Prolog
Langsam glitt die Klassenlehrerin der 2-B der Fairy Tail Oberschule durch die Gänge. Im Schlepptau hatte sie ein kleines Mädchen, gerade mal 16 Jahre alt. Ihre blauen Haare standen ihr wild zu Berge, ihre braunen Augen waren groß und freundlich – auch, wenn man in ihnen einen dunklen Schimmer der Trauer erkennen konnte. Frau Milkovich schenkte dem Mädchen ein aufmunterndes Lächeln.
„Mach dir keine Sorgen, es wird nicht, wie an deiner alten Schule werden. Du wirst die Klasse mögen, sie sind alle sehr nett … auch, wenn sie etwas aufgedreht sind“, versuchte das junge Mädchen zu beruhigen, welches allerdings nur nickte. Dennoch wirkte es schwermütig. Würde wirklich alles besser werden, oder würde es wieder geschehen? Kurz sah sie vor ihrem inneren Auge, wie ihre neue Klasse sie gleich hasserfüllt ansehen und gehässig auslachen würde. Kurz schüttelte sie ihren Kopf, versuchte, diese Bilder so aus ihrem Kopf zu verdrängen. Dieses ,Worst-Case-Szenario', welches sich ihr Kopf da ausmalte, würde bestimmt nicht eintreten. Nein, sie hatte einfach zu viel Fantasie. Ein kurzes Seufzen verließ ihre rosigen Lippen. Sie war doch sonst nie so pessimistisch gewesen. Was hatte ihre alte Klasse nur aus ihr gemacht...?
Es dauerte nicht lange, dann betrat Frau Milkovich auch schon die Klassse. Die Blauhaarige folgte ihr zögerlich. Neugierige Blicke lagen auf ihr. Es war mitten im Schuljahr, dann eine neue Klassenkameradin zu bekommen, musste seltsam sein. Das erhöhte die Neugierde ihrer neuen Mitschüler wohl noch um ein Zehnfaches.
„Guten Morgen“, begann die Lehrerin, „Bevor wir mit dem Unterricht anfangen, möchte ich euch eure neue Mitschülerin vorstellen: Ihr Name ist Levy McGarden.“ Das junge Mädchen sank schüchtern ihren Blick. Sie spürte, wie ihre Wangen brannten. Es war nie schön, die Neue zu sein – ehrlich gesagt, hasste sie es. Schon jetzt fühlte sie sich wie bei einer Fleischbeschauung, so wie jetzt schon alle Blicke auf ihr lagen. Ein unangenehmes Ziehen machte sich in ihrer Magengegend breit. Sie wollte ihr nur noch weg. Vielleicht konnte sie ja eine Krankheit vortäuschen? Nein, selbst wenn, das war einfach nicht ihre Art – das würde sie nicht machen. Stattdessen versuchte sie all ihren Mut zusammen zu kratzen und zumindest ihren Blick zu heben – das war schon mal wenigstens ein Anfang. Sofort stach ihr ein blonder, junger Mann ins Auge. Er war hochgewachsen, hatte eine sehr männliche Statur. Alles in allem sah man sofort, dass er der Typ Mann war, der sehr beliebt bei Mädchen war. Der Blick seiner dunklen Augen lag stetig auf ihr. Ein weiterer Junge saß direkt neben ihm, er beugte sich leicht vor und musterte Levy.
„Hey Laxus, ist die nicht supersüß?“, säuselte er dem Blonden zu, der dies nur mit einem gleichgültigem Schulterzucken kommentierte. Levy senkte ihren Blick wieder. Sie wusste nicht, was sie von all dem halten sollte. Die Stimme der Lehrerin drang erneut in ihr Ohr: „Levy, bitte setz dich doch in die dritte Reihe ans Fenster. Dein Tischnachbar heißt Gajeel Redfox, er kann etwas schwierig sein, aber ich denke, ihr kommt klar.“ Eine ihrer beiden Augenbrauen schoss in die Höhe. Schwierig? Das klang ja... einladend. Sie nickte jedoch nur, und nahm ihre Tasche und ging zu dem ihr beschriebenen Platz. Dort ließ sie sich nieder und musterte ihren Tischnachbar. Gajeel war ähnlich groß wie Laxus, doch hatte er eine ganz andere Ausstrahlung als der Blonde. Beinahe schon fasziniert musterte sie langen, wirren, schwarzen Haare – die Piercings, die er im Gesicht trug – diese rötlichen, fast schlangenartigen Augen. Eigentlich sah dieser Junge nicht wie jemand aus, dem man gerne nachts auf der Straße begegnete, doch irgendetwas in ihr ließ sie keine Angst vor ihm haben. Allerdings konnte sie nicht sagen, was.
Gajeel bemerkte ihren Blick, gab ein Brummen von sich. Genervt musterte er sie. „Was starrst du mich so an, Zwerg?!“, knurrte er. Empört zog Levy ihre beiden Augenbrauen zusammen, verschränkte ihre Arme vor der Brust und sah eingeschnappt nach vorne. Ihr stand es nicht im Sinne auf diese Frage zu antworten. Zwerg, also wirklich, so etwas unhöfliches!
Der Tag verlief ziemlich schnell – sogar besser als Levy je gedacht hätte, doch sie wusste nicht wirklich, wie lange es der Fall bleiben würde. Auch in ihrer alten Klasse war zu Beginn alles rosarot, doch radikal hatte es sich geändert. Wann würde es hier geschehen? Nächste Woche, nächsten Monat? Sie wusste es nicht. Wenn sie ehrlich war, wollte sie das auch gar nicht wissen. Erneut seufzte sie. Sie hatte das Gefühl, es heute schon so oft getan zu haben. Gerade wollte das Schulgebäude verlassen, als eine Stimme sie aufhielt: „Warte mal, Levy.“ Sie fuhr herum und blickte direkt in Laxus' Augen. „Hast du einen Augenblick Zeit? Ich würde dich gerne etwas fragen.“ Ein knappes Nicken folgte, ehe sie dem Blonden ein Stück hinterher lief. Sie hatte schon mitbekommen, dass Laxus sehr beliebt in ihrer Klasse war – ein wahrer Weiberheld. Was wollte er nur von ihr?
„Hast du Lust, mit mir auszugehen? Ich fand dich schon vom ersten Augenblick an toll.“ Levy konnte nicht glauben, welche Worte sie da hörte. War das wirklich sein Ernst, oder trieb er nur seine Spiele mit ihr? Ihr Blick sank gen Boden. War das nicht eigentlich auch eine Chance, eine Chance, dass ihr nicht wieder das zu stieß, wie in ihrer alten Schule? Man konnte doch nur dann in Frieden leben, wenn man dominante Menschen um sich hatte, die man zu seinen Freunden zählen konnte – das hatte sie gelernt. Sie durfte nicht einsam sein, das war ihr Untergang. Hier ging es nicht darum, was richtig oder falsch war – sondern einfach darum, Schutz zu suchen vor dieser grausamen Welt. Wenn Laxus ihre Rettung war, sollte es so sein.
„Gerne.“
