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Tribut

Sequel - Pandora
von

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Tribut

Tribut


 

Der kostbare Diamant; der Stein der Unsterblichkeit, Pandora, glühte in einem verführerischen Scharlachrot, als er sie gegen den schmalen Mondsichel hielt. Kaitō kam nicht um ein melancholisches Lächeln umhin, als das Leuchten sich auf seinem Gesicht ausbreitete und auch sein weißes Kaitou Kid Kostüm in einem hellen Rot erstrahlen ließ. Er hatte es tatsächlich geschafft. Nach Monaten voller Vorbereitungen, Verfolgungen, Ankündigungen, Coups und Diebstählen; nach einer Reihe niederschmetternden Misserfolgen, in denen er am Ende des Abends stets das falsche Juwel gegen das milchige Licht des Mondes hielt, hatte er es endlich geschafft. Pandora war sein. Der unheilvolle Ton in dem der Schatz leuchtete erschien ihm wie ein Tribut; für all jene, die deswegen von der Organisation kaltblütig getötet worden waren. Alle gestorben im Namen des legendären Stein Pandora; der Schlüssel zur Unsterblichkeit.
 

Ein Stich ging durch sein Herz. Das; dieser verdammte Diamant in seiner Hand war das, weswegen ihm sein geliebter Vater genommen wurde. Hasserfüllt schloss er seine Faust zusammen und sorgte damit für das Erlöschen des roten Lichtes. Wenn es Pandora nicht geben würde, wenn die Organisation nie davon gehört, nie zu existieren angefangen hätte, dann würden so viele Menschen heute noch unter den Lebenden weilen. Mit ihren Familien lachen, sie lieben, ihre Kinder wachsen sehen. Vor Glück strahlen und weinen, in den schönen und auch den schlechten Zeiten. Sie hätten ihre Geliebten nie zurück lassen müssen. Sein Vater wäre nicht in einem Meer aus Flammen umgekommen, welches ihn bis heute noch in seinen Träumen verfolgte, er wäre neben ihm der größte Magier der Welt geworden. Seine Mutter hätte nie ihren Mann; einen Teil ihres Herzens, ihres Lebens verloren. Und ihm, Kaitō, wäre nicht die Bürde Kaitou Kids auferlegt worden. Er hätte ein ganz normaler Oberschüler sein können, der mit seinem Talent den Leuten ein Lächeln ins Gesicht und in die Augen zaubern könnte. Er hätte Aoko nie anlügen, sie wegen ihm; seinem alter Ego, Kaitou Kid, weinen sehen müssen.
 

Sein Gesicht verzog sich zu einem zynischen Grinsen und ein unwillentlicher Ton kam über seine Lippen. Heute würde all dem Leid ein Ende setzen. Er würde vor ihren Augen Pandora in tausende, abermilliarden kleine Splitter zerschellen lassen; er würde sie unwiderruflich zerstören. Heute Nacht, auf dem Dach des Minato Hotel, würde er, Kurōbā Kaitō, seine Rache bekommen.
 

„Du kannst ruhig aus deinem sicheren Schatten hervor kommen.“ In gemäßigtem Tempo wandte er sich ein wenig, um hinter sich sehen zu können. Vollkommen im Kontrast zu seinem blütenreinen Anzug, stand vor ihm eine in Schwarz gekleidete Person, die die Kapuze ihres Oberteils so tief ins Gesicht gezogen hatte, dass man bloß das leichte Lächeln auf den Lippen erblicken konnte.

„Guten Abend, Meitantei.“ Kid deutete eine Verbeugung an, bevor er seinen Blick abermals dem Sichel förmigen Mond schenkte. Er vernahm leise Schritte die ein ungeschultes Gehör kaum zu hören vermag hätte und spürte Shin'ichis Präsens neben sich.
 

„Heute Nacht, also?“ Auch er hob seinen Kopf ein wenig und blickte mit scharfen Augen in die selbe Himmelsrichtung wie sein Rivale,

„Ja.“ Kaitō kicherte leise und festigte seinen Griff um Pandora noch ein wenig. „Was würde ich darum geben ihre dummen Gesichter zu sehen, wenn der Schatz dem sie alle ihr Leben verschrieben haben, sich vor ihren Augen in Nichts auflöst? Wenn ihre Gier für Unsterblichkeit..“, er spuckte das Wort regelrecht aus. „..für immer unstillbar bleibt.“
 

Der Detektiv verstand ihn nur zu gut. Diese Organisation hatte ihm alles genommen. Seinen Vater, seine Kindheit und am allerschlimmsten war, dass sie ihn seiner Freiheit beraubt hatten. Er wusste wie es war, in eine zweite Identität gezwungen zu werden. Er wusste wie es sich anfühlte wenn man sah, dass man einen geliebten Menschen Tag für Tag verletzte. Und er konnte nur versuchen sich vorzustellen, wie es war, als kleiner Junge, einfach so, ohne Vorwarnung seinen Vater zu verlieren. Wie es sein musste, dieses Gefühl, wenn man erfuhr dass eben diese Person ein Verbrecher gewesen war - Kaitou Kid. Er beneidete Kurōbā nicht um sein Erbe. Der andere Oberschüler tat ihm leid. Und deswegen war er hier. Auf diesem Dach. Neben ihm. Nicht als Rivale, Kontrahent oder Jäger. Sondern einfach als Hilfe und Freund.
 

Nur ungern brach er die entstandene Stille. „Wie viele sind es?“ Kaitō zögerte keinen Augenblick mit seiner Antwort.

„Über fünfzig dürften es ruhig sein. Fünfzehn von ihnen sind auf dem Dach uns gegenüber positioniert. Darunter vier Scharfschützen.“ Mit dem Kopf deutete er kaum sichtbar nach Osten. „Auf dem Dach vom Museum stehen zwanzig; die drei Scharfschützen eingeschlossen. Auf den Dächern hinter uns im Süden und dem im Westen, stehen die restlichen Fünfzehn. Je zwei und drei Scharfschützen sind auch unter ihnen.“ Sein Atem schwebte in kleinen Wölkchen vor ihm in der Luft. Shin'ichi schluckte über die Anzahl an Mitgliedern, die sie wortwörtlich umzingelt hatten. Eine falsche Bewegung und sie würden in Bruchteilen von Sekunden zu schweizer Käse verarbeitet werden. Da brachten dann auch die Schutzwesten unter ihrer Kleidung nichts.
 

„Du hättest nicht her kommen müssen.“ Kaitō hatte die Nervosität des anderen Oberschülers natürlich bemerkt. Und auch wenn er es nie zugeben würde; auch er hatte zittrige Finger. Doch das Adrenalin rauschte wie eine Droge durch seine Blutbahnen. Nur noch wenige Minuten, dann wäre Pandora und mit ihr Kaitou Kid für immer ausgelöscht. Sein Herz hüpfte regelrecht vor Euphorie, Genugtuung und Aufregung.

„Ich kann dich schlecht gegen fünfzig Mann antreten lassen. Ich kenne dieses Gefühl und ich hatte dabei sowohl die Polizei, als auch FBI und CIA hinter mir stehen. Ich lasse doch keinen Freund alleine.“ Aufrichtig lächelte Shin'ichi ihn an und kurz brauchte der junge Magier um sich zu fassen, sein Pokerface fallen zu lassen und die Geste ebenso ehrlich zu erwidern. In diesem Augenblick, dass spürten beide, waren sie im Einklang, wie es nur zwei Menschen sein konnten, die das gleiche Schicksal, die gleichen Träume und Wünsche hatten. Wie zwei echte Freunde, die einander nie im Stich lassen würden.

„Danke.“
 

Sie nickten unisono und drehten dem Mond ihre Rücken zu. Währenddessen übergab Kurōbā dem anderen unauffällig Pandora, der diese sicher in seiner Faust umschloss. Beide konnten förmlich spüren, wie die Luft sich vor Anspannung zu laden schien. Und sie wussten, dass die Finger von zwölf ungeduldigen Scharfschützen an ihren Abzügen zuckten, ihre Fadenkreuze überall auf ihren schutzlosen Körpern verflächert waren und nur ein Wort von Snake reichen würde, damit ein Kugelhagel auf sie eröffnet wurde.
 

Kaitō holte aus einer seiner vielen Geheimtaschen seine unikate Kartenpistole hervor und zückte in einer weiteren, blitzschnellen Bewegung zwei auf den ersten Blick handelsübliche Spielkarten hervor, die sich jedoch als dünne Metallplatten entpuppten. Die Blicke ihrer tiefblauen Augen kreuzten sich und der Mondscheindieb stellte die Frage aller Fragen.

„Bist du breit?“ Kudō nickte ohne Zurückhaltung und hielt Pandora zwischen Daumen und Zeigefinger in die kühle Nachtluft um sich den Diamanten noch ein letztes Mal anzuschauen. Nur schwach glühte etwas im Inneren.

„Wir können loslegen.“
 

Sie waren sich der Gefahr in ihren Nacken bewusst. Ihnen war klar, dass in den nächsten Sekunden die Hölle ausbrechen könnte und würde. Und dennoch; dennoch waren sie entschlossener, als je zuvor. Pandora verdiente es nicht zu existieren. Nach Shin'ichis letztem Wort warf er den letzten, in einem Spektakel von Kaitou Kid entwendeten Diamanten in die Luft und sah noch aus den Augenwinkeln, wie der andere Junge in kaum sichtbaren Bewegungen und einem handlichen Geschick, um das man ihn beneiden könnte, seine Waffe mit den stählernen Karten lud, nur um beim nächsten Herzschlag, voller Präzession auf das Juwel zu schießen. Es klirrte, glitzernde Splitter flogen durch die Dunkelheit und blitzten wie kleine Regenbogen im schwachen Mondlicht auf.
 

Plötzlich explodierte die Nacht in blühendem Rot und die ersten Kugeln trafen das Dach. Flogen haarscharf an den Jugendlichen vorbei und jagte ihnen Gänsehaut über den Rücken. Kaitō ließ sich davon nicht beeindrucken. Ohne die Kugeln, die laut auf den Boden auftreffenden Patronenhülsen oder seinen schnellen Herzschlag zu beachten, zielte er weiterhin mit seiner Rechten in die Luft. Pandora befand sich noch immer über ihnen. Er konnte die Luft um sie herum flimmern sehen, wenn auch auf sie geschossen wurde, um sie vor ihm in Sicherheit zu bringen und die Gewehrkugeln in ihrem Licht leuchteten.
 

Kaitō schoss und in diesem Moment bekam er seine Rache. Pandora zerbarste noch in der Luft. Ihr blutrotes Licht erlosch und mit einem befreiten Seufzer, ließ er den Arm sinken, nur damit im nächsten Augenblick ein Schrei über seine Lippen kam. Eine Kugel hatte seine Schulter gestreift und er sah das Blut das aus der Wunde austrat, sowie das leichte Qualmen seines Anzugs. Shin'ichi kam auf ihn zugelaufen und bevor er es begriff, war er von diesem auf die Beine gezerrt worden.
 

Trotz der lebensbedrohlichen Situation in welcher sie sich befanden, fing er an, aus vollem Halse zu lachen. Glücklich, schadenfroh und unschuldig erfüllte der Laut die Nacht und Kaitō wusste, die Männer und Frauen auf den Dächern konnten es hören. Shin'ichi lächelte nur, als sie nebeneinander in das Gebäude liefen. Kurōbā hatte sich gerächt. Und nicht nur das; er hatte sich befreit und die Organisation ihrem Sinn beraubt. Er freute sich für ihn mit und als dem jungen Mann plötzlich Tränen über das Gesicht liefen, verurteilte er ihn nicht dafür.
 

‚Oyaji!ʼ Beide wurden in eine Rauchwolke gehüllt und standen im nächsten Moment in zwei schicken Seidenanzügen im Gang. Nur kurz darauf verließen zwei lachende, junge Freunde das Hotel und scheinbar die darin stattfindende Feier um in einen alten, weißen Wagen zu steigen. Sie nickten dem Fahrer zu und hoben die Daumen, bevor Kōnosuke los fuhr.

‚Ich habe es geschafft! Heiwade yasumu*!ʼ
 

~~~
 

Am folgenden Morgen trank Nakamōri ungeduldig seinen Kaffee und starrte auf den Bericht vor sich, den einer seiner Männer vor kurzer Zeit mit zittrigen Fingern auf seinen Schreibtisch gelegt hatte. In der vergangenen Nacht, am zweiundzwanzigsten des sechsten Monats, fand eine Kugelschlacht im Umkreis des Minato Hotel statt. Das Ziel: Das Dach eben jenes Gebäudes. Ungeduldig knallte er die Tasse neben sich und kümmerte sich nicht um das bisschen Flüssigkeit, das über den Rand schwappte. Er sah Zähne knirschend auf die Fotographien vor sich, die aus vier verschiedenen Winkeln das Kaitou Kid Kostüm zeigten, dass aus einem weißen Zylinder mit blauer Borde quoll. Drum herum die Splitter des Diamanten, den der Dieb vor vier Tagen entwendet hatte und vereinzelte Patronenhülsen, die im Moment zugeordnet versucht wurden. Obenauf lag das Monokel und daran befestigt eine Nachricht, die zweifelsohne an ihn, Nakamōri Ginzo, gerichtet war.
 

Mein hochgeehrter Nakamōri-keibu-san,

Die letzten Jahrzehnte haben mich immer auf ein Neues amüsiert und auf Trab gehalten.

Ich werde die Nächte und den Spaß nie vergessen.

Jedoch ist es Zeit für mich, in den Ruhestand zu gehen.

Kaitou Kid hat gefunden, wonach er gestrebt hat und verabschiedet sich hochachtungsvoll.

Ich wünsche ihnen alles Gute und bitte; regen sie sich doch nicht auf. Ich werde sie auch vermissen.

KAITOU KID
 

Er sollte sich nicht aufregen!? Er hatte sein halbes Leben hinter diesem Dieb hergejagt; nein.. hatte ihn jahrelang immer wieder in Bedrängnis gebracht, um nun so eine läppische Nachricht von ihm zu erhalten? Stirnrunzelnd sah er auf die Kid Karikatur, die ihn scheinbar auszulachen schien. Doch dann, anstatt zu toben, seine Faust auf die Tischplatte sausen zu lassen und alles auf den Kopf zu stellen, lehnte er sich in seinem Bürosessel zurück und verhielt sich in Bezug auf den Mondscheindieb vielleicht zum ersten Mal wirklich vernünftig, indem er die Akte Meisterdieb 1412 zu klappte und von sich schob.

‚Ich wünsche dir auch alles Gute, Kid. Hoffentlich kannst du Fatzke jetzt dein Leben leben.ʼ
 

* Heiwade yasumu - Ruhe in Frieden



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