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Intrigo e amore

And it's with you that I want to stay forevermore
von
Koautor:  Coventina

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London - Kälte

Kieran

Kieran schluckte. Dann richtete er sich langsam auf und obwohl er so voll Blut war, umarmte er den Mann, der neben ihm kniete, aus dem dringenden Bedürfnis, einen Moment festgehalten zu werden. Das Bild, das er gerade eben noch gesehen hatte, brannte sich in sein Gedächtnis ein. Es erschreckte ihn sonderbarerweise nicht, aber er würde das erstmal für sich begreifen müssen.

„Und dir?“, fragte er nach einer Weile und löste sich wieder leicht. „Entschuldige, ich habe dich vollgesaut…“, murmelte er verwirrt und versuchte zu lächeln. Irgendwie fühlte sich alles gerade so seltsam an, so völlig verwirrend. Sein Blick wanderte wieder zu Gregor. „Was machen wir mit ihm?“, fragte er tonlos, und überlegte, wie die Abende wohl jetzt ohne diesen im Lager verliefen. Seine Gedanken waren irgendwie vollkommend durcheinander.
 

Dominico

Nico hatte den Toten bereits mehr oder weniger ausgeblendet, als er bei Kieran am Boden saß, und er blendete auch aus, dass alles voller Blut war und sie beide damit eingesaut waren. Kieran ging es offensichtlich nicht all zu schlecht, er wirkte zumindest noch bei sich und nicht panisch, wenn auch ziemlich verwirrt. Nico richtete sich wieder auf und sah sich im Raum um. Was genau machten sie sie jetzt? "AMADEO?" Nicos Stimme hallte durch den Raum und der Diener kam schneller in den Raum, als dass es wahrscheinlich war, dass er einen langen Weg gehabt hatte. Und Amadeo erfasste die Situation beinahe sofort. Er rief zwei andere Namen in den Gang hinaus und kurz darauf erschienen zwei weitere Männer, die der Anblick allerdings nicht ganz so kalt ließ. Gemeinsam mit Amadeo wickelten sie den Leichnahm in ein dickes grobes Tuch und schleiften ihn dann nach draußen, während kurz darauf schon Dienerinnen mit Putzeimern auftauchten. Nun, das Blut würde man nicht wegbekommen. "Verbrennen" keuchte Nico nur leise. Die Anspannung fiel von ihm ab und der Schmerz in seinem Bein kam langsam wieder. "Und noch mal ein wenig Wasser in den Zuber, ja?" Er schaffte es, sich aufzurichten und half Kieran auf die Füße. Nico vertraute seiner Belegschaft, niemand würde Fragen stellen, niemand würde etwas sagen - Amadeo hatte die Mannschaft gut im Griff, wenn man so wollte... und sie würden den Leichnam auch verbrennen, sie würden alles verbrennen und vernichten, was hier auf Gregor hindeutete.. Da war Nico sich sicher.

Und jetzt zählte ohnehin nur Kieran, aus dessen Umarmung er sich schon gelöst hatte und den ihn nun aus dem Raum in Richtung Badehaus hinauszog. Auch dieses war m so groß wie in ihrem Haus in Camebridge, nur noch wesentlich heller. Diener beeilten sich, das Wasser in den Zuber zu leeren und er war schon dreiviertel voll, allerdings war das Wasser kalt. Doch draußen war es relativ warm und Nico musste das Blut loswerden, das an ihm klebte. Es trocknete und fühlte sich einfach nur widerlich an und Kieran ging es sicher nicht anders. Nico riss sich das Hemd vom Körper und streifte die Hose ab, ehe er Kieran half, der noch wesentlich mehr trug als er selbst. "Niemand wird irgendetwas erfahren, es ist nichts passiert...", versuchte er Kieran und auch ein Stück weit sich selbst zu beruhigen, ehe er Kieran in den Zuber half und dann selbst hineinsank, um direkt das Blut von sich zu schrubben. Wenn der erste Schock und die Angst von einem abfiel dann kam dieser Ekel... und außerdem war es alles andere als hygienisch, Blut eines anderen an sich kleben zu haben. Er gab Kieran ein Tuch, das er benutzen konnte, um sich zu säubern, und wusch sich selbst das Haar, ehe er einen der frischen Wassereimer nahm, um frisches Wasser nachzugießen. Seine Finger zitterten, als er den Eimer abstellte und sich gegen den Zuberrand lehnte. "Ich habe ihn umgebracht... ich wollte das nicht, aber er... er wollte dich töten und... das konnte ich nicht zulassen...", erklärte er leise und irgendwie abwesend. "Das hättest du nicht sehen dürfen... ich wollte nicht, dass du diese Seite von mir jemals sehen musst." Denn er hatte in Kierans Augen gesehen, was dieser dabei empfunden hatte. Die Überraschung, einen anderen Nico zu sehen, der keinen Respekt vor dem Leben eines Feindes hatte.
 

Kieran

Fast zuckte er etwas zusammen, als Nico so laut nach Amadeo, seinem Freund und seiner rechte Hand rief. Und wieder reagierte Kieran irgendwie seltsam. Denn der Mann, der nun eintrat, beruhigte ihn erneut ungemein. Dieser schien auch genau zu wissen, was er zu tun hatte, denn er reagierte ebenfalls prompt und rational. Und Nico fällte letztlich das Urteil, was mit Gregor zu tun war. Verbrennen war wahrscheinlich das Sinnvollste. Ein Grab zog Insekten an, die eine verscharrte Leiche nur allzu gut verrieten. Wirklich heißes Feuer würde, wenn überhaupt, nur Knochen zurücklassen, die niemand jemandem zuordnen konnte. Hoffentlich verbrannten sie ihn nur weit genug weg. Verbrennendes Fleisch roch ekelerregend. Kieran wunderte sich über sich selbst, wie rational er war, wie kalt er sich anfühlte. Aber was sollte er sonst machen? Weinen? Wegen diesem Mann? Nicht nachdem er wusste, wie jener wirklich über ihn dachte. Definitiv nicht.

Und außerdem hatte er es selbst getan, da war er sich fast sicher. Kieran war temperamentvoll, ja, aber die Wut, die er gespürt hatte, die war ihm neu gewesen. Das war vielleicht das Einzigste, was ihn etwas erschreckte. Aber Gregor wollte Dominico schaden, und das hätte er niemals zugelassen.

Mit diesen Gedanken beobachtete er das Gewusel, das nun um sie herum ausbrach, bis Nico leicht stöhnte und sich aufrichtete. Kieran hatte noch keine Antwort auf die Frage erhalten, wie es Nico ginge. Er hatte den Aufprall, den Sturz gehört, hatte sich Nico verletzt?

Er sah den anderen an, der sich aufrichtete, fand aber nicht den richtigen Moment noch einmal nachzufragen. Und so ließ er sich hochziehen und ging mit zu dem Badehaus, das dem in Cambridge ähnelte, an das er so schöne Erinnerungen hatte. Dort angekommen entledigte sich Nico seiner Kleider und auch Kieran wollte sie loswerden. Erst jetzt, da er etwas klarer im Kopf an sich herabsah, sah er das Ausmaß des Blutverlustes von Gregor. Und erst jetzt merkte er, wie aufgewühlt er wirklich war, denn seine Hände vegannen zu zittern, und die Knöpfe zu öffnen, fiel ihm schwer. Er blickte irritiert auf, als Dominico kam, um ihm zu helfen, und kurz musste er lächeln bei dem Gedanken, dass er es sich etwas anders vorgestellt hatte, wie er das nächste Mal von Dominico ausgezogen werden würde. Die Worte des anderen ließen das Lächeln jedoch sterben.

Kieran nickte nur. Ja, es würde niemand etwas jemals erfahren, definitiv nicht. Aber konnte man sagen, dass nichts passiert war? Nein, definitiv nicht. Es war etwas Entscheidendes geschehen: sie hatten gemeinsam einen Mord begangen, um sich gegenseitig zu schützen und das, was zwischen ihnen bestand, zu bewahren - was auch immer es war.

Und ein Mord war dich eigentlich ziemlich viel 'passiert', oder?

Aber so weit konnte Kieran gerade nicht denken, als Dominico ihm in den Zuber half und Kieran sogleich untertauchte, um das Blut vom Gesicht und aus den Haaren zu spülen. Das Wasser war kühl und daher sehr angenehm. Es half ihm, wieder mehr zu sich zu finden. Als er wieder auftauchte, nahm er das Tuch, das Dominico ihm reichte und merkte, dass der andere leicht zitterte. Es beruhigte und beunruhigte ihn zu gleichen Maßen. Und während er sich abrieb, sah er immer wieder zu Dominico, der schließlich noch einmal mit frischem Wasser sich übergoss. Und diesmal sah Kieran sehr deutlich, dass der andere zitterte. Kieran ließ davon ab, sich zu säubern und trat an Nico heran, als dieser zu sprechen begann. Dass der andere aussprach, was geschehen war, half ihm, die ganze Situation zu realisieren. Ihm wurde alles immer bewusster. Und die Motivation, die dahinter stand, ließ ihn lächeln. Natürlich würde er von Dominico nie erwarten, für ihn einen Mord zu begehen, aber diese Situation hat einen erfordert. Und hätte Dominico Gregor nicht getötet, hätte er es früher oder später getan, oder wäre eben selbst dabei draufgegangen. Der letzte Punkt, den der andere sagte, ließ ihn noch näher herantreten, den Arm heben und Dominico sanft über das Haar streicheln, so dass dieser ihn ansah. "Zunächst einmal: WIR haben Gregor umgebracht. Und ich schäme mich dafür nicht und ich bereue es nicht. Du hast recht, niemand wird das je erfahren, aber wir können auch nicht sagen, dass nichts passiert ist. Wir haben getötet, du, weil du mich schützen wolltest, und ich hätte ihn genauso getötet, um dich zu schützen. Es ist also nicht nichts passiert." Seine Stimme war ruhig und bestimmt, während seine Hand auf der Wange des anderen zur Ruhe gekommen war. "Und dass ich dich so gesehen habe, stört mich nicht. Es ist ein Teil von dir, der genauso zu dir gehört, wie deine Liebe zu den Pferden. Das bist du und es erschreckt mich nicht, auch wenn ich hoffe, nie dein Feind zu werden." Er lächelte den anderen an. "Mach dir keine Vorwürfe, ich halte mehr aus, als du denken magst und solange ich heute Nacht nicht alleine sein muss, ist alles in Ordnung." Zumindest im Moment, wie es sein würde, wenn er am Abend die Augen schloss, das würde sich dann erst zeigen.
 

Dominico

Es tat gut, das Blut von sich zu waschen. Auch im Krieg oder bei Scharmützeln hatte Nico immer ein Ritual gehabt und zwar ganz gleich ob er tatsächlich gekämpft hatte oder nicht. Er hatte seine Rüstung abgelegt, die währenddessen gereinigt wurde, und hatte sich ausgiebig gewaschen. Manchmal, um das Blut herunter zu waschen, manchmal, um die Schuld abzuwaschen, die er empfand. Diesesmal ging es um das Blut und ein wenig um Schuld - und zwar in zweifacher Weise.

Die Schuld, die er empfand, war auch der Grund aus dem er zitterte. Dass er noch vor kurzem voller Blut gewesen war und Gregor die Kehle durchgeschnitten hatte, störte ihn dabei weniger.

Er sah Kierans Schwester vor sich, die jetzt keinen Mann mehr hatte. Vielleicht würde es ihr helfen, vielleicht wuchs die Familie wieder ein bisschen mehr zusammen - doch sie hatte ihn nicht ohne Grund geheiratet. Diese kleine Einheit in der großen Familie hatte ein Mitglied verloren und nicht nur das, auch Kieran selbst war jetzt nicht mehr ganz so unbedarft wie vorher noch - wegen Nico hatte er sich auch zum Mörder gemacht.

Doch viel schlimmer wog etwas anderes, als dass er getötet hatte, als Gregor über Kieran gekniet hatte: seine Lust. Und als er das Messer an Gregors Hals gelegt hatte war da eine Stimme gewesen, die ihn fragte, warum zur Hölle er den Mann tötete, der sich ihm eben doch noch so herrlich angeboten hatte. Dieser dunkle Teil seiner Seele war der, den er selbst hasste. Doch wenn er das Schwert für seinen König führte, musste er genau dieses Monster sein, das er eigentlich nicht war und auch nicht sein wollte. Seine Hände zitterten nicht, weil er Gregor ermordet hatte, sondern weil er vielleicht wirklich ja gesagt hätte. Aus niederträchtigen, selbstsüchtigen Beweggründen, die Kieran nicht verdient hatte.

Und alles war seine Schuld. Dass Gregor überhaupt aufgetaucht war, war seine verdammte Schuld. Nur weil er Kieran hatte haben wollen, weil er ihn schließlich bekommen hatte und weil er etwas hatte wieder gut machen wollen. War das dumm von ihm gewesen?

Kieran war zu ihm getreten, redete ihm beinahe gut zu, so dass Nico lächeln musste, ehe er ihn sachte ein Stück von sich schob und sich bückte, um den Ablauf zu öffnen. Durch ein unterirdisches Rohrsystem gelangte das Dreckwasser in den Garten - gut genug für die Blumen war es, und Gregors Blut vielleicht ein guter Dünger, wer wusste das schon. Vielleicht würden die Pflanzen auch verderben, aber Nico war es egal. Als die drei Burschen mit 6 Eimern Wasser wieder kamen, bat er sie, die Eimer einfach nur in Reichweite des Zubers zu stellen. "Dann könnt ihr gehen. Nehmt die Kleidung mit und verbrennt sie auch. Alles." Waren seine knappen Anweisungen, ehe die drei Männer abzogen und sie beide alleine ließen. Der Zuber wurde leerer und Nico nahm einen Eimer frischen Wassers um Kieran damit zu übergießen. "Du hättest getötet, sagst du... hast du denn schon mal getötet? Ja, ich weiß, wenn es heißt: er oder ich, dann wählt man immer sich selbst, aber... sei nicht leichtfertig damit zu sagen, du hättest es gekonnt. Ich habe ihm die Kehle durchgeschnitten und ich bereue es nicht. Er war nur ein unbekannter Mann für mich, ich verbinde gar nichts mit ihm. Würdest du mir irgendjemanden vorsetzen und sagen töte ihn, ich könnte es. Auch ohne jeden Grund. Irgendwann hat man genügend Gründe, um einfach das zu tun, was von einem erwaret wird. Glaube mir, ich weiß es inzwischen. Irgendwann fragt man nicht mehr nach dem "Warum", weil man es selbst vielleicht gar nicht wissen will. Krieg und auch so eine Tat wie diese ist meistens nur eine Frage der Loyalität, denn richtig ist es nie. Was mir viel mehr Sorge bereitet ist, dass es überhaupt so weit kommen musste. Und... ich frage mich vor allem, was du da zu suchen hattest. Niemand hat dich angekündigt... woher wusstest du, wo du mich finden würdest?"

Es kam ihm schon etwas spanisch vor, auch wenn er einen konkreten Verdacht hatte. Naja, übel nahm er es Kieran ja nicht, immerhin war er noch rechtzeitig gekommen. Rechtzeitig um zu verhindern, dass Nico einen Fehler beging, den er mit Sicherheit begangen hätte.
 

Kieran

Kierans Stirn verdunkelte sich, als der andere zwar lächelte, aber ihn von sich schob. Es war genau das, was er in dieser Situation nicht hatte haben wollen. Er hatte das dringende Bedürfnis nach Nähe, um diese Kälte, die ihn umgab, zu beseitigen. Stattdessen wurde er von dem Mann weggeschoben, dessen Nähe die einzige sein würde, die er heute ertragen könnte. Er schluckte und wendete sich ab. Irgendwie schien es ihm so, als hätte Dominico mit sich selbst einen Kampf auszufechten und er störte dabei, vielleicht auch, weil er Teil dieses Kampfes war, oder zumindest in gewisser Weise der Auslöser. Das erklärte ihm das Verhalten des anderen, machte es ihm gegenüber nachvollziehbar, aber deswegen fühlte es sich in ihm nicht besser an – gar nicht. Als die drei Diener kamen, hatte er sich soweit wieder gefangen, dass er sich von Dominico übergießen ließ. Dass Dominico seine Kleidung auch verbrennen ließ, war notwendig. Er würde sie, selbst wenn sie gereinigt werden könnte, nicht mehr anziehen können. Dennoch musste er so bald wie möglich wieder einen neuen Anzug machen lassen. So viele hatte er nun mal nicht zur Auswahl. Mit solchen Gedanken lenkte er sich ab, während er sich den letzten Rest Blut vom Körper wusch, bis Dominico ihn wieder ansprach. Ob er es gekonnt hätte? Er beantwortete die Frage erst einmal nicht, sondern ließ den anderen einfach weitersprechen. Und sein ohnehin schon versteinertes Gesicht blieb regungslos, während er die Worte des anderen hörte. Es war ein Einblick in das junge Leben des anderen. Wenn man gezwungen wurde, das Töten zu lernen, dann konnte man es irgendwann. Kieran glaubte ihm das, es war so mit Soldaten, mit Berufskillern, wenn man den Begriff verwenden wollte. Noch bevor der andere endete, wendete Kieran sich ab und stieg aus dem Zuber, griff sich ein Handtuch und trocknete sich ab, schließlich ein frisches Handtuch um die Lenden bindend. „Amadeo hat mich zu dem Arbeitszimmer gebracht“, sagte er tonlos. „Er meinte, dass ich das nicht verpassen sollte. Ich muss sagen, dass ich da kurz versucht war, einfach wieder zu gehen. Eigentlich ging es mich nichts an. Aber weil es Gregor war, konnte ich nicht gehen. Ich hätte nicht ertragen, dass…“ Er unterbrach sich. Es war ohnehin nicht mehr relevant. „Und zu deiner Frage, ob ich schon einmal getötet habe. Ich habe bereits getötet, ja. Aus anderer Motivation als du, aber ich habe es schon getan. Und ich habe auch schon Menschen in meinen Armen liegen gehabt, und darauf gewartet, dass der Tod sie mir wegreißt. Ich sehe jeden Tag Menschen sterben und bin hilflos, weil ich ihnen nicht helfen kann. Aus purem Hass, aus purer Wut habe ich allerdings noch nicht getötet. Aber alles in mir fühlte sich so an, als könnte ich es. Ich wollte ihm nur noch Schmerzen zufügen, wollte, dass er leidet. Sicher, ich kann es nicht sagen, ob ich es wirklich getan hätte, aber was spielt das jetzt noch für eine Rolle?“ Er zitterte leicht, und er konnte nicht sagen, ob es die kühle Luft war, die er spürte, weil er gerade aus dem nicht wirklich warmen Wasser gestiegen war, oder ob es die innere Kälte war, die ihn immer noch gefangen hielt. Und die Erinnerungen an die vielen Male, wo er Menschen hatte sterben sehen, verbesserten seine Situationen nicht wirklich. Er sah Kathy vor sich, wie sie in seinen Armen lag, als er aufwachte, und sie nicht mehr geatmet hatte. Der Körper, der noch so sehr geglüht hatte, als sie eingeschlafen waren, war kalt und reglos gewesen. Und er erinnerte sich an seine Großmutter, der er das Leiden erspart hatte, weil sie es sich so gewünscht hatte. Schnell schob er die Gedanken beiseite. Er sah sich um, als einer der Diener hereinkam, um ihnen etwas Neues zum Anziehen zu bringen, und Kieran kam er wie ein Erlöser vor. Eilig zog er sich das etwas zu große Hemd und eine Hose über, um nicht mehr so ‚nackt‘ dazustehen, um nicht mehr so frieren zu müssen. Irgendwie hing er gerade in der Luft. Einerseits wollte er gerade nur noch gehen. Andererseits wusste er nicht wohin. Nun, John würde zu Hause sein, zu ihm konnte er gehen, er würde auch bei ihm oben schlafen und ihn halten, wenn es notwendig wäre. Vielleicht sollte er das tun...

"Ich muss rechtzeitig in der Stadt sein", stellte er fest. "Das Pferd für meinen Vater nehme ich gleich mit, wenn das ok ist." Die Kluft zwischen ihnen war mit einem Mal immens. Und Kieran sah sich nicht in der Pflicht das zu ändern. Er hoffte darauf, dass Dominico noch einmal auf ihn zukam, aber diese Hoffnung wurde enttäuscht. Dominico schien den Kampf in sich gegen ihn entschieden zu haben. Das, was geschehen war, hätte sie enger zusammenschweißen müssen, doch dem war nicht so. Ganz im Gegenteil.

Kieran verlor, als er das Anwesen verließ, den Glauben daran, dass sie sich jemals wieder nahe kommen könnten. Der Mord hatte sie entzweit. Nun, dann hatte Gregor wenigstens etwas geschafft: er hatte ihm Nico genommen.
 

Dominico

Nico blieb im Zuber stehen, als Kieran hinausstieg. Er merkte, dass Kieran sich ein Stück von ihm entfernte und er konnte körperlich fühlen wie sehr Kieran hoffte, dass Nico ihm folgte. Dass er ihn in den Arm nahm und ihn tröstete, dass sie sich beide Trost spenden konnten. Doch Nico konnte in dieser Situation kaum aus der Maske, die er trug und etwas in ihm sagte ihm, dass es gut war, wenn Kieran ging. Dass es die Sehnsucht mindern würde, auf beiden Seiten, wenn das jetzt zwischen ihnen stand. Er hörte was Kieran sagte, verstand es auch, doch in seinen Ohren blieb nur der Tonfall zurück. Diese maßlose Enttäuschung, die da zwischen ihnen war und langsam aber sicher eine Mauer hochzog.

Dass er es nicht ertragen hätte, wenn Nico zugestimmt hätte. Amadeo hatte richtig gehandelt, wohl auch, weil er Nico gut genug kannte. Wenn er gehört hatte, was Gregor ihm gleich zu bBeginn des Gesprächs angeboten hatte... Ja, dann würde er Kieran geschickt haben, um Nico vor dem Fehler zu bewahren, den er ganz sicher begangen hätte. Nico fühlte wie sein Gesicht sich mehr verschloss, als Kieran davon sprach, bereits getötet zu haben, und davon sprach, beim Sterben eines geliebten Menschen dabei gewesen zu sein. Soetwas war schrecklich.. und doch konnte er das Mitgefühl gerade nicht zeigen, weil ihn etwas davon abhielt. Er goss den nächsten Eimer Wasser über sich, während sich Kieran bereits abschrubbte und etwas überzog. Kieran sprach davon, schnell in der Stadt sein zu müssen und das Pferd mitnehmen zu wollen. Nico hätte ihn bitten können zu bleiben, doch es war ihr bester Schutz, jetzt nicht zusammen zu sein, oder nicht? Es schmerzte, als er nickte und sagte, dass er sich das Pferd in den Stallungen abholen könne... und dann ging Kieran. Nico blieb im Zuber stehen, so lange bis er auf dem Hof den Galopp zweier Pferde hörte, die den Hof verließen.

Dann brach er im Zuber zusammen, eiskaltes Wasser über sich und zitternd. Es fühlte sich an, als habe er nicht Gregor die Kehle, sondern sich selbst das Herz in Stücke geschnitten, aber er wusste, dass dies der einzig richtige Weg war - zumindest sein rationaler Verstand sagte es.

Und es war Alessio, der ihn unterkühlt eine halbe Stunde später so vorfand und ihn - noch immer bebend - aus dem Zuber zog. Der Kardinal hatte weiterhin Reisevorbereitungen getroffen und hatte nach Nico gesucht. Die Dienerschaft hatte gesagt, er sei im Bad und Alessio war vor Schreck beinahe auf dem nassen Boden ausgerutscht. Gemeinsam mit Amadeo schleifte er Nico in sein Schlafzimmer, rubbelte ihn trocken und steckte ihn mit zwei Heizkesseln in das warme Bett. Nur langsam kam Nico wieder wirklich zu sich, sein erster Blick galt Amadeo. "Bruciato?" "Si."

Zumindest einer der Klumpen auf Nicos Herz fiel ihm von der Seele, während Alessio auf einen umfassenden Bericht pochte und darüber nur den Kopf schütteln konnte. Allerdings nicht über Nico, sondern eher über diesen Gregor. "Du hättest dich nicht mit diesen Leuten einlassen dürfen, im Ernst.. das bringt uns nur noch mehr Schwierigkeiten."

Nico winkte ab. "Nur er war schwierig, die anderen nicht. Sieh du lieber zu, dass die größeren Schwierigkeiten uns nicht überennen. In zwei Wochen reise ich nach Spanien, hier wird niemand sein, um die Stellung zu halten. Hast du unsere Vertrauten angewiesen, uns in der Gunst des Könisg zu wahren?" Alessandro nickte. "Keine Sorge, unsere Position wird auch in unserer Abwesenheit gefestigt sein."

"Das ist gut.." meinte Nico nur leise, denn nach dem Schock und der Anstrengung übermannte ihn in der plötzlichen Wärme langsam der Schlaf. Sein Bruder blieb bei ihm, bis er schlief und ließ ihn dann allein. Nico schreckte nicht nur einmal auf, doch so ging es ihm meistens... und gegen Mitternacht wurde sein Schlaf ruhiger und er konnte sich wirklich ausruhen.
 

Kieran

Kieran fand John zu Hause. Jener stellte keine Fragen, merkte auch so, dass Kieran am Ende war. In dieser Nacht blieb John bei ihm, hielt ihn fest und beruhigte ihn wieder, wenn er aus einem Alptraum aufwachte - etwas, was er sich eigentlich von einem anderen Mann gewünscht hatte...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  chaos-kao
2017-02-10T11:54:28+00:00 10.02.2017 12:54
Ich hätte eigentlich auch erwartet, dass sie sich nun näher stehen. Aber toll, dass es eben nicht so absehbar ist :)
Antwort von:  -Amber-
10.02.2017 13:27
Ja, diese Wunde wird etwas länger dauern, bis sie verheilt ist >.<


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