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Night's End

Der Wiedergänger
von

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Mesalla

Im Hof des Palais nahm der Stallmeister persönlich die Pferde entgegen und mokierte sich über Lucas Geistertier.

Als der Mann mit seinen Stallburschen die Pferde über den gepflasterten Hof führte, hörte Luca noch immer leise Flüche und Beschwerden, warum Magier immer solche dummen Scherze mit einfachen Menschen machen müssten.

„Machst du das absichtlich, Luca?“, fragte Gerome, ohne rechtes Interesse an der Antwort. Der Junge drehte sich bewundernd um seine eigene Achse und betrachtete den sandfarbenen Palast, dessen Spitzbögen, schlanke Säulen und Minarette so gar nicht in das Stadtbild passen wollten. Valvermont war eine prachtvolle, reiche Stadt mit gewaltigen Häusern, Villen, Plätzen, Theatern und Parkanlagen. Aber der Palast, trotz seiner goldenen, warmen Pracht, wirkte archaisch in der Moderne der mehrgeschossigen Stadthäuser und deplatziert, wenn man den Baustil Kaleshs hier, am Rande der Nordreiche erkannte. Durchbrochener Sandstein, Messingsymbole in den Bodenplatten des Hofes, ein palastumfassender Balkon mit mehreren zierlichen, durchbrochenen Stufen, kein Glas in den Fenstern und wehende Gazevorhänge anstatt Türen. Dieser Palast war ein Traum aus einem Märchen, fand Luca immer, wenn er sich hier aufhielt.

Mesalla umgab sich mit den Träumen seiner Heimat, Orpheus Heimat.

Die schönsten Felinen, aufrecht gehende, humanoide Katzen, bedienten Mesalla hier, waren ihm zu willen und dienten zur Zierde. Panther und Leoparden schlichen unbewacht und frei durch die Gänge des Palais und des prächtigen Parks. Der Duft exotischer Blumen und Früchte erfüllte die Luft und Phiolen mit duftenden Essenzen und Ölen verströmten sinnbetörende Aromen.

Aki fühlte sich hier unwohl. Luca sah, dass die Herrscherin des Nordens schauerte unter dieser südlichen Pracht. Eis, Schnee und kaltes silbrig weißes Licht waren ihre Welt.

Auch Sjorn zog unwillkürlich den Kopf zwischen seine breiten Schultern. Gerome schien das alles hier zu faszinieren, und Orpheu fühlte sich zu Hause. Luca konnte sich nie des Gefühls erwehren hier Hals- und Handschellen zu tragen. So zauberhaft das alles hier erschien, so wenig schön waren die Begegnungen mit Mesalla für ihn gewesen. Der Prinz lag seit langen Jahren in Streit mit Ihad um Luca. Er wollte den Magier für sich haben, wie er sagte, als Vertrauensperson und Berater. Er hatte Luca sogar das Angebot gemacht, dass er wieder seinen wirklichen Namen tragen dürfte und wie ein König leben konnte. Ihads Angebot war ein anderes. Wissen zu sammeln und wenigstens in den Schlachten frei zu sein.

Lucas Wahl wurde ihm sehr einfach gemacht. Er wollte nichts mehr als frei sein.

Hier lastete ein Stein auf ihm, der ihn nieder drückte.

Die Anführerin der Garde trat zu der kleinen Gruppe, verneigte sich tief vor Aki Valstroem und blieb vor der Elfenkönigin knien.

„Hohe Dame, mein Herr erwartet euch mit Freude im Herzen“, sagte die Riesin. Dabei lispelte sie stark.

Aki bedeckte ihre blasse Stirn und die Augen mit dem Handrücken gegen das gelle, heiße Sonnenlicht.

Eine Wolke von Schmetterlingen, unter die sich unbemerkt etliche schwarze mischten, stob auf und umflatterte die Königin. Einige von ihnen setzten sich wie lebende Blumen in ihre Haare.

„Der Prinz bittet euch sein Gast zu sein, bis ihr das Schiff nach Sarina betretet. Euch wird es an nichts mangeln. Ihr sollt dieselben königlichen Rechte haben, wie sie in eurem Reich üblich sind.“

Aki senkte den Blick. „Seid bedankt, liebe Frau,“ lächelte sie. „Prinz Mesalla ist gütig und weise. Ich möchte ihm aber selbst meinen Dank aussprechen können.“

Die Riesin richtete sich auf. „Bitte folgt mir, Herrin.“
 

Nachdem Gerome mehr als einmal einer Felinen und einer Großkatze hinterhergelaufen war, nahm Luca ihn zwischen sich und Orpheu an die Hand.

Insgeheim fand er den Gedanken bizarr, aber Gerome/ Gregorius spielte seine Rolle als recht unerzogener junger Mann aus reichem Hause perfekt. So hielt sich der Magier auch in keiner Weise zurück wenigstens die eine oder andere streng väterliche Schimpftirade über dem Jungen ergehen zu lassen.

Die Riesin führte sie durch hohe Bogengänge und durch kleine Terrassengärten, Atrien und Flure in die privaten Audienzgemächer Mesallas. Mit einer forschen Handbewegung schlug sie die seidenen Vorhänge zur Seite und gewährte ihnen Einlass in einen Raum, der zur Westseite hin vollkommen offen war. Eine elegante, niedrige Balustrade begrenzte den Raum und fünf Säulen trugen das Kreuzbogengewölbe. Im Zentrum des Raumes war ein rundes Messingbassin eingelassen, in dem frische Blüten trieben. Kissen lagen auf dem rotbraunen Marmor, bezogen mit rotgoldener Seide. In Alkoven an den Sandsteinwänden standen Messingskulpturen von Felinen und Drachen, Raubkatzen und wunderschönen Elfs.

Diwane, weich gepolstert und von zauberhafter Form, standen fast willkürlich im Raum verteilt und Sessel, neben kleinen Messingtischen mit geprägten und fein ziselierten Platten, boten ein gemütliches Bild. Schalen frischen Obstes und Karaffen mit süßen Weinen und Säften warteten auf Besucher.

Winzige Feen schwebten in dem Raum und zwei schwarze Panther lagen träge im Sonnenlicht neben der Brüstung. Mesalla war noch nicht anwesend. Allerdings huschte hinter Orpheu und Luca ein zierliches Mädchen herein, das kinnlange Haar schwarz und glänzend, und die großen Bernsteinaugen hell leuchtend. Sie rutschte mit ihren feinen Seidenschühchen auf dem glatten Marmor weg und schlidderte unelegant an Sjorn vorbei. Ihr schwarzer Katzenschwanz suchte nach einem Halt und wickelte sich um sein Handgelenk. Dann hob der Troll seine Pranke und riss das Kind von den Füßen.

Sie stieß einen spitzen Schrei aus und pendelte hilflos, eine Elle über dem Boden.

Sjorn hob sie dicht vor sein Gesicht und sog ihr Aroma ein.

„Mich kannst du nicht essen, Monster!“, schrie sie aggressiv.

„Sjorn wird dich auch kaum essen, Kaya“, lenkte Luca eilig ein. „An dir ist ja nichts dran!“

Die Kleine sah den Eistroll aus großen Augen an.

„Wirklich?“, fragte sie misstrauisch.

„Wirklich“, bestätigte Sjorn geduldig und setzte sie behutsam auf den Boden.

Die Kleine richtete ihre Weste und die Hosen, strich sich das aufgeplusterte Fell an ihrem Schwanz glatt und umschritt Sjorn nachdenklich. Dann blieb sie vor Aki stehen, die sie streng betrachtete.

„Eine Eiselfe?“, fragte die Feline. „Sollte heute nicht eine Eiselfe kommen, Sis?“

Die Anführerin der Garde schluckte hart. „Kaya, das ist die Königin!“, mahnte sie leise.

Das Mädchen fuhr zusammen und blieb reglos stehen, den Blick hoch zu Aki aufgerichtet.

„Auf die Knie, ungezogenes Ding!“, befahl die Gardistin streng.

Sofort tat die Kleine, was ihre Freundin befohlen hatte.

Akis Mundwinkel zuckten, aber sie konnte sich gut genug kontrollieren, nicht laut loszulachen. Langsam kniete sie sich zu Boden und streichelte dem Mädchen liebevoll über die Haare.

„Komm Kaya, das ist nicht notwendig, mein Kleines.“

Die Feline hob vorsichtig den Blick und lächelte dann scheu.

„Ihr seid so lieb, Herrin“, sagte sie leise und kuschelte ihren Kopf gegen Akis Knie. Die Elfenkönigin hob das Mädchen auf ihre Arme und drückte sie liebevoll an sich.

„Du bist ja eine ganz Liebe“, lachte Aki, als Kaya ihre dünnen Arme um ihren Nacken schlang.

„Herrin!“

Aki und Luca drehten sich um. Unter der Tür stand ein schlanker, schwarzer Elf mit langen, zu Zöpfen geflochtenen Haaren und einem sauber gestutzten Vollbart. Seine Augen schimmerten wie Gold, als er Aki betrachtete. Mesalla war deutlich kleiner und schlanker als Orpheu, aber in seinen Zügen fand sich der Hauch großen Wissens und in Gestik und Blick strahlte er einen Zauber aus, dem sich selbst Aki nicht entziehen konnte. Er war weit mehr als ein charmanter Mann. Er war der weitaus mächtigste Mann von Äos, auch wenn sein Reich das kleinste war. Diese Macht trug er in seinem Blick, seiner Gestik. Mesalla, der Weise, der Listenreiche, der Umsichtige, der Gütige. Luca kante alle Beinahmen, die man ihm gegeben hatte. Und jeder einzelne traf zu. Mesalla war umsichtiger und geschickter, ein Trickser, der sich mit weise ausgearbeiteten Verträgen jeden Ärger vom Halse hielt, aber auch jeden an sich band, der ihm nützlich war.

Nun sank er vor Aki auf ein Knie und neigte sein Haupt. „Herrin“, sagte er leise. Seine samtene Stimme verriet, wie er seine Magie wob.

Aki setzte behutsam Kaya auf dem Boden ab und legte ihre Hand auf seinen Hinterkopf. „Prinz, ihr dürft nicht vor mir knien, nicht in eurem eigenen Haus“, gebot sie.

Mesalla erhob sich. Er reichte Aki gerade bis zur Schulter, dennoch schienen sie sich ebenbürtig. Zwei Herrscher mit großer Macht.

Mesalla bot ihr Platz auf einem Diwan nah der Brüstung an und gab Kaya einen Wink. Das Mädchen postierte sich rechts neben Aki.

Der Blick der Elfe schweifte durch den Raum. Als er auf Luca hängen blieb, schritt auch er zur Seite seiner ihm anvertrauten Herrin. Orpheu setzte sich in einen Sessel und Sjorn zog die Kissen vor. Gerome allein besetzte einen weiteren Diwan. Von seiner Position aus konnte man über die Stadt zum Meer sehen.

Schiffe unterschiedlichster Nationen, geflaggt und prächtig, lagen an den Kais vor Anker.

„Wünscht ihr etwas zu trinken oder zu essen, hohe Dame?“, fragte Mesalla.

Aki senkte den Blick. „Wasser, bitte“, bat sie leise.

Kaya eilte sofort aus dem Raum.

„Und euer Gehör für mein Anliegen, edler Prinz.“

Die Nacht war bereits heraufgezogen und der Raum kühlte deutlich aus.

Still hörte sich Mesalla alle Ausführungen der Eiskönigin an und stellte selten Zwischenfragen. Aki ließ Luca zwischendurch erzählen und lauschte seiner Perspektive.

Während der Magier die Grausamkeiten Gregories beschrieb, berührten seine Blicke immer wieder unmerklich Gerome. Der Junge fixierte ihn bei jedem Wort und haftete voller Gier an seinen Lippen. Scheinbar gefiel es ihm von seinen Taten aus dem Munde eines anderen zu hören. Seine Augen leuchteten, als Mesalla auch von ihm, als persönlichem Leibdiener Gregories, eine Erklärung haben wollte.

Im Gegensatz zu dem ersten Mal gewann der Lagerleiter die Qualitäten eines finsteren Gottes, der machtvoll, bezaubernd und von Grund auf wahnsinnig war.

Auch ohne Tams Unterstützung glaubte Luca Gerome unbesehen jedes Wort. Mehr als einmal konnte sich der Magier kaum gegen das Gefühl tief sitzender Angst, die ihn zu übermannen versuchte, wehren.

Die geisterhafte Erscheinung Leas, die plötzlich neben ihm heranwehte und ihn sachte berührte wie ein Windhauch, vertiefte Lucas ungutes Gefühl.

Still stand sie neben Luca und starrte den Jungen, Gerome, aus brennenden Augen an.

Luca konnte sich des Eindruckes nicht erwehren, dass zum ersten Mal, seit Gerome sie begleitete, Leas Gefühle gegen ihn wirklich in Aufruhr gerieten.

Er sah in den großen, jadegrünen Augen Schrecken, Ärger und Wut.

Auch wenn bislang der Junge Lea immer wieder verstohlene Blicke geschenkt hatte, so vermied er doch jetzt den direkten Blick zu ihr. Vielleicht hielt Mesalla ihn auch mit seinen Fragen zu sehr gefangen und wollte einfach zu viele Details hören.

Auch Orpheu musste minutiös seine Version der Geschichte erzählen. Zu Ende nickte Mesalla nachdenklich und wendete sich an Aki Valstroem.

„Herrin, die Verhandlungen zwischen Sarina und den Nordlanden sind hier in Valvermont gescheitert. Eure Diplomaten haben auf irgendeinem Weg von dem Gefangenenlager erfahren und die Situation genutzt, um dem Krieg neues Feuer zu geben.“

Aki senkte den Blick. Scheinbar schien sie das bereits vermutet zu haben, denn sie nickte nur still.

„Wenn ich mein Reich zurückerobern will muss ich also entweder in den Nordlanden kämpfen und mehr Blut vergießen, oder ich trete den Gang nach Sarina an und bringe dort mein Anliegen den Krieg zu beenden, vor, gestehe damit aber auch meine Niederlage ein und mein Reich wird Protektorat des Kaisers“, schlussfolgerte sie resigniert.

„Er ist kein Monster, Herrin“, wehrte Mesalla ab. „Seine Politik ist vielleicht nicht weise, aber zumindest offen und verhandlungsbereiter als die der Inselkönige von Gismonda oder der Herrscher von Rouijin, Paresh und Kalesh.“

Nachdenklich hob Aki die Hand an die Lippen. Luca sah ihren kurzen, scheuen Blick zu Gerome.

‚Weiß sie, wer er ist?’, fragte er Tam besorgt.

Der Drachling rollte sich umständlich aus Lucas Hemd und kroch vorgeblich müde auf die Schulter seines Herren hinauf.

‚Wenn du mich fragst, weiß sie es aus ihrem Stand als Avatar des Todes schon. Sie müsste sehen, dass seine Lebensfäden nicht die eines vierzehnjährigen Jungen sind’, erklärte Tam still. ‚Und scheinbar weiß er etwas über sie oder hat etwas von ihr, womit er diese mächtige Frau niederzwingen kann.’

‚Er lenkt sie also?’, fragte Luca nach.

‚Vermutlich schon’, entgegnete der Drachling und rollte sich so ein, dass sein langer Schwanz wie ein Schal um Lucas Hals hing.

‚Dann kann sie uns jederzeit gefährlich werden und in den Rücken fallen?’ Luca spürte deutlich, dass er sogar denen, die er bewunderte und Freund nannte, nicht mehr trauen konnte. Ayco, er und Orpheu standen mit dem Rücken an der Wand, eingekesselt. Nun konnte nur noch ein Wunder passieren, dass ihnen half.

‚So in der Art’, bestätigte Tambren.

Luca wollte gerade noch die Frage stellen, wie sicher die Frauen, Ria, Nea, Linnette und Kione waren, kam aber gar nicht mehr dazu den Gedanken deutlich auszuformulieren, denn die Hauptfrau der Garde wirbelte plötzlich herum, sodass ihr Kapuze und Mantel vom Leib herabsanken und riss die Vorhänge zum Flur zur Seite.

Ihr langer Schwanz peitschte nervös über den Marmor.

Aki drückte sich schutzsuchend an Luca, der immer noch hinter ihr stand und Sjorn war, ganz gegen seine sonstigen Gewohnheiten mit unglaublicher Leichtigkeit auf seine Füße gefedert und baute sich vor seiner Herrin auf. Er war ein lebendes, undurchdringliches Schild aus Muskeln, Fleisch, Knochen, Hornplatten und zotteligem Haar und Bart.

Eiskristalle flockten sachte aus seinem Gewand. Die Temperatur sank merklich. Stumm wob Luca einen Erkenntniszauber, Magie, die ihm alles offen legen sollte, was er weder sehen, noch hören konnte. Mit geringer Überraschung stellte der Magier fest, dass ihr stummer Beobachter nicht so ungeschickt war, sich im bestgesichterten Palast der Stadt solch einen Fehler zu erlauben. Nun war der junge Mann auf Tam und seine eigene Sensibilität angewiesen.

Luca spürte aber weitaus mehr als die Zauberkraft des Eistrolls und der Todesgöttin. Da war etwas, zwischen den Atemzügen, ein Beobachter am Rande des Wahrnehmbaren, verborgen, nicht unsichtbar, aber geschützt zwischen den Herzschlägen der Zeit.

Sisikazev, die Hauptfrau, wendete sich langsam, lauernd um. Ihr schwarzer Rattenkopf zuckte immer wieder in die Luft. Die feinen Barthaare tasteten, fanden aber nichts. Unter ihrem weißen Seidenhemd spannten sich Muskeln, die vermutlich Orpheus ebenbürtig waren.

Stumm tauschte sie mit Mesalla einen Blick, hob den Kopf und stieß einen feinen, hohen Pfiff aus, der nah am unerträglichen für Luca lag.

Kaya überwand mit zwei Sätzen die Distanz zwischen Akis Diwan und dem ihres Herren. Sie hatte sich verändert. Nun war sie nicht mehr das unschuldige, liebe kleine Mädchen, der persönliche Page Mesallas, sondern ein menschengroßer, dennoch sehr junger, Panther. Feines, schwarzes Fell bedeckte ihren Leib, und sie wand sich unbehaglich aus ihren Kleidern. Mit peitschendem Schwanz schritt sie vor dem Prinzen auf und ab. Auch Orpheu tastete nach seinem Schwert. So wenig er Mesalla mochte, so fest waren seine Verpflichtungen als Söldnerhauptmann zu dem Prinzen.

Einzig Gerome, Lea und Luca regten sich nicht wirklich. Der Junge saß mit versteinerter Miene auf seiner Liege, angespannt und lauernd, als erwarte er einen persönlichen Angriff gegen sich. In Leas Augen fand Luca dieselbe Angst, tief und dunkel.

Ihn wiederum ängstigte es nicht wirklich. Beruhigend legte er eine Hand auf Akis Schulter. Unsicher tastete die Elfe nach ihm und umklammerte seine Finger. Sie fürchtete etwas, jemand, Luca konnte es nicht sagen. Ein einzelner, schwarzer Schmetterling ließ sich auf ihrer Schulter nieder, während alle anderen, jeder stoffliche Zauber, den Luca in den vergangenen Stunden gewoben hatte, aus ihrem Haar aufstob.

Die Zeit schien stillzustehen. Der Wind legte sich vollkommen, bis nicht einmal mehr ein laues Lüftchen die Vorhänge bewegte. Sjorn und Sisikazev schienen mitten in ihren Bewegungen erstarrt. Die Ratte witterte, wartete auf ein Zeichen, vielleicht auch nur auf einen winzigen Hinweis, dass sich diese Person, oder was immer ihre Aufmerksamkeit erregt hatte, noch einmal zeigte.

Aber es geschah nichts. Dennoch war sich Luca sicher, dass der Fremde immer noch in der Nähe war, und es war die Präsenz des Mannes, dem er auf dem Großmarkt begegnet war. Der Priester des Todes.

Schritte wurden laut, Gardisten eilten über die Flure und strömten aus den Höfen und Gärten hinauf in den Audienzsaal.

Binnen weniger Herzschläge umgaben zwanzig Mann die schwarze Rattenfrau.

Mesalla hob tadelnd eine Braue. Offenbar war ihm das alles etwas zu langsam gegangen.

„Herrin, ihr seid mein Gast, nun wird euch sicher nichts geschehen können. Bitte, seid euch dessen sicher, dass alles wieder unter Kontrolle ist.“

Aki löste ihre Finge von Lucas und erhob sich. „Ich fühle mich nicht sicher“, gab sie offen und wesentlich zu barsch zu.

Mesallas Mundwinkel zuckten kurz, aber er beschloss offenbar, ihr diesen Ausrutscher zu verzeihen.

„Wollt ihr euren Beschützer auch hier an eurer Seite haben, Königin?“, fragte er sanft und wies mit seinem Blick zu Luca hinüber.

Sie starrte Mesalla an. „Waffen bieten eine trügerische Sicherheit, Prinz“, sagte sie leise. „Ich verlasse mich lieber auf die Sensibilität meines Beschützers.“

Langsam wendete sie sich zu Luca um. „Sagt mir, Lysander, bin ich hier sicher?“

Nachdenklich betrachtete der Magier sie. Eigentlich wollte er nichts sehnlicher, als zu Ayco zurück, aber genauso war er gezwungen, seinem Auftrag Aki zu beschützen, nachzukommen. Die Zwickmühle in der er saß, war dieses Mal ziemlich groß. Das Problem, dem er sich auch gegenüber sah, war, dass Ayco wohl kaum ruhig bei Justin in den Tiefen des Labyrinthes sitzen und abwarten wollte. Zudem ging von Gerome eine unsägliche Gefahr aus, ganz besonders für Ayco. Gregorius ließ langsam seine Maske fallen und würde ganz sicher keine Rücksicht mehr auf Ayco oder Luca nehmen. Besonders fürchtete er, dass Gregorius Ayco weitaus schlimmeres anzutun in der Lage war, als es der Tod war. Aki mit in das Labyrinth zu nehmen, war unmöglich. Damit hätte er sich gegen Mesallas Befehle gestellt. Der junge Mann senkte die Lider. Die Frage war nicht, ob Aki hier sicher war. Luca empfand wenig Bedrohung außer der Geromes. Viel eher lautete die Frage, wie gefährlich konnte Gerome seiner Umwelt werden.

Sein Herz füllte sich erneut mit Angst und Sorge, bis es schwer wie ein Stein in seiner Brust schlug.

Aus einem Impuls heraus, vielleicht reiner Verzweiflung, um Ayco nicht zu gefährden, richtete er sich auf und wies auf Gerome.

„Hohe Dame, ihr habt die Frage falsch formuliert. Wie gefährlich ist Gerome, also Gregorius, für die, die uns nahe stehen?!“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Anfang 2015 erscheint im Incubus-Verlag ein weiterer Roman der in Äos (der Welt von Night's End) spielt.

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