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Intrigo e amore

And it's with you that I want to stay forevermore
von
Koautor:  Coventina

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London 3 - König meines Herzens

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Kieran

 

Die vergangenen vier Tage waren irgendwie "extraordinary". Es tat seiner Seele gut, mal etwas ganz anderes zu tun, außer zu lernen und Menschen in den Tod zu begleiten, die momentan alle dem Fieber erlagen, das mittlerweile auch in London eingetroffen war. Es hatte weite Landstriche Englands bereits eingenommen, besonders alte und kranke, aber auch kleine Kinder erlagen reihenweise diesem Fieber. Kieran kam sich momentan wieder so machtlos vor, wie damals als Kathy gestorben war. Aber hier bei seiner Familie war es ihm vergönnt, wenigstens auf andere Gedanken zu kommen. Er hatte wieder trainiert und seine Mutter hatte ihn gemästet. Die kleinen Rollen, die er auf der Bühne einnahm, waren wiedermal etwas ganz anderes zu seinem Leben als Medizinstudent.

Doch er vermisste Dominico schrecklich. Nicht nur, weil er ihn eigentlich immer um sich haben wollte, sondern auch, weil er sich Sorgen um ihn machte. Er merkte deutlich, dass er, wenn er bei ihm war, zwei weitere Personen ersetzen musste: Alessandro und Giulia. Aber das konnte er nicht. Dass Dominico unter der Trennung litt, war mehr als klar. Dennoch hatte er diesen Ausflug hierher auch genau deshalb gebraucht. Er musste ein wenig Kraft tanken, die ihn Nico momentan kostete.

Wenn er morgen zurückreiten würde, dann würde er wieder deutlich mehr Kraft haben, für den anderen da zu sein. Darauf freute er sich mindestens ebenso sehr.

Aber zunächst hatten sie noch einen Auftritt in Cambridge und den würde er auch noch genießen.

Er war wirklich massiv aus der Übung und ihm taten die Muskeln ziemlich weh. Dennoch war das Adrenalin ein Kick, den er genoss. Nach ihrer Show ging er in alter Gewohnheit herum und sammelte das Geld ein. Geld, ja das verdiente er mittlerweile ganz gut auch alleine. Früher war das anders, da war jede Münze sehr wertvoll. Durch das Arrangement mit dem Hof, war die finanzielle Lage seiner Familie gesichert. Etwas, das sie Nico zu verdanken hatten. Es war damals schon erstaunlich gewesen, was jener für sie getan hatte...

Als die goldene Münze, der Crown, in seinem Hut landete, blickte er überrascht auf. Die Assoziation an damals war sofort da, und als er in das Gesicht blickte von dem Mann, der etwas bedeckt vor ihm stand, traute er seinen Augen kaum. Mit großen Augen blickte er SEINEN Mann an, und konnte kaum glauben, dass er wirklich hier war. Am liebsten wäre er ihm um den Hals gefallen, doch das konnte er nicht tun. Einen Moment hatte er Angst, etwas könnte geschehen sein, dass Nico gezwungen hatte, zu ihm zu kommen. Doch in den Augen des anderen konnte er nichts dergleichen lesen. Offenbar war der andere nur für ihn gekommen... "Herzlichen Dank", sagte er mit einer leichten Verbeugung, wie er es bei allen tat, die etwas bezahlen wollten und neben Nico drängelte jemand, der ebenfalls etwas in den Hut werfen wollte. Kieran konnte den Blick von Dominico nur schwer lösen, als er sich auch bei dem anderen bedankte und dann fortfuhr, das Geld für seine Familie zu sammeln. Schließlich drückte er seinen Hut Fatih in die Hand und flüsterte ihm ein. "Nico ist da, ich komme später zu euch." ins Ohr. Sein Bruder blickte auf und nickte Nico zu. "Dann bleibt sauber und tut nichts, was ich nicht auch tun würde..." Kieran grinste breit und schlenderte zurück zu Dominico. "Hat Ihnen der Auftritt gefallen, der Herr?", fragte er. "Haben Sie Interesse, mein Talent großzügig zu fördern?"

 

 

Dominico

 

Als der Crown in den Hut fiel, blieb Kierans Blick sofort daran hängen. Nico bemerkte es, als er den Arm zurückzog und Kieran ein knappes süffisantes Lächeln schenkte. Dieser Gesichtsausdruck beruhigte den Jüngeren dann auch sofort, denn in Kierans Blick hatte im ersten Augenblick neben der Überraschung die Sorge gelegen, dass etwas passiert war - doch vermutlich würde Nico dann nicht so dreinschauen. Er neigte den Kopf, so als wolle er sich für die Dankesworte erkenntlich zeigen und zog sich dann mit seinem Krug hinter die Menge zurück. Da Kieran jetzt wusste, dass er hier war, würde er sich sicher früher oder später zu ihm gesellen und so lange konnte er warten.

Sein Blick glitt über die Reihe von feiernden Menschen und unweigerlich musste er an diese schicksalhafte Nacht denken, in der auf einmal sein Bruder mit blutbeflecktem Mantel neben ihm aufgetaucht war. Er erinnerte sich an diesen Tag als sei es gestern gewesen und war gleichermaßen darüber erschrocken, dass diese Zeit schon so weit zurück lag. So hing er seinen Gedanken nach, sah zur Kirche hinüber, die langsam aber sicher im Dunkel der hereinbrechenden Nacht verschwand. Es war so ewig her, dass sein Bruder hier noch eine Messe gehalten hatte… so ewig. Jemand trat zu ihm und Nico wandte den Blick zu dem jungen Schausteller, der jetzt neben ihm stand. Das Schmunzeln, das sich auf seine Lippen legte, war genau jener Blick, den Kieran wohl auch das erste Mal von ihm geerntet hatte. Hochnäsig, abschätzend, überheblich. So war er gewesen, in dem Glauben den jungen Mann einfach kaufen zu können. Wenn Kieran hier schon auf das kleine Spiel einging, das er mit dem Crown angefangen hatte, dann konnte er doch mitspielen, oder? Aber vielleicht war eine kleine Abwandlung des Spiels gar nicht schlecht.

Die Wette damals hatte Nico verloren, doch was er definitiv am nächsten Tag im Kerker wiedergefunden hatte war seine Lust daran, Dinge zu erobern. Er mochte dieses Spiel, es hatte den Reiz an ihnen doch erst ausgemacht, bevor er von viel tieferen Empfindungen abgelöst worden war. "Der Auftritt war in der Tat ein faszinierendes Schauspiel. Eurer Truppe gebührt Respekt und sicher sollte man solche herausragenden Talente fördern, doch..." Er wandte sich Kieran zu, das freche Aufblitzen konnte er sich nicht ganz verkneifen, während er versuchte den eitlen Fatzke zu mimen "...Euch habe ich dort oben nicht besonders glänzen sehen." Was ja auch kein Wunder war. Trotzdem wusste Nico, wie sehr Kieran diese Auftritte doch auch fehlten. Ihm selbst vielleicht auch ein wenig, denn es hatte Zeiten gegeben in denen Kieran etwas… biegsamer gewesen war. Doch mit etwas mehr Zeit und Ruhe, da war sich Nico sicher, würde nicht nur er zu alter Form finden, sondern auch Kieran. Der Arme hatte ja kaum Zeit für etwas anderes als zu arbeiten und zu lernen. Mit dem Gesichtsausdruck, der ihm damals schon so eigen gewesen war und den er im Gegensatz zu seinem Bruder noch nicht ablegen konnte, sah er Kieran jetzt an. "Oder gibt es andere Talente, von denen ich noch nicht erfahren habe und die zu fördern es sich lohnen würde?" Die Zweideutigkeit seiner Worte war wirklich nicht misszuverstehen.

 

 

Kieran

 

Aaaargh! Dieser Gesichtsausdruck! Kieran konnte sich noch gut erinnern, wie ihn der geärgert hatte. Dieses überhebliche, arrogante Gehabe. Als sei der Mann etwas Besseres als er. Er wusste, dass Dominico ganz und gar nicht von dieser Sorte Mensch war. Mittlerweile wusste er das nur zu gut. Aber damals hatte es ihn wahnsinnig aufgeregt und Dominico hatte anschließend einiges dafür getan, ihm zu zeigen, dass er so nicht war. Kieran grinste in sich hinein. Das Spiel gefiel ihm, denn alles, was sie taten ließ ein wenig die Tage von damals wieder geschehen. Daher ließ er sich nicht anmerken, wie amüsiert er war, und blickte den anderen abschätzend an, als dieser ihn so musterte.

Und Kieran hatte wirklich Mühe, nicht zu lachen, als Dominico zu sprechen begann und ihm so frech klar machte, dass er alles nur nicht in Form war. Aber das hier gefiel ihm und er würde es sicher nicht unterbrechen. Seine eine Augenbraue hob sich und er sah den anderen geringschätzend an. "Meine Familie ist brilliant, aber dass ich nicht so herausgestochen habe, dass Ihr mich bemerkt habt, liegt vermutlich daran, dass meine Talente wirklich in anderen Bereichen liegen", antwortete er. "Ich bin eigentlich in der Heilkunde bewandert. Daher kenne ich mich zum Beispiel sehr gut mit Anatomie aus, zum Beispiel mit empfindlichen Stellen am Körper, die leicht reizbar sind. Oder mit Schwellungen, und wie man diese lindert. Und ich kann Öle herstellen, mit denen man so manchen Muskel verwöhnen kann, oder Elixiere, die einen heiß machen, wenn man mal nicht so ganz auf Touren kommt." Er musterte den anderen. "Aber ich bin mir nicht sicher, ob ihr meine Talente wirklich würdigen könntet. Vielleicht findet Ihr das, was ihr sucht eher in der Queen's Road. Dort gibt es einige Frauen und Männer, die sich von Goldmünzen beeindrucken lassen." Er musterte den anderen noch einmal. "Ich denke, Ihr verschwendet Eure Zeit mit mir. Ich hätte nachher noch einen Auftritt", mit diesen Worten verbeugte er sich. "Vielleicht sieht man sich mal wieder", verabschiedete er sich und kehrte zur Bühne zurück, wo seine Familie noch damit beschäftigt war, ihre Sachen herzurichten und wieder zu sortieren.

Ein breites Grinsen zierte seine Lippen, als Fatih ihn fragend ansah, und er winkte ab. Es hatte schon seinen Reiz, erobert zu werden. Wenn Nico dieses Spiel noch einmal spielen wollte, nun dann wehrte er sich in keinster Weise dagegen. Auch wenn alles danach schrie, den Mann in sein Zelt zu ziehen und mit ihm all die unanständigen Dinge zu tun, die er kannte und noch mehr. Nico war nur für ihn gekommen, was ihn unfassbar glücklich machte, und daher würde er sicher nicht lange auf ihn warten müssen.

 

 

Dominico

 

Wie sehr Kieran allein sein Auftreten als Lord hasste, wusste Nico nur zu gut. Er hatte es schon damals gesehen und auch jetzt zeigte Kierans Blick deutlich, was er von ihm hielt - wenn auch nur "gespielt". Kierans Worte unterschieden sich allerdings von damals und letztlich hatte Nico das Spiel an sich ja auch abgeändert. Es spielte auch eigentlich keine Rolle was sie einander jetzt an den Kopf warfen, doch Nico schmunzelte trotzdem überheblich, als Kieran seine Vorzüge so in den Vordergrund rückte. So "angeboten" hatte er sich ihm damals nicht - aber er hatte ja auch keinen Grund dazu gehabt.

Nico gab sich Mühe Kieran nicht allzu viel Beachtung zu schenken, wie er da so neben ihm stand. Ganz so wie es sich eben gehörte.. doch auf dessen letzte Worte hin, wandte er sich ihm doch wieder zu. "Tatsächlich..? Woher will ein kleiner Schausteller wie Ihr es seid schon wissen, was ich zu würdigen weiß und was nicht?" Doch Kieran verbeugte sich bereits und verschwand in der Menge, ließ Nico mit dem für Cambridge allzu bekannten Gefühl zurück, stehen gelassen worden zu sein. Mit einem viel breiteren und ehrlicheren Grinsen musste er erkennen, dass es ihn nach wie vor wurmte. Er wandte sich ab und schlenderte gemächlich in das Gasthaus hinüber, in dem er vorhin den Krug Bier erstanden hatte. Der Auftritt später würde sicher nicht all ZU lange dauern und so konnte er sich gemütlich mit Essen und Trinken die Zeit vertreiben und einfach an nichts denken.

Besonders lange allein blieb er nicht, denn einige anwesende Personen in dem gehobeneren Gasthaus erkannten ihn und gesellten sich zu ihm, löcherten ihn über London und den König. Nico gab bereitwillig Auskunft, während er überlegte wie er Kieran später doch noch "in sein Bett" locken konnte.

Als er schließlich Stunden später wieder hinaus trat, war es vollkommen dunkel geworden. Sicher würden die Carneys eine Feuershow zum Besten geben und Nico suchte sich einen Platz, von dem aus er gut sehen konnte. Unterhaltung dieser Art hatte ihm schon immer gefallen und eines war sicher: Wenn sie nach Giannutri kamen, dann würde er Kieran Bitten, wirklich mehr zu trainieren, um ihm so etwas zu zeigen oder es ihm selbst beizubringen. Als die Show losging, tatsächlich eine Feuershow, die inzwischen innerhalb der Stadtmauern wieder erlaubt war, war es recht ruhig geworden auf dem Platz und die Menge wartete gespannt auf das, was kommen würde. Die Carneys hatten eine gewisse Berühmtheit erlangt, eben weil sie für den König gespielt hatten. Daher waren sie jetzt auch hier beliebter als je zuvor.

Kieran hatte tatsächlich nicht gelogen was "seinen" Auftritt anging. Auch er spielte mit dem Feuer, scheinbar mit Leichtigkeit. Nico stockte jedes Mal beinahe der Atem, wenn Kieran der Flamme näher kam, doch es passierte nichts und am Ende jubelte der ganze Platz in heller Aufregung. Es war eine grandiose Show gewesen, die jetzt von einem Feuerwerk hoch über der Stadt abgerundet wurde. Nico schlängelte sich durch die Menge vor sich, hinter die Bühne in das Zelt, in dem die Familie Carney ihre Sachen zusammenpackte. Dass hier auch Frauen und Männer halb nackt herumstanden, weil sie sich umzogen, störte weder Nico, noch die entkleideten Personen. Er fand Kieran weiter hinten und klopfte neben ihm an den Holzpfosten, um sich bemerkbar zu machen. "Da seid Ihr ja..", kommentierte er leise. "Ich glaube ich verstehe euer Talent jetzt besser als noch heute Nachmittag." Er wartete bis Kieran sich zu ihm umwandte, ebenfalls schon halb umgezogen. "Ich bin tatsächlich daran interessiert, euch zu fördern. Wie wäre es, wenn wir uns bei einem Abendessen darüber unterhalten?"

 

 

Kieran

 

 

"Dir werd ich klein geben", knurrte Kieran nicht wirklich ernsthaft, als er den anderen half, aufzuräumen. Nein, die Show später hätte er sich so oder so nicht entgehen lassen. Denn die Jonglage zusammen mit dem bisschen Akrobatik am Nachmittag, war definitiv nicht das, was Kieran wirklich liebte. Schon bevor er nach London gegangen ist, hatte er es geliebt, mit dem Feuer zu spielen. Das war seine eigentliche Stärke bei ihrer Show.

Sie kehrten zu ihrem Lager zurück und Kieran merkte, wie fröhlich er war. Dass Dominico extra für ihn hierhergekommen war, hätte er sich nicht erträumen lassen, und er konnte es immer noch nicht wirklich begreifen. Ihm ging das Grinsen in der kurzen Zeit, die sie hatten, um ihre anderen Sachen zu herzurichten, nicht aus dem Gesicht. Er packte in Windeseile seine Zeug, packte es in die Satteltaschen seines Wallachs und erklärte seinen Eltern und Fatih, dass er nach der Show wohl nicht mehr kommen würde. Sie hatten Verständnis und wunderten sich vielmehr, warum er Nico einfach so hatte stehen gelassen. Er hätte ihn ja auch schließlich zu sich ins Lager einladen können. Schließlich war Nico für sie ein kostbarer Teil der Familie geworden. Doch Kieran winkte ab. "Wir haben ein Spiel begonnen, als Erinnerung an damals, als wir uns hier das erste Mal gesehen haben. Er wird mich nachher zum Essen einladen und ich denke, diesmal werde ich annehmen." Seine Eltern verstanden vermutlich nur die Hälfte, aber das war ihm egal. Ihnen letztlich auch. Sie sahen, dass Kieran glücklich war und mehr wollten sie nicht.

 

Die Show selbst war ein voller Erfolg. Die langen Aufenthalte bei London, in Abrufbereitschaft für den König, hatten zwar dazu geführt, dass sie wenig herumgekommen waren, hatte aber auch den Vorteil gehabt, dass sie mehr Zeit zum Üben hatten, als wenn sie viel Zeit für die Reise aufwenden hätte müssen. Demnach war die Show wirklich klasse. Kieran war ziemlich nervös, denn er hatte die neueste Show noch nie mitgemacht. Aber in den letzten Tagen hatten sie trainiert und es würde schon klappen.

Kieran war definitiv in seinem Element und ging völlig in dieser Show auf. Vielleicht lag es aber auch an dem Wissen, dass ein ganz bestimmter Mann anwesend sein würde, der ihm vorwarf, nur ein "kleiner Schausteller" zu sein. Als sie endeten und das Publikum in tosenden Applaus ausbrach, fühlte sich das wirklich verdammt gut an.

Kieran eilte sich, sich umzuziehen. Er roch nach dem Feuer und würde sich nochmal irgendwo waschen wollen, aber jetzt wollte er erstmal fertig werden. Eigentlich müssten sie sich am Stadttor treffen, irgendwie, aber 100%ig hielten sie sich eh nicht an den Plan. Nur, wenn er ihn hier nicht sehen würde, würde er dorthin reiten.

Aber er musste sich eigentlich gar keine Gedanken machen, denn als es neben ihm klopfte, und er sich umdrehte, stand da niemand anderes als Dominico schon direkt vor ihm. Kieran mühte sich einen irritierten und leicht überraschten Blick zu haben. "Tut Ihr das", antwortete er betont gelangweilt. Er hatte gerade sein Hemd drüberziehen wollen, ließ es jetzt wieder sinken. Einen Moment schwieg er und blickte den anderen nur an. Eigentlich müsste er ihm sagen, dass er nur mit ihm essen gehen würde, wenn er bestimmte, wohin gegangen wurde. Aber er kannte sich in Cambridge nicht mehr wirklich aus. Außerdem wollte er ja einen schönen Abend in Ruhe mit Dominico verbringen. "Nett, dass Ihr meine Talente nun besser einzuschätzen wisst, obwohl ich nur ein kleiner Schausteller bin", sagte er mit einem leicht gereizten Unterton und zog sich sein Hemd jetzt doch über. "Allerdings hätte ich gegen ein weiteres Spiel mit dem Feuer und ein ausgewogenes Essen momentan gar nichts einzuwenden", beschloss er dann. "Nur stinke ich noch wegen der Show. Ich denke, ich wäre da keine gute Gesellschaft. Aber vielleicht bietet Ihr mir ja die Möglichkeit, dass ich mich bei euch noch ein wenig erfrischen darf, bevor wir zum Geschäftlichen kommen?"

Kurz wurde sein Blick von Nico abgelenkt, als Theresa an ihn herantrat und ihm ein "Du denkst an mich?", ins Ohr flüsterte. Kieran nickte. "Ich melde mich in den nächsten Wochen bei dir, aber mach dir keine Gedanken." Sie lächelte Nico kurz an und ging dann weiter. Kieran warf dem anderen einen "Wir reden später darüber"-Blick zu und setzte wieder sein Pokerface auf. "Und wohin gedenkt Ihr mich zum Essen auszuführen?"

 

 

Dominico

 

Hach, wie hatte er diese spitze Zunge vermisst. Nico schmunzelte in sich hinein und lehnte sich gegen den Holzbalken, an den er geklopft hatte, um auf sich aufmerksam zu machen. Kieran war noch nicht ganz angezogen und ähnlich schamlos wie damals begutachtete er, was er sah. Was er sah gefiel ihm vor allem deswegen, weil Kieran offensichtlich von seiner Mutter gut mit Essen versorgt worden war. Am liebsten hätte er seine Finger über Kierans Haut wandern lassen, ihn einfach so gerne berührt und der Gänsehaut zugesehen, die sich über Kierans ganzen Körper ausgebreitet hätte, doch noch war es nicht soweit. Er hörte heraus wie viel Kieran von seinem "Angebot" hielt und es amüsierte ihn, weil er es ja letztlich selbst so provoziert hatte. Im Gegensatz zu damals war Kieran nicht so ablehnend. Er schien sich augenscheinlich auf das Essen einlassen zu wollen und Nico nickte, wenn auch leicht "gereizt" von Kierans missmutigem Benehmen.

"Ihr zeigt Euch gegenüber der Großzügigkeit, die ich an den Tag lege, nicht besonders freundlich, Mr. Carney...", gab er zurück. "Aber sei es drum. Ich gedenke Euch auf mein Anwesen zum Abendessen einzuladen, wo wir dann, ganz ungestört und in Ruhe, über mein Angebot und eure Gegenleistungen dafür sprechen können." Damals hatte er sich nicht annähernd so zweideutig ausgedrückt, aber damals war eben nicht heute und wenn Kieran jetzt weglaufen würde, dann sicher nicht weit, sondern bis dahin, wo Nico ihn finden und einfach mitnehmen konnte. Er wollte niemals vergessen, wie stolz und schön und sich seines Wertes bewusst Kieran gewesen war. Er hatte ihn dafür nicht nur geschätzt, sondern wirklich verehrt. Es mochte stimmen, dass ihm der junge Schausteller zunächst egal geworden war, nachdem er die Wette gegen Alessandro sowieso verloren hatte. Doch vom Kerker an, in dem Kieran den Mut besessen hatte, nach ihm zu fragen, da hatte er gewusst, dass das kein dummer Junge war, der lediglich zu "feige" oder zu "anspruchsvoll" war, um sich für Geld zu verkaufen. Kieran war klug, schön und zumindest in Nicos Augen all das, was der Italiener sich als Partner wünschte. Genau diesen Eifer hatte Kieran in ihm geweckt, den Willen nicht nur etwas oder in seinem Fall jemanden zu kaufen, sondern wirklich zu erobern. Theresas Ankunft ließ ihn kurz aus der Rolle fallen, als er ihr zulächelte, doch sie ging so schnell wie sie gekommen war und Kierans kurzer Blick sagte ihm, dass er mehr erfahren würde - später. Wenn dieses Spiel zu Ende und sie gemeinsam im Bett lagen. Oder im Zuber - denn natürlich hatte Nico auch den nicht vergessen.

"Also wie sieht es aus? Habt Ihr Interesse daran, den Abend auf meinem Anwesen zu verbringen, oder vergeude ich hier nur meine Zeit?"

 

 

Kieran

 

Kieran hatte sich hinabgebeugt, um sich seine Stiefel zuzuschnüren, während Dominico weitersprach. Erst einmal sagte er gar nichts, dann stand er langsam auf, blickte den andren amüsiert an. Eindeutig zweideutiger hätte es der Italiener ja nicht machen können. Kieran spürte nur zu deutlich die Wut, die er damals schon gespürt hatte. Als ob man ihn kaufen könnte! Niemals. Sicher, letztlich hatte er Domincos Hilfe und damit Geld angenommen, damit er studieren konnte. Aber die Voraussetzungen dafür waren gänzlich andere gewesen. Er war noch immer stolz auf sich, dass er sich selbst treu gewesen war, und letztlich nicht wie dieser Blonde sich verkauft hatte. Es war viel geschehen seit damals. Aber er war heute definitiv der glücklichere.

"Eure Großzügigkeit, werter Herr, hat sich mir noch in keinster Weise gezeigt", entgegnete er scharf. "Bisher habe ich von Euch nur hohle Phrasen und windige Worte bekommen - nichts weiter. Wieso sollte ich also recht freundlich sein?" Fragend blickte er den anderen an, aber nicht lang genug, als dass Nico etwas dazwischen hätte sagen können.

"Es ist aber nett, dass ihr gedenkt, mich auf eurer Anwesen - wie sagtet Ihr doch - einzuladen. Aber Ihr sagtet auch, dass Ihr mich und mein Talent fördern wollt. Ich habe nie zugestimmt, euch für eure Förderung Gegenleistungen schuldig zu sein. Und sind wir mal ehrlich." Er trat ein wenig näher und streckte sich leicht, um gedeckter und leiser weiterreden zu können. "Ich kann mir gut vorstellen, wohin dieses Gespräch führen würde und welche Art von Gegenleistungen Ihr meint. Aber eines solltet Ihr wissen. Ich bin keine von Euren Huren, die ihr mit Euren netten Worten in Euer Bett locken könnt und anschließend entlohnt. Ich denke also, Ihr vergeudet Eure Zeit." Er entfernte sich wieder ein wenig und lächelte leicht. "Ich wünsche Euch noch einen schönen Abend. Und wie gesagt: Queen's Road ist offensichtlich die bessere Adresse." Damit wendete er sich noch einmal an diesem Tag vom anderen ab, obwohl er sich eigentlich nichts sehnlicher wünschte, als den anderen endlich zu küssen, zu berühren und von ihm in den Arm genommen zu werden. Ganz zu schweigen von dem Sex, auf den er mit jedem Meter, den er in Richtung seines Pferdes zurücklegte, sich sehnlicher wünschte. Er hatte Nico die letzten Tage so vermisst, und dieses Spiel machte es ihm nicht leichter. Es machte aber auch Spaß, sehr viel Spaß.

Kieran ging zu dem Wallach, den er etwas abseits bei einem Gasthaus angebunden hatte und überlegte, wie es nun mit ihnen beiden weitergehen könnte. Letztlich war die Szene gerade eher die Szene, die sie an der Stadtmauer gehabt hatten, oder? Oder sollte man sie mit der in seinem Zelt gleichsetzen, als der andere ihn mit dem Schwert aufgehalten hatte zu gehen? Dann würde er nun zum Stadttor reiten. Zur Not würde er wieder ins Lager reiten, denn dort war Dominico ja auch hingekommen damals. Dort war es gewesen, dass er sich bereiterklärt hatte, dem anderen auf sein Anwesen zu folgen. Wobei dazwischen noch ein Gefängnisaufenthalt gelegen hatte, den er an diesem Abend - so hoffte er - nicht nachstellen brauchte.

 

 

Dominico

 

Oh ja.. das war sein Kieran. Nico erwärmte es wirklich das Herz zu sehen und zu hören, wie sehr sich der junge Mann vor ihm gegen diese Einladung wehrte. Er wollte nicht diesen Stempel der Hure aufgedrückt bekommen, nicht jetzt, nicht im Spiel, niemals. Nico würde ihn niemals so ansehen, niemals. Er ließ zu, dass sein Blick entgleiste als Kieran ihn so gnadenlos abfertigte und schließlich erneut und zum zweiten Mal an diesem Tag einfach stehenließ. Er fühlte das warme Gefühl, das sich in seiner Brust ausbreitete, die Liebe, die er zu Kieran empfand und das Verlangen nach ihm, das in den letzten Tagen zugelegt hatte. Alles in ihm schrie 'hol ihn zurück', auch wenn Kieran vermutlich gar nicht weit weg gehen würde. Es war ja nur ein Spiel. Ein Spiel dessen Ausgang sie beide ohnehin kannten. Nico wusste genau welche Stationen jetzt eigentlich auf sie warteten, doch ob der Maler noch lebte war fraglich und Kieran im Kerker zu haben, das wollte er nicht. Zumal es doch ziemlich auffällig sein würde… nein. Er hatte kurz mit dem Gedanken gespielt, Kieran erst ins Lager reiten zu lassen, aber auch das fiel aus, denn dann würde es nur noch länger dauern, bis sie alleine waren. Nein.

Er folgte Kieran fast auf den Fuß, hatte ihm nur einen kurzen Vorsprung gelassen, so dass er ihn allein zwischen den angebundenen Pferden fand. Er trat von hinten an ihn heran und schob ihn dann sanft gegen die Flanke des Pferdes, das sich nicht bewegte, schlang die Arme um ihn und legte den Kopf auf Kierans Schulter. "Ihr habt recht...", flüsterte er leise gegen Kierans Ohr, "Aber es ist keine Gegenleistung, die ich erwarte", fuhr er fort. “Es ist mein sehnlichster Herzenswunsch. Ich will euch nicht für eine Nacht besitzen…" Er stockte erneut und sog tief den Geruch ein, der in Kierans Hemd und seinen Haaren hing. Feuer und Kierans unverwechselbarer Geruch, wie sehr er diese Mischung liebte. "Ich gestehe, dass meine Absichten alles andere als höflich waren, als ich den Crown in euren Hut warf, doch meine Gefühle und mein Begehren sind echt. Kein Mann und keine Frau in der Queen's Road könnte je entfachen, was euer Blick allein in mir entfacht. Ich flehe euch an, habt Erbarmen mit mir und schenkt mir eure Gesellschaft, mehr verlange ich nicht. Ich will euch kennen lernen, euch nah sein dürfen - auch ohne euch zu berühren. Ihr seid das schönste Geschöpf auf dieser Erde, das ich mit eigenen Augen je sah, und als Ihr dort oben mit dem Feuer so leichtfertig spieltet als seien es Blumen, da habe ich mein Herz an eure Wildheit verloren." Er küsste die Stelle an der seine Lippen lagen, nahe Kierans Ohrläppchen. "Reitet mit mir und ich verspreche Euch, Ihr werdet König meines Herzens sein - nicht nur heute sondern für immer."



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