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One time, one meeting

Eine OneShot-Sammlung zu Marco/Jean
von

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Sternenglanz

I. Sternenglanz
 

“It’s unbelievable how you can affect someone else so deeply and never know.”

— Susane Colasanti
 


 

„Was glaubst du, sind sie?“

Kühle Nachtluft ließ die entfernten Bäume leise rascheln und die Grashalme sich leicht beugen, so dass sie auf Jeans freier Haut leicht kitzelten. Ein flüchtiges Gefühl der Nähe, fast so wie die Frage Marcos, der neben ihm ebenso im Gras lag und zum Firmament hinauf schaute. Leicht drehte er den Kopf, um seinen Freund anzuschauen. Ein nachdenklicher Ausdruck zierte seine Gesichtsmimik, was untypisch für sein sonst so frohes und offenes Wesen war.

„Wer was ist?“, fragte Jean schließlich.

„Die Sterne“, antwortete Marco ein wenig bedrückt, zog seine Stirn nur noch mehr in Falten. „Was die Sterne sind.“

Jetzt wanderten Jeans goldbraunen Augen erneut zum Nachthimmel, musterten die weit entfernten, leuchtenden Punkten, die in solchen klaren Nächten unzählig über ihnen existierten. Fast so wie die Titanen vor den Mauern. Bei dem Gedanken wurde ihm leicht übel. Sterne fielen nicht über die Menschheit her, sondern beobachteten sie nur von weiter Ferne und spendeten ihnen eine tröstende Schönheit. Jedoch verließ keiner dieser Worte jemals seinen Mund, wollte nicht, dass Marco ihn für einen romantischen Schwachmaten hielt. Stattdessen schnaubte er nur abfällig und zuckte leicht mit den Schultern.

„Wen interessiert es? Solange sie da oben bleiben, ist doch alles in Ordnung.“

Marco schwieg eine ganze Weile und Jean fürchtete schon den Anderen mit seiner patzigen Antwort verärgert zu haben, was eine Kunst war, die anscheinend nur er zu beherrschen vermochte. Doch plötzlich nahm er eine Bewegung aus dem Augenwinkel war und bevor er reagieren konnte, spürte er wie sich etwas an seine Seite presste. Sein Freund hatte sich seitlich an ihn gedrückt, seinen linken Arm um seinen Unterkörper geschlungen, seine Beine mit Jeans verschlungen und sein Gesicht in dessen Halsbeuge gedrückt. Die unerwartete Nähe löste ein nervöses Kribbeln in ihm aus . Schwer schluckend, versuchte er sein rasendes Herz zu beruhigen und den sonderbaren Duft von frischem Gras und Vanille, wonach Marco immer ein wenig roch, zu ignorieren, da er schon mehr als einmal seine Sinne und seine Gedanken in Unordnung gebracht hatte.

Für mehrere Minuten lagen sie so da und Jean glaubte schon, dass sein Freund eingeschlafen war, als dieser den Kopf drehte und abermals zum Sternenhimmel sah.

„Solange sie da bleiben...aber was, wenn nicht? Was wenn sie irgendwann auf die Erde hinab stürzen? Sollten wir dann nicht wissen, was sie sind?“

Verwirrt musterte Jean seinen Freund, der so besorgt aussah, wie schon lange nicht mehr. Manchmal kam es vor, dass Marco die unmöglichsten Fragen stellte, worauf er nie eine Antwort wusste. Und immer wieder ertappte er sich dabei, wie er dann angestrengt Tage lang über eine sinnierte, bis er sie Marco mitteilen konnte, nur um dann ein Lächeln auf das Gesicht seines Freundes zu zaubern. Jedoch in diesem Augenblick fühlte er, dass er keine Zeit besaß, um eine passende Erklärung zu finden – und das bereitete ihn Sorgen.

„Sie werden nicht vom Himmel fallen...“, war schlussendlich seine schwache Erwiderung. Marco zog nur die Augenbrauen in Missbilligung zusammen.

„Woher willst du das wissen?“

„Woher willst du wissen, dass sie fallen werden?“

„Weil alles irgendwann fällt...“

Stille.

So als hätten sie gerade einen langen Marsch hinter sich, schloss Marco erschöpft die Augen und seufzte schwer.

„Verzeih. Ich...bin müde, denke ich.“

Jean sagte nicht, starrte seinen Freund nur an. Dann wandte er sich ab und blickte erneut zu den Sternen, die ihn jetzt fast schön höhnisch entgegen strahlten. Ihm war klar, dass sein Freund an die Mauern dachte. An die Gefahren, die dahinter lagen. Sie alle dachten ständig daran. Die Mauern waren ihr Segen und Fluch zugleich. Egal, wie sehr man versuchte sie zu vergessen, sie schoben sich einen immer wieder in den Weg. Fast wie die Sterne.

„Sogar wenn sie fallen, es wäre nicht weiter schlimm.“

„Uh?“, verdutzt schaute Marco ihn jetzt an, spürte dessen warmen Atem auf der Haut, konnte jede einzelne Sommersprosse in dessen Gesicht zählen, wenn er wollte. Leicht errötete Jean.

„Na...wenn sie fallen, dann sind wir mehr oder weniger von Sternenglanz umgeben, richtig? Dann ist jede Nacht hell und klar. Wo wäre das schlecht?“, stammelte er verlegen und wünschte sich, niemals etwas gesagt zu haben. Für einige Herzschläge pochte es so hart gegen seine Brust, dass er meinte, es würde jeden Moment aus ihm hinaus springen und die ganze Situation noch peinlicher gestalten.

Doch dann lächelte Marco glücklich und mit seiner ganzen Seele, dass der Glanz der Sterne sich in seinen Augen wiederfand und für diese kleine Sekunde wünschte Jean sich, dass die Sterne wirklich vom Himmel fallen mögen, damit er sein ganzes Leben diesen Ausdruck betrachten könnte.

„Du bist ein ziemlicher Idiot, Jean.“

„Sagt der Richtige, Sommersprosse.“

Marco kicherte leicht und beugte sich vor, bewegte seinen Arm, nur um leicht durch Jeans struppige, blonde Haar zu streichen, was ihm einerseits immer etwas unangenehm war, andererseits immer eine wollige Wärme in seiner Magengegend versprühte.

„Versprich mir, dass du nicht fällst“, die Stimme seines Freundes war leise, fast nur ein zerbrechliches Flüstern.

„Bin doch kein Stern“, erwiderte Jean nur neckisch und fing sich dafür einen tadelnden Klaps auf den Bauch ein. Doch Marco lachte herzlich und war wieder er selbst, was ihn unglaublich beruhigte.

Und bevor Marco dessen Lippen mit seinen verschloss, erhaschte der Blonde noch einen letzten Blick auf das nächtliche Firmament mit dem Meer aus Sternen, was heller als vor einigen Minuten zu strahlen schien.
 

-
 

Jean lernte einige Wochen später, dass Sterne in der Tat nicht fielen.

Sie erloschen lediglich.

Nichts weiter.

Leuchteten einige Sekunden heller als sonst, purzelten über das tiefe Schwarz des Himmels, bevor sie immer kleiner wurden, bis sie lautlos in den endlosen Weiten verstarben und nie wieder von einem lebenden Wesen gesehen wurden, während seine Brüder und Schwestern daneben weiter existierten als wäre dessen Tod von keinerlei Bedeutung.

Stumpf und mit eisiger Kälte in seinem Innersten, realisierte er das, als er auf den riesigen Scheiterhaufen blickte, wo Marcos Knochen mit den von unzählig anderen Jägern verbrannte und langsam erlosch.

Er folgte den grauen Rauchfäden, die sich gen Himmel schlängelten. Schaute auf in den Sternen besetzten Nachthimmel. Eine einzelne Sternschnuppe zog ihre Bahn und verstarb.

Ihr Sternenglanz für immer verloren.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Mikeito
2013-09-23T13:01:15+00:00 23.09.2013 15:01
Oh, endlich eine JeanxMarco-FF bzw. eine Oneshot-Sammlung über sie x3
Sehr schön geschrieben. Die Stimmung ist toll aufgebaut, es ist süss, aber auch irgendwie traurig.

Bitte weitermachen! *FF favorisier* :D
Von:  Kalahari
2013-08-28T21:49:48+00:00 28.08.2013 23:49
Ein schöner Oneshot^^
Der vergleich mit den Sternen ist einfach total schön und auch mega traurig, aber es erzeugt einfach die passende Stimmung, das melancholische passt einfach super zu den beiden, das Ende unterstützt diese Note noch einmal äußerst nachhaltig.
Eine wirklich traurigschöne Story ^^
Von:  Erdkoenig
2013-08-20T15:28:56+00:00 20.08.2013 17:28
Sehr schöner Schreibstil <3 Die Idee mit den Sternen gefällt mir sehr gut, ebenso der Vergleich mit den Mauern und auch dass du am Ende Marcos Tod noch mit rein genommen hast ;_; Es ist traurig, aber dennoch ein guter abgerundeter Abschluss.
Von:  Tonis-Sexspielzeug
2013-06-21T18:38:02+00:00 21.06.2013 20:38
Oh Gott Q-Q Zum Heulen schön Q-Q Ich liebe diesen Schreibstil! Schreib ganz schnell weiter, ja?<3


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