trank hatte seine Wirkung eingebüßt, doch es war ihr gleich. „Und meine eigene, verräterische Brut werde ich besonders liebevoll zu Tode foltern!“, rief sie noch, bevor sie den Knopf an ihrer Tasche berührte, eine Art Abschiedsgeschenk von Albus, geladen mit dessen nie schwächer werdenden Magie. Eine Art Freischein von überall außer aus dem Ministerium und Azkaban einfach zu verschwinde, mit überraschendem Raucheffekt. Sie würde ihre Rache bekommen und noch mal würde auch dieser Snape nicht seiner Zerstörung entgehen. Wenn sie sich dann sehr gnädig fühlen würde, würde sie die kleine Ratte auch ganz schnell umbringen statt sie zu quälen, wie das letzte Kind…

Wiedersehen mit Luna

"Und das verstehst du also unter Aufpassen?!“, bellte Lucius während er den Gang auf und ab lief, darauf wartend, dass Jenna und Jaden endlich auftauchen würden. „Ich habe dich hierher gebeten, um genau so etwas zu verhindern! Du solltest auf ihn achten und dann bekommst du nicht mal mit, dass er das verdammte Haus verlässt! Dein Job war es nicht, Astoria beim Kaffetrinken in den Garten zu begleiten, sondern auf meinen Gefährten zu achten! Der schon wieder um sein verdammtes Leben kämpfen muss!! Genau das sollte nicht geschehen!“ Und das jetzt, wo Evan, auch für ihn, wieder auf die Straße gegangen war. Um den Kindern eine Freude zu machen. Er konnte schon froh sein, dass die anderen beiden Kleinen mit George im Laden gewesen waren und Fred ihn geholt hatte. Draco, Abraxas, Percy, und der Zwilling ohne Ohr hatten ihm geholfen, die Irre mit der Kraft des Wahnsinns erst mal in die Flucht zu schlagen, bevor die mehr Opfer fordern konnte. Sie hatte mehrere Beistehende getötet, weil sie es nicht geschafft hatte, die mächtigen Zauber um Evan zu Fall zu bringen, dummerweise hatte sie es aber definitiv ein Mal geschafft, einen Treffer zu landen, zweifellos, als der Jüngere Sev beschützt hatte, der immer noch hysterisch weinte, während Percy versuchte, ihn zu beruhigen.
 

Graham starrte auf seine eigenen Hände. Er konnte das nicht fassen. Unter seinen Händen! Das war unter seinen Händen geschehen! Ja, er hatte Jaden beim Unterricht der Drei geholfen, es war auch ganz friedlich gewesen und da die zu Evan gelaufen waren, um zu zeichnen, da es draußen wie in Strömen gegossen hatte, war er bei Astoria vorbei gegangen zu einem Kaffee! Um mit der jungen Frau zu reden und nach den beiden Babies zu sehen! Mehr nicht! Er hatte doch nicht ahnen können, dass ausgerechnet Evan, der bisher alles und jeden gemieden hatte, auf die Idee kommen würde, in die Winkelgasse gehen zu müssen, allein und mit drei Kindern! Um Farben zu kaufen! Wirklich nicht! Er war nur kurz nicht da und dann bei einem Flooanruf von einem der Zwillinge auf dem Klo gewesen! So war das alles nicht gedacht gewesen!
 

„Evan… derjenige auf den du achten solltest, kämpft da drin mit seinem beschissenen Leben! Weißt du, wie viel Magie er aufgewendet hat, um Sev und sich zu schützen?! Weißt du, wie ihn das zurückwirft und was für Vorwürfe er sich machen wird?! Das war genau der Grund, weswegen ich deinen faulen Arsch hier….!“
 

„Es reicht!“, bellte Abraxas, der schon auf dem Weg hierher Kopfschmerzen bekommen hatte. Sein panischer Enkel hatte ihn geholt, aus purer Angst, Lucius könne einen Verwandten umbringen. Er hatte auch eine grobe Zusammenfassung der unglücklichen Ereignisse des Tages bekommen, war an dem Raum vorbei gekommen, wo Percy und die anderen beiden Kinder versuchten, Sev zu beruhigen, der heulend in einer Ecke saß und sich nicht anfassen ließ.
 

Und nun sah er, dass Dracos Panik nicht ungerechtfertigt war. Sein Sohn hatte sich im Gang aufgebaut, wurde gerade nur von Mathew wohl am Schlimmsten gehindert, während Graham wie ein Stück Elend, getroffen vom eigenen Versagen, auf einem Stuhl saß und seine Hände knetete. Er brauchte keinen Zauber um zu wissen, dass der Raum, in dem der Gefährte seines Sohnes behandelt wurde, schalldicht gezaubert worden sein dürfte. Mit harschen Worten brachte er den aufgebrachten Mann erst mal dazu, sich zu ihm umzuwenden.
 

„Es reicht“, sprach Abraxas, betont ruhig. „Lucius, das war nicht Grahams Absicht und Jeder kann mal Fehler machen. Er hat Evan nicht so eingeschätzt, dass der einfach gehen würde, sonst hätte er seine Aufgabe nicht vernachlässigt.“
 

„Mein Gefährte…!“
 

„Ja, ich weiß. Er liegt da drin und wird versorgt, aber er ist hartnäckig, er wird auch das überstehen. Und dann noch weniger begeistert sein, wenn er hört, dass du Anderen die Schuld an etwas gibst, das er verursacht hat.“ Er trat zu seinem aufgebrachten Sohn, schob diesen von seinem Opfer weg, dass das auch noch über sich ergehen ließ und blickte ihm dann in die Augen.
 

„ Einen Gang weiter hat sich der Junge, den du als Sohn adoptiert hast, in eine Ecke vergraben, lässt sich seit Stunden von niemandem anfassen und weint und schlägt um sich, während er nach seinen Eltern ruft. Du kannst hier nichts tun, geh zu Severus, beruhig das Kind und komm dann wieder. Ich rede mit Graham. Los!“ Erleichtert sah Abraxas, dass sein Sohn tat, was er befahl.
 

Als sein Vater Sev erwähnte war es, als würde Lucius‘ von Wut und Panik erfüllter Geist klarer werden. Er starrte, immer noch aufgebracht und schwer enttäuscht zu Graham, der so laut getönt hatte, der Beste zu sein, doch statt wieder auf diesen loszugehen, machte er sich auf den Weg zu seinem Jungen, der ihn brauchte. Evan würde ihm das Fell über die Ohren ziehen, würde er hören, dass er den Kleinen hatte weinen und nach seinen Eltern rufen lassen, statt sich um Sev zu kümmern.
 

Also lief Lucius zurück, sah in das Zimmer, wo er seinen eigenen Enkel schluchzen hörte und trat ein. Mika und Scorp heulten selbst Rotz und Wasser, einfach nur aus Mitleid und Percy stand hilflos mitten im Raum, nicht wissend, um wen er sich kümmern sollte. Ohne ein Wort lief er erst mal durch den Raum und in die Ecke, in die Severus sich geflüchtet hatte, zusammen mit seinem Raben, allen den Rücken zuwendend. Kein Wunder, bei der Situation, in die er rein geraten war – nur, weil Graham seine Warnungen nicht ernst genommen hatte!
 

Mit einem Griff hatte er Severus hochgehoben. Sofort versuchte sein neu adoptierter Sohn, um sich zu schlagen, doch dann schien er zu sehen, wer da war, schlang die Arme um seinen Nacken. Er war vollkommen erschöpft und doch weinte er weiter. „Es wird Alles wieder gut, Sev…“
 

„Papa“, wimmerte Severus, als er hochgehoben wurde und dieses Mal nicht wieder von Onkel Percy. Er wollte nicht Onkel Percy, er wollte nicht Onkel Draco, er wollte Niemanden außer Daddy und Papa! Aber Daddy war einfach umgefallen, als die Anderen endlich gekommen waren! Nein! Er hatte Moma gerade erst verloren! Er wollte nicht schon wieder Eltern verlieren! Er würde nie wieder Andere finden! „D…D…Daddy“, flüsterte er schließlich schwach. „Will... will Daddy…soll… nich kaputt sein…“
 

Lucius wiegte den Kleinen, der erschreckend viel von dem Vorfall verstanden zu haben schien, auf seinen Armen hin und her, während Percy nun die anderen Beiden hochnehmen konnte und der Lautstärkepegel langsam wieder etwas herunterging. „Daddy wird versorgt, wir machen ihn wieder heil, ich verspreche es, kleiner Mann. Keine Tränchen mehr, ja? Das würde Daddy nicht wollen.“
 

„W’rum?“, weinte Severus weiter. „W’rum hat die Frau das’emacht?! Das… sie… sie hat… Daddy putt’emacht und… den anderen Mann! Daddy hat aber… doch gar nichts getan!“ Er verstand das nicht! Er hatte den besten Daddy der Welt, der zu Allen lieb, nett und höflich war und doch war er angegriffen worden, vor Allem er und die Frau hatte viele böse Wörter gesagt, die eigentlich ganz doll verboten waren!
 

„Es gibt leider immer böse Menschen“, erklärte Lucius. „Denen macht es Spaß, wenn sie Anderen weh tun können. Aber Daddy ist stark und Onkel Jaden und Tante Jenna kümmern sich jetzt um ihn.“ Er lief noch mal im Raum auf und ab, bis das verzweifelte Weinen zu einem zeitweiligen Schluchzen wurde, das aber nicht mehr so schlimm klang. Auch die anderen Beiden hatten sich beruhigt und sahen zu ihm, sie verstanden noch nicht mal, was geschehen war, sie waren sofort von George in das Hinterzimmer und von da aus ins Manor gebracht worden. Es war schlimm genug, dass Sev denTod hatte sehen müssen und nun auch noch um seinen Vater bangte.
 

„Will... will zu Daddy“, flüsterte Severus erschöpft. Er wollte sehen, dass es Daddy gutging! Unbedingt!
 

„Ich weiß nicht, ob wir schon rein dürfen“, erklärte Lucius. „Aber wir beide können zusammen warten…“
 


 


 


 


 


 


 


 


 

„Oh toll“; stöhnte Evan, als er zu sich kam – ein weiteres Mal am nebelschwabendurchzogenen Bahnhof von Hogsmaede. „Da will man ein Mal nicht draufgehen und ist schon wieder hier!“
 

„Gut zu hören…“
 

„Oh, hi Luna. Diese Treffen werden langsam zu einer traurigen Gewohnheit“, stellte der Grünäugige fest und setzte sich wieder ganz auf und blickte auf die Blonde, die dieses Mal schon neben ihm zu sitzen schien, das Gesicht ungemütlich ernst. „Dieses Mal hat’s mich also wirklich erwischt…“
 

„Ja“, nickte Luna. „Es ist nur ein Zauber durch deine Schilde gekommen, aber der hat schwere, innere Verletzungen ausgelöst. Es kämpfen gerade zwei Heiler und Jaden um dich.“
 

„Schaffe ich es?“, fragte Evan leise, während Angst in sein Herz schlich. Er wollte nicht sterben! Er wollte bleiben! Bei Lucius, bei Sev, der das auch noch hatte mit ansehen müssen und bei seinen Freunden! In ein paar Tagen hatte er sich doch mit Neville verabredet, den er bei einem Projekt unterstützen wollte und sein kleiner Junge! Severus würde sich nicht auch noch mit seinem Ableben abfinden können, er war dessen Bezugsperson! Und… Lucius. Er… er musste einfach zurück! Er liebte Lucius, wie er noch nie einen anderen Menschen geliebt hatte! Der Blonde sagte immer, wie sehr er ihn liebte, wie… wie würde sein Mann damit klarkommen, dass er starb?!
 

Luna lächelte beruhigend, legte eine ihrer Hände auf die des Anderen. „Ich denke doch. Deine Magie ist stark, sie hat dich bis jetzt nicht sterben lassen und sie arbeiten schon seit Stunden an dir. Aber du wirst ein paar Tage zweifellos schwach sein und eine Weile lang Schmerzen haben. Weißt du, ich wollte ja mit dir sprechen, aber doch nicht unter diesen Umständen!“
 

„Glaub mir, ich habe mir das auch nicht so vorgestellt! Ich wollte einfach den Kindern eine Freude machen und sicher nicht angefallen werden! Ich bin raus, um mir selbst zu beweisen, dass es, nun, wo der Krieg vorbei ist, nicht mehr gefährlich ist! Und… und Lucius wusste was und hat mich nicht gewarnt! Ich… ich hab die Kinder in Gefahr gebracht, verdammt noch mal!“
 

„Evan…. Evan, beruhig dich“, bat Luna leise, zog dessen Gesicht zu sich. „Er hat es getan, um dich zu schützen. Er will dich vor Allem bewahren, selbst vor der Wahrheit, wenn die dir weh tun könnte und da er dich aber auch nicht anlügen möchte, hat er dir einfach einige Dinge gar nicht gesagt. Es ist seine Art, dir zu zeigen, wie sehr er dich liebt.“
 

„Er wird später noch Einiges zu erklären haben“; knurrte Evan. „Ich hab die Kinder in…!“
 

„Nun, eigentlich war eure Sicherheit Grahams Job.“
 

„Ich… verstehe nicht?“
 

„Lucius hat Graham nach England geholt, damit der ein Auge auf euch haben kann, damit du nichts erfahren musst und der Plan war ja auch an sich ganz gut, nur hatte Graham eben seine Augen nicht da, wo sie hingehört hätten…“
 

Evan schloss die Augen, lehnte sich zurück gegen die eher unbequeme Holzlehne. Boa ey, konnte man nicht mal kurz vor dem Tod etwas Bequemlichkeit erwarten? Er atmete tief durch. „Warum?“, fragte er schließlich. „Warum tut Molly Weasley das?“
 

„Nun“, murmelte Luna, blickte auf ihre schimmernden Nägel, dann auf den tutenden Zug, dessen Türen sich gerade schlossen. Die Anderen hatten es geschafft. Evan würde sich im Laufe der nächsten Stunden stabilisieren, ohne einsteigen zu müssen. „Es ist Einiges geschehen, aber vor Allem ist sie einfach wahnsinnig. So ähnlich wie Bellatrix Lestrange. Durchgedreht. Nicht ganz wasserdicht, nenn es wie es dir gefällt. Es hat schon immer in ihr geschlummert, frag die Zwillinge. Und sie hat es weitergegeben. An Ron und Ginny. Ihre Verurteilung…“
 

„Was Moment! Stop! Welche Verurteilung?“, fragte Evan verwirrt. Wie gesagt, er hatte keine Zeitung mehr gelesen, nicht, nachdem Andromeda den Brief hatte öffentlich drucken lassen, als er nach Azkaban gekommen war, wohl etwa drei Tage vor Lucius‘ Entlassung und Entlastung. Es tat auch immer noch weh, daran zu denken, doch er hatte es akzeptiert, wie er alles akzeptierte.
 

„Oh… Nun, dass Ginny rumgehurt hat wie blöd, das hast du ja noch vor der Schlacht mitbekommen und leider hat sie… damit auch später nicht aufgehört. Obendrein war sie zu dumm um für Verhütung zu sorgen und hat zwei Kinder abgetrieben. Ein drittes wollte sie auch beseitigen. Dazu hat sie sich Männern aufgedrängt, die sie gar nicht wollten. Dumme Kombination. Und sie ist erwischt worden, auch noch von ihrem Vater, der es unabsichtlich noch schlimmer gemacht hat, indem er einen Heiler gerufen hat, der die Abtreibungen bestätigt und die Auroren gerufen hat…“
 

Evan schluckte schwer, sah wieder das kleine, von ihm besessene Mädchen mit den roten Haaren und den großen, hellen Augen vor sich, damals am Bahnhof in London. Und dann die junge Frau, die sich an ihn rangeworfen und vor der er sich so sehr geekelt hatte. Sie hatte Kinder umgebracht. Einfach so, weil sie es gewollt hatte! „Molly gibt mir die Schuld.“ Es war keine Frage, nur eine Feststellung. Oh, er wusste, dass sie gegen seine Freilassung gewesen war, auch, wenn weder die Zwillinge noch Percy oder Charlie das je laut ausgesprochen hatten, doch dass ihr Hass so weit ging…
 

„Ja, aber in dem Fall hat sie dich nicht angegriffen, weil du du bist, sondern weil sie dachte, dass du Snape bist und den hasst sie mindestens genauso, da du Severus so mochtest. Es ging ihr ums Prinzip. Du, ein Snape, hast reich und einflussreich geheiratet, während ihre Tochter weggeschlossen wurde, für etwas, das in ihren Augen noch nicht mal ein Verbrechen ist.“
 

„Ich glaub, davon brauch ich die lange Vision.“
 

„Dafür ist dein Ehemann zuständig – und sei nett zu ihm, er hatte gerade den Schock seines Lebens. Lass ihm Zeit und sei nicht zu irritiert, wenn er dich dauernd im Auge behalten will. Ich glaub, der Mann hatte in seinem Leben noch nicht so eine Panik, wie er es im Moment wegen dir hat.“
 

Evan nickte einfach nur. Ja, er war angepisst, dass ihm so was Wichtiges verschwiegen worden war, doch er wusste, böse würde er dem Anderen doch nicht sein können. Dazu liebte er Diesen viel zu sehr und auch bei ihm saß der Schock gerade so richtig. Nein, er konnte Luc nicht verlieren! Weder ihn noch den kleinen Sev, der alles hatte mit ansehen müssen. „Ich.. muss zurück.“
 

„Ich weiß. Du musst nur die Augen schließen…“, sie strich dem Anderen über die Wange. „Und vergiss nicht, du und deine Entscheidungen, beides wird eine große Rolle spielen. Du bist einer meiner wichtigsten Kettfäden... das Gerüst der neuen Zeit.“
 

Evan zwang sich selbst, zu lächeln und so gern er eigentlich mit Luna hätte reden wollen, im Moment wollte er einfach nur zurück, um die Anderen zu beruhigen. Er kannte Lucius und wenn der Blonde ihm Graham auf den Hals gehetzt hatte, war der vermutlich gerade dabei, dem armen Mann was zu tun, weil er trotzdem verletzt worden war.
 

Und er spürte es sofort, dieses Mal, im Gegensatz zu den anderen Malen, sehr bewusst. Es war, als würde er fallen, vollkommen schwerelos sein, bis er richtig hart aufschlug – mit allen damit verbundenen Schmerzen, die sich aber an seiner Seite zu zentrieren schienen. Da, wo der Zauber ihn getroffen hatte. Doch da war noch was Anderes. Wärme, ein kleiner Körper. Es schien, als wäre Sev zu ihm ins Bett gekrochen. Und auch seine Hand… sie wurde gehalten. Lucius. Er war nicht allein, so wie früher auf der Krankenstation. Er hatte eine Familie, die da war. Er war nicht allein auf der Welt, da waren Menschen, die auf ihn warteten und sich schreckliche Sorgen gemacht hatten.
 

Als er es schaffte, mit einiger Mühe, den Arm zu bewegen, den Sev sich eindeutig als Kissen auserkoren hatte, wimmerte sein Kleiner sofort und klammerte sich fester an das Hemd, das er zu tragen schien. Etwas, das scheinbar Lucius, der vor dem Bett auf einem Stuhl sitzen musste, aufschrecken ließ, dann kurz danach wurde seine Hand losgelassen, was Evan gar nicht gefiel, dann aber spürte er, wie der Blonde sein Gewicht auf die Matratze verlagerte, scheinbar, um sich über ihn zu beugen und Sev neu zuzudecken.
 

Mühsam kämpfte Evan die Augen auf, die sich wirklich schwer anfühlten, blinzelte dann in die Dunkelheit. Nacht. Welch Überraschung. Er musste schon länger bewusstlos sein, wenn Lucius dem Kleinen erlaubt hatte, sich hierhin zu legen. Mehr als einen Tag? Er konnte es nicht sagen. Jedes Mal, wenn er wieder an dieser Übergangsstation gewesen war, hatte er feststellen können, dass Zeit absolut nicht gleich Zeit sein musste. Er blinzelte schließlich etwas, sah die blonden Strähnen, die an seinem Gesicht entlang streiften, während es raschelte. Ja, Lucius richtete die Bettdecke.
 

Dieses Mal folgte Evan mit den Augen der Bewegung des Älteren, der sich wieder setzte, kurz seine Hände vors Gesicht legte – und sie abrupt wieder runter riss, ihn endlich ansah. Er schien erst jetzt zu realisieren, dass sein Mann ihn anblickte.
 

Es war Horror gewesen. Ein Alptraum, der nun schon seit einer Woche anhielt. Jaden und Jenna hatten mit einem weiteren Heiler bis tief in die Nacht nur darum kämpfen müssen, dass Evan überhaupt überleben würde. Der Zauber war hochgefährlich gewesen, hatte die Nieren, den Magen und die Leber gestreift und Evan hatte wohl schon eine ganze Weile massiv ins Innere seines eigenen Körpers geblutet, bevor sie auch nur gekommen waren, um ihm zu helfen. Dann noch der massive Aufwand an Magie, den sein Mann geleistet hatte, um sich und ihren neuen Sohn zu schützen und vor Schaden zu bewahren, so, dass auch die magische Selbstheilung kaum noch vorhanden gewesen war, hatte seinen Gefährten noch in der ersten Nacht fast das Leben gekostet.
 

Und seitdem lag Evan hier in ihrem Bett, praktisch ohne sich zu regen, tagelang. Der Heiler und Jenna hatten beide eine negative Prognose gestellt, dass sie nicht wussten, ob der magische Kern sich beruhigen und Evan überhaupt aufwachen würde. Sie wussten es einfach nicht, betonten immer wieder auch, dass es überhaupt ein Wunder war, dass der Jüngere diese Nacht überstanden hatte. Sie wussten nicht, ob man noch mehr verlangen konnte und ob Evan nicht hier vor sich hin vegetieren würde.
 

Nach der zweiten Nacht ohne dass sein Mann sich geregt hatte, war Lucius selbst heulend zusammengebrochen, fertig mit den Nerven und überfordert mit der Vorstellung seinen Gefährten zu verlieren. Er hatte den Raum nicht verlassen, seit die Heiler abgezogen waren und nicht mal sein Vater hatte ihn rauszerren können. Er war beharrlich hier geblieben.
 

Auch Severus war mit ihm hier eingezogen, weigerte sich, seinen Daddy aus den Augen zu lassen oder in seinem Zimmer zu schlafen. Es war schwer genug, ihn morgens für ein oder zwei Stunden zu Jaden zu bringen, um zu lernen und anschließend lief er immer, das Stofftier in einem harten Klammergriff, wieder hierher, kletterte auf das Bett, da, wo Lucius normalerweise schlief, legte sich neben Evan und blieb dort. Er wollte nicht zeichnen, nicht spielen und noch weniger weggehen. Nicht mal zum Brauen hatte Jaden ihn überreden können.
 

Und zu Graham… ging Severus gar nicht, weigerte sich, mit Diesem zu reden. Er hatte wohl mitbekommen, wie Lucius und sein Vater über das Thema geredet hatten und wollte mit dem Mann, der Daddy nicht beschützt hatte, nichts zu tun haben. Nicht, dass er es seinem Sohn verübeln konnte. Erstens dachte er genauso und zweitens hatte auch er sich geweigert, den Mann auch nur anzuhören, was er auch erst tun würde, wenn Evan wieder zu sich kam. Wobei die Betonung inzwischen vielleicht sogar auf dem Wort ‚ob‘ liegen musste.
 

Geschlafen hatte Lucius die gesamte Zeit kaum. Mal ein Stündchen, wenn Sev sich in seinem Schoß zusammengerollt hatte oder wie gerade eben wenn er in dem Sessel zusammensackte. Er hatte einfach Angst, dass sein Gefährte in dem Moment, wo er nicht hinsah, wieder in Probleme geraten würde! Dass er furchtbar übernächtigt aussah, war ihm scheißegal. Und selbst seine Arbeit.. er konnte darauf keinen Gedanken verwenden. Irgendwann in der Nacht fuhr Lucius aus seinem unruhigen und unbequemen Schlaf hoch, als er Sev wimmern hörte. Seit dem Vorfall hatte der Junge dauernd Alpträume von Menschen, die zerplatzten oder auf andere, unnatürliche Art zu Tode kamen.
 

Mühsam erhob Lucius sich, griff vorsichtig über Evans reglosen Körper um die Decke zu richten und über Sevs Haare und Wangen zu streichen, damit der Kleine sich beruhigte. Erst dann sackte er wieder zurück, verbarg das Gesicht in den Händen, während er kurz vorm nächsten Heulkrampf stand, als er daran dachte, dass er eigentlich im Bett liegen müsste, während Evan sich vertrauensvoll gegen ihn zusammenrollte. Wenn er ihn nur ansehen würde! Irgendwie zu sich käme und…!
 

Moment!
 

Verwirrt ließ Lucius seine Hand sinken. Hatte er nicht eben etwas sehr weißes im Dunkeln leuchten sehen und das Gefühl gehabt, dass die Finger sich bewegen würden? So, wie gestern Abend, als er Sev aus dem Märchenbuch vorgelesen hatte?! Er richtete seinen Blick auf den Jüngeren, in panischer Angst, dass er erneut falsch liegen könnte, er wusste nicht, ob er das verkraften würde nach all den Schreckensbildern, die er sich ständig selbst ausmalte, doch dann sah er sie. Die leuchtend grünen Augen, die in der Dunkelheit auf ihn gerichtet zu sein schienen. Evan sah ihn an!! „Evan?“, flüsterte er mit gebrochener Stimme, nicht wissend, ob es sich nicht doch um eine Halluzination ausgelöst von Schlafmangel handelte. Wie in Trance stand er auf, beugte sich erneut über das Bett, während seine Finger zitternd über die wieder eingefallen wirkende Wange strichen.
 

Evan war entsetzt, als er den Anderen nun deutlicher sehen konnte. Das Weiße in den Augen seines Mannes war rot und dessen Gesicht wirkte im schwachen Licht des Mondes erschreckend weiß. Nicht zu vergessen, die Haare, die… schlicht ungepflegt aussahen. Lucius sah so schrecklich, so mitgenommen aus, als sei er selbst, nicht Evan von dem Zauber getroffen worden. Mit aller Gewalt zwang er seinen Körper, den Arm zu bewegen, legte seine sich kalt anfühlenden und kribbelnden Finger auf dessen Wange, er strich eine Träne weg, die aus dessen Augen rollte. „Luc“, flüsterte er, mit krächziger, trockener Stimme.
 

Das Nächste, was er wusste, war, dass er regelrecht hoch und in die Arme des Anderen gezerrt wurde. Es tat weh, richtig weh, so abrupt bewegt zu werden, doch gerade in dem Moment konnte er Lucius nicht böse sein. Nicht mal wegen des Verschweigens. Nicht so unglücklich, wie sein Geliebter gerade wirkte. Er wollte Diesen einfach nur in die Arme nehmen und trösten, selbst, wenn ihm dazu eigentlich die Kraft vollkommen fehlte. Schon das Heben eines Armes schien Schweißausbrüche ausgelöst zu haben, wenn er ehrlich sein sollte. Er hörte sich selbst aufstöhnen, doch dann klang der Schmerz wieder etwas ab, also lehnte er sich gegen den Älteren. „Ist gut…“, brachte er heraus. „Bin… bin da…“ Er rang sich sogar mühsam ein Lächeln ab. „Nicht… weinen…“
 

Was bei Lucius erst recht alle Dämme einriss, der das gerade nicht fassen konnte. Die leichten aber zielgerichteten Berührungen der kühlen Finger auf seinen Wangen, dann die ersten Worte, nachdem er den Anderen an sich gerissen hatte. Er spürte, wie die Tränen nur so herabstürzten, wiegte den Jüngeren mehrfach einfach hin und her. Evan lebte, Evan war wach, sein Gefährte hatte erneut geschafft, was nicht mal mehr die Heiler und seine Familie ihm zugetraut hatten. Er hatte sich trotz magischem Koma und völliger Verausgabung mitsamt schwerster Wunde, zurück ins Leben gekämpft. Mit aller Macht. „Evan… bei Merlin, Evan, ich..!“
 

„Daddy!!“, schrie auf einmal Severus auf, der automatisch nach seinem Dad tastete, mehrfach in der Nacht aufwachte, wie immer in den letzten Nächten, nur um ihn nicht zu finden. „Daddy!“, schrie er, panisch, dass der auch einfach verschwunden sein könnte. So, wie Moma und sein erstes Zuhause! Dabei war er doch dauernd hierhergekommen, eben damit das nicht geschehen würde! Und dann… wie aus dem Nichts legte sich ein Arm um ihn. Nicht Papas langer, breiterer Arm, sondern der schlanke, etwas kürzere von… „Daddy…?“, flüsterte Sev, drehte sich und starrte in die Dunkelheit, die sich nun langsam ein wenig erhellte. Nicht viel, aber genug, um zu sehen, dass Papa Daddy eng an sich gedrückt hielt und dass die Augen des Anderen endlich wieder offen waren.
 

„Hier“, murmelte Evan, als der Schrei erklang, zwang seinen zweiten, weit unkooperativen, weil eingeschlafenen Arm dazu, den Kleinen an seinen Körper zu ziehen, spürte dann, wie Lucius auch noch ihren Sohn an sich zog. „Alles… alles gut.“
 

Lucius wusste nicht, wie lange er so dasaß, Evan mit verzweifelter Gewalt an sich gedrückt und Severus so haltend, dass der auch noch an seinen Vater herankommen konnte, als er das Räuspern hörte und als ihm auffiel, dass sein schwacher Lumos, den er gesprochen hatte, um Evans Augen zu schonen, Diesen aber für Sev sichtbar zu machen, um Einiges verstärkt wurde. Unwillig hob er seinen Blick – und sah direkt in die silbergrauen Augen seines Vaters, der über die letzten Tage regelmäßig vorbeigesehen, den er aber genauso konsequent nicht beachtet hatte. „Was?“, fragte er mit schwankender Stimme, die er nicht mal so scharf klingen lassen konnte, wie er es gerade wollte.
 

Abraxas war regelrecht aus dem Bett gefahren, als er die Hauselfe gehört hatte, die einen Alarm geschlagen hatte. Nicht den ersten in der letzten Woche. Und jedes Mal bekam er fast einen Herzstillstand. Er wollte da sein, wenn sein Sohn ihn brauchte, weil das magische Koma zu tief geworden war und dessen Gefährte sterben würde, weil er sich verloren hatte. Oder sonst etwas. Ja, er rechnete mit dem Schlimmsten und er war bei Weitem nicht der Einzige. Er wusste, auch Jaden hatte diesen Alarm und würde kurz nach ihm eintreffen.
 

Doch was er dieses Mal sah, war eine schier unglaubliche Überraschung, die er so nicht erwartet hatte und die er auch gar nicht fassen konnte. Lucius hielt den Jüngeren, trotz klarer Anweisungen, aufrecht im Arm, dabei war das problematisch wegen der Wunden an der Seite, die noch immer jederzeit aufplatzen könnte. Doch statt der Verzweiflung spürte er, das erste Mal seit acht Tagen, Hoffnung in diesem Raum. Der kleine Sev war ebenfalls wach und klammerte, aber das Erstaunlichste sah er erst auf den dritten Blick. Evans Augen waren offen und blinzelten ihn fragend und verloren an. „Lucius“, meldete er sich daher vorsichtig zu Wort.
 

„Was willst du?“, fragte Lucius, als sein Vater schließlich näher trat. Noch immer konnte er nicht mal seinen Griff lockern.
 

„Erst mal, dass du Evan langsam und vorsichtig wieder hinlegst. Es hatte einen guten Grund, warum er lag. Willst du, dass die Wunde wieder zu bluten beginnt, wo wir das gerade erst in den Griff bekommen hatten?!“
 

Erst diese warnenden Worte brachte Lucius wieder zur Besinnung. Dieses Mal zwang er sich, seine Umklammerung zu lösen, ließ seinen Gefährten sanft und langsam zurück in die Kissen gleiten, beobachtete besorgt, wie dessen Gesicht sich verzog. „Evan – hast du Schmerzen? Warum hast du denn nichts gesagt?! Ich rufe…!“
 

„Nicht nötig, ich bin da“, erklärte Jaden in dem Moment schon, nachdem er dann endlich die Sprache wiedergefunden hatte. Dieser Junge war wirklich unglaublich. Wie hatte er denn das geschafft?! Aus dem Koma wieder zu erwachen… es gab nicht mehr als ein oder zwei dokumentierte Fälle!!
 

Evan starrte auf die Anwesenden, ignorierte erst mal Alle außer seinem schluchzenden Sohn und seinem Lover, der noch immer mit der Fassung kämpfte. „Alles… gut“, sprach er, strich erneut über Lucius‘ Wange. „Bin… doch da…“ Er wollte mehr sagen, den Älteren beruhigen, doch Sprechen war ihm noch nie so anstrengend erschienen.
 

„Streng dich nicht an“, bat Lucius, hatte Mühe, seine Stimme auch nur ansatzweise ruhig zu halten, um nicht zu zeigen, wie kurz er vor der Verzweiflung gestanden hatte, konnte nicht anders, als seinen Gefährten, wenn auch nur kurz, zu küssen, bevor er den, wenn auch protestierenden Sev aus dem Weg hob. „Jaden untersucht dich nur kurz“, erklärte er, dem Grünäugigen mindestens so, wie ihrem aufgebrachten Sohn, der sofort und auf der Stelle in Daddys Arme zurück wollte.
 

Jaden sagte erst mal nichts, nicht über Lucius‘ erbarmungswürdigen Zustand, den er das erste Mal überhaupt mit Bartstoppeln sah, noch sonst etwas. Er verschaffte sich nur Platz und sprach einige Zauber, seufzte dann und sah vorwurfsvoll auf. „Die Wunde ist geplatzt! Er wurde viel zu schnell bewegt!“ Doch dann sprach er die nötigen Zauber, bis das Rot zu leuchten aufhörte. Nun, wo Evans Magie langsam wieder zurückkam, würde die Wunde auch stabiler geschlossen werden. „Keine abrupten Bewegungen“, befahl Jaden, dieses Mal direkt Evan, der ihn wach aber auch erschöpft anzusehen schien, als habe er gerade einen Dauerlauf hinter sich, dann machte er einfach mit den Untersuchungen dort weiter, wo er aufgehört hatte. Wo er doch schon mal dabei war und nicht weiter verdrängt wurde, abgesehen von dem kleinen Jungen, der schon wieder aufs Bett gekrochen war und sich auch mit gutem Zureden nicht von der erbeuteten Hand lösen wollte.
 

„Sohn, verschwinde ins Bad, du stinkst und ich glaube nicht, dass du das deinem Gefährten antun willst“, befahl Abraxas Lucius, der aussah, als würde er gleich umkippen, so müde schien er zu sein. Nun, vielleicht würde er ja diese Nacht tatsächlich durchschlafen. Er würde nachher Graham informieren und den Mann von seinem schlechten Gewissen erlösen. Zumindest hatte er nur einen Fasttod durch Unaufmerksamkeit bewirkt und nicht tatsächlich den Gefährten eines Drago umgebracht. Etwas Schlimmeres konnte es ja in der Familie gar nicht geben.
 

Lucius wollte protestieren, doch bevor er dazu kam, wurde ihm sein Sohn abgenommen und er ins Bad geschubst – wo er an sich selbst schnüffelte und zustimmen musste. Er stank schrecklich. Außerdem spürte er die verhassten Bartstoppeln. Also ließ er seine Kleidung zu Boden gleiten, die er auch seit Tagen nicht gewechselt hatte und stieg unter die Dusche. Ja, eine Nacht Schlaf würde ihn guttun, mit Evan und Sev in den Armen, wissend, dass Alles wieder gut werden konnte. Dann konnte er, wenn er wieder wach war, das Ministerium selbst kontaktieren und seine Arbeit von zuhause aus fortsetzen. Da hatten Draco und Percy ihm in den letzten Tagen sehr geholfen, ihm nur noch fertige Sachen gegeben, die er einfach unterschrieben hatte.
 

Aber das war trotzdem gerade nebensächlich. Es war ihm egal, erst kam Evan und er würde den Anderen sicher nicht noch mal aus den Augen lassen. Er hatte ja gesehen, was geschah, wenn er das tat. Da hatte er schon ein Großmaul angeheuert und was tat der?! Kaffee trinken! Oh, er würde Graham sein Versagen spüren lassen! Und wie! Der Mann konnte so froh sein, dass Evan überlebt hatte, das glaubte der gar nicht!
 

Evan sah, wie Lucius ins Bad geschubst wurde und er war froh, dass dessen Vater das tat, nicht so sehr wegen des Geruchs, sondern weil er wusste, dass es seinem Mann guttun würde, so, wie er aussah. Er selbst beobachtete, wie Severus sich so lange wand wie eine Schlange, dass Abraxas ihn fast fallen ließ, was damit endete, dass sein Sohn zu ihm kroch und halb hinter ihm in Deckung ging, sich regelrecht in seinen Arm verkrallte. Er wandte Sev den Kopf zu, lächelte beruhigend, strich mit einem Finger über dessen kleine Hände. Zu mehr fühlte er sich gerade absolut nicht in der Lage. Und nach den nächsten beiden, widerlichen Tränken noch viel weniger. Allerdings fühlte er sich schrecklich erschöpft, wollte nur noch wieder schlafen – sobald er sich an Luc kuscheln konnte zumindest.
 

Nach einer schnellen Dusche und einer noch schnelleren, aber sauberen Rasur trat Lucius wieder nach draußen, trocknete seine Haare mit einer nachlässigen Bewegung seiner Hand. „Nun?“, fragte er, als er sah, wie Jaden seine Tasche wieder packte. Er setzte sich sofort wieder zu Evan, nahm dessen nicht umklammerte Hand in Seine, strich mit seiner Anderen über dessen wirre Haare.
 

Jaden rieb sich selbst die Augen. „Ich habe die innere Verletzung noch mal geschlossen und besser stabilisiert. Aber das, was wir gesagt haben, gilt noch immer! Keine abrupten Bewegungen! Kein schnelles Aufrichten und sobald er in dem Bereich Schmerzen hat, müssen Jenna oder ich gerufen werden. Ansonsten geht es Evan erstaunlich gut, bedenkt man, dass er eigentlich tot sein sollte“, erklärte Laden, wobei er fasziniert beobachtete, wie die Augen des Fünfjährigen sich zu gefährlichen, kleinen Schlitzen zusammenzogen. Nein, wenn der da älter war, wollte er noch immer nicht an der falschen Spitze von dessen Zauberstab stehen, entschied er spontan. Das da war kein Lieber. Das da war ein kleiner Satansbraten zu allen außer seinen Eltern. „Er muss auf jeden Fall mindestens fünf Tage im Bett bleiben und auch danach erst mal nur stundenweise aufstehen, ohne Anstrengungen. Also erst mal kein Fangen im Park. Nicht bis.. ich weiß nicht, in ein oder zwei Monaten, je nachdem, wie schnell sich das Gewebe stabilisiert und die Schmerzen zurückgegangen sind.“
 

„Dafür werde ich persönlich sorgen“, knurrte Lucius nur, strich über die bleichen Wangen. „Sagst du den Hauselfen, was er essen kann?“
 

„Nein, ich sage ihnen, was sie euch bringen werden“, erklärte Jaden, nahm all seine Sachen und tapste zur Tür, wissend, dass gleich die Inquisition auf ihn wartete. Mathew würde ihn ausquetschen und ihm im Notfall einen Pepper-Up eintrichtern, um alles zu erfahren. „Allerdings empfehle ich, dass auch du ausgeschlafen bist, Lucius“, merkte er an. „Vielleicht findet Evan einen Strohhalm im Bett…“
 

„He!“, protestierte Evan schwach, versuchte, sich aufzurichten, was aber der Ältere mit sanfter Gewalt zu verhindern wusste. „Nicht… fair…!“
 

„Malfoy, wenn auch nur eingeheiratet. Wer fair spielt, geht hier in der Regel unter. Aber egal, schlaft, alle Drei. Gute weitere Nacht, guten frühen Morgen, whatever, ich falle in mein Bett zurück, sofern man mich lässt…“
 

Evan knurrte kurz, sah dann zu Lucius. „Kommst du… ins Bett?“, fragte er leise, die Wärme des Älteren vermissend.
 

Nie im Leben hätte Lucius bei den Worten nein sagen können! Er lächelte, küsste den Anderen erneut und tat genau das. Er umrundete das Bett, schlüpfte unter die Decke, richtete sie und sammelte beide, Sev und Evan in seine Arme. Er merkte kaum, wie sein Vater die Decke auch noch zurecht zupfte, bevor ihm selbst, nur Sekunden nach seinem Gefährten, die Augen zufielen, mit dem Unterschied, dass er sie dieses Mal nicht aufzwang, sondern mit einem glücklichen Lächeln einfach einschlief.
 


 


 


 


 


 


 


 


 

Erleichtert sackte Fred von der Feuerstelle zurück, wischte schnell eine Träne aus seinen Augenwinkeln und lächelte seinem Bruder zu, der gerade aus dem Verkaufsraum kam. Die letzten Tage waren die Hölle gewesen, wirklich. Er konnte noch immer nicht fassen, wie sehr ihre Mutter den Verstand verloren hatte. Vermutlich schlug da der Reinblutinzest durch. Aber so richtig. Immerhin war Molly, wenn auch drei Generationen versetzt, mit Bella verwandt. Und die war irre gewesen, erwiesenermaßen.
 

Und ganz ehrlich – auch früher war ihre Mutter nicht immer nur die perfekte Hausfrau gewesen. Oder die beste Versorgerin, auch, wenn es nach Außen so ausgesehen hatte. Sie hatte Kinder bevorzugt und Andere nicht mal genug gemocht, um sie auseinander zu halten, bei Merlin!
 

Allein der Ausdruck, mit dem sie eine ganze Weile angesehen worden waren, obwohl die Leute in der Winkelgasse ja wussten, dass sie ihre Mutter nicht mochten, war die Hölle gewesen, dann die wirklich feige Flucht ihres Vaters irgendwo hin, wohin wusste Niemand, nicht Bill, nicht Charlie, nicht Percy, der sich wie er es früher schon so oft getan hatte, aus der Affäre gezogen hatte. Und wer hatte nun die Probleme? Ihr kleiner Freund!
 

Nur Evan konnte es schaffen, gleich mehrfach Zielscheibe einer Person zu werden.
 

Aber auch nur Evan konnte vollbringen, was nun schon wieder geschehen war.
 

„Und?“, fragte George unruhig, er hatte das Feuer gehört, sich aber nicht getraut, dran zu gehen, das Unangenehme wie immer seinem Bruder überlassen. Doch nun war er nervös, denn noch immer war Fred nicht aufgestanden und dessen Lächeln wirkte sehr, sehr unheimlich. „Sag mit nicht, er ist…!“
 

„Er… hat es geschafft“, erklärte Fred leise.
 

„Was geschafft? Ist er tot?! Meine Güte, du…!“
 

Fred lachte leise, sprang auf und umarmte seinen Bruder. „Wie ich es gesagt hab, Evan würde uns nicht einfach verlassen! Er lebt und er ist wach! Na ja, jetzt schläft er, aber er war wach! Er ist aus dem magischen Koma raus! Er ist noch schwach aber in ein paar Wochen wird er wieder rumlaufen! Na gut, bewacht wie ein Stück Gold, aber auf seinen eigenen Beinen!“
 

Nun erst atmete George auf, lachte und umarmte seinen Bruder zurück. Er hatte sich so viele Vorwürfe gemacht! Weil er nicht da gewesen war, sondern Scorp und Mika in den Laden gebracht hatte. Er war raus gerannt, als er bemerkt hatte, was geschah, doch da war es fast schon zu spät gewesen und Fred hatte ihn zurückgestoßen, da die anderen Kleinen das nicht sehen sollten. Er hatte noch nicht mal Sev holen können und sein einer Blick auf die Straße hatte gezeigt, wie der Fünfjährige weinend und schreiend dastand, Passanten bat, seinem Daddy zu helfen, doch Niemand hatte auch nur einen Zauberstab gezogen! Feiges Pack!
 

Aber das Benehmen hatte Folgen gehabt! Schon vor drei Tagen waren diese Leute wegen Untätigkeit verurteilt worden und ein neuer Gesetzesentwurf wurde vorbereitet, entlehnt von den Muggeln, die etwas hatten, das sich Verweigerung von Hilfeleistung nannte. Die waren verpflichtet zu helfen, wenn sie sahen, dass Jemand Hilfe brauchten und sei es nur, dass sie die Muggelform von Auroren riefen. Denn nicht mal das hatten diese feigen Schweine getan!
 

Sie hatten nur zugesehen, während Evan um sein und das Leben des Kleinen verbissen und ohne Rücksicht auf sich selbst gekämpft hatte. Als würden sie einem Duell, einem Spaß zusehen und nur auf das Anfeuern warten! Nun, sie hatten ihre Rechnung bekommen, nicht nur, dass von den Glotzern auch vier das Leben verloren hatten, sie waren auch angeklagt und in der Zeitung mit Namensnennung in den Schmutz gezogen worden, wobei sich rausgestellt hatte, dass einer davon ein Auror gewesen war, der neben seinem Ruf auch seinen Job verloren hatte. Richtig so!
 

„Den Göttern sei Dank“, flüsterte George schließlich. Er hatte mindestens so viel Angst gehabt, wie Fred auch. Ein magisches Koma war keine leichte Sache. Wunden heilten kaum noch, Magie konnte sich nicht regenerieren und das verhinderte bei den meisten Menschen auch das wieder aufwachen. Und das war Evan – ein Mensch. Nicht mehr und nicht weniger. Dazu noch einer, der ohnehin schon zu viel durchgemacht hatte und dessen Körper heute noch Spuren zeigte.
 

Sie hatten Sirius Black gekannt, James Potter war nur wenig kleiner gewesen und Lily auch. Doch Evan war ein Winzling, selbst ihre Schwester war ein wenig größer. Dazu nahm Evan nur schwer zu, dabei wurde er regelrecht gemästet, von Lucius, von ihnen, sogar von Draco! Und all die gebrochenen Knochen…
 

Fred lächelte etwas. „Ich hab es dir gesagt, Evan kämpft, er hat nämlich endlich was für das sich das Kämpfen lohnt. Er würde seine Familie nicht allein lassen – nicht er…“
 

Nein, so ein Verhalten schien für ihre Mutter reserviert zu sein, die jeglichen Rest Verstand über Bord geworfen hatte, für etwas, das sie als Gerechtigkeit bezeichnete und das nichts weiter war als Mord und Dummheit. Sie konnten es kaum erwarten, dass Lucius zum Minister werden und einige Dinge ändern würde. So, dass man etwas gegen Dumbledores kranke Ideen tun konnte.
 

„Na – dann wird es Zeit für eine kleine Überraschung, oder?“
 

Das brachte auch den Älteren zum Lachen. „Du bist unmöglich“, stellte er fest, doch er stimmte zu. Was konnte die Stimmung wohl besser aufheitern, als eine gute und ungefährliche Überraschung aus ihrem Erwachsenensortiment?

Das Geschenk

Es war schon hell, richtig hell, als Lucius aufwachte und das auch nicht wegen des Lichtes, das ihm auf sein Gesicht fiel, sondern wegen der kleinen Hand, die auf sein Gesicht patschte, ähnlich, wie Draco es früher getan hatte. Wie spät war es, warum war er nicht im Ministerium? Er verstand nicht…!
 

Und dann kam es wieder auf ihn eingeprasselt. Der Flooruf von Fred, der gesagt hatte, dass Evan allein, ohne Begleitung, in der Winkelgasse gewesen war, nur mit dessen Zwilling und drei kleinen Kindern, seine Entscheidung, mit Percy und Draco dorthin zu gehen, nur um den Angriff zu sehen, bei dem Niemand auch nur einen Finger gerührt hatte, um seinem Gefährten zu helfen, dessen verzweifelte Versuche, vor Allem Sev vor Schaden zu bewahren, dann dessen Zusammensacken.
 

Die endlos langen Tage, nachdem sein Gefährte stabilisiert worden war, die er am Bett gesessen hatte, zwischen Hoffnung und tiefster Verzweiflung. Ein magisches Koma bedeutete meist das Ende, vor Allem kombiniert mit diesen Verletzungen und dem vorhergehenden Kampf. Er hatte an Evan geglaubt, wo alle Anderen ihn nur noch auf dessen Tod hatten vorbereiten wollen.
 

Doch er hatte Recht behalten. Lucius lächelte, verstärkte seinen Griff, spürte den anderen, schlanken Körper, der mit dem Rücken an seinem eigenen lag. Erst dann öffnete Lucius die Augen, blinzelte kurz und blickte dann zu Evan, der noch friedlich schlief, in dessen Armen Sev, wie auch immer das gegangen war, bedachte man, dass der Kleine eigentlich zwischen ihnen eingeschlafen war. Aber es gab Dinge, die musste er gar nicht so genau wissen. Lucius hatte wieder begriffen, was wirklich zählte. Aufwachen zu können und seine Familie zu sehen und zwar nicht kurz vor einem Abgrund, sondern intakt und gesund, oder zumindest in diesem Fall so gut wie gesund.
 

Vorsichtig zog Lucius seinen Arm unter Evans Kopf weg, richtete sich etwas auf und drehte den Jüngeren etwas weiter auf den Rücken, was dazu führte, dass Sev kurz wimmerte, sich umdrehte und sich mit dem Kopf auf Evans Brust wieder beruhigte, während der Schlafende seinen Halt um das Kind verstärkte, ohne aufzuwachen. Er reagierte einfach nur auf das Geräusch. Ein Automatismus, den er schon bei Narcissa und ja, auch bei sich selbst festgestellt hatte.
 

Sanft strich er über das noch etwas zu warme Gesicht, beobachtete das leichte Runzeln der Stirn, schließlich flatterten die Lider des Jüngeren, legten diese unglaublichen Smaragde frei, die kurz desorientiert durch den Raum schweiften, bis sie sich wieder auf ihn richteten. Ja, er hatte den Jüngeren geweckt, doch er hatte wissen müssen, ob es wahr war. Lucius spürte, wie er lächelte, dann beugte er sich herunter, küsste Evan. Sanft, zärtlich, voller Erleichterung.
 

Evan wusste im ersten Moment nicht, was ihn aus diesem seltsam tiefen Schlaf weckte. Er bewegte seine Finger, spürte die feinen Haare unter ihnen und einen sehr kleinen Körper. Sev. Er öffnete die Augen, blinzelte, sah auf die Decke und sah den eleganten Leuchter. Ah, ihr Schlafzimmer. Er richtete seinen Blick zur Seite, lächelte, als er seinen Mann sah. Lucius hatte sich so auf das Bett gelehnt, dass er über ihm war und kaum fixierte er den Blonden, küsste der ihn auch schon. Hmmm… so könnte er jeden Tag erwachen. „Morgen“, murmelte er, merkte wieder wie rau seine Stimme war. Ach ja richtig. Da war ja was gewesen. Er war schon wieder fast draufgegangen. Das wurde langsam wirklich zu einer schlechten Gewohnheit.
 

„Morgen“, antwortete Lucius einfach nur, begann erneut über die hellen Wangen zu streichen. „Wie geht es dir? Hast du Durst?“
 

„“Alles… alles gut“, brachte Evan heraus. Ihm war warm, er fühlte sich sicher, was machte es da schon, dass ihm sein Magen schmerzte. „Durst“, bestätigte er allerdings, schon in der Hoffnung, dann wieder besser sprechen zu können. Wobei er das Gefühl hatte, doch wieder nicht sehr lang wach bleiben zu können.
 

„Frühstück!“, befahl Lucius knapp in die leere Luft, wissend, dass die Hauselfen nur auf so was warteten und dass Jaden sicher schon Anweisungen gegeben hatte. Da die Hauselfen Evan ohnehin vergötterten und selbst die letzten Tage Trübsal geblasen hatten, würden sie sich gerade überschlagen, wer kochen, zubereiten, anrichten und servieren durfte. Und er hatte Recht, nur Minuten nach seinem knappen Befehl poppten drei Tabletts auf, zwei mit einem normalen Frühstück, eines, auf dem nicht viel mehr stand, als etwas Tee und Haferbrei, der allerdings voller Liebe mit Schokosoße verziert worden war.
 

Evan lächelte etwas, wandte seinen Kopf dann dem Kleinen zu, pustete etwas Luft in dessen Gesicht. Was Sev gar nicht gefiel, er grummelte, versuchte, seinen Kopf an Evans Brust zu vergraben, erfolglos, da er mit seiner Hand begann, den Kleinen etwas an der Seite zu kitzeln. Was dazu führte, dass sein Sohn ergeben und wenig begeistert seine Augen öffnete. „Morgen, Langschläfer…“
 

„Daddy!“, rief Severus, nachdem er endlich irgendwie so was Ähnliches wie wach war. Er hatte nicht aufwachen wollen, aber man ließ ihn nicht schlafen, doch zum ersten Mal seit Tagen war er gern wieder wach, richtete sich auf und schlang seine Arme um den Hals von seinem Daddy, drückte Diesen ganz fest und war begeistert, als dessen Arme sich endlich wieder auch um ihn schlossen. Sein Daddy, sein Held. Es gab keinen Besseren, Punkt.
 

„Ja, Baby“, lächelte Evan, strich beruhigend über den kleinen Rücken. „Ich bin da.“ Es fiel ihm immer noch schwer zu sprechen, aber das gar gerade nicht so wichtig.
 

„Sev“, sprach Lucius schließlich. „Sev, lass Daddy mal los, damit ich ihm helfen kann, sich hinzusetzen, Daddy muss Medizin nehmen und essen.“
 

Evan spürte, wie Sev weggehoben wurde, dann waren da die vertrauten Arme, die ihm halfen, sich aufzusetzen, dieses Mal bei Weitem langsamer und vorsichtiger als das letzte Mal, so, dass es auch nicht weh tat. Zumindest nicht so. Kaum saß er, war Sev auch schon wieder neben ihm und ein Tablett wurde auf seinen Schoß geschoben. Nun, eigentlich zwei, aber das Vollere war wohl eindeutig für Junior, der auch sofort begann, zu essen.
 

„Evan“, sprach Lucius leise, wartete, bis die Aufmerksamkeit des Jüngeren von ihrem Sohn zu ihm ging, strich über dessen Wange. „Du musst wohl die Tränke nehmen, die hier stehen…“
 

Evan blickte auf das so liebevoll hergerichtete Tablett und seufzte. Er hasste Tränke wirklich. Sie waren widerwärtig und eklig, aber er musste sie nehmen. Und auch ihm steckte das, was geschehen war, noch in den Knochen. Dieses Mal war es wirklich knapp gewesen. Also ließ er sich das eklige Gebräu geben, schluckte das, was ihm hingehalten wurde, bevor er endlich, endlich mit etwas ungesüßtem Pfefferminztee nachspülen konnte. Er lächelte gleichzeitig aber auch Sev zu, um Diesen zu beruhigen, so, dass der wieder seine Pancakes aß.
 

„Du… musst auch essen“, sprach Evan schließlich, während er seinen Löffel nahm. Er hatte absolut keinen Hunger, aber damit kämpfte er ja nun öfter. Er würde doch nicht drum rum kommen. „Luc…“, später musste er auch noch dringend mit dem Blonden reden. So ging es nicht. Solche Dinge konnten ihm nicht verschwiegen werden, denn es betraf nicht nur ihn, sondern die Sicherheit der Kinder. Was aber auch von ihm eine weitere Entscheidung verlangte. Niemand würde es ihm nun übel nehmen, wenn er sich vollkommen zurückziehen würde, weg von der magischen Welt, weg von Menschenmassen. Eine perfekte Ausrede, die auch Luc nicht schaden konnte, aber er wollte nicht. Er wollte sich nicht verstecken, nicht mehr. Denn dann konnte er nicht bei den Kleinen sein und nicht sehen, wie sie wuchsen. Dass Scorp, Mika, die kleine Dawn, Tabathea, Scorpius‘ Schwester und vor Allem ja auch Sev in die magische Welt gehörten, war so deutlich zu sehen, in Allem, was die Kleinen taten und sich wünschten.
 

Nur musste Evan sich dann auch wieder mit dem beschäftigen, was um ihn herum geschah – und das musste besprochen werden, ob er es wollte, oder nicht.
 

Lucius blinzelte, sah Evan überrascht an, der demonstrativ einen Löffel Porridge zum Mund führte und er wusste, er würde auch nicht drum rum kommen. Evan wäre in der Lage, selbst das Essen aufzuhören. Also nahm er sein eigenes Tablett, nippte am Kaffee und konnte den herben Geschmack sogar wieder schätzen. Er tat richtig gut. Dasselbe galt übrigens für seine Eier, die er am Ende regelrecht verschlang.
 

„Sevvie, hast du … keinen Unterricht?“, fragte Evan nach einer Weile vorsichtig. „Und… wenn nicht, wette ich, dass… Mika und Scorp dich… schon vermissen.“
 

„Will hier bleiben!“, begehrte Severus sofort auf, klammerte sich an Daddys Hand fest.
 

„Kleiner, ich bin hier und ich werde jetzt… was ganz Langweiliges tun…. Schlafen. Und du mein Schatz… du wirst spielen gehen. Und wenn… du wiederkommst, bin ich sicher… wieder wacher…“, er wollte nicht, dass Sev das alles mitbekommen würde, er hatte den Eindruck, der Kleine hatte schon genug erfahren.
 

„Severus, ich glaube, Scorpius hat was Neues im Spielzimmer aufgebaut und Jaden vermisst seinen Assistenten. Daddy muss sich noch etwas ausruhen“, erklärte Lucius ruhig. „Da musst du nicht dabei bleiben, ich verspreche, ich passe auf, dass ihm nichts passiert, ja?“
 

Severus starrte auf seinen Papa, der eine Hand auf der von Daddy hatte und ihm durch die Haare wuschelte. Er musterte den Schmaleren der Beiden prüfend, wurde wieder angelächelt. Nun, Daddy sah nicht mehr so krank aus, wie gestern, das stimmte. Das waren bestimmt die Tränke gewesen. Er hatte schon immer gewusst, dass Brauen toll war! „Ich… sicher?“, fragte er trotzdem. Immerhin hatte er ja gehört, was Papa über Graham erzählt hatte! Graham hätte auf Daddy aufpassen sollen und stattdessen war er bei Tante Astoria zum Kaffeetrinken gewesen! Das war unmöglich! Was, wenn der Nächste nicht richtig auf Daddy achtete? Andererseits… Papa hatte sich, seit sie wieder zu Daddy gedurft hatten, nicht mehr von der Stelle bewegt.
 

Rasch schickte Lucius einen Patronus zu Jaden, strich Sev über die Wange. „Keine Sorge, ich bin wirklich vorsichtig mit Daddy“, versprach er erneut. „Und du, junger Mann, musst lernen! Immerhin erwarte ich, dass du ein hervorragender Schüler wirst!“
 

„Ist was… passiert?“, japste Jaden als er um die Ecke schoss, blickte auf das regelrecht idyllische Bild, das sich ihm bot. Toll – und er bekam Panik. Na ja, die hatten Alle bekommen, als der Patronus ins Zimmer geschwebt war.
 

„Nichts“, gab Lucius zurück, richtete mit einem kurzen Zauber zumindest seine vom Schlaf wirren Haare. „Aber Sev muss in den Unterricht oder solltet ihr schon fertig sein, will er was brauen. Und er sollte mal wieder mit den Anderen spielen.“
 

„Ah“, nickte Jaden. Doch, das verstand er durchaus auch. Lucius wollte mit Evan reden, allein, ohne sehr, sehr aufmerksame Ohren. „Dann komm, junger Mann. Du hast Glück gehabt, mit dem Unterricht is erst mal Schluss, aber ich muss einige Tränke für deinen Daddy machen – magst du mir helfen?“
 

Kurz wollte Sev protestieren, doch dann blickte er auf seinen Vater. Nein, er wollte sicherstellen, dass die Tränke wirklich gut waren und er wollte wissen, was der Andere da nehmen musste, wie es wirkte. Also stand er auf, umarmte Daddy und Papa und lief schließlich mit Jaden nach nebenan, um sich Klamotten zu holen. Erst dann wandte Lucius sich wieder seinem Mann zu, ließ die Tabletts wie nebenbei verschwinden. „Götter, Evan“, flüsterte er schließlich. „Ich… hatte solche Angst um dich! Ich dachte… ich… ich hatte so eine Angst, dich zu verlieren!“
 

Überrascht sah Evan zu seinem Mann, der tatsächlich schon wieder kurz vor dem Weinen zu stehen schien. Was das Gespräch, das aber irgendwann kommen musste, nur noch schwerer machte. Er nahm dessen Gesicht zwischen beide Hände. „Ich… bin okay“, sprach er leise. „Ich… hab gekämpft, ich… wollte euch beide… nicht allein lassen…“
 

Lucius sagte nichts, er zog seinen Mann nur in die Arme und drückte ihn an sich. Er selbst hatte ja gesehen, wie Evan gekämpft hatte, mit den wenigen Reserven, die ihm nach der Schlacht noch geblieben waren.
 

Evan lächelte, kuschelte sich an den Älteren, ließ Diesem einen Moment. „Aber… Luc, warum hast du mir das nicht gesagt?“, frage er leise. „Ich… ich hab die… die Kleinen in Gefahr gebracht! Was, wenn… wenn sie noch da gewesen wären…? Alle… alle drei?“, fragte er mit leiser Verzweiflung in der Stimme. „Oder… wenn ich… Sev nicht.. hätte schützen können?!“
 

Kurz zog sich in Lucius Alles zusammen. „Woher…?“
 

„Luna“, erklärte Evan einfach nur. „Und… ich hab gemerkt, dass… du manchmal sehr… nervös bist.“ Er lehnte sich an den Älteren, um ihm zu zeigen, dass er nicht so sauer war, wie er wirklich sein könnte. Er hätte es aber einfach nicht über sich gebracht. Nicht so fertig, wie sein Mann selbst jetzt noch aussah.
 

Lucius schloss kurz die Augen, atmete durch und spürte nur seinen Gefährten in seinen Armen, bevor er schließlich zum Sprechen ansetzte. „Du wolltest nichts wissen und… ich wollte dich schützen, so, dass das, was geschehen ist, dich nicht noch weiter in dich selbst treibt. Ich kenne dich, ich wusste, du würdest dir selbst die Schuld geben, wenn du von dem Weasleygör und seiner Mutter erfährst. Das wollte ich einfach nicht.“
 

„Oh, Lucius“, seufzte Evan leise. „Ich hätte es wissen müssen – in diesem Fall.“ Er löste sich ein wenig aus der schützenden Umarmung, strich über die Wangen des Anderen. „Und ab jetzt wirst du mir so was sagen, auch, wenn es eben weh tut. Ich hab dich, ich… kann inzwischen auch mit so was umgehen, glaub mir.“
 

„Manchmal frage ich mich, womit ich dich verdient habe“; brachte Lucius schließlich raus, nicht glauben könnend, dass der Jüngere nicht schrie oder sonst was, ihm keine Vorwürfe machte, sondern nur darum bat, dass so etwas nicht mehr geschehen sollte.
 

Evan grinste etwas, küsste seinen Mann. „Nun, keine Sorge, ich mach dir das Leben noch schwer genug“, versprach er einfach. „Ich werde ab übermorgen sicher fragen, wann ich endlich aus dem Bett darf und dann werde ich jammern, warum es nicht schneller geht und warum mir Alles weh tut.“
 

„Tu das!“, lachte Lucius einfach nur dankbar. „Tu das…“ Es konnte ihm nichts lieber sein, als das, denn Meckern zeigte, dass Evan da war und es ihm gutging.
 

„Erzählst du mir, was los ist?“, bat Evan schließlich. „Ich muss es wissen, ich… will nicht in noch irgendeine Falle tappen…“
 

„Du… du wirst… weiterhin raus gehen?“, fragte Lucius unendlich erleichtert. Damit hatte er nicht mal gerechnet. Er hatte schon mit Draco reden wollen, um seine Kandidatur zurückzuziehen.
 

Das brachte Evan zum Lächeln. Er richtete sich etwas mehr auf, küsste seinen Ehemann erneut. „Das da draußen ist deine Welt, du bist in ihr aufgewachsen und du liebst sie, ich will und ich werde nicht verlangen, dass du… das aufgibst“, erklärte er mit Nachdruck. „Also… muss ich wieder in… die magische Welt zurück, immerhin… sind da ja auch meine Freunde… und mein Sohn.“ Er küsste seinen Mann leicht.
 

Lucius brachte erst mal keinen Ton raus, er konnte seinen Mann nur wieder an sich ziehen und sich fragen, wie er zu so einem Glück hatte kommen können. Jemand in den Rängen des Schicksals musste ihn wirklich lieben. Gutes zu tun zahlte sich manchmal also doch aus. Er legte seine Stirn an die des Anderen. „Danke“, mehr sagte er gar nicht.
 

„Für dich immer… allerdings, allein geh ich nirgends hin.“
 

„Keine Sorge – das nächste Mal bin ich dabei.“ Und das meinte Lucius aus der Tiefe seines Herzens. Keinen einzigen Schritt ohne ihn würde sein Gefährte außerhalb dieses Anwesens mehr tun!
 

„Er… erzählst du mir jetzt, was los war, in den letzten sechs Jahren?“, bat Evan erneut.
 

Und Lucius tat. Er erzählte, von Rons Abstieg, von Ginnys tiefen Fall, ihrem schlechten Ruf und ihrem erwischt werden, von den Abtreibungen, dem Prozess, der Scheidung von Weasley und Granger, was ihm so einfiel. Er saß noch immer in seiner Schlafhose im Bett, seinen Gefährten nun auf sich liegend. Er ließ nur wenig aus, zum Beispiel Severus‘ geschändete Leiche und die extremen Reaktionen auf Harry Potters Freilassung.
 

Evan sagte nichts, er ließ Lucius einfach reden, lauschte gleichzeitig dessen Herzschlag. Es tat weh, vor Allem, da er wusste, dass Ginny und Molly ihm die Schuld geben würden, dabei war Erstere schon in ihrer Schulzeit so gewesen. Er selbst hatte sie, nur wenige Wochen vor der Schlacht, erst mit einem Slytherin und dann mit Dean Thomas erwischt. Sie hatte ihm sogar gesagt, dass sie nun mal nicht nur einen Freund haben wollte. Was hätte er denn tun sollen? Er sah zu Lucius, der seine Geschichte nun beendet hatte. Das hier war, was er erwartete. Treue, Liebe, sich geborgen fühlen können!
 

Ja, das Urteil war hart und vielleicht nicht ganz fair, aber Ginny war in dieser Welt aufgewachsen und soweit Evan wusste, war auch für Dumbledore eine Abtreibung nicht in Ordnung gewesen. Vor Allem nicht nur aus dem Grund, weiter ficken zu können. Molly… nun, schon in den letzten Wochen des Krieges hatte sie ihn immer mehr zu einer Verlobung gedrängt, war ihm unangenehm nahe getreten, hatte sogar gesagt, dass er nie eine andere Familie finden würde, als die Weasleys, die ihn, das Waisenkind, aufnehmen würden.
 

Und hatte es gestimmt? Nein! Er hatte eine riesige Familie bekommen, eine die ihn liebte, nicht sein Geld, die füreinander da war, wo auch Percy mit seinem Neffen und seiner Nichte Unterschlupf gefunden hatte, als wären sie blond. Wo sich Leute bemühten, ihm zu helfen. Er hatte ein Zeichenzimmer bekommen!
 

„Also keine Ausflüge ohne genug Erwachsene für alle Kinder…“
 

Lucius küsste seinen Gefährten einfach. „Ja“, gab er zurück. „Und für dich erst mal gar nicht, bis du wirklich wieder fit bist“, erklärte er sehr bestimmt.
 

Das brachte Evan zum Grinsen. „Ich bin eh lieber mit dir unterwegs“, erklärte er entschieden, merkte, wie er langsam sehr, sehr müde wurde. „Meinst du… dass Jaden erlaubt, dass… ich mich nachher waschen kann?“
 

„Ich denke, da können wir sicher was arrangieren“, versprach Lucius, half Evan, sich wieder hinzulegen. Er sah so erschöpft aus. „Du solltest noch etwas schlafen, ich wecke dich nachher für die nächsten Tränke…“
 

„Luc…“, murmelte Evan, der noch mal gegen seine Müdigkeit ankämpfte. Er wollte dem Anderen doch noch unbedingt das Geschenk geben!
 

„Was gibt es?“, frage Lucius während er die Decke zurechtlegte.
 

„Im… Zeichenzimmer, unter… dem Tuch in der.. rechten Ecke… Geschenk für dich…“
 

„Evan, das hat Zeit“, erinnerte Lucius den Jüngeren sanft.
 

„Sollst… es nehmen“, knurrte Evan nachdrücklich. „Will es…!“
 

Das brachte Lucius fast schon wieder zum Lachen. Er war ein Dickkopf, aber bei Merlin, sein Gefährte war es auch! „Ist gut, ich hole es gleich“, versprach er schließlich, strich mit seiner Hand über die sich schließenden Augen des Anderen. „Und jetzt schlaf, mein Geliebter…“
 

Evan seufzte glücklich, während er sich dieses Mal nicht gegen den Schlaf wehrte.
 

Erst, als Evan wirklich schlief, stand Lucius auf, küsste seinen Mann, strich über dessen Wange, wieder und wieder, bevor er es schaffte, sich zu erheben um ins Bad zu gehen und sich selbst anzuziehen. Erst, als er zumindest leichte, aber ordentliche Hauskleidung trug, trat er heraus, konnte nicht anders, als noch mal am Bett vorbei zu gehen um Evan zu küssen, erst dann ging er aus dem Zimmer. Er lief die beiden Türen weiter, hinein in den Zeichenraum, der seit dem Unfall nicht betreten worden war. Den Stapel aufgezogener Leinwände fand er schnell, zog die Hinterste, die noch mit Geschenkpapier überzogen war, heraus, sah sich dann um, noch bevor er das Papier abriss.
 

Dieser Raum war inzwischen ein Paradies für Lucius geworden. Viele lebendige Skizzen und Zeichnungen klebten an der Wand und auf mehr als einer davon fand er sich auch selbst wieder. So, wie sein Gefährte ihn sah. Dann Bilder der Kinder, alle von ihnen, Skizzen von kleinen Händen, Tieren, einzelnen Körperteilen.
 

Es waren auch mehrere Leinwände aufgestellt, die Meisten abgedeckt, doch zwei der Bilder standen offen. Eines zeigte Scorpius und Mika, spielend, im verschneiten Park. Zwei glückliche Kinder, voller Leben, mitten in einer winterlichen Landschaft. Dazu noch das Portrait, das Draco vermutlich noch nicht mal gesehen hatte. Sein Sohn, seine Schwiegertochter, seine beiden Enkel. Zwar auf elegante Art gezeichnet, perfekt für einen Malfoy und doch fehlte es bei diesen Bild nicht an Nähe und Wärme. Es war eine reiche aber auch eine sich liebende Familie.
 

Ja, sein Ehemann hatte ein unglaubliches Talent. Lucius zumindest hatte noch nie von einem Zeichner gehört, der es geschafft hätte, zwanzig Jahre oder mehr nach dem Tod einer Person ein authentisches, lebendes Portrait geschaffen zu haben. Und doch hing Eileen Prince-Snape in Sevvis Zimmer und gab ihre Kommentare, kannte sogar noch die alten Kinderlieder und wusste, was ihrem Sohn geschehen war. Sanft strich er über die Züge seines Sohnes, in denen er auch einige seiner Merkmale wiederfand, dann erst blickte er auf die verpackte Leinwand.
 

Rahmen, fiel Lucius dabei ein. Er musste würdige Rahmen für diese Arbeiten erstellen lassen, für das Gemälde seines Sohnes, für die spielenden Kinder, sicher auch für die anderen, abgedeckten Dinge. Und eine Ausstellung. Evan könnte mit dem, was er konnte, Geld verdienen, Menschen mit bestellten Portraits glücklich machen.
 

Mit dem Gedanken riss Lucius das elegante, hellgrüne Papier von der Fläche, die hinten sein musste, atmete durch und drehte das Bild um – nur um fast wieder das Heulen zu beginnen. Das… das war… unglaublich! Sanft strich Lucius über die Züge seines Gefährten, die ihn aus diesem Bild direkt anzusehen schienen. Auch er selbst war im Profil zu sehen, auf einem Bett, mit exotischen Blüten, mit verrutschter, weißer, sehr leichter Kleidung. Ihre Hochzeitsnacht, so, wie er sich immer wieder daran erinnerte. Die großen, smaragdenen Augen, die ihn mit so viel Bewunderung angesehen hatten… Ein Goldrahmen. Elegant, wertvoll, aber ohne dieses Kunstwerk zu erschlagen. Und Lucius wusste bereits, wo er es hinhängen würde. Nicht hier im Haus, hier hatte er das Original. Nein, in sein Büro, damit er immer wusste, für was er tat, was er tat…
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Stöhnend ließ Draco sich auf den Sessel fallen, sah dann zu seiner Frau, die erst seit einigen Tagen wieder auf den Beinen war und die Kinder übernommen hatte. Zumindest, wenn sie nicht gerade irgendwo rumliefen, meist mit Onkel Mathew, der der einzige war, der am Ende des Tages, selbst nach einem Training mit den Cannons, noch den Atem dazu hatte. Man merkte deutlich, dass Evan nicht da war, um sich zu kümmern.
 

Wobei auch Graham bei den Jungs blieb.
 

Der Mann war noch so eine Sache. Gestern war Evan das erste Mal wach gewesen, zumindest für ein paar Stunden, was dazu geführt hatte, dass sein Vater wieder aufgetaucht und eine Fortsetzung seiner Karriere angekündigt hatte. Gut, er war froh darum, da das einfach das Leben seines Vaters war, der politisch ein absolutes Händchen hatte, das änderte aber nichts daran, dass die Pressekonferenz heut, in der ER diese Weiterführung hatte ankündigen müssen, für ihn die Hölle gewesen war! Lauter Reporter, die ihn nicht hatten sehen wollen und die allen Ernstes nach einer Erklärung für das Überleben des Mannes gefordert hatten, der doch eigentlich tot sein sollte. Er hatte den Idioten an den Kopf geworfen, dass die doch diese Sachen bitte mit demjenigen klären sollten, der das am besten wisse, der aber noch eine freie Woche hatte, weil er selbst zusehen wollte, dass Evan über das Gröbste hinwegkommen würde.
 

Nicht, dass die Reporter das eingesehen hätten. Also hatte er sie von den Auroren des Ministeriums zum Teufel jagen lassen. Gut, das hatte ganz lustig ausgesehen, aber vollkommen erschöpft, das war Draco nun wirklich.
 

Und kaum kam er nach Haus, begegnete ihm zuallererst Graham, der mit der eigenen Unaufmerksamkeit nicht klar kam – und fuchsfeuerrote Haare und Fingernägel gehabt hatte, die bei seinem Anblick die Farbe in Kotzgrün gewechselt hatten. Also ein Weasley-Produkt. Sprach wieder nicht für den Mann, sich von einem Kinderscherzartikel derart überfallen zu lassen. Nun, der Mann war eben doch älter als Dad und hatte ihnen nicht geglaubt, als sie ihn vorgewarnt hatten, hatte gemeint, dass Evan so schlimm nicht wäre. Als hätten sie Graham nur zum Spaß hier rüber beordert! Das war doch ein einziger Alptraum.
 

Dazu noch die Tatsache, dass Dad den Mann nicht mal ansah, sondern an Diesem vorbei ging, als wäre er Luft und Draco wusste, dafür konnten sie noch dankbar sein, denn wäre Evan nicht wieder zu sich gekommen – Niemand bei den Malfoys hatte Zweifel, dass Lucius ein weiteres Mal zum Mörder geworden wäre und die Meisten wussten, dass sein Vater den Anderen nicht mehr als Familienmitglied betrachtete. Was so ziemlich das Schlimmste war, was es geben konnte.
 

Nun, Draco hatte so das Gefühl, dass Evan es sein würde, der das richtete. Denn der Junge wusste einfach nichts über Selbsterhaltung. Der würde Jedem verzeihen. Das war dessen Art. Vermutlich brauchte der Junge deswegen einen Malfoy, um auf ihn zu achten. Sonst würde der Idiot sich vollkommen ausnehmen lassen, das war klar ersichtlich.
 

„Dad! Dad! Dad komm schon! Du musst was gucken!“
 

„Uff“, stöhnte Draco nur, als sich ein Fünfjähriger mit Anlauf und voller Wucht auf ihn warf. Gut, dass der Kaffee noch nicht da gewesen war, sonst hätte sein Sohn sich nun auch noch verbrannt und er hätte sich schon wieder was von Astoria anhören können, dabei flatterte ihm von Weihnachten noch alles und er hatte Niemanden, den er beschuldigen konnte, außer sich selbst, denn er war es ja gewesen, der ihr nicht geholfen hatte, seinen hypreaktiven Sohn zu beschäftigen, der sich gar nicht malfoyhaft benahm, sondern auftrat, wie Onkel Mathew es tat. „Sohn“, stöhnte Draco. „Wie wäre es mit einem Hallo, Dad, ich war ein guter Junge und hab nichts angestellt?“, fragte er halb verzweifelt halb belustigt.
 

„Dad, ich bin immer brav, außer ich werd erwischt“, erklärte Scorpius mit verdrehten Augen. „Und Unterricht macht Niemandem Spaß außer Sevvie! Und jetzt komm endlich!“
 

„Was bei Merlin ist denn los?“, fragte Draco ergeben, während er aufstand und traurig auf die verführerische Kaffeetasse blickte, die gerade in dem Moment auftauchte, heiß, dampfend und mit dem herrlich duftendem Aroma. War wohl nix mit kurzer Pause. Pech gehabt. Mal wieder.
 

„Onkel Evan hat das Bild fertig! Es ist fertig! Das, was er dir versprochen hat und wir sind alle drauf, auch Kreischi!“
 

„Man nennt seine kleine Schwester nicht Kreischi“, korrigierte Draco. „Sie hat einen Namen, was du auch ganz genau weißt.“
 

„Und? Aber sie macht doch nichts als schreien, nicht mal Mikas Schwester schreit so viel!“, verteidigte Scorpius sich, der gar nicht viel davon hielt, seine Eltern nun teilen zu müssen.
 

„Dawn schreit nicht mehr so viel, weil sie älter wird“, konterte Draco, doch er lief weiter mit, bis zum kleinen Salon. Dort standen Mika und Percy, der mindestens so erschlagen aussah, wie er selbst, sowie seine Frau mit dem Baby und Dawn. Graham hatte sich in eine Ecke verzogen und kämpfte immer noch mit wechselnden Haar und Fingerfarben. In der Mitte war das Bild aufgebaut worden.
 

Und so ungern Draco es sagte – er wusste, er stand vor einem Meisterwerk. Elegant und doch voller Wärme. So ein geniales Familienportrait hatte er schon lang nicht mehr gesehen, dabei hatten die Malfoys ihre Bilder immer bei den Besten in Auftrag gegeben. Es sah aus, als gäbe es einen neuen Besten. Das hier war ein Portrait, das er sich vorstellen konnte, dass es zum Leben erwachen würde, ohne Jeden in den Wahnsinn zu treiben. Er streckte seine Finger aus, strich über Astorias Gesicht, dann über das von dem Baby und von Scorp, spürte die Farbe.
 

„Genial, nicht wahr?“, sprach Astoria sanft, die schon seit einer halben Stunde hier stand, ohne sich wirklich rühren zu können. Zu genial empfand sie, was sie sah.
 

„Allerdings. Wo ist Evan? Ich glaub nicht, dass er schon aus dem Bett sein sollte!“, merkte Draco vorsichtig an. Wenn der schon rumlief, konnten sie doch noch die Beerdigung planen, das hatte Jaden ihnen allen klar gemacht!“
 

„Na wo schon? Im Bett“, merkte Percy an, der gerade Dawn auf den Arm nahm und sich setzte, Graham ebenfalls einen Kaffee anbot. Er war immer freundlich zu dem armen Mann, der sich zweifellos gerade sehr allein in seiner Familie fühlte, nur, weil er ein Mal Müll gebaut hatte – gut, großen Müll, aber Niemand, der Evan nicht kannte, glaubte, was er hörte. Sie hätten es Alle besser wissen müssen und nicht nur Graham die Schuld geben. Das war in seinen Augen auch der Grund für Lucius‘ Wut – die eigenen Schuldgefühle.
 

„Wie kommt die Staffelei dann hierher?“, fragte Draco lauernd.
 

„Gramps hat sie hierher bringen lassen!“, rief Scorpius. „Und Onkel Evan hat gesagt, er soll es machen, weil er hat dir das Bild versprochen!“
 

„Der ist wahnsinnig“, stellte Draco nur amüsiert fest, strich noch mal über Astorias Gesicht. „Wo ist Sev?“, stellte er in dem Moment fest.
 

„Och, der wollte wieder Tränke machen“, stöhnten die anderen Beiden. „Er is mit Onkel Jaden im Labor…“
 

„Welch Überraschung“, stellte Draco nur fest, musterte die beiden Jungen, die sichtlich zu fit wirkten. „Wollen wir noch eine Runde im Garten drehen?“
 

„Jaaaaaaaaa!“
 

Damit sammelte Draco die Jungen ein und machte sich auf den Weg, während er schon überlegte, wo er einen passenden Rahmen für das elegante Bild ordern konnte, denn keine Frage – das musste was Besseres werden, denn dieses Portrait war so toll, dass es einfach nicht so an die Wand gehängt werden konnte, das hier war ein Prunkstück.

Pläne

„Daddy!“, lachte Severus stolz, mit der Trankphiole in der Hand. Er hatte, unter Anweisung von Onkel Jaden, heute einen der Tränke für seinen Dad selbst machen dürfen und wollte ihn unbedingt auch selbst abgeben! Immerhin war der seit gestern wieder richtig wach und hatte mit Papa und ihm sogar zusammen zu Abend gegessen, ganz bequem im Bett! Allerdings hatte er erst mal in sein eigenes gehen müssen, in der Nacht. Bis er von einem schlimmen Traum geweckt worden war. Dann war Papa da gewesen, hatte ihn wortlos hochgehoben und zu Daddy gebracht, wo er den Rest der Nacht hatte verbringen können.
 

Evan, der gerade eben erst wieder aufgeweckt worden war, sah von Lucius, mit dem er gerade geknutscht hatte, auf, war froh, dass der Blonde ihren strahlenden Sohn auffing, bevor der da landen konnte, wo es wirklich weh tat und lächelte, drückte seinen Sohn. „Vorsicht“, mahnte er. „Sonst tut der Bauch wieder mehr weh…“ Von Wunde und platzen sprach er nicht, er wollte Sev nicht weh tun, nur verhindern, dass der Kleine einfach hochsprang.
 

„Dafür hab ich heut deinen Trank gemacht!“, rief Severus, der froh war, dass Papa ihn gefangen hatte. „Da! Das musst du jetzt nehmen, sagt Onkel Jaden!“
 

„Dann muss ich das wohl tun“, lächelte Evan, entkorkte den Trank, verzog den Mund und stürzte das widerwärtige Zeug die Kehle runter, merkte, wie die Schmerzen etwas nachließen, die er vorher nicht mal wirklich wahr genommen hatte. Er sah zu Lucius, der sich das Grinsen nicht verkneifen konnte und knurrte seinen Mann an. „Was?!“, fragte er knurrig. „Das Zeug is widerlich!“
 

„Mein armer Kleiner“, grinste Lucius, wich gerade noch rechtzeitig der fliegenden Phiole aus und packte Evan, um ihn zu küssen, stellte dabei aber dann doch fest. „Ja, widerwärtig das Zeug.“ Er gab seinem Mann die anderen drei Tränke, ließ ihn dann Tee nachtrinken, bis sein Mann wohl den Geschmack aus dem Mund bekommen hatte. „Gut gemacht, Severus“, lobte Lucius seinen Sohn dann, wuschelte, sehr zu dessen Frust, durch dessen Haare.
 

„Ich geb dir gleich klein“, murrte Evan erneut, doch auch er lächelte. Er war liebevoll geweckt worden, nachdem er wieder eingeschlafen war. Das war der Nachteil, krank zu sein, er war dauernd müde. Allerdings war das wohl, laut Jenna und Jaden, schon das Wunder an sich, da er wohl eigentlich hätte tot sein sollen und auch sein Kommentar, dass er nicht gehen könne, wo Luc und Sev ihn so sehr brauchten, wäre keine Erklärung für sein Aufwachen.
 

Evan hatte einfach geschwiegen, er wusste es besser. Außerdem hatte er Lucius heut Morgen, nach dem Erfolg mit dessen Bild, gebeten, Draco sein Portrait zu geben. Ja, sein Mann musste sich wirklich gefreut haben, hatte ihm gesagt, wie toll das Bild sei und dass er genau den richtigen Platz dafür wisse. Evan hatte einfach gelächelt und genickt. Er war so froh, eine solche Freude in den Augen des Anderen verursacht zu haben. „Was hat Draco gesagt?“
 

„Nicht viel, er war wohl, laut der Anderen, zu beschäftigt, zu starren.“
 

„Also ist er zufrieden?“, fragte Evan hoffnungsvoll.
 

„Evan, er liebt es! Er war so begeistert, dass er gerade eine Werkstatt sucht, die einen angemessenen Rahmen schreinert!“
 

Evan wurde einfach nur rot. „Freut.. freut mich…“, erklärte er.
 

„Und ich bestelle ebenfalls, auch für das Bild mit Scorp und Mika. Diese Dinge gehören in einen Rahmen.“
 

„Aber…!“
 

„Und eigentlich sogar ein eine Ausstellung“, fügte Lucius an. „Weißt du, dass du der erste Magier seit Jahrhunderten bist, dessen Portraits selbst nach dem Tod noch zum Leben erwachen? Du könntest malen, Familien, Kinder, man würde dir die Aufträge hinhalten und du könntest wählen, was immer du möchtest. Wessen Bild du malst. Du könntest einige von hier ausstellen…“
 

„Ich… weiß nicht“, murmelte Evan nur. Er konnte sich das nicht vorstellen, dass Menschen etwas von ihm wollten, was er konnte, statt für seinen Namen. Ja, sicher. Das Malen und Zeichnen machte ihm Spaß, aber andere waren auch gut und das mit Eileen war einfach nur Glück gewesen! „Und… wer weiß, vielleicht war… Eileen auch nur… ein Einzelfall…“
 

„Dann versuch es mit anderen“, schlug Lucius vor. „Cedric Diggory. Seine Eltern wären so dankbar, hätten sie ein Gemälde dieser Art gemacht, bevor ihr Kind gestorben ist. Einige der anderen Kinder, die gefallen sind. Es gibt so viele, die für diese Hilfe dankbar wären.“
 

„Meinst… meinst du wirklich?“, fragte Evan unsicher.
 

„Oh ja“, lächelte Lucius, küsste seinen Mann erneut. „Probier es aus und warte ab. Nach den ersten drei Bildern wirst du mit Aufträgen überflutet sein…“
 

Kurz schloss Evan die Augen, dachte nach. Ein Bild von Cedric… er hatte den Anderen wirklich gemocht und hatte ihn noch gut vor Augen. Es würde kein großes Problem sein, ihn zu zeichnen. Und dann konnte er weitersehen. Sollten seine Eltern das Bild haben wollen, er würde es ihnen auch einfach geben, ohne Geld. Aber wenn er dann später für Aufträge was bekam… er würde sich so besser fühlen, als wenn er nur aus seiner Kammer oder der Tasche seines Mannes lebte, wo der doch so schon so viel für ihn tat. „Vielleicht“, gab er daher nach.
 

„Gut“, nickte Lucius zufrieden. Ja, das gefiel ihm. Es sah so aus, als würde er Evan etwas geben können, das ihm lag, mit dem er sich auch gern beschäftigen würde. „und jetzt… was hältst du von einem köstlichen, wenn auch einfachen Essen?“
 


 


 


 


 


 


 


 


 

Mit hämischem Grinsen schoss Molly den letzten Zauber auf den Körper des Jugendlichen ab, der daraufhin reglos zusammensackte, wie ein Krebs, dem man ein Messer in den Leib gerammt hatte. Er war tot, nach stundenlanger Folter. Es hatte gut getan, den Bengel kalt zu machen, der Potter so beschissen ähnlich gesehen hatte. Nun, egal, sie hätte heut ohnehin getötet. Immerhin würde sie nachher eine Nachricht hier dran anbringen und sie in die magische Welt transportieren! Ganz einfach – entweder man ließ ihre Kleine frei oder sie würde weiter morden. Gut, das würde sie ohnehin, doch sie würde dann künftig davon absehen, sich an Kindern unter vierzehn Jahren zu vergreifen. Das da war auch irgendein dummes Reinblut gewesen.
 

Sicher, der Gedanke, mehr zu fordern, war verführerisch gewesen, doch sie wusste, Niemand würde im Moment die alten Gesetzesvorschläge von Albus einbringen oder durchzusetzen versuchen. Das würde sie auf andere Weise einfordern, denn so einfach würde sie das Land nicht verlassen, das war ihr dann klar geworden. Erst wollte sie noch mehr Schrecken verbreiten! Erst, wenn hier die alten Gesetze, die Sodomie legalisierten, abgeschafft werden würden, würde sie auswandern! Oh, sie würde ihre Vorstellungen durchsetzen! Mit allen Mitteln! Sie hatte doch nicht jahrelang umsonst gekämpft und gelitten und geopfert!
 

Schließlich wusch sie sich noch mal in dem kleinen Bach vor dem Unterschlupf den sie gefunden hatte, eine windschiefe Hütte, die kaum Deckung vor Wind oder Sturm gab, aber zum Glück gab es ja auch Zauber und andere Möglichkeiten, sich zu helfen. Und die wandte sie inzwischen an. Es war nur vorübergehend.
 

Im Inneren der Hütte herrschte größtenteils Ordnung, Ron war bereits wach und angezogen. Er sah nicht mehr so heruntergekommen aus, war nun auch ziemlich nüchtern und wieder recht gepflegt. Er sah auf, als sie eintrat.
 

„Ich hab Eier beschafft“, erklärte Ron, als seine Mutter zurückkam mit einem langsam braun werdenden Fleck trocknenden Blutes. „Und dazu etwas Speck, Mehl und einen fertigen Kuchen.“
 

„Wo?“, fragte Molly, die kurz roch, doch es schien ein wirklich gutes Stück zu sein.
 

„Muggel, zwei Dörfer weiter.“
 

„Leben sie?“
 

„Nein“, gab Ron ruhig zurück. Er hatte festgestellt, wie gut es tat, einfach zu töten, wenn man Frust hatte und es half, sich stark zu fühlen. Vor Allem, da die Idioten sich nicht wehren konnten, nicht die Spur. Die Alte hatte ihn erst angesehen, wie ein dummes Schwein, dann unter Crucio geschrien, als würde er sich die Hände beschmutzen, indem er sie abstach und anschließend war sie tot gewesen, wie auch ihr alter Mann, der davon leider nicht viel mitbekommen hatte. Aber sie hatte für mehrere gekreischt. „Keine Zeugen.“
 

„Guter Junge“, lobte Molly stolz. „Bald werden sie uns Ginny geben, dann haben wir unsere volle Stärke erreicht. Und mit William fangen wir an! Wie konnte er es wagen, den Namen abzulegen?!“
 

Ron lächelte kalt, musste an früher denken, wo es ihm Probleme bereitet hatte, zu töten. Inzwischen war er sich sicher, dass er es locker mit den Auroren hatte aufnehmen können, die ihn nicht hatten haben wollen. Nun bereuten sie diese dumme Entscheidung sicherlich! Und er – er wurde von Tag zu Tag mächtiger! Er war ein Mann! Ein richtiger! Nicht so ein Jammerlappen wie Potter, der rumgeheult hatte, als er töten sollte, er machte das mit einem Lächeln im Gesicht! Muggel waren wirklich kaum mehr als Trittleitersprossen, auf die man steigen konnte. Sie waren nichts wert, wenn man sie gerade nicht brauchte. Von wegen, ihnen überlegen! So ein ausgemachter Unsinn!
 

Sie waren, was Professor Dumbledore immer gesagt hatte, Stützen, die man nutzen konnte, nichts als Sklaven, wie sie es in der Urzeit auch gewesen waren. Und seine Mutter, Ginny und er, sie würden vollenden, was sie vor so langer Zeit begonnen hatten. Sie würden leicht zu kontrollieren sein, Angst war ein wirksamer Weg, das hatte Voldemort toll gezeigt und er konnte auch durchaus von so einem lernen, wenn es erforderlich war.
 

„Was, wenn sie wirklich schon wieder schwanger ist?“, merkte Ron leise an. „Sie kann ja das Blage nicht töten und wir können das auch nicht tun.“
 

„Sie wird es austragen, vor die Haustür dieser Leute werfen und dann werden wir deren Verwandte umbringen“, gab Molly kalt zurück. „Wir mögen denen nichts tun können, aber Merlin, wir können Andere verletzen!“, biss sie, denn auch sie musste ja von diesem Fall ausgehen. „Aber das ist ein momentanes Hindernis, ich habe bereits Tränke vorbereitet, die einem Kind nicht sehr schaden und die es schneller wachsen lassen, so, dass wir den Parasiten innerhalb von ein oder zwei Monaten los werden können.“
 

Ron grinste kalt. Das gefiel ihm. „Und dann suchen wir Potter und die Snapes!“, verlangte er, der es immer noch nicht fassen konnte, dass diese widerwärtige Linie nicht ausgestorben war, sondern sich an der Spitze der Gesellschaft eingenistet hatte. Ein widerwärtiges Bild, und jedes Mal war Malfoy mit seinem unnatürlichen Mann auf den Titelseiten.
 

Nun, bald würde er es sein, der da drauf sein würde, in Siegerpose, umgeben von Weibern, die sich nur so um ihn reißen würden! Als Herrscher! Bis dahin konnte er noch warten, es war ja nicht mehr lang.
 

„Natürlich, Schatz“, stimmte Molly ohne zu zögern zu. Denn mit dem kleinen Affen, der es gewagt hatte, sich gegen ihre aggressiven Zauber zu wehren, was dazu geführt hatte, dass sie sich selbst jetzt, Tage später, noch etwas mitgenommen fühlte, immerhin war sie auch nicht mehr so jung! Es war einfach eine Frechheit! Nicht zu vergessen, dass wegen Snape ihr Sohn zum Alkoholiker geworden war.
 

„Alles. Wir werden Jeden umbringen, der in unserem Weg gestanden ist.“
 

„Auch die Malfoys!“
 

„Warum nicht, die braucht ohnehin kein Mensch“, stimmte sie ruhig zu. Und sie mochte die Leute nicht, die es wagten, so auf sie herabzublicken! Nun, die Zeit ihrer absoluten Rache war ja nicht mehr fern…
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Wortlos blickte Lucius auf den Zettel, der ihm gegeben worden war, ein Stück Pergament voller Flecken aus getrocknetem Blut. Blut eines vierzehnjährigen Jungen, der nichts Schlimmeres getan hatte, als zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein und auch, wenn sie den verzweifelten Eltern etwas Anderes gesagt hatten, nichts konnte etwas daran ändern, dass dessen Tod lang und schmerzhaft gewesen war, fast so, wie damals, als Bella noch den Lord auf diese Weise für Stunden unterhalten hatte. Diese Frau war wahnsinnig geworden!
 

„Nun?“, fragte Kingsley leise, der in seiner Ratlosigkeit Lucius kontaktiert hatte und nun bei dem anderen Mann in dessen Heim stand, das weit wärmer wirkte, als er es, wenn er ehrlich war, erwartet hätte. Wobei das auch einfach an den Bauklötzen liegen könnte, die in einer Ecke verteilt waren. Noch nie im Leben hatte er sich so ratlos gefühlt, wie in diesem Moment.
 

„Wir können das nicht lange aus den Zeitungen raus halten, wenn die Irre weiter mordet“, stellte Lucius ruhig fest, legte das Pergament getroffen zur Seite. „Ist es schon auf den Titelblättern?“
 

„Ja“, nickte Kingsley. „Die Reporter haben die Leiche vor uns gefunden und haben nur darauf verzichtet, die einzelnen, benutzten Flüche aufzulisten, weil meine Leute sie massiv bedroht haben und weil selbst Reporter scheinbar ein Herz haben. Nicht mal die wollten, dass das die Mutter erfährt. Das macht es ja so schwer. Die Leute wollen, dass wir die Frau auf freien Fuß setzen.“
 

„Diese Idioten! Als würde das Morden dann aufhören! Sie werden anfangen, mehr Forderungen zu stellen und Muggel zu morden! Die hetzen uns die Inquisition ein weiteres Mal auf den Hals und Leute wie Granger, die hier keinen Fuß mehr fassen können, werden mit Freuden bei so etwas helfen!“, rief Lucius entsetzt aus.
 

„Was sollen wir denn tun?! So könnten wir zumindest die Versicherung bekommen, dass sie keine Kinder mehr ermorden!“
 

„Das…!“
 

„Tut es“, sprach Evan leise und doch hallte seine Stimme durch die kleine Halle. Er hatte Schmerzen, hielt sich seinen Bauch, doch er hatte gewusst, dass etwas in der Luft lag, als Lucius schneeweiß aus dem Zimmer gestürmt war. Also hatte er sich gezwungen, seine Kleidung anzuziehen und war nach unten gegangen. Dafür würde es sicher noch Ärger geben, aber es ging nicht anders. Er wollte es. Natürlich hatte Evan mitbekommen, wovon die Beiden redeten, doch es hatte eine Weile gedauert, bis sein Körper wieder mitgemacht hatte und er einigermaßen aufrecht in den Raum treten konnte.
 

„Evan!“, entsetzt wandte Lucius sich um, sah auf seinen Mann, der sichtlich Mühe hatte, überhaupt aufrecht zu stehen, dabei sollte er eigentlich, kaum vier Tage nach seinem Aufwachen, verdammt noch mal in seinem Bett liegen und artig gesund werden! Stattdessen stand er hier, bleich wie der Tod, eine Hand um seine Mitte gelegt und mit einfacher, aber eleganter Kleidung. Mit zwei Schritten war er bei den Anderen. „Willst du dich umbringen?“, fragte er, leise und entsetzt.
 

Evan lächelte etwas. „Ich wusste… dass was nicht stimmt, als du… so bleich raus gerannt bist, also bin ich hinterher“; erklärte er leise. Er blickte zu Kingsley, der unsicher im Raum stand und ihn seltsam ansah. „Ich meine, was ich sagte, lasst sie frei.“
 

„Evan, wenn wir jedem Terroristen…“
 

„Ich sagte nicht, dass ihr sie bedingungslos frei lassen sollt“, erinnerte Evan leise. „Im Gegenteil – sie muss einen Schwur leisten, nicht zu foltern und zu töten und Folterung und Tod in ihrer Nähe nicht zu dulden. Dann kann sie nicht nur nicht mitmachen, sondern nicht mal zusehen. Außerdem… gebt ihr… etwas, in das ihr… Muggelortungssender steckt.“
 

„Bitte – was?“, fragte Lucius verwirrt.
 

„Einen Sender. In einem Schmuckstück, sie konnte noch nie auf Schmuck verzichten. Molly wird ihn auf Ortungszauber überprüfen, mit so was würden wir nicht weit kommen, aber… diese Sender sind kaum fehlbar. Sie funktionieren immer. Selbst, wenn sie nass geworden sind. Sie… denken, Muggel sind schwach, Luc, wir müssen nur Muggelmöglichkeiten nutzen und wir… bekommen nicht nur sie zurück, sondern auch noch die anderen beiden.“
 

Erst mal ohne auf die Informationen zu reagieren trug Lucius seinen Mann zu einem der Sessel und setzte ihn da rein, ließ erst mal direkt nach Jaden schicken. Erst dann sah er zu Kingsley, der tief in Gedanken versunken schien und dann doch aufsah. „Das… das könnte klappen!“, rief er aus. „Ein magischer Eid wird sie am Töten jeglicher Art hindern und… Muggel haben hervorragende Fortschritte in jeder Art von Überwachung von Bewegung gemacht!“
 

„Evan“, seufzte Lucius einfach nur, nicht wissend, was er noch mit seinem Mann machen sollte. Ja, er liebte den Anderen, keine Frage, aber an Tagen wie diesen sorgte er auch dafür, dass Lucius kurz vor einem Herzanfall stand. In dem Zustand durchs Haus zu laufen! Das war doch Wahnsinn! Was, wenn Evan gestürzt wäre?! Dabei hatte Jenna mehrfach betont, wie wichtig es war, sich nicht zu überanstrengen!
 

„Ich… hab mir Sorgen gemacht“, rechtfertigte Evan sich erschöpft, heilfroh, sitzen zu können. „Und… es ist Alles… in Ordnung…“
 

„So siehst du nicht aus! Das wird Jaden entscheiden!“
 

Evan verdrehte einfach nur die Augen, doch er ließ Lucius seine Worte, sah dann zu dem Kopf der Auroren. „Luc, so könnte es klappen“, erinnerte er seinen Mann. „Molly wird platzen vor Wut und… ja, sie wird wieder morden, aus purer Wut von… uns ausgetrickst worden zu sein, aber… dann erwischen wir sie…“
 

„Ich wünschte, du würdest etwas mehr auf dich selbst achten“, murmelte Lucius. „Ich werde mich mit Percy zusammensetzen und ihn zu den Muggeln schicken, um diese Dinger, von denen du geredet hast, zu finden“, versprach er, sah dann auf, wo Jaden stand. „Er ist hierher gelaufen und sieht…“
 

„Ich sehe es“, stellte Jaden lakonisch fest. Er machte sich noch nicht mal mehr die Mühe, die Augen zu verdrehen. Mit so was rechnete er eigentlich schon seit gestern. Er trat zu seinem Schwager, musterte dessen schneeweißes Gesicht. Doch einige Zauber zeigten, dass nichts Schlimmeres geschehen war. Zumindest war Evan wohl vorsichtig unterwegs gewesen. Man musste schon für Kleinigkeiten dankbar sein. „Er hat wieder etwas Fieber, aber keine neuen Verletzungen. Er muss zurück ins Bett, aber sonst hatten wir Glück – solang er das hier nicht wieder zu wiederholen gedenkt zumindest.“
 

Lucius atmete erleichtert auf, dankte Jaden, der wieder loszog, um die Jungs weiter zu unterrichten. Erst dann wandte er sich an eine Hauselfe, ließ sich eine Decke bringen und deckte seinen erschöpften Gefährten wenigstens zu, sah dann zu Kingsley. „Ich würde sagen, mein Gefährte hat das weitere Vorgehen soeben festgelegt, nicht wahr?“, fragte er ruhig. „Ich würde Percival Weasley ansprechen, damit der sich um die Sache mit den Sendern kümmert und ein Schmuckstück findet, das seine Schwester nicht ausschlagen und nicht wegwerfen wird.“
 

„Das ist gut“, nickte Kingsley, der sichtlich erleichtert war, diese Entscheidung nicht allein getroffen zu haben. Es gab nichts Unangenehmeres, als für Alles die Verantwortung zu haben, vor Allem mit dem Druck von außen.
 

„Sie müssen noch einen Schwur ausarbeiten, der die kleine Ziege das Leben kostet, in dem Moment, wo sie dagegen verstößt. Und machen Sie ihr klar, dass es für sie keine andere Möglichkeit geben wird, von der Angel zu kommen. Nur wenn sie den Schwur leistet, in Wort und in Schrift, werden wir sie gehen lassen. Und sie hat nach der Bekanntgabe nur eine Stunde Zeit, um sich zu entscheiden, ob sie zustimmt oder nicht.“
 

„Sie wird wissen, wie ihre Mutter uns unter Druck setzt! Wenn sie nein sagt, dann…!“
 

„Dann werden wir uns nicht auf den Deal einlassen“, gab Lucius kalt zurück. Nun war er wieder da, der Politiker. „Dann werden wir die kleine Kröte nach der nächsten Schwangerschaft öffentlich hinrichten lassen, das können Sie ihr ebenfalls sagen!“, zischte er durch die Zähne. „Und die Alte – die bekommen wir auch so oder so! Ein Staat darf nicht erpressbar sein! Ich lasse mich darauf nur ein, weil es so schneller gehen könnte und nur deswegen!“
 

Kingsley hob eine Hand. Er wusste, vor ihm stand der künftige Minister, selbst, wenn er erst in einem halben Jahr offiziell gewählt und vereidigt werden würde, doch es gab keine andere Möglichkeit, als Lucius zu wählen, er war praktisch konkurrenzlos und allein durch sein Verhalten, das er mit seinem Mann gezeigt hatte, hatte er sich bei den Anderen in die Herzen geschlichen. Denn die Öffentlichkeit hatte gesehen, der Blonde war zu tiefen Gefühlen fähig und dessen Mann unterstützte ihn vollkommen. Die Tatsache, dass es Mister Snape Malfoy gewesen war, der auf die Fortsetzung von Lucius‘ Karriere bestanden hatte, machte den jungen Mann, der sogar angegriffen worden war, noch sympathischer, da Jeder dessen Einfluss auf den Blonden sehen konnte und wusste, solange der Jüngere da sein würde, würde Lucius nur das Beste wollen. „Diese Entscheidung ist brillant“, versicherte er hastig. „Und so sollten wir das auch tun.“
 

Lucius nickte, er setzte sich auf die Lehne des Sessels, eine der Hände seines Mannes zwischen seinen und begann, mit dem Anderen, der sich zu ihm gestellt hatte, durchzusprechen, wie es laufen sollte, wobei Kingsley ihn mehrfach komisch ansah, doch das rührte Lucius wenig. Er würde immer engen Kontakt zu seinem Gefährten suchen, der, wenig erstaunlich, weg zu dämmern begann. Nach einer weiteren halben Stunde ließ Lucius den Mann, der sich beruhigt hatte, wieder raus eskortieren, schickte Percy los, um entsprechende Dinge wegen seiner Schwester zu beschaffen und blickte dann zu Evan, der, an ihn gelehnt, einfach wieder eingeschlafen war.
 

Wie so oft, seit er seinen Gefährten gefunden hatte, konnte Lucius kaum etwas Anderes tun, als seinen Kopf zu schütteln. Es war seltsam, wie sehr seine Prioritäten sich verschoben hatten. Als wäre er ein Anderer geworden. Nun, laut seinem Vater war er das auch. Er strich über das feine Gesicht, hob Evan dann, samt Decke, auf seine Arme und trug ihn wieder ins Schlafzimmer zurück, legte ihn auf das Bett und zog ihm die Kleidung wieder aus, die er wohl nur wegen Lucius raus gezerrt hatte. Er hatte tatsächlich Jemanden gefunden, der absolut alles für ihn tun würde, sogar sich seinen größten Ängsten stellen und der Vergangenheit, die der Jüngere nur hatte vergessen wollen…
 

Allein die Vorstellung, dieses Glück fast wieder verloren zu haben, brachte ihn fast um. Er begann erneut, über die helle Haut zu streichen, die Gesichtszüge nachzufahren. Sein Evan und er war da, entgegen aller Vermutungen und medizinischen Möglichkeiten. Zurückgekehrt nur für ihn allein…
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

„… is cool!“, stimmte Mika begeistert zu und klatschte in die Hände. Er war immer für einen Scherz zu haben und es war wirklich selten, dass ausgerechnet Sev mit der Idee dazu kam und noch bereit war, bei der Ausführung zu helfen. Immerhin war das derjenige von ihnen dreien, der eigentlich immer brav war und seine Sachen machte, ohne abzulenken und alles, sogar zusätzliche Aufgaben kommentarlos erledigte und schon lernte, zu brauen wo er kaum die Rezepte richtig lesen konnte. Aber der Plan war einfach nur toll!
 

„Au ja! Mika, frag doch Onkel George, der gibt uns das bestimmt! Aber nich Onkel Fred, der will immer gleich wissen warum wir es haben wollen!“, erklärte Scorpius befehlend.
 

Severus dagegen lächelte kalt. Oh ja, es war selten, dass er bereit war, mehr zu tun, als den anderen Beiden bei ihren kindischen Streichen zu helfen, denn er fühlte sich für solche Sachen meist viel zu erwachsen. Aber in dem Fall würde er es wieder und wieder machen. Der hatte sich mit den falschen angelegt! Oh ja! Graham würde leiden!
 

Die Erwachsenen dachten immer, Kinder würden nichts mitbekommen, doch Sev hatte und er hatte das Wissen bewahrt, bis er wirklich Zeit gehabt hatte, über das Gehörte auch nachzudenken. Am dritten Tag, als Daddy reglos und kühl im Bett gelegen und Onkel Jaden gesagt hatte, dass er nicht sicher war, ob der es schaffen würde, hatte Lucius auf dem Gang gebrüllt, dass das alles Grahams Schuld sei, dass der doch nur auf Daddy hätte aufpassen müssen und deswegen da gewesen war, doch stattdessen habe er Kaffee mit Tante Astoria getrunken, während Daddy und er angegriffen worden seien und dass das für Papa das Dümmste und Unfähigste überhaupt sei. Wobei Sev ihm in dem Fall ohne zu zögern zustimmte. Das war unmöglich! Das durfte doch nicht passieren! Wenn man auf Jemanden aufpasste, musste man es richtig machen, so, wie Daddy auch!
 

Sev war ein Kind, noch zu klein für ein richtiges Duell, doch er war in der Lage, dem Anderen zu zeigen, was er von Diesem hielt! Er blieb nicht bei Graham, wollte immer bei Tante Astoria oder zumindest bei Jaden bleiben, wenn Daddy gerade schlief. Aber er war nicht zu klein, um dem Mann nicht die Hölle auf Erden zu bereiten, ein Ausdruck, den sein Vater nur zu oft benutzt hatte, jedes Mal, wenn ihm was nicht gepasst hatte.
 

Und da war es Sev nur zu Recht, dass Mika und Scorp dauernd Unsinn machen wollten. Nun, dann sollten sie doch genau das auch tun!! Er würde alles organisieren und zwar so, dass die beiden zur Abwechslung mal nicht erwischt werden würden und dann konnte Graham sehen wo er blieb! Niemand brachte seinen Daddy einfach ungestraft in Gefahr! Absolut Niemand! Er mochte ein Kind sein, aber Rache, das Konzept verstand er durchaus! Er sah ja auch, wie Papa Graham aus dem Weg ging, ihn nicht ansprach und ihn böse anstarrte.
 

„Aber Sev, sag mal, warum hast du auf ein Mal Lust?“, fragte Scorpius schließlich.
 

„Einfach so“, wich Severus sofort aus, denn der Blonde mochte ja echt lieb sein, aber ein Geheimnis konnte der nicht für sich behalten, wenn er dafür bezahlt wurde! Was man dem erzählte, wusste eine Stunde später das gesamte Haus, inklusive aller Elfen. Danke, nein. Das hier war seine Sache und er wollte sie allein zuende bringen!
 

Ja, er mochte vielleicht erst fünf Jahre sein, aber er war erwachsener, als viele, das hatte ihm Moma immer wieder gesagt. Er war ein großer und verantwortungsvoller Junge, er verstand sehr viel von dem, was um ihn herum geschah. Immerhin hatte er früh gelernt, wie er mit einem Mann wie seinem Vater umgehen musste oder wie er Moma helfen konnte. Und er hatte gelernt, klug und geschickt zu sein, wie eine Schlange. Das hatte sie ihm immer wieder gesagt, das sagte sie heut noch, wenn sie sich unterhielten, jeden Abend.
 

Aber auch ihr hatte Sev nichts gesagt, immerhin wollte er das hier allein schaffen und er war sich nicht ganz sicher, ob sie ihm dann nicht sagen würde, dass man das aber nicht tat. Also schwieg Sev und plante für sich. Er grinste über seinen tollen Plan, wissend, dass er praktisch nicht erwischt werden konnte. Papa würde es auch gefallen.
 

Denn Papa war so wütend auf Graham, der würde den Anderen am liebsten aus dem Haus schmeißen. Warum er das nicht tat, verstand Sev ohnehin nicht so ganz. Musste so eine komische, komplizierte Erwachsenensache sein, entschied er für sich. „Also, habt ihr verstanden, was ihr tut?“
 

„Klar!“, lachte Mika. „Ich hol die Sachen, Onkel George gibt sie mir bestimmt! Er hat’s versprochen, solang ich nix davon unter Onkel Evans Essen mische.“
 

„Wer Daddy was tut, bekommt Ärger“, knurrte Severus auch sofort warnend. „Er is auch noch krank!“
 

Sofort hoben beide Jungen die Hände. „Niemand fasst deinen Daddy an…“
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Hämisch lächelnd starrte Ginny auf die Auroren. Sie hatte immer gewusst, dass sie sich auf ihre Mutter verlassen konnte. Sicher, sie hatte gewaltige Abstriche in Kauf nehmen müssen, um ihr karges, hässliches Gefängnis verlassen zu können, so große, dass sie tatsächlich kurz gezögert hatte, einzuwilligen, doch alles war besser, als hier zu bleiben. Sicher, sie war schon wieder schwanger, aber dieses Problems konnte sie sich, wenn auch leider nur auf natürliche Weise, entledigen und anschließend würde sie nie wieder ein Blage werfen! Das war es einfach nicht wert! Wie ihre Mutter das acht Mal durchgehalten hatte, war ihr ein absolutes Rätsel!
 

Sie hatte gewusst, dass sie wieder frei sein würde, in dem Moment, als die Auroren in die Kammer gekommen waren und sie nicht, wie auf dem Weg hierher, verarscht und verspottet hatten. Ginny konnte deren Angst regelrecht riechen und hatte gewusst, dass Mom es geschafft hatte. Sicher, das mit dem magisch bindenden Vertrag war wirklich ärgerlich gewesen, aber jeder musste Abstriche machen und es würde einen Weg geben, wie sie auch aus den bindenden Wort herauskommen würde. Dafür musste ihre Familie nur die Namen der Zeugen bekommen und diese ein für allemal auslöschen, dann band keine Magie sie mehr.
 

Dazu hatte sie neue, gute, elegante Kleidung bekommen, wie sie es von früher gewohnt gewesen war. Ein hübsches Kleid, Sandaletten, ein Jäckchen. Perfekt, würde sich nicht schon bald was wölben und wäre ihr Bauch nicht kurz davor, sich ein weiteres Mal auf widerwärtige Weise zu wölben. Aber das Beste war ein Schmuckstück, eine Kette um den Hals, die aussah, wie ein verschlungenes P, im Hintergrund das Wappen der Potterfamilie. Sie konnte nun überall behaupten, dass der verschwundene Mann ihr Verlobter sei, so würde sie auch endlich in die Kammern gelangen und ihr gutes Leben zurückgewinnen!
 

Sie packte den Portschlüssel, den man ihr ausgehändigt hatte, grinste kalt. „Ihr werdet von mir hören, ihr Schweine!“, rief sie noch, bevor sie spürte, wie sie transportiert wurde. Weg von den Menschen, die sie gequält hatten!
 

Sie sah sich um, nachdem sie gelandet war. Eine Waldlichtung. Klar, dass Mom sich verstecken musste, bei dem was sie zu tun gezwungen worden war. Kurz runzelte Ginny die Stirn. War wohl erst mal nichts mit dem eleganten Leben, aber gut, schlimmer als Azkaban konnte es gar nicht kommen! „Mom! Mom, bist du da? Mom, ich bin‘s!“
 

Erst, als Molly ihre Tochter hörte, trat sie aus dem Schatten der Bäume, blickte zur Lichtung. Da stand sie. Mit schrecklich kurz geschorenen Haaren aber guter Kleidung. Im ersten Moment dachte sie an Polytrank, sie hatte ihn oft genug selbst verwendet, doch ein kleiner Zauber zeigte ihr, dass die junge Frau schwanger war und ihre Gene trug, außerdem keine Tränke im System hatte. „Mein Schatz!“
 

Sofort schoss Ginny herum, sah die bekannte Gestalt aus dem Dickicht kommen und stürzte sich auf sie. „Mom! Mom, endlich! Ich bin wahnsinnig geworden! Die… die… die haben…!“
 

„Ich weiß, meine Prinzessin“, seufzte Molly leise, strich über die schrecklichen Stoppelhaare ihrer Tochter. „Ich weiß, dass sie dich zu Schlimmem gezwungen haben, aber ich kann dir auch versprechen, dass das nie wieder geschehen wird und wir Rache nehmen werden, auf schreckliche Art und Weise. Und glaub mir, deinen Parasiten werden wir innerhalb von wenigen Wochen los, dazu habe ich einen Trank vorbereitet, der deinen Bauch wieder vollkommen straffen wird. Du wirst wieder so schön sein, wie du es immer warst.“
 

„Oh, Mom“, seufzte Ginny, ließ sich in die Umarmung fallen. „Ich fand die Zeit so schlimm und nichts haben sie mir freiwillig gesagt! Ich konnte gar nichts tun, ich wurde benutzt und…!“
 

„Komm“, lächelte Molly milde. „Mommy macht alles wieder gut. Du gehst jetzt mit mir in unser Versteck, dein Bruder wartet schon auf uns, da habe ich ein kleines Festessen zubereitet. Und dann erkläre ich dir, was ich so vorhabe, gut?“
 

„Danke, Mom“, lächelte Ginny, die einfach wusste, dass Alles gutgehen würde. Nichts würde mehr geschehen. Sie würde ihre Rache bekommen, selbst, wenn sie die leider nicht selbst nehmen und an einigen der Leute nicht würde ausführen können. Es würde noch genug Tote geben, die ihren Weg säumen würden, vor Allem, wenn Ron weiterhin zu ihr hielt. Allerdings sah sie ihre Mutter empört an, als die die Kette nahm. „Mom!“
 

„Ich will nur nach Ortungszaubern suchen“, beruhigte Molly, sich sicher fühlend, dass etwas nicht stimmte, denn niemals hätte man ihrer Tochter so ein Stück gegeben, wenn nicht, um zu verhindern, dass die sich ungesehen wegschleichen könnte, wohl wissend, dass Ginny so etwas nie hergeben würde. Ein Verlobungsstück, eine Verbundenheit zu den Pottergeldern. Doch zu ihrem Erstaunen war nichts darauf. Gar nichts. Kein Zauber, keine Runen. Also gab sie die Kette zurück, verwirrt, aber sie wollte Ginny nach allem, was die durchgemacht hatte, nicht das hier nehmen. „Dann komm, gehen wir in unser Versteck…“

Minister

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Diggory

Lächelnd beobachtete Luna die Wasseroberfläche, während der dunkle Flacon mit der ihr so verhassten Seele hin und her zitterte. Natürlich erzählte sie, dass ihr Vater begann, den Dreck das Alten umzuwühlen und dass auch Skeeter einige interessante Unterlagen finden würde. Sie liebte es, wenn alles an seinen Platz fiel. Das neue Schicksalsgewebe wurde immer fester. Die Kettfäden waren an ihrem Platz und gespannt, ohne zu reißen. Nicht die Welt des Alten, die eine Vernichtung von allem und jedem verursacht hätte, würde eintreten, sondern die, die Harry Potter sich immer für andere gewünscht hatte. Eine Welt, die gut und die sicher war, eine Welt ohne Angst und Verzweiflung, eine Welt, die auch ihr zweifellos gefallen hätte.
 

Evan hatte sein Glück gefunden und seine Bestimmung obendrein. Er würde ein hervorragender Maler sein, auch irgendwann andere Kinder ausbilden und ihnen einen Weg zeigen, einen, den sie ohne Angst gehen konnten.
 

„Ja, Alter“, lächelte sie kalt. „Du wirst aus den Geschichtsbüchern gestrichen werden, kein gefürchteter, dunkler Lord, nur ein dreckiger, widerwärtiger Kinderschänder und machtgeiler, alter Mann“, sang sie fröhlich vor sich hin, beobachtete, wie der kleine Sev mit den anderen Kindern im Garten spielte und Evan wieder an seinem Bild der wahren Helden der Schlacht zeichnete.
 

Erst dann ließ sie das Bild verschwimmen, als es klar wurde, zeigte es ihren eigenen Vater, der zu ihrem Erstaunen, Percy Weasley gegenüber saß, zu dessen Rechten ein riesiger Stapel Unterlagen. Oh, sie hätte nicht gedacht, dass man sich für ihn entscheiden würde und sie wusste, es würde noch schneller gehen, als sie gedacht hätte. „Alles läuft so, wie ich es gewollt habe“, stellte sie fest.
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Rasch läutete Lucius an der alten, eleganten Glocke, die sein Ankommen einer Hauselfe mitteilen würde. Das Anwesen der Diggorys. Ein schöner Ort, vor Allem für ein Kind, doch Kinderlachen erklang hier sicher schon lange nicht mehr. Diese Familie hatte sehr viel durchgemacht. Vielleicht sollte er eine Adoption vorschlagen. Nun, er hatte mit dem Portrait geredet, wenn Jemand die Beiden von einem neuen Versuch zu leben überzeugen konnte, dann doch am ehesten der verstorbene Sohn. Er sah die Hauselfe, die sofort wieder verschwand, bevor das Tor aufging und er eintreten durfte. Er ließ sich in einen kleinen, aber eleganten Salon führen, der sicher nur für hohen Besuch gedacht war. Wie eben der Minister für Magie.
 

„Darf Blinky dem Minister etwas bringen, Sir?“
 

„Einen Kaffee, schwarz, kein Zucker bitte.“ Lucius blickte auf das nun verpackte Gemälde, wartete. Sein Kaffee tauchte auf, in edelstem Porzellan, dazu eine Kanne mit noch mehr davon und ein Schälchen mit noch warmem Gebäck. Er nahm ein Stück, doch er sah aus dem Fenster, ohne es zu essen. Bis auf einmal eine kleine Horde junger Hunde hineinstürmte. Welpen, keines älter als zehn Wochen. Edle Collies, reinrassig, eindeutig. Er lachte leise, streckte eine Hand aus und ließ einen der frecheren Welpen schnüffeln, streichelte diesen, bis er ein Räuspern hörte. Er sah auf, lächelte etwas. Es war Tradition, dass der Höherstehende das Gespräch begann und er war nicht nur im gesellschaftlichen Rang über den Diggorys sondern auch als Malfoy. „Ich hoffe, ich komme nicht zu ungelegen, Mister Diggory“, grüßte er, streckte dem Anderen die Hand entgegen.
 

„Nein, natürlich nicht“, versicherte Amos, nicht wissend, was der Besuch sollte. Warum besuchte ihn der Minister für Magie? Er hatte sich schon lange aus der Öffentlichkeit und alten Ämtern zurückgezogen. Seit dem Tod seines einzigen Kindes kam ihm alles einfach so sinnlos vor. Er wusste nicht mehr, für was er arbeitete. Seine Frau hatte sich vollkommen in sich selbst zurückgezogen und beide taten kaum noch etwas, als Cedrics geliebte Hündin und deren Nachfolger zu versorgen, von denen eine gerade wieder Junge gehabt hatte. „Darf ich fragen, was den Minister zu unserem Haus geführt hat? Und bitte verzeihen Sie mein Auftreten, aber mit Besuch hatte ich nicht gerechnet, es kommt eigentlich Niemand mehr hierher.“
 

Lucius machte eine wegwerfende Bewegung. „Ich bin nicht in meiner Funktion als Minister hier“, erklärte er, hob das Gemälde. „Ich weiß nicht, ob Sie von dem Kunstwerk im Foyer des Ministeriums gehört haben?“, er wartete auf eine Reaktion, wenig überrascht, als der Mann den Kopf schüttelte. „Nun, nicht weiter tragisch. Ein wahrer Künstler hat mein Gemälde geschaffen, sowie ein Portrait der Familie meines Sohnes. Und aus seinem Pinsel stammt auch das hier. Er wünscht, absolut anonym zu bleiben, darum bringe ich es vorbei. Es war sein Wunsch, dass das Bild seinen Weg hierher findet.“ Er hielt dem Mann das Päckchen hin.
 

Verwirrt blinzelte Amos, doch er nahm das Ding, machte vorsichtig das Packpapier runter – und musste sich erst mal setzen. Es war ein Schock, das Gesicht seines Sohnes zu sehen, der auf einem bequem aussehenden Stuhl sitzend in einem Rollkragenpullover und den Muggeljeans, die er immer so geliebt hatte, gemalt worden war. Schöner und lebendiger als jede Fotografie.
 

„Hi, Dad. Ist Mom nicht da?“
 

„Das… das… wie kann das sein?! Wir haben nie…!“
 

„Dad, warum sagst du nicht mal hi?“, fragte Cedric.
 

„Der Künstler ist sehr begabt und Ihr Sohn ist nicht der Einzige, der nachträglich ein Portrait bekommen hat, das zum Leben erwacht ist. Darum wünschte er, dass Sie das Bild bekommen.“
 

„Ich… das… das kann doch kein Mensch bezahlen“, flüsterte Amos, der begann, über die Wange seines Sohnes zu streicheln. „Cedric…“
 

„Ja, Dad. Ganz ich. Na ja, so gut es in Farbe eben geht. Und glaub mir, der, der mich gemalt hat, will kein Geld. Er hat es für euch getan. Aber…“, er blickte auf. „Sind das junge Hunde?“
 

„Ja“, lächelte Amos unter Tränen. „Die Urenkel von deinem Monster…“
 

„Gib Mister Malfoy doch einen davon mit. Der Maler würde sich bestimmt freuen, dann verabschiedest du den Minister, rufst Mom und dann hab ich ein paar Sachen mit euch zu bereden!“
 

Verdattert und noch immer mit Tränen in den Augen blickte Amos zu Lucius. „Hat… Ihr Bekannter auch nur eine Vorstellung, was er uns damit Gutes getan hat?“, fragte er leise. „Wie… kann ich das nur mit einem Welpen bezahlen?“
 

„Der Künstler will nur, dass es Ihnen besser geht und Cedric – diese Idee mit dem Hund ist ein hervorragender Plan, das ist das Einzige, was er als Bezahlung annehmen würde.“
 

„Dann…“, Amos machte eine einladende Bewegung. „Die Tiere sind genau im richtigen Alter“, brachte er heraus, noch immer ohne den Blick von seinem Sohn zu nehmen.
 

Lucius lächelte etwas, sah sich um, stupste den Frechen wieder an, entschied sich aber dann für ein kleines Weibchen, das etwas abseits saß, ihn aber die gesamte Zeit aufmerksam beobachtete und gerade, als er zu dem Tier gehen wollte, von selbst kam, sich hochheben ließ. Er blickte auf Amos. „Ich wünschte, Sie würden wieder zurück in die Öffentlichkeit kommen, nun, wo ich Minister bin, ist mein Platz im Schulgremium frei. Aber reden Sie erst mit Ihrem Sohn und entscheiden dann. Teilen Sie Percy Weasley, meinem Assistenten, Ihre Entscheidung mit. Ich muss dann leider wieder, ich werde erwartet und ich habe ja noch etwas abzugeben.“
 

Damit ließ Lucius sich von einer Hauselfe nach draußen bringen, ging von da aus in die Stadt, um den Hund einzudecken. Hundekörbchen, Leinen, Futter. Erst dann apparierte er heim, schaffte es sogar, von den Kindern ungesehen, bis zu ihnen ins Schlafzimmer. Denn sonst hätte er den Hund nie zum neuen Herrchen bringen können, ohne, dass die auch nach so einem verlangt hätten. „So, wo versteck ich…? Oder nicht“, murmelte Lucius, sah, wie Evan, was er normalerweise nie tat, um die Zeit auf ihrem Bett lag, noch Tränenspuren im Gesicht. Cedric zu malen musste ihn sehr mitgenommen haben. Er setzte sich zu dem Anderen, setzte den Hund auf die Matratze und strich über dessen Wangen.
 

Evan erwachte aus seinem kleinen Schläfchen. Er hatte sich nach Lucius‘ Verschwinden so unendlich ausgelaugt und erschöpft gefühlt, denn das Fertigstellen von Cedrics Gemälde, ihr Gespräch, es hatte ihn mitgenommen, ihn wieder mit den schlimmsten Jahren seiner Vergangenheit konfrontiert. Doch nun, wo langsam sein Bewusstsein zurückkam, spürte er die vertrauten Hände… und etwas sehr feuchtes, das sich an seinen Zehen zu schaffen machte! „du lässt nicht gerade Sev an meinen Zehen nuckeln, oder?“, murmelte er, nur halb wach.
 

„Bestimmt nicht.“
 

„Du… bist es aber auch nicht…“
 

„Du könntest dich einfach etwas aufrichten, oder was meinst du?“, fragte Lucius sanft, küsste seinen Mann gleichzeitig.
 

Verwirrt blinzelte Evan den Blonden an, richtete sich auf – und stockte, als er direkt in pechschwarze, große, runde Augen sah, umgeben von flauschigem Fell und begleitet von einem hohen, putzigen Ton. Ein… ein Welpe! Ein… junger Hund! „Lucius, was…?!“, er beobachtete, wie der Blonde ihm das Tier in die Arme legte. Der Kleine sah ihn an – und schleckte über dessen Gesicht.
 

„Eine kleine Aufmerksamkeit der Diggorys. Und ich dachte, du könntest einen Hund gut versorgen. Sie könnte bei dir liegen, wenn du zeichnest und wenn du mal müde bist, kann die Kleine hier die Kinder beschäftigen.“
 

„Du… du sollst mir doch nicht immer was schenken“, seufzte Evan, aber es war schon zu spät, er hatte sich bereits in das kleine Bündel verliebt.
 

„Und ich hab dir schon mehrfach gesagt, dass ich es liebe, dich ein wenig zu verwöhnen“, konterte Lucius nur. „Außerdem ist der Hund, so toll die Idee war, leider nicht von mir. Von mir stammt nur das Zubehör.“
 

„Ich liebe dich“, murmelte Evan. Er küsste seinen Mann sanft, kuschelte das Tier an sich. „Ich.. hab mich noch nie so gut gefühlt, wie seit dem Zeitpunkt, als du mich vom Friedhof verschleppt hast.“
 

„Gut“, gab Lucius einfach nur zurück, hielt seinen Gefährten eine Weile einfach nur in den Armen. Zumindest, bis der kleine Hund bellte, weil er sich nicht allein traute, vom Bett zu springen, was allerdings dazu führte, dass sich auf ein Mal drei kleine Köpfe in das Zimmer schoben. „Daddy, was bellt hier? Das… ist…? Woher kommt der Hund?“, fragte auch schon Nummer eins.
 

„Onkel Evan, seit wann hast du einen Hund?“
 

„Darf ich ihn streicheln?“
 

„Ich will mit ihm spielen!“
 

„Und ich auch!“
 

„Er gehört…!“
 

„Kinder!“, rief Lucius ruhig und amüsiert, während das Tier sich hastig in den Armen seines Herrchens verkroch. „So macht ihr der Kleinen doch Angst“, erinnerte er.
 

Evan strich über das weiche Fell, setzte sich etwas weiter auf und winkte die drei Jungen zu sich, die, wie meistens, im Rudel aufgetreten waren. „Wie wollen wir sie nennen?“, fragte er, ließ die Kinder das Fell streicheln, darauf achtend, dass sie die Kleine nicht zu heftig betatschten.
 

„Lucy!“, schlug Scorpius sofort vor.
 

„Nee is doch langweilig!“, rief Mika dazwischen. „Lieber Hexe!“
 

„Man nennt kein Tier so“, knurrte Sev ungehalten über die dummen Vorschläge. „Daddy, sag was!“
 

„Ja, Evan. Es ist dein Hund“, erinnerte Lucius, strich über die weichen Haare seines Geliebten. „Wie möchtest du sie nennen?“
 

Etwas ratlos blickte Evan auf das Tier, das ihn regelrecht erwartungsvoll anblickte und mit dem Schwänzchen wedelte. „Seren“, murmelte Evan schließlich. „Wie wäre es mit Seren?“
 

„Sicher“, gab Lucius zurück. „Netter Name. Und ihr, Kinder, macht euch vom Acker, ja? Nehmt Seren ruhig mit in den Garten, sie muss sicher das Beinchen heben! Und dann ab zum Abendessen! Marsch, marsch! Sevvie, du hast die Verantwortung!“
 

Severus spürte, wie seine Brust stolz anschwoll, während er sich von Daddy dessen Hundi geben ließ. „Ich pass ganz doll auf“, versprach er und lief hinter den anderen Jungen her.
 

„Was musst du mir sagen, was die nicht hören dürfen?“, fragte Evan leise.
 

„Du weißt, dass wir Ron gefangen haben und dass morgen in der Zeitung eine Menge über dich stehen wird…“
 

„Das… hatten wir doch heute schon“, erinnerte Evan.
 

„Ja, aber… ich denke, sehr bald wird Molly Weasley durchdrehen“, erklärte er. „Es wird viele neue Tote geben.“
 

Kurz schloss Evan die Augen, lehnte sich an den Älteren. „Ich weiß“, gab er leise zurück.
 

„Und ich will nicht, dass du dir an den Toten die Schuld gibst, nicht du mordest, das tut nur eine Person. Sie tut es auch nicht für dich oder wegen dir.“
 

„Ich… das weiß ich“, gab Evan leise zurück. „Und genau das ist das Problem. Ich weiß es, aber…“
 

„Du gibst dir trotzdem die Schuld. Nur musst du das nicht. Das ist ganz großer Unsinn. Bitte, Evan. Du wirst nicht die Schuld haben. Es wird noch mal hart werden, aber nie, nie wieder so schlimm, wie früher.“
 

„Was… was ist mit den Zwillingen?“, fragte Evan hilflos. „Sie… müssen sich doch schlimm fühlen, und… und Percy!“
 

„Rede mit ihnen“, gab Lucius zurück. „Nur sag mir vorher doch bitte, wenn du gehst, ich will einfach wissen, wo du bist…“
 

„Ich verspreche es. Ich gehe nirgends mehr hin, ohne Irgendwem Bescheid zu sagen. Glaub mir, das hat sich eingeprägt.“ Und es stimmte. Er wollte nicht noch mal fast sterben und Luc allein lassen, nicht mal am schönsten Ort der Welt konnte er ohne den Anderen zufrieden sein, das war ihm ganz klar geworden. Gerade bei dem, was im Moment geschah, war auch nicht er derjenige, der das größte Leid verspürte, sondern definitiv seine rothaarigen Freunde.
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Langsam ließ Fred die Zeitung sinken, blickte dann zu seinem Bruder, besser gesagt, zu dessen Zimmer. George war noch nicht wieder wach. Er hatte mal wieder lang gefeiert. Seine Art, das Geschehen zu verdrängen oder zu verarbeiten. Er konnte das leider nicht, er wollte es auch gar nicht. Und die Zeitung war nicht das einzige. Er hatte auch etwas Positives bekommen – einen Brief von Evan mit der Ankündigung eines Besuches.
 

Sie hatten zumindest nicht ihren kleinen Freund über alledem verloren. Im Gegenteil. Bei dem Brief hatte die Eule noch einen kleinen Rahmen getragen, nur etwa so groß, wie eine Din A 4 Seite, doch darin hatte sich ein einfacher, eleganter Rahmen mit einem hübschen Bild befunden. Eindeutig gemalt von Evan. Ganz allein für sie und sicher auch ein Vermögen wert. Sie wussten, die Zeiten würden schwer werden, aber immerhin hatten sie sich früh genug von ihren mörderischen Verwandten losgesagt, um nicht ihren Laden und ihre Kunden zu verlieren. Was es auch nicht einfacher machte. Aber sie hatten Rückhalt. Etwas anderes zählte gar nicht und es gab nichts, was mehr wert war, als diese Art Unterstützung.
 

Einige der zusätzlichen Interviewseiten machte die auch bitter nötig, denn einige der Dinge, die ihr Bruder losgelassen hatten, waren so verletzend, dass Fred selbst mit den Tränen kämpfte, im puren Wissen, dass ihr Bruder die Wahrheit sagte. Und er hatte es gewusst, es war nicht so, als würde es ihn überraschen, aber es war nicht leicht, es schwarz auf weiß zu sehen. Der Beweis dafür, dass sie nie wirklich von der Mutter geliebt worden waren, die sich nicht mal die Mühe gemacht hatte, sie auseinander zu halten. Sie seien nur am Leben gelassen worden, um den Ruf der Familie nicht zu verlieren. Das war der einzige Grund gewesen.
 

Denn der Mutter waren sie unheimlich gewesen. Schon als Kinder hatten sein Bruder und er sich unterhalten können, ohne zu reden und wenn sie es getan hatten, dann in ihrer ganz eigenen Sprache. Nichts Ungewöhnliches für eineiige Zwillinge, wie sie inzwischen wussten, aber etwas, das Molly wohl sehr gehasst haben musste. Aber nicht nur sie waren auf der Abschussliste der Mutter gestanden. Charlie war schon sehr früh darauf gelandet, nämlich als er ins Drachenreservat aufgebrochen war, sich die Haare wachsen und sein Ohr durchstrechen ließ. Sie hatte vermutet, dass ihr Sohn pervers sein könne, wie sie es ausgedrückt hatte und sie hatte vorgehabt, ihren Sohn zu ‚erlösen‘, wie sie es nannte. Ihn selbst umzubringen, in dem Moment, wo er wieder Fuß auf englischen Boden setzen und Albus regieren würde.
 

Auch Bill, der krank genug war, sich mit einem Tier zu verheiraten, als nichts Anderes habe sie Fleur die Viertelveela immer empfunden, hatte es auf die Abschussliste der Mutter geschafft. Erstaunlicherweise hatte Percy sich lange raushalten können, war wohl als nützlich empfunden worden und Mollys Hass gegen ihn war wohl erst gestiegen, als der Andere ihr nicht half und nicht sein gesamtes Gehalt an sie abzutreten bereit war.
 

Es war für Fred klar ersichtlich – seine Mutter war schwerst geisteskrank und stand Bellatrix Lestrange um absolut rein gar nichts nach. Vielleicht war sie sogar noch um einiges schlimmer, denn sie war klar genug gewesen, um so zu tun, als sei sie nicht krank oder anders. Im Gegenteil, sie hatte sich noch als Beispiel ausgegeben!
 

Er wusste, es war nur eine Frage der Zeit, bis man sie fangen und ihrer Strafe zuführen würde, aber leichter machte es das auch sicher nicht. Was, wenn man sie ergreifen und sie alles erzählen würde? All ihre Pläne zur Ermordung der eigenen Kinder und all das, was sie vorgehabt hatte, vor Allem mit ihrem Lieblingskind Ginny, die als Prinzessin hätte leben sollen? Unantastbar, mächtig, reich und bewundert von Jedem?
 

Das Aufröhren des Kaminfeuers ließ Fred regelrecht hochschrecken. Er wusste ja nun schon länger, dass ihre Mutter hinter ihnen her war, der Laden war, auch dank Lucius Malfoys Verbindungen, mit starken Zaubern umgeben, so, dass sie und ihre Kunden absolut sicher sein würden, doch das änderte nichts an seinem Zusammenzucken. „Oh, mehr oder weniger guten Morgen, Bill“, stellte er dann fest, als er sah, wer aus den Flammen trat, ähnlich angeschlagen aussehend, wie er sich fühlte. „In euren Zeitungen ist es also auch erschienen?“
 

„Oh ja“, knurrte Bill, warf die französische Version des Quibbler auf den Tisch. Er hatte immer gewusst, dass seine Mutter Fleur als nicht gut genug empfunden hatte, aber das hier war einfach eklig! Wobei er sich mehr Sorgen um die Zwillinge, vor Allem aber um Fred gemacht hatte. Die Beiden hatte nie etwas anderes gewollt, als die Anerkennung der Eltern, doch ihr Vater hatte wenig mit ihnen allen zu tun gehabt und der Mutter waren sie nie geheuer gewesen. Es sprach für sich, dass sie die Beiden nie hatte auseinanderhalten können und nur ein Zauber Gewissheit gegeben hatte, dass der, den sie jetzt Fred nannten, tatsächlich der Zwilling war, der eine halbe Stunde älter war. „Und ich kann es kaum abwarten, mir diese unmögliche Frau vorzuknöpfen in dem Moment, wo sie sie gefangen nehmen werden! Ich hoffe wirklich, dass sie dann noch am Leben ist! Ich habe gekämpft, aber sicher nicht für so eine frigide Welt! Kaum zu glauben, dass die uns geboren hat! Das einzige Blage, dass sie je wirklich interessiert hat, war die kleine, mörderische Hure!“
 

Fred nickte einfach nur, sein Gesicht wie versteinert. Doch es tat gut, als die Hand des Älteren ihn hoch und in dessen Umarmung zerrte. Wie früher schon. Es waren immer die beiden Älteren gewesen, die George und ihm geholfen hatten, sei es in der Schule oder bei anderen Dingen. Percy natürlich auch, aber Bill vor Allem, bis er das Land verlassen hatte, um für Gringotts in Ägypten zu arbeiten. Daher ließ er zu, dass die eine Träne aus seinem Auge trat. „Es ist hart“, stellte er leise fest.
 

„Ja, aber wir haben wenigstens uns – und einflussreiche Freunde. Immerhin steht ihr unter dem Schutz des Ministers für Magie und noch viel wichtiger – ihr seid zwei der Wenigen, die direkten Kontakt mit dessen Mann haben, der sehr, sehr viel Einfluss über ihn besitzen soll“, grinste Bill. „Wir haben alle eine Familie gefunden.“
 

„Ja“, stimmte Fred leise zu, sah auf, als er die Tür hörte. Vermutlich war George aufgewacht, weil er so unruhig geworden war, denn der Blick seines Bruders suchte sofort nach ihm, suchte dann auf dem Tisch nach einer Erklärung und blieb an Bill hängen.
 

„Muss ja heftig sein, wenn du herkommen musstest“, stellte George fest und trat zu seinem Zwilling, blickte kurz über die Zeitung und fegte sie vom Tisch. Er wusste in Etwa was drin stand, mehr brauchte er nicht. Manchmal war es besser, nicht so exakt nachzufragen. Es reichte zu wissen, dass ihre Familie zerfiel und er war sich sicher, ihren Vater würden sie auch nicht mehr zu Gesicht bekommen. Allerdings sah George das etwas lockerer als Fred, für ihn war ihre Familie immer kaputt gewesen. Er sah Evan und selbst Lucius als Mitglieder ihrer richtigen Familie und die war absolut intakt.
 

Bill nickte einfach, hob eine Hand und wartete, bis auch der Andere zu ihm kam. „Ehrlich gesagt war ich noch nie so froh, meinen Nachnamen geändert zu haben“, gab er einfach zu. „Aber wir sind eine Familie.“
 

„Familie“, wiederholte Fred einfach. Er wusste, es stimmte. Sie waren nicht allein und solang sie sich und ihre Freunde hatten, würden sie es auch nicht sein.
 


 


 


 


 


 


 


 

Die Hallen des Ministeriums waren unerwartet voll, trotz der Ereignisse der letzten Tage. Es hatte wieder eine Reihe von Morden gegeben, vor Allem unter Muggeln und viele der Betroffenen waren keine zwanzig Jahre alt gewesen. Ein eindeutiges Signal und ein Zeichen vom Frust Molly Weasleys, denn dank der Zeitungen achteten Magier derart auf ihre Umgebung und plötzlich auftauchende Fremde, dass sie kaum magische Bevölkerung vor ihren Zauberstab bekommen hatte.
 

Seit den Berichten in der Zeitung und der Ankündigung der Urteilsverkündung gegen Ronald war sie sicher unendlich empört, denn Albus Dumbledore wurde immer weiter in den Schmutz gestoßen. Heut hatte der Minister, mit großer Befriedigung, ein Dokument unterschrieben, das verfügte, alle Ehrungen des Mannes rückgängig zu machen und seinen Namen aus den Mauern des Ministeriums zu tilgen. Und damit nicht genug. Er war sogar im Begriff, Severus Snape zu rehabilitieren! Es war eine wahre Freude gewesen und hatte auch Evan sehr gut gefallen.
 

Durch all die Geschehnisse bekam auch das Hauptwerk unten an der Wand ein neues Licht. Ja, gestern waren mehrere Gemälde seines Mannes hierher gebracht und aufgehängt worden. Darum war es auch so unglaublich voll. Amos Diggory hatte offensichtlich mehreren Leuten vom wundertätigen Maler erzählt, dem er sogar einen Hund abgetreten habe und dessen Werk ihn aus der selbsterwählten Verbannung gelockt hatte. Der Mann arbeitete wieder, hier, für Lucius. Im Schulgremium und seine Frau und er überlegten tatsächlich, ein Kind zu adoptieren und so den Familiennamen nicht aussterben zu lassen, nun, wo ihr Sohn ihnen wohl gesagt hatte, dass das in Ordnung sei. So hatte Evan den Diggorys auch ihr Leben zurückgegeben, wobei Amos immer noch sehr getroffen war über das, was er von Dumbledore erfahren hatte.
 

Nun, egal. Morgen schon würde dessen Sarkophag zerstört und der darin liegende Sarg raus gezerrt werden. Dann würde Lucius sich zurücklehnen und beobachten. Was man mit dessen Leiche tun würde und er würde es genießen. Außerdem hoffte er, dass das Molly Weasley anlocken würde, so, dass man zeitgleich Ginerva wieder einfangen konnte. Die kleine Hure hatte genug Freizeit und Spaß gehabt, nach den Tagen außerhalb ihres noch sehr moderaten Gefängnisses. Dann galt es nur noch, die Irre wieder einzufangen.
 

Doch dann verdrängte Lucius diese Dinge entschieden, trat stattdessen in den Saal mit den Ausstellungsstücken, der überraschend voll war. Niemand hatte die Ausstellung propagiert, es war nur von Mensch zu Mensch weiter gegeben worden. Die Bilder waren erst zwei Tage hier und doch war der Andrang so groß. Zauberer und Zauberinnen standen vor den Gemälden, redeten leise, zeigten von Zeit zu Zeit auch auf sein Portrait und Lucius sah aus den Augenwinkeln, wie ein Mitarbeiter den kleinen Briefkasten öffnete und den Inhalt in einen Sack füllte, der fast voll war. Lucius selbst hatte den Kasten anbringen lassen, daneben Bögen gelegt, auf denen die Leute Gemälde kommentieren oder Bitten um Bilder aufschreiben konnten. Den ersten Sack hatte er gestern mit heim genommen, heut waren es bereits drei neue, die voll waren. Natürlich hatte Lucius sie gelesen, bevor er sie weitergegeben hatte, nicht bereit zu riskieren, dass sich etwas Gefährliches, ein Zauber oder Portschlüssel in einem der Umschläge befand.
 

Das Meiste waren Komplimente und Anfragen gewesen. Zu Portraits von Leuten, die gestorben waren, bevor ein Maler gefunden worden war, viele davon für Kinder. Vermutlich saß Evan bereits an den ersten davon. Denn auch die genannten Honorare waren ein Traum gewesen. Nun kam sich sein Mann vielleicht nicht mehr so schlimm vor, wenn er Diesem etwas mitbrachte, da er auch selbst was verdiente. Denn der Jüngere schien das für sein Selbstwertgefühl dringendst zu brauchen.
 

Mit einem leichten Lächeln ging Lucius an einem Gemälde vorbei, das wirklich groß war und ihre Hochzeitszeremonie zeigte. Allerdings nur für ihn. Sie hatten einen Zauber darüber gewebt, damit Andere die Gesichter nicht würden zuordnen können. Doch es war perfekt. Wenn Lucius den Sand sah hatte er wieder das Gefühl, ihn unter den Fußsohlen zu spüren. Und das Meer zu hören. Perfektion. Sein Evan eben. Eine Weile lang blieb er stehen, blickte auf das Bild von seinem Gefährten und ihm vor dem Altar.
 

„Erinnerungen?“, fragte Percy mit leichtem Amüsement in der Stimme. Seit es diese Ausstellung gab, verbrachte sein Boss erstaunlich viel Zeit hier.
 

„Ja“, nickte Lucius, wandte sich dann aber von den Gemälden ab und von den diskutierenden Besuchern, unter denen er auch Xeno Lovegood erblickte. „Was gibt es?“ Percy hätte ihn nicht angesprochen, wäre nicht irgendwas.
 

„Zwei tote Muggelkinder in London“, sprach Percy mit leiser, tiefer Stimme. „Sie hat sogar ihren eigenen Stab verwendet, sie versteckt sich nicht und sie wird jetzt nicht mehr aufhören.“
 

Kurz schloss Lucius die Augen, öffnete sie dann wieder. Es war zu erwarten gewesen. Traurig, aber das, womit sie gerechnet hatten, grausam, wie es klang. Automatisch glitt sein Blick in die Ecke, wo die Bilder hingen, die Evan eigentlich gar nicht hatte hierher bringen wollen. Denn sein Mann zeichnete nicht nur fröhliche Kinder und kuschelige Tiere. Nein, Malen war für ihn auch Therapie. Therapie gegen das, was sein Gefährte und Ehemann durchgemacht hatte. Es waren Bilder, die auch den Blonden getroffen hatten, als er sie entdeckt hatte. Zum Beispiel dieses Eine, das fast nur grau war, mit einem Fenster, das Gitter davor hatte und ein winziges Stück Winterhimmel mit Schneeflocken gezeigt hatte, etwas schlecht aussehendes Heu, eine Gestalt, die sich kaum von den Schatten abzuheben vermochte. Das Bild strahlte eine unglaubliche Einsamkeit und Lebensangst aus, Kälte und Eis. Verzweiflung. Es war Azkaban. Doch das wussten nur wenige. Oder das andere Bild, das nun vor seinem inneren Auge vorbeizog. Der Hügel in der Nähe von Hogwarts, mit einem trüben Himmel, wie kurz vor einem Gewitter, mit verdörrtem Gras und unförmigen Gestalten, deutlich dagegen die Ströme von Blut. Jeder der Betrachter, der gekämpft hatte, wusste sofort, was er da vor sich hatte. Auch Lucius hatte es sofort erkannt und gemeint, den schrecklich metallisch-süßen Geruch wieder wahrzunehmen. Blut.
 

Die letzte Schlacht.
 

„Haben wir einen Plan?“, fragte Lucius schließlich, während sein Blick wieder zu dem Strand und dem Leben, dem Glück darin wanderte. Ein Zeichen, dass sein Gefährte die Verzweiflung von Azkaban hinter sich gelassen und gelernt hatte, auch mit den schlimmen Erinnerungen der Schlacht umzugehen, so schwer es ihm auch fallen mochte.
 

„Offiziell nein.“
 

Kurzerhand führte Lucius den Anderen zurück in sein Büro. „Du hast also eine Idee?“
 

„Nun, eher einen Vorschlag, die Frau aus ihrer Deckung zu locken, bitter wie es sein könnte“, erklärte Percy. „Ich habe mit den Zwillingen darüber geredet, sie denken, es müsste klappen.“
 

„Raus damit“, sprach Lucius ruhig. Kurz warf er einen Blick über seine Schulter, in die Sitzecke seines Büros, auch, wenn er nur den eleganten, mit Blattgold verzierten Rahmen erkennen konnte. Keine Gefahr. Evan hatte gezeichnet, was auf seiner Seele lastete, doch es brachte den Jüngeren nicht mehr innerlich um, er hatte nun andere Dinge, an die er sich klammern konnte. Auch sein Mann rechnete mit dem Schlimmsten, doch er verstand nun, dass er an nichts, was geschehen würde, die Schuld trug.
 

„Nun…. Dumbledore ist so stark in Verruf, dass wir dessen Grab räumen und Professor Snapes Überreste hier betten können. Dann würde ich eine Feier organisieren, die zu seinen Andenken ist, ganz offen, in allen Zeitungen. Nicht hier, mitten auf dem Land. Wo die Irre auch auftauchen kann. Sie wird ein Massaker anrichten wollen. Aber statt Besuchern werden nur Auroren da sein, unter Polytrank vielleicht. Auch getarnt als Kinder. Wenn wir sie haben, können wir auch Ginny wieder einfangen. Ohne die Alte kommt sie nicht weit. Dann haben wir alles, was wir wollten – Dumbledore weg vom Fenster, Snape mit dem Lob, das er verdient hat und eine irre Serienmörderin hinter Gittern.“
 

Lucius warf einen kurzen Blick auf den Rotschopf, musste dann nicken. Es stimmte, so einfach war es. Ein guter Plan, der eine große Aussicht auf Erfolg hatte. Wenn sie die besten und stärksten Auroren als Kinder tarnen würden, würden die zweifelsfrei zu den ersten Angriffszielen werden. Und somit könnte es klappen. „Besprich den Plan mit Kingsley, er soll das in die Wege leiten, es ist das Beste, was wir tun können, um diesen Spuk zu beenden. Ich will nicht, dass meine Kinder und Enkel weiter in der Blutwelt leben müssen, die Evan und mich so lang begleitet hat…“
 

Percy nickte einfach und verschwand, froh, dass es endlich Aussicht auf ein Ende gab, denn auch er war der Jagd müde. Er wollte nicht mehr dauernd schräg angesehen werden, als Sohn einer irren Mörderin, ein Fakt, der jede Beziehung unmöglich machte, da man Angst hatte, dass er, selbst wenn er nicht wahnsinnig werden würde, den Wahnsinn weitervererben könnte. Gut, das würde sich auch eine Weile lang nicht ändern, aber mit der Zeit, wenn endlich Gras über die Sache wachsen würde. Das hoffte er wirklich.
 

Lucius blickte dem Anderen eine Weile lang hinterher, stellte sich dann vor sein Lieblingsbild von ihrer Hochzeitsnacht, in dem es so viel Lebensfreude gab, helle Farben, Liebe. Seine Finger geisterten kurz über die gezeichneten Gesichter. Es war soweit. Endlich konnten sie eine Welt erschaffen, in der Evan auch frei sein konnte. Und Sev und sein Sohn, seine Enkel.
 

Dann würde der Jüngere auch nicht mehr die dunklen Bilder malen, wobei da ohnehin kaum noch welche kamen.
 

Wobei… das letzte Bild, das Lucius gesehen hatte, hatte ihm auch Schauer über den Rücken gejagt. Hogsmaede im Nebel, aus dem sich eine nur angedeutete Gestalt in einem griechischen Kleid löste. Eigentlich eine mystische, nicht bedrohliche Szene – würde er nicht die Details kennen. Der Zug mit den offenen Türen, an dessen Fenster er Gesichter gesehen hatte, die er erkannte. Menschen, die gestorben waren, bei den Schlachten, den Blick nach Außen gewandt. Evans Nahtoderfahrungen. Etwas, das ihm immer noch Angst machte. Denn mehr als ein Mal hätte Evan selbst eine der Gestalten im Fenster sein wollen.
 

Nie, das hatte Lucius sich versprochen. Nie würde er zulassen, dass so ein Wunsch bei seinem Gefährten wieder aufkommen würde. Wenn er so darüber nachdachte – vielleicht sollte er mal wieder einen Abend frei schaufeln! Mit seinem Geliebten irgendwo hin gehen! Ja, das war gut. Er musste sich nur noch überlegen, wohin es gehen sollte.

Der Kampf

Ja, Luna hatte sich selten so amüsiert, wie in diesem Moment. Sie beobachtete, wie im Ministerium drei starke Zauberer mit Todesverachtung die Statue von Albus Dumbledore in ihre Einzelteile zersprengten. Unter anderem ein sehr zufrieden aussehender Lucius Malfoy, der sich jedes Mal zurückhalten musste, nicht zu klatschen, wenn wieder einzelne Teile der Statue auf dem Boden aufschlugen, nur damit einige weitere Ministeriumsarbeiter und Schaulustige damit herumwerfen konnten. Die Inschriften, die dem Mann besonders gefallen hätten, waren demontiert und eingeschmolzen worden, wurden nun für die vergessenen Helden geprägt, darunter, zu ihrem Erstaunen, auch ihr eigener Name. Süß, unnötig, aber süß und es würde ihrem Vater guttun, denn von ihr konnte es keine erwachenden Portraits geben, ihre Seele war vollständig hier, auch kein Schatten davon konnte in ein Bild fahren, denn sie war hier, in einer anderen Dimension und dort noch sehr lebendig.
 

Der Blick der Blonden glitt wieder zu dem hässlichen Gefäß, wo die noch hässlichere Seele regelrecht zu brüllen schien. Hach, es war schön, Rache zu bekommen und zu sehen, wie der Mann litt, der so viele Leben zerstört hatte. Sogar das von einem kleinen Jungen namens Tom Riddle, der sich nichts gewünscht hatte, als einen Platz im Leben und der in den Wahnsinn getrieben worden war, um erst durch ihren Freund erlöst zu werden.
 

Harry, nun, jetzt eindeutig Evan, hatte begriffen, was Voldemort eigentlich war und dass es tief in dessen Inneren immer noch ein kleines, verzweifeltes Kind gab. In der letzten Schlacht hatte Evan den Mann unter Tränen ermordet, um ihn zu erlösen, einen kurzen Blick auf die wahre Natur des Mannes erhaschend, der sich selbst zu einem dunklen Lord gemacht hatte, um nicht mehr verletzt werden zu können.
 

Der Jüngere hatte dazu auch ein Gemälde gemalt. Eines, dass diesen Kampf zeigte und das doch so wenige Menschen verstehen würden. Sie sahen nur einen Kampf und einen Sieger, der den Verlierer, wenn auch unter Tränen, mit einem Dolch ermordete, sie sahen Blut und spürten Trauer, doch sie begriffen nicht, welche Wahrheit sie in diesen Bildern sahen. Und sie konnten den jungen Mann auf einem der Portraits überhaupt nicht einordnen. Der Name Tom sagte ihnen nichts, sie hielten ihn sicher für einen der in der letzten Schlacht getöteten Schüler, was auch besser so war. Sie würden das Bild sonst zerstören. Dabei war es eine von Evans wichtigsten Arbeiten, eine, die ihm geholfen hatte, mit dem klar zu kommen, was er hatte tun müssen.
 

Außerdem würden die Zauberer da unten heut auch noch das Grab öffnen und den Sarg durch die Stadt zerren, um ihn dann namenlos zu verbrennen und die Asche in alle Winde zu zerstreuen. Ein Tod ohne Wiederkehr. Vollkommen zerstört. Stattdessen sollte das Bild der vergessenen Helden, auf dem man Snape in der Mitte stehen sah, die Haare leicht zurückgeweht, mit seinen typischen Roben, den Zauberstab gezogen, die Augen entschlossen leuchtend. Nun würden die Richtigen Ehrung erfahren. Selbst Tom war auf dem Bild zu erkennen, wenn man wusste, wonach man suchen musste.
 

„Nun, alter Mann, nicht mehr lange, dann wird deine Seele dahin geschickt werden, wo sie in ihrer Verdorbenheit hingehört, dann wird dir das hier wie ein Entspannungsurlaub vorkommen! Du wirst leiden! Du wirst in alle Ewigkeit büßen und auch der Tod soll dir niemals Frieden bringen! Nicht zu vergessen, dass du immer wissen wirst, dass dein Name den Menschen nichts bedeutet. Tom Riddle wird bekannt sein, Harry Potter ein Held, Severus Snape ein verehrter Mann, aber du… du wirst untergehen, mit einer Erwähnung als dunkler, böser Mann, der es zu drei großen Kriegen kommen ließ, nur um der Macht willen.“
 

Luna lachte, als das Gefäß heftiger geschüttelt wurde, doch selbst, wenn es fiel konnte es nicht brechen. Es stand sicher und diese Seele würde nicht mehr entkommen.
 

„Aber keine Sorge, du Schwein“, lächelte sie weiter, sprach mit süßlicher Stimme. „Bald wirst du Gesellschaft bekommen. Molly Weasley, Ron Weasley, irgendwann sicher auch Ginny. Und damit sind die Letzten weg vom Fenster, die nach deinen kranken Regeln gespielt haben. Und jeden Tag werdet ihr von den Seelen, deren Tod ihr verschuldet habt, gequält werden, ohne Aussicht auf ein Morgen…“
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

„Es ist also getan?“, fragte Evan leise, als er seinen Mann aus dem Kamin treten sah, ein kaltes Lächeln im Gesicht, das er das letzte Mal gesehen hatte, als sie sich in Hogwarts einmal begegnet waren. Heute war der Tag gewesen, wo der Alte endlich aus der Ehrenhalle geflogen war und wo offiziell begonnen worden war, stattdessen Sev und die Anderen, die ihm wirklich geholfen hatten, zu ehren. Dafür hatte Evan sogar, nach langem Zögern, eine Garnitur der Lehrroben seines ehemals väterlichen Freundes abgegeben, die in einer Vitrine ausgestellt werden sollten, zusammen mit einem Buch über Tränke, die der Mann über die Zeit in Hogwarts entwickelt oder verbessert hatte und andere persönliche Stücke. Er selbst hatte nicht mitgehen wollen, denn so sehr Evan Dumbledore zu hassen gelernt hatte, er hatte nicht zusehen wollen, wie Andere sich an dem Anblick von Zerstörung erfreuten.
 

Zu sehr hätte ihn das an den Tag erinnert, als er nach Azkaban abgeführt worden war. Als die gesichtslose Masse auf ihn eingeschrien und ihn einen Mörder genannt hatte. Noch heute schauderte er beim puren Gedanken daran, wobei es besser geworden war, seit er das Bild der gesichtslosen Masse gemalt hatte.
 

Oh, lang war er am Überlegen gewesen, ob er diese Gemälde, Skizzen und Zeichnungen von Dingen, die er nicht mal hatte Lucius erzählen können, zeigen sollte, doch der Blonde hatte ihn dann beim Malen des Bildes überrascht, wo er sich selbst in der eisigen Zelle gezeichnet hatte, in der es immer Winter gewesen zu sein schien. Sein Mann hatte damals nichts gesagt, ihn nur fest umarmt und gesagt, dass er immer da sein würde. Erst dann hatte er den Anderen den Rest der dunklen Bilder gezeigt. Und er hatte Komplimente über die Ausdruckskraft seiner Werke bekommen, ohne, dass Lucius nachgebohrt hätte. Weswegen er seinen Mann noch mehr liebte. Der Blonde hatte einfach nur verstanden.
 

„Ja“, nickte Lucius. Er trat zu seinem Mann, der im Empfangsraum auf ihn gewartet hatte, zog ihn an sich und küsste ihn sanft. „Der Alte ist weg, all seine Erwähnungen und Statuen zerstört, seine Artefakte vernichtet, sein Zauberstab gebrochen und verbrannt. Er wird kein Held mehr sein, sondern ein namenloser Kriegstreiber, der nur nach Macht gegiert hat. Sev wird aber eine Statue bekommen und sein Name ist wieder rein.“
 

Evan lehnte sich an die Brust des Älteren. „Nur, dass es ihm nichts mehr nutzt“, stellte er leise fest. „Aber wenigstens ist er weg“, stellte er erleichtert fest, froh, nicht bei der Zerstörung dabei gewesen zu sein.
 

„Sev hat ein neues Leben“, erinnerte Lucius. „Und jetzt gilt er als Verwandter einer Kriegslegende. Es wird ihm helfen, auf die eine oder andere Weise, das versichere ich.“
 

„Du hast Recht - wie immer“, lächelte Evan einfach nur.
 

Lucius beschränkte sich darauf, den Jüngeren zu küssen, strich ein paar Mal über dessen Wange. „Sie wollen auch eine Stele für Harry Potter errichten.“
 

Kurz zuckte Evan zusammen, schloss dann die Augen. „Wofür?“, fragte er tonlos. „Das, was ich getan habe, war einen armen Jungen zu töten, der in den Wahnsinn getrieben worden ist. Ich will lieber verschwunden bleiben.“
 

„Das kannst du doch“, lächelte Lucius. „Niemand weiß, wer du bist und die Statue…“
 

„Dient nur dazu, das Gewissen von Leuten zu beruhigen, die nichts Besseres zu tun hatten, als ihren Krieg auf den Schultern eines Kindes abzuladen, das sie danach nach Azkaban geschickt haben“, antwortete Evan verbittert. Denn das alles brachte ihm seine Kindheit sicher nicht wieder. Oder irgendwas anderes. Es war nur eine unerwünschte Erinnerung.
 

Wortlos hob Lucius seinen Mann auf die Arme, brachte ihn in ihr gemeinsames Zimmer und setzte sich mit ihm aufs Bett, den Jüngeren auf seinem Schoß haltend und auch dessen neuestes Haustier erst mal nach draußen befördernd. Erst dann hob er das Kinn des Anderen an, küsste ihn leicht. „Es nimmt dich immer noch mit, nicht wahr?“, fragte Lucius leise, begann, mit den Fingern seines Gefährten zu spielen. Der hatte noch nie über Azkaban gesprochen, nur zwei Bilder gezeichnet, von denen nur eines in die Ausstellung gegangen war, das Andere hatte nicht mal er sehen dürfen.
 

Evan starrte auf die Finger, nickte dann. Er würde seinen Mann nicht belügen.
 

„Erzähl es mir“, bat Lucius ruhig. Er verstärkte die Umarmung, lächelte.
 

Eine ganze Weile sagte Evan gar nichts. Er wusste nicht, was, während seine Erinnerungen ihn wieder einholten, die er sonst immer so gekonnt verdrängte, so, dass sie ihn nur nachts einholten und das auch nur immer seltener. Doch nun kam es wieder hoch. Wie damals, als Lucius ihn gezwungen hatte, von seinem Onkel zu reden. Er wollte es einfach nicht!
 

„Evan“, sprach Lucius sanft. „Reden hilft… seit damals bist du nie wieder aus dem Schlaf gefahren und hast seinen Namen gerufen.“
 

Es stimmte. Lucius hatte Recht. In den ersten beiden Wochen nachdem er dem Anderen alles erzählt hatte, war er hochgefahren, doch danach hatte es sich gegen. Meistens dachte er noch nicht mal mehr daran. „Es… es war immer so… so kalt….“ Er schloss die Augen, dachte wieder an die erste Nacht, im Juli, als man ihn nach Azkaban gebracht hatte, gleich nachdem er Severus beerdigt hatte, noch mit den nicht geheilten Verletzungen, dünn, nachdem er fast eine Woche nichts gegessen hatte, weil Jeder Wichtigeres zu tun gehabt hatte. Evan hatte damals sogar noch die Reste der Kleidung von der Schlacht getragen, mit Blut übersät. Kleidung, die er noch ein Jahr hatte am Leib haben müssen. „Ich… meine Wunden… waren noch nicht… geschlossen, ich… hab einige davon… wohl auch… immer wieder… aufgerissen und die Wächter, sie… sie haben gespottet und gelacht, mich… geschlagen…“
 

Lucius drückte seinen Ehemann sanft. Oh, er wusste, wie die wenigen in Azkaban stationierten Auroren drauf waren, auch bei ihm hatten sie es versucht, nur hatte er früh gelernt, keine Schwäche zu zeigen und er war schnell wieder raus gekommen, alle drei Mal, dank der Familie, die er gehabt hatte. Er hatte nie fürchten müssen, sein Leben dort zu beenden und sein Vater hatte dafür gesorgt, dass Jaden jeden Tag gekommen war, mit Schokolade gegen die Dementoren und Tränken wegen der wenigen Kratzer, die er am Tag der Schlacht davongetragen hatte. Er wiegte Evan hin und her, bis der sich wohl wieder etwas gefasst zu haben schien.
 

„Sie… haben mir die… die Dementoren regelrecht... auf den… Hals gejagt“, flüsterte Evan schließlich. „Es… war so kalt, die… die ganze Zeit und… immer …. Immer wieder habe ich sie sterben… sterben sehen. Erst meine… Mutter, dann meine Freunde… dann Sev. Immer und immer wieder! Ich… ich hab mir selbst… den Kopf gegen… die Wand geschlagen, damit… das aufhört, aber es ging immer weiter!“
 

Kurz musste Lucius die Fäuste ballen. So? So war das also. Nun, da war wohl noch ein kleiner Rachefeldzug fällig. Und er würde auch den durchziehen, so einfach war es. Und zumindest erklärte das mit dem Kopf gegen die Wand einen Teil der Verletzungen seines Gefährten im Schädelbereich. Auch, wenn die ihm gar nicht gefiel.
 

Evan merkte nur am Rande, dass Lucius noch da war, während er meinte, die Kälte wieder spüren zu können. „Man… manchmal haben… sie mich geholt, um… um mich… zu schlagen und… mir weh zu tun… sie… haben nie aufgehört, sie… haben immer weiter gemacht…“, er sah die Leute wieder, mit ihren Stöcken, er auf dem Boden ihrer Kammer, eisig kalt, übergossen mit Wasser, während weitere Schläge, zusammen mit beißendem Spott, auf ihn herabregneten. „Es ging… immer so weiter, ich… wusste nicht mehr… ob es Tag oder Nacht war“, redete er immer weiter. „Ich… wollte nur noch sterben, unbedingt, aber... ich wurde einfach immer wieder gesund! Ob… ob ich wollte oder nicht! Ich… hab wieder von den Toten geträumt…“
 

Lucius konnte nichts sagen, er war zu sauer. Ja, Azkaban war ein schrecklicher Ort, doch Niemandem wurden die Dementoren derart auf den Hals gehetzt und ganz sicher war es Auroren nicht erlaubt, Insassen zu schlagen! Er hielt seinen Mann, strich ihm immer wieder über die Seiten. Kein Wunder, dass es so lange gedauert hatte, bis er den Jüngeren vom Leben hatte überzeugen können. „Ab jetzt nicht mehr“, sprach er ruhig, drückte den Kopf seines Mannes näher an seine Brust. Evan hatte ihm mal gesagt, dass sein Herzschlag ihn beruhigen würde. Und es wirkte tatsächlich. Der Grünäugige beruhigte sich. „Ist all das nicht ein Grund mehr für eine Erwähnung?“, fragte er schließlich leise. „Eine Ermahnung, dass Menschen denken sollen, bevor sie handeln und wieder Jemandem so weh tun, wie sie es bei dir getan haben?“
 

„Sie würden nichts daraus lernen“, gab Evan tonlos zurück, ohne sich selbst dazu bringen zu können, das Heulen aufzuhören. „Sie würden dem Nächsten, der in irgendwelchen… angeblichen Prophezeiungen ausgewählt wurde… dasselbe antun…“
 

„Nicht, wenn die Verantwortlichen aus der Sache gelernt haben“, konterte Lucius. „Nicht, solange ich und meine Familie Einfluss haben werden.“ Er strich sanft die Tränen weg, küsste den Jüngeren auf die Stirn. „Und dir wird nie wieder jemand etwas tun, das verspreche ich. Ich achte auf dich und auf Sev, wie ich immer auf Draco geachtet habe…“
 

Evan brachte kein Wort heraus, konnte und wollte seine Zweifel nicht laut aussprechen, die ihm wie Verrat an dem Mann vorkamen, den er so liebte. So sehr der Blonde es auch versuchte, er konnte nicht immer da sein, das hatte die Zeit ja schon deutlich gezeigt. Doch die Wärme seines Geliebten gab ihm trotzdem ungewohnte Sicherheit und Ruhe und auch wenn er sich jetzt sehr erschöpft fühlte, körperlich wie emotional, ging es ihm nun doch besser und vielleicht würde er Luc nun auch das zweite Bild zeigen, indem er auf dem Boden der Kammer lag und getreten wurde.
 

Erleichtert stellte Lucius fest, dass sein Geliebter wieder ruhiger wurde, aufhörte zu weinen und einfach nur an seiner Brust lag. Er wusste, diese Nacht würde wieder schwer werden, aber anschließend kam immer die Besserung. Eine Woche vielleicht, in der sein Mann dauernd zeichnen und malen würde, dunkle Bilder voller Angst, aber danach würden die Träume besser werden und dann verschwinden.
 

Er war auch wenig überrascht, als Evan schließlich einschlief. Vorsichtig legte er den Jüngeren aufs Bett, sah auf und stockte, als er Draco sah, der in der Tür stand. Er deckte seinen Mann zu, stand auf und drängte seinen Sohn aus dem Raum. „Was?“, fragte er, gezwungen ruhig.
 

„Was war denn bei euch los?“, fragte Draco, nicht wissend, ob er schockiert oder irritiert war. „Warum hat er geheult wie ein Schlosshund?“
 

„Draco, warum bist du hierhergekommen?“, fragte Lucius erneut.
 

„Ich.. nichts Großes, ich wollte nur fragen, ob ihr nachher mit uns noch was trinken wollt. Also, was zum Henker war da los und was hast du nun vor, zu tun? Ich meine, nicht, dass die Sache mit dem Muggel nicht unterhaltsam gewesen wäre, aber auf was muss ich mich einstellen und muss ich Onkel Orion einschalten?“ Das war so was wie ihr Anwalt der Familie, der Dad ja auch schon zwei Mal aus Azkaban geholt hatte, ohne größere Probleme.
 

„Ja, ich werde ihn in dem Fall selbst einschalten“, erklärte Lucius kalt. Er schloss die Augen, verließ hastig den Raum und schlug dann mit der Faust gegen die Wand. „Diese Schweine haben ihn in Azkaban geschlagen und ihn dahin gebracht, bevor er geheilt worden ist! Sie… sie haben..!! Er war doch gerade mal siebzehn zu dem Zeitpunkt und…!“
 

„Gut, du hast also erfahren, was er da für Probleme hatte“, stellte Draco fest. „Aber wie hast du ihn dazu gebracht, das überhaupt zu erzählen?“
 

„Es ging um die Statue, die die Leute von Harry Potter aufrichten wollten, immerhin halten sie ihn alle für tot.“
 

„Ist nicht die falscheste Einstellung“, konterte Draco. „Harry Potter is tot. Das da is Evan Snape Malfoy. Diese Leute haben Harry umgebracht. Also würde ich das auch dazu schreiben, wenn ihr die Ausstellung macht. Dass er sich vermutlich selbst umgebracht hat, wegen der Folgen von Azkaban. Hat er ja auch fast, wenn es nach Gred und Forge geht.“
 

„Vielleicht“, murmelte Lucius. „Vielleicht bringt sie das zum Nachdenken“, stimmte er zu.
 

„Übrigens – möchtest du dich etwas amüsieren.“
 

„Und was sollte mich aufhalten?“, fragte Lucius ruhig.
 

„Nun, Graham mit rosa Schleifen im Haar und mit Kleid. Jede Hose, die er anzieht, wir zu einem Kleid.“
 

Das brachte Lucius tatsächlich zum Grinsen. „Severus“, war das Einzige, was er sagte.
 

„Zusammen mit einem Weasleyprodukt“, stimmte Draco zu, der nicht anders konnte, als auch zu grinsen. Ja, der Junge hatte es in sich, eindeutig ein Slytherin, weit mehr als sein eigener Sohn. „Aber Niemand kann ihm was nachweisen“, fügte er an.
 

„Ein würdiger Slytherin eben“, gab Lucius nur zurück, lehnte sich an die Wand. Einige Dinge würden sich nie ändern und schon in seiner ersten Schulzeit hatte Severus sich für die Streiche der Rumtreiber herzlichst bedankt. Nett war eben nie ein Wort gewesen, mit dem er seinen Freund beschrieben hätte. Im Gegenteil Der Junge hatte es faustdick hinter den Ohren, gehabt und immer noch. Und er ließe es an den Richtigen aus. Jeder wusste es, doch Niemand konnte es dem Jungen nachweisen. Außerdem hatte Graham das nicht besser verdient!!
 

„Also, kommt ihr nachher?“
 

Lucius blickte auf die Tür, schloss kurz die Augen, schüttelte dann den Kopf. „Ich glaube eher nicht. Evan ist am Ende und ich möchte bei ihm bleiben. Morgen gern. Da sind auch nicht so viele Termine. Nur ein paar Künstler.“
 

„Dad, pass auf. Lass Niemanden eine Statue von Potter machen, der nur den Helden zeigt. Sie sollen zeigen, wer er wirklich war. Den Jungen, auf dessen Schultern sie ihren Krieg abgeladen haben. Nicht den Helden mit den Muskeln, die er bis heut nicht hat.“
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

„Mom“, flüsterte Ginny, getroffen bis ins Mark, nachdem sie die Zeitung hatte sinken lassen. Sie konnte das nicht fassen. Wie konnten Menschen einen weisen Mann wie Albus Dumbledore bitteschön so darstellen? Als einen Verbrecher?! Das ging doch nicht! Der Mann war für sie immer wie der Großvater gewesen, den sie nie gehabt hatte. Sanft und lieb und voller Versprechen, die er jetzt hatte erfüllen wollen! Sie zu einer wahren Lady, zu einer Prinzessin zu machen, ihr geben, was ihr zustand, für all die Arbeit, die sie geleistet hatte.
 

Nun musste sie stattdessen in der Zeitung diese unglaublich bösen, falschen Dinge lesen, die vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen worden waren! Ja, natürlich hatte auch Albus Dumbledore töten müssen, wieder und wieder, doch er hatte nur die Bösen umgebracht, die es gewagt hatten, sich ihnen in den Weg zu stellen! Nicht ein Unschuldiger hatte sein Leben lassen müssen! Und immerhin hatte ja auch Potter gemordet – mehr als einmal! Er war nicht der leidende Held, zu dem Xeno Lovegood ihn hier gemacht hatte! Das war Betrug! Einbildung! Dummheit! Aber wer hörte schon auf die Vernunft?! Die schien niemanden mehr zu interessieren. „Sie… sie schreiben gemeine Dinge über Großvater…“
 

Molly sagte nichts, sie hatte den schlimmsten Teil sogar schon verschwinden lassen, sie hatte es gewusst, doch da auch ihr großes Vorbild sich immer so geschämt hatte, wollte sie dieses Wissen nicht an Ginny weitergeben. Ja, Albus hatte eine Beziehung mit Grindelwald gehabt, um an diesen heranzukommen, wo andere vor ihm so jämmerlich gescheitert waren. Er hatte getan, was er am meisten hasste, um die Welt von einem dunklen Mann zu befreien. Und ja, im Rahmen von einer Züchtigung hatte er sich wohl ein, zwei Mal an Tom Riddle vergangen, aber nur, weil er dessen rabenschwarze Seele erkannt und gehofft hatte, ihn so retten zu können! Er hatte keine Männer geliebt! Im Gegenteil! Er hatte unter Schmerz und Trauer auf eine eigene Familie verzichtet, um die nicht in Gefahr zu bringen!
 

Dazu kam, dass man nun ein Denkmal für den verschwundenen Potterbengel aufstellen wollte, mitten im Ministerium, neben Severus Snape! Das Schwein, dass ihrem Sohn einen Job unmöglich gemacht hatte! Diese beiden Widerlinge sollten in der Erinnerung der Menschen bleiben, während Albus‘ Leiche vor zwei Tagen unter Spott und an einem Esel festgebunden über ein Dornenfeld gezogen worden war! Man hatte ihm Gliedmaßen abgehackt und sie verbrannt, sie hatten den alten, weisen Mann geschändet, ohne Pardon, dabei hatte der so vielen von ihnen geholfen!
 

Nach dem Spektakel war Molly über den Platz gegangen, in Hoffnung, noch eine Reliquie zu finden, doch da war nichts mehr gewesen, nicht mal Blut oder so etwas, man hatte den weisesten Mann nach Merlin untergehen lassen und wollte einen feigen, mörderischen Teenager, der nicht mal ihre Tochter geheiratet hatte, am einflussreichsten Ort der Zaubererwelt ehren! Das ging doch nicht! Das konnte Molly unmöglich zulassen!
 

„Ich werde das zu verhindern wissen. Potter wird kein Denkmal erhalten und Snape auch nicht! Gleichzeitig werde ich den Minister kidnappen und so Ron wieder freipressen und sie zwingen, uns nicht nur gehen zu lassen, sondern auch ein Land zu finden, das uns aufnehmen muss!!“
 

Das brachte Ginny zum lächeln. Das war zu gut! Ja, sie wollte ein Blutbad, wollte, dass alle Schmerzen haben würden! Für das, was ihre Familie in den letzten sechs Jahren hier hatte erleiden müssen! Es war schlimm genug, es nicht selbst tun zu können und obendrein fett zu sein, doch diese Entwürdigungen, die dauernd über sie geschrieben standen, das war der Abschuss von Allem! Nun, Mom würde ihr nachher ihre Erinnerungen zeigen und sie würde sich gut fühlen. „Aber… du bist nicht in Gefahr, oder?“
 

Molly machte ein abfälliges Geräusch. „Im hinteren Teil der Zeitung steht etwas von einem Ausflug der Auroren über zwei Tage, die darum nicht anwesend sein werden, das Ministerium wird voller Kinder sein, wer oder was sollte mir also gefährlich werden können?“ Nein, es war die perfekte Gelegenheit und wenn sie so darüber nachdachte, würde sie auch Malfoy zwingen, seinen Mann zu rufen, um diesen dann gleich mit zu beseitigen. Sie hatte die Ehre nicht bei dem Snape gehabt, den sie gewollt hätte, aber der Ersatz tat es genauso und nach all den widerwärtig kitschigen Bildern in der Zeitung war sie sich sicher, die Malfoys gleich noch mit bestrafen zu können. Natürlich erst, wenn sie ihren Ron wieder bei sich hatte.
 

Es war schön, mehrere Fliegen mit einer Klappe erschlagen zu können und diese Versammlung gab ihr die Möglichkeit auf ein Massaker, das diese dummen Menschen nie vergessen würden. So konnte sie Albus wenigstens irgendein Denkmal setzen. Wobei – vielleicht würden die Menschen davon aufwachen und ihm wieder eine Statue errichten. Ein wenig Blut und etwas Tod hatte schon oft Wunder gewirkt.
 

„Dumme Idioten“, stellte Ginny nur abfällig fest. „Und diese Unverschämtheit! Hier steht, dass sie Harry Potter für tot erklären und dass dessen Erbe an diesen Snape-Verbrecher übergeht, weil Potter im Testament alles Snape vermacht hat und der Kerl, der Malfoy bekommen hat, der nächste Verwandte wäre! Mommy, das geht doch nicht! Die haben unser Geld! Hier!“, sie riss ihre Kette hoch. „Hier, sieh doch! Ich bin seine Verlobte! Ich hab Anspruch auf die Sachen!!!“
 

Molly nickte, doch sie wusste, sie hatten keine Chance, denn zwischen ihnen und dem Vermögen standen zu viele Malfoys. „Ich werde mit genug Geld für ein sehr bequemes Leben zurückkommen, das verspreche ich, meine Süße. Und dann kann ich wieder Tränke brauen, die diesen Parasiten aus dir raus befördern werden und wir haben wieder unsere Ruhe. Mach dir keine Sorgen, Mommy bringt Alles wieder in Ordnung.“
 

Ginny lächelte erleichtert, ließ die Kette wieder baumeln und setzte sich auf den wackeligen Stuhl. Ihre Mutter hatte, nachdem ihr Versteck gefunden worden war, eine arme Muggelfamilie gekillt, damit der Tod nicht so auffallen wurde und sich in dem heruntergekommenen Bau eingenistet. Es war unter aller Sau, in einer schrecklichen Gegend, wo Müllgeruch einer Abfallverbrennungsanlage zu ihnen wehte, aber es war nur noch für kurze Zeit.
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

„Ich will nicht, dass du mich begleitest“, sprach Lucius leise und intensiv. „Du weißt..“
 

„Als dein Mann muss ich wohl mit dabei sein“, konterte Evan ganz ruhig, zog sich das gute Hemd über.
 

„Dafür gibt es Polysäfte“, erinnerte der blonde seinen Mann, wollte nichts mehr, als den Jüngeren ans Bett hexen.
 

„Ich bringe keinen Anderen in so eine Gefahr“, erwiderte der Grünäugige mit stummer Entschlossenheit, wandte sich um. Er wusste, sein Mann machte sich schreckliche Sorgen um ihn, immerhin hatte er nur gerade so eben ein Mal wie durch ein Wunder überlebt, doch eine innere Stimme sagte ihn, dass er da sein sollte und Luna hatte es ihm in ihrem Traum auch gesagt. Nur, wenn er bei Luc sein würde, konnte der seine wahre Macht entfesseln und so dem Spuk endlich ein Ende setzen. Wer war er, die Worte seiner Freundin, die bisher mit allem immer Recht behalten hatte, anzuzweifeln? Er würde nicht Lucius‘ Leben über seines stellen! Sanft legte er seine Hand auf Lucius‘ Wange, küsste ihn. „Heut ist ein wichtiger Tag für dich, natürlich werde ich da sein, wo ich hingehöre“, erklärte er, lächelte etwas. „Und dieses Mal weiß ich, worauf ich mich einlasse, ich bin bewaffnet mit zwei Zauberstäben und wenn ich etwas je gelernt habe, dann das Kämpfen.“
 

Lucius legte seine Hand über die des Jüngeren, schloss die Augen. Er hatte die Entschlossenheit des Jüngeren gesehen, ihm das hier auszureden würde unmöglich sein und auch, wenn er es ungern zugab, es stimmte. Evan war ein Genie auf dem Schlachtfeld und es gab Niemanden, von dem er sich lieber den Rücken decken lassen würde. Außerdem waren auch Draco, Percy, die Zwillinge und Graham da, sowie Mathew, sein Vater und Jaden. Sie waren selbst eine kleine und sehr effiziente Armee aus Kriegern, mindestens so gut wie Auroren. Nicht zu vergessen, dass er seinen Gefährten hinter sich schieben und schützen konnte, er musste sich nicht auf Graham verlassen und wusste, alle Kinder waren sicher, seine beiden Enkel, die beiden kleinen Weasleys, alle waren in Malfoy Manor. Es konnte nichts geschehen und es war sicher besser, Evan selbst mitzunehmen, als später von ihm überrascht zu werden, weil er ihm heimlich gefolgt war. „Versprich mir, vorsichtig zu sein“, bat der Blonde schließlich einfach nur leise.
 

„Immer“, gab Evan zurück, es auch genauso meinend. Immerhin hatte er selbst einen Sohn, zu dem er zurückkehren wollte und Neffen und Nichten, ein Leben, von dem er früher nicht mal zu träumen gewagt hatte! Mit Sex, mit Liebe, mit offenen Armen, wo er auch hingehen mochte. Ja, Abraxas hatte mal mit ihm geredet, nachdem er einige der Bilder gesehen hatte, Draco war ein wirklich guter Freund gewesen und auch wenn Graham sich schreckliche und unnötige Vorwürfe machte, war er Jemand, mit dem man was machen konnte. Er hatte sogar Lucius dazu bekommen, sich dem armen Mann gegenüber wieder zivilisiert zu verhalten. Zumindest, wenn er selbst dabei war.
 

Er hatte die Statuen, die heut enthüllt werden sollten, auch noch nicht gesehen, doch Lucius hatte ihm versprochen, dass man sich, Sev betreffend, an seine Skizzen gehalten hatte und auch gegen die Harry-Potter-Statue, die er immer noch nicht wollte, sei nichts einzuwenden. Es wäre eher eine Mahnung, nicht eine übermäßige Verehrung.
 

Lucius hatte sogar durchgesetzt, dass er eigentlich als tot erklärt wurde, Harry Potter gab es nicht mehr. Da war nur noch er, Evan Snape und eigentlich… stimmte das sogar. Er war neu geboren worden, als Luc seinen Namen offiziell geändert hatte. Er hatte ein Leben bekommen, das er vorher nicht gekannt hatte. Er würde Harry Potter, den gequälten Jungen ohne Heimat und Zukunft gern tot sein lassen. Der Name bedeutete ihm nichts, sowenig wie das damit verbundene Erbe. Er verdiente nun selbst gut, mit den Bildern, die er malte. Portraits, die ein oder andere mythologische Szene. Demnächst sollte er an einem Bild mit einem mächtigen Drachen arbeiten, das mehrere Meter lang und breit werden sollte und das ihm genug Geld brachte, um Hogwarts für Sev mehrfach zu bezahlen und dazu noch alle Extras, die sein Kleiner je würde haben wollen.
 

Kurz blickte Lucius suchend in die grünen Augen, doch die strahlten heftige Ehrlichkeit und Entschlossenheit ein. Die Lebensmüdigkeit hatte sich schon lange verabschiedet, er wusste, sein Gefährte wollte nicht mehr sterben, wie ganz zu Beginn, eigentlich ja noch bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie in die Winterferien aufgebrochen waren. Er hatte einen ganz neuen Lebensmut, ging sogar inzwischen auch mal ganz gern aus, vor einigen Tagen waren sie zusammen ausgegangen, in Muggellondon, erst zu einem eleganten Essen, dann in ein Muggelkino. Sein Mann war glücklcih und Lucius würde alles tun, um das auch zu erhalten. „Also gut“, seufzte er daher, begann, das leichte Hemd zuzuknöpfen, um nicht verführt zu werden, sich so kurz vor einer Schlacht derart abzulenken. „Ich will, dass du immer entweder bei Graham oder bei mir bist. Diese Frau ist irre, aber gefährlich und stark. Ich kann dich nicht verlieren…“, er hob das Kinns eines Mannes, küsste ihn.
 

„Das wirst du nicht“, versprach Evan aus vollem Herzen, küsste seinen Blonden ausgiebig. „weder Sev noch du werdet mich verlieren.“ Damit griff er zur Weste und streifte sie drüber, ließ sich nur zu gern von seinem Mann helfen, da er es mit so feiner Kleidung noch immer nicht wirklich hatte. Dann steckte er einen der Zauberstäbe in die dafür vorgesehene Tasche seines Umhangs, den Anderen unter den Ärmel seines Oberteils und einen Dolch in die Schäfte seiner Stiefel. Wie damals bei der Schlacht. Doch dieses Mal kämpfte er nicht, weil er gezwungen war, sondern, weil er seine Familie mit allen Mitteln verteidigen wollte.
 

„Und du bist dir sicher, dass keine Zivilisten gefährdet werden können?“, fragte Evan, während er zur Tür lief.
 

„Ganz sicher. Es werden keine reingelassen, nur einige Auroren unter Polysäften, auch als Kinder getarnt und alte Kämpfer unter Chamäleonzaubern.“ Immerhin hatte er die Veranstaltung reglementiert und jeder der kam, kannte das Risiko. Für diesen Anlass waren auch Bill und Charlie wieder im Lande, sie wollten wissen, dass der Alptraum endlich vorbei sein würde.
 

Denn ihr Vater… nun, er war verschwunden, vollkommen, hatte sich vermutlich, wie sie sagten, irgendwo umgebracht, da er allein praktisch nicht lebensfähig sei und wisse, dass seine Frau ihn umbringen wolle. Sie gingen nicht davon aus, noch einen Vater zu haben und von der Mutter hatten sie sich losgesagt, sie wollten nur noch wissen, dass die Frau ihren Namen nicht noch weiter in Blut baden und ihrer gerechten Strafe zugeführt würde, ähnlich wie Ron, der mit seiner Mutter zusammen ausbaden sollte, was er getan hatte, auch, wenn das Urteill bereits feststand. Eine altmodische, aber öffentliche Hinrichtung für mehrfachen Massenmord an wehrlosen Kindern und Muggeln. Aber das hatten sie noch nicht veröffentlicht und vor Allem würden sei es Evan nicht sagen. Er sollte das blutige Schauspiel, das Lucius durchaus genießen würde, nicht sehen müssen. Sein Gefährte hatte schon zu viel Blut gesehen und der Jüngere war nicht er selbst, der nicht mal das Konzept von Rache wirklich zu begreifen schien, bedachte man, dass er Graham nicht mal ansatzweise einen Vorwurf für dessen Versagen machte und stattdessen dauernd mit ihm redete und zivilisiertes Verhalten verlangte! Auch von ihm!
 

„Gut“, nickte Evan erleichtert. Wenn alle wussten, auf was sie sich einließen, konnte nicht viel geschehen. Vielleicht würde endlich ein Ende kommen. Ein Ende des Chaos. Ein Anfang in eine wirklich neue, eine bessere Zeit, wo man nicht mehr dauernd in Angst leben würde. Er wollte, dass das alles endlich ein Ende fand, denn solang es Molly geben würde, würde auch Sev nie ein sicheres Leben führen können und auch Lucius würde nicht zur Ruhe kommen.
 

Lucius beobachtete seinen Mann dabei, wie der sich fertig anzog. Evan sah nun aus, als wäre er wirklich immer mit der Etikette der Reinblüter aufgewachsen. Elegant gekleidet, die langen Haare, wie er heut, zurückgebunden, damit die nachher nicht stören konnten und er strahlte eine ganz neue Selbstsicherheit aus.
 

Als es klopfte, ließ Lucius seinen Sohn rein, der ebenfalls kampfbereit war. Draußen wartete auch Graham – in voller Montur. Drachenlederhosen, Kampfumhang, hohe Schnürstiefel, Hemd aus Drachenschuppenfasern.
 

„Seid ihr soweit?“, fragte Draco kurz. Er musterte Evan. War klar, dass Dad ihm das mit dem Mitkommen nicht hatte ausreden können. Dem was auszureden hatte noch nie geklappt. Nun, zumindest wussten dieses Mal Alle, worauf sie sich einließen. „Wir müssen los, wenn wir rechtzeitig da sein wollen, um den Auroren zuzusehen. Die Zeremonie beginnt in einer halben Stunde.“
 

„Werden die Polysäfte lang genug halten?“
 

„Dad, ich weiß es nicht. Ich hoffe es, du weißt, dass der alte Sev nicht mehr dazu gekommen ist, die Rezeptur effizienter zu machen. Darum müssen wir uns ja beeilen.“
 

„Dann sollten wir los“, stellte Evan fest, noch bevor Lucius reagieren konnte, nahm die Hand des Älteren. „Die Kinder…?“
 

„Sind alle oben bei Jenna und Astoria“, beruhigte Draco sofort, ohne dabei zu erwähnen, dass sie die Heilerin schon mal aus Vorsicht hierher beordert hatten und das sicher nicht als Babysitterin. Seine Tante hatte es vorgezogen, dieses Mal nicht von der Arbeit weggezogen zu werden, wenn wieder Jemand verletzt werden würde und soweit er wusste, wurde sogar allen Ernstes um Grad der Verletzung bei einzelnen Personen gewettet – wobei Jenna sich weit aus dem Fenster gelehnt hatte und behauptete, was schlimmeres als eine Fleischwunde würde Evan dieses Mal nicht anbringen. Wer’s glaubte…
 

„Gut“, nickte Evan entschlossen. „Dann los. Ich will das hinter mich bringen.“ Immerhin war das im Moment das Einzige, was zwischen ihm und einem richtigen Leben stand.
 

Keiner der beiden Blonden sagte etwas, stattdessen floote Lucius mit seinem Mann, seinem Sohn und Graham in sein Büro, wo Percy bereits wartete und sie direkt in die Halle brachte, wo mehr und mehr Auroren hinter den noch abgeblendeten Fenstern ihre Tränke nahmen. Nur zwei standen an der geschlossenen Tür, wo einige weitere Auroren unter Polytrank auf Einlass warteten – und sicher Molly Weasley.
 

In der Mitte der Halle stand die neue Statue auf einem Sockel, auf Lucius‘ Anweisungen hin war keine der Figuren größer, als sie es zur Zeit der letzten Schlacht gewesen waren. Sie würden vielleicht künftig im Gedränge hier unten untergehen, aber sie würden immer wahr sein, so wie sie waren. Er nahm seine Position ein, machte ein Zeichen, woraufhin die Türen aufgingen und zwei der getarnten Auroren begannen, die Karten entgegen zu nehmen.
 

Stumm überblickte Evan die Szenerie von seinem Platz neben seinem Mann auf dem hinter der verdeckten Statue aufgebauten Podium. Die Menschen waren festlich gekleidet, da waren Kinder, von denen er wusste, dass sich unter dem Aussehen Erwachsene verbargen, alte Menschen, die vermutlich entweder ehemalige Auroren, Kämpfer oder auch unter Polysaft getarnte Angreifer waren. Und jede dieser Personen konnte auch Molly Weasley sein. Sie standen hier auf glühenden Kohlen, die ihnen jeden Moment um die Ohren fliegen konnte. Doch trotz der Anspannung, die überall herrschte, spürte Evan auch seinen Mann hinter sich, dessen Arm um seine Taille und die Ruhe, die er durch diese Geste empfand.
 

„Es geht gleich los“, merkte Lucius an, nur Sekunden, bevor ein Ton, der latent an das Klingeln einer Schulglocke erinnerte, den Saal zur Ruhe rief. Er drückte seinen Mann noch mal, hob dann den Zauberstab und sprach einen Sonorus, damit seine Stimme durch den gesamten Saal tragen würde. Er wartete noch etwas, bis die letzten Gespräche verstummten, blickte über die Anwesenden. Leider konnte er nicht sagen, wer der Leute potentiell Molly Weasley war. Im Moment richteten sich einfach nur alle Augen auf ihn.
 

Willkommen“, sprach Lucius ruhig, machte eine ausholende Bewegung. „Wir sind heute hier, um, fast sieben Jahre nach dem Krieg, endlich den wahren Helden ein Denkmal zu setzen. Nicht denen, die sich zu Göttern machen wollten, nicht den Lügnern und Idioten, nicht den arroganten Möchtegerns und denen, die vielen einredeten, weise zu sein. Nein, dieser Tag wird den wahren Helden gewidmet. Den Kindern und Jugendlichen, die bei der letzten Schlacht dabei waren und von denen so viele nicht überlebten. Luna Lovegood, Hanna Abbot, Marcus Flint um nur ein paar wenige Namen zu nennen. Die, die ohne zu zögern kämpften, obwohl der Rest der Welt den Krieg bereits auf den Schultern eines misshandelten Kindes aufgetürmt hatte, damit ein Junge vollbringen sollte, wozu sie zu feige waren. Ja, sehen wir den Tatsachen ins Auge – viele Menschen wurden feige, auch durch die vergifteten Worte von Albus Dumbledore, der immer weder behauptete, dass nur ein Kind den Mann umbringen kann, dessen Name die meisten von Ihnen nicht auszusprechen wagt – dabei war auch er ein Opfer. Ein Junge, der misshandelt und dann verrückt wurde. Misshandelt von dem ach so perfekten Albus Dumbledore. Er hat den Dunklen Lord und damit den Krieg erst ins Leben gerufen! Er ließ zu, dass der Junge, der dann ein Monster wurde, Schreckliches durchlitt, doch er hatte nicht die Stärke, die später ein weiteres Opfer hatte, Harry Potter. Er wurde verrückt und wollte nur noch den Tod bringen. Das machte einen Jungen wie die magische Welt ihn dann forderte, erst nötig.“
 

Evan hätte am liebsten geheult, als er seine eigene Geschichte ein weiteres Mal hören musste und die von Tom und Sev. Es tat so weh, sich an diese Vergangenheit zu erinnern. Die Schmerzen, die Angst, die Verständnislosigkeit, die Hilflosigkeit. Vermutlich hätte er wirklich zu heulen begonnen oder wäre weggerannt, wenn er nicht immer wieder den Arm um seine Taille spüren würde, den leichten Druck. Lucius wusste eindeutig, wie er sich gerade fühlte, wo seine Geschichte ein weiteres Mal so ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt wurde.
 

„Und das ist der Grund“, fuhr Lucius, nachdem er den Leuten erklärt hatte, wie der Krieg erst so hatte kommen können und was man Leuten wie Sev angetan hatte. Er hatte auch ausführlich ausgebreitet, wie man Harry Potter, den verletzten Jungen, nach einem Jahr Azkaban, in den Selbstmord getrieben hatte. „Das ist der Grund, warum wir uns entscheiden haben, keine Heldenstatue anfertigen zu lassen, sondern ein getreues Abbild, eines, das den Menschen klar machen soll, was sie getan haben, damit sie das nächste Mal denken, bevor sie zulassen, dass wieder ein Kind benutzt werden wird!“ Das war Lucius tatsächlich ein Anliegen und seine Rede wurde über zahlreiche Leinwände auch nach draußen übertragen, wo der Rest der Bevölkerung ohne Karte darauf wartete, nach dem feierlichen Akt, eingelassen zu werden, denn natürlich war das Bild der Kriegshelden, das Evan gemalt hatte, eines der Hauptstücke der neuen Ausstellung, sowie das ein oder andere redende Portrait. Und man wollte das Neue aus der Nähe sehen.
 

Percy stand, auf Befehl des Ministers, bei der Statue, die auch er noch nicht gesehen hatte. Er würde die Statuen gleich enthüllen, doch er wusste, dazu würde es erst mal nicht kommen, er sah, wie Bewegung hinter ihm aufkam, glitt vor die Statue, um für seine irre Mutter kein zu einfaches Ziel zu bieten, machte den Leuten ein Zeichen. Es sah irgendwie seltsam aus, als auch die eigentlich kaum fünfjährigen Kinder, die da standen, nach Zauberstäben griffen. Er machte selbst ein kurzes Zeichen, wissend, dass Lucius es sehen würde.
 

„Nie wieder soll ein Krieg uns so blind machen und kein lebender Mensch soll derart auf ein Podest gesetzt werden, wie das Schwein, dass Generationen unserer Kinder eine Gehirnwäsche verpasste und dessen Name nicht mehr sein soll, als eine kurze, lächerliche Randnotiz der Geschichte!“, sprach Lucius mit scharfer Stimme, wissend, wie das noch so einige Leute treffen würde, auch die im Aurorencorps, die sich zum Teil durchaus vor den Schlachten gedrückt hatten. Doch noch bevor er das Zeichen zur Enthüllung geben konnte, bemerkte er die Bewegung. Abrupt beendete er den Sonorus. „Zieh deinen Stab“, bat Lucius leise, er sah wie mitgenommen Evan davon war, seine eigene Geschichte noch mal hören zu müssen, doch er konnte Diesem das kaum ersparen, er hatte dem Anderen mehrfach angeboten, bei Sev zuhause zu bleiben.
 

Evan tat genau das, während sein Blick nun nervös durch die Menge glitt. Und dann sah er das Problem. Ein Mann, der sich brutal durch die Leute schubste, eine Hand ausstreckte, eines der Kinder griff – und zeitgleich einen Avada schoss, auf Percy! „Percy!“, brüllte er. „Runter!!“ Er sah, wie der Rotschopf elegant auswich, wie das ‚Kind‘ dem ‚Mann‘ einen Zauberstab unter das Kinn hielt und auch der Rest der Leute seine Stäbe auf die Frau richtete.
 

So einfach?
 

Würde es tatsächlich so einfach werden? Das war ja kaum zu glauben! Molly Weasley, enttarnt und geschnappt ohne Blutvergießen?
 

Während dieser lächerlichen, dieser beleidigenden Rede, wo Jeder, sogar der schwärzeste Zauberer aller Zeiten nur als Opfer von Albus dem Weisen dargestellt wurde, packte Molly immer mehr die Wut. Sie konnte das nicht glauben! Wie konnten diese Schweine so eine Lüge verbreiten?! Der arme Albus konnte ja so keine Ruhe finden! Man machte ihn für Alles verantwortlich, dabei waren es doch diese Idioten, die unfähig waren! Sie hatte warten wollen, wirklich, bis auch der Rest der Leute hier rein gelassen werden würde, doch nun riss ihr Geduldsfaden, und der war nach sieben Kindern wirklich lang und dick, noch bevor die sicher abstoßend hässliche Statue unter dem Tuch von ihrem eigenen Verrätersohn enthüllt werden konnte. Scheiß auf all die anderen Leute! Hier waren genug, die man killen konnte, allen voran diesen widerwärtigen Minister, diesen Todesser, der hätte verrecken sollen und der sicher geküsst worden wäre, hätte Albus den Krieg überlebt, wie es geplant gewesen war!
 

Nein! Sie wollte nicht mehr warten! Stattdessen zerrte sie ihren Zauberstab aus der Tasche, packte ein Kind und schoss ihren ersten Avada – direkt auf ihren eigenen Sohn. Und dann ging nichts mehr wie geplant, denn das Blage hielt ihr einen Zauberstab direkt unter das Kinn und sie wusste, sie war in eine Falle geraten und zwar heftigst. Doch das konnte sie nicht aufhalten. Noch bevor Irgendwer reagieren konnte, hatte sie das Blage geworfen, mitten in die Menge und begann, mit Zaubern um sich zu werfen, rief in der Menge nach Verbündeten, beschwor sie mit dem Guten, was Albus getan hatte, dass ihr Sohn, ihre Tochter und sie gekämpft hätten, während sie immer wieder mit scharfen Zaubern um sich warf.
 

Nein, so nicht! Sie musste irgendwie den Minister selbst zu fassen bekommen! Wenn sie den haben würde, konnte Niemand ihr mehr etwas tun, denn die schweinischen Menschen mochten die ja aus einem ihr nicht verständlichen Grund, und das obwohl er nicht nur widernatürlicherweise mit einem Kerl, sondern auch noch mit einem Snape rummachte!
 

So viel zum Thema, dass es einfach zu werden versprach! Evan war entsetzt! Er konnte nur zusehen, wie Lucius ohne zu zögern nach unten in das Chaos sprang, während er von Graham festgehalten wurde! „Lass mich… los, ich muss…!“
 

„Nein!“, knurrte Graham, hielt den Jüngeren entschieden fest. „Du bist noch nicht gesund! Du wirst dich nicht auspowern, indem du hier fröhlich mitmischst! Wir hatten einmal einen verzweifelten Lucius, das werden wir sicher nicht wiederholen!“
 

„Ich bin gesund und…! Nein! Nein, Lucius! Runter!!“, rief Evan entsetzt
 

„Gesund“, knurrte Graham. Gestern erst hatte Evan wieder Schwierigkeiten gehabt. Der Junge war noch lang nicht wieder auf der Höhe, aber das wollte er selbst nicht hören. Schon gar nicht jetzt. Sicher, er konnte wieder Zauber einsetzen, aber das würde ihn schnell ermüden. „Du bleibst genau hier, wo ich ein Auge auf dich haben kann, junger Mann! Ich habe keine Lust, noch mehr Ziel von den Anschlägen deines Sohnes zu werden, weil du nen Kratzer bekommst und Luc is so schon genug am Schreien!“
 

Evan wollte was sagen, doch er wusste, er hatte keine Chance, sich aus diesem unnachgiebigen Griff zu winden, der ihn sehr an Lucius erinnerte. Er konnte nichts anderes tun, als da zu stehen und zuzusehen, wie Lucius unter dem nächsten schlecht gezielten Fluch hinweg duckte. Währenddessen konnte er beobachten, wie der Polysaft bei vielen der Menschen nachließ und statt Kindern und alten Leuten Auroren da standen.
 

Verdammt! Molly wusste es, nachdem man sie das dritte Mal fast erwischt hätte. Sie wusste, sie hatte keine Chance mehr. Ihr großes Ziel und das ihres verehrten Idols würde mit ihr untergehen, denn so gern Ginny würde, sie war durch einen Bluteid gebunden und konnte nicht tun, was so dringend erforderlich war. Doch sie würde nicht gehen, ohne ein Blutbad zu veranstalten, das in die Geschichtsbücher eingehen würde! Niemals! Und sie hatte ihren Blick auf das perfekte Opfer gerichtet: Lucius Bloody Malfoy. Mit einem regelrechten Urschrei bombte sie die nächste Frau aus ihrem Weg.
 

Von oben konnte Evan nur beobachten, wie die Irre auf Lucius zusteuerte. „Graham! Wir müssen da runter! Die geht auf…!“
 

„Lucius ist dazu in der Lage, sich selbst zu verteidigen. Glaub es mir, mehr als du oder ich es je sein werden, nun, wo er dich hat, kann er auf seine wahre Stärke zugreifen. Du und ich, wir werden schön…he!!! Bist du…?!“, zu spät. Graham stöhnte leise. Er hatte den Ellenbogen des Jüngeren in den Solarplexus bekommen, den Griff gelockert. Und schon war der kleine, grünäugige Irre abgehauen. Verdammt! Der war schlimmer, als alle Malfoykinder, alle dagewesenen Kriege und ein Sack Flöhe zusammen!! Doch Graham hatte keine Wahl, mit gezogenem Zauberstab sprang auch er, als er wieder durch die Schmerzen atmen konnte, um seinen flüchtigen Schützling ein weiteres Mal einzufangen und auf eine sichere Höhe zu verfrachten.
 

Es dauerte nicht lang, bis Lucius begriff, dass die durchgeknallte Mörderin einfach nur auf ihn zuhielt, ihren Zorn und ihre Wut an ihm auslassen wollte. Doch er sah das seltsam gelassen. Er fühlte sich weit stärker, als je zuvor, mit mehr Macht in seinem Körper als früher. Er kämpfte, stieß unfähige und offensichtlich ungeübte Auroren zum Teil wütend aus dem Weg, direkt auf die Furie zu, konzentriert. Sein Ziel vor Augen. Der wabbelnde Rotschopf, deren Augen mörderisch glänzten.
 

Evan rannte. Er rannte durch die Schneise, die die Frau durch die Menschen geschlagen hatte, die auf seinen Mann zustürmte. Sie schoss gerade mehrere Zauber ab und… „Lucius!“, brüllte Evan, als er sah, dass vier der Strahlen erschreckend grün waren. Todesflüche, zu viele um auch nur ausweichen zu können. „Nein! Nein, Lucius!“, brüllte er entsetzt.
 

Wütend starrte Lucius auf die Frau, die Zauber, die nun auf ihn zuflogen: Er wusste, Evan war irgendwo oben auf der Treppe, am Podium. Er würde nicht zulassen, dass sein Gefährte ihn sterben sah! Etwas in ihm brodelte. Früher hatte ihm dieses unkontrollierte Ding in ihm Angst gemacht, doch nun wusste er einfach, dass er zulassen musste, was geschah, dass es ihn retten würde. Er spürte, wie sein Körper sich veränderte, länger wurde, sich zog. Seine Arme wurden von schneeweißen Schuppen bedeckt, er spürte, wie er auf alle Viere sackte und immer noch größer war, als alle. Er blickte auf den Rotschopf, stieß ein Geräusch aus, dass ihm statt eines Lachens entkam, als alle Zauber, selbst der Todesfluch, an ihm abprallte.
 

Doch dann erstarrte Lucius, denn er sah direkt in waldgrüne Augen. Nein! Nein, das konnte doch nicht wahr sein! Evan! Und er stand direkt in der Schusslinie der reflektierten Zauber! Das…?! Wie kam Evan hierher?! Hatte Graham schon wieder nicht aufgepasst?! Das..:! Nein! Nein, er konnte nicht…! Sein Gefährte durfte nicht…!
 

Verdattert blieb Evan stehen. Er starrte auf seinen Mann, dessen Körper sich immer weiter in die Länge zog. Lucius transformierte sich! Sein Mann wurde zu einem Drachen! Ein Drache mit unglaublich weißen Schuppen! Er blieb stehen wie gelähmt, konnte gar nicht anders, als zu starren, zusammen mit allen Anderen um ihn herum. Er sah, wie die Zauber, alle, ausnahmslos, wirkungsvoll an den schimmernden Schuppen abprallten, doch auch, als er sah, dass die nun spiegelten, konnte er sich nicht bewegen. Zu fasziniert war er von der Schönheit des Anderen.
 

Zumindest, bis auf ein Mal etwas anderes in sein Sichtfeld schoss – und von mehr als sieben Zaubern getroffen wurde. Darunter von vier Avadas. Erst das brachte Evan zurück in die Realität. Er starrte auf den Mann – und schrie. Graham! Graham hatte sich vor ihn geworfen! Graham hatte ihn geschützt – und war jetzt mausetot.
 

… doch Graham tat ein Mal, was er tun sollte. Er opferte sich. Lucius spürte, wie sein Körper, der diese Wandlung noch nie vollzogen hatte, wieder zu dem eines Menschen wurde. Er lief an der verdatterten Molly vorbei, die von ihrem eigenen Schneidezauber getroffen worden sein musste, zu seinem hysterisch schreien Mann, der nun auf den Toten am Boden starrte. Er packte den Jüngeren, drückte ihn an sich, so, dass der die Leiche nicht mehr sehen musste, während die Auroren endlich die ohnehin reglose Frau fesselten. Es war unheimlich, doch gerade als er Evan auf seine Arme hob, segelte das Tuch, dass die Statuen verhüllt hatte, lautlos zu Boden – über die Leiche seines Verwandten, gab so den Blick frei, auf eine lebensechte Statue aus Bronze mit Blattgold. Severus, der aussah, wie damals, als er gelebt hatte, mit denselben Roben für die er bekannt gewesen war, der stark gekrümmten Nase, den Zauberstab auf seine einmalige Art ausgestreckt, während er mit seiner anderen Hand Harry Potter beschützte, der an ihn gelehnt stand. Viel zu klein für siebzehn Jahre, mager, mit riesigen Augen und der Narbe. Lucius schüttelte den Kopf, er küsste seinen Mann auf die Stirn, lief weiter. Erst Evan in Sicherheit bringen, dann sich um den Rest kümmern. Bis dahin konnten Draco und die Weasleys das Kommando übernehmen.
 


 


 


 


 


 


 

„Wie viele Tote?“, fragte Draco ruhig, nachdem, drei Stunden später, endlich etwas Ruhe einkehrte. Die Statue, die auch ihn seltsam schockierte, war vorerst wieder abgedeckt worden. Sie würde ein weiteres Mal enthüllt werden, dieses Mal dann vor Leuten, die sie auch sehen wollten und nicht um als Falle zu dienen.
 

„Nun… sieben, acht mit Graham Malfoy. Dazu kommen fünfzehn schwer verletzte Auroren von denen vier noch zwischen Leben und Tod schweben, zwei davon haben keine Chance, die Nacht zu überstehen“, erklärte der Auror leise.
 

Kurz schloss Draco die Augen. Er hatte Graham fallen sehen, wie sie alle, er hatte seinen Vater bei der ersten Wandlung überhaupt gesehen. Seine Familie, sein Großvater, um es genau zu sagen, war hier gewesen, und den Körper seines Großonkels mitgenommen, um ihn in der Kapelle der Malfoys aufzubahren, damit der dann, nach der entsprechenden Zeit, im Mausoleum im Garten beigesetzt werden konnte. „Haben die Familien die Körper bereits erhalten?“
 

„Einige werden noch geholt.“
 

„Gut. Seht zu, dass es wieder sauber wird und ich hoffe, die Irre lebt noch. Wir wollten schließlich keine Märtyrerin.“
 

„Sie ist auf dem Weg nach Azkaban und auch, wenn ich mich aus dem Fenster lehne, so denke ich doch, sie hatte ein paar gebrochene Knochen mehr, als während der Schlacht. Aber sie muss weder laufen noch etwas anfassen“, fügte der Mann kalt an.
 

Draco schüttelte den Kopf. „Heilt sie. Das hier wird ordentlich durchgezogen.“ Dann wandte er sich Percy zu, gab diesem einige Papiere. Der Tag würde noch lang werden, vor Allem, da sein Vater mit seinem, vollkommen unter Schock stehenden, Mann zurück nach Haus gegangen war.
 


 


 


 


 


 


 


 


 

„Schh…“, murmelte Lucius immer wieder, strich über die Haare seines verzweifelt weinenden Mannes, der es wohl nicht verkraftet hatte, dass Jemand sich vor ihn warf, um einen Zauber abzufangen, wo doch in der Regel er es war, der sich vor Andere zu schieben pflegte. Seit der Jüngere, dank eines Beruhigungstranks von Jenna, wieder aus dem Schock gekommen war, tat er nichts anderes, als sich die Seele aus dem Leib zu weinen.
 

„W…w…wegen mir…!“, brachte Evan irgendwie raus, sah wieder Graham, der zwischen ihn und die gespiegelten Zauber gehechtet war. Er verstand nicht, wie Lucius das so ruhig hinnehmen konnte! Er fühlte sich schon wieder wie ein Mörder! Nur, weil er sich nicht hatte rühren können, zu gebannt von dem Anblick vor ihm, war ein Mensch gestorben, dabei hatten die Anderen Recht gehabt! Lucius konnte auf sich selbst aufpassen, weit besser, als das auf ihn zutraf!
 

„Nein, nicht wegen dir. Was Graham getan hat, hat er aus Überzeugung getan“, erinnerte Lucius ruhig. „Er wollte dich schützen. Er war immer ein Krieger, vergiss das nicht. Er hat den Frieden nie verstanden und ich weiß, sein Tod war wie er es immer gewollt hat. In einer Schlacht, während er Jemanden beschützen konnte, den er mochte. Außerdem war er auch schon recht betagt. Er hat seinen Frieden gefunden und er wird das Begräbnis eines Kriegers bekommen…“ Damit hatte Graham sich seinen Rang auch in Lucius‘ Augen wieder verdient. Der Mann hatte Evan beschützt, wo er es nicht gekonnt hatte. Denn Lucius hätte dessen Tod oder auch nur eine neuerliche, schwerere Verletzung nicht verkraftet. Es war schlimm genug, dass einige Schilde, die Evan gesprochen hatten, seinen magischen Haushalt wieder angegriffen hatten. Was er merkte, weil Evan nicht nur weinte, sondern auch gegen das Einschlafen kämpfte.
 

„Ich…!“
 

„Du hast ein Bild von ihm gemalt, rede mit ihm, er wird dir sagen, was ich dir auch gesagt habe“, erinnerte Lucius ruhig. „Das Letzte was er wollen würde, sind deine Tränen. Das weißt du auch ganz genau.“
 

Ja, Evan wusste, dass das stimmte, da hatte er wenig Zweifel. Und so schlimm Grahams Tod war, der Andere hatte ihm auch mal erzählt, dass er vom Tod eines Kriegers im Namen seiner Familie träumte und dass er sich, seit dem Tod seiner Geliebten, einsam fühlte. Dass er den Übergang nicht fürchtete und wusste, dass sie auf ihn wartete, seit über fünfzig Jahren, denn er war nicht mal dazu gekommen, die Frau, die er liebte, zu heiraten. Vermutlich hatte er sich darum in jeden Krieg gestürzt. Aber Grahams Tod hatte ihn auch wieder zurückgesetzt, in die letzte Schlacht, wo auch rechts und links um ihn gestorben worden war. „So viel Tod…“
 

Ah, daher wehte der Wind, Evan regte sich nicht nur wegen Graham auf, er hatte vermutlich auch einen Flashback gehabt. Nicht verwunderlich, zeitweise war die Situation mindestens so chaotisch gewesen, wie mitten in der Schlacht. „Es ist gut“, murmelte Lucius ins Haar seines Mannes. „Es wird alles wieder gut, jetzt ist da draußen keine Gefahr mehr. Sev wird eine gute und sichere Kindheit haben und du ein gutes Leben – ohne Angst, wenn du mal rausgehen möchtest.“
 

„Wie… hältst du … es nur mit… mir aus?“, fragte Evan schließlich leise. „Dauernd läuft wegen mir was schief… und…“
 

„Ich liebe dich“, gab Lucius einfach zurück. „Und würde alles glatt laufen, wäre das Leben sehr, sehr langweilig.“ Er legte den Jüngeren auf ihr Bett, zog ihm die Schuhe von den Füßen und half ihm aus den Klamotten, bis er nur noch Boxer trug, deckte ihn dann zu. „Versuch, zu schlafen, du bist vollkommen erschöpft. Morgen wird Niemand mehr Sev von seinem Kontrollgang zu dir abhalten können und du willst dann sicher nicht verweint aussehen.“
 

Evan wollte nicht schlafen! Das hatte er gar nicht verdient und er würde doch nur wieder Alpträume haben! Doch wie so oft konnte er der hypnotisch wirkenden Stimme nichts entgegensetzen. Er spürte, wie der Ältere ihn küsste, eine Hand strich über seine Augen, dann merkte er, wie er immer weiter abdriftete.
 

Erleichtert, Evan endlich zur Ruhe gebracht zu haben, wenn auch zweifellos nur bis zum ersten Alptraum, stand Lucius auf, öffnete die Tür und lief zum nächsten Salon, nicht willens, zu weit von seinem Mann weg zu sein, wissend, dass die Träume jederzeit beginnen konnten. Doch er musste auch niemanden suchen, sie waren alle hier versammelt, Jemand hatte Grahams Bild hierher geholt und tatsächlich war der Beste nur am Schwätzen. Toll, dieses Gemälde würde irgendwo hin verschwinden! Das nahm Lucius sich schon mal als erstes vor.
 

„Wie geht es deinem Mann?“, fragte Abraxas ruhig, abgelenkt von Graham, der seinen Blick nun auch dem Langhaarigen zuwandte.
 

Lucius zuckte mit den Schultern. „Mit den Nerven am Ende. Es lief wohl zu ähnlich. Es muss für ihn gewesen sein, wie in der letzten Schlacht“, erklärte er. „Ich werde auch nicht lange bleiben. Er wird nachher Alpträume haben. Wo sind die Kinder?“
 

„Bedenkt man die Uhrzeit, im Bett“, gab Astoria ruhig zurück, die nur ihre kleine Tochter noch auf dem Arm hatte. „Sie haben eine Weile gebraucht, um sich zu beruhigen, aber sie schlafen. Auch Sev, wenn das die nächste Frage sein sollte.“
 

Lucius nickte. Er würde nachher, auf dem Rückweg noch bei seinem Sohn vorbei sehen. „Der Körper?“
 

„Aufgebahrt. Morgen kommt dein Großvater, er wird die Zeremonien vorbereiten, kann ja mit Graham selbst absprechen, was er gern hätte“, antwortete Abraxas, der feststellte, dass Lucius noch immer die Roben trug, die er im Ministerium angehabt hatte. „Wir haben alle gehört, du hättest die Gestalt gewechselt?“
 

„Ich hätte sonst nicht überlebt“, gab Lucius ruhig zurück. Wobei er sich das vermutlich zwei Mal überlegt hätte, hätte er da schon gewusst, dass seine Schuppen die Zauber spiegelten, statt sie einfach aufzulösen. Dann hätte er Evan nicht erst in diese Gefahr gebracht.
 

„Soll eindrucksvoll gewesen sein…“
 

„Großvater, es war der Wahnsinn! Ich garantier dir, gegen ihn war ein Hornschwanz ein Baby! Alle, wirklich alle konnten sich nicht mehr rühren und haben gestarrt!“, rief Draco dazwischen, aufgeregt wie ein kleiner Junge.
 

Mit hochgezogenen Augenbrauen beobachtete Lucius seinen Sohn. Interessant. „Nun, es war nützlich und die Presse wird es morgen auszuschlachten wissen“, stellte er nur fest. „Wann kommt der Rest der Familie?“
 

„In den nächsten beiden Tagen“, antwortete nun Jenna. „Der Prozess?“
 

„Wird vermutlich morgen mit der Befragung beginnen“, warf nun Percy ein, der sich an seinem Glas Wein festhielt und unglücklich wirkte. Vermutlich war nun erst eingesunken, was für ein Schaden seine Familie angerichtet hatte. „Außerdem haben die Auroren Ginny vor einigen Stunden wieder eingefangen und zurückgebracht. Sie hat zum Glück nur eine Dosis von dem Trank nehmen können, das Kind wird einen Monat zu früh kommen, aber wohl keinen Schaden davontragen. Die Familie wünscht sich noch drei Kinder, danach liegt es bei uns, über ihr Leben zu entscheiden und eine weitere Unterkunft zu finden. Sie ist ja schon verurteilt.“
 

Lucius nickte zufrieden. Das war klar. Die Frau hatte ja nicht töten können, weder andere noch das in ihr wachsende Kind. Sie würde den Rest ihres elendigen Lebens als Brutkasten oder eben als Insassin von Azkaban verbringen. Ron und Molly Weasley dagegen würden vermutlich ihr Leben verlieren. Auf grausame Weise. Und er hatte nicht vor, das zu verhindern, ganz im Gegenteil. Es war nötig, viele Menschen hatten erneut Angehörige verloren und wollten Rache. „Sonst noch etwas, das ich wissen sollte?“
 

Alle Anwesenden schüttelten den Kopf, zu seinem Erstaunen auch Grahams Bild.
 

„Sollte etwas sein, würden wir dich holen“, gab Draco zurück. „Und jetzt tu uns einen Gefallen und geh zurück zu deinem Mann, das ist ohnehin der einzige Ort, wo du sein willst.“
 

Das ließ Lucius sich nicht zweimal sagen. Er nickte den Anderen zu und lief zurück, machte aber bei Sev Halt und sah in dessen Zimmer, lautlos. Und wenig überrascht, dass er, wenn auch nur schwach, Licht sah. Evan hatte den Kindern mal Taschenlampen mitgebracht, das sei ungefährlicher, als wenn sie sich heimlich Zauberstäbe klauen würden, wenn sie nachts noch lesen wollten. Etwas, das aber nur sein Sohn tat, die Anderen nutzten die Lichtquelle gar nicht oder nur, um den Weg zum Spielzimmer zu finden, wo die Erwachsenen doch dank des Lärmes auf sie aufmerksam wurden.
 

Lautlos schlich er zum Bett, setzte sich auf die Matratze und beobachtete amüsiert, wie der kleine Sev erwischt und erschrocken auffuhr – zumindest, bis er dessen Tränchen sah. Und sein Tagebuch, ein Geschenk von Evan. Die Finger waren um einen Bleistift verkrampft. Die Buchstaben schienen undeutlich, zeigten bereits dieselbe Geheimschrift, die sein Kleiner auch als Erwachsener benutzt und die bis heut Niemand geknackt hatte. „Sev, was hast du?“, fragte er leise, strich die Tränen von der Wange.
 

„Ich… hab Graham immer… geärgert...“, flüsterte Severus. „Und… jetzt… isser…“
 

„Sev, er ist nicht tot, weil die Jungs und du ihm Scherzartikel ins Essen gestreut habt“, erinnerte Lucius seinen Sohn, nahm ihm Stift, Buch und Lampe ab, überlegte kurz und gab Sev die Lampe zurück. „Er hat Daddy beschützt und sonst gar nichts.“ Er strich durch die schwarzen Haare. „Manchmal tun Menschen etwas und es ist das, was sie wollten: Graham ist als der Krieger gestorben, der er immer sein wollte. Für etwas. Das hat er getan. Er ist für den Frieden gestorben.“
 

Sev blickte auf seinen Papa. „Was… is mit Daddy?“, fragte er leise.
 

„Er schläft“, erklärte Lucius, lächelte etwas. „Und ihm ist nichts passiert. Gar nichts. Morgen machen wir was zusammen, nur wir drei“, versprach er schließlich. „Wie hört sich das an?“
 

„Versprochen?“, fragte Sev leise. Denn gemeinsame Ausflüge waren sehr, sehr selten. Papa war dauernd am arbeiten.
 

„Fest versprochen. Ich dachte, vielleicht gehen wir in einen Vergnügungspark oder so was. Du kannst Graham morgen Früh fragen, ich wette, er findet das gut. Keine Tränen mehr, ja?“, denn davon hatte Lucius heut wahrlich schon genug gehabt. „Du legst dich jetzt hin und schläfst.“
 

Sev nickte, er kuschelte sich in die Kissen, ließ sich zudecken und war froh, als Papa ihn sogar küsste. Es war toll, eine Familie zu haben, die da war. Tante Astoria hatte ihn auch ganz lieb ins Bett gebracht, Onkel Draco hatte immer ein liebes Wort und Daddy war sowieso der Beste. Dazu noch Moma, die vom Bild aus mit ihm redete.
 

Lucius blieb bei seinem Sohn, bis der Kleine schließlich weggedöst war, eine Hand noch immer um die Taschenlampe. Erst dann stand er auf, sich für eine sicher unruhige Nacht wappnend und doch wissend, dass nun nicht mehr wirklich etwas Schlimmes geschehen konnte. Nun, vermutlich würde in einigen Stunden noch Jemand zu ihnen kriechen. Das hier war eine Nacht, die schon regelrecht Alpträume versprach.
 

Der Blonde strich noch mal über den kleinen Kopf, stand dann auf und lief zurück zu seinem Mann, der bereits wieder begann, unruhig zu werden. Mit einem kurzen Zauber ließ er seine Kleidung verschwinden, glitt zwischen die Laken und zog den Jüngeren an sich, der sich erst mal wieder beruhigte. Was nichts daran änderte, dass Evan ihn ein Mal aufweckte und das zweite Mal wurden sie beide geweckt, als ihr verweinter Sohn in der Tür auftauchte und dann zwischen sie kroch, um hier zu schlafen.
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Evan wusste nicht, wie spät es war, als er erneut aufwachte. Es war bereits hell und dieses Mal war er zumindest wach geworden, bevor der Alptraum richtig einsetzen konnte. Er hatte in der Nacht mindestens einen gehabt, war dann, kurz vor Beginn eines zweiten aufgewacht, weil die Decke sich bewegt hatte und was Kaltes sich an ihn gedrückt hatte. Sev, der verweint gewesen war, die Taschenlampe noch umklammert. Er hatte sie an Lucius weitergegeben, den Kleinen in die Arme genommen und war dann wieder eingeschlafen. Und auch jetzt war das Schicksal gnädig genug, ihn zu wecken, bevor er begann, um sich zu schlagen und wohl möglich Sev dabei zu verletzen. Was das Letzte war, was er wollte.
 

Lange, starke Arme lagen um ihn, also war auch Lucius noch da. Hieß das, es war noch nicht so spät? Vermutlich. Er drückte kurz das schlafende Kind, das etwas grummelte, um dann friedlich weiter zu schlafen, wandte seinen Kopf – und sah direkt in graublaue Augen, die ihn ruhig ansahen. Ein Finger strich nun über seine Wange. Er konnte gar nicht anders, als zu lächeln. „Morgen“, flüsterte er, genoss den leichten Kuss. Es war nicht so, als würde Evan sich übermäßig gut fühlen, doch die Last, unter der er vorher zusammengebrochen war, schien von seinen Schultern genommen worden zu sein. Grahams Tod lastete weiterhin auf ihm, aber nicht wie ein Gewicht, dass ihn auf den Meeresboden zu zerren versuchte.
 

„Morgen“, lächelte Lucius. Er war schon seit einigen Minuten wach, hatte seinen Mann und Sohn beobachtet, wie sie da lagen, Evan bereits am Aufwachen, Sev schlafend wie ein Stein, wie nur ein behütetes Kind es konnte. Etwas, dass der Junge auch erst hier gelernt hatte.
 

„Wie viel Uhr ist es?“, fragte Evan schließlich, noch immer, ohne sich groß zu rühren. Er lag sehr bequem, wo er gerade war.
 

„Acht.“
 

„Musst... du nicht…?“
 

„Die Pressekonferenz ist erst um sechs Uhr abends, ich muss vorher nicht im Ministerium sein, man weiß, dass auch wir Opfer zu beklagen haben“, beruhigte Lucius seinen Mann, lächelte etwas und strich über dessen Seite. „Geht es dir besser?“
 

„Ich… denke…“, murmelte Evan, sich noch nicht so ganz sicher. Nachher, wenn er einen Pinsel in der Hand haben würde, würde es sicher besser werden. „Was… passiert jetzt?“
 

„Sie werden verurteilt werden. Und ich habe keinen Einfluss mehr darauf, was ihre Strafe sein wird. Der Tod, doch auf welche Weise…“, Lucius wollte seinen Mann nicht belügen, das brachte nichts. Und Evan würde es doch erfahren, denn seit dem Angriff auf seinen Geliebten las der die Zeitung durchaus recht aufmerksam.
 

Kurz schloss Evan die Augen. Er dachte an die Familie, der er auf Gleis 9 3/4 das erste Mal begegnet war. Die so bequem aussehende Mutter, die ihm gesagt hatte, dass er durch die Wand zu rennen habe, die Zwillinge, die es ihm vorgemacht hatten – der etwas bedröpst aussehende Ron. Eine perfekte Familie, wie er damals gemeint hatte, vollkommen überzeugt davon. Das, was er immer hatte haben wollen.
 

Erst viel später hatte er das wahre Gesicht dieser Leute gesehen, doch es fiel ihm weiterhin schwer, die Bilder in Einklang zu bringen. Die magische Welt war in einigen Dingen sehr rückständig. Sie würden Molly zu einem grausamen Tod verurteilen und Ron würde nicht wirklich davonkommen, auch der Junge, der ein knappes Jahr älter war als er, würde sterben, da er gemordet hatte. Evan hatte gelernt, von Abraxas, von Draco, Percy, Fred und Lucius. Die Gesellschaft der magischen Welt war anders und der Tod von Kindern wurde persönlich genommen, ob nun eigene oder nicht. Der Tod war unausweichlich.
 

„Ich… will das nicht sehen…“
 

Sanft strich Lucius über die Wange seines Mannes. „Niemand kann dich zwingen und ich finde, du hast mehr als genug Tod gesehen. Es wäre mir, ehrlich gesagt, sogar lieber, wenn du nicht hingehen würdest.“
 

Erleichtert schloss Evan seine Augen, öffnete sie dann wieder und strich über die Züge seines Mannes. Wenigstens war nun alles vorbei. Keine Angst mehr vor der nächsten Ecke, nicht mehr, als er ohnehin schon hatte. „Wir sollten dann aufstehen, oder?“, fragte er.
 

„Hm“, murmelte Lucius, seufzte dann. „Ich hab unserem Sohn versprochen, dass wir heut zusammen mit ihm in einen Vergnügungspark gehen, nur wir drei, als eine Familie…“, erinnerte er sich an sein Versprechen, wissend, wie enttäuscht Sev sein würde, wenn sie das nicht tun würden und Merlin, der Junge konnte nachtragend sein! Das hatte er in dessen ersten Leben gemerkt! Nun, vielleicht auch zurecht. Immerhin waren es nie große Wünsche gewesen, die er gehabt und die man ihm versagt hatte. Und ein Familienausflug…
 

„Ein Vergnügungspark?“, fragte Evan überrascht, sah auf das Kind in seinen Armen, das auf ein Mal wie ein kleiner Sprungteufel hochschoss.
 

„Gehen wir, gehen wir?!“, fragte Sev, der nur aufgewacht war und das Wort ‚Vergnügungspark‘ gehört hatte. Er hielt noch immer Krächzi, mit dem er in der Nacht über den finsteren Gang gelaufen war, in den Armen, sah voller Hoffnung auf seine Eltern.
 

„Erst, wenn du angezogen bist und gefrühstückt hast“, gab Lucius ruhig zurück, was zur Folge hatte, dass man von dem Kind nur noch eine Staubwolke sah. „Und wir sollten uns beeilen, ich habe keine Zweifel daran, dass der da sonst sehr ungemütlich werden kann.“
 

Das brachte Evan dann doch zum Lächeln und er richtete sich, trotz seines Unwillens die Wärme seines Ehemannes zu verlassen, langsam auf. Ob Lucius wohl wusste, dass das auch sein erster Besuch an so einem Ort war? Nun, er konnte auf jeden Fall selbst kaum noch warten, denn er hatte schon immer mal dahin gehen wollen. Warum also nicht?
 

Eine zumindest doch recht ausgiebige, gemeinsame Dusche später waren auch sie beide angezogen und als sie aus dem Bad traten, wurden sie eindeutig ungeduldig erwartet, wobei bei dem kleinen Wohnzimmertisch in einem Eck des Raumes eine verzweifelte Elfe vor einem vollständig gedeckten Tisch stand. „Irgendwas sagt mir, dass unser Sohn es sehr, sehr eilig zu haben scheint“, stellte Lucius fest, küsste seinen Mann kurz und zog ihn zum Tisch, entließ das gestresste Wesen.
 

Sev verdrehte die Augen, als seine Eltern schon wieder zu knutschen begannen, doch sie hörten fast so schnell auf, wie es angefangen hatte, daher sparte er sich den Kommentar. Furchtbar! Tante Astoria und Onkel Draco klebten doch auch nicht dauernd so zusammen! Aber dann sprang Sev auf den Sitz, den er beanspruchte und schaufelte seinen Teller voll, wissend, dass Daddy ihn sonst eh nicht würde gehen lassen.
 

Evan lachte leise, setzte sich neben den Kleinen, der Lucius Platz gemopst hatte und nahm sich selbst etwas, wobei sein Mann immer wieder sehr bestimmt Dinge nachlegte. Und er wusste, auch er würde nachher hierbleiben wenn er nicht genug essen würde. Lucius war da so und ja, es gefiel ihm, denn das bedeutete auch, dass er endlich versorgt wurde.
 

So, wie er es sich immer erträumt hatte. Er hatte hier, mit den Malfoys, ein neues und besseres Leben gefunden und Sev eines möglich gemacht, indem auch er mal Kind sein konnte. Was wollte er mehr? Er hatte einen Beruf, den er liebte, indem er keine Gewalt anwenden musste. Und er wurde geliebt. Mit dem Gedanken lehnte er sich gegen Lucius, zumindest solang, bis Sev sie beide in den Wahnsinn trieb und sie aufbrachen, immerhin hatten sie ja auch ein Zeitlimit, da Lucius abends trotzdem vor die Presse treten musste…
 

Es dauerte genau eine halbe Stunde, bis Lucius nach ihrer Ankunft in dem Vergnügungspark entdeckte, dass Evan wie Sev selbst das erste Mal solche Geräte sah, die für ihn ohnehin Muggelmonstrositäten darstellten, die aber schon Draco immer geliebt hatte. Er ließ sich von den großen Augen seines Geliebten sogar zu einer gemeinsamen Fahrt im Kettenkarussell überreden, froh, so beiden etwas Gutes getan zu haben. Sie schienen es gebraucht zu haben, Severus sowie sein Mann, einen Familientag, ohne Druck und ohne andere Leute. Mit ungesundem, plebejischem Essen aus Pappbechern mit Plastikgeschirr und wer war er, da nicht über seinen eigenen Schatten zu springen?
 


 


 


 


 


 


 


 

Die Verhandlung gegen Molly Weasley zog sich zwei Wochen lang in die Länge und endete mit einem klaren Schuldspruch und der Feststellung erblich bedingten Wahnsinns. Was wiederum die Strafe ein wenig abmilderte, die Frau wurde zwar bei lebendigem Leibe verbrannt, doch weder wurde sie vorher viergeteilt, noch wie von einigen Familienmitgliedern Ermordeter verlangt, an einem Esel durch die Winkelgasse geschleift.
 

Ron wurde, aufgrund von ebenfalls nachgewiesenen Wahns zu mehreren Jahren Azkaban, gefolgt vom Kuss verurteilt, er würde der Gesellschaft nie wieder schaden können. Er war keine Gefahr mehr, nur noch ein jammerndes Häuflein Elend, das nichts lieber hätte, als eine Flasche Whiskey oder billigen Selbstgebrannten. Irgendwas.
 

Ginny war zu der Familie, der sie geglaubt hatte, entkommen zu sein, zurückgebracht und ihr wurde jeglicher, menschlicher Kontakt untersagt. Sie war nur noch eine Gebärmaschine, die gezwungen war, in zweijährigen Abständen ein Kind zu bekommen, sollte sie sich weigern, blieb ihr nur die Rückkehr nach Azkaban. Ihre Haare waren wieder geschoren und schon jetzt zeigten sich auch bei ihr Spuren des Familienwahns.
 

Aber all das konnte Lucius nicht reizen. Er war bei der Vollstreckung des Brandurteils dabei, wie es erwartet wurde, sonst drehte sich sein Leben vor Allem um seine Familie und dann um den Beruf. Er hatte seinen Gefährten, seinen Ehemann, den er über alles liebte und den er am liebsten immer bei sich haben würde und außerdem war da natürlich auch noch Klein-Sev, der sie beide auf Trab zu halten vermochte.
 

Evan hatte ihn auch gebeten, in Drachengestalt für ein Bild Modell zu stehen. Sein Sohn und seine Enkel waren gesund, was also konnte er mehr wollen? Percy war außerdem auf dem besten Wege, sich in eine entfernte Cousine zu verlieben und ganz offiziell zu einem Malfoy zu werden. Er war der beste Assistent den man sich wünschen konnte. Es gab nichts, was er noch wollen könnte…



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Von:  Dranza-chan
2012-10-24T19:19:54+00:00 24.10.2012 21:19
Hi,
ein tolles Ende, nur schade, dass Graham gestorben ist.
Ginny, Molly, Ron und Dumbledore haben das bekommen was sie verdient haben! Und Luna hat ihren Job echt gut gemacht :)
Auf die Fortsetzung freu ich mich schon!
lg und gib bitte bescheid wenn du deine neue Story postest!

Von:  ai-lila
2012-10-24T10:27:40+00:00 24.10.2012 12:27
Hi~~

Ein Hoch auf Luna! Ohne sie wären einige Leute, die nun endlich glücklich wurden, einsam und verlassen, oder im schlimmsten Fall, Tod.
Na gut... Sevvi musste sie zu seinem Glück zwingen, aber he... es hat sich gelohnt.
Luna hat sich ihre Rache verdient. Denn sie kämpfte nicht nur für sich selbst, sondern für ihre Freunde und ihre Familie. Für Gerechtigkeit.

Es ist schön zu wissen, das Luc immer für seine Familie einstehen wird.
Niemals käme er auf die Idee, Evan oder klein Sev im Stich zu lassen.

Ja, und auch Evan weiß dies mitlerweile. Hat ja auch lang genug gedauert, bis er es glauben konnte.
Sein Zeichnen hilft ihm und anderen.

Selbst Graham hat letztendlich bekommen wonach er sich wohl schon lang sehnte, einen ehrenvollen Tod, um dann endlich wieder mit seiner einzigen Liebe zusammen sein zu können.

Dies ist wirklich kein Ende.... dies ist ein Anfang, und ein guter dazu.

Das war wieder eine wunderbare Geschichte.
Mit Freude und Leid, Liebe und Hass.
Veralteten Gesetzen und engstirnigen Leuten.
Aber vor allem, der Glaube an das Gute.

lg deine ai


Von:  ai-lila
2012-10-24T09:47:19+00:00 24.10.2012 11:47
Hi~~

Ob Evan auch nur den Hauch einer Ahnung davon hat, was er Cedric´s Eltern für ein Geschenk gemacht hat? Es gibt soo viele Leute, die sich ähnlich freuen würden, selbst bei hohen Summen. So schnell wird Evan sicher nicht arbeitslos.

Es ist schön, das sich die Zwillinge wenigstens bei Bill geliebt fühlen, wenn schon nicht von ihrer verrückten Mutter.

Der kleine Hund wird sicher nicht nur Evan sondern auch den Jungs viel Freude bringen. Es kann Sevvi sicher nichts schaden, Tiere nicht nur als Trankzutat zu sehen. ^________^

Das war wieder ein sehr schönes Kapi.
lg deine ai
Von: abgemeldet
2012-10-23T21:25:45+00:00 23.10.2012 23:25
So ein schönes Ende^^
Obwohl mir Grahams Tod schon weh getan hat...
Lucius war so sauer auf ihn und dann stirbt er bevor Evan seinen Mann dazu gebracht hat ihm zu verzeihen...
Mit seinem Tod hat er auf jeden Fall seinen Fehler ausgebügelt.
Ich finds toll, dass du dir meine Meinung ein bissl zu Herzen nimmst XD
Danke, dass du Sev nicht in ein anderes Grab umgebettet hast und es öffentlich zugänglich ist; find ich super^^
Freu mich auf deine nächste Story

Lg Lokihasser
Von:  Omama63
2012-10-23T19:38:03+00:00 23.10.2012 21:38
Ein super Ende.
Da hat ja Dumbledore nach dem Tot, noch bekommen, was er verdient hat.
Molly ist eigentlich noch milde davon gekommen. Hoffentlich erben, die anderen Kinder von Molly, den Wahnsinn nicht.
Dass Graham gestorben ist, fand ich traurig. Besonders als Sev so um ihn geweint hat und ein schlechtes Gewissen hatte, weil er ihn so geärgert hat.
Freu mich schon auf die Fortsetzung. Ich finde es klasse, dass du schon ein neues Werk begonnen hast.
Danke für die ENS.

Lg Omama63
Von:  AmuSuzune
2012-10-23T19:25:06+00:00 23.10.2012 21:25
Wow, ein wirklich guter Abschluss der Geschichte. Ja, einige Fragen sind noch offen. Aber selbst wenn sie nicht mehr geklärt werden sollten wäre es nicht so tragisch. Wobei es doch recht interesannt wäre zu sehen was aus allen wird. Vor allem Sev und die beiden anderech Chaoten.
Grahams tod war ein wenig traurig. Aber wenn er gestorben ist, wie er es wollte und wieder bei seiner geliebten ist, ist es nicht ganz so schlecht. Traurig nur das Sev nicht sehr glücklich war uns sich mit die Schuld gab. Obwohl, das kann ich verstehen.
Tja, das Bild der Gefallenen wird wohl ewig bleiben, eben so die Statue von Sev und Harry. Ja, ich kann mir gut vorstellen wie sie aussehen mag. Und ein sehr trauriges Bild, wenn ich es so sage.
Wie dem auch sei, ich freue mich auf deine nächste Geschicht eund auf die Vorsetzung von hier.

LG
Suzu
Von:  mathi
2012-10-23T18:37:31+00:00 23.10.2012 20:37
huhu,
es war ein super ende und ich freue mich schon sehr auf die fortsetzung :P
endlich haben alle bekommen was sie verdient haben und harry kann zusammen mit sev und lucius glücklich werden.
schade das graham gestorben ist, aber nun kann er wieder bei der person sein, die er liebte.
ich bin schon sehr gespannt, was nun als nächstes von dir folgt :D
mathi
Von:  kaya17
2012-10-23T17:14:09+00:00 23.10.2012 19:14
Ein super schönes Ende (: Wobei es ja eher ein Anfang ist.
Genial geschrieben. Die Story hatte einen wirklich sehr gepackt. Ich war am Ende ganz mitgenommen. Besonders von den Staturen der Helden.

Wie immer einfach eine spitzen Fanfic von dir (:
Von:  Amy-Lee
2012-10-23T16:42:15+00:00 23.10.2012 18:42
Hi, es war toll.
Das mit dem ober Irren fand ich super seine Leiche geschändet,
seine Statue zerstört und sein Name aus den Geschichtsbüchern
gestrichen oder zumindest wird er nicht mehr als Held erwähnt.
Was jetzt kommt er endlich dahin wo er auf ewig leiden wird,
ohne je Erlösung zu finden das ist die gerechte Strafe für sein begehen,
lange allein wird oder war er ja nicht Molly sowie Ron sind ja auch da gelandet
und zweifellos wird auch Ginny bald dort sein,
weil Sie ihre ungeborenen Kinder getötet hat.
Graham ist Tod das fand ich Traurig,
aber er ist als Krieger in einer Schlacht gestorben also ist es schon ok,
außerdem ist er jetzt wieder mit seiner Geliebten zusammen.
Eine Fortsetzung? Super nur her damit ich freue mich schon darauf.
Bis zur nächsten Story (Die ich mit sicherheit auch verschlingen werde).
Bye
Von:  kaya17
2012-10-23T09:07:26+00:00 23.10.2012 11:07
Gut das Evan wieder aufgewacht ist. Ich bin gespannt wie er sich wieder erholen wird.


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