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Zeitstillstand

[Taoris]
von

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Drei

»Luhan?«

Keine Antwort.

»Luhan?« Seine Stimme war etwas lauter geworden.

Eine Antwort bekam er aber immer noch nicht. Er gab ein überlegendes Geräusch von sich und sah sich erneut um. Es war seltsam, wenn er Luhan hier nicht traf, und er hatte keine Ahnung, wo er jetzt noch suchen sollte. Unzufrieden zog er die Lippen zusammen, ebenfalls die Augenbrauen und kratzte sich am Hinterkopf, während er sich umsah und die ganzen Zäune und exotischen Tiere betrachtete. Und dann bemerkte er etwas Neues.

Es war nicht selten, wenn hier ein neues Tier war, denn irgendwie war das hier schon ein kleiner, privater Zoo der Königsfamilie. Oder von dem Prinzen. Wie auch immer.

Der Mann mit den hellbraunen Haaren setzte sich schließlich etwas zögerlich, vielleicht sogar schon verloren in Bewegung und sah sich noch immer nach seinem langjährigen Freund um. Sehen konnte er ihn nicht; vielleicht war es eine Überlegung wert hier einfach auf ihn zu warten.

Er könnte natürlich auch einen der anderen Stalljungen fragen, aber das traute er sich dann nicht. Das war so eine Macke von ihm, er sprach verdammt ungern mit Leuten die er nicht kannte, auch wenn es eigentlich gar keine große Sache war. Viele sagten, dass er schüchtern sei und vermutlich traf das auch zu, wenn er mit Personen reden musste, die er nicht kannte. Unter Bekannten war er jedoch alles andere als schüchtern. Letztendlich war es dann vielleicht doch immer eine kleine, unbewusste Beleidigung, wenn ihn jemand anderes als schüchtern bezeichnete. Weil er sich eigentlich gar nicht schüchtern fühlte. Meistens. Manchmal.

Okay, vielleicht schon.

Er blieb neben dem neuen, eingezäunten Bereich stehen und betrachtete das Tier mit neugierigen Augen. War das ein Alpaka? Er war sich nicht sicher, ging aber davon aus. Zumindest sah es aus wie ein kleines, wolliges Lama. Oder Kamel. Irgendwie so etwas. Und Alpakas waren angeblich kleine wollige Kamele oder Lamas. Also war das vermutlich ein Alpaka. War eigentlich ganz logisch. Mit Sicherheit konnte er das aber dann doch nicht sagen.

Das Tier – das möglicherweise ein Alpaka war – graste friedlich und der Mann, der durchaus älter war als er aussah oder wirkte, betrachtete das Schauspiel, das sich ihm bot, einige Augenblicke. Und dann hatte er keine Lust mehr. Immerhin wollte er eigentlich zu Luhan.

Aber der war offensichtlich nicht hier.

Er seufzte und betrachtete dann den Stall von außen. Vielleicht war er ja da drin. Aber eigentlich ging er da nur sehr ungern rein. Er bekam zwar keinen Ausschlag, wenn er das Heu berührte, aber es juckte immer in seiner Nase – auch wenn er den Geruch eigentlich mochte. Es war eine reine Zwickmühle. Davon aber mal abgesehen, war der Stall nicht unbedingt gutriechend, und staubig und schmutzig. Aber wohl die einzige Möglichkeit, die ihm noch einfallen würde, wo er Luhan finden würde.

Also verabschiedete er sich wortlos von dem Holzzaun und dem Tier, das vielleicht ein Alpaka war, und trat auf das Gebäude zu, das schon seit er denken konnte, als Stall diente. Und er war noch nicht oft drin gewesen.

Vorsichtig öffnete er das kleine, quietschende Tor, das ihm gerade bis zu dem Bauch reichte und trat ein. An den Geruch der Tiere gewöhnte man sich schnell, aber dennoch fiel es ihm immer wieder auf. Nicht, dass er es wirklich tragisch fand. »Luhan?«, fragte er erneut in den kühlen, schattigen Raum, in dem die Tiere nachts waren.

Eine Antwort bekam er hier auch nicht. Er seufzte, setzte sich erneut in Bewegung und steuerte eine kleine, mitgenommene Tür an, die in den hinteren Bereich des Stalls führte, in dem das ganze Heu und das andere Fressen der Tiere gelagert wurde. Er rümpfte die Nase ungewollt und versuchte sich an den Lichtunterschied zu gewöhnen. Es war nicht so als würde er nichts sehen, denn Licht fiel durchaus in den Raum, aber es war eben im Vergleich zu draußen dunkel.

Er trat an vollen und angebrochenen Säcken mit irgendwelchen Früchten und Gräsern vorbei und hörte irgendwann ein Rascheln. Er blinzelte und beschleunigte seinen Schritt, bog um eine Steinmauer und sah schließlich den Teil des Raumes, der mit getrocknetem Stroh gefüllt war. Der Geruch biss in seiner Nase, aber das bemerkte er nicht wirklich, weil seine dunklen Augen auf einen blonden Jungen gefallen waren, der mitten in dem Strohberg stand und dabei war Heu in einen hellen Leinensack zu stopfen.

Wieso stand er mitten in dem Berg, wenn er Stroh holte? Wieso blieb er nicht einfach am Rand stehen und nahm das naheliegende Heu? Irgendwie wollte das nicht viel Sinn in seinen Augen ergeben, nicht, dass er Luhans Taten je in Frage stellen würde.

Er beobachtete ihn einige Augenblicke, ehe er seine Hände hob und sie im nächsten Moment nach vorn stieß, als würde er etwas Unsichtbares von sich schlagen. Stroh wirbelte auf und im nächsten Moment gab Luhan ein erschrockenes Geräusch von sich und landete, als hätte ihn irgendjemand oder etwas geschubst, mit dem hübschen Gesicht voran, in dem Berg voller kratzigem Stroh. Sofort drehte er sich wieder um und im nächsten Moment blickte er zuerst erschrocken und dann breit grinsend zu ihm.

»Sehun«, machte Luhan freudig und raffte sich wieder auf die Beine, während Sehun sich schließlich die Schuhe abstreifte und in das stechende Heu sprang und nach ein paar Augenblicken neben Luhan stand.

»Ich dachte, du bist im Unterricht«, sagte Luhan und Sehun hob seine rechte Hand und zog ein paar Strohüberreste aus Luhans blonder Mähne.

»Das denken die anderen wohl auch«, sagte er grinsend und er konnte nichts dagegen tun, dass er die Zischlaute nicht wirklich gut aussprechen konnte. Aber Luhan hatte das noch nie gestört.

Luhan grinste leicht. »Du solltest aufhören den Unterricht nicht ernst zu nehmen«, tadelte der Blonde ihn, klang jedoch absolut nicht bösartig. Seine Stimme war ruhig und freundlich wie immer. Sehun blickte zur Seite und zog eine Schnute. »Ich nehme ihn sehr wohl ernst. Aber erstens nehmen die mich nicht ernst und zweitens hab ich sowieso keine Lust in die Fußstapfen meines Vaters zu treten.«

»Vermutlich bist du der einzige Mensch, der das nicht machen will, hm?« Eine rhetorische Frage. Sehuns Vater war der Schatzmeister des Palastes und kümmerte sich dementsprechend nicht nur um das Gold, sondern auch um die Steuern. Und Sehun konnte Zahlen schon seit Jahren nicht mehr sehen oder gar mit ihnen umgehen. So gesehen war diese Arbeit aber ziemlich begehrt, weil man in Saus und Braus leben konnte. Aber Sehuns Idealen entsprach das absolut gar nicht.

»Vermutlich«, sagte er leise und nahm im nächsten Moment den Leinensack entgegen, den Luhan ihm mit einem »Halt mal« reichte.

Sehun beobachtete wie Luhan Stroh in den halbvollen Sack stopfte und konnte sich ein feines Grinsen nicht verkneifen. Und dann fiel ihm etwas ein. »Da steht was Neues auf der Weide. Was ist das? Ein Alpaka?«

»Ja, genau. Es heißt eigentlich Phueng, aber Kris hat es nach Ace Junior umbenannt.«

Sehun gab ein amüsiertes Schnauben von sich. »Na dann. Und das Heu ist für… Phueng Ace Junior?«

»Auch, ja.«

Der Beutel war schnell gefüllt und Luhan drückte das vorhandene Stroh noch einmal etwas zusammen, packte eine letzte Hand voll Heu rein und wischte sich dann kurz über die Oberlippe.

»Du hast immer noch überall Stroh. Ich hab keine Ahnung, wie du das gemacht hast.«

Luhan blickte sich kurz um, um sicher zu gehen, dass das niemand sonst hörte. »Manchmal, wenn niemand da ist, roll ich den Strohhaufen runter.«

»Was?«, wollte Sehun amüsiert und gleichzeitig verwirrt wissen und betrachtete Luhan, der gluckste. »So wie der Büffel?« Einer der braunen Büffel hatte die seltsame Angewohnheit sich immer auf den Rücken zu werfen und ein wenig herum zu rollen, vermutlich kratzte er sich somit einfach. Und Luhan tat das wohl auch hin und wieder. Im Stroh.

»Ja, genau«, sagte Luhan grinsend und kratzte sich offensichtlich etwas peinlich berührt im Nacken. Sehun fing an ihn erheitert auszulachen.

Luhan schenkte ihm einen strafenden Blick und warf sich im nächsten Moment gegen Sehun, der in dem Stroh natürlich das Gleichgewicht verlor und nach hinten flog. Und dann rollten die beiden ein paar Meter durch das Stroh und kamen irgendwann zum Halt, wobei Luhan breit grinsend zu Sehun sah, der halb unter ihm lag und leise lachte.

»Ich glaub ich hab eine neue Beschäftigung gefunden. Es ist zumindest unterhaltsamer als der ätzende Unterricht«, meinte Sehun.

Luhan hob die Augenbrauen etwas an, das Grinsen war noch immer auf seinen Lippen, aber deutlich etwas milder geworden. »Aber der Unterricht ist wichtig. Am Schluss endest du noch so wie ich.«

»Da wäre nichts schlechtes dran«, stellte er fest und Luhan schnaubte, schüttelte kurz den Kopf.

»Du hast was Besseres verdient als das, was ich hier mache. Ich bin mir sicher, dass du ein reizender Schatzmeister wärst.«

»Von wegen. Lieber würde ich den Hofnarr spielen. Das passt wenigstens zu meinem dämlichen Sprachfehler, die Leute würden sicher herzlich lachen.«

Luhan warf ihm einen tadelnden Blick zu. »Sag nicht so was! Du bist ein wunderbarer Mensch und ich mag dich so wie du bist.« Seine Stimme klang sanft und er hob eine seiner Hände und legte den Zeigefinger auf Sehuns Nase. »Außerdem kannst du nichts dafür«, er meinte vermutlich seinen Sprachfehler, »und wenn dich deswegen jemand auslacht, kann diese Person gern mal eine Begegnung mit meiner Mistgabel machen!«

Irgendwie schaffte es Luhan nicht, eine Drohung wirklich bedrohlich klingen zu lassen und sein böser Blick half auch nicht so wirklich nach. Vermutlich lag das einfach an seinem runden Gesicht, das einfach viel zu sanfte Züge hatte um ernst genommen zu werden. Und dennoch waren die Worte aus Luhans Mund beruhigend, weil ihm egal war, was alle anderen sagten. Für ihn war nur wichtig, dass Luhan ihn mochte; nichts anderes zählte.

»Danke«, flüsterte Sehun leise und schenkte ihm ein Lächeln, dass Luhan ehrlich erwiderte. Und dann hob er seine Hände, legte sie sachte an Luhans Wangen und strich mit dem rechten Daumen kurz über die weiche Haut des anderen. Seine Augen betrachteten die blassen Lippen des anderen für einen Moment, ehe er seinen Blick hob und Luhan in die Augen sah. Langsam löste er die linke Hand von Luhans Wange, nur um sie kurz darauf in den Nacken des Blonden zu legen. Und im nächsten Moment hob er seinen eigenen Oberkörper etwas an, zog die rechte Hand zurück, nur um sich damit in dem Stroh abstützen zu können. Nur wenige Zentimeter trennten ihre Gesichter von einander und Sehun konnte Luhans warmen Atem auf seiner eigenen Haut spüren. Langsam schloss er seine Augenlider, ehe er seine Lippen vorsichtig gegen die trockenen von Luhan drückte.

Es war jedes Mal dasselbe. Egal wie oft sie sich schon geküsst hatten, sein Herz raste immer wieder und er spürte wie die Nervosität langsam über seinen Rücken kletterte und in seinem Nacken sitzen blieb. Jedes Mal wenn sich ihre Lippen berührten wurde er aufgeregt und meistens sogar noch eine Spur erregt; besonders dann, wenn Luhan den Kuss erwiderte und versuchte die Oberhand über das, was sie hier taten, zu bekommen – so wie im Moment.

Luhans Hand drückte gegen seine Brust und Sehun ließ sich nach hinten in das Stroh nieder, ohne dass sie die Berührung lösten. Er hielt die Augen geschlossen, spürte sein Herz bis in den Hals schlagen und den leichten Biss in seiner Unterlippe. Der Kuss wurde für einen kurzen Moment gelöst und Sehun öffnete seine Augenlider ein Stück, spürte Luhans Lippen wieder auf seinen eigenen und genoss den fordernden Kuss. Seine linke Hand war hoch in die blonden Haare des anderen gewandert und unbewusst hatte er in sie gegriffen, nur damit er nicht auf die Idee kommen würde, den Kuss erneut zu lösen.

Und dann hörten sie wie die Tür geöffnet wurde. Die innige Berührung wurde sofort gelöst und Luhan sah ihn einen Moment erschrocken an, drehte dann den Kopf herum und konnte eine unsichere Stimme hören, die Luhans Namen sagte.

»Ich bin hier hinten«, sagte Luhan, der sich neben Sehun gesetzt hatte, der sich ebenfalls aufraffte und die Person, die er nicht kannte, verfluchte. Er leckte sich kurz über die feuchtgeküssten Lippen und sah dann zu der Person, die um die Ecke bog.

Eigentlich hätte er eher damit gerechnet, dass jemand auftauchen würde, der nach ihm suchte, aber so wie es aussah, wollte die Person irgendetwas von Luhan. Und es war offensichtlich, dass sie nicht von hier war. Ein Blick auf die Kleidung genügte in solchen Fällen.

»Hallo«, begrüßte die Person, die auf den ersten Blick ziemlich groß wirkte und Sehun schenkte ihm ein leichtes Lächeln, nickte ihm zu. Er war durchaus nicht gut darauf zu sprechen, dass man sie störte, aber das zwischen ihm und Luhan durfte niemals irgendjemand erfahren. Das war viel zu riskant. Sein Vater würde ihm den Kopf abreißen. In seiner Stellung konnte er sich so etwas nicht leisten. Nicht, dass Intimität zwischen Männern hier etwas Seltenes war, aber angesehen war es eben nicht von allen. Viele behaupteten immer, dass sich das nur bestimmte Leute leisten konnten, aber Sehuns Vater würde ihn höchstpersönlich den Drachen vorwerfen, würde er erfahren, dass er Hals über Kopf in den Stalljungen verliebt war.

»Du lebst ja noch«, stellte Luhan grinsend fest, der sich schließlich aufgerafft hatte und den weißen Leinensack mit dem Stroh holte, ehe er einen entschuldigenden Blick zu Sehun warf und aus dem Heu trat um kurz darauf neben dem schwarzhaarigen Fremden zu stehen. Nicht, dass er Luhan je böse sein konnte, war ja nicht seine Schuld.

»Ja«, sagte der andere. »Auch wenn ich durchaus hin und wieder dachte, dass ich als Drachenfutter enden würde.«

Luhan grinste und Sehun stand schließlich ebenfalls aus dem stechenden Stroh auf und trat zu den anderen beiden, schlüpfte wieder in seine Schuhe und klopfte sich das Heu aus den Klamotten und den Haaren.

»Wie kann ich dir helfen, Tao?«, fragte Luhan dann, der Sehun kurz beobachtet hatte, ehe er wieder zu der Person sah, die anscheinend Tao hieß.

»Uhm«, machte er. »Wie komm ich zurück?«

»Oh!« Luhan sah ihn an, als hätte er das völlig vergessen. »Ich kümmere mich darum.«

Der Blonde drehte sich zu Sehun, der den Blick erwiderte. »Tut mir Leid, Sehun. Ich bin gleich wieder da.«

»Schon okay«, war seine Antwort und er schenkte ihm ein ehrliches Lächeln. Und dann sah er dabei zu wie Luhan Tao ein Zeichen zum Folgen gab und wie die beiden aus der Tür in den eigentlichen Stall verschwanden.

Sehun seufzte, schloss die Augen für einen Moment und fuhr sich mit der Hand durch die Haare, leckte sich dann flüchtig über die Unterlippe und stellte fest, wie unglaublich verknallt er in Luhan war.
 

Einige Tage waren seit dem Besuch im Palast vergangen und sein üblicher Alltag war recht schnell zurückgekehrt. Aber Tao erwischte sich immer wieder dabei, wie er an die Umgebung hinter den Mauern dachte. An die schönen Häuser, an die vielen Stände mit den fremden, leckeraussehenden Früchten. Er erinnerte sich an die spielenden Kinder, die lachten und wirkten als würden sie kein Unheil kennen. Er erinnerte sich an die vielen, edlen Kleidungen, an die verschiedenen Tiere und vor allem an das gewaltige Palastgebäude und den lebenden, realen Drachen.

Er wusste nicht, ob er dort leben wollte, aber er bemerkte, dass er gern mehr Zeit dort verbracht hätte. Denn es war so viel schöner gewesen als hier. Nicht nur optisch; die ganze Stimmung war anders gewesen. Unbesorgter, freier. Aber vermutlich war das alles nur ein trügerischer Schein gewesen, bestimmt war die Welt hinter den Schlossmauern nicht halb so glücklich, wie sie wirkte. Probleme gab es sicher auch dort, wo viel Gold war. Vielleicht sogar besonders dort.

Er erinnerte sich an Kris‘ Worte und fragte sich, ob es tatsächlich ein nächstes Mal geben würde. Und je länger er darüber nachdachte, desto schöner würde er es finden. Ihm war bewusst, dass das nicht seine Welt war und nie sein würde, aber es war sicher in Ordnung einfach mal dort hin zu verschwinden. Für ein paar Tage oder nur ein paar Stunden. Vielleicht hatte dieser Besuch ihm klar gemacht, wie wenig er über das Land eigentlich wusste. Er kannte nur ihre Farm, ihre Felder und ein wenig von der Umgebung. Aber das war es dann auch schon und das war irgendwie traurig, weil er sich so vorkam, als würde er sein Leben verschwenden.

Es war bewölkt und das war selten. Zwar schien die Sonne hin und wieder trotzdem unerbittlich auf das Land, aber es war kühler als sonst. Und das begrüßte er, denn es gab nichts Schlimmeres als sich in der Hitze zu bewegen. Und Tao war eine Person die Bewegung zum Ausgleich brauchte. Er war beweglich und sportlich und er war auch stolz darauf, dass er seinen Körper so fürchterlich gut beherrschen konnte.

Auf die Dauer war es ihm jedoch trotzdem zu heiß geworden. Und deswegen hatte er sich auf den Baum mit den wenigen Blättern zurückgezogen und genoss den Schatten und die kühlen Luftzüge, in deren Genuss er hin und wieder kam.

Er hatte seinen Kopf seitlich gegen den Baumstamm gelehnt, atmete ruhig durch und beobachtete die Landschaft aus halb geschlossenen Augenlidern. Seine linke Hand gab ihm etwas sicheren Halt, indem er den Baumstamm halbwegs umarmte, sein anderer Arm hing schlaff von seinem Körper. Seine Augenlider waren träge und Tao glaubte, dass er gerade dabei war zu tagträumen.

»Hallo«, hörte er plötzlich eine Stimme, ganz dicht an seinem Ohr und Tao riss die Augen auf, zuckte zusammen und es war ein reiner Reflex, dass er mit seinem Ellbogen nach hinten schlug. Er spürte, wie der Ellbogen mit einem Wangenknochen kollidierte und verlor im selben Moment das Gleichgewicht, weil er nur auf einem der dünnen Äste des Baumes saß. Er hörte ein kurzes Wehklagen und konnte gerade noch eine goldene Haarmähne erkennen, ehe die Welt an ihm vorbei zog und er von dem Ast flog. Er gab einen Schrei von sich, den er nicht verhindern konnte, und seine Hände versuchten nach den Ästen zu greifen und sich zu halten.

Der feste Griff um sein Handgelenk kam wie aus dem Nichts und Tao griff im selben Moment um einen der Äste, schürfte seine Haut dabei ein wenig auf und hing dann wie eine hilflose Frucht vom Baum. Er hatte den Kopf gehoben und blickte zu der Person, die ihn festhielt, suchte blind mit den Füßen irgendwelche Äste, um mehr Halt zu finden.

»Was machst du denn hier?«, wollte er von niemand anderem als Kris höchst persönlich wissen, der ihn wieder los ließ, als Tao wieder stand.

»Dir auch einen schönen Tag«, erwiderte Kris, der sich die leicht gerötete Wange rieb. »Der Schlag hat ganz schön gesessen.« Er klang alles andere als angetan von der Situation und Tao kletterte wieder etwas nach oben, damit sie auf einer Höhe waren.

»War ein Reflex. Tut mir Leid.« Er meinte die Entschuldigung sogar ernst. Kris runzelte die Stirn, nahm die Hand dann von seiner Wange und sah zu Tao, schenkte ihm ein leichtes Grinsen.

»Wieso bist du hier?«, wollte Tao dann erneut wissen und konnte sich keinen Reim darauf machen, wieso der junge Prinz hier war. Kris sah ihn einen Moment lang an, drehte den Kopf dann weg und beobachtete offensichtlich die Umgebung.

»Einfach so. Mir war danach.«

Tao runzelte die Stirn und lächelte schließlich etwas. »Sag bloß dir hat es mein tristes Leben angetan?«

Kris Antwort darauf war ein höhnisches Schnauben. »Von wegen. Ich bin froh, dass ich hier nicht leben muss.«

»Aber?«

»Kein Aber.«

Tao hatte sich inzwischen wieder auf einen der Äste gesetzt und betrachtete Kris einen Moment, ehe er auf das Brennen in seiner Handfläche aufmerksam wurde. Bei dem plötzlichen Halt an der rauen Rinde war ein bisschen seiner Haut abgeschürft worden, stellenweise konnte er sogar etwas Blut erkennen, aber tragisch war die Verletzung nicht.

»Hast du dich verletzt?«, wollte Kris wissen.

»Nicht so schlimm«, sagte Tao und winkte ab. »Mir sind schon durchaus tragischere Dinge passiert.«

»Hm«, machte Kris und nickte nur.

»Also«, fing Tao wieder an, »wieso bist du hier?«

»Einfach so. Mir war danach. Das ist alles.«

»Dir war also danach irgendwo auf einen Baum zu klettern und mich zu erschrecken?«

»Offensichtlich.«

»Na dann«, machte Tao nur etwas ratlos. »Und wie bist du hier her gekommen, ohne dass ich dich bemerkt habe?«

Kris schenkte ihm ein schiefes Grinsen. »Du warst offensichtlich abgelenkt genug, um das nicht zu bemerken.« Sah ganz danach aus.

»Wusste gar nicht, dass du klettern kannst«, scherzte Tao dann mit einem leichten Grinsen. »Tut es arg weh?« Das war natürlich auf den Schlag bezogen, nicht auf das Klettern.

»Hast einen ziemlichen Schlag drauf, da könnte man meinen, du machst so etwas öfters«, bemerkte Kris, antwortete damit aber wohl dennoch nicht auf die gestellte Frage.

»Ich wäre zumindest in der Lage so etwas öfters zu machen«, antwortete Tao ehrlich. »Aber das war das erste Mal, dass ich einen Prinzen in sein hübsches Gesicht geschlagen hab.« Vermutlich war der Satz durch seine Betonung etwas zwischen Ironie und einer amüsierten Herablassung. Auch wenn er nicht leugnen konnte, dass Kris durchaus ein schönes Gesicht hatte. Er erinnerte sich daran, dass es ihn bei ihren ersten Treffen gestört hatte, aber inzwischen tat es das nicht mehr. Vielleicht, weil er mitbekommen hatte, dass Kris auch eine andere Seite neben seiner Arroganz hatte, die die meiste Zeit nur gespielt war.

»Das fasse ich einfach mal als Kompliment auf. Nicht, dass du mir das hättest sagen müssen.« Okay, vielleicht war die Arroganz doch nicht immer gespielt.

Tao senkte den Kopf etwas und gluckste amüsiert. Als er den Kopf wieder anhob bemerkte er Kris‘ Blick, der auf ihm lag. »Willst du mir wirklich nicht verraten, wieso ausgerechnet jemand wie du in einem Baum sitzt?«

»Ich wollte zu dir.«

»Und wieso?«, wollte er misstrauisch wissen.

»Weil ich möchte, dass du mit mir kommst.«

»Was? Wieso?« Man konnte ihm deutlich ansehen, dass er verwirrt war.

»Musst du alles, was ich sage, in Frage stellen?«

»Wenn es keinen Sinn für mich ergeben möchte, durchaus.«

Kris seufzte auf seine Antwort hin etwas. »Du möchtest also nicht noch einmal zu uns.«

»Das hab ich nicht gesagt«, antwortete Tao sofort.

»Wieso sagst du dann nicht einfach, dass du gern mitkommen würdest?«, fragte Kris, als würde Taos Reaktion für ihn keinen Sinn machen.

Tao drehte den Kopf minimal weg, behielt Kris jedoch immer noch in den Augen und schenkte ihm einen unsicheren Blick. »Aus welchem Grund kommt dieses Angebot?«

»Aus dem Grund, dass ich gesehen hab, dass du die Zeit bei uns genossen hast.«

Tao bemerkte, wie sehr ihn diese Aussage traf. Nicht, weil sie falsch oder verletzend war, sondern weil sie stimmte. Er hätte nicht gedacht, dass jemand wie Kris in der Lage war solche Dinge zu erkennen. Vielleicht sollte er langsam aufhören noch immer nach seinen Vorurteilen zu gehen, denn Kris hatte ihm eigentlich schon oft genug gezeigt, dass er nicht so war, wie Tao dachte.

»Ich hab es an deinen Augen gesehen«, sprach Kris ruhig weiter. »Und deine Faszination hat mir gefallen. Deswegen biete ich dir das an.«

»Ich weiß nicht, ob dein stechender Blick, oder das was du sagst, gruseliger ist.«

Kris hob auf diese Aussage hin eine Augenbraue an. »Dir ist schon klar, dass es nicht viele Menschen gibt, die das aus meinem Mund hören, oder?«

»Mir ist auch klar, dass du nicht spaßhalber auf Bäume kletterst«, erwiderte er ruhig. Tao war verunsichert und vermutlich konnte man ihm das ansehen. Er konnte nicht mit der Situation und Kris‘ Worten umgehen.

»Du möchtest mich also mitnehmen, weil du gesehen hast, dass es mir gefallen hat?«, fasste er das, was er verstanden hatte, zusammen.

»Was spricht dagegen? Denkst du, dass ich ein schlechter Mensch bin?«

Tatsache war, dass Tao vor Wochen tatsächlich noch davon ausgegangen war, dass die Leute, die hinter den Mauern und in Saus und Braus lebten, schlechte Menschen waren. Weil er es nach wie vor nicht verstand, wieso nicht einfach jeder auf einem selben Niveau leben konnte. Nun war das Problem allerdings, dass er gesehen hatte, dass die Personen hinter der Mauer auch nur normale Menschen waren. Normale Menschen mit anderen Lebensumständen, für die die meisten vermutlich genau so wenig konnte, wie die Tatsache, dass Tao hier lebte. Letztendlich machte sie das aber nicht zu schlechten Menschen, nur weil sie mehr hatten, als Tao oder andere Bauernjungen je besitzen würden. So etwas war wohl einfach nur Schicksal.

»Nein«, antwortete er also und bemerkte, dass er die Tatsache ehrlicher meinte, als er vermutet hatte.

»Und trotzdem bist du misstrauisch«, stellte der Prinz fest.

»Natürlich bin ich das! Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand wie du hier auftaucht und jemanden wie mich kurzerhand zu einem Besuch einlädt? Ohne einen ausschlaggebenden Grund.«

»Es ist also nicht ausschlaggebend, wenn ich dir einen Gefallen tun möchte?« Tao bemerkte, dass Kris Ton etwas genervt klang.

»Einfach so?«, hakte Tao nach.

»Einfach so«, bestätigte Kris.

»Aber-«, Tao wurde unterbrochen.

»Das Gespräch führt zu nichts. Willst du nun mit? Ich kann auch ohne dich gehen.«

Tao öffnete seinen Mund einen Moment und sah zur Seite. Er wollte schon. Aber im einen war da noch immer sein Misstrauen. Zum anderen wusste er auch gar nicht, was er seinen Eltern erzählen sollte. Es war einfach eine Situation mit der er nicht gerechnet hatte, weil sie so unlogisch klang.

»Okay«, sagte er schließlich.

»Geht doch«, sagte Kris und im nächsten Moment sprang er mit einer unglaublichen Leichtfüßigkeit vom Baum und Tao starrte ihm mit leicht offenem Mund hinterher. Vielleicht sollte er wirklich dringend aufhören Kris mit seinen Vorurteilen zu beurteilen. Denn offensichtlich hatte Tao nicht einmal eine leise Ahnung über diese Person.

Er hangelte sich von dem Baum, sprang den letzten Meter dann und lief zu Kris, der auf ihn wartete.

Tao hatte langsam das Gefühl, dass er keine Ahnung mehr hatte, was die letzten Tage passierte. Aber irgendwie wurde sein einstudiertes Leben ziemlich durcheinander geworfen.

Und das alles nur wegen diesem jungen Mann, aus dem er nicht schlau wurde.
 

Er bemerkte nicht, dass die Blicke der Leute auf ihm lagen. Schon vor Jahren hatte er sich daran gewöhnt der Mittelpunkt des Geschehens zu sein, wenn er irgendwo in der Öffentlichkeit war. Und meistens schmeichelte es ihm und wenn er keine Lust darauf hatte, dann ignorierte er es eiskalt. So wie im Moment. Denn gerade zählten die ehrfürchtigen Blicke der Bewohner nicht.

Im Moment zählten nur die Reaktionen des Schwarzhaarigen, die ihn aus irgendwelchen Gründen unglaublich beeindruckten. Er hatte noch nie eine Person gesehen, die über so banale Dinge so fürchterlich erstaunt gewesen war. Er liebte dieses Glitzern in seinen Augen und wenn er den Mund vor Erstaunen leicht geöffnet hatte.

Kris glaubte, dass ihn das Verhalten von Tao in seinen Bann gezogen hatte. Noch nie hatte er eine Person erlebt, der er solche Begeisterung und Freude ansehen konnte. Und das war faszinierend. Alles an ihm war faszinierend. Seine große Klappe, die Tatsache dass er nicht einmal das Haupt vor ihm verbeugte. Kris glaubte, dass er sich in seiner Gegenwart nicht halb so unter Druck gesetzt fühlte, wie sonst.

Alle erwarteten immer, dass er ein perfektes, adrettes Abbild eines jungen Prinzen abgab und Kris wusste, dass er das konnte. Aber auf die Dauer war es ermüdend und die ganze Heuchelei, die er täglich erlebte, führte nur dazu, dass er sich übergeben wollte. Wahrscheinlich gab er sich nur mit Tao ab, weil er sich in seiner Gegenwart irgendwie entspannen konnte. Und weil irgendetwas in ihm dafür sorgen wollte, dass der Junge glücklich war.

Vielleicht war es keine gute Idee gewesen, ihm das Alpaka wegzunehmen. Er hatte sogar wieder daran gedacht, es ihm zurück zu geben. Vielleicht hatte er auch so einen Vorwand die Mauern hinter sich zu lassen. Je länger er darüber nachdachte, desto unwahrscheinlicher wirkte dieser Grund für andere. Aber wenn er nicht zu dem Berg wollte, musste der Berg eben zu ihm. Immerhin wusste Kris durchaus, wie er seine vorhandene Macht einsetzen konnte. Auch wenn er selbst nicht so wirklich klar verstand, wieso er diesen jungen Mann so dringend in seiner Nähe wollte. Wahrscheinlich war es einfach nur diese Faszination und Kris war es gewohnt das zu bekommen, was er wollte. Natürlich, würde sein Vater abtreten, würde er über das Land herrschen – da war es ganz logisch, dass er das bekam, was er wollte. Letztendlich gehörte ihm das alles ja auch schon irgendwie.

»Was ist das da?«, wollte Tao wissen, der auf eine rötliche Frucht zeigte und die gut gebaute Dame hinter dem Stand voller Obst und Früchte ansah. Die Frau schenkte ihm ein Lächeln, das so wirkte, als wäre es eigentlich nur für kleine, neugierige Kinder bestimmt und antwortete ihm schließlich. »Ein Strauchpfirsich, die wachsen ausschließlich im Norden des Landes. Es ist eine sehr süße und vor allem saftige Frucht. Möchtet Ihr eine probieren?«

Tao betrachtete die Frucht, deren Farbe schon so fürchterlich verlockend war, öffnete den Mund und bevor er zustimmen konnte, fiel ihm ein, dass er es gar nicht bezahlen konnte. »Ich hab kein Gold bei mir«, sagte er dann. Wobei die Aussage wohl auch schon ohne dem ‚bei mir‘ richtig gewesen wäre.

Die Dame lächelte freundlich, griff zu einer der Früchte und lehnte sich über den Stand und drückte Tao den Strauchpfirsich in die Hand. »Der geht aufs Haus. Ich hoffe, dass er schmeckt.«

Etwas überfordert blickte er von der angeblich süßen Frucht in seiner Hand zu der freundlichen Dame, die ihm ein Lächeln schenkte. »Danke schön«, sagte er zögernd und erwiderte das Lächeln schließlich. Tao war sich nicht sicher, ob diese Person Mitleid gehabt hatte, sich von Kris hatte einschüchtern lassen, oder ob sie einfach wirklich freundlich gewesen war. Aber er wollte es gar nicht hinterfragen und einfach als eine freundliche Geste im Kopf behalten.

Kris setzte sich wieder in Bewegung und er konnte aus den Augenwinkeln erkennen, dass Tao sich ehrfürchtig vor der Dame verbeugte und ihm dann folgte.

»Lass es dir schmecken«, sagte er nur ruhig, als Tao aufgeholt hatte und wieder neben ihm lief. Er schielte zu Tao der die Frucht in den Händen hin und her drehte und grinste etwas. »Traust du dich nicht?«

»Sei still«, fauchte Tao leise. »Vielleicht hab ich ja einfach noch gar keinen Hunger.«

Ja, natürlich. Kris glaubte, dass er tatsächlich Hemmungen hatte, den Pfirsich einfach zu probieren. Aber gut, vielleicht fühlte er sich auch nicht so wohl im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu liegen. Es hatte halt nicht immer Vorteile neben ihm zu laufen. Tao wirkte nicht so, als würde er es genießen, aber auf ihn machte er nun auch nicht den Eindruck, als wäre es unerträglich.

Kris führte ihn über den Markt, den Garten seiner Familie und schließlich zu dem Stall, an dem Tao seine ehemaliges Alpaka begrüßte und es einige Augenblicke streichelte, ehe sie erneut in den großen Palast traten. Den Pfirsich hatte er noch immer nicht gegessen; vielleicht wollte er ihn sich einfach aufheben – war ja auch egal.

Tao hatte das Gebäude mit gigantischen Augen beobachtet und es wirkte so, als würde er aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommen. Und genau dieser Anblick ließ ihn jünger wirken, als er vermutlich war. Er wirkte wie ein Kleinkind, das zum ersten Mal eine leckere Süßspeise sah oder aß und irgendwie war die Tatsache, dass Tao so sprachlos war und nur staunen konnte, fürchterlich entspannend. Kris glaubte, dass es sonst keine Person gab, die ihm so etwas bieten konnte; vielleicht fühlte er sich aus diesem Grund auch irgendwie stolz.

»Wow«, machte Tao langegezogen, als sie den Raum betreten hatten, den Kris sein Eigen nennen konnte. »Das ist dein Zimmer? Das ist größer als unsere Räume zusammen.« Ja, das hatte er sich schon gedacht. Aber davon abgesehen, wohnte Taos Familie auch nicht in einem großen Haus.

Der Schwarzhaarige wanderte zu dem Fenster, legte den Pfirsich dort ab und sah durch das Glas. »Was für ein Ausblick«, begann er, »dagegen ist es ja gar nichts, wenn man auf Bäume klettert.«

Kris konnte sich ein amüsiertes Grinsen nicht verkneifen, schloss die Tür und trat schließlich ebenfalls über den roten Teppich neben Tao, der noch immer an dem Fenster stand und nach draußen starrte.

»Erinnerst du dich noch daran, was ich letztens gesagt habe?«, fragte Kris dann schließlich und Tao riss den Blick nur widerwillig von der Aussicht um zu ihm zu sehen.

»Du hast mehrere Dinge gesagt«, stellte er dann fest, zögerte kurz ehe er weiter sprach. »Meinst du das mit dem Drachen?«

»Genau das.«

»Oh«, machte Tao und schien trotzdem nicht wirklich genau zu wissen, worauf er hinaus wollte.

»Ich geh davon aus, dass du noch nie außerhalb des Landes warst«, sagte Kris.

Tao nickte und sah ihn mit einem unsicheren Blick an. »Worauf willst du hinaus?«

»Ich muss in zwei Tagen auf ein Treffen in den Westen. Wenn du willst, nehm ich dich mit. Immerhin hab ich gesagt, dass du beim nächsten Mal vielleicht auf Ace reiten kannst.«

Tao sah ihn mit leicht geöffnetem Mund an. »Wieso fragst du ausgerechnet mich das?«

»Du bist angenehme Gesellschaft.«

»Bist du dir da sicher?«, wollte Tao misstrauisch wissen.

»Sonst hätte ich das nicht gesagt.«

»Was ist das für ein Treffen?«, wollte er dann wissen.

Kris seufzte etwas. »Reine Routine. Ein bisschen Heuchelei, ein bisschen Wirtschaft. Letztendlich ist es nur ein Treffen der Königshäuser, damit der Frieden gewährt bleibt. Vermutlich gibt es ein paar Attraktionen zur Unterhaltung und gutes Essen. Das Übliche eben.«

Tao zögerte einen Moment. »Und wie kommst du auf mich? Ich bin doch eine dieser Personen, die auf so etwas völlig fehl am Platz ist.«

»Wieso?«, wollte Kris wissen.

»Wieso?! Weil ich auf einer Alpakafarm arbeite, weil ich der Sohn eines Bauers bin und mir nicht einmal Schuhe leisten kann. Deswegen. Vielleicht ist dir ja entfallen, dass du der Prinz bist und ich nicht eine Person bin, mit der du dich abgeben solltest. Rein aus optischen Gründen.«

Kris schnaubte etwas amüsiert. »Offensichtlich ist dir entfallen, dass ich der Prinz bin und nicht anders herum. Weißt du wie einfach es ist dir angemessene Klamotten zu besorgen? Und rein aus optischen Gründen laufe ich lieber neben dir, als neben der Hälfte der Bürger. Sieht so aus als hätte ich deine Aussage widerlegt.«

»Ja, das hast du«, sagte Tao zögerlich.

»Auch wenn ich vielleicht nicht so wirke, halte ich meine Versprechen. Aber wenn du das Angebot nicht annehmen möchtest, ist das deine Sache.«

»Nein«, sagte Tao sofort und stockte dann einen Moment. »Also ich… ich würde gern mit. Aber ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Ich mein…«

»Sei still«, unterbrach Kris ihn. »Was eine gute Idee ist, entscheide noch immer ich. Ich hoffe, dass du das nicht vergessen wirst. Also, tust du mir den Gefallen und kommst mit?«

»Warte… Das wäre ein Gefallen für dich?«

»Ja.«

Der Schwarzhaarige biss sich auf die Lippen. »Ich bin dabei«, sagte er dann.

»Überlass deine Sorgen mir«, sagte Kris und schenkte ihm ein schiefes Grinsen.



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