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Geheimnisse aus Malendyr

von

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Kratzspuren


 

***

Erschrocken blickte Loriena zu dem Bären hinab, welcher mit lautem Brummen aufstand und verschlafen drein blickte.

Ängstlich wich sie einen Meter zurück, hielt ihren Bogen aber weiter schussbereit. Sie beobachtete den Bären, der allmählich erwachte und verstand, was in seiner Höhle vor sich ging.

Wütend sah er Loriena an und zeigte dabei seine scharfen Zähne.

Loriena sah ihn an und sie spürte einen Funken Angst in sich aufkeimen. Nun grummelte der Bär so laut, dass es erneut durch die ganze Höhle schallte. Tazal kam in diesem Moment angerannt und wich sogleich wieder ängstlich vor dem Bären zurück.

Ehe Loriena sich versah, hob der Bär seine große Pranke in die Luft, wollte nach ihr schlagen und sie ergreifen. Flink wie eine Elfe nun einmal ist, hüpfte sie beiseite und rannte sofort aus der Höhle hinaus.

Brummbär war ihr jedoch auf den Fersen und verfolgte sie. Er schien noch nicht hundertprozentig wach zu sein, daher fiel ihm das Rennen nicht so leicht. Um mit Loriena und Tazal mitzuhalten, reichte es jedoch.

Loriena sah sich um, während sie durch das Geäst rannte und den Bäumen auswich. Sie brauchte einen geeigneten Platz, um den Bären zuerst fixieren und dann erlegen zu können. Die hohe Kunst des Bogenschießens beherrschte sie perfekt und sie wusste stets, wie sie schießen musste.

Tazal rannte vor ihr her und hechelte, während auch er sich immer wieder nach dem Bären umdrehte.

Allmählich merkte Loriena, dass ihr die Luft ausging und sie nicht mehr konnte. Ihre Kräfte versagten und sie wollte sich ausruhen. Der Bär allerdings, schien noch topfit zu sein und verfolgte sie wütend, wobei er laut brummte.

Schließlich sah Loriena eine Chance. Ein großer Baum, den sie aus der Ferne erblickte, hatte genug Zweige um hinaufklettern zu können. Möglicherweise würde es ihr gelingen, ihn von dort oben zu erlegen. Hoffnungsvoll spurtete sie auf den Baum zu und sprang noch im Laufen auf den ersten Ast. Loriena zog sich sofort auf den Zweiten hinauf. Als sie den fünften Ast mühelos erreichte, setzte sie sich darauf, da er ihr stabil genug erschien.

Nun visierte sie den Bären an und als sie dies tat, erkannte sie erst, um welche Art von Bär es sich handelte. Der Schwarzbär blickte sie wütend an und fletschte die Zähne. »Nun habt ihr die Grenze überschritten!«, sollte sein Ausdruck bedeuten.

Loriena legte erneut den Pfeil an die Sehne und spannte ihn, dann zielte sie auf den Kopf des Bären. Als sie losließ, wich der Bär ihr aus, da er geradewegs auf den Baum zurannte und ihn, mit der vollen Wucht seiner knapp 400 Kilogramm, rammte. Bestürzt nahm Loriena zur Kenntnis, dass sie ihn verfehlt hatte.

Nun legte sie den zweiten Pfeil an sie Sehne. Erneut rannte der Bär gegen den Baum und Loriena musste sich gut festhalten, um nicht hinunter zu fallen.

»Tazal! Lenk ihn ab!«, rief sie.

Rasch kam der kleine Wolf angerannt und schlich sich von hinten an den Bären heran. Als Loriena sah, was Tazal vorhatte, schüttelte sie den Kopf.

Tazal hob seine Pfote und gab dem Bären einen Schubs in den Po. Dann machte der Wolf kehrt und lief weg.

Es funktionierte jedoch und Brummbär war für eine Sekunde abgelenkt. Dies war Lorienas Chance, denn als sie den Pfeil losließ, traf sie den Bären. Nur leider ging der Schuss daneben und verletzte ihn nur am Bauch, wo er genug Speck hatte. Ein kurzes Aufheulen war vom Brummbär zu hören, dann hatte er sich wieder unter Kontrolle und brummte weiter laut vor sich hin.

Da Loriena ihn nun noch wütender gemacht hatte, rannte er mit noch mehr Entschlossenheit gegen den Baum und brachte ihn so heftig zum Beben, dass Loriena diesmal hinunterfiel.

Für einen Moment spürte sie den Schmerz des Aufpralls, dann fasste sie sich wieder und sprang auf, um davonzulaufen.

Nun verfolgte der Bär sie wieder und Loriena musste sich etwas Neues einfallen lassen.

Blitzschnell verschwand sie hinter den Bäumen und lief noch einmal so schnell sie konnte.

Ihr war nun bewusst, dass sie es nicht mit einem einfachen Bären zu tun hatte, sondern mit einem schlauen noch dazu. Er durchschaute sie und ihre Taktik und das war schlecht.

Sie glaubte ihn abgehängt zu haben und versteckte sich hinter einem der Bäume, um sich kurz auszuruhen. Keuchend stand sie dort und fragte sich, was sie nun tun sollte. Die Wichtigkeit dieses Auftrags war ihr durchaus bewusst, daher wollte sie auch alles richtig machen.

Plötzlich erschrak sie, als das Gesicht des Bären um die Seite des Baumes herumblickte und sie ansah. Loriena glaubte ein Grinsen auf Brummbärs Gesicht zu erkennen.

Ohne großartig darüber nachzudenken, rannte sie spontan los und flüchtete vor dem Bären. Ein Plan musste her und zwar ein verdammt guter.

Gerade, als Loriena ihren Kopf umdrehte und sich nach dem Bären umsah, rutschte sie auf dem moosbedeckten Boden aus, stolperte über eine Baumwurzel und flog mit dem Gesicht nach vorne auf den Boden.

Rasch drehte sie sich um und hoffte noch aufstehen zu können, jedoch stand der Bär schon über ihr und fletschte freudig seine Zähne.
 

***
 

Ängstlich blickte Loriena in die großen Augen des Ungeheuers und bereitete sich darauf vor, gefressen zu werden. Für einen Moment lag sie einfach nur steif auf dem Waldboden und stand unter Schock, während sie diesen Koloss von Bären betrachtete. Der Bär hob seine vordere Pranke. Als Loriena die Krallen daran sah, wurde ihr ganz flau im Magen. Mit diesen rasiermesserscharfen und spitzen Krallen würde der Bär sie verstümmeln und das bei lebendigem Leibe. Dies war der Zeitpunkt, als sie es mit der Angst zu tun bekam und anschließend in Panik verfiel.

Währenddessen versuchte sie sich immer wieder an einen Lehrsatz aus ihrer Ausbildungszeit zu erinnern. Er wollte ihr aber nicht einfallen, dabei dachte sie angestrengt nach.

»Nun kommen wir zu der wichtigsten Regel, welche ihr euch merken solltet. Egal, in welch schwieriger Situation ihr euch befindet, ihr dürft nie vergessen, stets Ruhe zu bewahren.«, hörte sie Khealons Stimme endlich in ihrem Kopf sagen.

Loriena versuchte die Panik von sich zu schieben und Ruhe einkehren zu lassen, damit sie nachdenken konnte.

»Tazal.«, keuchte sie hervor. »Hilf mir.«

Ihre Stimme klang wenig hoffnungsvoll. Loriena durchforstete ihr Gehirn und suchte nach einem möglichen, passenden Zauberspruch, welcher den Bären vorerst abwehren könnte.

Dann wurde ihr Blick wieder klarer und wie in Zeitlupe, sah sie die Pranke des Brummbären auf sich zukommen. In dem Moment, als der Bär seine Pranke in Lorienas Hüfte bohrte, sprang Tazal auf seinen Rücken und biss ihn immer und immer wieder.

Dies war die Chance und Loriena ergriff sie sofort. Schnell sprang sie auf und griff nach ihrem Bogen, welcher auf dem Boden lag. Sie legte gleich drei Pfeile an die Sehne und zielte auf den Platz zwischen seinen Augen. Dann spannte sie die Pfeile und ließ ihren Pfeilhagel fliegen.

Ohne zu sehen was passierte, klappte sie schließlich auf dem Boden zusammen und wurde für einen Moment ohnmächtig.

Als sie wenig später wieder zu sich kam und sich aufsetzte, sah sie den Bären, welcher tot am Boden lag. Die Pfeile hatten ihn genau dort getroffen, wo Loriena es beabsichtigt hatte, zwischen den Augen.

Tazal kam auf sie zugerannt und leckte sie im Gesicht ab.

»Schön, dass es dir gut geht.«, sollte die Geste heißen und Loriena verstand sie.

Sie nahm sich die Zeit und streichelte Tazal am Kopf. »Gute Arbeit, Kleiner.«, lobte sie ihn.

Dann erhob sie sich und wollte auf den Bären zugehen, als sie die riesige Schnittwunde an ihrer Hüfte bemerkte. Erst in diesem Moment übermannte sie der Schmerz, welcher ihr vorher nicht eine Sekunde aufgefallen war.

Blut strömte aus der Wunde hervor und färbte ihre Rüstung rot. Loriena blickte eine Weile nachdenklich auf die Verletzung.

»Den Triumpf werde ich ihm nicht lassen.«, sagte sie entschlossen und ging mit Schmerzen in der Hüfte auf Brummbärs Kadaver zu.

Loriena versuchte nicht einmal, den Bären auch nur einen Millimeter zu bewegen. 400 Kilogramm ließen sich schließlich nicht einfach so tragen. Viel eher suchte sie nach einer Lösung für dieses Problem.

»Wir haben doch da etwas durchgenommen...«, murmelte sie vor sich hin, während sie den Bären anstarrte. »Ich frage mich, ob das funktioniert...«

Dann schwebte ihre Hand über dem leblosen Tier und Lorienas gesamte Konzentration war auf sie gerichtet.

»Bei leblosen Dingen hieß es...«, gab sie erneut von sich.

»Malei elen direndi!«, sagte sie mit klarer und deutlicher Stimme.

Daraufhin kam eine blau schimmernde Kugel aus ihrer Hand, welche wie eine Seifenblase aussah und legte sich über den Bären. Nachdem die Kugel ihn komplett umschlossen hatte, geschah etwas Unglaubliches, was Loriena selbst staunen ließ. Der Brummbär schrumpfte zu einer kleinen Figur zusammen, die sie einfach in die Tasche stecken konnte.

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht hob sie Brummbär auf und steckte ihn in die Seitentasche ihrer Rüstung. Dann gab sie Tazal ein Zeichen zum Gehen und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zurück zu Nadok.

Sie verliefen sich eine Weile und Loriena spürte den Schmerz immer deutlicher. Als der kleine Wolf endlich die Fährte des Pferdes aufnehmen konnte, merkten sie, dass sie die ganze Zeit um das Pferd im Kreis herum gelaufen waren und nur tiefer in den Wald hätten hinein gehen müssen.

Ein leises, aber fröhliches Wiehern kam von Nadok, als er Loriena erblickte. Besorgnis lag in den Augen des Pferdes, dies konnte Loriena deutlich erkennen. Mit stechendem Schmerz in der Hüfte, trottete Loriena zu Nadok und griff in die Satteltaschen. Mit einer Hand kramte sie darin herum, nahm die Wundsalbe von Khaelon sowie eine Phiole mit einer roten Flüßigkeit heraus.

Danach setzte sie sich auf den Boden und zog ihren Dolch hervor. Ohne zu zögern, schnitt sie ein Stück des Leders aus der Hose hinaus, um die Wunde besser freilegen zu können. Anschließend öffnete sie das kleine Glas mit der Wundsalbe. Mit dem Finger nahm sie sich etwas heraus und strich es behutsam auf ihre Wunde. Loriena musste sich ein lautes Schreien verkneifen.

Sie erinnerte sich, was Khaelon ihr über diese Salbe gesagt hatte. »Benutze sie nur wenn es wirklich nötig ist, Loriena. Sie heilt Wunden sehr schnell, aber die Schmerzen sind groß. Sie zerren an deinen Nerven und tun deinem Körper auf Dauer nicht gut. Sie ist für Notfälle mein Kind.«

Möglicherweise hätte sie die Salbe nicht verwenden sollen. Allerding bezweifelte sie, ob sie es mit einer solch großen Wunde bis zu Brons Lager geschafft hätte, ohne dabei ohnmächtig zu werden.

Als der Schmerz ein wenig nachließ, nahm Loriena die Phiole in die Hand und zog den Korkverschluss hinunter. Die Flüßigkeit darin hatte einen penetranten Geruch. Während Tazal und Nadok sie neugierig beobachteten, führte sie die Phiole zum Mund und ließ die Flüßigkeit in ihren Mund laufen, schluckte sie hinunter und setzte dabei einen angeekelten Gesichsausdruck auf.

»Das ist ein Heiltrank.«, erklärte sie ihren beiden Gefährten.

Dann ruhte Loriena sich eine Weile aus und döste, während sie sich an dem Baum anlehnte. In dieser Zeit heilte ihre Wunde.
 

***

Als sie wieder aufwachte, fühlte sie sich zwar gesundheitlich wesentlich besser, war aber schlapp und wollte am liebsten weiterschlafen. Nadok stubste sie jedoch an und deutete mit dem Kopf gen Himmel. Entsetzt stellte sie fest, dass es bereits dämmerte und bald dunkel werden würde.

Rasch sprang Loriena auf und stieg auf ihr Pferd. Tazal, der die ganze Zeit Wache gehalten hatte, stand nun wieder schwanzwedelnd neben Nadok.

Loriena gab Nadok die Sporen und sie ritten zu Brons Lager zurück. Sie spürte den kalten Wind und wickelte sich ihren Umhang um, damit ihr etwas wärmer beim Reiten wurde.

Es war schon dunkel, als die drei in Brons Lager eintrafen. Die Zwerge, welche am Lagerfeuer saßen, blickten neugierig zu Loriena. Nachdem sie von Nadok abgestiegen war, stand Farek schon vor ihr und sah sie angespannt an.

»Wie geht es dir, Elfenmädchen?«, fragte er.

»Gut.«, antwortete sie knapp.

Farek betrachtete sie und suchte nach Wunden und Schrammen. Erleichtert seufzte er, als er nichts Dergleichen fand.

»Schön, dich wohlauf zu sehen.«, sagte er und grinste.

Loriena schenkte ihm ihr schönstes Lächeln.

»Hast du den Bären erlegen können?« Die Neugier in seiner Stimme war nicht zu überhören.

»Ja. Nun werde ich Morek aufsuchen.«, erklärte sie dem Zwerg, übergab ihm Nadoks Zügel und ging davon.

Ohne um Einlass zu bitten, betrat sie Moreks Zelt. Als sie sah, dass Morek auf seinem Stuhl saß, den Bierkrug in der einen Hand, die Pfeife in der Anderen, wurde sie wütend.

»Ich habe den Auftrag erfüllt.«, sagte Loriena kurz und knapp.

Mit hochgezogenen Augenbrauen drehte Morek sich zu ihr um und sah sie grimmig an. »In Flockenhain lernt man wohl keine Manieren, sonst würdet ihr doch vorher um Einlass bitten, nicht wahr?«, sagte er.

Loriena ignorierte seinen arroganten Kommentar.

Morek verließ das Zelt, sah sich draußen um und kam schließlich wieder hinein. Dann nahm er einen Zug aus seiner Pfeife und sah Loriena erstaunt an.

»Ich sehe keinen erlegten Bären. Somit ist der Auftrag nicht erfüllt.«, erklärte er und die Freude in seiner Stimme war nicht zu überhören.

Daraufhin zog Loriena die kleine Figur aus ihrer Seitentasche, legte sie auf den Boden und hielt ihre Hand darüber.

»Ladvel elen direndi!«, sagte sie und der Zauber, der auf Brummbär lag, löste sich.

In Moreks Zelt lag nun ein 400 Kilogramm schwerer Schwarzbär.

»Was ist das für ein elfischer Unfug?«, brüllte er, während er mit Entsetzen in den Augen auf Brummbärs Kadaver blickte.

»Elfischer Unfug? Das ist ein Zauber, den ihr niemals beherrschen werdet. Nun, ich habe meinen Auftrag erledigt, wie ihr sehen könnt.« Lorienas Stimme wurde allmählich zornig.

Morek spielte sich am Bart herum während er seine Pfeife rauchte. »Ihr seht kein bisschen verwundet aus. Ich nehme an, es war einfach ihn zu erlegen?«

»Morek Sturmauge, haltet mich nicht zum Narren! Ihr habt mich getäuscht und das werdet ihr noch bereuen, dafür werde ich sorgen.«, mahnte sie ihn und die Wut funkelte in ihren leuchtend grünen Augen.

Morek versuchte ein unschuldiges Gesicht aufzusetzen. Nach einer Sekunde jedoch wich es einem breiten und triumphierenden Grinsen.
 


 

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"Malei elen direndi!" ~elfische Wörter für: "Schrumpfe diesen Gegenstand!"
 

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"Ladvel elen direndi!" ~elfische Wörter für: "Vergrößere diesen Gegenstand!"



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Azahra
2013-01-29T08:01:10+00:00 29.01.2013 09:01
Puh, dass war aber wirklich knapp!
Wäre Tazal nicht genau im richtigen Moment erschienen, wäre Loriena nun tot.
Ich finde den Zauber fasziniert! Mir gefallen deine Ideen, auf die du kommst :)
Du hast die Idee mit dem Schrumpfzauber sehr gut umgesetzt. Ich kann mir direkt Moreks Gesicht vorstellen, als die Figur plötzlich zu einem Bären wird *hihi*
Sehr gut gemacht :)

Dieser Morek ist ein unsympathischer Zwerg! Ich mag ihn nicht! Was wollte er mit seiner Aufgabe nur bezwecken? Loriena aus dem Weg haben??

Bis bald :)
cucu
Azahra
Hab dich! Du bist dran!
(Nicht wundern. Geschieht im Rahmen eines Zirkels :))



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