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Bestienhandbuch für Anfänger

Lektion 1: Wie erziehe ich meine Bestie
von

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Generationsunterschied

Kapitel 4 – Hintergrundinformationen zum Allgemeinwissen
 

Kapitel 4.1 – Generationsunterschied
 


 

„Wenn Sie einen genauen Blick in die Vergangenheit

werfen, können Sie feststellen, dass sich bei der

Ausbildung der Bestien einiges Verändert hat.

Deshalb raten wir Ihnen sich die Aufzeichnungen

ihrer Vorfahren einmal genauer anzusehen. Tauschen

sie sich doch mal mir ihrer Familie aus, um die

unterschiedlichen Erziehungsmethoden zu vergleichen.“
 


 

Alles ist in Dunkelheit gehüllt und mein Hintern schmerzt wie verrückt. Scheinbar bin ich auf eine Stufe gefallen und direkt auf der Kante gelandet. Ich taste mühsam mit den Händen den kalten Boden ab. Der Staub klebt an meinen verschwitzten Fingern und mein Herz flattert immer noch von Adrenalin angetrieben wie der Flügelschlag eines kleinen Kolibris.

Vorsichtig stehe ich auf und strecke meine Arme aus. Vielleicht finde ich ja einen Lichtschalter. Klar, als ob der jetzt noch funktionieren würde! Ich mache einen Schritt nach vorne und meine Finger ertasten die Stahlwand. Kühl und trocken. Millimeterweise schiebe ich meine Füße voran, in der Hoffnung auf keinen Widerstand zu stoßen.

Endlich erreiche ich die Wand und mit einem erleichterten Seufzen lehne ich mich an. Mit dem Ohr am kalten Stahl lausche ich nach meinen Begleitern. Der Kampf scheint noch weiterzugehen. Das Summen ist nur noch sehr schwach zu hören. Wie durch einen Schleier nehme ich die Stimmen von Caleb und Kati wahr. Sie scheinen sich etwas zu zu brüllen.

Geht es ihnen gut? Können sie die Schar von Angreifern besiegen?

Nach einer Weile gebe ich auf. Seufzend gebe ich mich meiner Aufgabe hin. Ob ich hier einen anderen Ausgang finde? Mit den Händen taste ich die ganze Wand entlang, finde aber den Mechanismus nicht, der die Tür öffnet. Frustriert wandere ich weiter vorwärts.

Plötzlich bleibe ich mit der Hosentasche an etwas hängen. Ich befingere das metallene Ding. Es lässt sich nach unten Kippen und mit einem lauten Brummen bringe ich etwas in Gang. Flackernd entzündet sich die Neonröhre an der Decke und blendet mich.

Ich glaube das einfach nicht. Hier gibt es tatsächlich noch Strom? Aber warum funktioniert er hier und nicht weiter oben. Ich musste meine Zeit mit Liam im Dunkeln aussitzen. Die Nächte wären um einiges Angenehmer geworden, wenn ich mich nicht andauernd irgendwo gestoßen hätte.

Verdutzt lasse ich den Blick schweifen. Ein Labor! Das muss der Raum sein nach dem Sophie sucht.

Alte mechanische Geräte, die ich nicht einordnen kann, reihen sich an der Wand mir gegenüber aneinander. Sie sind nur ungefähr sechs Schritte von mir entfernt. Die Kästen sind eckig und mit einer Glastüre ausgestattet. Ich trete an sie heran und spähe ins Innere. Leer. Das waren wohl alte Brutkästen. Glaube ich jedenfalls.

Links von mir stehen sechs Tische. Sie sind voll mit Zangen, Spritzen, Skalpellen und anderen bizarren Gegenständen. Das alles hat einen Horrorflair und jagt mir eine Gänsehaut über den Rücken. Fast könnte man meinen, dass ich in einem Folterkeller gelandet wäre.

Der Raum an sich ist ziemlich eng und stickig. Das Atmen fällt mir schwer. Die Tische stehen parallel zueinander und nur eine einzelne, schlanke Person kann zwischen ihnen durchlaufen. Hinter der Tischreihe steht ein großer, grüner Schrank. Seine Türen stehen weit offen und eine Vielzahl von Zetteln, Aktenordnern und Büchern blickt von dort aus in das verstaubte Labor.

Ich drehe mich um und entdecke rechst von mir eine leere Wand. Ein einzelner Belüftungsschacht hängt halb in der Luft. Der Zugang steht offen und das Gitter liegt am Boden. Scheinbar hat sich hier jemand nach draußen gekämpft, als Liam seinen Tobsuchtsanfall bekommen hatte.

Doch bevor ich mir den Belüftungsschacht genauer ansehe, widme ich mich dem Aktenschrank. Vielleicht finde ich hier endlich einen Hinweis auf die Geschehnisse der Vergangenheit.

Ich drück mich an den Tischen vorbei und stoße dabei versehentlich ein Mikroskop um. Die kleine Linse rollt klappernd auf den Boden. Ich bücke mich und greife danach, um sie wieder zurück zu legen, da fällt mir ein Foto auf. Es ruht unter einem der Tische und scheint bis heute hier geschlafen zu haben.

Ich greife danach und tauche schnell wieder auf. Verwirrt starre ich den Mann auf dem halb verblichenen Bild an. Er sieht sehr streng aus, ähnelt aber dem Bild von dem Mann in Sophies Zimmer. Neben ihm steht eine Frau in Militärkleidung.

Ungläubig fange ich an zu blinzeln. Zu ihren Füßen sitzt eine kleinere Version meines Liams. Ist das da wirklich mein Liam? Sie sieht so grimmig und missgelaunt aus. Wenn ich richtig liege, dann müsste die Frau sein ehemaliger Master sein.

Neben ihr steht noch eine andere junge Frau. Sie hält in ihrem Arm einen Aktenkoffer umklammert und strahlt in die Kamera. Ihre Augen leuchten mit so viel Lebenslust und Liebe. Wärme breitet sich in mir aus. Sofort finde ich sie sympathisch. Auf eine eigenartige Art und Weise kommt sie mir bekannt vor. Ich lasse das Foto in meiner Hosentasche verschwinden und pirsche mich weiter an den Schrank heran.

Alles in diesem Raum wirkt trocken und Staubig. Die Feuchtigkeit hat wohl keinen Weg herein gefunden. Auch der Blätterstapel im Schrank wurde so perfekt konserviert. Nur leider sagt mir das Zahlen- und Buchstabenchaos nichts. Ich blättere einige Seiten durch, doch der Sinn dahinter erschließt sich mir einfach nicht.

Resignierend nehme ich mir die Aktenordner vor. Auf ihrer Rückseite sind Buchstaben und Zahlen gekritzelt. Sie erinnern mich an die wissenschaftlichen Bezeichnungen der Bestien.

XP-303-GP4 XL-909-GP4

XC-205-GP4 XM-107-GP4

XF-608-GP4 XT-409-GP4

Insgesamt gibt es zwölf Order. Alle mit der Endung GP4. Spätestens jetzt bin ich mir zu 100 Prozent sicher, dass dies hier Professor Xaviers altes Labor ist. Liams Ordner fehlt allerdings. Irgendwie habe ich nichts anderes erwartet.

Ich nehme mir den ersten mit der Aufschrift XP-303-GP4 und schlage ihn auf. Das erste Blatt ist eine detaillierte Zeichnung. Diese Bestie steht auf vier Beinen, trägt einen Adlerkopf, vier Hufen als Füße und hat einen langen Schlangenschwanz. Auf ihrer Haut sind schuppenförmige Zeichen skizziert.

Ich blättere um. Die nächste Seite zeigt den eingeteilten Master. Ein Mann Namens William Stone. Er ist 35 Jahre alt, hat ein schelmisches Grinsen auf den Lippen und kommt aus Illinois. Sein gesamter Lebenslauf ist beschrieben. Die nächste Seite zeigt eine Reihe von graphischen Zeichnungen. Unter anderem sind Prozentsätze aufgeführt.

Beim genaueren hinsehen wird mir klar, dass hier die detaillierte Zusammensetzung beschrieben wird. Leider benutzt Professor Gillian viele Fachbegriffe, die bei mir nur einen Gehirnknoten verursachen. Also blättere ich weiter.

Die folgenden Aufzeichnungen beschreiben die Entstehung, Ausbildung und dann die Aufträge der Bestie. Alles wurde genau datiert. William scheint insgesamt 7 Jahre erfolgreich gearbeitet zu haben, bevor er in Kanada gestorben ist. Das Drüsenfieber hat ihn nach einiger Zeit dahingerafft. Nirgends wird beschrieben, was aus seiner Bestie geworden ist.

Diese Ordner sind tatsächlich die letzten Überreste von Professor Gillians Experimenten. Ich muss einen Weg finden sie mitzunehmen und sie Sophie zu zeigen. Nur sie kann das Kauderwelsch verstehen und vielleicht Rückschlüsse auf Liam ziehen.

Im Ordner von XC-205-GP4 finde ich heraus, dass ein Junger Schotte namens Joseph McQuinzi sich eine Bestie hat erschaffen lassen, die ebenfalls auf vier Beinen läuft. Allerdings hat diese hier ein sehr zerzaustes Fell, einen Tigerkopf, einen Stummelschwanz, vorne Klauen und hinten Hundepfoten.

Was für eine interessante Kreatur. Auch hier gibt es keinerlei Hinweise auf den Verbleib der Bestie, nachdem ihr Master gestorben ist. Wie seltsam. Stirnrunzelnd greife ich zum nächsten Ordner.

Diese Bestie wurde als XF-608-GP4 bezeichnet.

Als ich die Zeichnung betrachte stoße ich einen staunenden Pfiff aus. Sie ist wunderschön.

Seidig-glänzende, schwarze Flügel ragen aus dem muskulösen, mit Federn bedeckten Rumpf heraus. Die Vorderpfoten krallen sich mit ihren Vogelklauen in den Untergrund, während die Hinterhufen eines Stier´s den prächtigen Körper ergänzen Der Kopf eines Kojoten setzt gerade zum Heulen an.

Der Zeichner des Bildes muss diese Kreatur selbst sehr gemocht haben. Anders kann ich mir die warme Atmosphäre der Skizze nicht erklären. Ich blättere um und mein Atem stockt. Plötzlich fangen meine Hände an zu zittern und ich glaube einfach nicht, was ich da sehe.

Das Bild einer Zwölfjährigen blickt mich mit ihren klugen Augen an. Das zerbrechlich wirkende Mädchen trägt zwei Zöpfe, die nach hinten geflochten wurden. Ihre Mundwinkel sind leicht nach oben gezogen, ganz so als ob sie jeden Moment zu Lachen anfangen würde.

Als ich den Namen lese sacke ich in mir zusammen. Mein Knie geben nach und ich lasse mich auf den kalten Boden plumpsen. Der Schock sitzt tief in meinen Knochen. Rosalinde Blum. Ich kenne dieses Mädchen. Meine Großmutter Meta hat mir früher oft von ihre erzählt und mir dabei eine alte Zeichnung ihrer Familie gezeigt.

Rosalinde, meine Großtante. Die älteste Tochter von Alfred und Frida Blum. Meinen Urgroßeltern.

Im Herbst 1940 ist sie damals spurlos verschwunden. Ich zittere wie Espenlaub. Kann das wirklich wahr sein? Ist sie das tatsächlich? Hatte einer meiner Vorfahren bereits mit Gimini Intercorps zu tun gehabt? Leise lache ich bitter auf. Was für eine seltsame Fügung des Schicksals.

Der Duft nach frisch gebackenem Brot, Rosen und längst vergangenen Tagen schleicht sich in mein Unterbewusstsein. Plötzlich bin ich wieder acht Jahre, sitze auf dem Schoß meiner Oma und lausche ihren Worten, als wäre es gestern gewesen:

„Es war im Herbst 1940, als meine Eltern Alfred und Frida nur kurz eine Tante im Nachbardorf besuchen wollten“, seufzend streichelt sie mir den Pony aus den Augen. Ihre eigener Blick ist in die Vergangenheit gerichtet und wirkt unendlich traurig.

„Sie beauftragten Rosi und mich damit auf unsere jüngeren Geschwister aufzupassen. Der Tag verlief Reibungslos, doch am Abend bemerkte Rosi, dass die Milch ausgegangen war“ bedauernd sieht sie mich an. „Mutter hatte meiner Schwester für den Notfall 80 Pfennige da gelassen und so machte sich auf den Weg, um die Wünsche unserer kleinen Schwester zu erfüllen.

Es sollte nicht länger als zwanzig Minuten dauern, versprach sie mir und ich sollte auf unsere zwei kleineren Schwestern aufpassen. Mit meinen sieben Jahren nahm ich die Aufgabe tapfer entgegen und fühlte mich ihr gewachsen.“ Jetzt schwang ein wenig Stolz in ihrer Stimme. Sie atmete dann tief durch wendete ihren Blick auf das Bild in ihrer Hand.

„Doch Rosi kam an diesem Abend von ihrem Einkauf nicht mehr zurück. Nach einer unendlich langen Nacht des Wartens kamen unsere Eltern endlich wieder nach hause. Geschockt über die Abwesenheit ihrer ältesten Tochter machten sie sich auf die Suche.

Das ganze Dorf war in heller Aufruhr und suchte fast über einen Monat lang nach ihr. Doch es gab keine Spur von ihr. Rosalinde wurde nie wieder gesehen.

Noch heute trauere ich um sie. Ich möchte, dass du diese Geschichte niemals vergisst und immer an deine Großtante Rosi denkst, meine Kleine.“ Mit diesen Worten beendete sie stets ihre Erzählung und meistens bot sie mir eine Tasse Kakao an, um mein Herz wieder aufzuwärmen.

Nickend hatte ich es ihr damals geschworen und eingehalten. Tränen mischen sich mit meinem Schweiz. Plötzlich ist es hier viel zu stickig, viel zu eng. Dieser Umstand reißt mich aus der Vergangenheit und holt mich in die Gegenwart zurück.

Das Foto dieser zwölfjährigen schockt mich tief. Sie ähnelt meiner Mutter aus ihren Kindheitstagen, die von meiner Oma so oft mit Rosalinde verglichen wurde und ich weiß zu hundert Prozent, dass dieses Mädchen Rosi ist.

Bis heute fehlt von Rosalinde jede Spur. Die Polizei hat sie ein Jahr nach ihrem Verschwinden für tot erklärt, aber meine Oma glaubte nie, dass sie gestorben sei. Was würde sie wohl sagen, wenn ich ihr von meinem Fund berichte? Was kann ich ihr überhaupt berichten?

„Hallo Oma, lange nicht gesehen. Ich weiß dass klingt jetzt seltsam, aber du hattest recht. Rosalinde ist damals nicht gestorben. Sie wurde von einer geheimen Organisation entführt und zu einem Master ausgebildet, die mit ihrer Bestie XF-608-GP4 Aufträge im Namen des Friedens erfüllt hat. Aber keine Sorge ich bin mir sicher sie hat dich ganz dolle vermisst. Es gab bestimmt einen guten Grund warum sie nicht zurück kommen konnte.“

Mir wird übel. Ich kämpfe schwer mit der Galle, die meine Speiseröhre nach oben klettert. Das alles ist wie in einem alten Horrorfilm. Eine unschuldige, großherzige zwölfjährige wird in ein geheimes Labor entführt und einer Gehirnwäsche unterzogen. Halt Spot! Ich ertappe mich dabei, wie ich mich gerade in etwas hineinsteigere, was sich nicht gut auf meine Psyche auswirken wird. Schnell atme ich einmal tief durch und versuche meine Nerven zu beruhigen. Hustend wische ich meine Tränen fort.

Ich hätte mir niemals im Traum einfallen lassen können, dass das Kind aus den Erzählungen für mich so real wird. Rosalinde hat also etwas ähnliches durchgemacht wie ich. Sie musste auch unsere Familie hinter sich lassen, um sich ganz Gimini Intercorbs und seinen Bestien zu verschreiben. In meinem Fall stimmt der alte Spruch also: Geschichte wiederholt sich.

Ich lehne mich an die offenstehende Schranktür und blättere weiter nach hinten. Beim Überfliegen stelle ich fest, dass Rosalinde scheinbar ein liebevoller Master war. Sie hat ihre Bestie mit viel Hingabe erzogen und so einen treuen Partner erhalten. Sie berichtet von ihren gemeinsamen Aufträgen oder einfach von einem lustigen Erlebnis.

Ihre Handschrift ist sehr elegant und gut zu lesen. Leider finde ich kein einziges Wort über ihre Vergangenheit oder ihre Sehnsucht nach ihrem zu hause. Dafür aber scheint es ihr gut ergangen zu sein. Ihre fröhliche Art findet sich in ihren Berichten wieder.

Ich blättere weiter. Der letzte Eintrag wurde mit einer anderen Handschrift verfasst. Das weckt meine besondere Aufmerksamkeit.

15.November 1950
 

Rosalinde erhielt den Auftrag die Zielperson innerhalb der afrikanischen Grenzen zu beseitigen. Ihre Bestie wurde kurz vor der Morgendämmerung von dem feindlichen Trupp erspäht und aus dem Luftraum geschossen. Rosalinde befand sich zu dieser Zeit auf dem Rücken von XF-608-GP4. Ihr Tod wurde heute Abend um 17:00 Uhr offiziell bestätigt. Der Leichnam, sowie die Überreste der Bestie sind nicht auffindbar, dennoch gibt es genügend Hinweise auf ihr Ableben. Ihr Verlust schmerzt mich besonders, da ich Rosalinde als meine Tochter betrachtet habe. Auch meine Frau hat bitterlichst geweint. Leider musste diese begabte Trainerin viel zu früh von uns gehen.

Professor Xavier Gillian

Tränen laufen heiß meine Wangen herab. Meine Großtante ist also im zarten Alter von 22 Jahren in Afrika vom Himmel geschossen worden. Da ist es mir lieber, dass meine Oma noch an ihr Überleben glaubt. Ihr achtzigjähriges Herz würde diese Vorstellung nicht verkraften.

Ich bleibe wie betäubt sitzen und lasse die Geschichte auf mich wirken. Obwohl ich Rosalinde nie begegnet bin geht ihr Schicksal mir sehr nahe. Viel zu nahe.

Wird mir das auch passieren? Werde ich bei einer dieser Missionen sterben, die mir Gimini Intercorbs aufzwingt? Meine Familie glaubt sowieso bereits, dass ich tot bin. Also ist es dem Institut doch egal, wie, wo und wann ich sterbe.
 

Ich bemerke erst, dass der Kampflärm nachgelassen hat, als es laut zu donnern anfängt. Ich blicke mit tränenverschwommenen Augen nach oben. Gewittert es?

Betäubt schüttle ich meinen Kopf. Reiß dich zusammen! Ich kann mich jetzt nicht gehen lassen! Trotzig wische ich mein Gesicht am Ärmel ab. Alles was ich für Rosalinde noch tun kann, ist mich an ihr Leben hier zu erinnern und ihre Existenz in Ehren zu halten.

Ein wenig bin ich erleichtert, dass Liam nicht für ihren Tod verantwortlich ist. Wie hätte ich mich ihm gegenüber sonst verhalten sollen?

Wieder donnert es laut. Ich runzle die Stirn, dann dämmert es mir. Irgendetwas ober besser gesagt, irgendwer, hämmert gegen die Wand, durch die ich gefallen bin.

„Tamara?“, kommt es leise von der Gegenseite. Wieder ein Donnern. Ich sammle den Ordner auf und lege ihn behutsam beiseite. Dann schiebe ich mich wieder an den Tischen vorbei und bleibe vor der Wand stehen. Bei jedem Donnern vibriert sie zart, wird aber nicht durchstoßen.

„Tamara?“, Sophies verzweifelte Stimme dringt in mein Gehirn. Dann höre ich ein weiteres Donnern gefolgt von lautem Fluchen.

„Das reicht jetzt XS-707-GP4! Hör endlich auf damit!“, brüllt der General meinen Liam an. Scheinbar will mein Partner die Wand mit seinen Pranken einreißen. Dieser aber brüllt nur lauthals zurück und bringt die Wand erneut zum Beben. Er lässt sich eben nur von mir etwas sagen.

Die Luft wurde in den letzten Minuten, oder sind es bereits Stunden?, immer stickiger. Das Atmen fällt mir zunehmend schwerer. Langsam muss ich hier raus.

„Liam ist ja gut. Hör auf“ zärtlich streiche ich über die Wand und versuche meinen treuen Freund zu beruhigen. Das Donnern hört schlagartig auf. Stille.

„Tamara?“

„Sophie!“ Erleichterung macht sich in mir breit. Sie können mich ebenfalls hören.

„Oh mein Gott! Geht es dir gut?“

„Ja alles in Ordnung.“

„Bist du verletzt?“, kommt es vom General. Seine Stimme hat einen sehr besorgten Unterton. Irr witziger weise bringt es mich zum schmunzeln, dass mich der General ausgerechnet jetzt zum erstem mal Duzt.

„Nein“, lüge ich. Mein Hintern brennt immer noch wie Verrückt und meine Seele schmerzt. Aber das braucht jetzt keiner zu wissen.

„Wie bist du denn da rein gekommen?“ Sophies Begeisterung sickert durch die Stahlwand und zaubert ein weiteres Lächeln auf meine Lippen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Überarbeitet am: 08.09.14, 13.07.15, 17.02.18 Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Thuja
2014-01-12T17:19:53+00:00 12.01.2014 18:19
Aua
Ich hab Blasen an den Händen, weil ich für dieses beeindruckende Kapitel stundenlang applaudiert habe ^_^“
Aber wie könnte ich anders. Wenn es doch so genial ist! *_*
Zwar waren hier recht viele Rechtschreibfehler drin, aber dein Stil und der Inhalt waren süperb

Das ist ja ein Ding. Einer von ihren Verwandten war auch bereits eine Trainerin!!!
Zufall?
Schicksal?
Wer weiß, wer weiß

Jedenfalls war es irgendwie wirklich bewegend, als Tamara herausfindet, auf welche Weise ihre eigene Familie bereits mit Gimini Intercorbs in Berührung gekommen ist und dann ist Rosalinde auch noch so junge verschwunden *snief*
Obwohl ich es mysteriös finde, dass weder ihr Leichnam noch der der Beste gefunden wurden. Vielleicht….*vor mich hin grübel*

Von:  hanabi_2001
2013-06-20T04:47:09+00:00 20.06.2013 06:47
Dieses Kapitel ist so Geheimnisvoll, das Tamara ein Stück aus ihrer eigenen Familien Geschichte findet macht auch mir eine Gänsehaut. Alles in allem Spannung Pur.


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