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Iters Licht

Die Chroniken von Iter
von

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Die Zuflucht

Der Tunnel erwies sich als länger, wie vermuten ließ. Ava hoffte, den Ausgang schnellsmöglich zu finden. Zum Glück verlief der Tunnel nur geradeaus, und nicht in Windungen und Kreuzungen. Kerzen hingen an den Wänden und sorgten dafür, dass man wenigstens weit in das Tunnelinnere sehen konnte.

Ava fragte sich, wohin dieser Gang wohl führen würde. Sie hatte noch nie etwas von ihm gehört, und konnte sich nicht erklären, wieso er nicht längst bei den Schülern als geheimer Raucherplatz oder ähnlichem genutzt wurde. Aber auch von der schwarzen Tür hatte sie noch nie gehört. Jetzt, wo sie über all das nachdachte, hielt sie diesem nächtlichenb Ausflug überaus leichtsinnig und bekam es langsam mit der Angst zu tun. Doch da erkannte sie etwas in der Ferne, das sie aufatmen ließ. Weit im Tunnel war etwas Licht zu erkennen, mit Sicherheit war dort der Ausgang.

Ava beeilte sich, um dorthin zu gelangen. Als sie es endlich erreichte, trat sie in einen gigantischen, lichtdurchfluteten Raum. Man könnte es auch Saal nennen, denn der besagte Raum hatte die Größe einer Halle eines Schlosses. Zumindest eines Schlosses, wie Ava es sich vorstellte.

Ava trat ganz langsam in den Saal hinein und schaute sich mit ungläubigen Augen um. Sie wusste nicht, wo sie hier gelandet war. Der Saal war sehr hell, obwohl das Licht von wenigen Kerzen zu kommen schien, die an den hohen Wänden hingen. Diese Wände bestanden aus Sandfarbenem Gestein und wirken sauber. Fast so, als würden sie täglich gereinigt werden.

Als nächstes fielen Ava die gigantischen Treppen auf, die sich spiralförmig in die Höhe wunden und zu höheren Stockwerken zu führen schienen. Es gab aber auch eine große Treppe, die breit auslief und ebenfalls nach oben führte.

Ava fand diesen Raum einfach faszinierend. Sie verließ ihren Standort und marschierte mit ruhigen Schritten durch die Halle. Ihr Blick wanderte nach oben. Die Decke war gewöllbt wie eine runde Kuppel und bestand aus demselben sandfarbenem Gestein wie die Wände. Schöne Verzierungen von Engeln und anderen Wesen, die sie nicht kannte, waren in den Stein gemeizelt und verliehen dem Ganzen noch einen mysteriöseren Eindruck.

Jetzt fiel ihr auch auf, dass die Kerzen an den Wänden doch nicht die einzige Lichtquelle in dem Saal war. An der Decke hingen einige riesige Kronleuchter, mit vielen brennenden Kerzen besetzt. Ava konnte sich nur schwer vom Anblick der Decke lösen. Aber ein weiterer interessanter Bereich fiel in ihren Blickfeld. Der Boden des Saals. Er hatte eine undefinierbare Farbe, denn mit seinem dunklen Farbton von Grau und Dunkelrot stieß er sich stark von den hellen Wänden ab. Ausserdem ging ein leichtes Glitzern von ihm aus. Oder war es ein Leuchten? Ava konnte es nicht zuordnen.

Sie lief einfach weiter, den Blick auf den Boden geheftet. Gerade noch rechtzeitig blieb sie stehen, denn vor ihr erhob sich eine Steinsäule. Sie blinzelte erschrocken und musterte das Gebilde vor sich. Sie stand genau in der Mitte der Halle, und vor ihr befand sich eine Art Podium. Allerdings ein sehr kleines. Es war rund und gerade mal so hoch, dass es zwei Stufen gab. Aber rund um es herum standen einige hohe Steinsäulen. Alles bestand wieder aus dem bekannten Gestein.

Ava sah sich um, obwohl es ihr eh klar war, dass es hier nur sie gab. Aber sicher war sicher. Also sah sie sich nochmal genau um, bevor sie dann den Fuß vorsetzte, um das Podium zu betreten. Sie stellte sich in die Mitte des runden Gesteins und überblickte die Halle. Sie konnte es noch immer nicht verstehen, wieso ein Tunnel einen Fahrrad-Keller mit soeinem Ort miteinander verband. Sie musste sich weit von der Schule entfernt haben.

Ava trat weiter in die Mitte des Podiums und sofort erschienen dünne rote Linien, die sich rasch zu einem Gebilde zusammenfügten. Ava wich erschrocken einen Schritt zurück, doch die Linien verschwanden nicht. Ganz im Gegenteil, als die letzte Linie sich um das Muster auf dem Podium einfügte, war das Bild komplett. Es war eine Art Pentagramm, ein fünfzackiger Stern. Und an jede Pitze befand sich eine seltsame Rune.

In diesem Augenblick erlosch das gesamte Licht der Halle, sowohl die Kronleuchter als auch die Wandkerzen. Stattdessen lag alles nun im schwachen rötlichen Licht des Pentagramms, das soeben zu leuchten begann.

Avas Herz schlug ihr bis zum Hals, und sie sah zu, dass sie vom Podium herunter kam. Sie sah dabei zum Pentagramm, dessen rotes Licht irgendwie zu flackern schien. Ava wollte hier nicht länger bleiben, jetzt wo Dunkelheit herrschte. Als die Lichter noch gebrannt hatten, sah alles sehr schön und gemütlich aus. Doch nun war alles anders, sie bekam an düsteren Orten immer Angst und Panik. So auch nun.

Ava verengte die Augen zu Schlitzen und versuchte, in der Dunkelheit den Weg zu erkennen. Aber es gelang ihr nicht, vor ihr lag nur Schwärze.

Dann erklang ein leises Geräusch an ihrem linken Ohr. Es war leise, doch so grausig, dass es Ava eiskalt den Rücken herunter lief. Es klang irgendwie nach einem Schleifen oder ziehen. Dann war es auch schon soweit! Etwas erschien direkt neben Ava und bewegte sich an sie vorbei. Es war eine Frau. Sie lief einfach seelenruhig an Ava vorbei, den Blick fest nach vorn gerichtet. So, als würde sie das junge Mädchen gar nicht bemerken. Dies allein war schon heftig für Ava, auch weil sie die Frau im Dunkeln nicht hat kommen sehen. Doch als sie die Frau genauer ansah, traf sie ein Schock. Dies war keine normale Frau, das war ihr sofort klar. Denn sie sah alles andere als normal aus. Sie war groß, hatte langes schwarzes Haar und trug ein langes, weißes Kleid, das sie hinter sich herschleifte. Schuhe trug sie keine, sondern ging Barfuß. Auf dem Kleid befanden sich einige rote Flecken die erschütternderweise sehr nach Blut aussahen. Auch in ihrem Gesicht klebte diese Blutähnliche Schmiere, das nach genauen Hinsehen aussah, als würde es aus ihren Augen fließen. Jetzt wusste Ava auch, woher das seltsame Geräusch stammte. Denn diese Frau umgeben von vielen, silbernen Ketten. Es waren dicke, schwere Ketten, die sich um ihre Arme, Brust, Bauch und Beine wunden und ihren ganzen Körper zerquetschen zu schienen. Sie fielen hinter ihr zu Boden und verloren sich weit hinter ihr in der Dunkelheit. Wie lang sie waren, war nicht zu erkennen.

Aber über soetwas konnte Ava in diesem Moment nicht nachdenken, sie war gelähmt vor Entsetzen.

Die Frau marschierte unbekümmert weiter und zog die Ketten hinter sich her. Ava stand nur da und schaute ihr nach.

Doch schon spürte sie, wie sich eine kalte Hand von hinten um ihren Mund legte. Und dann wurde sie brutal weggerissen. Eine Stimme zischte ihr etwas ins Ohr und sie wurde weiter weggezogen, hinein in einen nahe liegenden Seitengang. Ava wehrte sich eisern gegen den Griff, aber der Unbekannte war kräftig. Er zog sie mühelos mit sich. Ava dachte in diesem Moment nur noch daran tun, alles erdenkliche zu versuchen, um zu entkommen. Tatsächlich gelang es ihr, sich los zu reissen. Doch der Fremde ergriff sie sofort an den Schultern und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Er klang ernst, aber sachlich.

"Was machst du hier? Du weißt, dass hier um diese Uhrzeit Niemand etwas verloren hat."

Ava aber schien seine orte gar nicht wahr zu nehmen. Sie versuchte nur, sich von seinen Händen zu befreien.

"Wer bist du überhaupt? Doch kein Neuling, oder?" fragte er und lockerte seinen Griff etwas. Ava befreite sich von ihm und sah ihn endlich an. Wegen der Dunkelheit konnte sie ihn nicht richtig sehen. Sie erkannte lediglich, dass er größer war als sie und dorekt vor ihr stand. Dann wurde ihr wieder klar, wo sie eigentlich war, und die Panik stieg in ihr auf.

"Wo, wo bin ich hier?", fragte sie und sah sich hektisch um. "Nicht mehr auf dem Schulgelände, oder?"

"Jetzt beruhige dich erstmal. Sag mir erstmal, wieso du hier bist. Wieso gerade jetzt, liegt dir nichts an deinem Leben?"

Bei diesen Worten zuckte Ava zusammen und wich einige Schritte zurück.

"Wo bin ich hier?" fragte sie erneut, nun etwas ruhiger.

"Hä? Na, in der Zuflucht. Wo wolltest du denn sonst hin?" sagte der Fremde und wollte seine Hände aif Avas Schulter legen. Doch diese wich zurück.

"Zuflucht? Zuflucht für wen?" fragte sie. Der Fremde hielt inne. Er reagierte auf ihre Frage nicht. Es wurde ihr immer unheimlicher. Hatte sie sich verraten? Hätte sie so tun sollen, als wäre sie absichtlich hier? Immer mehr Panik stieg in Ava auf.

Dann reagierte der Unbekannte wieder. Er hob seine Hand und deutete in die Richtung, in der diese unheimliche Frau vorhin verschwunden war.

"Du weißt nicht, wer das vorhin gewesen ist, habe ich Recht?" fragte er misstrauisch. Ava stand unter Druck. Was sollte sie nun antworten? Waswar, wenn sie sich nur tiefer in den Dreck riss? Schlißelich entschied sie sich für die Wahrheit und schüttelte mit dem Kopf. Der Fremde stöhnte auf und schlug sich die Hand vor die Stirn.

"Dann hattest du wahnsinniges Glück. Sei froh, dass du so davon gekommen bist. Wir müssen sofort miteinander reden!"

"Nein!", sagte Ava entschieden und laut. "Ich will nur eins, undzwar so schnell wie möglich hier weg. Ich weiß ja nicht einmal, wo ich hier eigentlich bin."

Ava schritt immer weiter von ihm weg, mit erhobenen Händen.

"Ich werde jetzt zurück gehen und du wirst mir nicht folgen, verstanden?"

"Aber wir müssen-"

Doch Ava hörte ihn nicht, denn in diesem Moment wirbelte sie herum und rannte davon. Überall herrschte Dunkelheit, doch sie rannte weiter. Sie war sich nicht sicher, wo sie entlang gehen musste, doch das interessierte sie gerade nicht.

Die entfernten Rufe des Unbekannten Kerls verrieten ihr, dass sie sich schon weit von ihm entfernt hatte.

Als das rote Leuchten des Podiums erschien, erkannte sie endlich, wohin sie gehen musste. Sie rannte weiter, an dem Podium vorbei und hinein in einen Gang. Es war derselbe Gang, von dem sie gekommen war.

Als sie durch den Gang rannte, flammten die Kerzen auf, die an den Wänden hingen und eigentlich erloschen sein sollten, so wie auch alle Kerzen in der Halle. Sie flammten immer genau in dem Moment auf, in dem Ava an ihnen vorbei rannte. Danach erloschen sie dann wieder. Doch darauf achtete Ava nicht, sie wollte hier weg, sonst nichts.

Als die letzte Kerze hinter ihr erlosch und Ava endlich vor der großen schwarzen Tür stand, atmete sie erschöpft und erleichtert auf. Ihr kam es vor, als würden ihre Augen vor Tränen brennen. Sie wischte sich über ihre Augen und öffnete die Tür, die knirrte und quietschte.

Vor sich erkahnnte Ava den bekannten Fahrrad-Keller und knallte die Tür erleichtert hinter sich zu. Ohne groß nachzudenken rannte sie durch den Keller, die Treppe rauf und in die Nacht hinein.

Sie sah hoch zum Schulgebäude. Gehörte diese sogenannte Zuflucht wirklich nicht zum Schulgelände? Das konnte sie irgendwie nicht so recht glauben. Wieso sonst sollte der Fahrrad-Keller dorthin führen? Aber jetzt hatte sie absolut keine Lust, an soetwas zu denken.

Sie lief schnell über den Schulhof und gelangte zur Straße, als sie eine Person erkannte, die sich von der anderen Straßenseite näherte. Ava erkannte den pummligen, blonden Jungen sofort und rannte überglücklich zu ihm.

"Alex!" schrie sie. Er schloss sie überrascht in seine Arme, als sie auf ihn zustürmte.

"Ava, ich habe deine Nachricht gehört. Was machst du um diese Uhrzeit nur hier?" fragte Alex. Doch Ava konnte nicht antworten. Den sofort bekam sie einen Heulanfall. Alle Angst und Panik der letzten Stunden fielen in diesem Moment von ihr ab, als sie ihren besten Freund hier sah.

Sie war noch nie so froh darüber gewesen, einen verlässlichen Freund zu haben.



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