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Story between Worlds

Samael und Aurelia
von

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Kapitel 5

Amaya lief die Queens Road entlang, damit sie einen einen klaren Kopf bekam und um sich die Zeit zu nehmen, etwas herunterzufahren. Der Vorfall in der Bar hatte sie zu sehr aufgewühlt, als das sie zurück zu ihrer Wohnung laufen könnte, warten bis der Tag sich dem Ende neigte und irgendwann die Nacht hinein brechen würde.

Was hatte sie sich nur dabei gedacht, ihren Schützling aufzusuchen, mit ihm zu sprechen und dann einfach weg zu rennen?

'Du kannst so leichtsinnig sein', erschall eine Stimme in ihrem Kopf, 'hoffentlich war dir das eine Lehre.'

Sie kniff die Augen zusammen.

'Lass mich gefälligst in Ruhe!'. Nichts. 'Na super, jetzt rede ich schon mit mir selbst. Vielleicht wäre es doch besser wieder zur Wohnung zurück zu kehren und sich hinzulegen', überlegte sie.

Ohne noch einen Gedanken an den Vorfall zu verschwenden, machte sie auf dem Absatz kehrt und lief die schnurstracks die Straße hinunter, die von jungen Mädchen mit vollen Einkaufstaschen bis hin zu alten Leuten, die gerade mit ihrem Hund spazieren gingen gesäumt war.

Was Amaya die letzten Tage aufgefallen war, ist, dass Aberdeen eine wunderschöne Altstadt hatte, die schon Jahrhunderte alt war. Die traditionellen Gebäude und ihre Skulpturen, die so aussahen, als würden sie von einer anderen Welt erzählen, die klassischen Kirchen und Kathedralen, die der Stadt einen gewissen Flair gaben, ja eigentlich die ganze Architektur faszinierte Amaya immer wieder aufs neue. Sie fand es beeindruckend, das diese Bauwerke nach all den Jahren, noch ihren gotischen Ausdruck behielten und sich trotzdem der heutigen Zeit anpassten.

Wenn es nach ihr ging, könnte sie für immer hier bleiben.

'Aber es liegt nicht an mir das zu entscheiden'. Sie hatte sich nach ihrem Schützling richten.

Zog er in ein anderes, unbekanntes Land, würde sie ihm folgen müssen, entpuppte er sich zu einem Weltenbummler, der nie einen festen Wohnort hatte, würde sie ihm unweigerlich folgen, egal ob sie wollte oder nicht. Sein Leben war ihre Aufgabe, ihre Mission, ihr Leben.

Den Blick starr auf den Weg vor ihr gerichtet, machte sie sich drauf und dran an etwas anderes zu denken, wobei sie auch Erfolg hatte. Beleuchtete Schaufenster boten die verschiedensten Waren an. Sie kam an einem vorbei, der sogar schon Kostüme für Halloween anbot, obwohl das noch gut ein Monat hin war.

Alles nur ein Geldgieriger Köder für die Kunden.

Amaya hatte ebenfalls versucht die Menschen verstehen zu lernen, die Gründe für ihre Handelsweisen, ihre Meinung was die Ideen anderer betraf, ihre Art und Weise zu leben, ihre ganze Lebensperspektive. In vielem konnte sie ihre Anlässe nachvollziehen, aber wenn sie bemerkte wie Geldgierig manche Menschen waren, konnte sie nur ratlos daneben stehen und ohne Ende darüber grübeln.

Allmählich kam sie der Kreuzung immer näher, die parallel zu dem Park verlief, in dem sie vor etwa einer Stunde spazieren gewesen war. Von links und rechts kamen Autos in regelmäßigen Abständen, als Amaya hinter sich eine entfernt, rufende Stimme wahrnahm. Ihr Schützling.

'Bitte nicht, bitte erspare mir das'. Sie versuchte ihn zu ignorieren und konzentrierte sich so gut es eben ging auf den Straßenverkehr. Vergebens.

„Hey! Jetzt warte doch mal. Hallo? Ich rede mit dir!“. Sie spürte seine Präsenz unmittelbar hinter ihr, holte tief Luft, schluckte ihre Wut auf sich selbst hinunter und drehte sich langsam zu ihm um.

„Was?!“, herrschte sie ihn laut an, lauter als sie beabsichtigt hatte. Amaya sah seine erschrockene Miene und fügte ein so leises „Entschuldigung“ hinzu, das sie sich nicht mal selbst sicher war, ob sie es überhaupt gesagt hatte. Angestrengt starrte sie auf den Boden, als könnte sie damit bezwecken, dass er sich dadurch öffnen würde, was ihr im Moment mehr als recht gewesen wäre.

„Könntest du mich ansehen, wenn ich mit dir rede?!“, fügte er hinzu, als ihr auf einmal Bewusst wurde, dass er wohl weiter geredet haben musste, sie aber so beschäftigt mit sich selbst gewesen war, das sie ihn nicht gehört hatte. Schließlich hob sie ihren Blick und sah direkt in seine wunderschönen, blauen Augen.

„Was...was hast du gesagt? Ich hatte eben nicht zugehört. Tut mir Leid.“ Darauf schüttelte er verständnislos den Kopf, wobei seine braunen Haare ihm ins Gesicht fielen und er sie schnell wieder nach hinten strich.

„Hör zu, du bist nicht diejenige, die sich entschuldigen muss, sondern ich bin es. Ich hätte dich vorhin nicht so behandeln dürfen, nicht so barsch sein dürfen...Deswegen bin ich dir gefolgt und ja es tut mir Leid...“. Für ein paar Sekunden blieb es still, als er dann die unangenehme Stille unterbrach und: „Bist du jetzt ZUFRIEDEN?“, hinzufügte.´

Warum war er jetzt so genervt? Amaya versuchte die richtigen Worte zu finden:

„Ähm...also,-“

„Weißt du eigentlich bin ich gar nicht der Typ für so etwas...für Entschuldigungen und wir kennen uns auch gar nicht, aber ich wollte das hier einfach aus der Welt schaffen...oder wie auch immer man das sagt.“ Warum sagte er das? Er hatte recht, sie kannten sich doch gar nicht. 'Warum rennt er mir hinterher und entschuldigt sich?'. Sie wusste, dass, das viel zu weit ging und sie hier nicht bleiben sollte, aber es flogen ihr so viele Fragen durch den Kopf, das ihr schwindelig wurde und sich ein unbekanntes Gefühl in ihr breit machte.

„Ich, ich weiß zwar nicht was dich dazu bewegt mir zu folgen, nur um dich bei mir zu entschuldigen, aber ich sage dir, dass du das nicht brauchst, weil du mich sowieso nie wieder sehen wirst...also belasse es einfach dabei, verstanden?“.

Ohne auf eine Antwort von ihm zu warten, wandte sie sich ab und lief weiter auf Straße zu.

Nicht umdrehen. Amaya bog in eine kleine Seitengasse ein, blieb stehen und legte eine kurze Pause ein. Erschöpft lehnte sie sich an die kalte Steinmauer eines Hauses und schloss für einen Moment die Augen. Aufmerksam lauschte sie dem Straßenlärm, den hupenden Autofahrern und der weit entfernten fröhlichen Musik, die wahrscheinlich von dem diesjährigen Jahrmarkt kam, von dem sie gestern ein großes Werbeplakat gesehen hatte.

Der Geruch von Müll und Katzensekret stieg ihr in die Nase und ließ sie würgen. Unerwartet wurde ihr wieder ganz schummrig vor den Augen, Übelkeit machte sich bemerkbar, ließ sie die Hand vor den Mund heben. Dann ertönte auf ein Mal ein lautes Scheppern von Tonnen die umgestoßen wurden.

Amaya drehte sofort den Kopf zu der Seite, aus der das Poltern kam. Erst konnte sie nicht viel sehen und nur eine kräftige Silhouette erkennen, die direkt auf sie zukam. Aber als die Gestalt aus den Schatten der Dächer trat, weiteten sich ihre Augen, Panik machte sich im ersten Augenblick breit, verleitete sie dazu schneller zu atmen, dann nur noch stoßweise.

„Hab ich dich!“, sprach Ed mit krächzender Stimme und stürzte sich auf Amaya. Sie hatte gerade noch genug Zeit sich von der Mauer abzustoßen, ihm auszuweichen und davon zu rennen. Aber als er sie an ihren langen, dichten Haaren packte, war sie gerade mal ein paar Meter weitergekommen und riss sie nach hinten.

Er ließ sich nicht los, zog ihren Kopf nach hinten runter, sodass ihr Rücken schon zu knacksen begann und sie in sein Fratzen besetztes Gesicht sehen konnte, musste.

Die Haut war völlig verfault, das an manchen Stellen schon Löcher zu erkennen waren. Wundsekret lief von seinen Wangen und tropfte ihre Natur schwarzen Haare, ein Auge war gerötet, während das andere aus der Augenhöhle trat und wie zähflüssiges Gummi seine Nase hinunterlief. Ein heißeres Röcheln kam aus seiner Kehle und als Ed seine Krallen besetzte Hand in Amayas Rippen stieß, sie einen lauten Schmerzensschrei von sich gab, beugte er sich zu ihr hinunter.

Sein Mund, an dem einige Hautfetzen hingen, war weit geöffnet und die spitzen Zähne direkt auf ihren Hals gerichtet. Reflexartig nutzte sie den kurzen Moment, in dem er abgelenkt war und stieß ihren Ellenbogen heftig in seinen Bauch.

Sein Körper war zwar ziemlich robust, doch der Überraschungsmoment lag auf ihrer Seite, der ihr dazu verhalf, das er seinen Griff nur vorübergehend aber lang genug lockerte, damit sie sich von seinen Fängen befreien konnte, einen Salto nach hinten, über ihn drüber machte, geschickt auf landete und sie so schnell es ging aus der Gasse rann, direkt auf die Hauptstraße zu.

Ohne einen Blick über die Schulter werfen zu müssen, wusste Amaya nur allzu gut, dass er ihr dicht auf den Fersen war. Sie schlängelte sich an den Verkaufsständen des Bauernmarktes vorbei, rannte damit den ein oder anderen Passanten ungeachtet um. Amaya versuchte so gleichmäßig wie möglich zu atmen, dennoch trat das erwartete Seitenstechen ein. Der Nachteil, wenn man sich in einem menschlichen Körper befand.

Sie versuchte ihre Schmerzen zu unterdrücken, wusste aber, dass sie es nicht mehr lange ohne rechtzeitige Verwandlung durchhalten würde. Aber sich in einer gut gefüllten Straße in einen Geist zu verwandeln, wäre nicht ganz unauffällig.

'Doch mir wird wohl oder übel nichts anderes übrig bleiben'. Sie wollte gerade in ihre innersten Gedanken greifen, als sie durch ein lautes Autohupen aus ihrer Konzentration gerissen wurde und sich unmittelbar bewusst wurde, dass sie mitten auf der Straße stand.

Amaya sah gerade noch, wie ein PKW auf sie zuraste. Dann schien es, als würde alles in Zeitlupe ablaufen: Gelbe Lichter knallten ihr ins Gesicht, ließen sie zusammenzucken, der wirbelnde Wind des großen Fahrzeuges wehte ihr die Haare um den Kopf. Amaya drehte sich um, ihre Augen in der Armbeuge versteckte, der letzte Atemzug glich einem letzten Aufbäumen ihrer inneren Kraft. Ihr Feingespür sagte ihr, das der PKW nur noch Zentimeter von ihr entfernt war, bevor sich etwas in letzter Sekunde auf sie warf und zur Seite schleuderte.

Das einzige was Amaya noch spüren konnte, war wie sie hart auf den Boden auftraf, warme Hände um ihre Taille geschlungen waren und ein Körper mit ihrem den Gras bewachsenen Hang hinunter rollte. Schließlich blieben sie liegen, ein, im ersten Moment, unscheinbares Gewicht auf ihr, ein wild pochendes Herz, das ihrem nicht ganz unähnlich war. Dann schloss sie die Augen, ließ sich in unendliche Dunkelheit gleiten, sah nichts mehr, fühlte nichts mehr. Ließ sich eine unbestimmte Zeit lang treiben, ihr kam es wie die Ewigkeit vor.

Anschließend schien eine Stimme zu ihr zu sprechen, meterweit entfernt und doch so nah:

„Hallo? Kannst du mich hören?“. Amaya spürte wie ihr leicht auf die Wange getätschelt wurde.

„Scheiße...“.

Allmählich kam sie wieder zu sich, öffnete zögernd die Augen, unwissend was sie nun erwarten würde. Sie hatte sie gerade genug geöffnet, als sie bestürzt erkannte, das man ihr wieder auf die Wange klatschen wollte, zwar nicht stark, aber sie war dennoch rechtzeitig hellwach, bevor es so weit kommen konnte.

Ehe seine Finger sie berühren konnte, ergriff Amaya das Handgelenk. Gefasst schaute sie ihm in seine Augen. Ihr Schützling.

Er lag auf ihr, seine Ellenbogen links und rechts ihrer Schultern, eine Hand unter ihrem Nacken, die andere dicht an ihrer Backe. Sie sah in seine Augen Hoffnung und Erleichterung aufflackern, sein Herzschlag beschleunigte sich, ihrer machte es seinem gleich. Einen Augenblick schien die Welt still zu stehen, seine unverwechselbaren blauen Augen ruhten auf der ihren und erwiderten den Blick.

Seine Mundwinkel zuckten nach oben, als er merkte, das ihr nichts ernstes zugestoßen war. Doch ehe sie sich versah, glitten sie wieder nach unten und ein besorgter Gesichtsausdruck huschte über sein Gesicht. Plötzlich wurde sie den Gedanken nicht mehr los, dass er, sie und Ed zusammen gesehen hatte und dabei einem Monstrum begegnet war.

„Was machst du denn hier?“, fragte sie und bemühte sich ruhig zu klingen.

„Was ich hier mache?!“, entgegnete er enttäuscht: „ Dürfte ich dich daran erinnern, dass ich dir gerade das Leben gerettet habe? Dazu meines noch fast selbst drauf gegangen wäre!“

„Nun, keiner hat gesagt, dass du das hättest tun müssen.“.

„Es schien mir gerade eine sinnvolle Tat gewesen zu sein.“, antwortete er etwas geistesabwesend, den Blick dennoch auf sie gerichtet. Amaya wartete einen Moment, bevor sie „Danke.“ sagte und das meinte sie auch so. Eigentlich war sie diejenige, die auf ihn aufpassen müsste, nicht umgekehrt.

„Ist schon okay.“, meinte er ruhig, seine Konzentration galt wieder ihr. Dann rollte er sich von ihr ab, stand auf und streckte ihr lächelnd die Hand hin: „Ich bin Javier.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Saph_ira
2014-02-26T16:49:29+00:00 26.02.2014 17:49
Mir gefällt es, wie du immer die Umgebung beschreibst und sie mittendrin in der Situation einbaust. Es wirkt so bildchaft und gut vorstellbar. ;-)
Und am Ende des Kapitels, fand ich die letzte Szene zwischen den beiden niedlich. Nun, können sie beide aufeinander aufpassen. Bin gespannt, was und ob zwischen ihnen etwas entwickelt. ^^
Liebe Grüße :-)
Antwort von:  FeelLikeParadise
26.02.2014 19:14
Danke:)
Ja, da wird noch so einiges passieren...
LG:)


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