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Weltensprung

von

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„Mach dir nichts draus, Melvin.“ Ann tätschelte ihm leicht den Arm. „Es ist doch nur ein Spiel“

Melvin hasste es, wenn sie so von seinem Sport redete. Es war immer seine Leidenschaft gewesen, seine Passion, der Moment, auf den er das ganze Jahr hin hingearbeitet hatte. Sechs Ringe. Mehr hätte es nicht gebraucht. Sechs verdammte Ringe. Und er hatte daneben geschossen! Einfach daneben. Er hatte sich ablenken lassen!

„Jah, ich weiß“, antwortete Melvin und seufzte. Irgendwo hatte sie ja recht, es war nur ein Sport. Er strich sanft mit der Hand über den Bogen, an einer Halterung an seiner Seite trug. Nur ein Sport, ja, aber... ein leises Zischen ließ ihn aufhorchen. Ein Klirren, das federnde Geräusch einer Klinge, die in Holz drang. Sofort schob Melvin sich vor Ann. Ein dürrer Junge mit schütterem blondem Haar stand vor ihm in der Gasse.

„Hallo, Peaks.“ Melvin versuchte unauffällig, einen an der Wand lehnenden Besen zu greifen.

„Nanana, Melvin, du hast uns ja doch noch nicht vergessen“, meldete sich eine Stimme hinter ihnen.

„Wo Peaks ist, ist auch John nicht fern. Was wollt ihr?!“, fragte er lauter und drehte sich um.

„Das weißt du genau, Melvin. Wir haben noch eine Rechnung offen, wie du hoffentlich weißt.“

„Das ist Jahre her. Auch ihr solltet einfach damit abschließen!“

„Ich denke nicht daran, Melvin. Wir können nicht so einfach vergessen. Du hast uns damals einfach im Stich gelassen!“ John schlug mit seinem Schlagring in die Wand neben ihm.

„Schließ damit ab, John. Es ist vorbei. Es war schon damals vorbei. Wir haben gemeinsam beschlossen, getrennte Wege zu gehen, wenn du dich recht erinnerst, oder?“

„Halt dein verdammtes Maul, du verdammter Feigling! Du hast uns damals verraten!“

„Das wird mir langsam zu blöd hier. Ann, komm, wir gehen.“ Er drückte ihre Hand und zog sie hinter sich her. Er ging auf John zu, schob ihn leicht zur Seite und ging einfach weiter.

„Hey!“, schrie John. „Hey, du Arschloch!“ Eine Hand zerrte an Melvins Schulter und riss ihn zurück, bevor ihm etwas Hartes ins Gesicht schlug. „Du bleibst schön hier!“

Melvin wurde gegen die Wand geschleudert und verlor Ann aus dem Griff. „Ann, Lauf!“, schrie er und fing seinen Sturz mit seiner Hand ab, während die andere den Besenstiel griff. Mit einem Satz sprang er auf die Beine und fing einen weiteren von Johns Schlägen mit dem Stab ab.

„Peaks, Jesse! Verfolgt die Kleine!“, schrie John über die Schulter, bevor er einen Nunchaku aus seinem Gürtel zog. Melvin sah die beiden, den schmächtigen und den Gorillaartigen Menschen mit einem Baseballschläger, in den Gassen verschwinden, in der mittlerweile Anns Schritte verhallten.

John lies sein Nunchaku mit einer Hand durch die Luft wirbeln, die andere stieß immer wieder in Melvins Richtung vor. Melvin war nur noch damit beschäftigt, die immer wieder auf ihn einprasselnden Angriffe seines Gegners zu parieren. Eine Faust nach der anderen regnete auf ihn nieder, ein ums andere mal hätte ihn das Nunchaku beinahe getroffen, doch bislang bekam er immer seinen Stock dazwischen. Doch an einen eigenen Angriff war nicht wirklich zu denken. Zumindest nicht aus seiner aktuellen Position. Mit einer leichten Drehung nach links wich er einem weiteren Schlag aus und sprang nach hinten weg. Johns Schlag ging an ihm vorbei und landete in der Wand.

„Du Feigling!“, schrie John und begann wie ein wütender Eber zu schnauben, bevor er auf Melvin zu rannte. Diese Situation gefiel ihm um einiges besser. Er ließ John mit einer Finte ins Leere laufen, das Nunchaku krachte in die Wand. Sofort schlug er ihm den Stock auf den Rücken, bevor er sich mit einem weiteren Sprung hinter seinen Gegner beförderte.

„Gib es auf, John. Du hattest damals keine Chance und du hast heute keine. Du warst immer nur die Nummer zwei!“, sagte er leise.

„Und ich war zufrieden damit! Wir waren mal Freunde, Melvin! Freunde!“

„Wenn es nach mir geht, sind wir das immer noch, John.“

Mit einem weiteren wütenden Schrei stürmte dieser erneute auf Melvin zu, der ihm wieder ins Leere laufen ließ.

„Ich hab’s dir damals gesagt und ich sagst dir heute wieder: Wenn du so angreifst, bist du blind, John!“

„Halts Maul, für dich reicht es noch!“ Er rannte erneut los und ließ sein Nunchaku kreisen. Melvin ließ ihn wieder passieren und verpasste dem Rennenden einen Schlag mit seinem Stab in den Nacken. Mit einem ekligen Geräusch krachte John in die Wand.

„Meinst du das immer noch, John?“

„Es ist doch egal.“ Zitternd stand John auf und wischte sich Blut mit dem Handrücken aus dem Mundwinkel. „Mittlerweile werden Jesse und Peaks die Kleine gefunden haben. Und dann bekommen wir unsere Rache, vertrau mir.“ Wie zur Bestätigung schrie irgendwo in der Ferne Ann plötzlich auf. Dann verstummte sie.

„Verdammte Scheiße!“, spie er aus und rannte los. Hinter sich hörte er John lachen. Wenn Peaks sie erwischt hatte, sah es schlecht aus. Der Typ war einfach nur durchgeknallt und das wusste Melvin auch, er kannte ihn lang genug. Manchmal war er sogar verdammt sadistisch. Melvin musste zu ihr und das schnell.

„Jetzt scheint Peaks sie zu haben, du Versager!“, schrie John ihm noch hinterher. „Du weißt, was das bedeutet!“

Natürlich wusste er das! Er rannte so schnell er konnte in die Richtung, aus der er den Schrei gehört hatte. Er musste Peaks um jeden Preis aufhalten!

„Ann! Ann! Wo bist du?“, schrie er und rannte weiter. „Ann, sag doch was!“ Wo war sie nur?

„Hahaha, Peaks wird ihr wohl ihr hübsches Zünglein herausgeschnitten haben!“, rief John, der jetzt hinter Melvin her rannte.

Nein! Das durfte nicht sein! Nicht Ann! Bitte nicht Ann! Sie hatte nichts mit ihnen zu tun, nichts mit seiner Vergangenheit, absolut gar nichts. „Ann! Ann!“

Erneut ein Schrei, doch dieses Mal war es ein Mann... Jesse, wenn sich Melvin nicht täuschte. Was war da los? Er blickte über die Schulter und sah an Johns Gesicht, das es wohl nicht so ganz nach Plan zu laufen schien.

„Was ist da los? Jesse! Peaks!“, rief er und rannte nun auch schneller. Melvin hörte echte Sorge aus der Stimme seines ehemals besten Freunds heraus.

„Das kam von da drüben, John!“, sagte Melvin über die Schulter. Sie hatten beide dasselbe Ziel, so einfach war die Sache. „Da drüben, aus dieser Gasse!“ Die beiden rannten hintereinander in die Öffnung herein.

„Was... was ist das?“ Melvin und John kamen schlitternd zum stehen. Vor ihnen, über die ganze Gasse reichend, hing eine gewaltige Fahne, ein Jolly Roger, wenn Melvin sich nicht ganz täuschte. Davor hockte Peaks, seine Messer neben ihm auf den Boden, und starrte entsetzt auf das Tuch.

„Peaks, was war hier los?“, blaffte John.

„Das Mädchen... und Jesse… sie rannten durch die Fahne... es leuchtete auf und dann schrieen sie. Es... war ganz merkwürdig! Erst lief das Mädchen hier rein, wir hatten sie verloren... dann schrie sie. Wir wussten wieder, wo sie war... Jesse ist vorgerannt und als erster hier angekommen. Er hat die Fahne nicht beachtet und ist einfach durch… dann schrie auch er.“ Peaks starrte immer noch auf den Fetzen, der ihnen die Sicht nahm.

„Bitte was? Wir gehen da jetzt durch!“, sagte Melvin sofort. Was auch immer Ann zugestoßen war, er musste sie finden.

„Zur Abwechslung sind wir mal einer Meinung! Los, Peaks, aufstehen!“

„Da durch? Nein, nein, ohne mich! Ihr versteht nicht! Ihr habt sie nicht schreien gehört!“

„Na los, du Ratte! Deinetwegen ist Ann da durch! Also los!“ Mit einem Tritt beförderte Melvin Peaks auf den Bauch. „Sammle deine Messer ein und los! Was auch immer da hinter wartet, wir holen unsere Freunde zurück. Verstanden?!“

„J... Ja, Mel…“ Peaks klaubte seine Messer zusammen und steckte sie an seinen Gurt, wie es John auch mit seinen Nunchakus machte. Auch Melvin kontrolliere noch einmal, ob sein Bogen und die Pfeile alles überstanden hatten. Dann nickte er. Nebeneinander traten die drei durch die Flagge.

Es war, als sei Melvin in Eiswasser gesprungen. Ein helles Licht leuchtete auf, bevor er fiel. Und fiel. Und fiel. Es schien kein Ende nehmen zu wollen. Irgendwann kam er auf. Und dann wurde es schwarz um ihn.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  DemonhounD
2014-03-22T12:00:14+00:00 22.03.2014 13:00
Schade, dass hier so viele Werke nicht die gebührende Aufmerksamkeit bekommen und da ich finde dass dieses, wenn auch schon etwas betagte Werk einen Kommentar verdient, bekommst du nun auch einen:

Mir gefällt vor allem dass du ganz nach Kurzgeschichtenart direkt mit der Story startest und den Leser so quasi ins geschehen wirfst.

Deine Art zu schreiben wirkt sehr lebendig und obwohl man vor allem am Anfang keine Ahnung hat, worum es eigentlich geht fühlt man sich als Leser nicht verloren, was mir sehr gefällt.

Was das Ende angeht habe ich tatsächlich nicht wirklich begriffen, was da vor sich geht. Gehen die irgendwie in eine andere Welt hinein?
Warum?
Klingt sehr wie ein Auftrackt und das erste Kapitel zu einer längeren Geschichte. Für eine Kurzgeschichte hätte ich mir in dieser Hinsicht tatsächlich mehr Information gewünscht.

Ansinsten bin ich restlos begeistert. Speziell von der Kampfszene, die sehr lebendig und actionreich geschrieben ist.

Frohe Schreibziehergrüße!
Antwort von:  Sofian
06.08.2014 16:04
Hi DemonhounD!

Da habe ich doch tatsächlich nicht gemerkt, das hier über Monate ein Kommentar stand! Asche auf mein teilweise ergrautes Haupt! Ich möchte mich daher, wenn auch verspätet, dafür bedanken!

Ja, eigentlich ist es der Auftakt zu einer weitaus längeren Geschichte. Ich kam nur nie dazu, alles existierende abzutippen oder weiterzuschreiben. :/

Auf jeden Fall DANKE!

LG Sofian :D


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