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Vergib mir

Bakuras Abschiedsbrief an Ryou
von

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Vergib mir

„Hallo kleiner Bruder,

ich weiß nicht wie ich anfangen soll, aber ich musste lange nachdenken, bis ich mich dazu entschlossen habe dir diesen Brief zu schreiben.
 

Ich weiß noch, als Mama zu mir kam und mir erklärte, dass ich ein kleines Brüderchen bekommen würde. Ich habe mich damals riesig gefreut und bin am nächsten Tag nach der Schule so schnell ich konnte nach hause gerannt.

Ich war kaum zur Haustür rein gestürmt und hatte unsere Mutter sofort mit der Frage überrannt, wo denn jetzt mein Brüderchen sei. Mutter lächelte mich sanft an und strich mir über die Wange, als sie mir erklärte, dass das nicht so liefe und ich mich noch neun Monate gedulden musste, bis du endlich da wärst.

Ich glaube ich habe an diesem Tag bis zum Abendessen geweint, ich hatte mich doch so auf dich gefreut, ich fand es so unfair, dass ich noch so lange warte musste.
 

Ich war so unwissend, wie sich unsere Beziehung entwickeln würde.
 

Ich war immer ganz stolz, wenn ich deine Kutsche schieben durfte und das durfte auch kein anderer als ich. Wenn Freunde oder Verwandte dich mal schieben wollten, habe ich sofort eine Szene gemacht und solange gemotzt, bis Mama sich geschlagen gab und dann fragte, ob ich mein kleinen Bruder 'wieder haben' darf. Sie tat immer leicht genervt, aber ich weiß, dass sie es süß fand.

Aber was hätte ich den anderes tun sollen? Immerhin bist du doch mein kleiner Bruder und ich musste dich beschützen.

Ich habe dich so geliebt Ryou und das tue ich auch jetzt noch, nur leider ist dieses Gefühl in den letzten Jahren in meinem Herz untergegangen, ich habe es nicht mehr wahrgenommen. Wie sehr ich das bereue.
 

Als ich dann in die Pubertät kam, wurdest du auf einmal lästig. Du wolltest immer bei mir sein, mir alles gleichtun, als hätte es nicht schon gereicht, dass du fast genau so wie ich aussahst.

Es hatte mich damals so genervt, wieso hatte ich damals nicht daran gedacht, dass du dir mich als dein Vorbild genommen hast und deswegen so sein wolltest wie ich. Vielleicht wäre ich dann nicht immer so gemein zu dir gewesen, hätte dich nicht beschimpft und verletzt. Ich dachte damals, dass alle um mich herum mir mit ihren Handlungen nur auf die Nerven gehen wollten.

Aber das ist keine Entschuldigung, kleiner Bruder.

Ich hätte es dir erklären können, dass jeder mal ein bisschen Privatsphäre braucht, doch das habe ich nicht. Ich bin doch dein großer Bruder, ich hätte dir solche Dinge erklären müssen, ich hätte dein Held sein müssen, jemand dem du vertrauen kannst.

Es tut mir so Leid, Ryou, bitte verzeih mir all die Worte die ich zu dir sagte, nur weil ich von anderen Dingen genervt oder gestresst war, ich hätte meine Wut nicht an dir auslassen sollen. Verzeih mir, jedes Mal, wenn ich die Hand gegen dich erhoben habe... wie konnte ich dir so was nur antun? War es nicht ich, der dich beschützen wollte?
 

Unsere ständigen Streitereien und unsere Feindseligkeit trieben auch unserer Mutter die Tränen in die Augen. Sie hatte immer Angst, dass es nie aufhören würde. Es war das Schlimmste was sie sich vorstellen konnte, wenn ihr etwas passieren würde und wir beide nicht als Familie zusammenhalten würden, denn Vater hat uns schon kurz nach deiner Geburt verlassen.

Doch ich ignorierte die Sorgen meiner Mutter.
 

Als du in die Schule kamst, hat nie jemand dich wirklich gemocht, du wurdest oft gehänselt und verstoßen. Doch als du, mit deinen Problemen, zu mir kamst, habe ich dich weggeschickt. Es war mir einfach egal gewesen, was für Dinge dich plagten, immerhin hatte ich genug eigene Probleme. Ich habe dich nicht einmal angehört, außer Acht lassend, dass du trotz unseres schlechten Verhältnisses, genug Vertrauen zu mir fandest um mich um Rat zu bitten.

Ich habe dich mit deinem Leid allein gelassen, ich Vollidiot.

Ich hätte für dich da sein müssen.
 

Doch manchmal, hatte auch ich meine schwachen Momente, in denen ich nett und sanft zu dir war. Doch leider waren diese Momente sehr selten und auch schnell wieder vergessen.

Wenn ich mal nicht von Schule oder anderen Problemen genervt war, war ich wie ein richtiger Mensch zu dir.

Oder wenn du mal was angestellt hast, habe ich die Schuld manchmal sogar auf mich genommen. Du warst doch so klein und zerbrechlich, ich konnte deinem hilflosen und traurigem Blick manchmal einfach nicht widerstehen.

Zum Beispiel, als du mal abends einen Snack wolltest und dazu die Marmelade aus dem mittleren Kühlschrankfach haben musstest, was an der Tür war. Du bist ganz tapfer hochgeklettert, denn du wolltest mich nicht stören kommen, du warst immer so rücksichtsvoll anderen gegenüber. Doch leider brach das mittlere Fach ab, als du es erreicht hattest und alle Lebensmittelverpackungen, samt deinem Hintern machten Bekanntschaft mit dem Boden. Die meinten Verpackungen gingen kaputt und deren Inhalt breitete sich auf dem Boden aus.

Ich hatte erst den Raum betreten, als ich dich laut weinend auf dem Küchenboden, inmitten einer Milch-Ketchup Lache vorfand. Ich bekam jedoch Mitleid, als ich in dein mit Tränen übersätes Gesicht sah, den bittenden Blick, der aussagte, ich solle dir doch bitte diesmal nicht böse sein.

Ich legte den Kopf etwas schief und lächelte, schickte dich ins Bett und säuberte den Boden. Doch am nächsten Tag, war jede Nettigkeit verflogen und vergessen, als du aus versehen deinen Kakao über meinen Schulranzen verschüttet hast. Ich habe dich gegen die Wand geschlagen, während du verzweifelt versucht hast dich zu entschuldigen, doch ich habe einfach weiter gemacht. Ich war so in Rage, mir ist dein Wohl dabei keine Sekunde durch den Kopf gegangen.

Ich hasse mich dafür, wie ich dich behandelt habe.
 

Als ich dann 18 wurde, zog ich sofort aus und mietete mir eine kleine Wohnung. Ich brach den Kontakt zu dir und Mutter irgendwann ab, ich war einfach zu verbittert geworden. Ich hatte lieber keine Freunde und auch sonst niemanden gern um mich.

Dann hat Mutter sich umgebracht, niemand wusste wirklich wieso, ich denke sie hat es in einer Welt, in der ihre beiden Söhne zerstritten waren und einer davon sogar nichts mehr von ihr wissen wollte, einfach nicht mehr ausgehalten. Und während ich jetzt grade diesen Brief schreibe, finde ich war sie schlau gewesen, es zu tun.

Ich wusste, dass du jetzt ganz allein warst, aber du warst ja schließlich schon 18, also kümmerte es mich noch weniger. Sogar auf ihrer Beerdigung gab es Zoff zwischen uns beiden, womit wir den größten Teil der Gäste auch noch vergraulten. Nicht mal nach ihrem Tod, hatten wir ihr Ruhe vor unserem Streit gegönnt.
 

Ich hatte noch die Uhr von Vater, die mir Mutter damals geschenkt hatte, als ich ausgezogen bin. Jedoch, hatte sie die wertvolle Golduhr, dir im Testament verschrieben. Wahrscheinlich hatte sie vergessen es zu ändern.
 

Du hattest schon dein eigenes Auto, also bist du zu mir gefahren um die Uhr abzuholen, aber auch um den fast schon ewig dauernden Streit zwischen uns zu schlichten. Doch du konntest nicht wissen, wie wütend ich darüber war, dass du mir nun auch noch das letzte, was mir von Vater geblieben war wegnehmen wolltest.

Du wolltest in Frieden kommen, mir anbieten den Streit zu vergessen, doch ich habe mir nichts sagen lassen. Denn ganz im Gegensatz deiner Erwartungen, entfachte nur ein weiterer Streit, in dem noch einmal mehrere Streitthemen der letzten Jahre aufkamen und er endete damit, dass du genervt die Tür ins Schloss geworfen hast und wieder wegführst.
 

Das war das letzte mal das wir uns gesehen hatten und die letzten Worte die ich dir entgegen geworfen hatte waren: 'Ich wünschte mir ich wäre ein Einzelkind geblieben.'

Doch das stimmt nicht Ryou! Ich liebe dich, kleiner Bruder.

Bitte vergib mir.
 

Auf das wir uns da oben, irgendwann, wiedersehen werden.“
 


 

Bakura schluckte hart, um ein Schluchzen zu unterdrücken, er atmete noch einmal tief durch und faltete den Brief, den er grade vorgelesen hatte, wieder zusammen. Er dachte noch etwas über alles nach und war irgendwo etwas erleichtert, sich all diese Geschichten mal von der Seele geschrieben und geredet zu haben.

Sein Blick senkte sich noch einmal zurück auf den zusammengefalteten Brief in seiner zitternden Hand, während er sich einige Tränen aus dem Gesicht wischte. Er beugte sich nach unten, um den Brief zwischen die Blumen, die er mitgebracht hatte, in die Blumenerde zu stecken. So, dass ihn keiner sah.

Langsam richtete er sich wieder auf und warf noch einmal einen letzten Blick auf Ryous Grab, bevor er sich umdrehte und den Friedhof wieder verließ.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2014-01-24T22:22:08+00:00 24.01.2014 23:22
Das war Traurig! TT.TT
Aber zu gleich auch schön...^^

Mir hat dein OS gefallen.^^


Von:  Rubinkarfunkel95
2013-05-24T23:41:17+00:00 25.05.2013 01:41
*Taschentuch nehmen tu*
*einmal hinein schnauben tu*
*mit einem neuen die Tränen wegwisch*
OMG - der OS...einfach zu süß *-*
Und verdammt traurig ._.
Aber wunderschön geschrieben x3
Liebe Grüße
Von:  jyorie
2013-05-23T15:18:45+00:00 23.05.2013 17:18
Hallo ^.^

das ist eine harte Erkenntnis die Bakura da am Grab seines Bruders äußerts, man
kann gut nachvollziehen, wie leid es ihm jetzt tut, ob er es auch so schnell bereut
hätte, wenn Ryou nach ihrem Streit nichts geschehen wäre?

Hast du gut geschrieben, vor allem die kleinen Rückblicke waren süß (das mit
dem Kühlschrank) :D

Liebe Grüße
Jyorie



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