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Fünf Jahre

(K)eine Freundschaft für immer
von

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Weißt du noch?

Mit Davis' Verkündung, nun nach Hause gehen zu wollen, hatten sich auch die anderen entschieden, den Abend nun zu beenden. Kari fühlte sich mittlerweile so vollgefressen und müde, dass sie nur noch schlafen wollte. Sie war sich sicher, in dieser Nacht endlich mal wieder tief und fest schlafen zu können, auch wenn der Auftritt nur mittelprächtig gelaufen war. Zumindest war jetzt der Vorbereitungsstress von ihr abgefallen und sie konnte sich wieder auf andere Dinge konzentrieren.

Vor dem Restaurant verabschiedeten sie, T.K. und Davis sich von Ken und Nana und einige Gehminuten weiter auch von Davis. T.K. ließ es sich nicht nehmen, sie noch ein Stück zu begleiten, denn es konnte ja sonstwas passieren und für einen kurzen Moment fühlte Kari sich wieder überbehütet, doch sie verkniff sich jeden Kommentar dazu.

Sie kamen an einem Spielplatz vorbei, den Kari jeden Tag auf dem Schulweg passierte und schon gar nicht mehr wahrnahm, doch T.K. blieb stehen, sodass auch Kari anhielt und ihn fragend ansah.

„Weißt du noch, wie Tai und Matt uns hier immer in den Sandkasten geschickt haben, damit sie in Ruhe Fußball spielen konnten?“, fragte er mit einem Lächeln auf den Lippen.

Kari folgte seinem Blick und sah ebenfalls auf die Stelle, an welcher sie als etwa sechsjährige Kinder immer Sandkuchen gebacken und Burgen gebaut hatten.

„Ja und ich erinnere mich auch noch an einen Tag, an dem du den Sandkuchen wirklich probiert hast, obwohl ich dir gesagt habe, dass man den nicht essen kann“, antwortete Kari und kicherte.

„Und wenn schon. Ich hab's überlebt.“ Er zuckte mit den Schultern und grinste sie an. „Und weißt du noch, wie du von der Schaukel gefallen bist und dir dabei das Handgelenk verstaucht hast?“

„Oh ja. Tai hat deswegen einen Riesenärger bekommen, weil er eigentlich auf mich aufpassen sollte.“ Kari konnte sich gut daran erinnern, wie Yuuko Tai zur Schnecke gemacht hatte. Ganz klein war er dabei geworden. „Aber wegen dir habe ich damals nicht geweint.“

T.K. sah sie erstaunt an. „Wegen mir?“

Verlegen wandte Kari den Blick ab. „Ja, ich wollte dir zeigen, dass ich tapfer bin. Das war ganz schön schwierig für mich.“

Er sah sie übertrieben mitleidig an. „Zählt es noch, wenn ich dir jetzt erst sage, dass ich stolz auf dich bin?“

Kari tat, als müsste sie erst darüber nachdenken. „Hm... ja, das zählt noch.“

Dann betrachtete sie die Schaukel, an der so manche Erinnerung hing. Wie sie immer versucht hatte, einen Überschlag hinzubekommen oder möglichst hoch zu schaukeln und dann abzuspringen. Mittlerweile hatte die Schaukel einen neuen Anstrich und eine neue Sitzfläche bekommen und sah etwas anders aus als in Karis Erinnerung.

Ihr Blick fiel auf die Kletterburg. „Weißt du noch, wie wir dort immer Verstecken mit verbundenen Augen gespielt haben?“

T.K. schnaubte. „Ja und ich weiß auch noch, wie Tai und Matt uns die Augen verbunden haben und dann einfach abgehauen sind.“

Kari prustete los. „Das habe ich ihnen bis heute nicht verziehen. Wir haben sie so lang gesucht.“ In Erinnerungen schwelgend betrachtete Kari die Kletterburg, die ihr nun so viel kleiner vorkam. Es war, als würde sie sich, T.K. und ihre Brüder dabei beobachten, wie sie darauf herum rannten und versuchten, sich gegenseitig zu fangen. „Ich weiß noch, wie traurig ich war, als du dann mit deiner Mutter in die andere Wohnung gezogen bist und wir uns nicht mehr jeden Tag hier treffen konnten.“

T.K. schob die Hände in die Hosentaschen und nickte. „Frag mich mal.“

Kari sah ihn mit zusammengepressten Lippen an. Die Scheidung seiner Eltern war damals sehr schlimm für ihn und Matt gewesen und auch Tai und Kari hatten mit ihnen gelitten. Kari, weil sie nachmittags nicht mehr so viel Zeit mit T.K. verbringen konnte und Tai, weil er des Öfteren zum Opfer von Matts Gefühlsausbrüchen wurde, bevor dieser sich irgendwann verschloss und so tat, als wäre ihm alles egal. Erst, als er irgendwann in der Oberschule mit Sora zusammengekommen war, wurde er wieder offener und emotionaler. Dann hatten sie sich mit dem Schulabschluss wieder getrennt und wie Matt jetzt drauf war, wusste Kari nicht so genau. Dafür hatte sie zu wenig Kontakt mit ihm, aber er kam ihr recht ausgeglichen vor.

„Sag mal, hast du noch kurz Zeit? Oder willst du gleich nach Hause?“, riss T.K. sie aus ihren Gedanken.

„Hm?“ Verwirrt sah sie ihn an.

„Naja, ich dachte gerade, vielleicht könnten wir mal kurz bei unserer alten Grundschule vorbeischauen. Da war ich seit fünf Jahren nicht mehr, wie du weißt“, erklärte er schulterzuckend.

„Was, jetzt?“, fragte Kari verdattert. „Es ist doch schon so spät und außerdem sind Ferien. Da ist sowieso niemand da.“

„Eben.“ Er lächelte. „Dann haben wir wenigstens unsere Ruhe.“

Skeptisch runzelte Kari die Stirn. „Okay?“

Ihre alte Grundschule war nur wenige Gehminuten vom Spielplatz entfernt und sie mussten nur einen kleinen Umweg machen. Diesen Weg war sie, meist in die andere Richtung, früher so oft gegangen. Ihre Hausaufgaben hatte sie immer so schnell wie möglich erledigt, um dann zum Spielplatz zu können und dort möglichst viel Zeit zu haben, bevor sie zum Abendessen wieder zu Hause sein musste.

Sie kamen am Schulgelände an und standen ein wenig ehrfürchtig vor dem verschlossenen Tor. T.K. rüttelte vorsichtshalber daran, doch es war natürlich abgeschlossen. Schweigend standen sie nebeneinander und betrachteten die Gebäude, die mittlerweile in einem sanften Gelb gestrichen worden waren und deren Fenster mit gebastelten Blumen und Schmetterlingen verziert waren. Den Schulhof konnten sie nur teilweise sehen, da eines der Gebäude und ein paar Bäume ihnen die Sicht versperrten.

„Und jetzt?“, fragte Kari nach einigen Minuten.

„Lass uns reingehen“, antwortete T.K.

Kari drehte sich zu ihm und wollte ihn schon fragen, wie er denn gedachte, dort hineinzugelangen, als er entschlossen einen Schritt auf das Tor zu ging und anfing, nach oben zu klettern.

„Das dürfen wir nicht“, sagte Kari erschrocken und beobachtete ihn dabei, wie er sich nach oben hangelte, die Beine auf die andere Seite schwang und wieder herunter sprang. Er warf Kari einen erwartungsvollen Blick zu.

„Wir sind doch ehemalige Schüler. Bestimmt hat keiner was dagegen“, sagte er und zwinkerte ihr schelmisch zu. „Kommst du jetzt oder willst du schmiere stehen?“

Unsicher sah Kari sich nach links und rechts um. Weit und breit war keiner zu sehen. Man konnte lediglich ein paar Autos auf den Quer- und Parallelstraßen hören, doch an einer Grundschule lief in den Ferien um diese Uhrzeit sicher niemand vorbei.

Sie wandte den Blick wieder nach vorn und betrachtete das Tor. Es war sicher über zwei Meter hoch und Kari würde sich sicher zum Löffel machen und herunterfallen. Außerdem trug sie einen kurzen Rock, an dessen Saum sie jetzt nervös herumzupfte.

„Schon gut, ich geh allein“, meinte T.K. gelassen und drehte sich schon um, doch da ergriff Kari mit beiden Händen das Gitter und kletterte ebenfalls nach oben. Sie schaffte es nicht so schnell wie T.K., aber immerhin tat sie sich nicht weh und rutschte auch nicht ab. Etwas umständlich kletterte sie auf die andere Seite des Gitters und sah unsicher nach unten. T.K. streckte eine Hand zu ihr aus, um ihr zu helfen. Kari ergriff sie und sprang nach unten.

„Wenn wir erwischt werden, dann bist du schuld“, murmelte sie und sie gingen gemeinsam um das Gebäude herum, in welchem sie in der ersten und zweiten Klasse unterrichtet worden waren.

„Es wird uns niemand erwischen“, erwiderte T.K. lachend. „Niemand ist hier. Sieh mal. War das nicht mal unser Klassenraum?“

Kari folgte seinem ausgestreckten Finger und erblickte ein paar große Fenster im Erdgeschoss. Sie gingen zu den Fenstern und spähten in den Raum. An der gegenüberliegenden Wandreihe waren Regale aufgestellt, die mit Standordnern und Kinderbüchern gefüllt waren und so aussahen, als würden sie jeden Moment unter ihrer Last zusammenbrechen. An der Wand rechts befand sich die Tafel und noch ein weiteres Regal mit einem CD-Player. An der linken Wand stand ein Schrank und neben dem Schrank befand sich die Tür. Die Stühle standen alle auf den Tischen und waren recht niedrig, genau richtig für Kinder der ersten und zweiten Klasse. Kari beschlich ein seltsames Gefühl der Leere. Sie konnte sich noch gut an den Tag erinnern, an dem sie eingeschult worden war. So stolz war sie gewesen, endlich wie Tai in die Schule gehen und lernen zu dürfen. Sie hatte eine tolle Klassenlehrerin gehabt, die sie heute schon fast für ihre Geduld und ihre Liebenswürdigkeit bewunderte. Bis vor einigen Monaten wollte Kari eigentlich auch Grundschullehrerin werden und dabei ebenso kompetent sein, wie ihre eigene Grundschullehrerin es immer war.

„Wie klein die Stühle sind“, stellte T.K. verwundert fest. „Weißt du noch, wo wir gesessen haben?“

Sie und T.K. hatten während der gesamten Grundschulzeit nebeneinander gesessen.

„Ich glaube, wir haben ganz vorn gesessen, weil du immer so klein warst“, antwortete Kari grinsend und betrachtete die Tische ganz vorn. Wie die Kinder wohl aussahen, die jetzt gerade in der ersten Klasse waren und in diesem Raum unterrichtet wurden?

„Kann sein“, meinte T.K. müde lächelnd.

Sie wandten sich ab und schlenderten über den Schulhof zu den Plätzen, an denen sie als Kinder immer die großen Pausen verbracht hatten. Mal auf dem Klettergerüst, mal im Sandkasten, mal auf einer Bank, mal unter ein paar Bäumen. Kari fühlte sich, als wäre sie wieder zehn und müsste nun überlegen, mit welchem Spiel man die Pause verbringen würde. Sie betrachteten auch die Gebäude, in denen sie in den restlichen Klassenstufen unterrichtet worden waren.

„Ich würde gern noch einmal reingehen und mir alles von innen anschauen“, murmelte Kari und drehte sich um sich selbst, um das ganze Schulgelände noch einmal zu betrachten. „Die Grundschulzeit war doch irgendwie am schönsten. Die Schule war nicht so schwer, man musste nicht viele Hausaufgaben machen und das größte Problem, das man hatte, war, dass es zum Mittag schon wieder Spinat gab.“

T.K. nickte und ließ sich auf die nächst beste Bank fallen. „Geht mir auch so.“

Nach kurzem Zögern setzte Kari sich neben ihn, achtete jedoch darauf, einen gewissen Abstand zu ihm zu wahren.

„Danke, dass du mitgekommen bist, Kari“, sagte T.K. nach einigen Augenblicken des Schweigens.

„Schon gut. Es ist schön, mal wieder hier zu sein. Vielleicht schaffen wir es ja noch mal während der Schulzeit und können ein paar unserer alten Lehrer treffen“, antwortete Kari.

„Ja, das können wir uns dann für nach den Ferien irgendwann vornehmen“, meinte T.K.

Wieder schwiegen sie einen Augenblick, genossen die vertraute Schulhofatmosphäre und blickten hinauf in den Sternenhimmel.

„Sag mal, kann ich dich was fragen?“, fragte Kari nach einer Weile.

Er sah sie interessiert an. „Klar.“

„Willst du nach der Schule eigentlich zurück nach Paris?“

Er zögerte eine Weile, bevor er antwortete. „Keine Ahnung. Ich denke, ich werde lieber in Tokio bleiben. Hier fühlt es sich mehr nach Zuhause an als in Frankreich.“

Kari nickte langsam. „Das bedeutet, dass wir nach der Schule vielleicht an verschiedenen Enden der Welt leben, falls ich doch angenommen werde.“

„Du wirst angenommen“, erwiderte T.K. sofort. „Da bin ich mir ganz sicher. Aber ja, hast Recht. Dann sind wir schon wieder so weit voneinander entfernt.“

„Schade eigentlich“, meinte Kari und lächelte schelmisch. „Ich fange gerade wieder an, mich an dich zu gewöhnen.“

„Wie nett“, spottete er. „Soll ich das als Kompliment auffassen?“

„Sieh es, wie du willst“, erwiderte Kari schulterzuckend und blickte wieder in den Sternenhimmel. „Vielleicht ist unsere gemeinsame Zeit schon abgelaufen.“

Aus den Augenwinkeln sah sie, dass er sie noch immer ansah. Er kratzte sich am Kopf. „Wie meinst du das?“

„Naja, vielleicht war die Grundschul- und Kindergartenzeit alles, was uns zustand und jetzt sind wir eben dazu bestimmt, uns nicht mehr zu sehen“, erklärte Kari zögerlich.

T.K. brauchte eine Weile, um auf ihre Worte zu reagieren. „Sag mal, hast du irgendwas genommen?“

Kari sah ihn erst verwirrt an, dann kicherte sie und verpasste ihm einen leichten Schubs. „Ich meine nur, dass es vielleicht so etwas wie ein Schicksal gibt.“

Er schüttelte den Kopf und winkte ab. „Das ist doch Quatsch. Alles passiert doch, weil wir uns eben so entscheiden und nicht weil irgendein Schicksal das so plant. Du könntest dich entscheiden, nicht an die Juilliard zu gehen. Dann würdest du wahrscheinlich hier bleiben und wir könnten uns weiterhin sehen.“

„Und ich würde eine riesige Chance verpassen“, ergänzte Kari und hob eine Augenbraue. „Vielleicht würde ich in New York merken, dass Tanzen meine Bestimmung ist. Vielleicht würde ich lernen, dass ich nach New York gehöre und nicht nach Tokio. Vielleicht würde ich da die Liebe meines Lebens treffen.“

„Ich dachte, du brauchst keinen Freund“, erinnerte T.K. sie.

„Jetzt nicht, aber irgendwann mal vielleicht schon“, murmelte Kari verlegen. „Wo wir gerade dabei sind... kann ich dir ein Geheimnis verraten?“

Er musterte sie gespannt und lächelte. „Na los.“

Kari holte tief Luft. „Weißt du, damals, als du weggegangen bist... also, warum ich so enttäuscht war...“ Sie zögerte und überlegte, ob sie ihm das, was sie sagen wollte, auch wirklich sagen sollte, doch er erwiderte nichts, sondern wartete, dass sie weitersprach. „Ich glaube, ich war ein bisschen in dich verknallt.“ Sie vermied es sorgfältig, ihn anzusehen und lächelte verlegen. Gut, dass es dunkel war, dann konnte er wenigstens nicht sehen, wie sie rot wurde.

Wieder dauerte es einige Sekunden, bis er reagierte. „Soll ich dir auch mal ein Geheimnis verraten?“

Überrascht drehte Kari sich zu ihm und sah ihn erwartungsvoll an. Warum antwortete er nicht direkt auf ihr Geständnis? War er etwa auch in sie verliebt gewesen?

„An sowas habe ich damals überhaupt noch nicht gedacht“, gab er zu und grinste schief. „Warum hast du es mir nicht gesagt?“

Kari seufzte entrüstet und zog eine Schnute. Das war nicht das, was sie sich als Antwort erwartet hatte. „Keine Ahnung. Es war mir irgendwie peinlich.“

„Peinlich?“ T.K. lachte.

„Naja, wer verknallt sich denn schon in seinen besten Freund?“

„Ach, ich glaube, das passiert ganz schön oft. Ist doch auch irgendwie logisch, wenn man sich mit jemandem so gut versteht und so viel Zeit miteinander verbringt.“

Wieder herrschte kurzes Schweigen.

„Aber danke, dass du es mir gesagt hast“, meinte T.K. dann leise. „Jetzt kann ich noch besser verstehen, warum du mich so verachtet hast.“

Kari nickte. „Warst du denn nicht auch mal in irgendwen verliebt?“

„Klar“, antwortete T.K. „In das Mädchen, mit dem ich meinen ersten Kuss hatte.“

Kari lehnte sich zurück und streckte die Beine aus. Das Mädchen, mit dem er seinen ersten Kuss hatte. Bestimmt Isabelle. „Aber ihr seid nicht mehr zusammen, oder?“

„Nein.“

„Wann habt ihr euch getrennt?“

„Schon letztes Jahr im Sommer oder so“, antwortete T.K. und blickte nun auch wieder in den Himmel. „Und wie sieht's bei dir aus?“

Kari schnaubte. „Ich war auch mal verknallt, aber Davis meinte, der Typ wäre komisch.“

„Ach ja? In wen denn?“, fragte T.K. neugierig.

„In Kuro“, murmelte Kari verlegen.

T.K. schien kurz zu überlegen. „Ach, etwa der, der auch im Computerclub ist? Der ist wirklich komisch.“

„Mann, T.K.!“, murrte Kari und stieß ihm den Ellbogen in die Seite. Er lachte bloß.

„Warst du mit ihm zusammen?“, fragte er dann.

Kari schüttelte den Kopf. „Ich glaube, er weiß gar nicht, dass ich in ihn verknallt war.“

„Ist wahrscheinlich auch besser so“, kommentierte er und Kari ärgerte sich schon wieder über diese Bemerkung. Sie hatte es Kuro damals nicht gesagt, weil sie zu schüchtern gewesen war. Sie hatte sich einfach nicht getraut.

„Du hast mir übrigens noch nicht erzählt, wann und mit wem du deinen ersten Kuss hattest“, erinnerte T.K. sie nach einer Weile. „Dabei bist du mir die Antwort noch schuldig.“

Kari riss die Augen auf und wurde verlegen. Bestimmt lief sie auch noch rot an. „Ich bin dir gar keine Antwort schuldig!“

Er sah sie an und hob die Augenbrauen. „Ach, aber ich muss dir alles erzählen?“

Kari sah ihm für einige Sekunden in die Augen. Sein Blick war herausfordernd, neugierig und eindringlich, sodass sie mal wieder das Gefühl hatte, er würde sie durchbohren.

Sie seufzte resigniert. „Na schön. Aber wehe du lachst.“

„Werde ich nicht. Versprochen.“

Prüfend sah sie ihn an und er blickte ernst zurück. „Also eventuell hatte ich ihn mit Shinji, aber ich erinnere mich nicht.“

Darüber schien er tatsächlich nicht lachen zu können, denn sein Blick wurde auf einmal finster. „Verstehe.“

„Und wenn ich ihn nicht mit Shinji hatte, dann mit Davis“, platzte Kari heraus.

Die Finsternis wich aus seinem Blick und machte Skepsis Platz. „Mit Davis?! Ich wusste nicht... Steht er etwa immer noch auf dich?“

„Nein, nein.“ Kari hob abwehrend die Hände. Sie setzte zu einer Erklärung an, doch dann fiel ihr ein, dass sie ihm nicht die Wahrheit erzählen konnte, ohne Davis zu hintergehen. Schließlich hatten sie sich nur geküsst, damit Davis Kari beweisen konnte, dass er an Mädchen nichts fand. „Wir ähm... haben nur... getestet, ob... wir... was füreinander empfinden“, stammelte sie.

T.K. runzelte skeptisch die Stirn. „Aha?“

„Tja, also... tun wir nicht“, verkündete sie und fühlte sich unwohl. „Und dieser skeptische Blick ist auch nicht besser als lachen.“

Seine Gesichtszüge entspannten sich wieder. „Sorry. Das war nur ein bisschen verwirrend.“

„Ja, für uns auch. Wir hatten vorher Wein getrunken und naja. Es war ein komischer Kuss“, schloss sie ihre Erzählung. „Wie spät ist es eigentlich?“

„Fast eins“, antwortete T.K. nach einem prüfendem Blick auf sein Handy.

„So lang sitzen wir hier schon und reden?“, fragte sie irritiert. Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren und könnte noch Stunden hier mit ihm verbringen und über alles Mögliche reden. Außer vielleicht übers Küssen.

„Jap“, machte er und sah sie an. „Willst du nach Hause?“

„Ich weiß nicht“, murmelte sie und zuckte ratlos mit den Schultern. „Irgendwie schon, aber irgendwie auch nicht.“

Er stand auf. „Dann gehen wir besser, bevor ich noch Ärger mit deinen Eltern kriege.“

Kari nickte ein wenig bedauernd und stand ebenfalls auf. Langsam gingen sie über den Schulhof zurück zum Tor und kletterten nacheinander darüber. Auch bis zu dem Abzweig, von dem Kari nur noch wenige Meter bis nach Hause laufen musste, beeilten sie sich nicht, sondern schlenderten gemütlich dahin, allerdings ohne zu reden. Als sie an der Kreuzung ankamen, blieben sie stehen.

„Tja, also dann“, fing T.K. an. „Danke noch mal, dass du mitgekommen bist.“

„Du hast mir ja keine Wahl gelassen“, stichelte Kari und hob eine Augenbraue.

Er lächelte schief und zuckte mit den Schultern. „Trotzdem.“

„Schreibst du mir, wenn du zu Hause angekommen bist?“

„Wenn ich es nicht vergesse.“

„Dann vergiss es nicht. Ich warte auf deine SMS.“

Er lächelte. „Alles klar.“

„Okay. Dann mach's gut.“

Kari machte Anstalten, ihn zu umarmen, doch in diesem Moment legte er unerwartet eine Hand in ihren Nacken, beugte sich zu ihr herunter und küsste sie. Mit allem drum und dran. Zunächst versteifte Kari sich vor Schreck, denn damit hatte sie überhaupt nicht gerechnet, doch dann schloss sie die Augen und es fühlte sich an, als würde ein Feuerwerk in ihrem Inneren losgehen. Ihr ganzer Körper schien zu kribbeln und sie dachte, ihre Beine würden gleich nachgeben. Ihre Knie fühlten sich an wie Wackelpudding und ihr Herz schien erst auszusetzen und dann auf einmal wie wild zu hüpfen. Sie hatte keine Ahnung, woher sie wusste, was sie tat, aber wahrscheinlich reichte es, dass T.K. wusste, was er tat. Sie erwiderte einfach den Kuss und ging auf ihn ein, fühlte sich, als könnte sie jeden Augenblick davonschweben. Dabei versuchte sie, jeden Eindruck zu speichern: seinen Geschmack auf ihrer Zunge, seinen Geruch, das Gefühl seiner etwas rauen Lippen auf ihren und der wohlige Schauer, der ihr über den Rücken lief.

Dann war es auf einmal vorbei. Sie wusste nicht, wie lange es gedauert hatte. Es hatte sich angefühlt wie Stunden, doch nun, da es vorbei war, hätte es genauso gut nur eine Sekunde gewesen sein können.

Langsam löste er den Kuss und ließ auch die Hand in ihrem Nacken sinken. Kari öffnete die Augen und blickte direkt in seine. Er lächelte ein wenig verwegen und Kari fielen die Grübchen in seinen Wangen auf, die dabei zum Vorschein traten.

„Jetzt hattest du auch mal einen richtigen Kuss“, raunte er, drehte sich um und ging.

Kari befand sich noch einige Sekunden lang in einer Starre, bevor auch sie sich endlich in Bewegung setzen und nach Hause gehen konnte. Wie in Trance stieg sie die Treppen zu ihrer Wohnung hinauf, betrat die Wohnung, machte sich bettfertig und kroch unter die Decke. Doch sie fühlte sich hellwach. In Gedanken war sie immer noch bei dem Kuss, der so viele Emotionen in ihr ausgelöst hatte. Er war in keiner Weise mit dem Kuss mit Davis vergleichbar, bei dem sie gar nichts gefühlt hatte. Das vorhin war völlig anders gewesen. Ihre Knie und Hände zitterten noch immer, als sie nach ihrem Handy griff, um zu sehen, ob T.K. ihr schon geschrieben hatte. Hatte er.
 

Bin gerade angekommen.

Schlaf schön. ;-)

T.
 

Kari presste ihr Handy an sich und starrte mit großen Augen in die Dunkelheit.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Tadaaaa! Das versprochene Takari-Kapitel. ;D Ich muss sagen, ich habe mich so in den Kuss hineingesteigert, dass ich mich selbst so gefühlt habe wie Kari! :D Was das jetzt wohl über mich aussagt?
Naja. Ich hoffe, es hat euch gefallen. ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (11)
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Von: abgemeldet
2015-03-21T22:51:09+00:00 21.03.2015 23:51
Ach, jetzt hat es mich eiskalt erwischt. Zuerst hatte ich noch eine Vermutung, aber dann war ich völlig von der Vergangenheit und den wundervollen Anekdoten eingenommen. Mir kam es vor, als ob ich selbst wieder in die Grundschule gehen würde, denn bis auf die Gebäudefarbe hat sich so viel überschnitten, unglaublich. Yuuko, Matt und Taichi zu erwähnen, hat alles in einem Sepia-Film ablaufen lassen... ich schätze auch, Matt kam nie über Sora hinweg. Er sagte ja etwas un Richtung 'nicht alle könnte er haben'.
Jedenfalls... hach, dieser Kuss war Gänsehaut pur. Wirklich! Ich mochte das Pärchen vorher, nun hat sich das durch deine Geschichte und das Herzblut der Szene noch gesteigert. Wirklich wunder-wunderschön aufs Papier gebracht...
Wie sie wohl am Folgetag miteinander umgehen?

Viele Grüße, Morgi

Antwort von:  Juju
23.03.2015 18:21
Awww freut mich, dass es dir gefallen hat. :) Ich habe auch ganz viel von dem eingebracht, was ich selbst entweder erlebt oder eben im Praxissemester letztes Jahr beobachtet habe. Der beschriebene Klassenraum zum Beispiel ist ein genaues Abbild des Klassenraums meiner zweiten Klasse vom letzten Jahr. <3
Hach, Matt und Sora. Schwierige Kiste.
Ahhh der Kuss! :D Ich habe so lange darauf gewartet, endlich einen Kuss zwischen den beiden schreiben zu können. In Kapitel 34 hat es dann geklappt. xD
Von:  UrrSharrador
2014-09-07T17:45:25+00:00 07.09.2014 19:45
Nette Rückblicke in ihre Vergangenheit. Die haben mit ihren älteren Brüdern ja was mitgemacht XD
Wie schön, sie haben sich geküsst :) Man merkt, dass du dich sehr in die Kussszene hineingesteigert hast, war wirklich schön beschrieben ;) Und ich hab selbst nicht mehr an ihren Patzer beim Tanzen gedacht, genauso wenig wie sie. Das hat T.K. echt super hingebracht, auch wenn ich glaube, dass das nicht der eigentlich Grund war, warum er sie geküsst hat :P Ich hab übrigens auch nicht damit gerechnet. Aber jz sieht Karis Welt sicher gleich schöner aus. Wie wohl die nächsten Tage zwischen den beiden verlaufen werden? Ich bin neugierig, aber ich muss jz selbst mal wieder schreiben - du hast mich motiviert, dafür danke :)
lg
Antwort von:  Juju
10.09.2014 23:31
Danke für deinen Kommentar. :)
Ja, mit großen Geschwistern hat man es nicht immer einfach, denke ich. xD
Freut mich, dass dir der Kuss gefallen hat. Dir, als männlicher Leser. ;)
Hihi, wer weiß schon, was T.K. für einen Grund hatte, Kari zu küssen. :P Das weiß nur er selbst.
Uhhhhh, ich habe dich motiviert, yes yes yes! Dann schreib mal schön und lass was sehen. ;D
Von: abgemeldet
2014-09-04T20:40:15+00:00 04.09.2014 22:40
Tolles Kapitel!! Wirklich. Das war so schön, mit den ganzen Erinnerungen. Und auch witzig, als sie das mit Davis erzählt hatte. Ich musste schmunzeln.
T.K. ist so goldig.. und hoffentlich hat er das nicht nur gemacht, damit Kari einen richtigen Kuss bekommt. Aber sonst wärs ja keine Takari FF <3 und nein, es war nicht vorhersehbar..zumindest nicht für mich, obwohl es doch im nachhinhein logisch ist.
Antwort von:  Juju
10.09.2014 23:23
Freut mich, dass dir das Kapitel gefallen hat. <3
Hehe na mal sehen, was T.K. für einen Grund hatte, sie zu küssen. ;)
Von:  Kaguya
2014-08-11T20:26:41+00:00 11.08.2014 22:26
O nein wie süß *///*
Die Kussszene war die beste in diesem Kapitel!
Ich hätte nicht gedacht, dass T.K. sie wirklich küssen würde :D
Anscheinend hatte er es ab dem Zeitpunkt vor, als sie sagte, sie hätte ihn von Shinji bzw. dann von Davis XD
Du hast das so schön beschrieben*///*
Ein großes Lob an dich!!!!
Ich weiß gar nicht mehr was ich alles schreiben soll? Vielleicht dass ich traurig bin, dass ich nur noch ein Kapitel zu lesen habe *schmoll*
Antwort von:  Juju
11.08.2014 23:46
Hm, irgendwie hat seltsamerweise niemand mit einem Kuss an dieser Stelle gerechnet, dabei fand ich das so vorhersehbar. xD Naja.
Und ja, ich denke auch, dass das der Zeitpunkt war, an dem T.K. sich entschieden hat, sie zu küssen. ;)
Danke für das Lob. :)
Von:  Schaput31
2014-08-07T19:23:45+00:00 07.08.2014 21:23
Halleluja... da liest man und liest und schwelgt selber in Erinnerungen an die eigene Grundschulzeit und das man die ja auch mal wieder besuchen könnte(wenn sie denn noch existieren würde, die Gebäude werden inzwischen anderweitig genutzt), dann denkt man nichts ahnend, ok sie verabschieden sich jetzt und dann BAMM!
So hab ich mich jedenfalls gefühlt. <3 Ich hab damit kein bisschen gerechnet und dachte erst, das passt jetzt so gar nicht, aber irgendwie doch, wenn man so drüber nachdenkt. Und wie du ihn beschrieben hast, ich kann dich verstehen, man stellt sich das gleich vor, wie man sich bei seinem ersten Kuss gefühlt hat. Romantisch.
Das war ein echt schönes Takari Kapitel!!!^^
LG
Antwort von:  Juju
10.08.2014 16:52
Danke für deinen Kommentar. :)
Freut mich, dass dir das Kapitel gefallen hat. Aber ich hätte echt gedacht, dass der Kuss vorhersehbar war. :D Aber eigentlich fand ich ihn an der Stelle total passend. So zum Abschied halt hat T.K. sich eben einfach mal getraut und die Initiative ergriffen. <3 xD
Von:  Suben-Uchiha
2014-08-05T18:09:22+00:00 05.08.2014 20:09
Ach ein Kapitel der erinnerungen :)
Einfach schön gemacht. ich fühle mich irgendwie gerade selber in meine Grundcshulzeit versetzte :D Die Teilweise gut und schlecht war ;) Aber die schönste die ich hatte was den guten Teil betrifft :D
Der Kuss war wirklich super, zwar überraschent, aber super :) Takari ist wirklich einer meine absuluten Paaring Favos ;)
Aber mit den Erinnerungen hast du mich wirklich auf die Idee gebracht das vielleicht in meiner Fanfic zu verwenden :D

Naja auf jedenfall freue ich mich schon auf das nächste Kapitel

LG
Sven
Antwort von:  Juju
10.08.2014 16:47
Danke für deinen Kommentar. :)
Ja, in die Grundschulzeit würde ich auch gern noch einmal zurück. <3
Irgendwie fand ich den Kuss total vorhersehbar, aber schön, wenn er für manche doch überraschend kam. ;) Und ich mag Takari auch sehr als Pairing. Sonst würde ich ja auch keine Geschichte über sie schreiben. :P
Haha nur zu, immer schreib. Freut mich, wenn ich andere auf Ideen bringe. <3
Von:  Liara-Chan
2014-08-03T08:35:39+00:00 03.08.2014 10:35
Oh.Mein.Gott. Ein Wahnsinns-Kapitel <3 <3 Das war alles so toll beschrieben. Ich will nicht, dass Kari nach New York geht >.< bitte lade schnell ein neues Kapitel hoch!! ich kann es kaum erwarten :D
Antwort von:  Juju
03.08.2014 14:52
Danke für deinen Kommentar. :)
Freut mich, dass es gut ankommt. :) Ob Kari tatsächlich nach New York gehen wird... hm... :P Mal sehen.
Von:  Lilika
2014-08-02T22:38:38+00:00 03.08.2014 00:38
ahhh wie toll und gemein zu gleich da jetzt auf zu hören... dann kann man ja nur drängeln und betteln das du schnell weiter schreibst....war richtig toll geschrieben.. konnte mich auch richtig hineinversetzen... also BITTE GANZ SCHNELL WEITER MACHEN!!!! DANKE
Lg Lilika ;-)
Antwort von:  Juju
03.08.2014 14:52
Danke für deinen Kommentar. :)
Freut mich, dass es dir so gut gefallen hat und du gar nicht mehr aufhören willst. xD Aber leider bin ich auch keine Maschine haha. Das nächste Kapitel kommt auf jeden Fall bald. ;)
Von:  Rikusan
2014-08-02T19:29:47+00:00 02.08.2014 21:29
Oh nein.....schon wieder zu Ende. Das kannst du doch nach diesem Kuss nicht machen!
Das kribbeln habe ich beim Lesen auch gefühlt, total schön geschrieben (hat mich sehr an meinen ersten Kuss erinnert) - aber ich will jetzt trotzdem wissen wie es weitergeht.
Schnell weiter schreiben, unbedingt. Und bitte auch dort wieder ansetzen...... * vor Neugierde sterbend auf's Tablet starr und auf's nächste Kapitel warte* ^.^

LG Riku
Antwort von:  Juju
03.08.2014 14:51
Danke für deinen Kommentar. :)
Schön, dass dir der Kuss so gut gefallen hat. Ich glaube, ich musste auch an meinen ersten Kuss dabei denken. ;)
Das nächste Kapitel kommt demnächst. :)
Von:  Kaninchensklave
2014-08-02T10:23:28+00:00 02.08.2014 12:23
Ein Tolles Kap

Tja von wegen das Schicksla hat nicht mehr mit Ihnen vor
es sit eher das gegenteil T.K hat kari nicht nur geküsst damit sie Ihreen ersten richtigen Kuss bekommt sondern weil er es auch selber wollte
denn er ist jetzt wohl im gleichen gefühschaos wie sie gefangen

nur traut sich wohl keiner von beiden aus zusprechen was man ovn dem anderen hält
nunTakeru will in Tokyo bleiben aber was amcht er wenn er ein Stipendium für eine New Yorker UNiversotät bekommt und Kari ebenfalls angenommen wird
wäre doch für beide sehr schön um dann in einer WG zusammen zu Wohnene denn immer wenns ie nach
dem tanzen Heim kommt wartet schon das Essen auf sie einen besseren Sevice könnte da nicht geben xD

GVLG
Antwort von:  Juju
03.08.2014 14:50
Danke für deinen Kommentar. :)
Hm, also T.K. ist eigentlich nicht im Gefühlschaos. ;)
Haha ja das klingt schon nach einem perfekten Pärchenleben in New York. Na mal schauen, was passiert.


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