Zum Inhalt der Seite

Yugioh - 120 Kurzgeschichten

120er Projekt
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Lächeln | Malik & Ryou

Point of View: Malik
 

Das erste Mal war ich ihm auf der Straße begegnet. Ich war in Gedanken gewesen und in ihn gelaufen. Er hatte sich unter einem schüchternen Lächeln entschuldigt, obwohl ich ihn angerempelt hatte. Es war dieses Lächeln gewesen, das mich augenblicklich in seinen Bann gezogen hatte. Er hatte langes weißes Haar und warme braune Augen, doch das einzige, was mich in diesem Moment dazu veranlasst hatte, nicht völlig genervt einfach weiter zu gehen, war dieses kurze Lächeln gewesen. Ich hatte ebenfalls eine Entschuldigung gestottert und dann peinlich berührt die Flucht ergriffen. Zum Idioten hatte ich mich gemacht, und das nur dieses dämlichen Lächeln wegen. Es war viel zu kurz gewesen und trotzdem hatte dieser kurze Moment genügt um einen Sonnenstrahl in meine sonst dunkelgraue Welt zu werfen, um mein Herz wieder etwas wärmer werden zu lassen. Doch es war nur eine zufällige Begegnung mit irgendeinem Fremden auf der Straße gewesen, ihn noch einmal wiederzusehen war nahezu ausgeschlossen. Also hatte ich mich schmerzlich mit dieser Tatsache abgefunden und mich meinem traurigen Schicksal gefügt.
 

"Ähm, entschuldigen Sie, könnten Sie mir vielleicht etwas Geld wechseln?" Ich stand am Bahnhof, wollte mir gerade ein Ticket ziehen, als ich auf einmal von der Seite angesprochen wurde. Einen Moment lang dachte ich darüber nach, einfach zu lügen, doch dann drehte ich mich um. Vor mir stand er, langes weißes Haar, warme braune Augen. Mein Herz setzte einen Schlag aus, ehe es schneller weiterschlug. Er lächelte zwar nicht, sah eher verunsichert aus, aber ich war froh, ihn einfach wieder zu sehen. Dieses mal durfte ich ihn nicht einfach wieder aus meinem Leben verschwinden lassen, ich wollte das nicht noch einmal durchmachen.
 

"Du darfst mich gerne Malik nennen", lächelte ich ihn an, da es sich seltsam anfühlte gesiezt zu werden, wenn man selbst noch ein halbes Kind war. Außerdem sah er so aus, als wäre er nicht viel jünger als ich. "Wo willst du denn hin?", fragte ich möglichst lässig und hoffte, dass er sich auf das Gespräch einlassen würde.
 

"Äh, also, ich wollte in die Stadt, aber mir ist das Kleingeld für den Automaten ausgegangen", kam er auf sein eigentliches Problem zurück. Vermutlich konnte er sich nicht mehr an mich erinnern, warum sollte er auch. Eigentlich hatte ich ein anderes Ziel gehabt, aber im Vergleich zu der Möglichkeit, den fremden Jungen besser kennen zu lernen, war dieses bedeutungslos, dagegen war alles bedeutungslos. Ich versuchte all diese Gedanken zu ordnen und mich auf das Gespräch zu konzentrieren.
 

"Ist ja cool, da will ich auch hin. Wie wärs, sollen wir ein Doppelticket holen? Ist günstiger", schlug ich lächelnd vor. Mit diesem Ticket müsste er im Zug bei mir sitzen, auch wenn die Fahrt an sich nicht sonderlich lang dauerte. "Ich zahl auch", fügte ich grinsend hinzu.
 

Letztendlich hatte der Junge zugestimmt, so dass wir nun nebeneinander im Zug saßen und darauf warteten, dass dieser losfuhr. Ich war mehr als nur glücklich, doch gleichzeitig drückte das Wissen, dass diese Fahrt sehr schnell wieder vorbei sein würde, diese Freude.
 

"Sag mal, kennen wir uns? Du kommst mir irgendwie bekannt vor und du bist auch so nett, aber ich kann dich einfach nicht zuordnen", begann der Junge ein Gespräch, was eine erneute Welle des Glückes meinen Körper durchfluten ließ. Er konnte sich also doch an mich erinnern, zumindest ein bisschen.
 

"Wir sind uns vor einer Weile mal über den Weg gelaufen. Na ja, ich bin in dich reingerannt", erklärte ich und musste bei dieser Erinnerung unweigerlich grinsen. Schrecklich wie sehr mich dieser Junge beeinflussen konnte, obwohl ich ihn nicht einmal kannte. Aber zumindest schien er nett zu sein, ein wenig schüchtern, aber nett.
 

"Ach so", murmelte er und schien kurz zu überlegen. Ein kurzes Stechen fuhr durch meine Brust, da er mich anscheinend wirklich vergessen hatte.
 

"Ist ja auch egal", sagte ich schnell, da ich nicht von ihm hören wollte, dass er es wirklich vergessen hatte. "Sag mal, wie heißt du eigentlich?", fragte ich stattdessen, um das Gespräch aufrecht zu erhalten. Ich musste die kurze Zeit gut nutzen.
 

"Oh, entschuldige. Ich heiße Ryou", sagte er schnell und mein gesamter Körper wurde von Wärme durchflutet, als er dann leicht lächelte. Das und nichts anders hatte ich gebraucht. Die letzten Wochen war es mir alles andere als gut gegangen, doch mit dieser kleinen Geste hatte es Ryou geschafft, das alles in weite Ferne rücken zu lassen.
 

"Freut mich", sagte ich schnell, um mir nichts von meinen Gefühlen anmerken zu lassen und erwiderte sein Lächeln. "Was hast du in der Stadt so vor?", fragte ich möglichst beiläufig weiter, da er nichts weiter sagte.
 

"Meine Freundin besuchen." Etwas in mir zerbrach. Ich hatte nicht die Absicht gehabt, mit ihm zusammen zu kommen, hatte sie immer noch nicht, aber allein die Tatsache, dass da Jemand war, dem dieser Junge, dieses Lächeln gehörte, machte mich wahnsinnig. Ich schüttelte diese lächerlichen Gedanken ab. "Und du?", fragte nun Ryou, was etwas unerwartet für mich kam.
 

"Wenn ich ehrlich bin, wollte ich dich einfach nur kennen lernen", gestand ich, während sich ein bitteres Lächeln auf meinen Lippen bildete. Augenblicklich schauten mich seine braunen Augen überrascht und fragend an. Würde ich ihm eben die Wahrheit sagen. "Ich mache gerade einiges durch und na ja, bei unserer Begegnung neulich hast du es geschafft, dass es mir besser ging. Und eben-"
 

"Wie?", unterbrach er mich irritiert. Ryou schien nicht böse darüber zu sein, dass ich ihn angelogen hatte.
 

"Dein Lächeln. Es hat irgendwas, ich weiß auch nicht, aber es macht mich einfach glücklich und lässt mich alles andere vergessen." Ängstlich schaute ich ihm in die Augen und wartete einen Reaktion ab.
 

"Mein Lächeln?" Ich war mir sicher, dass er seine Stirn, die hinter seinem Pony lag, runzelte. Ich nickte nur knapp. "Das freut mich... Also für dich, aber ich bin doch nur irgendein Kerl, wie kann ich da?" Überfordert schaute er mich an, und ich hatte fast ein schlechtes Gewissen, dass ich ihn in diese Situation gebracht hatte.
 

"Ich weiß es auch nicht. Aber deswegen habe ich dich vorhin angelogen, ich musste diese Gelegenheit, dich kenne zu lernen, einfach nutzen, sonst hätte ich mir nur ewig Vorwürfe gemacht, tut mir leid", entschuldigte ich mich lieber noch einmal, da ich mir nicht sicher war, ob er wirklich nicht sauer auf mich war. Er nickte kurz und da hielt auch schon der Zug an unserer Station.
 

Beim Aussteigen war ich noch in Ryous Nähe geblieben, und auch als seine, zugegebenermaßen sehr süße, Freundin zu ihm kam und ihn mit einem kurzen Kuss begrüßte, hatte ich verlegen bei ihm gestanden.
 

"Wer ist das?", fragte das Mädchen mit verwundertem Blick auf mich.
 

"Malik, ein Freund von mir, den ich eben getroffen hab", stellte mich Ryou lächelnd vor und mein Herz drohte zu kollabieren. Nicht, weil sein Lächeln gerade besonders schön gewesen war, sondern weil er mich als Freund betitelt hatte. Dass dieser Tag heute sich dermaßen ins Positive gewandelt hatte, hätte ich mir nie auch nur zu träumen gewagt, doch es war passiert. Leider stellte dieser Höhepunkt nur einen weiteren Abschied da.
 

"Ich denke, ich geh dann auch mal", sagte ich nur ungern, aber ich konnte mich den beiden ja schlecht aufdrängen. Ryou kramte kurz etwas aus seiner Hosentasche und gab mir dann einen kleinen Zettel.
 

"Wir können uns ja noch mal treffen, und dann erzählst du mir was los ist", sagte er lächelnd und ich schaute verwundert auf den Zettel. Zahlen standen auf ihm und zum wiederholten Mal an diesem Tag durchströmten Glücksgefühle meinen Körper, als ich begriff, dass es sich dabei wohl um seine Handynummer handelte. Mit einem Mal war der Abschied nicht mal mehr halb so schlimm.
 

Auf meiner Rückfahrt schickte ich gleich eine SMS an die Nummer. Vielleicht etwas voreilig, aber ich wollte einfach sicher gehen, dass es wirklich seine Nummer war.
 

>Hey Ryou, Malik hier<
 

Ich hatte mir sogar extra Mühe für die Großschreibung gegeben. Eine Antwort kam sogar relativ schnell.
 

>hey, ruf heute abend mal an<
 

Ein Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus. Im Moment waren mir Ryous Beweggründe egal, ob er es nun aus Mitleid, purer Freundlichkeit oder sonst etwas tat. Ich war einfach nur froh, dass ich mir dem Menschen, der mir mit einer einfachen Geste so viel Halt geben konnte, nun sicherer sein konnte. Vielleicht würden wir wirklich gute Freunde werden, doch für den Moment genügte mir bereits der Gedanke, dass ich sein sanftes Lächeln noch einmal sehen würde.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück