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Halbes Leben

Wichtel-FF
von

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Halbes Leben

In den ersten Jahren kehrt er nur ein einziges Mal nach Camelot zurück.

Der Anblick des mächtigen Schlosses ist schmerzhaft, ruft viel zu viele Erinnerungen wach. Würde er längere Zeit dort bleiben, er würde Arthur in jeder Ecke sehen, da ist er sich sicher.

Noch immer hat er ihr letztes Gespräch noch viel zu deutlich im Kopf, Arthurs „Danke“ und sein „Halt mich einfach, bitte“ lassen ihn vor allem in den ersten Wochen mehr als einmal aus dem Schlaf hochschrecken.

Im Allgemeinen sind ihm Träume immer unerwünschter. Sein Gehirn versucht zu verarbeiten, was passiert ist, und die Bilder, die es in den Momenten, in denen er eigentlich Ruhe finden sollte heraufbeschwört rauben ihm auch noch das letzte bisschen Willen zu schlafen.

Letztendlich ist alles vergebens gewesen. All die Jahre, die er darauf verwandt hat Arthur zu beschützen, ihn am Leben zu halten und auf seine Bestimmung vorzubereiten, am Ende hat all das nichts genützt.

Auch wenn er bis zum letzten Moment gekämpft hat, all seine Kraft aufgewendet hat um doch noch die entscheidende Wende herbeizuführen, der Erfolg ist ihm nicht vergönnt gewesen.

Es ist nicht so, dass er die Jahre als vergeudet ansieht, sie sind ihm wichtig und viele der Erinnerungen und der Freundschaften aus diesen Jahren will er nicht missen.

Natürlich gibt es die Tiefpunkte, die Tode, für die er sich verantwortlich fühlt, die Opfer die er gebracht hat. Sie sind zahlreich, wenn er darüber nachdenkt, und er ist sich sicher, dass er einige hätte verhindern können. Will ist der Name, der sich besonders stark in sein Gedächtnis eingeprägt hat.

Er seufzt, bevor er seinen alten Schleichweg hinein nach Camelot nimmt, er will ein paar seiner Besitztümer holen und hofft, dass Gaius sie nicht schon längst verschenkt oder weggegeben hat. Doch er findet seinen Schlafplatz und sein ehemaliges Zuhause unberührt vor.

Vielleicht hofft Gaius, dass er noch zurückkehrt. Vielleicht will er aber auch einfach noch nicht loslassen. Er weckt den alten Mann nicht, bevor er geht, sondern lässt nur eine kurze Nachricht für ihn da. Das Gefühl des Versagens ist noch zu stark, als dass er seinem ehemaligen Lehrmeister in die Augen sehen könnte.
 

Von Gwaines Tod erfährt er durch ein belauschtes Gespräch in einer Taverne.

Für einen Moment fühlt er sich, als wäre ihm der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Er hat gehofft, dass wenigstens die anderen ungeschoren davongekommen sind und nun, da er weiß, dass dem nicht so ist, fühlt er sich mit einem Mal noch leerer.

Unmittelbar darauf folgt die Ungläubigkeit, nicht Gwaine, von allen von ihnen nicht Gwaine. Es ist nicht fair ist der Gedanke, der wie schon so oft seine Gedanken beherrscht. Er wünscht sich, er hätte für ihn da sein können, im Moment seines Todes. Seine Hoffnung ist, dass Gwaine wirklich nicht alleine war.

Für Tage will nicht in seinen Kopf, dass Gwaine, diese Frohnatur in Person – auch, wenn er ein Mensch gewesen ist, der den Ernst der Lage erkannt und sich dementsprechend verhalten hat wenn es darauf ankam – nicht mehr unter den Lebenden weilt. Sein Zimmer in der Taverne verlässt er in dieser Zeit so gut wie gar nicht, und dunkle Gedanken beginnen, von ihm Besitz zu ergreifen.

Diese abzuschütteln ist schwer, doch letztendlich schafft er es, sich aus seiner Lethargie zu erheben, und weiterzureisen. Weg von den Geschichten, die er eigentlich gar nicht hören will. Immer weiter weg von Camelot. Auch wenn er weiß, dass seine Flucht vor den Tatsachen sie auch nicht viel unwahrer macht.
 

Er altert mit der Zeit, nur um wieder zu seinem jungen Selbst zurückzukehren, dazu verdammt auszuhalten und mit der Zeit zu gehen, während er auf den Tag wartet, an dem Arthur zurückkehren wird.

Anfangs hat er noch erwartet, dieser Tag wäre sehr bald, doch mit jedem Jahrzehnt welches verstreicht schwindet seine Hoffnung dahin, wie die welken Blätter der Bäume im Herbst, die ihn jedes Mal viel zu sehr an Vergänglichkeit und Tod erinnern.

Er bereist die Welt, sammelt mehr und mehr Wissen an. Und auch wenn er wirklich wundersame und abenteuerliche Dinge in den verschiedenen Teilen der Welt erlebt, es zieht ihn doch immer wieder zurück nach Albion, welches inzwischen seinen Namen geändert hat und nun England heißt.

Jahrhunderte später kehrt er zu dem Ort zurück, an dem Camelot gestanden hat.

Noch nicht einmal mehr die Grundmauern sind zu erkennen, und auch wenn die Menschen sich Geschichten über Arthur erzählen – nicht zuletzt durch seinen Verdienst, aber es gibt jemanden, der die Erzählung mehr aufgebauscht hat – sie wissen doch nicht, wo Camelot wirklich gestanden hat.

Ihm ist es Recht so, ansonsten wäre dieses Fleckchen Erde, was nach all den Jahren zu einer Art Zufluchtsort für ihn geworden ist, sicher zu einer Touristenattraktion verkommen.

Hierher zurückzukehren führt ihm vor Augen, wie lange er nun schon wartet, wie viel ihm immer noch abgefordert wird.

Doch inzwischen ist er so weit, dass er Erinnerungen an früher zulassen kann, an manchen Tagen sogar in ihnen schwelgt. Es sind Trainingsstunden, an die er sich erinnert, der durchaus derbe, aber herzliche Umgang, den sie miteinander gepflegt haben. Und vor allem erinnert er sich an Arthur, an ihre Neckereien, von denen er heute sicher ist, dass sie Arthur genauso viel bedeutet haben wie ihm.

Seine nächste Reise führt ihn zum See von Avalon, auch wenn er dort von weniger schönen Gedanken geplagt wird. Freya taucht niemals auf um ihm Gesellschaft zu leisten, aber er ist sich sicher, dass sie ihm zuhört, wenn er von den Veränderungen in der Welt, ihren neuen Erfindungen und dem Wandel der sich vollzieht erzählt.

Es ist ein beruhigendes Gefühl, einen Ort zu haben, zu dem man zurückkehren kann. Auch, wenn er immer noch darauf hofft, hier eines Tages wieder auf Arthur zu treffen.
 

Es ist ein halbes Leben, das er führt, ein Leben ohne sein Gegenstück.

Er hat gelernt, sich seine Zeit des Wartens so bequem wie möglich zu machen, auch wenn er inzwischen ein wenig zermürbt ist von der Warterei. Aber er gibt die Hoffnung nicht auf.

Es würde nicht zu ihm passen, nicht, wenn er nun schon so lange und hartnäckig an seinem Ziel festhält. Und er ist sich sicher: Eines Tages wird er dieses selbstgefällige Grinsen auf Arthurs Gesicht wiedersehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Peacer
2013-04-03T21:17:44+00:00 03.04.2013 23:17
Hallo :)
Erst einmal vielen Dank für diesen netten OS, er hat mir gut gefallen und man hat auch kein bisschen gemerkt, dass du zum ersten Mal zu Merlin schreibst. :)
Ich fand, dass du Merlin und seine Emotionen nach Arthurs Tod sehr gut dargestellt hast, so hätte ich es mir auch vorgesellt. Auch gut finde ich seine Reaktion auf Gwaines Tod, das fand ich ziemlich schade, dass das in der Sendung so untergegangen ist. Und dass Merlin Camelot meidet, wegen den Erinnerungen, und dass Gaius trotzdem noch auf ihn zu hoffen scheint.
Sowieso, die Themen "Hoffnung" und "Auferstehung" sind ja wie für dieses Fandom gemacht. xD
Wobei sie auch bei TNAT gut gepasst hätten. *g*
Deinen Schreibsstil mag ich auch ganz gerne, bis auf zwei, drei Wortwiederholung ist es perfekt und schön flüssig zu lesen. Ingesamt also eine tolle Geschichte, nochmals Danke dafür. :D
LG,
Peacer
Von:  DoctorMcCoy
2013-04-02T21:19:52+00:00 02.04.2013 23:19
Wirklich ein gelungener One-Shot.
Dein Schreibstil ist toll, man versinkt direkt darin und auch wenn es nur Erzählungen waren und kein einziger Dialog oder sonstiges vorkam, fand ich es überhaupt nicht langweilig. Du hast die Gefühle von Merlin so gut rüber gebracht. Ich kann mir wirklich gut vorstellen, dass ihm das alles nach dem Tod von Arthur so durch den Kopf geht.
Eigentlich kann Merlin einem nur leidtun. Er hat sein ganzes Leben so viel geopfert, um Arthur zu beschützen und dann scheitert er zum Schluss. Um jetzt seine Pflicht zu erfüllen, muss er tausende von Jahren warten und das verlangt wieder so viel von ihm... es ist irgendwie nicht fair :(
Deine Geschichte hat mir das alles wieder ins Gedächtnis gerufen, hast du also gut gemacht xD
Fände es cool, wenn du noch mehr zu Merlin fabrizieren würdest :)
Lg Lady


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