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Bloody Butterfly

von

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Bloody Butterfly

Wie lange war es nun schon her, seit er mich geküsst hatte? Ach ja, eine Woche war vergangen, seit ich in seinem Schloss lebte. Ich sollte nun glücklich sein, nicht wahr? Rin war da, ich wurde nicht noch einmal von seinen Wachen verschleppt, alles war so wie es sein sollte, nicht wahr?

Falsch! Es stimmte zwar, was ich sagte, aber ich war keinesfalls glücklich mit der Situation, da ich seit dem Vorfall, seit meiner Entscheidung Sesshomaru kaum gesehen hatte. Er schien mir regelrecht aus dem Weg zu gehen. Und ich hatte nicht die leistete Ahnung, was der Grund dafür sein könnte. Ich dachte damals eigentlich, dass ich ein schönes Leben mit dem Dämon führen könnte, aber schon in so kurzer Zeit belehrte er mich eines Besseren und es dauerte gar nicht lange, bis ich an meiner Entscheidung zweifelte. Bis es schließlich zu dem Tag kam, an dem eine neue Woche seinen Lauf nahm.

Ich saß im Speisesaal und genoss, wie die Tage zuvor, mein Essen allein, als mit einem Mal die Tür aufflog und ein Mann herein trat, dessen Gesicht mir vollkommen unbekannt war. Sein Haar war so lang, wie das Sesshomarus, aber es war im Gegensatz zu seinem violett und seine Augen hatten die Farbe Kupfers. Als er mich erblickte, schritt er geradewegs auf mich zu und griff lächelnd nach meiner Hand, um dieser einen Kuss auf den Rücken zu hauchen. Überrumpelt sprang ich auf und trat ruckartig und mit rotem Kopf einen Schritt zurück. Er bemerkte es zwar scheinbar, aber lächelte nur weiter selig vor sich hin. Dann verbeugte er sich.

„Wenn ich mich vorstellen darf, ich bin der Herr der südlichen Ländereien, Kakashi.“ Rasch erhob er sich wieder. „Und ihr müsst wohl Lord Sesshomarus…“

„Kakashi!“, ertönte plötzlich die Stimme Sesshomarus und ließ Kakashi augenblicklich verstummen. Ich hob die Augenbrauen über den unvollendeten Satz und grübelte darüber, was er wohl sagen wollte, aber seine Aufmerksamkeit war vollends dem anderen Dämon zugewandt. Ich merkte wie sich Kakashi verlegen räusperte und dann eine Entschuldigung murmelte. Ich verstand nicht ganz, er hatte doch nichts Schlimmes gemacht, aber Sesshomarus Gesichtsausdruck zu urteilen lag ich da meilenweit daneben. Als ich ihn ansah, würdigte er mich keines Blickes, sondern deutete stattdessen dem anderen Dämon, ihm zu folgen. Dieser warf mir noch einen kurzen Blick zu und verschwand dann. Ich ließ mich in den Stuhl fallen und als ich auf meinen Teller starrte, verging mir mit einem Mal der Appetit und ich schob ihn von mir weg, nur um dabei zuzusehen, wie er rasch von einer Dienerin weggebracht wurde. Ich stützte meine Ellbogen auf dem Tisch auf und barg das Gesicht in meine Hände. Obwohl ich nicht weinte, entkam mir ein Schluchzer. Was hatte ich denn nur falsch gemacht?
 

„Findest du es wirklich gerecht, dass du sie so behandelst? Das arme Mädchen ist jeden Tag allein“, sagte Kakashi.

„Sie ist nicht allein, schließlich ist doch Rin bei ihr“, entgegnete Sesshomaru kühl.

Ein Klatschen ertönte. Kakashi hatte sich mit der flachen Hand auf die Stirn geschlagen. „Du verstehst nicht, worum es geht, oder, Sesshomaru?“ So klug der Inu auch sein mochte, von Liebe hatte er nicht viel Ahnung.

„Was soll ich nicht verstehen?“, fragte Sesshomaru genervt.

„Dieses Mädchen braucht dich.“

Nach diesem Satz blieb Sesshomaru stehen, dachte über Kakashis Worte nach, ob er recht hatte, aber schließlich schüttelte er den Kopf. „Sie kommt schon zurecht.“

Auch Kakashi schüttelte den Kopf, als er das hörte, allerdings aus anderen Gründen als der Inu, nur dass dieser das nicht mitbekam, sondern zielstrebig auf sein Arbeitszimmer zu ging. Eine letzte Frage ertönte, bevor er in dem Zimmer verschwand.

„Ist alles vorbereitet?“

„Ja.“
 

Ich gab es auf, darauf zu warten, dass noch irgendwer kommen würde. Nein, ich gab es auf, auf Sesshomaru zu warten und ging schließlich auf mein Zimmer. Zumindest hatte ich das vor, bis ich völlig gedankenversunken in jemanden hineinlief. Ich konnte mich noch rechtzeitig abfangen und sah dann verwundert hoch. Niemand anderes als Kakashi stand vor, welcher nicht minder verwundert drein sah. Doch dann schlich sich ein sanftes Lächeln auf seine Züge.

„Wolltest du zu deinen Gemächern?“

Über diese hochtrabende Ausdrucksweise musste ich immer wieder kichern, dennoch versuchte ich, mich daran zu gewöhnen. Auch dieses Mal konnte ich mir ein Kichern nicht verkneifen, was Kakashi fragend die Augenbrauen hochziehen ließ. Aber ich winkte nur ab.

„Ist nicht so wichtig. Aber ja, ich wollte zu meinen Gemächern.“

Er hielt mir den Arm hin. „Nun, gestattest du mir, dich zu begleiten?“

„Aber gerne doch. Auf ein wenig Gesellschaft kann ich nur schwer verzichten.“ Mit Kakashi zu reden, war das perfekte Training für meine Ausdrucksweise und dazu erheiterte es mich auch noch und brachte mich von meinen sonst so trüben Gedanken ab. Allerdings brachte mich das gleichzeitig auf die Fragen, ob ich dieses Training überhaupt noch brauchen würde. Aber ich ersparte mir die Antwort und versuchte stattdessen, einfach zu genießen.

Es dauerte nicht allzu lange, bis wir an meinem Zimmer ankamen. Aber als sich der Dämon zum Gehen wandte, hielt ich ihn fest. Ich war mir nicht sicher, aber ich schätze, ich wollte nicht alleine sein. Und deshalb bat ich ihn, mir in den Garten zu folgen, denn ich wollte ihm etwas zeigen. Er willigte ein und folgte mir schließlich ohne Widerworte.

„Wie fühlst du dich?“, fragte er nach einer Weile und ich runzelte leicht verwirrt die Stirn, was ihn dazu zwang, seine Frage zu erläutern. „Fühlst du dich wohl hier bei Sesshomaru?“

Diese Frage hatte ich nicht erwartet, weshalb ich auch merkte, wie mein Gesichtsausdruck ins Betrübte wandelte, ohne dass ich es hätte verhindern können. Auch Kakashi bemerkte es sofort. Er schritt auf mich zu und tat etwas, das ich nicht erwartet hätte. Er legte die Hand auf meinen Kopf und streichelte sanft darüber, wie ich es oft bei Rin tat.

„Ich weiß, dass es für dich vermutlich nicht einfach ist mit diesem Dämon, aber du musst Vertrauen zu ihm haben.“

Vertrauen… dieses Wort schwirrte schon geraume Zeit durch meine Gedanken, doch nun wo es jemand laut aussprach, versetzte es mir einen gehörigen Stich. Ich musste vertrauen, doch das war halt nicht so einfach, wenn man bedachte, wie lange wir uns eigentlich kannten und dass dieser Dämon davor noch versucht hatte, mich umzubringen. Und nun war ich seine… ja, was war ich eigentlich. Keine Braut, keine Verlobte…. seine Freundin vielleicht, würde man in meiner Zeit sagen, aber… ich befand mich nicht in meiner Zeit. Und genau diese Tatsache machte alles noch komplizierter, als es schon war. Und mit einem Mal legte sich bei mir ein Schalter um und die Tränen rannen ohne Punkt und Komma. War ja klar, dass das mal irgendwann rauskommen würde, aber ausgerechnet vor einem Lord, das konnte auch nur mir passieren. Jedoch reagierte er äußerst gelassen, lächelte sogar und nahm mich an der Hand. Ehe ich realisieren konnte, was geschah, warf er mich über seine Schulter und marschierte die letzten Schritte in den Schlossgarten. Immer und immer weiter, bis er schließlich ruckartig stehen blieb und mich wieder runter ließ, direkt vor einem Kirschblütenbaum, welcher gerade in voller Blüte stand. Dieser Anblick berührte stets mein Herz und ich fragte mich zugleich, ob Kakashi das wusste. Ich bemerkte gar nicht, wie meine Tränen versiegten und sich ein sanftes Lächeln auf Kakashis Züge schlich. Ebenso wenig nahm ich die Präsenz einer bestimmten Person wahr, die gar nicht weit von uns entfernt stand.
 

Nachdem ich eine Weile mit Kakashi die Zeit totschlug, brachte er mich auf mein Zimmer und verabschiedete sich schließlich. Erst da wurde mir gewahr, wie sehr mich seine Gegenwart erheitert hatte. Als ich mich in dem leeren Zimmer umsah und aus dem Fenster blickte, erkannte ich, dass es bereits später Abend sein musste, da die Sonne schon untergegangen war. Kurzerhand fasste ich einen Entschluss und schlüpfte wieder durch die Tür hinaus. Der Ort, zu dem ich wollte, lag nicht weit entfernt und so war ich innerhalb kürzester Zeit an meinem Ziel angelangt. Die Bibliothek. Schon zu Anfang wurde sie mir gezeigt und ich durfte immer dorthin, wann es mir beliebte. Als ich eine Kerze anzündete und durch die alten Buchreihen ging, stach mir ein weinrotes Buch ins Auge, dessen Rücken einen weißen Dämonenhund abbildete. Neugierig wie ich war, stellte ich die Kerze beiseite und zog das Buch heraus. In geschwungener goldener Schrift stand dort „Der Adel der Hundedämonen“. Ich zog eine Augenbraue hoch, ob des Titels, entschloss mich aber nach einigen Sekunden des Überlegens, dieses Buch vorerst mitzunehmen und auf meinem Zimmer in Ruhe zu lesen. Su pustete ich das Licht der Kerze aus und huschte rasch wieder zurück, um schließlich das Buch auf mein Nachtkästchen zu legen und unter die Decke zu kriechen. Heute würde ich es nicht mehr anfangen, dafür hatte ich am nächsten Tag noch genügend Zeit. Mit diesem Gedanken schloss ich die Augen und es dauerte nicht allzu lang, bis ich mit Schlaf gesegnet wurde.
 

Ich konnte nicht einordnen, ob es Teil eines Traums war, oder etwas anderes, aber ich spürte, wie etwas oder jemand meine Wange streichelte, dann spürte ich überall Berührungen, so leicht, wie der Flügelschlag eines Schmetterlings. An meinen Schultern… Hals… Augenlidern… Lippen… Ohren. Es war eine unendliche Wonne, aus der ich niemals erwachen wollte. Trotzdem spürte auch das gegensätzliche Verlangen, die Augen zu öffnen, um festzustellen, ob es nun wunderschöne Realität oder bitterer Traum war. Doch in dem Moment, in dem ich mich dazu zwang, die Augen zu öffnen, hörten die Berührungen schlagartig auf und so fiel ich mir nichts dir nichts wieder in einen tiefen Schlaf.
 

Ein langgezogenes Gähnen entwich mir, als ich mich streckte und blinzelnd die Augen öffnete. Kaum hatte ich sie richtig offen, hörte ich, wie die Türschnalle runter gedrückt wurde und ein ziemlich aufgewühlter Kakashi herein stürmte. Ich ignorierte geflissentlich, dass er ohne Anklopfen einfach rein gekommen war und musterte ihn stattdessen kritisch. Ein paar seiner Haare standen ab und sein Blick zeugte, trotzdem er ja ein Dämon war, der nicht viel Schlaf brauchte, von großer Müdigkeit.

„Was ist los?“

„Sesshomaru ist los“, schoss er aufgebracht zurück, mir war jedoch klar, dass dies nicht gegen mich gerichtet war. Ich bedachte ihn mit einem fragenden Blick und holte währenddessen eine Bürste hervor.

„Wenn du erlaubst?“, fragte ich höflich und deutete auf die Bürste. Er verstand, nickte und setzte sich zu mir. „Was ist passiert?“ Vorsichtig nahm ich die ersten Strähnen ihn Angriff.

Er zögerte. „Du musst nicht antworten, wenn du nicht willst“, wandte ich nun ein. Doch er schüttelte den Kopf.

„Ich würde es dir sehr gern sagen, aber es ist kompliziert. Sagen wir so, Sesshomaru und ich haben bezüglich einer Sache gewisse Meinungsverschiedenheiten. Ich kenne seine Sturheit zwar schon lange, aber sie kann manchmal wirklich lästig sein.“

Ich musste lachen, denn irgendwie kamen mir diese Worte bekannt vor. Ich musste an Inuyasha zurückdenken, der mich ebenfalls oft so denken ließ. Auch Sesshomaru hatte solche Eigenheiten, die ich bereits in früheren Zeiten erlebt hatte.

„Das verstehe ich gut. Ich habe einen Bekannten, bei dem ich häufig ein ähnliches Problem hatte. Aber das wird schon, ganz sicher.“

„Warum bist du dir da so sicher?“ Fragend drehte er halb den Kopf um mich aus dem Augenwinkel ansehen zu können. Ich lächelte.

„Ich weiß es einfach“, entgegnete ich lediglich.

„Ich hoffe für dich, dass du recht hast“, murmelte er, jedoch hatte ich es nicht verstanden und fragte deshalb nach. Doch er winkte nur ab und meinte, es sei nicht so wichtig. Damit gab ich mich zufrieden und widmete mich dem Entwirren seines Haars. Als ich schließlich damit fertig war und die Bürste zur Seite legte, wandte er sich zu mir um und sah mir eindringlich in die Augen, während er die Stirn runzelte. Dieser Ausdruck war ein völlig neuer und obwohl ich ihn erst so kurz kannte, legte ich meine Hand vertraulich an seine Wange. Er wirkte überrascht, wich der Berührung jedoch nicht aus. Sanft lächelte ich ihn an, während ich begann zu sprechen.

„Dieser ernste Ausdruck steht euch nicht, verehrter Lord Kakashi.“ Und wieder musste ich lachen, als ich sein Gesicht sah, aus dem die Emotionen so leicht heraus zu lesen waren. Als ich so lachte, bekam ich nicht mit, wie sein Blick ins Betrübte wechselte.
 

In den nächsten Tagen, während ich Sesshomaru so selten sah, kam mir Kakashi dafür umso öfter unter die Augen. Es schien mir beinahe so, als wüsste er immerzu, wann ich mich einsam fühlte. Und egal, woher er das auch wissen mochte, ich war ihm unendlich dankbar. Und mit dem Anbruch eines neuen Tages entschied ich mich, Rin einen Besuch abzustatten.

Wenig später saßen wir zwei im Garten, als Kakashi plötzlich auf uns zu kam. Sofort sprang Rin fröhlich auf und lief auf ihn zu, um seine Beine zu umarmen. Er lächelte sanft, als er zu ihr herunter sah und fing sich damit einen fragenden Blick meinerseits ein, den er auch bemerkte.

„Wir kennen uns schon“, erklärte er und ich nickte. Hätte ich mir denken können. Ich beobachtete, wie er sich zu ihr herunter kniete und mit ihr redete. Ich bekam das Gespräch nicht wirklich mit, stattdessen klinkte sich mein Denken automatisch aus, während ich Kakashis ehrliches Lächeln betrachtete. Unweigerlich dachte ich an Sesshomaru, der so selten lächelte. Selbst mich hatte er nicht mehr angelächelt. Warum ich nun wieder in diese trübsinnigen Gedanken verfiel, konnte ich mir selbst nicht erklären, aber mit einem Mal überfiel mich ein Gefühl von Einsamkeit. Und das, obwohl doch gleich zwei Personen, die mir viel bedeuteten, in der Nähe waren. Dennoch fühlte es sich so an, als würde mich Dunkelheit umhüllen. Angst durchfloss meine Knochen, ich spürte, wie meine Lippen anfingen zu zittern und kniff die Augen zusammen. Dieses hässliche Gefühl sollte aufhören. Plötzlich wurde ich an der Schulter berührt. Ruckartig riss ich die Augen auf und blickte in zwei braune.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Rin, die Sorge war deutlich heraus zu hören. Mir fehlten für einen Moment die Worte, dann zwang ich mich zu einem Lächeln, doch…

„Warum weinst du?“, rief die Kleine erschrocken. Ich war es nicht weniger, denn erst durch ihren Ausruf bemerkte ich es selbst. Ich versuchte mich zu sammeln und winkte ab, um ihr nicht noch mehr Sorgen zu bereiten. Ich ließ mir irgendeine Ausrede einfallen. Was ich dabei nicht bemerkte, war der wachsame Blick Kakashis, der das Ganze still beobachtet hatte und nun, noch immer unbemerkt, ins Schloss zurückkehrte.

Rin begleitete mich nach einer Weile zu meinem Zimmer zurück und verabschiedete sich dann. Bevor ich mich für den heutigen Tage schlafen legen konnte, stach mir das Buch, welches ich letztens mitgenommen hatte, ins Auge. Kurzerhand beschloss ich, dieses nun anzufangen. Und mit diesem Gedanken schlug ich die erste Seite auf.
 

Ich wusste nicht wie lange es dauerte, doch nach vielem Lesen und herumblättern fand ich etwas Interessantes. Der Titel einer Gefährtin. Zuerst las ich nur darüber, für was sie stand und was sie ausmachte, eher uninteressantes Zeug. Aber dann stieß ich auf einen Absatz, der sämtliche Alarmglocken schrillen ließ.

Entscheidet sich ein Daiyokai für eine Gefährtin, so muss dies durch eine öffentliche Verkündung geltend gemacht werden. Kurz darauf folgt meist die erste Nacht, in der der Daiyokai seine Gefährtin an sich bindet. Dies passiert unweigerlich in der ersten Woche des Zusammenlebens.

Als ich den Absatz zum ersten Mal durchlas verstand ich nur Bahnhof, doch beim zweiten Mal pochte mein Herz so stark, dass ich fürchtete, es würde jeden Moment zerspringen. Ich sah, wie meine Hände begannen, zu zittern und ließ das Buch fallen. Erneut durchströmte mich das bittere Gefühl der Einsamkeit, welches mich gar aufzufressen drohte. Ich konnte nicht mehr klar denken, das einzige, wonach ich mich sehnte, war das Verschwinden dieses Gefühls. Deshalb stürmte ich aus dem Zimmer und rannte zu der einzigen Person, die mir die letzten Tage, wenn auch unbewusst, eine Stütze war. Ich dachte gar nicht erst daran anzuklopfen, weswegen ich einen ziemlich überraschten Kakashi vorfand. Er hatte es sich in einem Ohrensessel bequem gemacht und wohl eben noch an einem Buch gelesen, doch als er mein aufgelöstes Gesicht sah, wurde sein Ausdruck ernst.

„Was ist passiert?“

„Ich…“, setzte ich an, aber meine Stimme brach und mit ihr brachen die Tränen hervor, die ich bis eben noch zurückgehalten hatte. Ich spürte, würde ich noch einmal zum Sprechen ansetzen, würde ich nur noch mehr weinen. Ich fiel vor ihm auf die Knie und kniff die Augen zusammen. Ich kam mir erbärmlich vor, aber ich wusste, dass Kakashi nun der einzige war, dem ich mich anvertrauen konnte. Doch als ich aufsah, stand er auf und ging an mir vorbei. Mein Herz blieb für einen Moment stehen, ich verstand nicht, ich begann zu zweifeln und schluckte hart. Aber meine Sorgen waren unbegründet, denn als ich ein Klicken hörte und Kakashi mir die Hand reichte, um mich hochzuziehen, wurde mir klar, dass er nur die Tür geschlossen hatte. Erleichterung durchflutete meinen Körper und ich spürte, wie ein großer Teil meiner Last von meinen Schultern fiel. Ich ergriff seine Hand und ließ mich zu ihm hochziehen. Er deutete mir, mich zu setzen und so ging ich zielstrebig aufs Bett zu. Er ließ sich neben mir nieder und bedachte mich mit einem auffordernden Blick. Ich atmete tief durch, wischte mir die letzten Tränen von den Wangen und räusperte mich.

„Ich hab es jetzt begriffen…“ Ich hörte, wie sehr meine Stimme immer noch zitterte und verfluchte mich zugleich dafür. Resigniert und mit einem milden Lächeln im Gesicht sah ich ihn an. „Sesshomaru liebt mich nicht. Ich bin weder seine Gefährtin, noch sonst etwas. Ich frage mich dann nur, wieso ich überhaupt noch hier bin.“

„Was redest du denn da?“, fuhr er mich an und ich zuckte überrascht zusammen. Er ergriff meine Schultern und schüttelte mich durch. „Wie kommst du auf diesen Gedanken?“

Ich spürte, wie mir erneut die Tränen kamen. Mit verklärtem Blick sah ich ihm in die Augen. „Du siehst es doch selbst. Er ignoriert mich beinahe, er geht mir aus dem Weg. Ich bin ihm vollkommen egal.“

Kakashi schüttelte wie wild den Kopf. „Das darfst du nicht denken, Kagome. Hast du Sesshomaru denn schon gefragt, wie er die Sache sieht?“

Nun war ich diejenige, die den Kopf schüttelte. Darauf bildete sich ein sanftes Lächeln auf seinen Zügen. „Dann tu das, bevor du voreilige Schlüsse ziehst. In Ordnung?“

Ich nickte und aus dem milden Lächeln wurde ein dankbares. Er strahlte eine Ruhe aus, die nun auch von mir Besitz ergriff und mit einem Mal wurden meine Lider schwer wie Stein. Kakashi schien meine Müdigkeit zu bemerken, denn plötzlich stand er auf und hob mich hoch, nur um mich kurz darauf wieder ins Bett zu legen. „Beruhige dich und schlaf etwas. Und danach redest du mit Sesshomaru, ja?“

Erneut nickte ich. „Danke“, flüsterte ich, bevor mir auch schon die Augen zufielen und ich in einem tiefen Schlaf versank.

Kakashi währenddessen betrachtete gedankenversunken das schlafende Gesicht des Mädchens. Frustriert knirschte er mit den Zähnen und griff sich an die Brust, an die Stelle, wo sich sein Herz befand.
 

Ich erwachte, als ich eine Hand auf meinem Kopf spürte. Und das erste was ich sah, war violettes Haar. Ich blinzelte verwirrt und guckte dann weiter, bis mein Blick einen kupferfarbenen streifte. Ruckartig zuckte ich hoch, hielt mir aber im nächsten Moment den Kopf. Diese Bewegung war eindeutig zu schnell, mein Kopf pochte schmerzhaft und ein kurzer Schwindel überfiel mich. Danach kam die Erinnerung von gestern Abend zurück und ich schluckte hart, was Kakashi nicht zu entgehen schien.

"Wie geht es dir?“

Ich atmete tief durch, um mir diese Frage selbst zu beantworten und stellte fest, dass mein Körper nicht sofort anfing zu zittern. „Besser“, antwortete ich jedoch schlicht.

Kakashi nickte verstehend und reichte mir wieder mal die Hand. „Bist du bereit?“

„Ja.“ Und mit diesen Worten ließ ich mich von ihm auf die Füße ziehen und zusammen schritten wir gemächlich auf Sesshomarus Arbeitszimmer zu.

Trotz meiner augenblicklichen Aufwühlung klopfte ich höflich an die Tür. Ein Herein ertönte und wie erwartet, fand ich Sesshomaru vor. Mein Herz wurde urplötzlich schwer wie Stein und die Worte wollten einfach nicht aus meinem Mund heraus. Stattdessen sah ich den Inu einfach nur an. Dieser erwiderte ruhig den Blick, bis er schließlich die Stimme erhob.

„Was willst du?“ Seine Frage klang barsch, gereizt, weshalb ich unweigerlich zusammen zuckte.

„I-Ich will dich etwas fragen“, stotterte ich zurück, noch immer fehlten mir die Worte. Er hob eine Augenbraue und warf mir einen auffordernden Blick zu.

„Ich höre.“

„Was bin ich für dich?“ Nun wanderte auch seine andere Augenbraue in die Höhe.

„Warum fragst du das?“, entgegnete er gelassen.

„Spielt das eine Rolle?“ Auf die Gegenfrage war ich nicht vorbereitet, weswegen ich nun gereizter, als gewollt, reagierte.

„Ja.“

„Warum? Warum kannst du mir nicht einfach meine Frage beantworten?“

„Weil du offensichtlich kein Vertrauen zu mir hast. Denn sonst würdest du diese Frage niemals stellen“, antwortete er. Sein Tonfall klang abwertend und das traf mich tief.

Da war es wieder. Vertrauen. Wenn nun selbst er damit anfing, dann… - Augenblicklich senkte ich den Kopf, ein mildes Lächeln huschte über meine Lippen.

„Achso…“, hauchte ich. „Natürlich, es ist meine Schuld. Entschuldige, dass ich mich so gedankenlos verhalten habe.“ Ich wusste, er konnte meine Augen durch die Stirnfransen nicht sehen, was auch besser so war. „Ich geh dann mal wieder.“ Ich drehte mich um und ging langsamen Schrittes durch die Tür. Und sobald ich sie hinter mir geschlossen hatte, spürte ich die heißen Tränen meine Wangen hinab laufen. Ich unterdrückte mühevoll einen Schluchzer und rannte so schnell, wie mich meine Beine trugen. Weg, einfach nur weg.

In diesem Moment machte ich mir keine Gedanken darüber, wer recht hatte und wer nicht, dennoch hatte mich Sesshomarus Aussage tief getroffen und ihm schien das vollkommen egal zu sein. Und genau diese Tatsache machte mich so unendlich traurig und ließ mein Herz schmerzen, bis es auseinanderbrechen würde.

Nach einer Weile fand ich mich letztendlich im Schlossgarten wieder, vor dem Kirschblütenbaum von damals, als mich Kakashi zu trösten versuchte. Ich ließ mich auf den Wurzeln nieder und vergrub mein Gesicht in meinen verschränkten Armen. Als ich wenige Sekunden später eine Hand auf meinem Kopf spürte, zuckte ich heftig zusammen und sah erschrocken auf. Ich dachte, es wäre Sesshomaru, welcher mich mit einem herablassenden Blick strafen würde, weil ich vor mich hin heulte. Aber er war es nicht, der mir im Schein der Sonne sanft entgegen lächelte und mich im nächsten Moment in seine Arme zog. Nein, es war Kakashi, der mir nun leicht über das Haar und den Rücken strich und versuchte, mich zu beruhigen. Ich ließ mich einfach halten und sah über seine Schulter in den Himmel und versuchte zeitgleich zu begreifen, was hier vor sich ging. Irgendwann nach… ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, ließ er von mir ab und sah mich eindringlich an.

Als ich seinen Blick erwiderte, spürte ich es schon wieder. Obwohl ich versuchte, einen weiteren Gefühlsschwall zu verhindern, es brach über mich und war wie eine Naturkatastrophe einfach nicht aufzuhalten. Ich schlug mir die Hand vor den Mund und spürte erneut die Tränen aufkommen.

„Ist es wirklich nur meine Schuld? Weil ich kein Vertrauen zu Sesshomaru habe?“ Flehend blickte ich Kakashi an, er sollte mir eine Antwort geben. Doch stattdessen passierte etwas ganz anderes. Es ging so schnell, dass ich nur plötzlich etwas auf meinen Lippen spürte und im nächsten Moment realisierte, dass es Kakashis Lippen waren, die sich fast schon verzweifelt an meine schmiegten. Der Kuss dauerte gerade mal eine Sekunde, zumindest kam es mir so vor, oder ich brauchte einfach nur zu lange, um das Geschehene zu realisieren. Kaum war das geschehen, zog er mich wieder an seine Brust und bettete seinen Kopf auf meinen.

„Bitte hör auf zu weinen.“ Es war kein Befehl, es klang eindeutig nach einer Bitte. Ich versuchte, dieser Bitte nachzukommen und ließ mich in das wohlige Gefühl seiner Umarmung fallen.

„Komm mit mir“, hörte ich ihn nach einer Weile flüstern. Verwirrt, ob seiner Aussage, löste ich mich von ihm und sah auf. Er schien meine Verwirrung zu bemerken.

„Ich will dich nicht zu etwas zwingen, aber ich will, dass es dir gut geht und deshalb… komm mit mir auf mein Schloss. Ich will, dass du bei mir bist.“

Sprachlos blickte ich ihm in die Augen, wusste nicht, was ich sagen sollte. Es kam einfach viel zu plötzlich. Jedoch schossen mir sofort die Erinnerungen mit ihm durch den Kopf und jeder meiner Sinne schien sofort dafür zu sein, mit ihm zu gehen. Aber mein Herz schien für diesen Moment still zu stehen, wollte keinen Laut von sich geben.

„I-Ich…“, fing ich an, doch bevor ich weiter sprechen konnte, spürte ich plötzlich etwas Spitzes meine Haut entlang streichen. Eine Gänsehaut überlief mich und im nächsten Moment erklang eine Stimme.

„Du wagst es, Kakashi?“, knurrte Sesshomaru. Ich spürte, wie sich von hinten ein Arm um meine Taille schlang. Verwundert darüber, ihn hier plötzlich zu sehen, drehte ich meinen Kopf zur Seite, um ihn anzusehen, doch sein Augenmerk richtete sich ausschließlich auf Kakashi, dessen Augenbrauen sich wütend zusammengezogen hatten.

„Ja, das tue ich. Trotz der Regeln kann ich nicht weiter mit ansehen, wie du sie behandelst. Das hat sie nicht verdient.“

„Wie ich sie behandele kann dir egal sein. Sie muss lernen, was es heißt, ihren Titel zu tragen.“

„Titel? Du hast keine Ahnung, was sie denkt und was für Sorgen sie hat. Für sie ist das alles neu und im Gegensatz zu dir ist sie weder adlig, noch ein Dämon. Wie kannst du von ihr erwarten, sich so zu verhalten, wie du? Du wolltest sie doch, weil sie nicht, wie ein Dämon ist, oder irre ich da?“

Ein erneutes Knurren ertönte, diesmal von beiden Seiten. Ich währenddessen sah mich überhaupt nicht mehr heraus. Mein Kopf schwirrte von den ganzen Informationen, ich verstand nur Bahnhof. Ging es hier nun tatsächlich um mich? Die Fragen stapelten sich mit jeder Sekunde mehr in meinem Kopf, doch keine wurde beantwortet, stattdessen musste ich weiterhin dem Streit lauschen. Ich verstand nichts. Um was ging es hier nun genau? Warum verhielt sich Sesshomaru plötzlich so seltsam besitzergreifend? Empfand er doch etwas für mich? Wurde eifersüchtig. Es gab so viele Möglichkeiten und Antworten, doch keine schien so recht zu ihm zu passen und schlagartig wurde mir bewusst, wie wenig ich ihn doch kannte. Dann fiel der entscheidender Satz seitens Kakashi, welcher das Fass zum Überlaufen brachte.

„Wenn du nicht erkennst, was du an ihr hast, werde ich mich ihrer annehmen, egal, was du dagegen einzuwenden hast.“

Das reichte. Mit aller Macht befreite ich mich aus dem Griff Sesshomarus, dabei kam ich mit seinen Krallen in Berührung und als ich schließlich zwischen den beiden stand, spürte ich bereits das Blut an meiner Wange hinab laufen.

„Hört auf!“, rief ich. Erneut spürte ich Tränen über meine Wangen fließen, aber es war mir egal. „Ich tappe die ganze Zeit im Dunkeln, ich habe nicht die geringste Ahnung, über was ihr hier redet und ich will nicht wie ein Gegenstand behandelt werden. Warum? Warum tut ihr mir das an?“ Ich war kurz vor einem Nervenzusammenbruch, das war einfach alles zu viel. Meine Sicht verschwamm und ich drohte, auf die Knie zu fallen, doch bevor dies passieren konnte, wurde ich aufgefangen. Meine Sicht klärte sich wieder und ich blickte in Sesshomarus goldene Augen. Ehe ich ein Wort von mir geben konnte, nahm er mich auf die Arme und trug mich davon. Ich sah noch aus dem Augenwinkel Kakashi, wie er uns nachsah, aber sich nicht vom Fleck bewegte. Ich glaubte sogar, ein leichtes Lächeln auf seinen Zügen zu sehen. Aber bevor ich weiter darüber spekulieren konnte, ob es nun ein Lächeln war oder nicht, wurde ich an eine Wand gedrückt und… geküsst. Erstaunt riss ich die Augen auf. Von Schock konnte hier keine Rede sein, schließlich war es das, nach dem ich mich so lange gesehnt hatte. Dennoch war in dieser Zeit meiner Sehnsucht entstanden, was sich nicht so einfach durch einen Kuss klären ließ. Was aber nicht hieß, dass es mich kalt ließ. Ich konnte das Verlangen und sogar… Sehnsucht, in diesem Kuss spüren, dennoch fehlte mir die Kraft und vor allem die Nerven, diesen Kuss zu erwidern. Weshalb ich zuerst noch schwach, doch dann schließlich bestimmt meine Hände gegen seine Brust stemmte. Er schien meinen Widerstand zu bemerken, denn er löste sich von mir und sah mir verwundert in die Augen. Dass er mich überhaupt ansah, ließ mein Herz schon wieder hüpfen. Aber davon ließ ich mich nun nicht beeinflussen, sondern zog ihn in das nächste Zimmer und nahm abrupt etwas Abstand. Zuerst senkte ich den Kopf, ich musste Mut fassen, nochmals alle Worte zusammen sammeln, die mir im Kopf herumschwirrten. Dann hob ich mein Haupt und blickte ihm entschlossen entgegen.

„Was ist hier los, Sesshomaru?“

Er sah mich nur an und sagte nichts, was mich dazu zwang, eine weitere Frage zu stellen.

„Warum hast du mich die ganze Zeit, seit wir hier im Schloss leben, ignoriert? Habe ich etwas falsch gemacht? Bitte, sag es mir.“ Ich schluckte den Kloß hinunter, der sich wieder in meinem Hals gebildet hatte und meine Stimme beinahe brechen ließ.

Sesshomarus Gesicht hatte sich während meines Sprechens kein Stück bewegt, doch nun, nachdem ich endete, bemerkte ich diese Veränderung in seinen Augen. Schuld. Konnte es sein? Er hatte schlechtes Gewissen.

„Es…“, setzte er an, doch in diesem Moment platzte Jaken in den Raum. Völlig außer Puste legte er eine Vollbremsung vor uns hin.

„Lord Sesshomaru, die Antworten der anderen Lords sind gekommen“, teilte er mit. Ich dachte, es ging um irgendwas politisches, doch wieso zog mich Sesshomaru dann mit, als er zu seinem Arbeitszimmer schritt?

„Das hat ja auch lange genug gedauert“, hörte ich seine wütende Stimme. Ich runzelte die Stirn und überlegte, um was es denn wichtiges gehen könnte, doch als wir vor der Tür seines Arbeitszimmers standen und hindurch traten, blieb mir nicht mehr viel Zeit dazu. Sofort griff er nach den Papierrollen, die auf seinem Schreibtisch lagen und überflog den Text. Ein kaum merkliches Lächeln huschte über sein Gesicht, welches von Erleichterung zeugte, dann griff er nach der anderen Rolle und las sich auch diese durch. Seine gesamte Haltung schien sich zu entspannen und schon fast beruhigt, wie es auf mich wirkte, legte er die Rolle zurück an seinen Platz. Dann ging er auf mich zu, packte meine Hand und zog mich mit einem Ruck in seine Arme. Perplex blinzelnd legte ich den Kopf in den Nacken, um ihn ansehen zu können. Er schien mir die Frage anzumerken. Aber anstatt sie mir sofort zu beantworten, lächelte er nur und vergrub dann sein Gesicht in meiner Halsbeuge.

„Du wolltest ja wissen, was du für mich bist…“, murmelte er und ich wurde hellhörig.

„Ja, aber du wolltest es mir ja nicht sagen, weil du meintest, ich würde dir nicht vertrauen.“

„Und vertraust du mir jetzt?“

Ruckartig stieß ich ihn von mir und blickte ihm verletzt entgegen. „Ist das dein Ernst? Wie kannst du von mir erwarten, dir zu vertrauen, wenn du nur Geheimnisse vor mir hast?“

Er schien verwundert, doch dann fuhr er sich genervt mit der Hand durchs Haar. „Dann hatte Kakashi also tatsächlich recht. Das werde ich mir sicher bis an mein Lebensende anhören müssen.“

Irritiert runzelte ich die Stirn ob dieser Aussage. Ich verstand den Zusammenhang nicht ganz, das schien auch Sesshomaru zu bemerken.

„Kakashi hatte sowas ähnliches gesagt und mich ständig belehrt wegen meines Verhaltens dir gegenüber. Aber ich dachte, du würdest es verstehen. Nur scheinbar weißt du gar nichts über die Gepflogenheiten der Dämonen“, stellte er fest.

„Was meinst du damit?“

Er seufzte. „Es gibt bestimmte Gründe, weshalb ich dich die ganze Zeit ignoriert habe.“

„Und die wären?“ Nun war ich wirklich gespannt.

„Das Ritual der Ehe, wir ihr Menschen es nennt, wird bei uns Dämonen anders durchgeführt, als bei euch.“

Ich legte fragend den Kopf schief ob dieser Aussage, was Sesshomaru zwang, sich zu erläutern.

„Gerade beim Hochadel hat man die Pflicht, die anderen Hochmächte über eine Vermählung zu informieren. Und bevor nicht die Antwort derer eingetroffen ist, darf der Gefährte nicht Hand an seine Auserwählte legen. Der Grund, warum ich dich ignoriert habe, hängt damit zusammen. Ein weiterer Grund ist die Tatsache, dass ich wegen dieser Sache keine Zeit für dich hatte“, gab er ruhig von sich, dennoch konnte ich eine Spur von Reue heraushören.

„Aber es hieß doch, dass die erste Nacht zwischen Gefährte und Gefährtin in der ersten Woche des Zusammenlebens geschieht.“

Sesshomaru riss erstaunt die Augen auf und fing plötzlich an, mich zu mustern. Ich zog darauf verwirrt die Augenbrauen zusammen, doch was mich dann schockte, war das Lachen Sesshomarus. Ich starrte ihn währenddessen nur mit offenem Mund an und wartete darauf, bis er sich wieder beruhigte, was zu meiner Verwunderung doch recht schnell passierte. Noch immer amüsiert und mit einem deutlich schelmisches Grinsen im Gesicht sah er mich an.

„So gern ich diese Regelung auch einführen würde“, bei diesen Worten stand er plötzlich vor mir und hob mein Kinn an. „bleibt mir dies leider verwehrt. Allerdings würde es mich interessieren, wie du auf diese Idee kommst.“

„A-Aus diesem Buch“, stotterte ich, die plötzliche Nähe hatte mich eindeutig aus dem Konzept gebracht und ich merkte mit einem Mal, wie meine Wut und meine Trauer mit jeder weiteren Sekunde, die verstrich, verpufften. Nebenbei ging mir auch seine erste Bemerkung wegen der ersten Nacht nicht sofort wieder aus dem Kopf.

Sesshomaru runzelte die Stirn und seine Augen verschmälerten sich. „Welches Buch?“

Ich grübelte einen Moment, dann fiel mir der Titel wieder ein. „Es heißt ‘Der Adel der Hundedämonen‘. Ich habe es in der Bibliothek gefunden.“ Sesshomarus Ausdruck wechselte in ungläubig und für einen Moment sah es so aus, als wäre er kurz davor sich mit der Hand auf die Stirn zu schlagen, was leicht kichern ließ. Er jedoch achtete nicht weiter darauf, sondern schritt abermals auf seinen Schreibtisch zu und öffnete eine Lade, um mir im nächsten Augenblick ein Buch vor die Nase zu halten, das einen ähnlichen Einband vorwies.

„Das Buch, welches du gefunden hast, ist ein altes Exemplar. So sahen die Gepflogenheiten vor der Regentschaft meines Vaters aus, aber dies hier ist das jetzige Regelwerk“, lächelte er.

Sein Lächeln wieder zu sehen, ließ mein hüpfen und meine Seele ruhen. Ich spürte, wie zwischen uns etwas heilte. Jedoch fiel mir noch eine Frage dazu ein.

„Ich dachte, es gäbe keine Regeln bei Dämonen. Und selbst wenn, wundert es mich doch, dass du dich daran hältst.“

Sein Lächeln verzog sich zu einem verführerischen Grinsen. „Nicht alles hat seine Regeln, aber da es hier vor allem um Macht geht und zusätzlich darum, dass mir die anderen Adeligen nicht mehr ihre Töchter herschicken, musste ich zuerst sicher gehen, dass sie mit dir als meine Gefährtin einverstanden sind. Hätte ich nicht auf ihre Antwort gewartet, hätte das nur unnötige Probleme mit sich gebracht.“

Das klang plausibel, aber eine Sache an der Geschichte stimmte mich traurig. „Und was wäre gewesen, wenn sie nicht mit mir als deine Gefährtin einverstanden gewesen wären?“

Ich hatte meinen Kopf gesenkt, doch dann spürte ich, wie er erneut mein Kinn anhob, damit ich ihm in die Augen sah. Ein selbstsicherer Ausdruck lag auf seinen Zügen.

„Dumme Miko“, sagte er, aber so sanft, dass ich wusste, er meinte es nicht böse. „dazu wäre es niemals gekommen. Denn sie wissen alle, was sie sonst zu befürchten hätten. Im Grunde genommen ist es also nur eine Formalität. Daran solltest du dich gewöhnen, denn glaub mir, es wird öfter vorkommen.“

Diese Antwort beruhigte mich zutiefst, auch wenn mich letzteres dann doch wieder beunruhigte, aber darüber wollte ich mir nun keine Sorgen machen.

„So ist das also.“

„Sind deine Fragen nun beantwortet?“

„Ich glaube schon…“, grübelte ich, lächelte aber dann. „Danke. Und es tut mir leid, dass ich dir nicht vertraut habe.“

Abermals schlich sich dieses Grinsen auf sein Gesicht. Und mit einem Mal schlang er einen Arm um meine Taille und zog mich an sich. „Es ist in Ordnung. Aber…“

„Aber was?“ Misstrauisch beäugte ich ihn, während mir langsam die Röte in die Wangen stieg. Ich ahnte etwas.

„Ich verlange eine Wiedergutmachung“, sagte er ernst und vergrub sein Gesicht wieder in meiner Halsbeuge.

„Und was schwebt dir da vor?“ Ich zuckte zusammen, wie ein scheues Reh, als ich seine Hand meine Seite hinab streichen spürte.

„Muss ich wirklich noch darauf antworten“, knurrte er. Jedoch klang es kein bisschen bedrohlich. Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, spürte ich einen Luftzug, hörte eine Tür, noch eine und plötzlich lag ich auf einem Bett. Und ich wusste, es handelte sich dabei nicht um meines. An diese Geschwindigkeit würde ich mich wohl nie gewöhnen. Auf einmal spürte ich Sesshomarus Lippen auf meinen und mit Freuden erwiderte ich nun den Kuss. Es war alles geklärt und nun hielt uns nichts mehr auf. Viel zu lange hatte ich diese Sehnsucht verspürt, aber nun konnte ich ihr freien Lauf lassen. Verlangend schlang ich die Arme um Sesshomarus Hals und vergrub meine Hände in seinem langen, seidigen Haar. Eine Sekunde später löste er sich von meinen Lippen und verteilte überall auf meinem Körper Küsse, so schnell und sanft, wie die Flügelschläge eines Schmetterlings. Da kam mir die Erinnerung meines Traums in jener Nacht in den Sinn. Nun wurde mir klar, dass es sich dabei wohl nicht um einen Traum gehandelt hatte und gleichzeitig verstand ich, dass er immer in den Momenten bei mir wahr, in denen ich es selbst nicht bemerkte. Das passte mal wieder zu ihm, still und heimlich über mich wachen. Dieser Gedanke ließ mich leise kichern, denn ich erkannte dadurch, dass ich ihn scheinbar doch ein bisschen kannte. Sein Gesicht erschien wieder vor meinem und seine Augenbrauen wanderten fragend in die Höhe. Meine Antwort bestand jedoch nur aus einem bescheidenen, aber liebevollen Lächeln. Und als nächstes nahm ich seine Lippen in Beschlag. Er ging scheinbar liebend gern darauf ein, denn ich spürte, wie sich seine Lippen zu einem Grinsen kräuselten und er den Kuss rasend schnell intensivierte. Als er meine Kleidung von meinen Schultern schob, hielt ich inne. Er merkte es sofort und sah mich wachsam an. Ich wandte meinen Blick ab, ich wollte nicht, dass er es merkte, aber ich hätte wissen müssen, dass ich ihm nichts vormachen konnte. Ich spürte seine Finger über meine Wange streichen und verstand sofort. Frustriert seufzte ich auf und drehte mein Gesicht wieder zu ihm. Was ich da sah, ließ mich ungläubig die Augen weiten. Ein sanftes Lächeln zierte seine Züge, ein Lächeln, welches ihm sehr gut stand, aber noch viel wichtiger: Ich verstand die Botschaft dahinter. Ein Nicken meinerseits genügte ihm und mit jeder Sekunde segelte ein Kleidungsstück gen Boden. Es fiel mir gar nicht auf, zu sehr versank ich im flüssigen Gold seiner Augen, welches ich bis jetzt so selten zu Gesicht bekommen hatte. Aber ich hatte so das Gefühl, dass ich es nun öfter sehen würde...
 

Schützend schlang der Dämon die Arme um mich, während ich bereits ins Traumland abdriftete. Die drei Worte, die er mir noch leise ins Ohr wisperte, bekam ich leider nicht mehr mit.

Diese Nacht würde ich wohl nie vergessen, schließlich war es mein erstes Mal. Aber nicht nur deshalb, denn es war mit dem Menschen – oder sollte ich lieber sagen Dämon? – den ich über alles liebte. So viel stand für mich fest.
 

„Ich hoffe, dir geht es in Zukunft besser“, sagte Kakashi, als er sich zwei Tage später von uns verabschiedete.

Ich warf einen Blick zu Sesshomaru, dessen Augenmerk wiederum wachsam auf dem anderen Dämon lag. Ein Lächeln erschien auf meinen Lippen, als ich mich Kakashi wieder zuwandte.

„Davon bin ich überzeugt. Aber…“, druckste ich herum und erntete dafür einen fragenden Blick. Ich zögerte nicht lang und umarmte ihn fest. „Danke.“

Hinter mir hörte ich ein Knurren und verdrehte milde lächelnd die Augen. Schnell löste ich mich wieder von Kakashi und griff nach Sesshomarus Hand, um sie leicht zu drücken. Er erwiderte unauffällig den Druck, sein Ausdruck zeigte aber immer noch dieselbe Kühle wie eh und jäh. Aber ich schätzte, sowohl Rin als auch Kakashi konnten die Gefühle dahinter erkennen.

Der kupferäugige Dämon grinste mich leicht an, nahm meine Hand und hauchte wieder einen Kuss auf den Rücken. „Es war mir eine Freude, dich zu treffen Lady des Westens.“

Ein Kichern konnte ich bei dieser Betitelung nicht unterdrücken, aber ansonsten schwieg ich und sah zu, wie Kakashi Rin einmal durchs Haar wuschelte, Sesshomaru zunickte und sich dann umwandte. Aber drei Schritte später hielt er nochmal inne und drehte sah über seine Schulter zu uns.

„Hey Sesshomaru. Ich würde dir raten, dich gut um sie zu kümmern, denn sonst werde ich sie das nächste Mal ohne Zögern mitnehmen.“ Der Inu gab darauf keine Antwort, stattdessen schlang er nur einen Arm besitzergreifend um meine Taille und zog mich zu sich. Abermals knurrte er wie zur Warnung. Kakashi schien die Drohung zu verstehen, denn ein Lachen entwich seinem Mund und schließlich schritt er weiter, bis er im Dickicht des Waldes verschwand.
 

Das war schon eine anstrengende Zeit, aber dank Kakashi konnte ich mich mit Sesshomaru wieder vertragen. Und das war das Wichtigste. Diese und andere Gedanken schwirrten mir durch den Kopf, als ich den Sonnenuntergang betrachtete. Seit Kakashis Abreise war eine Woche vergangen und ich war glücklicher denn jäh. Wie konnte ich nur bloß je daran zweifeln, die falsche Entscheidung getroffen zu haben? Ein Seufzen entwich mir.

„Kagome“, säuselte er in mein Ohr. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er hinter mir stand. Obwohl… wieso wunderte mich das überhaupt? Als er anfing, an meinem Ohr zu knabbern, lehnte ich mich entspannt zurück.

„Ich liebe dich“, flüsterte ich. Er antwortete nicht, sondern küsste mich lediglich sanft auf die Schläfe. Aber dies reichte mir bereits als Antwort. Ehe ich mich versah, zog mich Sesshomaru ins Zimmer Richtung Bett. Ich wusste sofort, was er vorhatte, ließ mich aber mit Freuden darauf ein. Und während der Dämon die Miko abermals mit federleichten Küssen bedeckte, blühten die weißen Rosen im Schlossgarten in ihrer schönsten Pracht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Yuna_musume_satan
2019-04-03T09:31:29+00:00 03.04.2019 11:31
Haa einfach bezaubernd
Von:  KagomeKizu
2014-10-22T12:33:13+00:00 22.10.2014 14:33
Einfach nur wunderschön!
Schade das es schon zu Ende ist, hätte gerne noch etwas weiter gelesen und erfahren wie es mit den beiden weiter geht.
Und ob sie Kinder haben werden? (und wieviele) ^_^

*liebegrüssedalass*
Kagome
Von:  Biancacojocaru
2014-07-29T22:55:23+00:00 30.07.2014 00:55
Einfach tolle man war ich aufgeregt ich hab mich so mitreißen lassen von deiner Geschichte ich freue mich mehr von deinen Geschichten zu lesen 😊
Antwort von:  Hikari217
02.08.2014 17:29
Haha, schön, dass es dir gefallen hat.
Dankeschön^^
lg
Von:  Fanta
2014-05-22T16:38:41+00:00 22.05.2014 18:38
Waaas jetzt schon zuende :0
Einfavh nur toll! Ich liebe das pairing *-*
Freue mich noch auf gaaaaaaanz viele andere storys :D

Fanta <3
Antwort von:  Hikari217
22.05.2014 20:01
Jep, ich wollte es bei einem Endkapitel belassen:)
Danke, das freut mich sehr. Ich auch^^
Mir schwirren immer wieder Ideen zu dem Pair im Kopf, aber derzeit leg ich das Thema mal beiseite. Es wird also dauern, bis wieder mal was dazu kommt.
Danke für deine vielen Kommentare:D
lg
Von:  Jeanne18
2014-05-21T19:28:04+00:00 21.05.2014 21:28
Tjaaaaaa was soll ich dazu sagen...???

Haaaaach einfach herrlich, sowas von toll!!!
Schade das es schon zu Ende ist!
Freu mich schon auf eine neue Story von dir mit diesem Pairing!!!!

Gruß Jeanne
Antwort von:  Hikari217
22.05.2014 19:59
Hehe, das erleichtert mich wirklich total und freut mich genauso. Hab auch lang genug daran geschrieben^^'
Tja, alles hat irgendwann sein Ende.
Momentan denk ich nicht daran, wieder eine ff mit dem Pair anzufangen, was aber nicht heißt, dass ich nicht schon Ideen hätte. Aber das wird wohl noch dauern.
Danke für dein Kommentar^^
lg


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