Eine Überraschung für Mimi
Am Samstag wurde Kari von ihren Eltern ständig schräg angesehen, weil sie so unnatürlich gute Laune hatte. Sie bekam das breite Lächeln einfach nicht aus ihrem Gesicht und vor allem konnte sie nicht aufhören, an T.K. zu denken. Sie schrieben sich außerdem ständig SMS ohne bedeutungsvollen Inhalt. Und trotzdem hüpfte Karis Herz jedes Mal vor Freude, wenn ihr Handy mit einem Vibrieren eine neue Nachricht von ihm ankündigte.
Am späten Nachmittag fing sie an, sich für den Abend mit den Mädchen fertig zu machen. Sie zog sich Jeansshorts und ein weites Oberteil mit halblangen Ärmeln an. Die Haare ließ sie wie immer offen und trug außerdem ein wenig Make-up auf. Dann machte sie sich mit Bus und Bahn auf den Weg zur Wohnung von Tai und Mimi. Etwas über eine Stunde würde sie dorthin brauchen. Sie hatte sich mit den anderen beiden Mädchen zu um sechs vor der Wohnung verabredet. Die Zeit, die sie in der Bahn verbrachte, nutzte sie natürlich, um mit T.K. Kurznachrichten auszutauschen.
Sag mal, gehst du heute eigentlich auf Matts Konzert?
Er hat gesagt, er hätte dich und deine Mutter eingeladen.
Während sie auf eine Antwort wartete, beobachtete sie gut gelaunt die Menschen in der Bahn. Alle waren ruhig und schienen ihren eigenen Gedanken nachzuhängen und Kari fragte sich, ob einer von ihnen sich wohl auch so glücklich fühlte wie sie. Irgendwie machten alle recht ausdruckslose Gesichter oder wirkten sogar ein wenig genervt.
Ihr Handy vibrierte und sie öffnete T.K.s SMS.
Ja, wir werden hingehen.
Warum fragst du?
Und wieder wurde das Strahlen auf ihrem Gesicht breiter und sie fragte sich, ob sie eigentlich sehr idiotisch dabei aussah, wie sie hier in der Bahn stand und vor sich hin grinste ohne ersichtlichen Grund.
Ich werde mit den Mädels auch da sein.
Vielleicht sehen wir uns ja. :)
Sie hielt ihr Handy fest in der Hand und presste es an ihren Körper. Vielleicht würde sie T.K. heute also sehen.
Was war nur mit ihr los? Anscheinend hatte Davis doch Recht gehabt und sie war hoffnungslos in T.K. verknallt. Wobei sie sich vor gestern Abend nicht wie eine komplette Vollidiotin aufgeführt hatte. Heute fühlte sie sich fast schon, als wäre sie betrunken oder unter Drogen gesetzt worden.
An der nächsten Station musste sie in eine andere Bahn umsteigen und blickte dann erst wieder auf ihr Handy.
Das wäre schön. ;)
Ja, das wäre es. Am liebsten würde sie den heutigen Abend wieder mit ihm verbringen, doch nein, heute stand Mimi im Mittelpunkt. Kari war schon ganz aufgeregt, weil sie in Kürze Sora und Yolei wiedersehen würde.
Sie stieg aus der Bahn und fuhr das letzte Stück mit dem Bus, bevor sie schließlich noch fünf Minuten laufen musste. Doch sie konnte Yolei und Sora schon von weitem erkennen, wie sie dort vor dem Haus standen, in dem Tai und Mimi wohnten, und auf Kari warteten.
Yolei stieß einen Schrei aus, als Kari bei ihnen ankam, und fiel ihr um den Hals. „Oh, Kari! Ich habe dich echt vermisst. Wie geht’s dir?“ Sie ließ sie wieder los und Kari hatte kurz Zeit, sie zu mustern.
Sie hatte sich die langen, lilafarbenen Haare abgeschnitten und trug sie jetzt nicht einmal mehr schulterlang und mit einem geraden Pony. Doch ansonsten hatte sie sich nicht sehr verändert.
„Sehr gut“, antwortete Kari wahrheitsgemäß und lächelte glücklich, bevor sie sich an Sora wandte und sich von dieser in die Arme schließen ließ.
„Ich habe dich so lang nicht mehr gesehen“, sagte diese und musterte Kari. „Du siehst gut aus. Richtig erwachsen.“
„Danke, ebenfalls“, erwiderte Kari lachend.
Wie sie schon bei Facebook festgestellt hatte, hatte Sora sich sehr verändert. Die Haare waren noch ungefähr so wie früher, doch ihren Klamottenstil hatte sie von sportlich zu modisch-elegant geändert und sah damit völlig verändert aus. Außerdem war sie wirklich gut geschminkt, sodass ihre Gesichtszüge zur Geltung kamen. Man sah ihr irgendwie an, dass sie in der Modebranche tätig war.
„Lasst uns hoch gehen. Ich kann es nicht erwarten, Mimis Gesicht zu sehen“, rief Yolei euphorisch und stürmte schon voran zur Tür. Sora und Kari folgten ihr grinsend. Eilig stiegen sie die Treppen hinauf bis in den fünften Stock, wo sich die kleine Zweiraumwohnung von Tai und Mimi befand.
„Okay“, sagte Yolei und starrte die Tür an. „Seid ihr bereit?“
„Ja“, antwortete Kari.
„Nun klingel endlich“, forderte Sora sie ungeduldig auf.
Yolei zögerte noch eine Sekunde, doch dann drückte sie schließlich auf den Klingelknopf. Erwartungsvoll standen die drei Mädchen vor der Tür und warteten, dass sie sich öffnete. Nach einigen Augenblicken waren endlich Schritte zu hören, die Tür ging auf und Mimi erschien mit fragendem Gesichtsausdruck im Türrahmen.
„Überraschung!“, rief Yolei und breitete die Arme aus.
Mimis Augen weiteten sich, sie schlug eine Hand vor den Mund und stieß einen gellenden Schrei aus, der im ganzen Hausflur widerhallte. „Oh mein Gott!“ Sie fiel Yolei in die Arme und wandte sich danach an Sora. „Sora! Ich fass' es nicht!“ Sie schlang die Arme um den Hals ihrer besten Schulfreundin und schien sie gar nicht mehr loslassen zu wollen. Als sie sich doch wieder von ihr löste, heulte sie bereits wie ein Schlosshund. Sora lachte und wischte sich ebenfalls Tränen aus den Augen, als Mimi nun auch Kari umarmte.
In der Zwischenzeit war auch Tai an der Tür erschienen.
„Ich bin taub“, kommentierte er und deutete auf sein Ohr.
„Mein Gott, was macht ihr denn alle hier?“, fragte Mimi mit tränennassen Augen und einem glücklichen Strahlen im Gesicht.
„Dürfen wir vielleicht erst mal reinkommen?“, fragte Yolei lachend und stemmte die Hände in die Hüften.
„Oh, na klar“, antwortete Mimi und sie und Tai traten einen Schritt zur Seite. Yolei ging bestimmt an ihr vorbei, während Sora die Arme um Tai schlang.
„Tai“, murmelte sie und drückte ihn fest an sich. „Ich hab' dich schon ewig nicht mehr gesehen.“
„Gleichfalls“, erwiderte Tai und ließ sie wieder los. Dann wandte er sich grinsend an Kari. „Hat ja alles prima geklappt.“
„Ja, die Überraschung ist geglückt“, antwortete Kari fröhlich und ging mit ihm zusammen den drei Mädchen hinterher, die ins Wohnzimmer stürmten und auf dem Sofa Platz nahmen.
„Ich hole mal etwas zu trinken“, verkündete Tai und verschwand in die Küche.
„Also?“, fragte Mimi. Ihre Stimme klang noch immer belegt von dem Weinen gerade eben.
„Wir sind hier, weil wir dich überraschen und mit dir zusammen deinen Junggesellinnenabschied feiern wollten“, erklärte Sora.
Mimi machte große Augen. „Ach wirklich? Oh, ihr seid ja süß.“ Und schon rannen ihr die Tränen wieder über die Wangen. Mit zittrigen Händen griff sie nach einer Packung Taschentücher auf dem Tisch. „Entschuldigt, dass ich schon wieder heule. Ich war schon ganz neidisch auf Tai. Der hat gestern mit Matt gefeiert. Und jetzt kommt ihr hier einfach vorbei und wollt auch mit mir feiern.“ Sie schluchzte und tupfte sich mit einem Papiertaschentuch die Augen ab.
In diesem Moment kam Tai mit einem Tablett und vier Gläsern voll Wasser vorbei, die er auf dem Couchtisch abstellte.
„Na klar feiern wir mit dir“, rief Yolei. „Und wir haben etwas ganz Besonderes geplant. Zuerst gehen wir gemütlich essen, danach...“ Sie wandte sich erwartungsvoll Kari, die in ihrer Tasche kramte.
„... gehen wir auf ein Konzert der Teenage Wolves“, führte sie Yoleis Satz fort und hielt die Tickets hoch, die sie heute Vormittag von Matt bekommen hatte.
„Und anschließend gehen wir noch was trinken“, beendete Sora die Erläuterung der Abendplanung.
Mimi sah sie alle an, öffnete den Mund, schloss ihn wieder und machte ein Gesicht, als wäre heute der schönste Tag ihres Lebens. „Ihr seid so toll. Das klingt wirklich super.“
„Ja, aber wir müssen jetzt los. Der Tisch ist zu um sieben bestellt“, verkündete Yolei und sprang auf.
„Oh!“, machte Mimi erschrocken. „Helft ihr mir schnell, was Passendes zum Anziehen zu finden?“
„Na klar“, antwortete Yolei überschwänglich und schon sprangen sie auf und stürmten ins Schlafzimmer. Kari ging ihnen hinterher und warf Tai einen entschuldigenden Blick zu.
„Tja, du bist abgeschrieben“, sagte sie und zuckte mit den Schultern.
„Ich merk' das schon. Aber das ist okay“, antwortete er und seufzte theatralisch. „Hauptsache, eure Überraschung ist geglückt.“
Kari lächelte und folgte dann Yolei und Sora ins Schlafzimmer. Mimi zog sich gerade aus und stand wenig später nur noch in Unterwäsche vor dem riesigen Kleiderschrank, der gut die Hälfte des Raumes für sich beanspruchte. Sora, Yolei und Kari hatten sich auf dem Bett niedergelassen.
Kari begutachtete ihren Bauch, der nun sehr deutlich hervortrat und eindeutig als Babybauch identifiziert werden konnte. Jedes Mal, wenn sie Mimi sah, war er wieder ein Stück gewachsen und sie fragte sich, wie er wohl im November, wenige Wochen vor der Entbindung aussehen würde.
Auch Yoleis Blick war auf Mimis Bauch geheftet, allerdings voller Überraschung.
„Hm, auf was habe ich denn heute Lust?“, murmelte Mimi und zog ein paar Sachen aus ihrem Schrank hervor.
„Mimi, sag mal“, fing Yolei an und deutete auf ihren Bauch. „Ist es das, was ich denke?“
Verwundert sah Mimi sie an. „Oh, anscheinend habe ich vergessen, es dir zu sagen. Wir bekommen ein Baby.“
Yolei kreischte, sprang auf und umarmte Mimi noch einmal. „Das ist ja toll! Herzlichen Glückwunsch! Oh Mann, was für eine Nachricht.“
„Danke“, seufzte Mimi glücklich, als Yolei sie wieder freigab und sich zurück auf ihren Platz setzte.
„In welchem Monat bist du denn?“, fragte Yolei. „Und weißt du schon, was es wird?“
„Ich bin jetzt im sechsten. Und ja, es wird ein Junge“, antwortete Mimi, holte etwas von ihrem Nachttisch und drückte es Yolei in die Hand. Neugierig steckten auch Sora und Kari die Köpfe zusammen und betrachteten es. Es war ein Ultraschallbild, auf welchem man tatsächlich ein kleines Baby erkennen konnte. Und dass es ein Junge war, war auch nicht zu übersehen.
„Wie süß“, murmelte Sora ergriffen.
„Ja“, stimmte Mimi ihr lächelnd zu und schlüpfte in eine Shorts.
„Wann ist eigentlich der genaue Entbindungstermin?“, fragte Kari.
„Am siebzehnten Dezember. Bin mal gespannt, ob er sich auch dran hält“, antwortete Mimi kichernd.
„Hach, wie schön“, seufzte Yolei. „Mensch, Kari, dann bist du ja Tante.“
„Ja“, erwiderte Kari stolz und reckte das Kinn.
Mimi kicherte und zog sich eine Bluse über. „Schaut mal, kann ich so gehen?“ Die Bluse war roséfarben, hatte kurze Ärmel und war um den Bauch herum weit, sodass nicht sofort auffiel, dass Mimi schwanger war.
„Klar“, antworteten sie alle drei sofort im Chor.
„Sieht toll aus“, sagte Sora. „Ach,und da fällt mir ein, dass ich die Brautjungfernkleider mitgebracht habe.“
„Oh, wirklich?“ Kari sah sie mit leuchtenden Augen an. Seit Wochen fragte sie sich schon, wie die wohl aussahen.
„Das müssen wir später machen. Wir müssen jetzt los“, unterbrach Yolei sie und war schon auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer.
„Da hat sie leider Recht. Wir kommen ja heute Nacht noch mal hier vorbei, dann kannst du deins mitnehmen“, sagte Sora zwinkernd.
Ein wenig enttäuscht folgte Kari den anderen aus dem Schlafzimmer.
Sie gingen zur Wohnungstür, verabschiedeten sich von Tai und zogen sich die Schuhe an.
Tai stand gegen die Wand gelehnt dort und beobachtete sie, bevor er auf Mimi zuging.
„Viel Spaß, Süße. Und pass auf Christiano auf“, sagte er.
„Hör endlich auf, ihn Christiano zu nennen!“, fauchte Mimi.
Tai grinste, doch dann küsste er sie liebevoll und streichelte ihr sanft über den Bauch. „Macht euch einen schönen Abend.“
„Du dir auch“, erwiderte Sora lächelnd.
„Ach, der nüchtert noch aus“, sagte Mimi abwinkend.
Kari drehte sich zu Tai um und sah ihn vielsagend an, woraufhin er ihr einen warnenden Blick zuwarf und den Kopf schüttelte. Anscheinend war er am vorigen Abend tatsächlich mit Matt in einem Stripclub gewesen und Mimi wusste davon nichts. Sie musste ihn bei Gelegenheit unbedingt mal darüber ausfragen.
Yolei hatte ein normales, japanisches Restaurant in der Nähe der Konzerthalle ausgesucht, in welchem das Essen jedoch wirklich gut und günstig war. Kari kam sich seltsam vor, weil es schon der zweite Abend in Folge war, an dem sie im Restaurant aß.
Sie merkten gar nicht, wie die Zeit verging, während sie zusammensaßen und über alles Mögliche redeten. Jede Einzelne von ihnen hatte so viel zu erzählen, wobei Kari Soras Leben am interessantesten fand. Sie lebte zwar in Mailand, war jedoch im Rahmen ihres Studiums schon fast durch ganz Europa gereist und hatte sich verschiedene Modenschauen angesehen, Kontakte zu Designern geknüpft und vor kurzem sogar selbst eine Modestrecke entworfen. Alles klang, als wäre sie gerade dabei, in eine große Karriere zu starten.
Als Einzige der vier, die noch zur Schule ging, wurde Kari natürlich auch nach ihren Zukunftsplänen gefragt. Yolei und Sora zeigten sich überrascht, dass sie Tänzerin werden wollte, doch Mimi ergriff sofort Partei für sie und verdeutlichte, dass sie fest daran glaubte, dass Kari es schaffte.
Mimi hingegen berichtete, dass sie ihr Studium der Ernährungswissenschaften wegen des Kleinen für ein Semester unterbrechen würde, doch sie wollte es unbedingt beenden und auch in diesem Beruf arbeiten. Sie war sich sicher, das Richtige für sich gefunden zu haben.
Yolei konnte über ihr Hauswirtschaftsstudium noch nicht allzu viel berichten, denn es hatte ja gerade erst begonnen. Doch bisher war sie zufrieden damit. Einen Freund hatte sie nicht.
„Sag mal, Kari, Ken ist nicht zufällig noch Single?“, fragte sie zwinkernd.
„Nein, nicht mehr“, antwortete Kari und Yolei und Sora sahen sie überrascht an. „Er ist mit Nana zusammen. Ein Mädchen aus meiner Klasse.“
„Oh, wie schade“, seufzte Yolei und stützte das Kinn auf der Hand ab.
„Du warst zu langsam. Man darf eben nichts anbrennen lassen“, meinte Mimi schulterzuckend.
„Ach Mimi, nicht jeder ist wie du und krallt sich das Objekt der Begierde innerhalb weniger Wochen“, entgegnete Sora lachend.
Mimi lächelte nur verschmitzt und auch Kari konnte sich noch gut daran erinnern. Sie war gerade sechzehn Jahre alt geworden, als sie festgestellt hatte, dass sie sich in Karis Bruder verliebt hatte. Der hatte zu der Zeit nicht mehr als eine Freundin in ihr gesehen und wäre von selbst wohl nie auf die Idee gekommen, jemals mit Mimi eine Beziehung zu führen. Zunächst war er auch nicht an ihr interessiert gewesen, doch Mimi hatte einfach alles getan. Nach wenigen Wochen intensiver Annäherungsversuche hatte sie ihn schließlich so weit gehabt, dass er mit ihr ausgegangen war, nur, damit sie endlich Ruhe gab. Kari wusste bis heute nicht, wie genau sie es angestellt hatte, doch nach diesem ersten Date war Tai auf einmal bereit gewesen, sich auf sie einzulassen und noch einmal wenige Wochen später war er plötzlich ganz verrückt nach ihr gewesen. Sie hatte es irgendwie geschafft, ihn um den Finger zu wickeln. Bei Gelegenheit musste Kari sie unbedingt fragen, wie sie das gemacht hatte. Vielleicht würde sie diese Fähigkeit eines Tages auch benötigen. Vielleicht ja sogar bei T.K.
Nach dem Essen machten sie sich auf den Weg in die Konzerthalle, in der die Teenage Wolves heute auftraten. Als sie an der Halle ankamen, machten sie große Augen. Vor dem Eingang hatte sich eine riesige Schlange von lärmenden Fans gebildet.
„Hier stehen wir ja Stunden“, stellte Yolei entgeistert fest und musterte die Menschenmasse.
„Matt hat gesagt, wir sollen einfach den Hintereingang benutzen, wenn es zu voll ist“, sagte Kari und holte die Tickets hervor. Auf ihnen stand jedoch kein Vermerk, der ihnen erlaubte, auf anderen Wegen in die Halle zu gelangen als normal.
„Na, dann lasst uns mal den Hintereingang suchen“, schlug Mimi vor.
Sie gingen um die Halle herum und fanden ein Hinweisschild, das ihnen verriet, dass sie sich auf dem Weg zu den Umkleidekabinen befanden. Kari war sich unsicher, doch Yolei und Mimi marschierten vorneweg und blieben an einer Tür stehen, vor der ein breitschultriger Mann in einem schwarzen Anzug stand, der sie skeptisch musterte.
„Guten Abend. Wir dürfen den Hintereingang nehmen“, verkündete Yolei.
„Geht euch anstellen“, murrte er und wandte sich ab.
„Wir sind Freunde von Yamato. Dem Sänger“, beharrte Mimi und stemmte die Hände in die Hüften.
„Ob du es glaubst oder nicht, das erzählt mir jeder Zweite“, grummelte der Mann. „Und jetzt geht euch anstellen.“
„Yamato hat mir gesagt, ich soll einfach sagen, dass Hikari Yagami da ist und dann lassen Sie uns rein“, meldete Kari sich nun kleinlaut zu Wort. Eigentlich wollte sie sich lieber wieder umdrehen und gehen anstatt sich mit diesem Mann anzulegen.
„Schön für dich“, antwortete er. „Ihr kommt hier trotzdem nicht rein.“
Mimi und Yolei drehten sich um und sahen Kari fragend an, da hörten sie drinnen jemanden laut reden. Das war eindeutig Matts Stimme.
Yolei wirbelte herum und brüllte aus Leibeskräften: „MATT! Kannst du mich hören? Wir sind hier draußen! Matt! Ich bin's, Yolei!“
Der Mann hob eine Augenbraue. „Okay, das reicht. Verschwindet sofort oder ich lasse euch entfernen.“
„MAAAAAATT!“, schrie nun auch Mimi. „Komm gefälligst raus!“
Der Mann zückte ein Funkgerät aus seiner Hosentasche, doch in diesem Moment erschien endlich Matt hinter ihm und blickte fragend nach draußen. Er trug eine Jeans und ein schwarzes T-Shirt.
„Oh, hi“, begrüßte er die Mädchen. „Du kannst sie reinlassen, die sind okay.“
Grimmig runzelte der Mann die Stirn, steckte sein Funkgerät wieder weg und trat zur Seite. Yolei streckte ihm die Zunge raus, als sie an ihm vorbei zu Matt gingen.
Dann wurde Matt von allen umarmt, wie auch vorhin schon Tai.
„Ich hoffe, ihr hattet keinen Stress“, sagte Matt und kratzte sich verlegen den Nacken.
„Schon gut. Du hast uns ja rufen hören“, erwiderte Yolei abwinkend.
„Ich freue mich, dass ihr da seid. Ich hab' jetzt leider keine Zeit. In zehn Minuten muss ich auf der Bühne stehen. Aber wenn ihr wollt, könnt ihr nach dem Konzert noch in den Backstagebereich kommen“, erklärte er.
„Dafür haben wir leider keine Zeit. Wir gehen danach in eine Bar“, antwortete Kari.
„Das hast du mir schon gesagt. Ich dachte nur, falls ihr es euch anders überlegt...“
„Heute ist Ladies' Night“, sagte Yolei grinsend. „Aber beim nächsten Mal gern.“
„Alles klar. Dann viel Spaß.“ Er lächelte das Lächeln, mit dem er wahrscheinlich auch die Mädchenherzen eroberte, und verschwand wieder in dem Raum, der als Umkleideraum beschildert war.
Auf dem Weg in die Konzerthalle fischte Kari ihr Handy aus der Handtasche, um zu sehen, ob T.K. ihr geschrieben hatte. Das SMS-Symbol erschien auf dem Bildschirm und Kari tippte darauf.
Seid ihr schon da?
Wir stehen hier bei dem großen Schild, wenn ihr vorbeikommen wollt. ;)
Sie betraten die Halle und Kari sah sich nach einem großen Schild um. Das größte, das sie sah, kündigte an, dass heute die Teenage Wolves um halb zehn spielen würden.
„Habt ihr Lust, T.K. wiederzusehen? Er ist auch hier“, fragte Kari an die anderen drei Mädchen gewandt und packte ihr Handy wieder weg.
„T.K.?“, fragte Yolei und sah sie mit großen Augen an. „Ist er wieder in Japan?“
„Ja, seit April“, antwortete Kari.
„Also ich würde ihn gern mal wiedersehen“, antwortete Sora. „Ich glaube, ich würde ihn gar nicht mehr erkennen. Aber es interessiert mich sehr, wie er jetzt aussieht.“
„Wo steht er denn?“, fragte Mimi und sah sich um.
„Da drüben bei dem Schild“, antwortete Kari und deutete in die Richtung, die sie meinte.
Und schon quetschten sie sich durch die vielen Menschen hindurch auf dem Weg zum Schild. Es dauerte eine Weile, bis sie dort ankamen und Yolei musste mehrfach ihre Ellbogen einsetzen, doch schließlich schafften sie es. Aufgrund der blonden Haare waren T.K. und Natsuko recht einfach zu entdecken. Und dann musste auch T.K. ein paar stürmische Umarmungen über sich ergehen lassen, genau wie Tai und Matt vor ihm.
„Oh mein Gott, T.K.! Ich habe dich ja schon seit hundert Jahren nicht mehr gesehen. Bist du das wirklich?“, rief Yolei und musterte ihn.
„Du bist so groß und erwachsen geworden“, stellte Sora lächelnd fest.
„Ja, er macht seinem Bruder langsam ernsthafte Konkurrenz“, erwiderte Mimi zwinkernd.
„Ich staune auch immer wieder“, stimmte Natsuko ihnen zu und stupste T.K. an, der nur genervt die Augen verdrehte.
„Ihr redet wie meine Oma“, murmelte er.
Kari sah ihn mit einer Mischung aus Mitleid und Belustigung an.
„Es ist schön, euch Mädchen wiederzusehen“, wandte Natsuko sich nun an die Mädchen. „Ihr feiert heute Junggesellinnenabschied, hab' ich gehört?“
„Ja, ich wurde überrascht“, erklärte Mimi strahlend.
„Das weiß ich. Hat Yuuko mir schon erzählt“, antwortete Natsuko und zwinkerte Kari zu, die über ihre tratschende Mutter nur den Kopf schütteln konnte.
Während Mimi und Natsuko über die nahende Hochzeit plauderten und Sora und Yolei etwas zu trinken holten, wandte Kari sich an T.K.
„Matt freut sich bestimmt sehr, dass ihr heute hier seid“, sagte sie lächelnd.
T.K. zuckte nur mit den Schultern. „Kann sein.“
Verwundert sah Kari ihn an. „Ich dachte, ihr habt miteinander geredet.“
„Kari, nicht jetzt, okay?“, erwiderte er abweisend und ohne sie anzusehen. Er sah nach vorn zur Bühne, auf der gerade unter tosendem Beifall die Band erschien und sich hinter die jeweiligen Instrumente begab.
Etwas verletzt durch seinen kühlen Tonfall wandte Kari sich von T.K. ab und sah ebenfalls zur Bühne. Sie zuckte zusammen, als sie seine Stimme auf einmal ganz dicht an ihrem Ohr vernahm. „Hast du morgen schon was vor? Dann können wir darüber reden, wenn du willst.“
Während Matt auf der Bühne die Zuschauer begrüßte, überlegte Kari, ob sie für den morgigen Tag schon etwas geplant hatte.
„Nein, ich hab' Zeit“, antwortete sie.
„Wenn du willst, kannst du zum Mittagessen zu uns kommen.“
„Oh, prima. Meine Mutter wollte morgen ein neues Gericht namens Apfel-Karotten-Eintopf mit Garnelen probieren. Da möchte ich lieber nicht dabei sein.“
T.K. grinste. „Na toll, dann werde ich jetzt also als Ausrede missbraucht.“
„Ach, wenn sie hört, dass ich zu dir gehe, freut sie sich bestimmt“, erwiderte Kari abwinkend.
Dann fingen die Teenage Wolves an zu spielen und die Lautstärke beendete das Gespräch zwischen ihnen.
Kari freute sich, zu sehen, wie viel Spaß Mimi, Sora und Yolei bei dem Konzert hatten. Sie tanzten ausgelassen, jubelten begeistert und schossen dabei viele Fotos. Je später es wurde, desto alberner wurden sie und man konnte fast meinen, sie hätten Alkohol getrunken. Auch die Fotos wurden immer peinlicher und Kari hoffte, dass sie nicht auf der Hochzeit in Form einer Fotostrecke auftauchen würden. Sie schafften es nicht, ein vernünftiges Bild zu knipsen, auf welchem sie alle vier drauf waren. Jedes Mal hatte eine die Augen zu oder sah in eine andere Richtung oder machte einen komischen Gesichtsausdruck.
„Wir sind so unfotogen“, beschwerte sich Yolei lachend.
Von der Band auf der Bühne machten sie auch viele Fotos, die jedoch alle verwackelt waren. Man konnte nur erahnen, wen man dort sehen sollte.
„Kari, T.K., von euch haben wir noch gar kein Foto gemacht!“, rief Mimi. „Rutscht mal zusammen.“
Verlegen rutschte Kari näher an T.K. heran und spürte seine Hand an ihrer Taille, als er sich für das Foto aufstellte. Das erinnerte sie ein wenig an den vergangenen Abend.
„Oh, süß geworden“, kommentierte Mimi mit einem Blick auf das Display der Kamera. Sie zeigte es Kari und T.K., die einen Blick auf das Foto warfen. Sich selbst fand Kari sehr unvorteilhaft. Man sah ihr die Schüchternheit an, denn sie lächelte zaghaft. Außerdem hing ihr eine Haarsträhne ungünstig im Gesicht. T.K. jedoch sah unglaublich gut aus mit seinem leichten Lächeln und dem selbstbewussten Ausdruck in den Augen.
„Und jetzt T.K. und Frau Takaishi“, bestimmte Yolei und T.K. und seine Mutter posierten für ein Foto.
„T.K. ist heute der Hahn im Korb“, sagte Sora lachend.
„Los, wir machen ein Gruppenfoto und er kommt in die Mitte“, bestimmte Mimi und schon drückte sie Natsuko die Kamera in die Hand.
T.K. seufzte resigniert. Die vier Mädchen posierten rechts und links von ihm und Natsuko schoss ein Foto nach dem anderen, während Yolei Befehle rief, wie alle sich hinstellen oder gucken sollten. Nebenbei jubelten sie hin und wieder, wenn die Band auf der Bühne ein Lied beendete.
Auch, wenn Kari ein wenig genervt von den vielen Fotos war, war sie doch froh, dass sie sich alle entschieden hatten, auf das Konzert zu gehen. Die Stimmung war großartig und sie hatten viel zu lachen über alle möglichen Kleinigkeiten.
Nach dem Konzert ließen sie sich alle wild durcheinander redend langsam mit der Masse nach draußen treiben.
„Und? Wie hat es dir gefallen?“, fragte Kari an Mimi gewandt.
„Es war super. Bisher war es ein wirklich toller Abend“, rief Mimi begeistert. „Es war eine prima Idee, auf das Konzert zu gehen.“
„Das war Matts Einfall gewesen. Er hat uns auch die Karten geschenkt“, erklärte Kari.
„Das ist wirklich nett von ihm“, fand Mimi. „Gestern hat er sich um Tais Junggesellenabschied gekümmert und heute um meinen.“
„Vielleicht sollte er sich das als zweiten Berufsweg im Hinterkopf behalten“, meinte Kari scherzhaft.
Sie kamen draußen an und konnten endlich aus der Masse fliehen.
„So, wir gehen jetzt noch was trinken“, verkündete Yolei an T.K. und Natsuko gewandt.
„Ihr könnt gern mitkommen, wenn ihr wollt“, bot Sora lächelnd an, doch die beiden schüttelten synchron die Köpfe.
„Nein, Mädels, das ist euer Abend“, antwortete Natsuko. „Aber es war schön, euch mal wiedergesehen zu haben.“
„Das fanden wir auch“, antwortete Mimi.
Dann umarmten sie alle vier sowohl T.K. als auch Natsuko, als wäre sie eine Freundin.
„Ich wünsche dir eine wunderschöne Hochzeit, Mimi. Und alles Gute für das Baby. Yuuko wird mich sicher auf dem Laufenden halten.“ Sie zwinkerte verschwörerisch.
„Sie dürfen uns gern auch mal besuchen kommen“, erwiderte Mimi fröhlich.
„Sag das nicht, das macht sie sonst wirklich“, mischte T.K. sich ein und kassierte von seiner Mutter einen Klaps gegen den Hinterkopf. Die Mädchen lachten.
„Das war ja auch ein ernstgemeintes Angebot“, entgegnete Mimi grinsend. „Also dann, kommt gut nach Hause.“
„Ja, und euch noch einen schönen Abend“, antwortete Natsuko.
„Bis morgen“, sagte T.K. an Kari gewandt, lächelte und drehte sich dann mit seiner Mutter zum Gehen um.
„Ja, bis morgen“, murmelte Kari und sah ihm mit glühendem Blick hinterher.
„Bis morgen?“, fragte Yolei verwundert. Auch Sora und Mimi musterten Kari nun neugierig. „Was habt ihr denn morgen vor?“
„Ach, nichts weiter“, sagte Kari hastig und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Nur so.“
„Aha, aha.“ Mimis Lippen kräuselten sich und sie bedachte Kari mit einem vielsagenden Blick, als würde sie ihre Gedanken lesen.
„Na los, lasst uns eine schöne Bar suchen und ein paar alkoholfreie Cocktails schlürfen“, lenkte Sora die Aufmerksamkeit von Kari ab. Als Mimi und Yolei sich in Bewegung setzten, lächelte sie Kari an, die ihr wirklich dankbar war.
Nach ein paar Gehminuten fanden sie eine kleine, gemütlich aussehende Bar und gingen hinein, um sich einen freien Tisch zu suchen. Zum Glück fanden sie noch einen und nahmen auf den Stühlen Platz. Der Raum war erfüllt von ruhiger Musik und dem Stimmengewirr der Gäste. Auf den Tischen befanden sich Kerzen, die für schummriges Licht sorgten.
„Die Teenage Wolves sind wirklich gut“, sagte Mimi und griff nach einer der Karten auf dem Tisch. „Ich habe sie echt schon ewig nicht mehr spielen hören.“
„Naja, sie waren ja jetzt auch schon eine Weile nicht mehr in Japan“, antwortete Kari.
„Ja, ich weiß. Aber ab und an sieht man sie ja mal im Fernsehen“, meinte Mimi und studierte konzentriert die Karte. „Mann, wo sind denn hier die alkoholfreien Cocktails?“
„Es war echt nett von Matt, uns Freikarten zu schenken“, sagte Yolei, während Sora in Mimis Karte herumblätterte, um ihr die richtige Seite zu zeigen.
„Ja, das könnte er eigentlich öfter machen“, stimmte Kari ihr zu.
„Inklusive der Flugtickets für das Land, in dem er auftritt“, fügte Mimi hinzu. „Ich würde so gern mal nach Europa.“
„Du kannst mich jederzeit in Mailand besuchen kommen“, bot Sora ihr an.
„Tja, das wird demnächst schwierig“, sagte Mimi und legte eine Hand auf ihren Bauch.
„Hast du schon Angst vor der Geburt?“, fragte Yolei, schlug ihre Karte zu und stützte den Kopf auf den Händen ab.
„Also wenn ich ehrlich bin... ja“, seufzte Mimi. „In den letzten Tagen habe ich mir ein paar Geburtsberichte im Internet durchgelesen und bei manchen ist mir wirklich schlecht geworden. Wenn ich mir vorstelle, dass ich stundenlang Wehen habe...“ Sie schüttelte sich.
„Aber ich habe schon oft gehört, dass alle Schmerzen vergessen sind, sobald man das Baby im Arm hält“, warf Sora ein und machte ein verträumtes Gesicht, als hätte sie gerade erst ein Baby im Arm gehalten.
„Ja, aber bis man erst mal da hingekommen ist...“
Ein Kellner kam, nahm ihre Bestellungen auf und verschwand wieder.
„Es bringt jetzt eh nichts mehr, sich darüber Gedanken zu machen“, beendete Yolei das Thema. „Jetzt musst du da durch und dann ist es auch irgendwann wieder vorbei.“
„Da hast du Recht“, seufzte Mimi.
„Habt ihr denn schon einen Namen?“, fragte Sora neugierig.
Kari schnaubte.
„Also wenn es nach Tai geht, haben wir schon um die zwanzig Namen“, grummelte Mimi und machte einen genervten Gesichtsausdruck.
„Bitte lass keinen davon zu“, sagte Kari lachend.
„Bestimmt nicht“, entgegnete Mimi mit hochgezogenen Augenbrauen. „Eher zerschneide ich mein Hochzeitskleid. Am Montag habe ich übrigens noch einen letzten Termin zum Anpassen und dann ist es fertig.“ Sie strahlte Sora an, die lächelnd nickte.
„Das ist schön. Freut mich, dass es dir gefällt.“
„Wie sieht es denn aus?“, fragte Yolei und machte große Augen.
„Das will ich jetzt auch wissen“, schloss Kari sich ihr an und sah zwischen Sora und Mimi hin und her, die nur einen geheimnisvollen Blick tauschten.
„Das wird nicht verraten“, verkündete Mimi und verschränkte die Arme vor der Brust.
Yolei und Kari ließen enttäuscht die Schultern hängen.
„Ihr seht es doch in genau einer Woche. So lang ist das nicht mehr hin“, meinte Mimi zwinkernd.
„Stimmt, nur noch eine Woche“, rief Yolei überrascht. „Wie schnell doch die Zeit vergeht.“
„Ja. Hast du eigentlich eine Begleitung, Yolei?“, fragte Sora.
Yolei schüttelte nur den Kopf. „Nee. Ich bin einfach meine eigene Begleitung.“
„Oder du bist Soras Begleitung. Die musste ja auch ohne ihren Fabio kommen“, schlug Mimi vor und grinste Sora an. „Schade übrigens. Ich hätte ihn echt gern endlich mal kennen gelernt.“
„Ja, er wollte euch auch alle so gern kennen lernen“, seufzte Sora.
„Aber vielleicht seid ihr ja die nächsten, die heiraten. Dann haben wir die Gelegenheit“, erwiderte Mimi zwinkernd.
Sora lachte nur und hob abwehrend die Arme. „Ach, ich glaube, das dauert noch. Sag mal, Kari, hast du denn eigentlich eine Hochzeitsbegleitung?“
Kari zuckte zusammen, weil sie mit der Frage nicht gerechnet hatte und wurde prompt verlegen. Sie presste die Lippen aufeinander und versuchte, nicht dämlich zu grinsen. Sora hatte bestimmt nur versucht, von sich selbst abzulenken. Fragend sahen die anderen sie an.
„Ja, also, T.K. hat mich gefragt, ob ich sein Date sein will“, murmelte sie verlegen und starrte auf die Tischplatte. Glücklicherweise tauchte in diesem Moment der Kellner auf und brachte ihnen die Cocktails. Eilig griff Kari nach ihrem Getränk und nippte daran.
„T.K. also.“
Alle drei sahen sie vielsagend lächelnd an.
„Hört auf, mich so anzustarren“, nuschelte Kari und sank tiefer in ihren Stuhl.
„Es ist nur, weil das so süß ist. Ihr kennt euch schon hundert Jahre und jetzt sieht es aus, als würdet ihr euch annähern“, erklärte Mimi und lächelte verzückt.
„Wir nähern uns doch gar nicht an“, behauptete Kari und stocherte mit dem Strohhalm konzentriert in ihrem Drink herum.
„Ich wünschte, ich würde mich auch mal jemandem annähern“, seufzte Yolei resigniert und Kari war froh, dass sie das Gespräch auf sich lenkte. „Aber irgendwie scheint es niemanden zu geben, der zu mir passt.“
„Das stimmt doch gar nicht“, widersprach Sora. „Für jeden Menschen gibt es doch mindestens ein passendes Gegenstück. Du hast deins nur noch nicht gefunden.“
„Eins? Es gibt tausende passende Gegenstücke. Wäre doch traurig, wenn es nur eins gäbe“, sagte Mimi unwirsch und wedelte mit der Hand vor Soras Gesicht herum. „Mal schauen, was für Singlemänner auf der Hochzeit so herumlaufen. Vielleicht finden wir da einen für dich.“
„Also ich habe da noch einen Cousin im Angebot“, sagte Kari grinsend.
„Sieht der gut aus?“, fragte Yolei und musterte Kari neugierig.
„Ähm... keine Ahnung. Er ist mein Cousin“, antwortete Kari schulterzuckend.
„Welchen meinst du denn?“, fragte Mimi.
„Masaru.“
„Oh.“ Mimi hob anerkennend die Augenbrauen. „Ja, der sieht gut aus. Den stellen wir Yolei vor.“
Kari kicherte. Dass Mimi Masaru gut aussehend fand, war nicht weiter verwunderlich. Er sah nämlich Tai ziemlich ähnlich.
„Na gut. Abgemacht“, sagte Yolei und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Ich bin wirklich sehr gespannt auf eure Hochzeit.“