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Das Herz des Magiers

von

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Esmera

Die ungewöhnlich hellen Augen starrten sie an und obwohl sie sich unwohl unter diesem Blick fühlte, lächelte Esmera. Sie brauchten die Hilfe dieses Magiers, auch wenn die Anderen das nicht so sahen. Außerdem hatten die Nerui ihn aufgenommen, also konnte er nicht ganz so übel sein, wie alle anderen Magier – Iryna hätte ihn sonst nie zu ihr geschickt!

„Eines unserer Kinder ist in eine Falle geraten. Sie hat hohes Fieber und fantasiert.“ Das Gesicht des jungen Mannes verzog sich und eine steile Falte zeichnete sich zwischen seinen Augenbrauen ab.

„Wie lange ist das her?“, fragte Veru.

„Vor neun Tagen. Die Wunde haben wir verbunden und unsere Schamanin hat ihr heilende Kräuter gegeben, am Anfang wurde es auch besser, aber seit drei Tagen wurde sie immer schwächer. Vorgestern fing sie dann an zu fantasieren, das Fieber kriegen wir kaum noch runter.“ Esmera rieb sich über ihre Arme, sie fürchtete, dass Felira den nächsten Tag nicht mehr überleben würde.

„Wir müssen sofort los.“, riss der Magier sie aus ihren düsteren Gedanken und starrte sie eindringlich an.

„Vielleicht kann ich ihr noch helfen, wir müssen uns aber beeilen.“ Ein kleiner Hoffnungsfunke entflammte in Esmera und sie sprang auf die Füße.
 

Ihre beiden Begleiter starrten Esmera vorwurfsvoll an, dann wanderte ihr Blick zu dem Magier. Der blonde Mann ignorierte den anderen Mann und die Frau, welche ihn mit finsteren Blicken durchbohrten.

„Wie lange brauchen wir zu ihr?“, fragte er stattdessen an Esmera gewandt.

„Wir sollten vor Sonnenaufgang ankommen.“

Die Schatten unter den Bäumen waren dunkler geworden, bald würde die Nacht herein brechen. Esmera beobachtete, wie Veru dem schwarzen Hengst beruhigend über den Hals strich und sich dann hoch in den Sattel zog.

„Wir werden die Nacht durchreiten müssen.“, grollte Krean, ein großer breitschultriger Mann mit hellbraunen langen Haaren und schwang sich ebenfalls in den Sattel seiner braunen Stute.

„Das habe ich mir leider schon gedacht.“, seufzte der Magier mehr zu sich selbst, als zu ihnen. Esmera war leicht überrascht, dass der junge Mann einfach so mit ihnen mitging und dass auch noch bei Nacht durch den Kamec Wald. Iryna hatte ihr wohl genau den richtigen Magier geschickt, einer der mutig genug war mit Fremden mit zu gehen, um einem kleinen Mädchen das Leben zu retten. Sie hoffte nur, dass es wirklich Mut war und nicht Dummheit, oder gar noch schlimmer: Wahnsinn!

Leora, eine mutige Kämpferin des Stammes und eine gute Freundin von Esmera, lenkte ihr Pferd hinter Veru. Ihre schwarzen Haare reichten ihr knapp über die Ohren und waren streng nach hinten gekämmt, die Nase in ihrem Gesicht saß leicht schief, gezeichnet von vielen Kämpfen und ihr markantes Gesicht war zu einer starren Maske gefroren. Sie würde ihm sofort den Kopf abtrennen, sollte er auch nur versuchen einem von ihnen etwas an zu tun.

Krean schob sich an die Spitze ihrer Gruppe, entzündete eine Fackel und lenkte die Stute auf den Weg.
 

Der Wald war düster und in vollkommene Dunkelheit getaucht. Einzig die Fackel in Kreans Hand wies ihnen einen Weg, ließ sie aber auch wie ein Großbrand auf einer Steppe auffallen. Am liebsten wäre Esmera in die Dunkelheit abgetaucht, konnte sie in ihr fast genauso gut sehen wie an helligtem Tag. Die Geschöpfe der Nacht beobachteten die Gruppe aus sicherer Entfernung, warteten nur auf eine Möglichkeit sich ihre Beute für diese Nacht zu sichern.

Die dunkelhaarige Frau fürchtete sich jedoch weder um ihr, noch um Kreans oder Leoras Leben, der Magier wäre jedoch eine einfache Beute. Gut möglich, dass er Magie wirken konnte, dennoch würde er die Gefahr nicht einmal kommen hören und Magie war auch nur begrenzt nutzbar.

„Fürchtest du dich nicht?“, flüsterte Esmera und beobachtete, wie Veru mit den Augen ihrer Stimme folgte.

„Ich würde lieber bei Tag reiten, aber auch bei Tag würde ich nicht so tief in den Wald eindringen wollen.“ Mit einem Lächeln bemerkte sie, dass er ihre Frage keineswegs beantwortet hatte.

„Könnt ihr nicht Licht schaffen, Magier?“, spukte ihm Krean entgegen. Der blonde Mann zuckte bei den grollenden Worten zusammen, spannte sich jedoch sofort wieder an.

„Ich könnte es, möchte aber lieber für nachher möglichst viel Magie zur Verfügung haben.“ Esmera drehte sich auf ihrem Sattel zu Leora um, welche ihr einen finsteren Blick zu warf. Wenigstens denkt er an Felira, bedeutete sie der Kriegerin.

Veru zog seinen Umhang enger um seinen Körper und die Kapuze tiefer ins Gesicht. Er fror. Die Luft hatte sich abgekühlt und langsam zog Nebel zwischen den Hufen der Pferde auf, dennoch spürte weder sie, noch die anderen beiden Clanmitglieder die Kälte, die in die Glieder des Magiers zog. Zu ihrem Glück war der Hengst des Magiers ein ruhiger Zeitgenosse, selbstsicher und mutig. Die wenigsten Pferde drangen so tief in die Dunkelheit des Waldes ein, aus gutem Grund! Wären sie nicht mit dem Magier unterwegs, so hätten sie schon in ein paar Stunden das Dorf erreicht. So jedoch mussten sie ihr übliches Tempo zügeln und wie Lämmchen durch ein Gebiet voller Jäger schleichen. Trotzdem war der blonde Mann ihre einzige Hoffnung das kleine Mädchen zu retten, auch wenn die Anderen ihr wahrscheinlich den Kopf abreißen würden. Ein leises Knacken in dem Geäst über ihnen lenkte ihre Aufmerksamkeit nach oben. Gelbe Augen starrten die Gruppe durch die Dunkelheit an, dann drang ein hohes Fiepen an ihre Ohren.

„RUNTER!“, rief dann auch schon Leora und die Augen stürzten in einem lauten Rauschen aus Federn auf die Gruppe zu, erschreckten die Pferde.

„EIN SKERAG!“, rief Esmera, als das Monster auch schon im nächsten Geäst verschwand um sich erneut auf ihre Gruppe zu stürzen. Krean schob sich zwischen sie und Veru und hielt die Fackel höher. Die Flammen tanzten über das Gesicht des Magiers, welches zu einer starren Maske gefroren war und tanzten an den dunklen Baumstämmen empor.

„Was war das?“, flüsterte Veru und seine hellen Augen richteten sich auf Esmera.

„Ein Skerag, Nachtgeier. Hinterhältige und böse Viecher. Sie jagen ihre Beute bei Nacht, Licht schmerzt sie. Außerdem kommen sie nie allein.“, erklärte Esmera und blickte sich suchend um.

„Was jetzt?“, fragte der blonde Mann und beobachtete ebenfalls die Äste über ihnen. Leora lenkte ihr Pferd näher an die Gruppe heran, ein Schwerte in der Hand.

„Dicht zusammen bleiben, diese Viecher fürchten sich vor Licht. Wenn es wenigstens nicht wolkig wäre, dann würde der Mondschein sie in Schach halten.“, knurrte die Kriegerin.

Über ihnen erscholl ein weiteres Fiepen, gefolgt von mehreren hohen Tönen, dann tauchten über ihnen viele gelbe Augenpaare auf.

„Scheiße.“, knurrte Krean und Esmera musste ihm zustimmen. Für sie drei wäre es kein großes Problem diesen Biestern zu entkommen, der Magier wäre jedoch leichte Beute und genau diesen brauchten sie dringend. Ihre Pferde kannten die Unebenheiten des Waldes, die Tücken der Wurzeln und wussten genau wie sie ihre Hufe aufsetzen mussten, außerdem waren Krean, Leora und sie wendig und schnell, würden somit bei einem Sturz glimpflich davonkommen. Der schwarze Hengst des Magiers kannte die Gegebenheiten des Waldes jedoch nicht, war nur den ebenen Boden der Steppe gewohnt und würde sich und seinen Reiter womöglich bei einer schnellen Flucht umbringen. Die Lage war äußerst verzwickt.

Das Fiepen nahm an Lautstärke zu, wurde nun vom Rascheln der Federn begleitet und lenkte Esmeras Aufmerksamkeit zurück auf die Skerag. Sie würden kämpfen müssen. Leora würde sich den Magier schnappen und ihn in Sicherheit bringen, während sie und Krean die Bestien in Schach hielten. Hastig stellte sie Blickkontakt zu den anderen Beiden her, welche kurz nickten – sie hatten verstanden. Dann knackten auch schon Äste, brachen unter dem Gewicht der massigen Leiber, welche sich in die Tiefe auf ihre Beute stürzten.

Auf einmal wurde ihre Umgebung in helles Licht getaucht, schälte die verkrüppelten Vogelleiber aus der Dunkelheit, welche panisch und schmerzerfüllt aufschrien, wild mit den Klauenbesetzen Flügeln schlug um sich zurück in die Dunkelheit zu flüchten. Überrascht suchte Esmera nach der Lichtquelle und fand sie über Kreans Kopf. Ein leuchtender Schmetterling schlug gemächlich mit seinen strahlenden Flügeln und erhellte die Umgebung so stark, dass Esmera bis hinauf in die Baumwipfel sehen konnte. Es dauerte einen kurzen Moment, dann wurde das Licht etwas schwächer, beschränkte sich darauf, ihre kleine Gruppe in einem schwachen Schein aus Licht zu tauchen. Leora starrte den Schmetterling ebenfalls an, dann blickte sie zu dem blonden Mann hinüber.

„Bist du das?“, fragte sie skeptisch, hielt das Schwert zum Angriff bereit, sollte sich der Schmetterling als gefährliches Monster heraus stellen. Als der Magier jedoch leicht nickte entspannte sie sich und ließ das Schwert sinken. Beeindruckt beobachtete die dunkelhaarige Frau das Geschöpf und sah dann von ihm zu dem Magier hinüber. Seine hell blauen Augen waren noch einen Ticken heller geworden, schienen sogar leicht zu strahlen.

„Magie?“, fragte Esmera neugierig.

„Ja, aber wir sollten trotzdem aufbrechen. Ich möchte nicht, dass wir auf einmal irgendwelche Viecher anziehen, die gerne im Licht jagen.“, feixte Veru und lenkte seinen Hengst zurück auf den Weg.
 

Keiner von ihnen hatte je Magie in einer sichtbaren Form gesehen, daher waren sie alle drei mehr als fasziniert von dem kleinen Schmetterling gewesen, welcher ihnen den ganzen Weg geleuchtet hatte. Leora und Krean hatten ihre Neugierde gut versteckt, aber Esmera hatte das Wesen mit offenem Interesse angestarrt. Irgendwann hatte der Schmetterling sich dann auf ihrer Schulter niedergelassen und zu ihrer Überraschung, war ein merkwürdiges Kribbeln von dieser Stelle ausgegangen. Veru hatte ihr erklärt, dass Magie oft ein Kribbeln hinterließ, sollte man mit ihrer reinen Form in Kontakt kommen. Krean hatte sie knurrend unterbrochen und daran erinnert, dass man, wenn man schon wie ein Leuchtfeuer aussah, nicht auch noch wie eine Armee klingen musste. Daraufhin hatten Esmera und der Magier geschwiegen.

Mittlerweile begrüßten die Vögel fröhlich den anbrechenden Morgen und durch die Baumwipfel drang sogar schon etwas Licht. Der Schmetterling hatte sie schon vor ein paar Stunden verlassen, hatte sich einfach in Luft aufgelöst. Seit knapp fünf Meilen wurden sie außerdem von den Spähern begleitet, was der Magier jedoch nicht bemerkte, dafür waren seine Sinne nicht fein genug. Seufzend strich Esmera sich eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr und wappnete sich mental gegen den Angriff der Ältesten der ihr bald bevorstehen würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Schatten_des_Lichts
2013-07-22T11:11:20+00:00 22.07.2013 13:11
Der Anfang der Geschichte gefällt mir bereits, denn er war locker, spannend und leicht verständlich. Das Magier so einen schlechten Ruf bei allen Nicht-Adligen haben, finde ich sehr interessant. Es wird bestimmt einigen Pepp in die Geschichte bringen, wenn man bedenkt wie viele Feinde Veru womöglich noch haben wird. Ich bin gespannt darauf wie du die Welt in der die Geschichte spielt lebt aufgebaut hast, von den verschiedenen Völkern bis zu den magischen Sprüchen.
Mal sehen ob er dem Mädchen helfen kann und vor allen Dingen wie?
Eine Sache ist mir aber aufgefallen: 'helligtem Tage'(S.2 Abs.3), so wird es zwar gesprochen, aber nicht geschrieben. Richtig wäre: helllichten Tage (Ja, mit den drei 'L' sieht das wirklich komisch aus, aber es ist richtig...)


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