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Blind eyes

von

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Regen mit Tee

Es würde Regen geben.

Linn lächelte und legte ihren Kopf in den Nacken. Für die meisten Bewohner in New York bedeutete dies, nasse traurige Straßen, verzweifelte graue Wände, und Menschen die zu einer anonymen Herde von Regenschirm tragenden Personen verschwammen.

Doch nicht für Linn. Nichts war reiner und schöner als Millionen von Tropfen, die wie gefallene Engel auf die Stadt niederstürzten und das Blut und den Dreck New Yorks aus den Rinnsteinen spülten.

Es war, als wollten sie die Stadt von ihrem Übel befreien. Der Regen wusch die Spuren der Vergangenheit fort, doch ohne sie zu vergessen. Die Tropfen sangen einzig und allein für Linn, so kam es ihr jedenfalls vor. Oder stimmte das gar nicht? War sie vielleicht einfach nur die Einzige, die im Stande war sie und ihre Botschaft zu hören? Die Tropfen sangen ein uraltes trauriges Lied, das dennoch von Leben und Wachstum zeugte.
 

Linn erhob von der hölzernen Bank, auf der sie saß. Sie konnte spüren wie die Luftfeuchtigkeit in der Luft um sie herum stieg und die Poren des Holzes sich schlossen. Ein Grinsen legte sich auf ihr Gesicht, als sie hörte, wie ihr Verfolger ebenfalls aufstand.

Schon seit Tagen hatte sie einen unbekannten Schatten. Linn kannte ihn nicht. Sie hätte sich fürchten müssen, versuchen ihn abzuschütteln, ihn angreifen und beseitigen oder ihn mit ihrem Wissen konfrontieren, doch sie tat es nicht. Sie fand einen gewissen Reiz daran ihm im Unklaren darüber zu lassen, das sie ihn bereits von Beginn an entdeckt hatte. Es war ein Spiel mit dem Feuer. Sie musste sich eingestehen, er war gut, verdammt gut und im Geheimen zollte sie ihm großen Respekt, doch sie war besser! Niemand vermochte es sie zu täuschen. Sie konnte ihn spüren. Sie hörte das rascheln seiner Jacke, als er sich erhob, den Riemen seiner Tasche, wie er ihn über seine Schulter streifte und seine Schritte, wie er auf die Feuerleiter der Hauses zuging, auf dessen Dach er saß. Mit sanften federleichten Schritten stieg er die Stufen hinab, mit einer Leichtigkeit, die Linn schon vor Tagen überrascht hatte. Elegant wie ein Seiltänzer in der Manege glitten seine Füße über die verrosteten Sproßen. Bewundernswert.

Linn wandt sich ab. Sie lief einige Schritte und blieb dann in der Mitte des Parkweges stehen. Hoch oben nahm sie wahr, wie sich sie ersten Tropfen aus der Wolkendecke lösten. Sie breitete die Arme aus und wartete. In den Augen der Menschen um sie herum machte sie sich wohl vollständing zum Narren, doch es war ihr egal. Sie konnte hören, wie die Leute auf sie zeigten und zu tuscheln begannen. Ein Seufzen verließ ihre Lippen, als der erste Tropfen ihr Gesicht liebkoste, ihren Hals hinaub ran und dann unter den Rand ihres T-Shirts verschwand. Bald darauf war sie durchnässt und ihre Kleidung klebte an ihr wie eine kalte nasse zweite Haut. Noch immer lächelte Linn. Sie hörte das Echo eines jeden Tropfens bis dieses dann schließlich verklang um einem seiner Brüder platz zu machen. Durch den Schall, welcher von jedem Gegenstand, jedem Halm und Menschen zurückgeworfen wurde, malte sie sich ein genaues Bild ihrer Umgebung. Obwohl ihr Verfolger mehrere Hundert Meter entfernt war, nahm sie jede Hautunebenheit, jede Narbe, jeden Muttermal und jede Pore wahr. Und das was sie wahrnahm ließ sie erneut Grinsen. Er sah nicht schlecht aus.

Sie begann sich langsam um ihre eigene Achse zu drehen und zog den Duft des nassen Erdreichs ein. Über ihr schlug des Geruch von Wachstum und Leben zusammen, das ihr ganz schwindelig wurde und sie einige Sekunden still stehen musste.

Summend sprang sie durch die Pfützen und tanzte einen ihr vorher unbekannten Tanz, zum Rhythmus des Regens.

Der Park hatte sich mittlerweile geleert und so verbeugte sie sich schließlich lachend vor ihrem nicht vorhandenen Publikum.

Sie spürte wie ihr Schatten seine Augenbraune hob und kurz schmunzelte, bevor sich wieder eiserne Härte auf seine Züge legte. Es wunderte Linn, das er sie aus dieser Entfernung aus beobachten konnte, doch viel wusste Linn nicht über das Sehen, schließlich war sie blind. Doch konnte man es blind nennen? Sie nahm alles wahr, konnte sich orientieren und mehr. Blind. Das hörte sich immer an wie ein Fluch, eine Krankheit. Oftmals waren die Stimmen die es aussprachen von Mitleid durchtränkt und betrübt. Doch Linn war weder traurig, noch sah sie sich im Nachteil. Im Gegenteil, sie bedauerte die Menschen, die sehen konnten und dennoch blind waren. Blind für die Schönheit, die sie umgab.

Linn drehte sich noch einmal lachend im Kreis, dann nahm sie ihren Blindenstock und machte sich auf den Weg zu ihrer Wohnung. Mit schnellen Bewegungen, ließ sie ihn über den Boden streichen und ging schneller als man es ihr zugetraut hätte. Wenn man es genau nahm, brauchte sie ihren Stock nicht. Aber eine Blinde ohne Stock oder Hund? Nein, das wäre zu auffällig. Auch ihre trüben blinden milchigen Augen versteckte sie stehts hinter einer dunklen Brille.

Knarrend schwangte die Türe ihrer kleinen Wohnung auf und Linn streifte ihre Schuhe im Hausflur ab. Nachdem sie sich ihrer nassen Kleidung entledigt und ihre schwarzen kurzen Haare getrocknet hatte, setzte sie einen eisernen Kessel Wasser auf die Platte und lehnte ihre Stirn an die kalte Scheibe des Fensters, als würde sie nach draußen blicken. Irgendwo in der Ferne hatte ihr Verfolger Posten bezogen.

Er fror.

Zwischen all den Geräuschen der verschiedenen Leben um ihr herum konnte Linn seine Zähne klappern hören. Sie nahm wahr, wie er seine Muskel an- und entspannte und versuchte die Kälte aus seinen Gliedern zu vertreiben, doch der Wind zog und zerrte mit unbarmherziger Härte an seinen Kleidern, als wollte er das letzte bisschen Wärme stehlen.

Seufzend stieß sich Linn von der Fensterbank ab, als der Kessel zu pfeifen begann.

Die Nachbarn stritten mal wieder.

Der Mann warf seiner Frau mal wieder vor ihn zu betrügen, dabei war er es doch, der sich mit der Dame aus dem zehnten Stock vergnügte.

Linn hustest, als sie ihre Zunge an dem heißen Tee verbrannte. Ihr Temperaturempfinden war eigentlich um längen besser ausgeprägt als das ihrer Mitmenschen. Sie war in Gedanken gewesen.

Mit einem Lappen wischte sie den Kranz Tee weg, der sich auf der Fensterbank gebildet hatte.

Zwei Blocks weiter hatte eine alte Fabrik Feuer gefangen, doch es war unter Kontrolle. Auch ohne Löscharbeiten würde der Regen die Flammen bald gelöscht haben.

Linns Gedanken kreisten wieder um ihrem Verfolger, der sich in diesem Moment die Hände rieb und auf und ab hüpfte.

Dann fasste Linn einen Entschluss. Sie durchkämmte ihre Wohnung nach Block und Stift. Gar nicht so einfach diese Gegenstände bei einer Blinden zu finden. „Ist dir nicht kalt?“ schrieb sie in großen ungelenken Buchstaben auf das Papier. Die Schrift der Sehenden zu schreiben, kam ihr unglaublich schwer vor.

Hätte sie allerdings sehen könnte, so hätte sie die krackelige windschiefe Schrift erblickt. Viel zu fest aufgedrückt und erzwungen, wie die eines kleinen Kindes. Doch man konnte sie lesen und das war alles was wichtig war. Sie knallte die den Block an die Scheibe und hoffte ihr Schatten könnte es erkennen. „Was?“, hörte sie ihn in der Ferne, ungläubig das sie ihn entdeckt hatte.

Sie grinste schief, dann schrieb sie: „Eben; „Was?“ ist die Fragen. Tee oder Kaffee mein Verfolger.“ „Kannst du mich hören?“, fragte er und kam sich dabei reichlich dämlich vor. Linn nickte und strahlte ihm entgegen. Sein Kopfhörer knackte, und jemand anderes sagte etwas, was Linn nicht verstand, da grade in diesem Moment ein Löschzug mit Sirene um die Ecke bog. Ärgerlich verzog sich ihr Gesicht. Sie mochte keine lauten Geräusche.

Als sie sich wieder auf dem Unbekannten konzentrierte, war dieser vom Dach verschwunden. Sie machte ihn vor ihrer Türe aus und öffnete ihm mit schwung die Türe, dass sie fast gestolpert wäre.

„Sie sollten nicht jedem einfach die Türe öffnen.“, sagte er mit tiefer samtig weichen Stimme, die in Linns Bauch kribbelte und nur mit Mühe konnte sie sich davon abhalten, wie ein kleines Schulmädchen zu kichern. „Oh, glaub mir, ich kann auf mich aufpassen. Tee oder Kaffee?“, fragte Linn erneut.

Der Verfolger setzte sich an den Tisch. „Ich könnte hier sein um sie zu töten.“

„Das hättest du tun können, vor drei Tagen, am Busbahnhof oder im Supermarkt, vielleicht auch als ich bei meiner Freundin Sarah war, auch wenn es dann Augenzeugen gegeben hätten. Oder vorgestern in der U-Bahn, du warst drei Wagons hinter mir. In der Blindenbibliothek, als ich alleine dort war, als ich in meiner Wohnung war und auf dem Fensterbrett geschlafen haben. Gestern, auf dem Nachhauseweg oder heute im Park. Aber du hast es nicht ein einziges Mal versucht, also gehen ich davon aus, das dein Erscheinen andere Gründe hat.“, Linn lehnte sich zurück. „Sie haben mich also bemerkt.“ „Von Anfang an.“, nickte sie. „Beeindruckend. Einen Tee bitte.“ Linn spürte wie er sie musterte, als versuchte er hinter ihr Geheimniss zu kommen. Sie zog den wilden aromatischen Duft des frischen Tees ein und stellte dann die Tasse auf den Tisch. „Also, was willst du von mir? Und noch viel wichtiger: Wer bist du überhaupt?“, fragte sie. Fast schlich er sowas wie ein Lächeln auf sein Gesicht, im Anbetracht ihrer Wortwahl. Es blieb bei einem Schmunzeln. „Meine Name ist Clint Barton. Ich komme von einer Organisation namens S.H.I.E.L.D..“ „Nie gehört.“ „Wirst du auch nie.“ Jetzt lächelte er.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Pflanze
2013-03-01T12:14:03+00:00 01.03.2013 13:14
Schönes erstes Kapitel, du hast einen guten Schreibstil, hoffe da kommt bald mehr =)
Antwort von:  Sopschild
02.03.2013 18:45
Vielen Dank, schön das dir die Geschichte gefällt, ich hoffe du verfolgst sie weiter.
lg Sop


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