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loving your weak point

Wie würdest du dich entscheiden?
von

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Ein verzwickter Gedanke

'Verbrennen Sie sich nicht, John.'

'Oh, ja, Dankeschön für den Hinweis. Aber ich glaube, ich darf selbst entscheiden an was ich mich verbrenne. Oder an wem.'

'Sicher. Aber es wird weh tun.'

'Sogar höllisch weh, Sherlock...'
 

~~~~~
 

Es war eine angenehme Art zu reisen. Man musste sich nicht um Steuern und Benzin kümmern und die teure Anschaffung blieb einem auch erspart. Es blieb mehr Zeit um nachzudenken, wenn man sich nicht um den stressigen Verkehr kümmern musste, dachte sich Sherlock Holmes, und stieg mit zwiespältigen Gefühlen aus dem Taxi aus, das vor dem Broadway nahe des Westminsters Abbey hielt. Die Stadt lag im morgendlichen Frühnebel, der von der Themse aus über den Asphalt kroch, während sich ein purpurfarbener Himmel aus dem Tiefblau erhob und die ersten Sonnenstrahlen am Horizont zu erkennen waren. Sicherheitshalber hatte er John seinen Verbleib gemailt und ihn somit ruhig gestellt, um während des Besuchs bei dieser Kollegin nicht gestört zu werden. Ein seltsamer Fall, bei dem es bisher keine Leiche gab, hatte seine Aufmerksamkeit erregt: Alice Dunham, von Beruf Private Detective, hatte am gestrigen Morgen ihre täglichen Rituale pflegen wollen und stieß beim Holen ihrer samstäglichen Ausgabe der Daily Mail auf ihr eigenes Porträt in Schwarz-Weiß. Die einzige Farbe auf dem Titel war Blutrot und wurde über ihr Foto gepanscht. Drumherum Blindtext, ohne Bedeutung, kein weiterer Bezug auf den restlichen Inhalt der Zeitung, konnte Sherlock feststellen.

"Da kein anderes Exemplar wie dieses existiert, hat mir DI Lestrade bestätigt, hat es jemand speziell auf Sie abgesehen, Ms Dunham", deduzierte der Braunhaarige mit der Tageszeitung zwischen seinen behandschuhten Händen und lief währenddessen in dem geräumigen Wohnzimmer langsam auf und ab.

Alice Dunham war - zugegeben - keine Schönheit, höchstens mittelmäßig, was an ihrem bereits herauswachsenden dunkelblonden Ansatz zum restlichen Wasserstoffblond und ihren nicht vorhandenen Make-Up-Künsten lag sowie an ihrem nicht vorhandenen Modebewusstsein. Als PD erweckte sie somit nicht gerade die Aufmerksamkeit ihrer Beschattungsopfer, sehr clever.

"I-ich wüsste nicht, wer, Mr Holmes", schluchzte sie leise auf. Verzweiflung klang in ihrer Stimme mit und sie krallte ihre Finger in ihre Oberschenkel.

"Oh, ich habe da einen Verdacht."

Sherlocks Augen verengten sich mit Blick auf seine Klientin und er stoppte vor ihr. Sie sah ihn fragend an, während sie sich eine mascaragefärbte Träne von der Wange wischte.

"Sagt Ihnen der Name Moriarty etwas, Ms Dunham?"

Die Lady überlegte kurz, senkte ihren Blick, schüttelte dann schließlich den Kopf.

"Nein, nie gehört."

"Auch niemanden namens Jim oder James mit Vornamen, der nicht zu ihrem Bekanntenkreis zählt?"

"Mh-mh."

Wieder ein langsames Kopfschütteln. Sie saß da wie ein Häufchen Elend in ihrem teuren, weißen Ledersessel.

"Es hat sie in letzter Zeit niemand verfolgt, niemand angerufen, kein Stalker? Sie fühlen sich hier sicher in der Gegend? Natürlich fühlen Sie sich sicher, um die Ecke hier ist ja New Scotland Yard."

Er schnalzte genervt mit der Zunge, als er sich seine voreiligen Fragen mit einer Antwort selbst beantwortete. Jim wollte sich tatsächlich lächerlich machen über die Polizei, sah ihm ähnlich.

"Ich sehe mich einmal um, wenn es Ihnen recht ist", lächelte Sherlock höflich, ohne eine Antwort abzuwarten und durchlief die Räume mit beängstigender Ruhe und schneller, sherlock-typischer Auffassungsgabe. Er nahm jedes Detail auf, ordnete seine Gedanken, speicherte ab, sog wieder von neuem Informationen auf, die ihm die Gegenstände in der Wohnung verrieten und orientierte sich aus Fenstern schauend über die Lage der Wohnung und Nachbarhäuser.

Es gab einfach absolut keinen Grund, weshalb Moriarty diese Frau töten wollte und Sherlock dafür hatte herkommen sollen. Für einen Kinderstreich war es zuviel Aufwand gewesen, die Titelseite der Zeitung auszutauschen und sie dennoch täuschend echt erscheinen zu lassen. Sherlock kannte diese Frau weder von früher noch von sonst einem Zeitpunkt und sah keinerlei Verbindung von ihr zu ihm, von ihr zu Lestrade, von ihr zu... John? Nein. Das hätte er erwähnt, ganz sicher. Wieso also diese Frau? Sollte er sie wirklich willkürlich herausgepickt haben, weil sie nahe an New Scotland Yard wohnte und eine Detective war, wie er? Was wollte er damit sagen? Und wieso holte er soweit aus, wenn das Offensichtliche auch ohne Umwege gesagt werden konnte?

Langweilig, schoss es ihm in Jims spezieller Betonung durch den Kopf. Sherlock sollte wohl absichtlich einiges zum Grübeln haben, es sollte ihm das Hirn zermatern, bis sie beide sich irgendwann wieder gegenüberständen. Und ein nächstes Mal, da war sich der Consulting Detective sicher, würde jemand umkommen.
 

Ich werde dir das Herz herausbrennen!
 

Einer von beiden musste bei diesem Spiel den Kürzeren ziehen. Und das sollte sicher nicht Sherlock selber sein!
 

"Bitte benachrichtigen Sie mich, wenn Ihnen noch etwas einfallen sollte - oder falls sich plötzlich jemand mit genannten Namen melden sollte", sprach der Lockenkopf und ging auf die Wohnungstür zu.

Alice war aus ihrem Sessel aufgesprungen.

"S-sie gehen schon wieder!? Aber, was denken Sie, dieser Jim oder so - wird er mich wirklich umbringen? Es sind noch 3 Tage bis zum Datum, das in der Zeitung genannt wurde."

Sie kam mit schnellen Schritten auf Sherlock zu und blieb nur knapp vor ihm stehen.

"Nun, Scotland Yard wird seine besten Männer auf den Fall ansetzen, seien Sie unbesorgt. Auf-"

Doch Alice ließ Sherlock nicht gehen und krallte sich in seine Armbeuge, als dieser die Tür öffnen wollte.

"Bitte, Mr Holmes. Werden Sie da sein? Werden Sie mir helfen? Sie kennen diesen Moriarty, oder?"

Sherlocks Augenlider zuckten kurz, bevor er sich schwungvoll ihrem Griff entriss und durch die Tür verschwand.

"Schließen Sie die Tür gut ab", wies er sie an und eilte die Treppen hinunter.
 

Als ob es ihn kümmerte, wenn Moriarty sie wirklich umbringen würde. Er wusste, dass dieser Mann seine ganz eigenen Theorien und Methoden hatte und alle nur darauf abzielten, Sherlock zu verwunden. Doch dieses Puzzle ließ sich nicht so zusammensetzen, so einfach und durchschaubar, wie es sonst immer war. Es fehlten Motive, Absichten, Hintergründe, die hier nicht gegeben waren und das ließ den hochgewachsenen, schlanken Mann, der sich den Mantel nun sichtlich enger umlegte, da es an der frischen Luft sehr viel kühler war als in der Wohnung oben, schier wahnsinnig werden.
 

Die Straßen füllten sich langsam, Touristen bevölkerten schon am frühen Vormittag die Sehenswürdigkeiten, an denen Sherlock unbeeindruckt vorbeilief, völlig vertieft in Gedanken, die er immer wieder nach nützlich und unnützlich für den Fall abwägte.

An einer Ecke nach dem Piccadilly Circus hielt er kurz inne und gönnte sich einen Kaffee, um der nachlassenden Wirkung seiner 2 Nikotinpflaster, die er für diesen Morgen irrtümlicherweise viel zu niedrig dosiert aufgeklebt hatte, entgegenzuwirken und stellte sich unter ein Vordach, um den ersten Regentropfen auszuweichen, die mit der grauen Wolkendecke gekommen waren.

'Verdammt, John', dachte er mit geschürzten Lippen wehmütig an seinen geliebten, blauen Schal, grub sich enger in seinen Mantel ein und musste unweigerlich an den gestrigen Abend zurückdenken, der ihm doch irgendwie eine kleine, teuflische Freude bereitet hatte. Der Ältere war aber auch immer leicht zu beeindrucken.

Wieso er das überhaupt getan hatte? Es war ihm logisch erschienen. Er wollte duschen gehen, normal für einen Menschen, um sich zu säubern, danach hörte er John und da er ihn ja darum gebeten hatte, ihm das Handy zu bringen, wann immer sich jemand für ihn melden würde, so wollte er es in dem Moment haben. Wozu warten, wenn es auch sofort passte? Zumindest ihm selbst schien es sofort zu passen. John schien das Gegenteil zu behaupten, kam mit Ausreden an und hatte sich gesträubt. Dass er schließlich doch nachgegeben hatte, zeigte Sherlock, dass er lernfähig war. Dinge, die keinen Aufschub benötigten, sollten auch keinen bekommen. Logisch, einfach, richtig.
 

Bin auf dem Weg. Essen w|
 

Der Cursor auf seinem iPhone blinkte an der Stelle auf, als er den Finger über dem Display schweben ließ. Wollte er ihn etwa schon wieder ärgern? Essen wir heute zusammen bei Angelo's?, schien dem Braunhaarigen zwar eine geeignete Phrase, um John wieder aus dem Konzept zu bringen, doch hielt ihn sein Gewissen davon ab, es wirklich zu schreiben.

Wieso machte er sich gerade heute seine Gedanken wegen gestern Abend? Er war an einem verdammt verzwickten Fall dran, der um einiges wichtiger war als John und dessen Verhalten. Sherlock sollte keine Zeit verschwenden und herausfinden, wer dahinter steckte und wenn es Moriarty war - was er damit bezwecken wollte.

Schnell löschte er die SMS, steckte das Handy wieder in seine Brusttasche, warf den leeren Kaffeebecher in einen Mülleimer und schlug sich den Kragen noch höher ins Gesicht. Bei seinem Glück kam gleich sicher der ganz große Regen, aber ein Taxi wollte er sich jetzt auch nicht mehr nehmen. Zu schnell wäre er wieder Zuhause. Bei John. Und er fürchtete um die dortige Abwesenheit seines Verstandes, den er im jetzigen Augenblick dringend benötigte, um das Gesehene, das Abgespeicherte nochmals geordnet durchzugehen, nur um dann alles durcheinander zu würfeln und aus anderen Blickwinkeln zu betrachten und Schlüsse zu ziehen... die im Endeffekt keine Schlüsse waren. Alles verlief sich wie der Sand einer Sanduhr im Nichts und bildete einen großen Berg voll Wissen, der nichts miteinander gemein hatte.

Knappe 50 Minuten später stand Sherlock durchnässt bis auf die Knochen vor Baker Street 221B, nicht gewillt, hineinzugehen. Die Hände in den Manteltaschen vergraben, stand er vor der Haustür, blickte kurz zum rechten Fenster auf, an dem er John erblicken konnte, der in die Ferne zu starren schien.
 

'Straßenkleidung angezogen, keine Nachtwäsche mehr, Augenringe, leicht zittrige Hände, wenn er zur Teetasse greift - Schlafmangel, versucht aber wach zu wirken. Zusammengekniffene Augen, den Blick nicht fixiert gen Himmel gerichtet - nachdenklich. Schlaffe Haltung, jedoch aufrecht - angespannt.'
 

Als jedoch plötzlich ein eisiger Wind den Regen aufpeitschte, war es Sherlock genug und er beeilte sich, ins Trockene zu kommen. Seine Haare klebten durchnässt an seiner Stirn und er musste aufpassen, sich auf den nassen Fliesen nicht auszurutschen, bis er sicher am oberen Treppenabsatz angekommen war.

John stand immer noch am gleichen Platz und hatte Sherlock scheinbar nicht bemerkt, weder unten vor der Tür noch dass er reingekommen war.

Der Jüngere schloss die Wohnungstür hinter sich, entledigte sich seines nassen Mantels und verteilte beim Ausziehen fröhlich Regentropfen auf dem Holzboden, die unablässig weiter von dem Stück Stoff tropften, als er es am Türhaken aufhing.

"John?"

Sherlock räusperte sich, verwundert, wie leise seine Stimme geklungen hatte und hoffte, sie erhielte beim nächsten Mal wieder ihre ursprüngliche Stärke zurück.

Der Angesprochene regte sich nicht und Sherlock durchquerte mit wenigen Schritte den Raum, bis er dicht hinter dem Blonden stand, der immer noch genau so wirkte, wie der Braunhaarige es eben von unten für sich deduziert hatte.

Irgendetwas musste passiert sein, oder?

Sherlock sah sich um, doch alles war an seinem gewohnten Platz, in der Zeitung von heute war nichts zu entdecken, was den anderen derart aus der Bahn werfen würde.

Der Jüngere kam ihm näher, sah ihm beinahe schon über die Schultern, als er sah, dass John aus seiner Trance aufzuwachen schien und sich die Distanz zwischen ihnen schlagartig für einen Sekundenbruchteil verringert hatte, als er auch schon wieder zurückwich und erschrocken seinen Namen nannte.

"Sherlock! Wann sind Sie-"

"Gerade eben. Sie schienen abwesend; Problem?"

Johns Augen zuckten kurz hin und her; ein Indiz für schnelles Nachdenken, eine Meinungsänderung, eine... Lüge?

"Nein, nur... müde", antwortete John mit träger Stimme und brachte ein wehmütig angedeutetes Lächeln zustande.

Nein, er konnte nicht falsch liegen. Etwas lag in der Luft, dass in seiner Abwesenheit passiert war. Hatten John Albträume geplagt? Oder war er etwa seit der SMS, die Sherlock ihm vor 5 Stunden geschickt hatte, wach und stand hier so verloren rum? Zumindest schien er bereits gefrühstückt zu haben, wie an der Zeitung, dem Tee und dem leeren Teller unweigerlich zu erkennen war. Sehr gut. Wenigstens würde er ihm hier jetzt nicht Gefahr laufen, zusammen zu brechen. Welche Last auch immer ihn gerade niederzudrücken schien.
 

'Interessant, dass dich John so beschäftigt, Sherlock Holmes.'
 


 

~~~~~
 

To be continued...
 

Hier bekommt man auch mal einen Einblick in Sherlocks abgeklärte Gedankenwelt und ich muss sagen - es hat Spaß gemacht, auch wenn ich es erst meiden wollte. Ich hoffe, er ist nicht zu sehr OOC geworden, da er mMn ein seeehr schwieriger Charakter ist und ich ihn ungern verfälschen will. Schreibt mir doch bitte Eure Meinung, damit ich weiß, wie ich in zukünftigen Kapiteln als 'Sherlock' schreiben kann/soll. :)



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2013-07-17T19:46:05+00:00 17.07.2013 21:46
Ich muss knoedelchen zustimmen :) Ich finde ebenso, dass du Sherlocks Sicht sehr gut beschreibst!
Ansonsten schöne Kapitel, die zu meiner Freude auch immer ein wenig länger werden :D
Bin gespannt wie es weiter geht
Von:  knoedelchen
2013-07-14T17:26:48+00:00 14.07.2013 19:26
Durchaus interessant, wie John Sherlock beschäftigt XD
Hm, ich finde, dass dir der Einblick in seine Gedankenwelt ganz gut gelungen ist :)
Freue mich auf das nächste Kapitel ♥
Von:  knoedelchen
2013-07-14T17:26:48+00:00 14.07.2013 19:26
Durchaus interessant, wie John Sherlock beschäftigt XD
Hm, ich finde, dass dir der Einblick in seine Gedankenwelt ganz gut gelungen ist :)
Freue mich auf das nächste Kapitel ♥


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