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Dying dreams

ArMor/Feelings (5)
von

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Flesh of my soul

~Flesh of my soul~
 


 

Guileless son, I'll shape your belief

and you'll always know that your father's a thief

And you won't understand the cause of your grief

but you'll always follow the voices beneath
 

Guileless son, your spirit will hate her,

the flower who married my brother, the traitor

And you will expose his puppet behavior

for you were the proof of how he betrayed her
 

Hush, child, darkness will rise from the deep

and carry you down into sleep

Child, the darkness will rise from the deep

and carry you down into sleep
 

The child of my body, the flesh of my soul

died in returning the birthright he stole...
 


 

Denn eines Tages... werde ich es ihm sagen...
 

Schweißgebadet und mit jagendem Herzen erwachte ich, setzte mich mit einem Ruck auf.

Ich verspürte reißende, heftige Schmerzen. Dunkelheit umgab mich wie schwarze Schwingen, als ich schweratmend die Augen aufriss. Dräuende, unnahbare Dunkelheit. Das absolute Gegenteil von dem, was ich in meinen Träumen gesehen hatte.

Ich starrte in die Schatten der kleinen, irdenen Waldhütte, in die ich nach meiner Flucht zurückgekehrt war, und verspürte eine Enge im Hals und in der Brust jenseits von allem Erträglichen. Heftig presste ich eine Hand auf meinen schmerzenden Unterleib.

Dies passierte nicht zum ersten Mal. Und es würde auch nicht das letzte Mal sein. Doch es war das erste Mal seit Jahren, dass diese Pein den Schleier des gnädigen Vergessens komplett zerriss und mich allein und vollkommen unvorbereitet direkt im Angesicht einer noch viel schlimmeren, schmerzhafteren Erinnerung zurückließ, als es all die anderen jemals für mich sein konnten. Einer Erinnerung, die ich jahrelang und mit Hilfe eines Bannspruches erfolgreich und komplett in mir eingeschlossen hatte, nicht völlig vergessen, aber vollkommen verdrängt und durch den willkommenen Hass auf meinen Vater und Arthur überlagert. Der Zauber, den ich mir damals auferlegen ließ, um diese eine, schmerzvollste Erinnerung zu verdrängen, damit ich überhaupt lebensfähig blieb, versagte in dem Moment, in dem ich mich der Liebesnacht mit Arthur Pendragon erinnerte, so intensiv, als sei es erst gestern gewesen, so deutlich, als könne ich noch immer seine Wärme auf meiner Haut spüren und seine Stimme in meinem Ohr hören, die sanft meinen Namen flüsterte...

Jener Schmerz, der meinem Leib nun schon so lange innewohnte, beinahe ein ebensolch starker und beharrlicher Gefährte, wie meine enttäuschten, verletzten und verbitterten Gefühle, jener Schmerz war so konkret, so entsetzlich dieses Mal, dass er diese schrecklichste, verloren geglaubte Erinnerung mit einem Schlag wieder zurückbrachte, jetzt, hier und derart heftig, dass ich für einen Moment Angst hatte, es wäre wieder damals, es wäre wieder jene sturmdurchpeitschte Nacht in einer Waldhütte, in der ich mich dazu entschlossen hatte, das erste Mal in meinem Leben zu töten, ein Leben zu nehmen. Ein Leben, das meinem Schutz ausgeliefert war. Ein Leben... das wir... Arthur und ich...

NEIN! Nicht daran denken! Verdränge es, du kannst es! Du hast es Jahre lang getan! Niemand darf es je erfahren. Du darfst dem nicht nachgeben, Morgana! Tust du es, bist du verloren.

Und mit einer gewaltigen, seelenzerreißenden Anstrengung gelang es mir, diese quälende Wahrheit einmal mehr und für den Moment in die Schatten meiner inneren Dunkelheit zurückzudrängen. Ganz, ganz langsam, während ich zitternd ein und ausatmete. Doch ich spürte, dass sie, einmal zugelassen, nun zurückkommen, mich wieder heimsuchen würde, und dass meine Schuld mich zwangsläufig eines Tages einholen musste. Und dieses Mal endgültig. Ich schloss die Augen, während sich unter meinen Lidern heiße, lange zurückgehaltene Tränen sammelten. Doch sie fielen nicht. Auch jetzt nicht.
 

Ja…

Es waren nur Träume gewesen, in denen ich in meiner Ohnmacht geweilt hatte. Erinnerungen, die mich immer und immer wieder in dieser Form heimsuchten, als würden sie mir ins Gesicht lachen.

Es war so viel geschehen. So unendlich viel. Und an Vielem davon trug ich selbst schuld.

Seit Arthurs und meinem Zusammentreffen nach mehreren langen Monaten waren erst einige Tage vergangen und das war wahrscheinlich auch der Grund dafür, warum mir sein Gesicht wieder so präsent war und all diese qualvollen Erinnerungen in mir wieder an die Oberfläche traten, die ich so erfolgreich verdrängt hatte.

"Was ist mit dir geschehen, Morgana? Ich dachte, wir seien Freunde..."
 

Freunde... Wenn er wüsste...

Und wieder durchbohrte mich der Schmerz wie eine glühende Klinge. Ich krümmte mich. Doch ich zwang mich an etwas anderes zu denken, zwang meinen Geist, die selbstzerstörerischste Erinnerung in mir zu ignorieren. Zumindest für den Augenblick. Nur einen kleinen, gnädigen Augenblick länger...
 

Ja, ich hatte mir mein Exil damals selbst gewählt. Der Weg, den ich beschritten hatte, war allein meine Wahl gewesen. Alles was geschehen war, war meine eigene Schuld.

Und ich kehrte fast erleichtert zurück zu jenem Gedanken, der mich beinahe ebenso quälte, wie die Erinnerung an meine Tat in jener lange zurückliegenden, einsamen und schmerzvollen Gewitternacht, in der ich zum ersten Mal getötet hatte...: Arthur.

Arthur.

Wie sehr ich diesen Namen doch hasste. Und zugleich auch liebte.

Meine Verbitterung war grenzenlos. Und ich verlor mich in ihr - nur allzu gern, wie mir nun erneut schmerzhaft bewusst wurde. Einer der Gründe dafür, dass ich so heftig an jenem Zwist mit den Pendragons festhielt war jener, dass ich auf diese Weise nicht viel über mich selbst nachzudenken brauchte, dass er mich ablenkte. Die meiste Zeit war mir das nicht einmal bewusst. Einfach, weil ich mich weigerte intensiver über meine eigene Vergangenheit nachzudenken. Aber dies war nur einer der Gründe.

Denn Arthur selbst lieferte den viel wichtigeren: Er liebte mich nicht mehr, wie er es einst geschworen hatte. Auch damals schon nicht mehr.

So war ich Morgause gefolgt, fort von Camelot und allem, was mir etwas bedeutete, weil ich Arthur nichts mehr bedeutet hatte: Nicht mehr als Frau und nicht mehr als Geliebte... Von Morgause… war ich geliebt worden. Zumindest bildete ich mir dies ein. Sie hatte mich benutzt, ja, doch sie hatte mich auch geachtet, als Schwester und als Freundin. Sie achtete meine Magie, mehr noch, sie akzeptierte sie. Und wer in Camelot hätte dies je getan?
 

Heute blicke ich zurück und frage mich, ob alles anders gekommen wäre, wenn ich mich nicht zu Morgause, meiner Schwester, hingezogen gefühlt hätte, wenn ich nicht auf sie gehört hätte. Doch ich war seinerzeit einfach nicht in der Verfassung gewesen, jemandes Zuneigung zurückzuweisen, ganz gleich aus welchen Gründen sie mir offeriert wurde. Ich verachtete mich derart selbst, war so mit mir selbst beschäftigt, dass ich jedwede Zuwendung, die mir entgegengebracht wurde, nicht beurteilen konnte. Ich fühlte mich allein und ungeliebt. Dies völlig unabhängig davon, dass ich es gewesen war, die mit dir gebrochen hatte, Arthur. Es war dennoch so. Ich sah meine Liebe unerfüllt und mich selbst immer weiter hinter dir, meinem Stiefbruder, zurückbleiben, der auf seinem Weg zum Königtum große Fortschritte machte. Fortschritte, die ich mit gemischten Gefühlen betrachtete. Ich liebte dich. Oh, Arthur, ich habe dich so unendlich geliebt. Doch zugleich vermisste ich dich so sehr, dass ich begann, deine Nähe zu verfluchen. Das, was mir Trost und Halt gegeben hatte in den Jahren nach unserer Trennung, begann mich nun auszuhöhlen und zu zermürben - vor allem je mehr mir deine Zuneigung zu Guinevere bewusst wurde...

Was nutzte mir die Nähe zu dir, wenn ich dich doch nur von mir fortdriften sah? Wenn es dich vor lauter Einsamkeit, die auch du verspüren musstest, in die Arme einer anderen Frau trieb?

Im Gegensatz zu mir warst du immer schwach gewesen, was solche Dinge anging.

Du konntest nie lange allein sein.

Was ich nicht bedacht hatte und vollkommen ignorierte, zu dieser Zeit: Ich ebenso wenig. Ich dachte ich sei stärker als du. Schon allein, weil ich den Schritt getan hatte, zu dem du nicht fähig gewesen warst: Mich von dir zu lösen zum Wohle deiner Zukunft. Ich hatte mich für stark gehalten, als ich die Folgen unserer gemeinsamen Nacht dir zuliebe schweigend allein getragen hatte, die Entscheidung, dich damit nicht zu behelligen, selbst getroffen hatte. Wie naiv ich doch gewesen war. Das, wozu die unerfüllbare Liebe zu dir mich getrieben hatte, wurde zur schmerzhaftesten Erfahrung, die ich jemals hatte machen müssen. Der Bruch mit dir, Arthur, trieb mich dazu, auch mit dem Leben zu brechen und das zu zerstören, was wir beide...
 

Und hier unterbrach ich meinen Gedankenfluss erneut rigoros. Täte ich es nicht, würde ich wahrscheinlich den Verstand verlieren. Denn dies war tatsächlich der Dreh- und Angelpunkt all meinen Leidens, all meiner Qual.

Dies und natürlich und allem voran auch Arthur selbst, aber auch das, was ich getan hatte, wozu er mich getrieben hatte. Wozu er mich erst fähig gemacht hatte.

Ohne meinen Willen kehrten meine Gedanken doch wieder zurück zu jenem wundesten Punkt in mir. Es war, als würde ich nun, wo der Bann gebrochen und die Tür zur Vergangenheit einmal aufgestoßen war, und je heftiger ich versuchte mich von der Erinnerung zu lösen, nur um so stärker von ihr angezogen. Ich verlor den Kampf. Wahrscheinlich auch auf lange Sicht. Zu lange hatte ich es verdrängt. Zu lange komplett vor mir selbst verleugnet. Ich konnte nicht fliehen. Ich konnte es nicht ungeschehen machen, so gern ich es auch täte. Denn ich selbst war in den folgenden Monaten nach Arthurs und meiner gemeinsamen Nacht damals zur Verräterin an unserer Liebe geworden. Ich selbst war zur Mörderin geworden... Und das konnte ich einfach nicht ertragen. Was ich getan hatte, war unentschuldbar, es veränderte mein Leben völlig. Und alles was danach kam rührte wahrscheinlich einzig daher, dass ich vernichtete, was Arthur und ich erschaffen hatten - um sämtliche Verbindungen zu dem jungen Thronerben, seien sie nun gefühlsmäßig oder konkret körperlicher Natur, zu trennen.

Ich würde ihm niemals verzeihen.

Und ich konnte mir selbst nicht vergeben. Niemals wieder. Ich schreckte vor mir selbst zurück, vor dem, was ich im Begriff war zu werden, und vor dem, was ich aus Verbitterung und Verzweiflung heraus getan hatte. Doch ich hatte auch nicht mehr die Kraft, den Lauf der Dinge noch aufzuhalten.

Ich konnte nicht atmen, nicht denken, wenn meine Erinnerungen an jenem dunkelsten Punkt meiner Vergangenheit anlangten. Alles war wieder da. All die Empfindungen von damals:

Die nackte Panik, als ich seinerzeit feststellte, dass ein Kind in mir heranwuchs. Ein Kind der Liebe, das dennoch nicht sein durfte. Ein armes, kleines, hilfloses Wesen, das nichts dafür konnte, wie und warum es erschaffen worden war...

Die völlig übereilte und kurzentschlossene Entscheidung, diesem Leben in mir ein Ende zu bereiten, ganz gleich was es kostete, ganz gleich auf welche Art und Weise, denn es erinnerte mich Tag um Tag an etwas, das ich niemals haben durfte, an einen Schmerz und einen Verlust, der bis dato alles übertraf, was ich jemals empfunden hatte...

Jene einsame, stürmische Nacht, in der ich das Kind aus mir herausschneiden ließ, es zuließ, das eine alte Druidin mit Hilfe dunkelster, verbotener Magie das Leben in mir zum Erlöschen brachte, noch bevor es überhaupt die Gelegenheit haben konnte das Licht der Welt zu erblicken...

Und die tiefe Depression, die in den Wochen danach mehr und mehr von mir Besitz ergriff als ich merkte, als mir bewusst, wirklich bewusst wurde, was ich da getan hatte...

Verzweifelt zog ich die schwarze Decke des Vergessens über meine unendlich große Schuld, verbarg mein hässliches Selbst darunter. Noch unerfahren in der Magie, hilflos und vollkommen am Ende meiner Kräfte wandte ich mich erneut an jene alte Eremitin und bat um einen Zauber, der mir partiell die Erinnerungen nehmen sollte, weil ich mit einer derartigen Schuld einfach nicht mehr weiterleben konnte. Die Druidin half mir auch hier. Allerdings sagte sie damals, dass ihr Wirken einen Preis fordern würde, wenn die Zeit gekommen sei. Ihre kryptischen Worte machten mir Angst. Aber in meiner Verzweiflung ignorierte ich die warnende Stimme in mir und ließ zu, dass sie den Zauber bei mir anwandte. Es funktionierte. Wenn ich auch niemals vollkommen vergaß, so war es mir doch möglich, die Erinnerung an meine Tat erfolgreich in mir zu unterdrücken. Ich kehrte meinen offensichtlichen Zorn gegen die Pendragons und deren Verbannung der Magie hervor, trug ihn wie einen Schutzschild vor mir her, und schob sämtliche Schuld Uther und auch Arthur zu. Ich musste es tun. Ich wäre an der eigenen Schuld zerbrochen, wenn ich sie nicht zusätzlich, und teilweise tatsächlich auch zurecht, bei anderen gesucht hätte. Denn ich wäre niemals der Mensch geworden, der ich nun war, wären sie nicht gewesen:

Uther, der mich niemals anerkannt hätte, weder als Magierin, noch als Arthurs Frau.

Arthur, der um mich hatte kämpfen wollen.

Der mich niemals hatte aufgeben wollen, wie er sagte.

Und der es dennoch getan hatte...
 

Ich legte beide Hände auf meinen Unterleib und weinte stumme, hilflose und trockene Tränen. Diese Trauer saß längst zu tief, um Tränen wirklich noch zulassen zu können. Mein Körper war in dieser Beziehung starr und stumm geworden. Genau so, wie er auch niemals wieder Leben würde hervorbringen können. Dies war der Preis, den ich zu zahlen hatte...
 

Mein armer, kleiner Schatz. Mein Leben. Mein Sohn...

Was habe ich nur getan?

Was hat ER getan?

Er verdient es zu leiden.

So wie ich, so wie auch wir gelitten haben.

Still, mein Kind, weine nicht.

Ich bin bei dir. Schon bald werden wir bei dir sein...
 

Mich fror. Da ich mich noch immer auf dem kalten Steinboden in meiner kleinen Waldhütte befand, dort, wo ich vorhin neben dem Tisch zusammengebrochen war, war dies auch kein Wunder. Doch ich ignorierte die Kälte.

In der Stille wiegte ich mich langsam vor und zurück, summte leise und beinahe unbewusst eine alte, keltische Weise, die mein wahrer Vater, Gorlois, mich noch gelehrt hatte, und gewann nun unendlich langsam, ganz langsam meinen klaren Verstand zurück, drängte die Raserei und den Wahnsinn, die unweigerlich mit dem Gedanken an mein totes, ungeborenes Kind einhergingen, in jene dunkelsten Ecken meiner Seele zurück. Es dauerte lange. Es würde jedes Mal ein wenig länger dauern, das wusste ich einfach. Und einen Moment lang glaubte ich, es wäre besser gewesen loszulassen, mich in den Gedanken an das, was hätte sein können, zu verlieren und loszulassen. Doch die aufkommende Kälte holte mich zurück auf den Boden der Tatsachen. Auch sie konnte nicht ändern, dass diese schmerzhafteste aller Erinnerungen nun offen und blutend erneut in mir brach lag, um wahrscheinlich für immer zu bleiben. Doch sie erdete mich, jetzt und hier, und leitete meine Gedanken in andere Bahnen.
 

Ich hob langsam den Kopf. In der Dunkelheit traf ich die Entscheidung, den Gedanken an mein Kind zumindest oberflächlich loszulassen, mich auf die Wut zu konzentrieren, die mich noch leben und vorangehen ließ.

Ich verschloss meine Schuld und das, was Arthur und ich geschaffen hatten, das einzige, was jemals gut und richtig gewesen war in meinem Leben, vor meinem bewussten Denken und atmete tief durch.

Ein Grund mehr, nach vorn zu sehen.

Ein Grund mehr Arthurs Tod zu fordern.
 

Denn eines Tages, Arthur, eines Tages wirst du von mir erfahren, was hätte sein können - und es wird wie eine Waffe in meiner Hand sein, die dir den Todesstoß versetzt. Du wirst nicht mehr lange genug leben, um auch nur eine Träne weinen zu können. Dies werde ich niemals zulassen. Du hast kein Recht um ein Kind zu trauern, dass du niemals als das deine anerkannt hättest, das du niemals gewollt hast. So wie du und dein Vater auch mich niemals gewollt habt.
 

Oh, Arthur... Könnte ich dich dafür doch nur hassen, einfach nur hassen. Warum... muss ich dich noch immer und wider jede Vernunft so sehr lieben, das es mich nur zerstören kann, das, was noch von mir übrig ist... Und jetzt... verhöhnst du meine Gefühle auch noch...
 

Freunde...

Du dachtest, wir seien FREUNDE... Du hast keine Ahnung...
 

Zitternd stieß ich die Luft, die ich unbewusst angehalten hatte, durch meine bebenden Lippen aus und straffte die Schultern.

Ja... Die Jahre nach meinem Bruch mit Arthur. Morgause...

Meine Gedanken kehrten zurück zu jener Zeit damals.

Es mochte auf Arthur seinerzeit wie Stärke gewirkt haben, dass ich ihn gehen ließ. Doch in Wahrheit wurde ich immer verbitterter. Einsamer. Ich liebte verzweifelt, hoffte in irgendeiner Geste von seiner Seite zu erkennen, zu sehen, dass dies auch bei ihm noch der Fall war, ganz gleich was kommen mochte, ganz gleich welche Frau in Zukunft an seiner Seite sein würde. Doch entweder ließ er derlei Gefühle einfach nicht mehr an sich heran, um dem damit verbundenen Schmerz zu entgehen, ignorierte es einfach - oder aber er fühlte bereits nichts mehr für mich. Nichts anderes, als diese... Freundschaft...

Der letzte Gedanke tat so weh, so entsetzlich weh, dass ich mich damals nur noch weiter in mich selbst zurückzog.
 

Und hier war es Morgause gewesen, die mich auffing. Meine Schwester kam an den Hof unmittelbar nachdem ich mich von der unkonventionellen und sehr schmerzhaften Abtreibung meines Kindes zumindest körperlich erholt hatte. Sie war da, nahm und akzeptierte mich so, wie ich nun einmal war. Hinzu kam, dass ich mir damals meiner eigenen magischen Fähigkeiten mehr und mehr bewusst wurde und niemanden hatte, dem ich mich mitteilen konnte. Niemanden - in einer Welt, in der ein König regierte, der die Magie und alles was damit verbunden war hasste und verurteilte. Arthur... war da der letzte Mensch, dem ich mich anvertrauen konnte. Ich konnte ihn nicht diesem Gewissenskonflikt gegenüber Uther aussetzen, mein Geheimnis mit mir gemeinsam zu tragen. Und sonst konnte ich es auch niemandem erzählen. Denn niemandem sonst vertraute ich so sehr wie Arthur.

Gwen vielleicht noch, ja. Aber das ließ mehr und mehr nach - in dem Maße, in dem sie sich Arthur annäherte. Es war mir nicht möglich ihre Nähe noch länger zu ertragen. Beißende, hässliche Eifersucht fand schon damals Einzug in mich, keimte und begann zu erblühen, wie ein Unkraut, dessen man nicht Herr werden konnte.
 

Ich habe keinerlei Entschuldigung für mein Handeln. Ich entschied mich instinktiv für Morgause. Diese wunderbare, machtvolle Frau, die mir völlig neue Wege in der Magie und im Leben an sich eröffnete, als ich mich schon in einer emotionalen Sackgasse festsitzen sah. Und als ich von Merlin vergiftet wurde, als ich merkte, dass ich der Katalysator für Morgauses Magie und Machenschaften in ihrem Feldzug gegen Uther und dich, Arthur, war, da war es bereits viel zu spät um noch umzukehren, viel zu spät noch einen Rückzug anzutreten. Und dass Merlin mich vergiftet hatte gab den Ausschlag. Ich dachte, wir seien Freunde gewesen. Und doch nahm er meinen Tod willentlich in Kauf, um den Zauber von Morgause zu bannen. Ich hasste ihn nicht. Obwohl ich das damals zunächst dachte. Aber ich war so abgrundtief verzweifelt, wie nie zuvor in meinem Leben - fand ich doch heraus, dass mich alle getäuscht hatten, dass mich niemand um meiner selbst willen mochte oder liebte, und dass ich wahrhaftig allein da stand.

Merlin hatte mich verraten.

Gwen hatte ich an dich verloren und konnte mich ihr niemals mehr öffnen.

Uther würde niemals akzeptieren, was und wer ich wirklich war.

Und du, Arthur.... Du hattest verleugnet, was wir teilten, hattest begonnen eine andere zu begehren und mich zu vergessen.
 

Ein Schauer überlief meinen klammen Leib. Eisige Kälte ließ die Taubheit in meinen Gliedern zunehmen und begann mich von innen heraus zu lähmen. Ich griff, noch immer am Boden kauernd, hinauf zur Tischkante und zog mich langsam, mühevoll, wieder auf die Beine. Ich schwankte leicht, blieb kurz mit geschlossenen Augen stehen.

Es kam nun immer häufiger vor, dass mich diese Schwäche heimsuchte. Im selben Maße, in dem ich die Magie mehr und mehr anwandte. Ich wollte es nicht wirklich wahrhaben, aber es schien tatsächlich so zu sein, dass die Magie ihren Tribut forderte. Vor allem jene Magie, der ich mich verschrieben hatte. Doch es war ganz gleich. Alles war gleich. Ich musste lediglich dafür sorgen, dass ich noch so lange lebte, bis ich Arthur ein letztes Mal konfrontieren konnte. Alles andere… war nicht wichtig.

Langsam drehte ich mich herum und ging schließlich zu meiner Schlafstatt hinüber, einer einfachen Liege mit Fellen und Decken, ließ mich schwer darauf nieder. Ich vergrub das Gesicht in meinen Händen. Auf dem kleinen Schemel neben meinem Bett befand sich eine Kerze, doch ich machte mir nicht die Mühe sie anzuzünden. Das Licht, so wusste ich, würde mich ohnehin nur in den Augen schmerzen. Und so blieb ich still und regungslos in der Dunkelheit sitzen, bis sich schließlich nun doch ein tiefes, hartes Schluchzen meiner Kehle entrang. Ich sank nach vorn, krümmte mich, schlang die Arme um meinen Leib und bewegte mich langsam vor und zurück. Die Welle der Verzweiflung spülte erneut über mich hinweg, bis ich kraftlos auf die Liege sank. Und mit weit aufgerissenen Augen starrte ich in die diffuse Dunkelheit, nahm nichts mehr wahr, außer meinen Gedanken, diesen immerwährenden, niemals ruhenden, erbarmungslos dahin jagenden Gedanken.
 

Morgause benutzte mich. Ich wusste dies schon damals. Doch ich nahm es in Kauf. Ich dachte, wir könnten gemeinsam etwas erreichen. Ich wollte nicht sehen, dass auch sie willentlich mein Opfer in Kauf genommen hätte.

Heute weiß ich, dass es töricht war in ihr etwas zu sehen, das es nicht gab. Auch sie war nur auf Rache aus gewesen. Auch sie hatte nicht mich, sondern das Mündel Uthers in mir gesehen, einen Menschen, über den sie an den verhassten Feind herankommen konnte. Und ich, in meiner Verbitterung und Einsamkeit, zurückgewiesen, verletzt, vergiftet und allein gelassen, nahm dies in Kauf. Es war mir gleich. Illusion oder nicht: Morgause kümmerte sich um mich, bemühte sich um mich, gab mir eine Richtung, ein Ziel. Und ich folgte bereitwillig aus meinem Schmerz heraus zu meiner Befreiung. Wie außerordentlich ironisch, dass diese „Befreiung“ nur in Einsamkeit mündete.

Doch ich... war im Grunde selbst schuld an meiner Einsamkeit.

Hätte ich dir gegenüber nachgegeben, Arthur... Hätte ich dich in jenem einen, zeitlosen Moment nach jener Nacht nicht zurückgewiesen, deinen Antrag angenommen immer an deiner Seite zu bleiben, als deine Frau, als deine Geliebte, dann wäre ich vielleicht niemals in die Lage gekommen, jemandem wie Morgause Vertrauen zu schenken - oder gar zur Mörderin an unserem Kind zu werden. Doch es war nicht möglich gewesen. Denn damals... ja damals hatte ich Stärke bewiesen. Ich war ja so unendlich und bewundernswert stark und über diese Tatsache sogar auch noch stolz gewesen. Denn ich hatte dich freigegeben. Es war besser für den König, der du sein würdest. Ganz zu schweigen von Uthers Zorn, den wir auf uns gezogen hätten.

Ja, damals war ich stark gewesen, stark genug, mich selbst ins sichere Verderben zu stoßen, mich ganz bewusst zur Einsamkeit zu verdammen. Denn ich wusste genau: Ich würde niemals in meinem Leben jemand anderen lieben können, so wie ich dich liebte.

Während du... Es war unumgänglich, was späterhin geschah: Die Beziehung zu Guinevere, sie an deiner Seite, jetzt und auch in Zukunft... Und ich in den Schatten.

Zu dem Zeitpunkt wusste niemand mehr um mein Opfer,

niemand mehr um meine Qual.

Ja, es ist deine Pflicht als König, zu lieben, Arthur: Dein Volk, dein Land, deine Ritter, deine zukünftige Königin. Nur nicht mich. Nicht mehr mich...
 

Der Schritt von Liebe zu Hass war so leicht, so schnell und lautlos vonstattengegangen, dass ich mir dessen nicht einmal wirklich bewusst gewesen war, bis zu jenem Tag, an dem meine Schwester starb, an dem ich sie auf ihren Wunsch hin geopfert hatte. Bis zu jenem Tag, wo ich endgültig allein war auf der Welt. Nicht einmal den Tod unseres Kindes hatte ich Arthur bis zu jenem Zeitpunkt wirklich bewusst vorgeworfen. Die Schuld lag allein bei mir - und damals war ich noch stark genug, das tief in mir auch so zu sehen und nicht anders. Damals, als ich noch Morgause an meiner Seite hatte - die im Übrigen niemals etwas von meiner Schwangerschaft erfuhr. (Niemand hatte bei Hofe auch nur geahnt, dass meine ständigen Schlaf- und Ess-Störungen, unter denen ich ja bereits litt, seit ich Uthers Mündel geworden war, mit einer Schwangerschaft zusammenhängen könnten...) Doch nachdem meine Schwester mich verlassen hatte... änderte sich mein Leben abermals unwiderruflich. Dort, in der Einsamkeit, wuchsen mein Zorn, meine Enttäuschung und all mein Hass wie ein Geschwür heran. Etwas, von dem ich sehr wohl wusste, dass es nicht gut sein konnte, nicht gut für die Frau, die ich einmal gewesen war, dem ich mich jedoch auch nicht entziehen konnte, war es doch mein einziger Halt, mein Schutz, um nicht endgültig zusammenzubrechen unter der Last, unter all dem Schmerz des Verlustes.
 

Arthur…
 

Ich erinnerte mich plötzlich wieder.

Heute… war sein Hochzeitstag.
 

Ich starrte in die Dunkelheit, zählte im Stillen die Schläge meines Herzens, bemühte mich ganz bewusst, ruhig weiter zu atmen. Die Erde, die Luft, Elemente, denen ich hier, tief im Herzen des Waldes, so nah wie niemals zuvor sein konnte, gaben mir Kraft. Und so besiegte ich auch diese Welle der Verzweiflung, kämpfte sie rücksichtslos in mir zurück. Es tat weh. Und es würde nicht die letzte Welle sein. Doch meine Gedanken drifteten weiter.

Ein Drache… ein Drache war es, der mir das Leben gerettet hatte. Vielmehr der Atem des Drachen. So viel hatte ich noch mitbekommen, als ich vor einigen Tagen verwundet, blutend und innerlich vollkommen zerschlagen auf dem Waldboden lag, nach meiner Flucht vor Arthur. Aithusa… Der Name war wie ein Widerhall in meinem Geist aufgetaucht, sobald ich des fantastischen Wesens ansichtig geworden war. Ich wunderte mich nicht. In einer Welt der Magie war auch ein solches Wesen und die Hilfe eines solchen denkbar. Doch warum ich? Warum jetzt?

Wäre ich doch gestorben.

Ich sah kaum einen Sinn in meinem weiteren Leben.

Doch es war so, als wäre diese kleine, so wichtige Geste, die mir der junge Drache erwiesen hatte, wie ein Aufruf nicht aufzugeben.

Und ich hatte Pläne.
 

Ich würde Arthur Pendragon töten. Jenes Kind, dessen Hand ich in meiner gespürt hatte. Jenen jungen Heißsporn, der mir meine ersten Küsse geraubt hatte. Jenen Mann, der eins mit mir gewesen war, der mit mir gemeinsam ein Leben erschaffen und es zur Verdammnis verurteilt hatte, und der der Erinnerung an uns ins Gesicht spuckte, indem er sich heute eine andere als Braut nahm.

Es war nicht wichtig, dass er keine Wahl gehabt hatte als König.

Es war auch nicht wichtig, dass ich ihm damals, nach jener einen, schicksalhaften Nacht, in der wir uns für ein ganzes Leben geliebt hatten, sagte, dass ich ihn gehen lassen müsse, damit er der König werden konnte, der ihm bestimmt war zu sein. Ich war so naiv gewesen zu glauben, dass ich damit leben könnte.

Ich konnte es nicht.

Ich hatte es niemals gekonnt.

Das Band, was wir in jener Nacht geknüpft hatten war zu stark, zu fest, um es noch lösen zu können.

All meine Kraft… dahin. Ich hatte mir selbst etwas vorgemacht.
 

Meine Gedanken rotierten. Ich vermochte es nicht sie aufzuhalten. Wieder und wieder kreisten sie um jene Dinge, die mich am meisten schmerzten. Ich wimmerte vor Pein.

Jahre lang hatten Arthur und ich nach jener einen, schicksalhaften Liebesnacht unter eingeübten Masken nebeneinander hingelebt - er sogar völlig ahnungslos, dass ich in den folgenden Wochen noch so viel mehr durchmachte als er. Und irgendwann hatte ich bemerkt, wie sehr es ihm gefiel in Guineveres Nähe zu sein… Die unkomplizierte, alles bejahende Guinevere… Dieses… kleine, unbedarfte Mädchen… Jene Frau, die einmal meine Freundin, meine Dienerin gewesen war. Und SIE sollte nun Königin werden? Die Mutter seiner Kinder?!

Ein Recht, das mir verwehrt blieb – mit oder ohne Arthur an meiner Seite. Ich hatte genauso ein Anrecht auf den Thron wie er, das ließ sich nicht von der Hand weisen. Doch diese… kleine… Tochter eines Schmieds… hatte überhaupt kein Recht Königin zu sein. Sie hatte kein Recht seine Liebe zu empfangen.

Diese Liebe, von der er mir geschworen hatte, dass sie nur mir vorbehalten sei.

Wie hatte es nur so weit kommen können? Wie hatte sich Arthur in sie verlieben können?
 

Er hatte damals gesagt er würde nur mich lieben, ganz gleich was die Zukunft bringen würde. Konnte ich ihm dies denn glauben? Ich hatte gesehen, wie er sie ansah. Und noch im Nachhinein versetzte es mir einen Stich.

Ich hatte es heruntergespielt. Vor allen anderen und vor allem vor mir selbst hatte ich es heruntergespielt, ja beinahe genossen, sie beide in unangenehme Situationen zu bringen und sie sogar vor Uther bloßzustellen. Was war nur aus mir geworden, fragte ich mich damals, als ich Uther unter einem Vorwand dazu gebracht hatte, seinen Sohn mit Gwen im Wald bei einem Stelldichein zu überraschen, das auch noch ich in die Wege geleitet hatte?

Eine rachsüchtige, eifersüchtige Frau.

Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.

Und der innere Zorn, der in mir wütete, wurde mit jedem Tag größer, die Wut auf Arthurs Unfähigkeit, mir zu vermitteln, dass er mich noch immer so sehr liebte, wie er es versprochen hatte, obwohl er einer anderen den Hof machte, quälte mich, ließ mich verbitterter werden und mich in mich selbst zurückziehen. Zu jenem Zeitpunkt hatte ich längst die Weichen für meine Zukunft gestellt. Zu jenem Zeitpunkt, war ich bereits auf dem Weg in die Dunkelheit und zur Macht einer Hohepriesterin des alten Glaubens, geebnet durch den einen Schritt, der mich zu einer Mörderin gemacht hatte. Alles andere... wog nicht annähernd so schwer, konnte mich nicht annähernd so berühren, wie es diese eine, schreckliche Nacht des Todes getan hatte. Und doch konzentrierte ich mich mehr und mehr auf den Hass, der in mir aufkam, wenn ich Arthur auch nur in der Nähe Guineveres sah. Dieser Schmerz war offensichtlicher und leichter zu ertragen, als jener, den ich meiner eigenen und Arthurs Schuld zuschrieb - und er löste befreiende, weißglühende Wut in mir aus. Wie konnten sie nur... Wie konnten sie so glücklich sein, wie konnte er es sein, während ich Höllenqualen litt?

Ja, er hatte versprochen niemals jemanden so sehr zu lieben, wie er mich geliebt hatte. Doch ich sah und fühlte es nicht mehr, während ich mit jedem Herzschlag meine unerfüllte, unerreichbare Liebe für ihn blutete und sie in grenzenlosem, alles verschleierndem Hass ertränkte.
 

Der Schrei in meiner Seele wurde lauter, verbitterter, meine Stärke... schwand. Ich glaubte in der Magie einen Ersatz dafür zu finden, dass die aus ihr resultierende Macht genügen würde, um die Einsamkeit zu lindern, um zu vergessen. Doch das Gegenteil war der Fall. Denn die Magie trieb mich nur noch weiter von allem fort.

Innerlich weinte ich. Oder ich tobte vor Wut. Eines von beidem war immer der Fall seinerzeit. Und so ließ ich es zu, dass Morgause mich führte und leitete, dass sie mich fortdrängte von Arthur, von Camelot, von allem was mir lieb war und das mich doch so quälte. Der Schritt war nicht mehr allzu groß gewesen.

Morgause gab mir die Kraft, aus meiner verzweifelten, unerfüllten Liebe wirklichen Hass werden zu lassen, nicht mehr nur einen Vorwand um zu vergessen, sondern einen Hass, der mich am Leben erhielt, der mich stärker machte und stützte und der mir Halt gab in der Zeit nachdem sie gestorben war.

Und während Arthurs Gefühle zu Gwen immer mehr wuchsen, sein Königreich nach Uthers Tod zu blühen begann, begann meine Seele immer mehr zu verkümmern, und jene Sommertage von damals, jenes unbeschwerte Lachen von ihm, das ich niemals hatte missen wollen, waren mir so fern wie nie zuvor. Und je mehr ich mich in diesen Gedanken und Gefühlen, in mir selbst verlor, desto mehr verabscheute ich, was ich einst so liebte.

Das was mich getröstet hatte begann ich zu verdammen. Denn es tat nur noch weh.

Die Erinnerung seiner kleinen Hand in meiner.

Die Erinnerung an seine Worte und Berührungen.

Die Erinnerung an das, was wir geteilt hatten. Ein einziges Mal.
 

Ich wusste um diese Dinge. Mir war völlig klar, warum ich mich nun in dieser Lage befand, woher meine Gefühle kamen. Doch für mich... gab es keinen Weg mehr zurück. Den hatte es schon damals und von jenem Moment an nicht mehr gegeben, als Arthur und ich uns liebten. Nein, es gab kein Zurück. Er hatte es mir angeboten. Vor einigen Tagen, als wir uns gegenüberstanden, hatte er es mir angeboten. Ich hätte mit ihm kommen, um Vergebung bitten können. Doch ich war einfach nicht stark genug, eine andere Frau an seiner Seite Königin werden zu sehen. Eine Frau, die sein Kind würde austragen dürfen - ohne Angst vor der Zukunft. Und dann auch noch diese Frau. Die ich einst so gut kannte. Der ich vertraut hatte.
 

Vielleicht war es auch das, was mich unter anderem so quälte.

Ich liebte Guinevere. Ich hatte sie wirklich geliebt. Sie war einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben gewesen. Doch jetzt… Jetzt… schmerzte es nur umso mehr sie an Arthurs Seite zu sehen, gerade weil sie mir so viel bedeutet hatte. Sie, die jetzt all das mit Arthur teilen würde, was ich…
 

Ich spürte nun wirklich lautlose Tränen meine Wangen hinab rinnen. Die Zeit der Verdrängung, des Zurückhaltens, war tatsächlich und endgültig vorbei.

Das Licht, das durch die schmalen Spalten in der Holztür in die Hütte drang, zeigte mir, dass der Tag nun bereits heraufdämmerte, jener Tag, an dem Arthur und Guinevere heiraten würden. Herolde hatten es im ganzen Land verbreitet: Der König würde endlich heiraten. Und mein Herz zog sich zusammen.

Ich war an einem Punkt angelangt, wo ich sehr wohl wusste, dass all meine Handlungen der letzen Monate nur noch mehr dafür gesorgt hatten, dass genau dieser Tag kommen würde. Natürlich hatte es so kommen müssen. Und doch… schmerzte es unglaublich. Ich hatte gedacht richtig zu handeln. Zumindest so zu handeln, dass es richtig war für mich, dass es den Schmerz in mir endlich zum Verstummen bringen würde, wenn ich Arthur und den Seinen Leid zufügte, so wie auch mir Leid zugefügt worden war. Doch das Gegenteil war der Fall. Alles was ich Arthur antat, tat ich auch mir selbst an. Und sein Schmerz war der meine. Das war niemals anders gewesen. Wie hatte ich so blind sein können anzunehmen, dass sich das geändert hätte? Und ich trieb ihn obendrein nur noch weiter von mir fort, mit meinen ach so gerechtfertigten Übergriffen und Handlungen.

Ja, ich hatte gewusst, dass dieser Tag kommen würde. Ich hatte es ihm selbst gesagt. Er sollte der König, werden, der zu sein ihm bestimmt war. Und dies bedeutete, er würde nicht nur König von Albion sein, sondern sich auch eine Königin wählen müssen, um sein Erbe zu sichern.
 

Ich hatte den Schmerz in seinen Augen gesehen, bei unserem letzten Zusammentreffen. Ich hatte sehr wohl verstanden, so wie ich ihn immer verstanden hatte, auch ohne Worte, dass er mich noch immer liebte. Auf diese quälende…, freundschaftliche Art… Und auch wieder nicht. Manchmal auch auf diese verlangende, verzweifelte und dennoch leidenschaftliche Weise, wie er es immer getan hatte. Diese Augenblicke hatte es auch gegeben, in jenem zeitlosen Moment unseres Zusammentreffens. Doch zugleich wusste ich, dass er auch sie liebte. Gwen. Sie besaß einen Teil von Arthur, den ich niemals haben würde.

Seine Seele.

Ich hatte ihn verloren. Wenn auch nicht komplett, so hatte ich zumindest seine Seele verloren. Ich dachte, Arthur würde mir ganz gehören. Nur mir allein. Doch das war ein Irrtum gewesen. Und ich… ich selbst hatte dafür gesorgt, ich allein hatte es zu verantworten, dass dem so war.

Ich hätte um ihn kämpfen können, bleiben sollen in Camelot, und wider jegliches Gesetz versuchen sollen, Arthur zu halten. Hier hatte ich vollkommen wider meine Kämpfernatur gehandelt. Das einzige Mal. Das folgenschwerste Mal…
 

Doch was hätte es genützt um ihn zu kämpfen…
 

Der Tag, an dem ich zufällig auf meinem Krankenlager erfuhr, dass Arthur und ich Halbgeschwister, nicht nur Stiefgeschwister waren bedeutete beinahe Erleichterung für mich, konnte ich mich doch so nun komplett darauf konzentrieren, was rechtmäßig auch mein war zu erlangen: Die Krone von Camelot. Dankbar und beinahe fanatisch verfolgte ich, unterstützt von Morgause, den Plan, sämtliche Pendragons, die mir ihre Liebe verweigerten oder verschmähen würden, was ich in Wahrheit war, in den Ruin zu treiben und zu zerstören. Oh ja, ich wollte Rache, ich wollte Genugtuung. Vor allem auch gegenüber meinem verhassten Vater, der mich niemals anerkannt hätte, hätte er gewusst, dass ich in Wahrheit eine Magierin war. Ich stürzte mich geradezu in diesen alles zerstörenden Hass, ließ mich von der Woge des Zorns vorantreiben, versuchte meinen Schmerz gegenüber Arthur und dessen endgültigem Verlust, dem Verlust dessen, was wir hätten haben können, zu betäuben, zu ignorieren. Im Grunde meiner Seele schrie und weinte ich, zerbrach doch auch noch die letzte, winzige Hoffnung in mir, dass Arthur mich noch lieben könnte – es noch durfte. Es war mehr denn je unmöglich geworden.

Und so schlug ich um mich, errang mir die Krone mit Gewalt und trieb Uther in den Wahnsinn in der Hoffnung, dies würde meiner Seelenpein Linderung verschaffen. Doch ich irrte mich. Als Uther Pendragon schließlich starb fühlte ich… nichts. Gar nichts.

Von Arthur und seinen Rittern schließlich gedemütigt und zurückgetrieben zog ich mich in die Wälder zurück, um mir später ein zweites Mal, gestärkt durch eine eigene Armee, den Thron zurückzuholen. Und erneut war er, Arthur, gekommen. Nicht, um mich zu töten. Nein. Um mich zurückzugewinnen in Freundschaft. In Freundschaft…
 

Ja, wir waren Halbgeschwister. Er hätte niemals die Ehe mit mir eingehen können ohne vor seinen Untergebenen und Verbündeten das Gesicht zu verlieren. Doch es änderte rein gar nichts an meinen Gefühlen für ihn. Meine Liebe ließ sich nicht töten, sie ließ sich nicht ignorieren. Sie war und blieb immer da, unerfüllbar und doch unendlich, und trieb mich zu immer schlimmeren Handlungen, die meine eigene Qual lindern sollten und es doch niemals konnten.

Nein, er hätte sich niemals für mich entschieden – für mich entscheiden können. Und ich…, hätte ich dies akzeptiert und wäre niemals fortgegangen damals, wäre noch immer dort in Camelot, würde noch immer meine Masken tragen, vielleicht wäre ich Gwens Brautjungfer geworden am heutigen Tag. Aber ich wäre noch immer die perfekte Morgana, die sie alle in mir gesehen hatten, jene Morgana, die ja so unendlich stark war, die verzichten konnte und trotzdem lächelte – und die innerlich jeden verdammten Tag einen weiteren Tod starb, wann immer sie Arthur, so nah und doch so unerreichbar, vor sich sah. Diese Ehe zu sehen hätte mich zerbrochen. Das wusste ich. Und so… hatte ich nicht anders handeln können als zu gehen. Ich musste gehen, als würde ich ahnen, dass das, was vor mir lag, nur noch mehr Qual für mich bedeutet hätte. Also verlegte ich mich darauf, den Menschen, den ich auf der ganzen Welt am meisten liebte zu hassen. Denn nur das half mir über diesen quälenden Verlust hinweg, den ich im Grunde selbst zu verantworten hatte, und den ich doch nicht verhindern konnte, hätte doch jeder weitere Tag in seiner Nähe unweigerlich noch viel mehr Schmerz für mich bedeutet.

Vielleicht auch für ihn.
 

Ja… Er liebte mich noch. Ich hatte es gespürt. Mal freundschaftlich… mal leidenschaftlich… Doch er liebte Gwen mehr. So sehr, dass er sie heiraten würde.

Heute.

Jetzt.

Ich krümmte mich auf meiner Liegestatt zusammen, machte mich ganz klein gegen den Schmerz, der wieder und wieder über mich hinweg rollte. Ich ließ den Gedanken gar nicht erst an mich heran, dass auch er gelitten hatte bei unserem Auseinandergehen vor ein paar Tagen, dass allein ich es war, die Leid und Leidenschaft in seinem Leben verkörperte. Gwen… war Sicherheit… Ruhe und Zuversicht für ihn. Ich wusste dies sehr genau. Niemand kannte ihn so wie ich es tat. Er floh sich in Guineveres Arme, genoss die Liebe, die sie ihm entgegenbrachte und begann sie zu erwidern, was mich unweigerlich gebrochen hätte, hätte ich auch nur eine Sekunde länger darüber nachgedacht.
 

Und so verstand ich überhaupt nicht, was mich dazu trieb langsam aufzustehen, meinen Mantel zu ergreifen und die Hütte zu verlassen. Ich verstand nicht, warum ich den Weg in Richtung Schloss einschlug. Schwach, da ich seit Tagen nichts gegessen hatte, allein und dennoch von dem unbändigen Willen ihn noch einmal zu sehen vorangetrieben, machte ich mich auf meinen Weg nach Camelot, zu dem Ort, den ich einst mein Heim nannte - und der es im Grunde doch niemals gewesen war.

Vielleicht… würde ich es schaffen. Vielleicht, wenn ich ihn sah, mit Gwen…, diese Hochzeit... Vielleicht würde ich dann die Kraft finden mich endgültig zu lösen. Vielleicht würde ich ihm dann endlich den Rücken zukehren können. Ihn leben lassen können.

Ich wollte noch immer seinen Tod. Doch nur zum Preis von meinem eigenen, wenn es irgend möglich wäre. Aber auf der anderen Seite… krümmte sich meine Seele vor Pein bei dem Gedanken daran, diesen strahlenden Jungen, der mich immer so vertrauensvoll angesehen hatte, jenen Sommerkönig, der er immer für mich gewesen war, für immer zum Schweigen zu bringen. Doch wenn ich ihn nicht haben konnte… sollte ihn niemand haben.
 

Es würde hart werden. Es würde sehr schlimm werden für mich. Doch ich musste einfach gehen. Denn da war etwas in mir, das ihn Trotz allem immer noch liebte, das ihn einfach nur sehen wollte, wieder und wieder, und wenn es mich an den Rand des Wahnsinns treiben sollte, ihn mit einer anderen zu sehen. Aber ich würde ihn sehen können. Und vielleicht… würde der Schock heilsam sein. Ja… Vielleicht…

Doch im Grunde wusste ich es nicht, gar nichts wusste ich. All dies waren Hoffnungen und Wünsche. Ich wusste weder, wie ich mich entscheiden würde, wenn ich weiterging, um mir das anzusehen, was mich auf der ganzen Welt am meisten schmerzen würde, noch ahnte ich genau, warum ich dies überhaupt tat, wo ich doch wusste, es würde mich zerstören. Aber unweigerlich… wie von einem magischen Band gezogen, das mich noch immer, nach all den Jahren, an Arthur knüpfte, wurde ich zu ihm hingezogen. Zu ihm und meinem Verderben.

Doch wie auch meiner hilflosen Eifersucht gegenüber, so konnte ich auch dem kaum etwas entgegensetzen.
 

Meine Welt…

Sie würde heute entweder enden… oder in weiterem Schmerz untergehen. Einem Schmerz, den ich sie alle spüren lassen würde, wenn es so weit war.

Doch nicht heute. Nicht jetzt…

Ich war so müde…

Ich war es alles so müde…
 


 

I heard that you're settled down,

that you found a girl and you're married now

I heard that your dreams came true

Guess she gave you things I didn't give to you
 

You know how the time flies,

only yesterday was the time of our lives

We were born and raised in a summer haze,

bound by the surprise of our glory days
 

I hate to turn up out of the blue uninvited,

but I couldn't stay away, I couldn't fight it,

I had hoped you'd see my face,

and that you'd be reminded that for me it isn't over
 

Don't forget me, I beg,

I remember you said,

"Sometimes it lasts in love,

But sometimes it hurts instead."
 

Nothing compares,

No worries or cares,

Regrets and mistakes, they're memories made,

Who would have known how bittersweet this would taste?
 

Don't forget me, I beg,

I remember you said,

"Sometimes it lasts in love,

But sometimes it hurts instead."
 

Sometimes it lasts in love,

But sometimes it hurts instead…
 


 


 

~~~oOo~~~
 


 

Songtexte: "Mordred's Lullaby" by Heather Dale and "Someone like you" by Adele



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