mistletoe
Der Winter war ins Land gezogen und mit ihm die eisest Kälte. Vereinzelt fielen zarte Schneeflocken von Himmel und bedeckten die Stadt mit einer samtdünnen Decke aus weißer Wolle. Doch so schön dieser Anblick auch sein mochte, so sehr missfielen Lucy an diesem Morgen die Minustemperaturen, die außerhalb ihres warmen Appartements herrschten. Und Natsu wollte sich bei dieser Eiseskälte tatsächlich mit ihr treffen? Nun ja, sein Körper glich vermutlich einer Dauerheizung, die nur bedingt abkühlte. Doch einen solchen Luxus besaß die Heartfilia nicht. Denn egal, wie viele Wollkragenpullover und Jacken sie sich auch überzog, allein bei dem Gedanken wie sich die Kälte durch all die Fasern ihrer Kleider fressen wird, ließ sie erschaudern.
„Yo, Lucy!“, drang die muntere Stimme ihres besten Freundes zu ihr vor. Na nu? Er war schon da? Sie war doch noch gar nicht fertig! Das er aber auch immer so pünktlich sein musste!
Eilig huschte sie zum Fenster hinüber und gab ihm durch das Glas ein Zeichen dafür, dass er sich noch kurz gedulden sollte. Gesagt getan, jetzt musste sie zusehen, dass sie den Dragneel nicht all zu lange dort unten warten ließ. Zügigen Tempos streifte sie sich die rosaroten Handschuhe an, um dann anschließend in die rosafarbene Winterjacke zu schlüpfen. Noch fix in die kuschligen Winterboots gestiegen und fertig! – Oh, halt! Beinahe hätte sie das Wichtigste vergessen. Das neue rosarote Paar Ohrenwärmer mit dem weißen Häschen drauf, das Levy ihr zum Nikolaus geschenkt hatte. Sie waren super weich und hielten wunderschön warm! Außerdem passten sie farblich perfekt zu ihren Handschuhen. Hihi! Nun aber nichts wie raus, immerhin ließ sie ihren besten Freund schon lange genug warten.
Kaum hatte sie ihr warmes Appartement verlassen, begann es ihr leicht zu frösteln. „Und weshalb wolltest du dich nun mit mir treffen?“, fragte die Blondine unwissend, da man dem Rosahaarige so gut wie alles aus der Nase ziehen musste. „Mira sagte, es soll hier einen Markt geben. Ich dachte, dass dir das gefallen würde“, erklärte er den Grund für diese Verabredung, bei dessen Gedanke Lucys Wangen heiß aufflammten. Sollte das etwa ein Date sein? Ehrlich gesagt, wusste sie gar nicht, was sie sagen sollte. Andererseits wollte sie schon länger auf den Magnolia Weihnachtsmarkt gehen. Wieso also nicht mit Natsu? Lächelnd stimmte sie dann nickend zu.
Doch weit sollten sie erst gar nicht kommen. „Nee, Natsu?“, hallte die fröhliche Stimme von Happy bis zu Lucy und ihrer Begleitung vor, sodass beide zum Stehen kamen und sich zu dem blauen Exceed herumdrehten, der direkt auf sie zugeflogen kam. Nur … was hielt er dort in seinen Händen – pardon – Pfoten?
Noch bevor Lucy hätte reagieren können, schwebte der hinterlistige Kater mit dem Mistelzweig über ihren Köpfen hinweg. Natsu warf einen skeptischen Blick nach oben und begann sich zu fragen, was das sein könnte. Lucy dagegen verstand sofort, was das teuflische Kätzchen beabsichtigt hatte, was man ohnehin an dessen breitem Grinsen ablesen konnte. Na, warte! Das würde Happy ihr büßen! Sobald sie sich aus dieser heiklen Situation befreit hatte. Nur wie? Sie konnte doch nicht allen Ernstes Natsu küssen! Nicht auf offener Straße, wo jeder sie sehen konnte. Obwohl … so gesehen war es die perfekte Chance, und insgeheim hatte sich Lucy bereits ausgemalt, wie es wohl sein würde, wenn Natsu und sie unter einem Mistelzweig aufeinandertreffen würden.
Doch all die wärmenden Gedanken zerplatzten wie eine Seifenblase, als sie den ratlosen Blick des Dragon Slayers bemerkte, der seine Hand neugierig dem Mistelzweig entgegenstreckte, als könnte es ihn beißen. Schlagartig veränderte sich Lucys liebliche Mimik. Wusste er etwa nicht, was das war oder tat er nur so unwissend? So blöd konnte nicht einmal Natsu sein! Wenn selbst Happy wusste, was er da tat, dann musste sein bester Freund, das doch auch wissen! Herrgott nochmal!
Unerwartet packte die Blondine ihren gegenüber am Schal und zog ihn zu sich runter. Natsu riss erschrocken die Augen auf, als er jäh die weichen Lippen der Blondine auf seinen spüren konnte. Ein tückisches Kichern drang an seine Ohren sowie ein vergnügtes: „Sie maaaag ihn!“
Doch womit weder Happy noch Lucy gerechnet hatten, war dass Natsu reflexartig die Arme um die schlanken Hüften der Heartfilia schlang, um sie näher zu sich heranzuziehen. Erschrocken keuchte diese auf, vor allem da sie gezwungen war den Kuss zu halten, als Natsu diesen tatsächlich mit Hingabe zu erwidern begann. Da-Das passierte hier gerade nicht wirklich, oder?
Lucy glaubte sich in einen ihrer Träume wiederzufinden, obwohl diese meist abrupt abbrachen, wenn sich eine solche Szene annäherte. Doch dieser Augenblick fühlte sich für einen Traum viel zu real an. Seine Lippen schmeckten viel zu zart sowie mit einem Hauch von Schärfe versehen, als dass das hier alles nur eine Einbildung war. Außerdem fühlte sie eine enorme Hitzewelle durch ihren Körper rauschen, die sie die Eiseskälte um sich herum völlig vergessen ließ. Stattdessen wollte sie diesen Moment bis zum letzten Atemzug auskosten …
Als dieser dann gekommen war, schnappte sie erstickt nach Luft. War das gerade wirklich passiert? Unglaublich fuhr sie mit dem weichen Stoff ihrer Handschuhe über ihre Lippen, während ihre Wangen dunkelrot schimmerten. Ein kurzer Blick in das Gesicht von Natsu, der grinsend zu ihr hinabsah, verriet, dass er genau wusste, was er da getan hatte. „Baka!“, schimpfte Lucy leise lachend und schlug Natsu spielerisch gegen die Brust, ehe er ihr Kinn anhob und ihre samtweichen Lippen erneut mit seinen versiegelte. Immerhin hing der Mistelzweig noch immer über ihren Köpfen …
„Sie mööögen sich~!“
