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Where Butterflies never die

Die Geschichte einer Assassine
von

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Unterricht

Gemächlich schlenderten die vier Novizen zu den Unterrichtsräumen. Auf dem Weg zu den unteren Geschossen der riesigen Festung, ließ sie sich von den anderen dreien erklären, wie sich denn die Rangfolge verhielt. Sie konnte sich nämlich bisher noch keinen Reim darauf machen, wer hier über wem stand. Wenn die Braunhaarige so recht darüber nachdachte, hatte sie Sharif bisher auch nicht danach gefragt. Wieso denn auch? Bis jetzt hatte sie das nicht gebraucht.

„Eigentlich ist es ganz einfach und die erkennst die einzelnen Ränge an der Kleidung“ fing Malik an zu erklären.

„Wir Novizen beispielsweise tragen eine einfache graue Kleidung. Über uns stehen die Assassinen. Sie sind in weiß gekleidet. Die Meisterassassinen stehen über ihnen und haben eine knöchellange weiße Robe an. Dann gibt es noch die Rafiks und die Dais.“

Arsura runzelte verwirrt die Stirn.

„Das kann ja dauern, bis ich das drauf habe“ meinte sie skeptisch.

„Das geht schneller, als du denkst“ erwiderte Sait sicher.

„Was ist der Unterschied zwischen Rafik und Dai?“ wollte Arsura dann wissen.

„Dais tragen helle, weiße Mäntel mit einer roten Stickerei. Rafiks einen schwarzen, ebenfalls mit diesem Muster. Was sie genau vom Wissensstand her unterscheidet, weiß ich allerdings auch nicht“ bedauerte Sait schließlich.

Altair schüttelte den Kopf.

„Das hatten wir doch neulich erst. Kein Wunder, dass du ständig nachfragen musst“ sagte der 13-jährige vorwurfsvoll.

„Ja, aber das Unwichtige bleibt immer hängen – wie in einem Sieb!“ grinste Malik zurück.

Arsura lachte.

„Mach dir nichts draus, Sait. Manchmal geht es mir nicht anders.“

„Dann hoffen wir mal, dass du dich gut an Gelerntes erinnern kannst. Du hast eine Menge nachzuholen und unsere Selbstdisziplin in Sachen Lernen wird wirklich eisern geprüft“ meinte Sait nun ernster.

„Ich schaff das schon“ erwiderte Arsura zuversichtlich.

Mittlerweile waren sie an den Unterrichtsräumen angekommen, aber weit und breit war niemand außer ihnen zu sehen.

„Sind wir zu spät?“ fragte Sait verwirrt.

„Nein, eigentlich nicht“ erwiderte Altair, nachdem er einen kurzen Blick auf den Stand der Sonne geworfen hatte.

„Und wo sind dann alle?“ hakte Sait nach.

Noch bevor sie sich weiter den Kopf zerbrechen konnten, kam ein weiterer Novize die Treppe heruntergestürmt.

„Malik!“ rief er.

Arsura erkannte ihn sofort, genau wie der gerufene Malik. Es war Kadar. Er kam ziemlich außer Atem auf das Quartett zu und musste erst einmal Luft holen. Er stemmte die Hände auf die Oberschenkel, holte tief Luft und sah auf.

„Ihr seid heute…“ fing er atemlos an und stutze, als er Arsura erblickte.

„Was machst du denn hier?!“ fragte er perplex.

„Wie du siehst, bin ich seit heute Novize“ grinste sie zurück.

Arsura musste sich wirklich bemühen nicht zu lachen. Kadars Gesicht war einfach unbezahlbar. Stammelnd suchte er seinem Bruder, Altair und Sait nach einer Erklärung.

„Ich erklär‘s dir später. Also, was wolltest du sagen?“ fragte Malik nach.

Kadar fasste sich wieder.

„Ach ja. Eure Gruppe ist heute draußen auf dem Übungsplatz hinter der Festung. Der, auf dem man Messerwerfen übt“ erklärte Kadar kurz.

„Ich dachte, wir hätten jetzt Theorieunterricht?“ wunderte Sait sich.

„Und hieß es nicht, dass die Prüflinge den Platz für die Vorbereitungen brauchen?“ hakte Arsura nach.

„Offenbar wurde kurzfristig umgelagert. Der Raum, wo ihr jetzt wärt ist besetzt und der Platz hinten ist frei. Meister Ilai erwartet euch dort. Ihr seid übrigens die letzten. Der Rest der Gruppe ist schon vorne. Ich wollte euch eigentlich noch im Zimmer Bescheid sagen, aber als ich dort ankam, wart ihr schon weg“ erklärte Kadar.

Malik atmete tief durch.

„Gut, danke. Wir sehen uns später, Bruder“ sagte er dann.

Kadar verabschiedete sich und ging.

„Das ist gar nicht gut“ murmelte Sait.

„Nein, wirklich nicht“ stimmte Malik ihm zu und wandte sich an Arsura.

„Was ist denn los?“ wollte sie wissen.

„Dass du über Dächer springen kannst, ist nur die Vorstufe von dem, was jetzt kommt. Wir müssen jetzt auf Balken klettern, die so schmal wie unsere Füße sind und auf Strohpuppen mit Messern werfen“ erklärte er.

„Du verschweigst ihr den Haken an der Sache“ mischte Altair sich ein, als Malik nicht weitersprach.

„Welcher Haken?“ fragte Arsura nach und ahnte dabei nichts Gutes.

„Das Ganze findet in einer ziemlich imposanten Höhe statt. Am höchsten Punkt vielleicht etwa zehn Meter. Wenn man ungünstig fällt, kann man sogar sterben“ sagte Malik.

Arsura sah ihn entsetzt an.

„W-Was?!“ stammelte sie erschrocken.

„Und du kommst nicht drum herum es nicht zu machen. Dieser Parcours gehört zum Ausbildungsprogramm“ meinte Sait nun.

„Lasst mich raten… aufgrund eurer Reaktionen gehe ich davon aus, dass ihr das schon mal gemacht habt, oder?“ fragte Arsura nach.

„Ja, heute ist es sogar schon das dritte Mal, dass wir dort sind“ nickte Malik.

„Es hilft ja alles nichts. Lasst uns erst mal gehen, sonst kriegen wir Ärger, weil wir ohnehin zu spät sind“ sagte Altair schließlich.

Die vier machte sich auf den Weg zu dem Trainingsplatz. Dort angekommen erblickten sie die Truppe, die schon vollzählig eingetroffen war.

„Ihr seid zu spät“ begrüßte Ilai das Quartett streng.

„Verzeihung, Meister“ sagte Malik sofort.

„Die Umstände lassen mich das ausnahmsweise einmal vergessen. Ihr wusstet ja nicht Bescheid und die Verschiebung des Unterrichts hierher war auch sehr kurzfristig“ meinte Ilai nun.

Arsura sah sich den Parcours an, der vor ihr lag und jetzt wusste sie, warum Sait, Malik und Altair sich eben Sorgen gemacht hatten. Eine kleinere und eine größere Kiste standen nebeneinander und bildeten eine kleine Treppe. Darüber hing eine in der Felswand auf der linken Seite, schmale Stange und etwas weiter entfernt ein dicker Holzbalken. So ging das dann weiter und es wurde von Balken zu Balken höher. Der Parcours war in eine schlüssellochförmige Felsschlucht integriert. Gegenüber der Balken und Stangen standen in bestimmten Abständen Strohpuppen mit Zielscheiben. Es waren immer zwei nebeneinander und Arsura erkannte schnell, warum dem so war. Eine für den Hin- und eine für den Rückweg. Während Ilai irgendetwas erklärte, musste Arsura erst einmal wieder einen klaren Gedanken fassen. Das würde wesentlich schwerer werden, als das Dachspringen, das sie so leidenschaftlich gerne machte. Noch bevor sie einen Gedanken an die Verletzungsmöglichkeiten verschwenden konnte, wies Ilai die Novizen an, sich in einer Reihe aufzustellen. Nacheinander sollten sie nun den Parcours absolvieren. Ilai drückte dem ersten Schüler acht Wurfmesser in die Hand. Als er loslief erkannte Arsura, dass es Abbas war. Er hängte sich vier der kleinen Messer an den Ledergürtel, den Rest hielt er in der linken Hand. Abbas meisterte den Parcours mit einer Leichtigkeit, dass auch Arsura davon schwer beeindruckt war. Es sah zwar einfach aus, aber das war es bestimmt nicht. Soviel war sicher. Auch die Messer verfehlten ihr Ziel nicht. Keins ging daneben. Etwas außer Atem kam er wieder zurück. Ilai schien zufrieden zu sein.

„Sehr gut, Abbas. Das Werfen muss noch etwas schneller gehen, aber ansonsten hab ich nichts zu beanstanden“ meinte er.

„Du kannst einen Moment verschnaufen.“

Abbas nickte du lief an der Reihe vorbei. Arsura schielte kurz zu ihm, sagte aber nichts. Anschließend war Altair an der Reihe und danach Malik. Sie meisterten beide die Aufgabe ohne Probleme. Sait klopfte Arsura auf die Schulter und murmelte ihr ein aufmunterndes „Du schaffst das schon“ zu. Die Braunhaarige atmete tief durch, ging zu Ilai und ließ sich die Wurfmesser geben. „Mach dir alle acht erst mal an den Gürtel. Du brauchst die Hände komplett zum Greifen“ schlug Ilai ihr vor.

Arsura nickte verstehend. Nachdem sie die kleinen Wurfwaffen befestigt hatte, ging sie ein paar Schritte von den Kisten weg, um Anlauf zu nehmen. Arsura lief los, sprang leichtfüßig auf die Kisten und packte die erste Stange. Sie schwang kurz daran, ließ im richtigen Moment los du bekam den dicken Holzbalken vor sich zu fassen. Mit einem leisen Ächzen zog Arsura sich daran hoch. Sie versuchte auf dem schmalen Balken die Balance zu finden, damit sie das Messer werfen konnte. Mit leicht ausgebreiteten Armen fand sie schließlich einen festen Stand. Sie sah zu der Strohpuppe, die ihr einige Meter entfernt gegenüber stand. Arsura löste eines der Messer aus dem Gürtel, ging vorsichtig noch einen Schritt nach vorne und warf es schwungvoll. Doch, es flog daneben und prallte unterhalb der Puppe an der Felswand ab. Arsura schnaubte kurz, drehte sich zur Seite und fixierte die nächste Stange an. Sie hatte Probleme damit ihr Gleichgewicht auf dem schmalen Balken zu halten und noch problematischer als das, stellte sich ihr dann der Absprung heraus. Arsura machte einen Satz nach vorne, streckte sich nach der Stange, doch dann wurde ihr schlagartig klar, dass sie sie nicht zu fassen bekommen würde. Fahrig streiften ihre Finger die dünne Stange, dann fiel sie unkontrolliert hinunter. Mit einem dumpfen Knall landete sie auf dem harten Boden. Der heftige Aufprall drückte ihr die Luft aus den Lungen und ließ ihren ganzen Körper beben. Nach Luft japsend drehte Arsura sich auf den Rücken und versuchte trotz dieser kurzweiligen Atemnot nicht in Panik zu verfallen. Es dauerte ein paar Sekunden, aber dann ging es und sie rappelte sich ächzend auf die Beine. Arsura hatte das Gefühl, jeden Knochen in ihrem Körper zu spüren. Langsam ging sie zu Ilai zurück.

„Alles in Ordnung?“ fragte der Ausbilder sie.

„Es geht schon“ erwiderte Arsura matt.

„Vielleicht sollte sie sich wieder in ihr Kleidchen schmeißen und von hier verschwinden“ ertönte plötzlich eine herablassende Stimme.

Arsura drehte sich leicht um und sah zu Abbas. So etwas konnte nur von ihm kommen. Sie wollte ihn, daran erinnern, dass er heute früh gegen sie verloren hatte, aber dann fiel ihr ein, was Sait ihr vorhin gesagt hatte. Vielleicht war Abbas wirklich nicht zu unterschätzen und sie wollte nicht unnötig Ärger provozieren. Deshalb verkniff sie sich jeglichen Kommentar. Nachdem Arsura das zweite Mal an der Reihe war, merkte sie, dass sie hierfür noch sehr viel Übung brauchte. Sie kam zwar einen Balken weiter, stürzte aber wieder ab. Danach konnte sie sich einen weiteren schnippischen Kommentar seitens Abbas anhören. Wieder verkniff sie sich den Konter und sagte einfach erst mal nichts. Irgendwann würde sich das noch ändern. Zähneknirschend und auch ziemlich frustriert folgte sie Malik, Altair und Sait zurück ins Zimmer.

„Mach dir nichts draus“ meinte Sait aufmunternd.

„Genau. Beim ersten Mal, fallen sie alle“ setzte Malik hinterher und setzte sich auf sein Bett.

„Ich will das hinkriegen“ murmelte Arsura ernst.

„Das wirst du auch. Aber, lass dir dafür etwas mehr Zeit. Auf Biegen und Brechen erreichst du nichts“ sagte Malik.

Arsura ballte die Hand zur Faust, drehte sich um und ging wieder in Richtung Tür.

„Wo willst du hin?“ fragte Sait verwirrt.

Arsura blieb kurz stehen und sah ihn an.

„Üben“ antwortete sie knapp, drehte sich wieder zur Tür und verließ den Raum.

Die Tür klackte ins Schloss und dann war es einen Moment still.

„Sie bricht sich noch was, wenn sie mit dieser Einstellung jetzt üben geht“ sagte Sait und seufzte leicht.

„Lass sie ruhig. Vielleicht ist das genau das, was sie braucht“ mischte Altair sich nun ein.

„Wie meinst du das?“ wollte Sait wissen.

„Überleg doch mal… Sie hat sich heute früh so gut gegen Abbas behauptet und muss jetzt so eine Niederlage in Kauf nehmen. Ich bin der Meinung, dass gerade das ihr Antrieb ist. Außerdem ist sie die erste Frau, die hier aufgenommen wurde. Sie muss sich beweisen und ihren Standpunkt verteidigen, sonst geht sie hier unter“ erklärte Altair.

Malik nickte zustimmend.

„Ich hab ja jetzt schon länger mit ihr zu tun und sie ist wirklich die Einzige, der ich es zutraue Assassine zu werden. Egal, wo sie herkommt und wer ihre Eltern waren… Sie ist unglaublich begabt.“

Sait sah skeptisch aus.

„Schauen wir erst einmal, wie sich das entwickelt. Vielleicht kann sie dem Druck auch gar nicht standhalten. Das zeigt sich alles erst noch in der kommenden Zeit.“
 

Langsam schlenderte Arsura zum Balkenparcours. Sie hoffte inständig, dass noch andere Novizen trainierten, denn sie wollte sich unbedingt anschauen, wie man es richtig machte. Zwar hatte sie es bei ihrer Gruppe auch gesehen, aber die Umstände hatten ihr nicht erlaubt, die Taktik und die Vorgehensweise genau zu analysieren. Es war einfach zu hektisch gewesen und sie hatte sich selbst zu sehr unter Druck gesetzt. Eigentlich hätte sie sich denken können, dass das so nicht funktionieren würde. Arsura schnaubte leicht. Es frustrierte sie ganz schön, dass sie es nicht geschafft hatte und jetzt wollte sie alles daran setzten, es zu schaffen. Und außerdem gönnte sie Abbas diesen Triumph nicht. Als sie schließlich am Parcours ankam, hatte sie Glück, denn einige ältere Novizen trainierten gerade. Arsura setzte sich auf einen großen Stein und beobachtete sie aufmerksam. Die Braunhaarige sah sich die Bewegungen ganz genau an. Einige der Novizen waren sogar so gut, dass sie die kleinen Messer aus dem Sprung heraus warfen und die Zielscheibe nicht verfehlten. Fasziniert von dem Anblick, überlegte Arsura sich, wie sie das am besten hinbekam. Sinnvoll wäre es auf jeden Fall erst einmal den Parcours so zu springen, ohne dabei gleich die Messer zu werfen. Das wäre dann erst der nächste Schritt. So könnte es funktionieren. Bestärkt mit diesem Gedanken, wartete Arsura nun geduldig darauf, bis sie den Parcours für sich hatte. Es dämmerte bereits, als es so soweit war. Tief atmete Arsura durch, als sie ein paar Schritte entfernt vor den Kisten stand. Dann lief sie los, sprang nacheinander auf die beiden Kisten und ergriff die erste Stange.
 

Hell stand der Vollmond am Himmel und tauchte Masyaf in ein bläulich/weißes Licht. Nicht eine Wolke war an dem sternenklaren Himmel zu sehen. Die große Festung lag stumm unter dem Nachthimmel. Trotz der späten Stunde, war Arsura noch immer mit dem Training beschäftigt. Sie schnaufte angestrengt. Schweiß lief ihr über die Stirn. Die Hände waren aufgeschürft, ihre Robe staubig von den vielen Stürzen und sie hatte das Gefühl jeden Muskel und jeden Knochen dreimal zu spüren.

„Einmal noch… Dann kann ich es“ sagte sie atemlos.

Wieder begab sie sich in Position, nahm Anlauf und bewältigte den Parcours nahezu fehlerfrei. Hin und zurück. Und jetzt zahlten sich die qualvollen letzten Stunden endlich aus. Vollkommen fertig, aber zufrieden und glücklich, machte Arsura sich auf den Rückweg zur Festung. Sie schlich durch die gespenstisch ruhigen Gänge und achtete darauf, nicht von einer Wache erwischt zu werden. Von Sait hatte sie erfahren, dass Novizen in ihrem Alter nicht mehr zu so einer späten Stunde unterwegs sein durften. Leise öffnete Arsura die Tür zu dem Zimmer, das sie sich mit Malik, Altair und Sait teilte und huschte hinein. Urplötzlich gaben ihre Beine nach und sie fiel der Länge nach polternd auf den Boden. Sie sah auf und bemerkte, dass sich rechts von ihr etwas regte. Sie hörte das Rascheln einer Decke, die zurückgeschlagen wurde, dann wurde ein kleines Licht entflammt und zündete den Docht einer Öllampe an, die ihren orangefarbenen Lichtkegel ausbreitete. Arsura erkannte Altair, der auf sie zugelaufen kam und sich neben ihr auf den Boden kniete.

„Arsura, alles in Ordnung?“ fragte er.

„Nicht ganz“ gab sie matt zurück.

„Hilfst du mir hoch?“

Altair nickte, packte sie am Arm und zog sie hoch. Er legte ihren Arm um seinen Nacken, als er merkte, dass sie sich aus eigener Kraft kaum noch auf den Beinen halten konnte. Arsura ließ sich auf ihr Bett bugsieren und atmete tief durch. Altair stellte die Öllampe auf den Tisch und musterte das Mädchen.

„Du bist verletzt“ stellte er fest, als er auf Arsuras Handflächen sah.

Vorsichtig besah er die Verletzungen und sie zuckte schmerzhaft weg.

„Damit solltest du zum Arzt gehen“ sagte Altair schließlich.

„Nein. Halb so wild“ beschwichtigte Arsura matt.

„Wo sind denn die anderen?“

„Mit den Älteren zur Nachtwache eingeteilt“ antwortete Altair.

Arsura sah ihm in die sandfarbenen Augen und wusste, dass er es nicht dabei bewenden lassen würde. Die Wunden an ihren Handflächen waren tief und könnten sich entzünden. Genau deshalb würde Altair auch nicht locker lassen.

„Ich hole eine Wache. Sie soll dich dann zum Arzt bringen. Warte kurz hier. Ich bin gleich wieder da“ sagte er und ging aus der Tür.

Arsura wollte ihm noch etwas hinterherrufen, doch sie sah ein, dass das keinen Sinn hatte. Außerdem meinte Altair es nur gut mit ihr. Jetzt, da Arsura einen Moment saß und zur Ruhe kam, merkte sie, wie erschöpft sie überhaupt war. Ein seltsames Schwindelgefühl machte sich in ihr breit, aber sie versuchte es zu ignorieren. Kurze Zeit später kam Altair mit einem Assassinen, der Wache hatte zurück. Arsura stand auf, wollte Altair und der Wache sagen, dass alles in Ordnung war, doch dazu kam sie nicht mehr. Das Schwindelgefühl von eben überrumpelte die 13-jährige und ihr wurde schwarz vor Augen. Unkoordiniert taumelte sie einen Schritt zur Seite und brach zusammen. Der schmerzhafte Aufprall war das letzte, was sie merkte, bevor sie das Bewusstsein verlor.
 

Leises Vogelzwitschern drang an Arsuras Ohren. Sie amtete tief ein, versuchte den angenehmen Geruch zu definieren, der ihr in die Nase stieg, doch ein stechender Schmerz in ihrem Brustkorb hielt sie davon ab. Langsam öffnete sie die Augen. Das helle Licht blendete sie im ersten Moment, aber als sie ein zweimal geblinzelt hatte, ging es. Sie sah sich um und als sie nach rechts blickte, sah sie Sharif, der sie besorgt musterte.

„Arsura? Hörst du mich?“ fragte er leise.

„Vater“ murmelte sie zurück.

Sharif lächelte und blickte nach vorne, als er Schritte vernahm. Arsura blickte in die Richtung und sah den netten Doktor, bei dem sie gestern schon gewesen war.

„Du bist wach. Sehr schön. Wie fühlst du dich?“ fragte er sie freundlich.

„Nicht gut. Mir tut alles weh“ gab Arsura wahrheitsgemäß zu.

„Das wundert mich nicht. Du hast zahlreiche Prellungen und Schürfungen. Eine deiner Rippen ist angebrochen, aber ich habe alles stabilisiert und es wird verheilen“ sagte der Mann optimistisch.

„Was hast du überhaupt gemacht?“ wollte Sharif wissen.

Arsura seufzte leicht und richtete sich vorsichtig ein Stückchen auf. Erst jetzt merkte sie, dass ihre Hände komplett einbandagiert waren. Auch ein unflexibler Verband saß um ihren gesamten Brustkorb und ihre Beine wollten nicht so richtig, aber sie setzte sich hin und sah zu ihrem Ziehvater.

„Du kennst doch den Parcours etwas unterhalb der Festung, auf dem man Messerwerfen üben kann, oder? Ich hab die ganze letzte Nacht damit zugebracht darauf zu trainieren“ erzählte sie.

„Ah. Das erklärt natürlich deinen Zusammenbruch. Du hast dich körperlich total verausgabt“ meinte der Arzt nun.

„Arsura. Es ist doch keine Schande, wenn du diesen Parcours nicht auf Anhieb meisterst. Er ist sehr anspruchsvoll“ sagte Sharif und seufzte leicht.

„Ich weiß. Aber, jeder andere aus meiner Gruppe hat es hinbekommen, nur ich nicht. Das hat mich ziemlich frustriert, also hab ich alles daran gesetzt, es hinzukriegen und ich habe es geschafft“ erklärte Arsura.

„Ja, aber zu welchem Preis? Du wirst die nächsten Tage ausfallen, soviel steht fest“ sagte Sharif.

Arsura seufzte. Ja, vielleicht hätte sie es nicht so übertreiben sollen, aber das war es ihr wert gewesen.

„Ich denke, du solltest dich jetzt ausruhen, damit du schnell wieder zu Kräften kommst. In den nächsten Tagen sollte das Schlimmste überstanden sein. So lange solltest du allerdings hier bleiben“ sagte der Arzt dann.

Arsura nickte.

„Doktor, sagt mir bitte Bescheid, wenn sich etwas ändert“ meinte Sharif nun und stand auf.

„Selbstverständlich“ sagte der Mann freundlich.

„Wir sehen uns später, Arsura. Ich muss jetzt erst einmal weiter“ wandte sich Sharif an die Braunhaarige.

„Natürlich, Vater. Bis dann“ verabschiedete sie sich.

Sharif lächelte leicht, verabschiedete sich von ihr und ging. Arsura sah in den hellen Himmel. Sie atmete tief durch und fragte sich, was die kommende Zeit wohl bringen würde…



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