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Spartacus: Champion

von

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Febris


 

Gannicus

Adrenalin.

Von einer Sekunde auf die andere war er mit allen Sinnen da, zentnerschwere Gewichte schienen ihm den Brustkorb einzudrücken, die Muskulatur in seinen Schultern war so verkrampft, dass er sie kaum noch spürte. Er rang nach Atem, kein Muskel seines Körpers schien sich zu rühren, natürlich nicht, sie hatten ihn gekreuzigt, seine Hände verkrampften sich erneut und er konnte hören, wie seine Zähne aufeinander schlugen, als er vor Kälte zitterte. Sein Magen rebellierte; Licht und Geräusche schlugen über ihm zusammen wie Wellen, das Bild vor seinen Augen flirrte.

Seine Zunge schien vor langer Zeit zu Staub zerfallen.

Wenn er die Augen schloss, tanzten dort wirre Bilder.

Tote Legionäre und Sklaven, seltsam friedlich nebeneinander liegend, der Geruch von Feuer und Asche und Tod und Verderben in der Luft.

Saxa, mit ihren Dolchen nicht minder gefährlich als die Soldaten um sie herum, Saxa, die ihm ohne zu zögern gefolgt war, obwohl sie nicht gemusst hätte, die ihn mit von ihrem eigenen Blut verschmierten Lippen angrinste und ihm den Rücken freihielt, eine Hand auf der klaffenden Wunde an ihrer Seite, den zweiten Dolch todbringend gegen die Legionäre, selbst als nur noch sie beide übrig waren gegen einen Wall von Schilden und Speeren, gegen Caesars Lächeln.

Auf der anderen Seite herrschte Stille.

Sibyl war Frieden, Sibyl war Ruhe und Ergebenheit, mit den dunklen Haaren und braunen Augen der Kontrast zu Saxas Licht und Ungezähmtheit, ein Mädchen, wo Saxa eine Frau war, schutzbedürftig, wo Saxa sich noch mit bloßen Händen gegen die Römer zur Wehr setzte, sanft, wo Saxa robust war, griechische Seide gegen germanischen Stahl.

Saxa hatte auch Seide für ihn getragen, in Sinuessa.

Trübe starrte er an die Decke des Raumes.

Sie war kalkweiß getüncht, genau wie die Wände.

Leise Stimmen und Geräusche wehten zu ihm herein, doch er verstand kein Wort; in seinen Ohren dröhnte sein eigener Herzschlag.

Wenn das die Unterwelt war, dann sah sie den römischen Villen, die er kannte, überraschend ähnlich. Andererseits war das wohl auch kein Wunder, wenn die Götter sie nach ihrem Vorbild Häuser bauen ließen. Er hätte Sibyl fragen sollen, was das betraf, oder Melissa... Melissa hatte immer Bescheid gewusst, was die Götter anging.

Die Schritte kamen näher, jemand legte ihm sanft eine Hand auf die Stirn, und er blinzelte in ein Paar ihm unbekannte dunkle Augen.

"Mein Name ist Quintus", sagte der Römer, "Du bist hier in Sicherheit."

Seine Hände waren angenehm kühl und überraschend vorsichtig, als er mit geschickten Fingern die Verbände an Gannicus' Handgelenken abwickelte und erneuerte; er schien zu wissen, was er tat.

Noch immer fühlte er sich nicht in der Lage, auch nur einen Muskel zu rühren, brachte nicht einmal ein Nicken zustande.

Jemand anderes war noch im Raum, er spürte die Präsenz fast so deutlich, als sei sie in seine Haut gebrannt wie Batiatus' Zeichen.

"Geht es ihm besser?", fragte Nasir leise.

Quintus' Antwort verschwamm in seinen wirren Gedanken.

Irgendetwas stimmte nicht.

"Saxa."

Seine Stimme war so leise, dass er sich selbst kaum verstand; Nasir kniete sich neben seine Liege.

Die Sorge auf dem Gesicht des jungen Syrers war nicht zu übersehen.

"Sie war nicht bei den Gefangenen", antwortete er mit einem deutlichen Zögern, "Wir dachten..."

"Sie lebt."

Die Römer haben sie mitgenommen. Frauen sind keine Krieger, Frauen werden verkauft.

Doch seine Stimme verweigerte ihm den Dienst, und erst, als Quintus und Nasir verschwunden waren und er in einen unruhigen Schlaf hinüber dämmerte, wurde ihm klar, dass Sibyl nicht dagewesen war.
 


 

Nasir
 

Agron wartete draußen auf ihn.

Nasir konnte es ihm nicht verübeln, dass der Germane es bisher nicht über sich gebracht hatte, selbst nach den Verwundeten zu sehen - er trug die Spuren seiner eigenen Gefangenschaft noch viel zu deutlich am Körper und ins Gesicht geschrieben, und deshalb hatte Nasir es bisher übernommen, Quintus zusammen mit Laeta zur Hand zu gehen, wenn das nötig war.

Er sah blass aus, wie Nasir sofort auffiel; natürlich war er blass, sie alle schliefen kaum, und obwohl Laeta ihnen mehrfach versichert hatte, dass ihnen von den Bewohnern der Villa keine Gefahr drohte, schliefen sie abwechselnd, hatten Wachen auf der Mauer, die das Grundstück umgab.

Bisher waren keine Soldaten aufgetaucht, um sie alle ebenfalls und manche von ihnen ein zweites Mal ans Kreuz zu nageln, und bisher war niemand vergiftet oder in seinem Bett erstochen worden.

"Quintus sagt, er sieht besser aus", sagte Nasir leise, griff sanft nach Agrons Hand und spürte die versteiften Muskeln und Sehnen unter seinen Fingerspitzen.

Ein müdes Grinsen huschte über das Gesicht des Germanen, doch mehr nicht; spätestens seit der Schlacht, wenn nicht schon seit seiner Gefangenschaft schienen ihn fast alle Lebensgeister verlassen zu haben.

"Und Gannicus sagt, Saxa sei am Leben."

Agrons Augenbrauen zuckten. "Blödsinn."

Seine Stimme klang heiser, unweigerlich wurde Nasirs Griff um seine Hand ein wenig fester.

"Wir warten, bis es ihm besser geht, und sehen dann, ob er uns mehr sagen kann", schlug er vor, bevor ein schwaches Lächeln über sein Gesicht huschte, "Wenn du bis dahin nicht verhungert bist, du isst kaum noch... für deine Verhältnisse."

Gut, sie hatten wohl alle irgendwie an Form verloren... aber Nasir hatte die Erfahrung gemacht, dass es nur wenige Dinge gab, die einem Cherusker dauerhaft den Appetit verderben konnten.

Zugegebenermaßen wertete er allerdings die Tatsache, dass Agron über die Schulter einen argwöhnischen Blick zu Quintus warf, bevor er sich von Nasir in Richtung Küche mitziehen ließ, als gutes Zeichen.

Laeta war in der Küche und beaufsichtigte, wie ihr Abendessen zubereitet wurde; sie lächelte ihnen ein wenig gequält zu, als sie die beiden sah.

Für jemanden, der vor nicht allzu langer Zeit seinen ersten Mann verloren hatte und dessen zweiter Mann nur wenige Zimmer neben Gannicus noch wesentlich deutlicher zwischen Leben und Tod schwebte als der ehemalige Gladiator selbst, hielt sie sich in Nasirs Augen recht tapfer.

Agrons Miene hellte sich auf, als sein Blick auf die Schale Pfirsiche fiel, die Laeta ihnen anbot - frisch gepflückt, Nasir hatte die entsprechenden Bäume im Hof gesehen. Und Pfirsiche waren ohnehin gut, da musste Agron dann seine Hände etwas mehr einsetzen, und...

Dennoch kam er nicht umhin, die Augen leicht zu verdrehen, als Agron ihm eine der Früchte hinschob und das mit "Damit du groß und stark wirst" kommentierte.

Und als er ihm lässig und nahezu beiläufig den Arm um die Schultern legte, war fast wieder alles wie früher.
 


 

Cornelia
 

Das Haus war in heller Aufruhr.

Dienstboten und Sklaven huschten überall umher, dekorierten Tische und Säulen, bereiteten Speisen zu und brachten Dutzende Amphoren voller Wein.

Cornelia selbst überwachte das alles mit Gelassenheit; es war schließlich nicht das erste Fest, das sie organisierte, und nachdem sie die Rückkehr ihres Mannes nach Rom verspätet feiern mussten - nun, es war wohl den Finanzen des Marcus Crassus zu verdanken, dass sie sie überhaupt in diesem Ausmaß feiern konnten.

Natürlich wusste sie, welche Art von Arbeit Crassus von ihrem Mann erwartet hatte. Allerdings waren sie sich wohl beide darüber im Klaren, dass manche Dinge eben ihren Preis hatten, und dementsprechend waren sie zur unausgesprochenen Übereinkunft gekommen, dass sie ihm keine Fragen stellte, was Sinuessa betraf, die Schlucht von Milea oder die sechstausend Sklaven, die man die Via Appia entlang gekreuzigt hatte.

Nun, nicht besonders lange gekreuzigt hatte, das wusste inzwischen wohl die ganze Republik, und sie hatte den Hauch von Bewunderung in Gaius' Augen gesehen, als der ihr davon erzählt hatte. Eins musste man den Aufständischen lassen - sie hatten Kampfgeist.

Aus dem Atrium hörte sie Iulias helles Quietschen und unweigerlich huschte ein Schmunzeln über ihr Gesicht, als ihr Blick auf Gaius fiel, der das Mädchen auf dem Arm hatte und offensichtlich vollends damit beschäftigt war, sie zu kitzeln.

Aus der Nähe war die Ähnlichkeit nicht zu übersehen - Iulia hatte die Augen ihrer Mutter, doch das goldblonde Haar und (wenn es auch bei letzterem wesentlich seltener zu sehen war) das einnehmende Lächeln ihres Vaters. Beide waren sich überraschend schnell näher gekommen, obwohl die Fünfjährige ihren Vater vor den letzten zehn Tagen nicht länger als die paar Stunden, die Crassus ihnen vor der Einberufung seiner Truppen gegönnt hatte, gesehen hatte; bisher hatte Cornelia Gaius noch fast jede Nacht am Bett seiner Tochter gefunden.

Die Tatsache, dass er sich nicht in ihrem eingefunden hatte allerdings...

Was bei der Legion passiert, bleibt bei der Legion, rief sie sich selbst zur Ordnung, obwohl sie den giftigen Stachel der Eifersucht irgendwo tief in ihrem Innern spürte. Auch das war ihr von Anfang an klar gewesen: Gaius war Soldat, und es gab einen Unterschied dabei, mit seiner Frau zu schlafen oder seine Bedürfnisse mit Huren und Sklaven zu stillen. Trotzdem, gerade was Griechenland betraf, es gab Gerüchte...

"Mama!", gluckste Iulia und Gaius drehte sich zu ihr um, ein seltenes Schmunzeln auf dem Gesicht.

Er setzte das Mädchen ab, und sie sauste davon, wohl auf der Suche nach dem nächsten Spielzeug.

"Dein Anblick muss Venus neidisch machen", merkte Gaius an und ließ den Blick schweifen, vom goldbestickten Saum ihrer Tunika bis zu den im Nacken zusammen gesteckten Haaren.

Cornelia hob eine fein gezupfte Augenbraue.

"Und Merkur führt dir immer noch die Zunge, wie ich sehe", antwortete sie.

Gaius öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch sie legte ihm rasch den Finger auf die Lippen.

"Keine Schmeicheleien", sagte sie, "Ich bin nicht mehr das Mädchen, was du auf am Forum mit ein paar Komplimenten um den Finger wickeln kannst, ich bin deine Ehefrau."

Sie küsste ihn auf den Mund, um seine Antwort zu vermeiden.

"Und jetzt tu deiner Ehefrau den Gefallen und lass dich ankleiden, die ersten Gäste werden bald da sein."

Gaius' Mundwinkel zuckten.

"Wenn meine holde Ehefrau das wünscht..."

Cornelias Augen folgten ihm, als er sich umdrehte und das Atrium mit raschen Schritten durchquerte. Er trug wieder die Toga eines römischen Bürgers, doch in seiner Haltung und selbst dem alten Humor, der gelegentlich in seinen Augen aufblitzte, war der Soldat noch mehr als deutlich zu erkennen - als sei er noch nicht ganz daheim angekommen.

Cornelia seufzte leise und fuhr mit den Handflächen über den Stoff ihrer Tunika.

Venus neidisch machen...

Ein verhaltenes Schmunzeln huschte über ihr Gesicht. Gut, wenigstens das hatte sich nicht geändert.



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