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Destiny

von

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Gegen jede Vernunft

Keuchend setzte er einen Fuß vor den anderen. Jeder Schritt schmerzte, jeder Atemzug brannte in seiner Lunge. Irgendetwas stimmte nicht mit seinem linken Arm. Der letzte Angriff hatte ihn mitgenommen, er war unerwartet gekommen, aus einem Hinterhalt heraus, er hatte sie nicht kommen hören.

Der Wald lichtete sich allmählich, das Mondlicht drang nun heller durch die Wipfel der Bäume, die wie schwarze Schatten im Wind schaukelten. Es war kalt, aber die Kälte half ihm klar im Kopf zu bleiben, fokussiert zu bleiben. Er musste weiter laufen, er durfte nicht stehenbleiben und schon gar nicht zusammenbrechen. Eigentlich war er stark und trainiert. So schnell hätte ihn niemand in die Knie gezwungen, zumindest hätte er das vor wenigen Wochen noch behauptet. Auch wenn er damals noch nicht ahnen konnte, dass er bald schon an seine seelischen und physischen Grenzen getrieben werden würde, hätte er sich zumindest noch eingestehen können, wann diese Grenzen erreicht waren. Er hätte gewusst wann es keinen Sinn mehr gemacht hätte weiterzukämpfen, darüber dachte er jetzt aber nicht mehr nach.

Der Geruch von Benzin stieg ihm in die Nase und ließ ihn intuitiv stoppen. Die rechte Hand fest um den linken Arm geschlungen, lehnte er sich an eine Eiche. Sein Atem beruhigte sich nicht, das Herz in seiner Brust schlug nicht langsamer, da war zu viel Adrenalin in seinem Blut, aber genau das hielt ihn bei Bewusstsein. Seine Sinne suchten die Umgebung ab, nahmen ein unnatürlich bläuliches Licht in einiger Entfernung wahr, irgendwo dröhnte ein Motor. Er schleppte sich weiter, die Zeit lief ihm davon, vielleicht war es schon zu spät.

Die rauschenden Blätter und das knacken des Geästs ließen ihn panisch zurückweichen. Einen weiteren Angriff hätte er nicht überstanden, nicht in seinem Zustand. Dass er sich trotzdem kampfbereit gemacht hatte, war fast schon zu belächeln, aber er lächelte nicht als er in die schwarzen, großen Augen seines ältesten Gefährten blickte. Es war ihm gefolgt, obwohl er es verboten hatte.

»Arkani! Du dummes, stures Pokémon!«

Seine Stimme zitterte, war nur ein heiseres, angeschlagenes Flüstern. Er konnte schon seit zwei Tagen nicht mehr richtig sprechen, hatte sich in dieser furchtbar tragischen Nacht die Stimme aus dem Hals geschrien. Als das große, rotbraune Pokémon mit der weißen Mähne näher kam, erkannt er, dass es noch immer humpelte. Es sollte gar nicht hier sein, er hatte es zurückgelassen, weil es verletzt war und weil er es nicht verlieren wollte, er hatte schon so viel verloren.

»Verschwinde!«, befahl er wütend, aber seine Worte lösten keinerlei Reaktion aus. Nervös sah er sich um, die Angst jeden Moment angegriffen zu werden, kam wieder in ihm hoch, er durfte nicht stehenbleiben. Unter den besorgten Blicken seines Pokémons setzte er sich wieder in Bewegung, dass die Umgebung langsam begann vor seinen Augen zu verschwimmen, ignorierte er.

»Du wirst nicht verschwinden, oder?«

Er tastete mit zitternden Fingern nach dem weichen, warmen Fell in das er in so vielen Nächten sein Gesicht vergraben hatte.

»Du dummes Ding wirst nicht auf mich hören…«

Ein tiefes, liebevolles Brummen drang aus Arkanis Kehle, als es seine Stirn gegen die seines Trainers drückte und für einen Moment die Augen schloss. Es war falsch das hier zu genießen, das wusste er und trotzdem machte er sich diese egoistischen Gedanken. So war er schon immer gewesen, ein Egoist und furchtbar stur.

Ein flatterndes Geräusch ließ ihn wieder panisch werden. Sie waren irgendwo ganz in der Nähe, weil sie wussten, dass er hier war. Auch Arkanis Blick suchte den Himmel ab.

»Komm, weiter! Dort drüben ist es!«

Das Pokémon nickte, setzte sich Bewegung. Es hatte die rechte, hintere Pfote angewinkelt, belastete sie nicht. Sein sonst so glänzendes Fell war schmutzig, voller Erde und Blut, es musste auch gekämpft haben, er konnte nicht sagen wie stark es verwundet war, er wusste nicht mal wie schlimm es ihn selbst erwischt hatte.

Das unnatürlich helle Licht kam immer näher. Die Scheinwerfer waren im Waldboden vergraben, richteten ihre gespenstisch grellen Lichtsäulen auf ein grau glänzendes Gebäude. Das moderne Konstrukt passte nicht in diesen Wald, es war so unnatürlich wie die Dinge die in seinem Inneren geschahen.

„PoX-Corporation“, der silbern glänzende Schriftzug hing wie ein Damoklesschwert über den stählernen Toren. Sie lag hier gut versteckt vor den neugierigen Blicken der Öffentlichkeit, nicht ohne Grund, das wusste er jetzt.

»Warte…«, hielt er Arkani atemlos an und stützte sich wieder an einem Baum ab. Er wollte die Lage einschätzen, sich einen Plan zurechtlegen, aber er mühte sich ab überhaupt auf den Beinen zu bleiben. Sein Körper schmerzte so sehr, dass er kaum noch denken konnte.

Vor dem stählernen Tor standen fünfzehn Wachmänner, alle in grau, genau wie alles in diesem verdammten Konzern. Er zählte acht Stalloss, von den Panzaerons die den Luftraum bewachten, gab es viel mehr. Sie waren auf Angriff getrimmt, das hatte er am eigenen Leib zu spüren bekommen. Alles hier schien in Alarmbereitschaft zu sein, vielleicht war es noch nicht zu spät.

»Mit dem Kopf durch die Wand…«, murmelte er mit einem verzweifeltem Lächeln auf den Lippen. Arkani musterte ihn schockiert. Das Pokémon wusste, dass es seinen Trainier nicht aufhalten hätte können und trotzdem stimmte es die Aussichtslosigkeit dieses Unterfangens unsagbar traurig. Es war ein Himmelfahrtskommando, sie hatten keine wirkliche Chance, sie würden ihn töten sobald sie eine Gelegenheit dazu hatten und sie würden Arkani töten, oder es für ihre kranken Experimente missbrauchen, was noch viel schlimmer war.

»Es tut mir leid…«, flüsterte er heiser.

»Ich hätte damals auf dich hören sollen, wir hätten nach Kanto gehen sollen, es soll schön sein, zu dieser Jahreszeit…«

Ein lächeln huschte ihn über die spröden Lippen, wurde vom Wind der Hubschrauberrotorblätter weggeblasen. Er landete direkt vor den Toren der PoX-Corp. Zwei Männer in weißen Kitteln stiegen aus, einen davon glaubte er zu erkennen, aber seine Augen waren nicht mehr sehr zuverlässig. Er rechnete damit, dass sich die stählernen Tore für die beiden Wissenschaftler öffnen würden, seine wahrscheinlich einzige Möglichkeit hinein zu kommen, aber die beiden blieben neben dem Hubschrauber stehen und debattierten hitzig.

Bald würden sich die Tore öffnen, gleich würde alles ganz schnell gehen, da war er sich sicher.

Er war bis hier her gekommen, obwohl er schon vor Tagen den Mut verloren hatte. So viele Tränen und so viel Blut hatte er in seinem ganzen Leben nicht vergossen und er würde nicht aufgeben bis er nicht mehr in der Lage war zu weinen oder zu bluten. Noch vor ein paar Monaten hätte er es nicht bis hierher geschafft. Sein Verstand und seine Psyche hätten ihm gesagt, dass er am Ende war, spätestens nachdem ihn die Panzaerons angegriffen und schlimm zugerichtet hatten. Er wäre liegengeblieben und hätte sich in seinen Schmerzen gewunden, weil es sowieso keinen Sinn gehabt hätte weiterzugehen. Er konnte absolut nichts ausrichten, er konnte sie nicht retten, er war viel zu kaputt um noch jemanden gegenüberzutreten, aber anscheinend war er in den letzten Monaten nicht nur sturer geworden, sondern auch dümmer. Er war dumm genug alle Warnzeichen seines Körpers zu ignorieren und der Aussichtslosigkeit den Mittelfinger zu zeigen, diesen Ehrgeiz war er ihr schuldig. Er hatte ihr versprochen sie zu beschützen und trotzdem ging es ihr jetzt schlecht Es war seine Schuld, nicht ihre, sie hatte die Gefahr schneller erkannt als er und trotzdem musste sie so leiden. Hätte er sie nicht alleine gelassen, hätte seine dumme Eifersucht ihn nicht so wütend und blind gemacht, wäre es vielleicht anders verlaufen.

Arkani stupste ihn in die Seite. Seine schwarzen, freundlichen Augen musterten ihn durchdringend, veranlassten ihn die Schuldzuweisungen sein zu lassen. Es war jetzt sowieso nicht mehr wichtig wie es dazu gekommen war.

Ein metallisches Klirren tönte durch die Nacht. Die schweren, elektronisch gesteuerten Eisenstreben zogen sich zurück und das Tor öffnete sich. Ein nervöses, adrenalinbedingtes Zucken durchfuhr seinen Körper und auch Arkani machte sich bereit.

Er dachte in diesem Moment nicht mehr an den Schmerz, seine Trauer, oder daran was er falsch gemacht hatte, da war nur mehr der blanke Wille sie zu retten und ihn zu stoppen, um jeden Preis der Welt.

Er rannte los, keine fünf Meter, dann stoppte er so abrupt, als hätte sich eine unsichtbare Wand vor ihm aufgebaut. Er starrte fassungslos auf das offene Tor, durch das er Millisekunden zuvor noch laufen wollte.

Der Anblick von Luxtra hatte ihn veranlasst zu stoppen. Es stolzierte nach draußen. Trotz der Trübheit seines Blicks, war er sich sicher, wessen Luxtra es war, kein anderes strahlte eine ähnliche Arroganz aus – ebenso wie sein Trainer. Nach dem ungewöhnlich großen, dunkelblauen Pokémon, folgte Lili. Ihre blassrosafarbenen Haare waren offen, wirkten etwas zerzaust. Sie trug eine schwarze Kiste, mühte sich sichtlich ab. Die beiden Wissenschaftler gingen ihr entgegen, einer nahm ihr die schwere Fracht ab. Sie wollten gar nicht hinein, der Hubschrauber sollte jemanden abholen. Er hatte keine Zeit weiter darauf zu achten, was mit der mysteriösen Kiste passierte, zumal der Gründer und Inhaber der PoX-Corp. gerade durch das Tor schritt. Er hatte ihn zuletzt in Oliviana City gesehen, als er von ihm dieses hinterhältige Lächeln präsentiert bekommen hatte, kurz danach brach das Chaos aus.

Er musste ihn unbedingt aufhalten, diesen wahnsinnigen Psychopaten, sonst würde er die ganze Welt ins Unglück stürzen.

Es dauerte eine ganze Sekunde, bis sein Herzschlag wieder einsetzte. Er dachte zuerst, seine Augen hätten ihm einen Streich gespielt. Natürlich hatte er bemerkt, dass dieser Irre irgendetwas in der Hand hielt, eine Schnur, ein Seil, eine Kette, nur was sich am anderen Ende befand, konnte er nicht glauben. Sein Herz verkrampfte sich in seiner Brust, es schmerzte von der Anstrengung der vielen Schläge und von dem Entsetzten, dass er empfand.

Er hatte sie tatsächlich angeleint, nicht nur das, er hatte sie in Fesseln gelegt und führte sie hinter sich her, als wäre sie ein aggressives, gefährliches Pokémon das gezähmt werden musste. Sie war weder aggressiv noch annähernd gefährlich, sie hätte sich sowieso nicht gegen ihn währen können und trotzdem hatte er ihr die Hände hinter den Rücken gefesselt und ihre Arme an den Oberkörper gebunden. Das andere Ende des Seils hielt er wie eine Leine in der Hand, die pure Demütigung. Er zog ruckartig an ihren Fesseln und sie stolperte nach vorne. Keine Sekunde länger, konnte er diesen Anblick ertragen.

Das Überraschungsmoment half ihm, sich seinen Weg zu bahnen. Er rannte an den beiden Wissenschaftlern und Lili vorbei, sie interessierten ihn nicht, er wollte zu ihr, sie von diesen Fesseln befreien. Luxtra setzte zum Sprung auf ihn an, hätte ihn in Stücke gerissen, aber Arkani rammte es von der Seite und schlug gemeinsam mit dem Elektropokémon hart am Boden auf. Alles wurde laut, Lili schrie auf als er zum Schlag auf diesen sadistischen Bastard ausholte, die Wachen trampelten auf ihn zu. Er verfehlte ihn um Millimeter, weil er schnell genug auswich, der nächste Schlag hätte gesessen, aber eine unsichtbare Macht hielt seine Faust zurück, es war Psychokinese, stark, undurchdringbar.

Er fixierte diese siegessicheren, arroganten gelben Augen. Der Mund seines Gegenübers verzog sich zu einem süffisanten Lächeln, das er ihm so gerne aus dem Gesicht geschlagen hätte. Die Wachen stürmten von beiden Seiten auf ihn zu. Er sah gerade noch ihre besorgten, verweinten, blauen Augen aufblitzen, dann wurde er niedergerungen.

Der Schmerz kroch sofort in ihm hoch, er spürte die Fäuste die auf ihn niedergingen, aber die Schläge waren nicht annähernd so schwer zu ertragen wie das Jaulen seines Arkanis. Es zerriss ihm das Herz, er konnte nichts tun. Es durfte noch nicht vorbei sein, nicht jetzt, es durfte nicht so enden.

Sein Bewusstsein entglitt ihm immer wieder. Er hörte ihre Stimme, sie war genauso heiser wie er, aber sie schrie. Sie flehte diesen arroganten Mistkerl an, ihn am Leben zu lassen, er bekam nicht mehr alles mit was sie schluchzte. Erst als er plötzlich wieder Luft bekam und niemand mehr auf ihn einschlug wurde seine Umgebung klarer.

»Der geborene Held, mehr Mut als Verstand!«, hörte er ihn sagen. Er klang amüsiert und wütend zugleich. Er wollte sich aufrichten, seinem Widersacher ins Gesicht sehen, aber seine Muskeln zitterten, sie gehorchten ihm kaum noch.

»Was ist Lian? Brauchst du Hilfe?«

Als er aufsah, sah er eine Hand vor seinem Gesicht, er wäre eher für den Rest seines Lebens am Boden herumgekrochen, als sie anzunehmen.

»Du Bastard!«, fauchte er wütend und schaffte es irgendwie aufzustehen. Seine Beine schwankten, die gelben Augen funkelten ihn an, das weiße Lächeln verspottete ihn.

»Wer hätte gedacht, dass du es bis hierher schaffst? Ich dachte sie hätten dich längst getötet.«

Die Erinnerung an die Kämpfe mit den Leuten aus der PoX-Corp. ließen Lian innerlich schaudern, aber er würde nach außen hin keine Angst zeigen, nicht vor ihm.

»Du bekommst noch was du verdienst! Die Hölle wartet auf dich!«

Er ging gespielt gelangweilt vor Lian auf und ab, legte den Kopf schief und deutete auf sein Ohr.

»Entschuldige, was hast du gesagt? Ich verstehe das erbärmliche Geräusch das du deine Stimme nennst nicht.«

Lian ließ sich nicht provozieren, nicht von solchen dummen Sprüchen.

»Du wirst in der Hölle landen für das was du getan hast!«

Ein Lachen ging seiner Reatkion voraus.

»Und du willst mich dorthin schicken? Du kannst nicht mal mehr gerade stehen! Was für ein erbärmlicher Anblick!«

»Erbärmlich bist nur du, du feiger Irrer! Mach Nea sofort los!«

Lians Blick schweifte hinüber zu dem blonden, zierlichen Mädchen, das auf die Knie gefallen war. Sie sah furchtbar aus, verletzt, gedemütigt und trotzdem schenkte sie ihm ein Lächeln. Es tat ihm so unglaublich leid was alles mit ihr passiert war, sie war so ein gutmütiger, friedliebender Mensch und trotzdem ging sie durch die Hölle.

»Na Lian, noch immer eifersüchtig?«

Er zog sie an ihren Fesseln zu ihm heran. Lian stockte der Atem als er Neas Gesicht packte und ihr einen Kuss aufzwängte. Er wäre wieder auf ihn losgegangen, aber zwei Wachen hielten ihn zurück.

»Hör auf damit! Lass sie! Bitte…«

Aus seinen wütenden Worten wurde ein Flehen. Der Gedanke an all das was in den letzten Stunden und Tagen mit Nea passiert war, machte ihn fast wahnsinnig. Er wollte sie nur hier wegbringen, weg von diesen irren, gelben Augen, weg von der PoX-Corp. und all dem Wahnsinn.

»Bitte! Ich tue alles, aber lass sie gehen!«

»Ich tue alles!«, äffte er Lian genervt nach, als hätte er diese Worte heute nicht zum ersten Mal gehört.

Wieder riss er an Neas Fessel, sie fiel abermals auf die Knie und verkniff sich ein Schluchzen. Lian wusste, dass sie keine Schwäche zeigen wollte, nicht vor jemanden der sie so quälte, jammern oder weinen wollte, aber sie hatte es getan, also musste es sehr schlimm gewesen sein.

»Du denkst du wärst ihr Schicksal?!«, schrie er Lian an, machte ein paar Schritte auf ihn zu und schleifte Nea dabei hinter sich her.

»Hör auf!«, flehte Lian, aber er hörte ihn gar nicht.

»Ich bin ihr Schicksal! Ich bin das Schicksal dieser ganzen verdammten Welt! Du hast keine Ahnung!«

»Du brauchst Hilfe…«

Ihre Stimme war so leise und schwach und trotzdem drangen ihre Worte ganz deutlich an denjenigen, der sie an der Kette hielt. Da war keine Wut in ihren Augen, nur Mitleid.

»Hör jetzt auf, bevor du nicht mehr zurück kannst, bitte!«

Sie ging mit wackeligen Beinen auf ihn zu, ihre Knie waren aufgeschlagen, blutig. Anstatt auf ihre Worte zu reagieren, wandte er sich wieder Lian zu.

»Liebst du sie?«

Seine Stimme klang ganz ruhig, emotionslos, so wie er ihn kennengelernt hatte.

Er antwortete nicht, starrte nur Nea an, die auf diese Frage hin auch plötzlich inne gehalten halten.

»Ob du sie liebst?«

Seine Worte wurden eindringlicher, er packte sie am Arm und schubste sie hinüber zu Lian. Sie war so nah, dass er sie berühren hätte können, aber die Wachen hielten ihn noch immer fest. Ihre blauen Augen waren voller Schmerzen, Angst, er starrte sie an und sie lächelte wieder.

»Du musst nicht sagen, dass du mich liebst…«, hauchte sie so leise, dass nur er sie hören konnte. Sie beugte sich zu Lian hin, ihre Wange streifte kurz seine, dann wurde sie so plötzlich zurückgerissen, dass nicht mal ihre Reflexe reagieren konnten. Sie schlug hart mit dem Rücken auf den Boden auf, wurde noch ein Stück nach hinten geschleift.

»Ob du sie liebst!?«, schrie er.

Er schleifte sie weiter, sie wimmerte leise.

»Ja! Ja verdammt! Ich liebe sie! Bitte! Hör auf!«

Er stoppte wirklich, lächelte triumphierend. Nea rappelte sich langsam wieder hoch. Lian wusste nicht, ob sie sein Liebesgeständnis gehört hatte, es war das erste Mal, dass er eines gemacht hatte und es war ein scheußlicher Zeitpunkt dafür.

»Na dann tut es mir leid, dass diese Liebesgeschichte so tragisch enden wird! Zumindest dürft ihr noch gemeinsam mitansehen, wie ich ein neues Zeitalter einläute! Mein Zeitalter!«

Mit einer hoheitsvollen Kopfbewegung gab er ein Signal an seinen Wissenschaftler, der für einen Moment im Inneren des Helikopters verschwand. Als er wieder auftauchte, hatte er eine Spritze in der Hand.

»Du darfst dich jetzt ein wenig ausruhen, Lian, wir haben morgen einen anstrengenden Tag vor uns!«

Der stechende Schmerz in seinem sowieso schon verletzten Arm, ließ ihn aufschreien. Er sah nochmal in Neas Richtung, ihre blauen Augen waren weit aufgerissen, sie hatte Angst um ihn, aber er fühlte sich mit einem Mal leichter. Alles um ihn herum wurde surreal, er wollte der Realität nicht entgleiten, aber das Mittel, das so schnell durch seine Venen schoss, ließ ihm gar keine Wahl. Träume holten ihn ein, Erinnerungen an den Anfang dieser Verkettung von Schicksalen, ein schöner Anfang, voller Normalität und doch vom ersten Moment an verheißungsvoll. Es hatte in Azalea City begonnen, damals im Center…



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