Zum Inhalt der Seite

Zeitstillstand

[Taoris]
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Fünf

Warnung: Der Absatz nach Baekhyuns Sicht beinhaltet eine Inzest-Lime-Szene. Wer das nicht lesen möchte, kann den Post gern überspringen.

Sollte das wegen dem schon unter adult fallen entschuldige ich mich bei den Freischaltern. Aber ich denke, dass das noch ohne geht?
 

-------
 

»Na, eine neue Begleitung?«, fragte die Person, die Kris Kai genannt hatte, und beobachtete Tao mit kritischen Augen.

»Offensichtlich«, sagte Kris nur matt. Tao blieb still und erinnerte sich daran, dass er den Namen Kai schon mal irgendwo gehört hatte. Zuordnen konnte er ihn im Moment aber nicht. So wie die Person vor ihm aussah, war sie sicher ein Prinz oder zumindest etwas in der Art, da wäre es zumindest möglich, dass er mal von ihr gehört hatte. War fast peinlich, dass Tao hier auftauchte und nichts von diesen Leuten hier wusste. Wenigstens schien Kris die Anwesenden zum größten Teil zu kennen, aber besonders begeistert wirkte er nicht. Das Gegenteil traf eher zu.

Kai trat näher und Tao glaubte, dass er ihn fixierte. Mit einem stechenden, kritischen Blick, der ihm gar nicht gefiel. Kurz linste Tao unsicher in Kris‘ Richtung und blickte dann wieder zurück zu Kai, der ihm plötzlich ein unglaublich schiefes Grinsen zuwarf.

»Wenigstens ist er schöner als dieser… dieser… wie hieß er? Baekon oder so.« Tao glaubte, dass er von Baekhyun sprach. Aber er hatte nicht gewusst, dass Baekhyun das letzte Mal Kris begleitet hatte. Letztendlich ging ihn das ja auch gar nichts an. Er sollte froh sein, dass er hier stehen durfte, auch wenn er ganz und gar nicht hier hereinpasste. »Wie heißt du?«, wollte Kai von ihm wissen.

»Tao«, sagte er und überlegte, ob er ein ‚Sir‘ hinzuhängen sollte, ließ es aber bleiben. Vermutlich konnte man seine Unsicherheit deutlich hören.

»Kai, lass ihn in Ruhe«, forderte Kris mit einem mahnenden Unterton.

»Ooooh, drohst du mir?«, wollte der Schwarzhaarige wissen, der seinen stechenden Blick von Tao zu Kris gewandt hatte.

»Würde ich dir drohen, würde das anders klingen. Aber im Gegensatz zu deinem Vater bin ich nicht daran interessiert, dass sich unsere Länder wieder bekriegen.« Kris‘ Stimme hatte einen Ton angenommen, den Tao noch nie von ihm gehört hatte. Er klang plötzlich unglaublich erwachsen und reif, gleichzeitig mit einer Spur gesunder Arroganz – eben so wie man es von einem pflichtbewussten Prinzen erwartete.

Kai schnaubte. »Ganz schön große Töne für dich, Kris.« Ein schiefes Lächeln zierte seine Lippen und er drehte sich wieder zu Tao, der am liebsten unauffällig mit dem weißen Terrassenboden verschmelzen würde. Die Atmosphäre war ekelhaft angespannt und es war wohl nicht schwer zu erkennen, dass Kai und Kris sich nicht leiden konnten. Was vermutlich größtenteils an der Vorgeschichte ihrer Generationen lag, wie Tao vermutete.

»Also, Tao«, fing Kai an, »ich seh‘ dich das erste Mal hier. Was genau bist du? Laufbursche? Masseur? Oder einfach nur eine Hure, die dafür bezahlt wurde, Kris zu begleiten?«

Tao wusste nicht, was er darauf sagen sollte, aber sicherlich nicht die Wahrheit.

»Er ist ein Das-geht-dich-gar-nichts-an«, antwortete Kris für ihn.

»Also letzteres«, sagte Kai stumpf. »Wenigstens wurde das Geld nicht aus dem Fenster geworfen.«

»Ich bin ein Freund«, mischte sich Tao mit einem höflichen Ton in das Gespräch ein und offenbar schien Kai mit der Antwort nicht gerechnet zu haben. Kris aber auch nicht.

»Oh, ein Freund also. Wusste gar nicht, dass du so etwas wie Freunde hast, Kris.«

»Es gibt so einiges, das du nicht weißt«, erwiderte Kris trocken.

»Ja, ja«, sagte Kai nur und winkte ab, blickte wieder zu Tao, der sich fühlte, als wäre er eine Zielscheibe. War nur die Frage, für was genau. »Wie auch immer; du scheinst nett zu sein. Wenn du Lust hast könnten wir zusammen wa-«

»Kai!« Eine unbekannte, kräftige Stimme war zur hören und Kai hielt in seinem Satz sofort inne und drehte sich ertapp um. Tao konnte die fremde Person entdecken, stellte fest, dass sie recht ähnliche Klamotten wie Kai, jedoch eine durchaus pompösere Krone (Ja, das war schon eher eine Krone; vielleicht noch ein Krönchen, aber ganz bestimmt kein Diadem), trug.

»Oh, D.O«, sagte Kai etwas unsicherer und schenkte ihm ein wackliges Lächeln. War Di-oh ein Name? Oder hatte sich Tao einfach nur verhört? Wahrscheinlich war es ein Name. »Was machst du denn hier? Ich dachte du wärst in deinem Zimmer.«

»Ich bin hier um aufzupassen, dass du keinen unnötigen Kleinkrieg anzettelst.« Die Person, D.O, oder wie auch immer, schien um einiges vernünftiger als Kai zu sein; seine Haltung war gerade und durchaus beeindruckend. Vielleicht lag das aber auch an der kleinen Krone auf seinem dunklen Haar. Oder seiner Stimme.

»Wer sind die beiden?«, fragte Tao, der sich vorsichtig in Kris Richtung gelehnt und ihm die Frage zugeflüstert hatte, während Kai von D.O abgelenkt war.

»Die Prinzen von Eranian«, antwortete Kris mit gedämpfter Stimme. »Der kleinere, D.O, ist der ältere und Kronprinz. Das andere ist Kai, der ist einfach nur da, geht Menschen wahllos auf den Sack und hält sich für was Besseres.« Seine Abneigung in der Stimme musste man nicht erwähnen.

Tao hatte verstanden und beobachtete die beiden. D.O hatte große, dunkle Augen und volle Lippen hatten beide. Schön anzusehen waren sie auf jeden Fall.

»Hallo, Prinz Kris«, sprach D.O mit einer ruhigen Stimme und nickte Kris zu, blickte dann für eine einen Wimpernschlag zu Tao und schenkte ihm ein Lächeln, von dem er sich nicht sicher war, ob es ehrlich oder aufgesetzt war. »Ich freue mich dich wieder zu sehen.«

»Mhm«, machte Kris nur. Er erwiderte die Freude offensichtlich nicht. »Vielleicht solltest du deinem Bruder einen Maulkorb umlegen, dann wäre eure Anwesenheit sicher nicht ganz so negativ.«

D.O schnaubte amüsiert. »Zu beißen traut er sich gar nicht; da würde ein Maulkorb auch nicht viel bringen. Du weißt doch, Kojoten die bellen beißen nicht.«

»Hey«, beschwerte sich Kai lautstark. »Hast du mich gerade mit einem stinkenden Flohsack verglichen?«

Kai bekam keine Antwort und D.O führte sein Gespräch mit Kris weiter. »Ich hoffe, dass ihr das Verhalten meines Bruders verzeihen könnt. Sein Temperament geht manchmal mit ihm durch, aber das weißt du ja schon.« Kai sah seinen älteren Bruder empört an und Tao war sich nicht so recht sicher, was er von der Situation halten sollte. Offensichtlich hatte der Kronprinz seinen jüngeren – wenn auch um einiges größeren – Bruder durchaus im Zaum.

»Allerdings«, sagte Kris nur.

»Wollen wir uns ein bisschen unterhalten? So ganz unter Prinzen?«, fragte D.O und schielte kurz zu Tao, der glaubte, dass er bei dem Gespräch wohl nicht erwünscht war. Ein Blick in Kris‘ Gesicht zeigte ihm aber deutlich, dass Kris darauf wohl keine Lust hatte. Der Prinz mit dem goldenen Haar seufzte lautlos, blickte dann zu Tao.

»Warte hier«, befahl er ihm mit einem ruhigen Ton und sah danach zu Kai. »Und du kommst mit.«

Tao bemerkte wie dankbar er Kris dafür war, dass er Kai nicht bei ihm ließ. Kai schien für einen Moment nicht begeistert, folgte dann schließlich seinem Bruder, der sich bereits in Bewegung gesetzt hatte, und Kris warf Tao einen letzten, fast entschuldigenden, Blick zu, ehe er den anderen beiden folgte.

Schweigend und noch immer überrumpelt blickte er den drei Prinzen hinterher und fragte sich, was zur Hölle er hier tat. Wenn es einen Ort gab, in den er absolut nicht passte, dann war das eindeutig dieser hier. Auch wenn er traumhaft schön war. Tao mochte das grüne Gras, das in der Dunkelheit und dem matten Kerzenlicht fast schwarz wirkte. Er sah dabei zu wie die drei außer seiner Hörweite schließlich stehen blieben und Tao glaubte, dass Kris es manchmal gar nicht mochte, dass er ein Prinz war. Irgendwie wurde ihm wohl jetzt erst bewusst, dass Kris durchaus auch Verantwortung und Arbeit hatte. Nicht so dreckige wie Tao, aber vermutlich dennoch manchmal unangenehme.

Noch immer war sein Blick auf die drei jungen Männer gerichtet, ehe er sich zur Seite drehte und zu der Balustrade der weißen Terrasse lief. Er legte seine Hände auf die kühle Oberfläche, lauschte den Grillen und blickte in den Garten, in dem eine große Trauerweide stand (Nicht, dass er den Namen des Baumes wusste…). Ein Springbrunnen war ganz in der Nähe und man hörte das sanfte Plätschern des Wassers und Tao fragte sich, ob das hier wirklich real war.

Er atmete ruhig durch, lächelte sanft und genoss die warme Nachtluft auf seiner Haut. Seine Mutter würde diesen himmlischen Ort hier lieben. Vermutlich würde man sie nie wieder von dieser Insel bekommen, würde sie diese betreten.

»Ich wünsche einen angenehmen Abend«, hörte er plötzlich eine tiefe Stimme dicht hinter seinem Ohr. Tao weitete seine Augen, drehte sich sofort um und starrte einem jungen Mann, minimal größer als er selbst, ins Gesicht. Auf den Lippen des Fremden lag ein sympathisches Lächeln.

»H-hallo«, stotterte Tao ungewollt, weil er ihn wirklich unglaublich erschrocken hatte. Er hatte ihn nicht einmal kommen gehört.

Er trug feine Klamotten, die in roten Tönen gehalten waren, aber keine Krone oder sichtbaren Schmuck. Dennoch wäre es Blasphemie ihn als schäbig zu beschreiben. Trotz des nicht vorhandenen Schnickschnacks in Form von Schmuck wirkte er durchaus sehr erhaben und das Lächeln auf seinen Lippen ließ ihn sehr human wirken.

»Du bist also Beakhyuns Ersatz?«

Entweder sprach sich das schnell herum oder Tao war ein Aufmerksamkeitsziel.

»Ich ersetze ihn nicht«, sagte er dann sofort. Allein weil er sich sicher war, dass er Baekhyun gar nicht ersetzen konnte oder wollte. »Aber mir wurde die Ehre zugeteilt Kris dieses Mal zu begleiten.« Er versuchte nicht so unsicher zu klingen, wie er war und schlug sich gut.

»Verstehe«, sagte sein Gegenüber mit den sanft gelockten, braunen Haaren. Tao mochte sein Lächeln. Es wirkte ehrlich und seine Anwesenheit war bis jetzt eigentlich auch angenehm. Zumindest angenehmer als die von Kai oder D.O. Auch wenn D.O durchaus freundlich gewesen war, hatte es in Taos Augen nur aufgesetzt gewirkt. Von Kai wollte er erst gar nicht reden.

Tao sah ihn etwas unsicher an und wusste nicht, was er sagen sollte.

»Du weißt nicht, wer ich bin, oder?«

Vermutlich war sein Zögern schon Antwort genug. »Nein. Verzeiht. Ich… ich bin hier generell ein wenig überfordert.«

»Du arbeitest nicht im Schloss von Ilha, richtig?« Es war seltsam jemand den Namen des Königreiches aussprechen zu hören, in dem er lebte.

Tao biss sich auf die Lippen, schüttelte dann leicht den Kopf, weil er nicht lügen wollte. Oder konnte. Vermutlich war die Person ihm gegenüber so sympathisch, dass er sich schlecht fühlen würde, würde er ihm ein Ammenmärchen erzählen. Davon abgesehen wusste er eh nicht, was genau er hätte erfinden sollen. »Nein«, war dann die ehrliche, leise Antwort.

Sein Gegenüber griff zu Taos rechter Hand, hob sie an und beobachtete sie ein bisschen. »Baekhyun hatte sanftere, schönere Hände«, bemerkte der Unbekannte.

Sah so aus als hätte Baekhyun hier eindeutig besseren Eindruck hinterlassen hatte, als er es je könnte. Aber bei ihm hatte Baekhyun ja auch einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Also lag das vielleicht auch einfach an dem Braunhaarigen und seinem Charisma.

Dennoch wusste er nicht so genau, was er sagen oder tun sollte und sah nur dabei zu, wie der Mann mit dem gewellten Haar über seine Fingerkuppen mit dem Daumen strich. »Schlanke Arbeiterhände. Sag bloß Kris hat einen einfachen Bauern hierher gebracht.«

Tao fühlte sich ertappt und wusste nicht, was er nun tun sollte. Also entschied er sich dazu, das zu sagen, was er vorhin auch gesagt hatte. »Ich bin ein Freund«, sagte er dann und klang nicht halb so überzeugend, wie vor wenigen Minuten.

Sein Gegenüber ließ Taos Hand los und gluckste danach kurz. »Ein Freund also. So, so… Das klang nicht sehr überzeugend. Aber es ist nicht so, als würde ich schlecht von dir denken, wenn du auf dem Land arbeiten würdest. Das sind immerhin die wichtigsten Leute im Volk.« Das Lächeln seines Gegenübers nahm etwas Unsicherheit von Taos Schultern und führte dazu, dass er ebenfalls schwach lächelte.

»Das sind sie wohl tatsächlich«, kam von Tao.

»Schläfst du mit ihm?«, wurde er dann plötzlich gefragt und Tao blickte den Fremden aus großen, verwirrten Augen an.

»Wa- nein, ich… was?!« Was war das denn für eine Frage?

»Nicht? Du kannst mir nicht erzählen, dass er dich mitgenommen hat, weil er so eine gute Seele ist. Was würde er denn sonst von einem Landwirt wollen?« Der junge Mann schnaubte amüsiert, sprach weiter. »Wenigstens hat er einen annehmbaren Geschmack.«

Irgendwie fühlte es sich an, als hätte man ihn mit kaltem Wasser übergossen, denn er wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Aber je länger er darüber nachdachte, desto verwirrter wurde er. Weil er tatsächlich nicht wusste, wieso Kris ausgerechnet ihn und nicht Baekhyun – wie immer – mitgenommen hatte. Weil er ihm, einem einfachen Bauern, und sich einen Gefallen tun wollte? War das Grund genug für Kris? Fakt war, dass Tao selbst keine Ahnung hatte, wieso er hier war und sein Gegenüber ihn nun auch noch verunsicherte.

»Ich weiß nicht, was ich sagen soll…«, brachte Tao dann unsicher hervor und die Person ihm gegenüber fing amüsiert an zu lachen.

»Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen«, sagte der Mann ihm gegenüber, hob seine Hand erneut und legte sie an Taos Kinn, drückte es etwas hoch. »Aber lass mich dir einen Tipp geben«, fing er an und Tao sah in seine dunklen Augen, wusste nicht, was jetzt kommen würde, »wenn du hier nicht negativ auffallen willst, halte dein Kinn oben. Schultern zurück; achte auf jeden Fall auf deine Ausstrahlung. Gerade neben Kris ist das wichtig. Mach dich nicht kleiner als du bist und sei nicht so unsicher; selbst wenn ein König mit dir sprechen würde.«

»Nimm deine verdammten Finger von ihm.« Kris‘ Stimme war laut und Tao wandte den Blick zur Seite, spürte wie sein Gegenüber seine Finger zurückzog und ebenfalls zu Kris sah, der mit wehendem Umhang  und großen Schritten zu ihnen lief. Die anderen beiden Prinzen näherten sich ebenfalls, aber deutlich langsamer.

»Dir auch einen wunderschönen, guten Abend, Prinz Kris.« Er schenkte Kris ein amüsiertes Grinsen.

»Steck dir deinen Grinsen sonst wo hin, Chanyeol. Und ich hoffe, dass ich mich nicht wiederholen muss. Fass ihn an und es ist mir egal, ob du der neue König von Aschenschlund bist.«

Chanyeol gluckste und Tao starrte den Mann mit den hellbraunen Haaren aus großen Augen an. Das war ein König? Ein ganz schön junger König.

»Wieso hast du Baekhyun nicht mitgebracht?«, wollte er wissen, ohne auf Kris‘ Drohung einzugehen.

»Aus demselben Grund.«

»Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es dich gestört hatte, als ich mit deiner letzten Begleitung geredet habe. Und an deiner Stelle würde ich aufpassen, was du mit deiner gespaltenen Zunge sagst. Vielleicht kann ich deinen Drachen nicht rösten, aber es wäre keine große Herausforderung dich in Flammen zu setzen.«

»Scheint eines der Hobbys zu sein Prinzen zu töten, was? Verdammter Usurpator.«

Chanyeol schenkte Kris, der etwas lauter geworden war, nur ein schiefes Lächeln, das wohl mehr Spott war, als alles andere. »Höre ich da einen Funken Neid, weil ich auf dem Thron sitze und du noch Jahre warten musst, bis dein alter Herr dahinscheidet?«

Kris verengte die Augen gefährlich und hätte D.O sich nicht eingemischt, wäre die Situation sicher noch unangenehmer geendet.

»Lasst es gut sein. Euer Verhalten ist kindisch. Außerdem befinden wir uns auf einem neutralen Grund und Boden. Und nicht einmal Leute wie ihr können ihn mit euren hitzigen Gemütern entehren. Hier gelten die Regeln von Emeralt und auch ihr müsst euch daran halten. Gerade ihr…«

Kris schnaubte und Chanyeol lächelte nur matt. »Ich hör mir nur ungern von einem Prinzen an, was ich zu tun und zu lassen habe«, verteidigte Chanyeol seine Tat mit einer lässigen Stimme.

Tao fühlte sich, als wäre er der Grund für dieses eisige Gespräch und fühlte sich schlecht. Vielleicht hätte er nicht hier her kommen sollen. Aber viel Zeit um sich selbst zu bemitleiden und unwohl zu fühlen war nicht, weil Kris zu seinem Handgelenk griff und ihn wortlos mit sich zog, sich von den anderen Dreien entfernte.

»Richte Baekhyun aus, dass ich nach ihm gefragt habe«, rief Chanyeol ihnen nach und Tao sah etwas verwirrt über seine Schulter, während Kris ihn zurück ins Gebäude führte.

»Halte dich fern von ihm. Und auch von Kai, verstanden?«, sagte Kris zu ihm und seine Stimme war gereizt. Tao biss sich auf die Zähne.

»Tut mir Leid«, entschuldigte er sich kleinlaut, auch wenn er gar nicht wusste, für was genau.

Kris schnaubte wütend und erinnerte ihn kurz an einen gefährlichen Drachen.

»Ist er… ist er wirklich der König? Er sieht so jung aus.«

»Ja, leider. Vor einem halben Jahr ist er auf den Thron gestiegen. Er war nicht einmal Mitglied der Königsfamilie, sondern nur so etwas wie ihre Geheimwaffe; ihr Leibwächter… Er macht nicht einmal ein Geheimnis daraus, dass er die eigentliche Königsfamilie umgebracht hat, nur um auf dem Thron zu sitzen. Er ist ein verdammter Thronräuber.«

»Aus welchem Königreicht kommt er?« Tao wollte lieber gar nicht fragen, wie eine Person eine Geheimwaffe sein konnte.

»Aschenschlund«, erklärte Kris. »Ich war nie dort, aber angeblich ist der Name Programm. Eine karge, dunkle Gegend. Und das sagt jemand, der in der Wüste aufgewachsen ist.«

»Wo liegt das Reich?«, wollte Tao wissen und bemerkte, dass Kris ihn noch immer festhielt und mitzog, ohne zurückzublicken.

»Im Nordwesten.«

»Du wirkst nicht so, als würdest du die anderen Prinzen mögen.« Er schloss Chanyeol nun einfach auch mit ein.

»Die, die du kennenlernen durftest nicht. Kai ist ein aufgeblasener und arroganter Volltrottel und sein Bruder ist ein Heuchler. Was ich von Chanyeol denke, weißt du vermutlich. Der Sohn des Gastgebers ist zwar kein Prinz, aber wohl mit einem zu vergleichen. Der ist in Ordnung, wenn auch nur manchmal. Den Thronfolger von Kar’ahl kann ich auch halbwegs leiden.«

»Kar’ahl war im Norden, oder?«, fragte Tao, der absolut keine Ahnung von ihrem Kontinent hatte.

»Im Nordosten um genau zu sein. In den Bergen. Das gesamte Land besteht fast nur aus Bergen und Wäldern.«

»Was ist mit den Südlanden?«, fragte Tao dann. Von dem Königreich wusste er. Vermutlich weil es das größte auf dem Kontinent war und für die Bauern in seinem Dorf oft als Handelspartner ganz weit oben stand.

»Hm«, machte Kris nur, während sie durch den Flur liefen und hin und wieder irgendwelchen Leuten begegneten von denen Tao nicht sagen konnte, ob es Gäste oder Gastgeber waren. »Ich kenn ihn kaum. Er wird auch erst morgen eintreffen, aber sein Vater und mein Vater verstehen sich ganz gut. Zumindest wenn es um die Wirtschaft geht. Sind unsere wichtigsten Handelspartner, wie du vielleicht sogar selbst weißt.«

Tao nickte, auch wenn Kris das nicht sehen konnte. Zumindest hatte er jetzt einen besseren Überblick. Er hatte noch nie eine ganze Karte des Kontinentes gesehen und kannte seine Ecken und Enden nicht, aber er wusste, dass Ilha, das Wüstenreich aus dem er und Kris kamen, recht zentral lag. Die Wüste war auf dem Kontinent sehr präsent. Die Südlande hingegen waren grün und perfekt für den Anbau für Gemüse und Obst und die Zucht von Tieren, die bei ihnen in der klaffenden Hitze eingehen würden. Eranian lag im Osten; und der Aschenschlund und Kar’ahl teilten sich wohl den Norden. Emeralt, die Insel auf der sie sich befanden, lag im Westen.

Und je mehr er darüber erfuhr, desto größer wurde das Verlangen, die fremden Länder zu sehen. Früher hatte sich Tao nicht einmal in die Hauptstadt gewagt. Und jetzt? Jetzt war er in einem fremden Land und glaubte, dass er langsam größenwahnsinnig wurde. Die Welt, die Kris ihm hier offenbarte, machte ihn wohl langsam übermütig.

Kris ließ sein Handgelenk los, nachdem sie im Zimmer angekommen waren und Tao sah sich etwas unsicher um, erinnerte sich an Chanyeols Worte.

»Vielleicht haben wir morgen mehr Glück und Zeit und werden nicht an jeder Ecke von Idioten abgefangen.« Irgendwie war die Vorstellung schwer zu glauben, dass jemand mit dem sympathischen Lächeln von Chanyeol eine ganze Königsfamilie auf dem Gewissen hatte, nur damit er auf dem Thron sitzen konnte. Aber offensichtlich waren Taos Menschenkenntnisse fürchterlich. Vielleicht konnte er Bauern durchschauen, aber offensichtlich keine höherrangigen Tiere. Das war wohl eine ganz andere Liga.

»Alles in Ordnung?«, wollte Kris, der nur einen Meter von ihm entfernt stand, wissen.

Tao bemerkte, dass er gedankenversunken war, sah dann rasch zu Kris und schenkte ihm ein ehrliches Lächeln. »Ja. Ist nur alles ein wenig… viel auf einmal.«

Kris schenkte ihm ein so sanftes Lächeln, das so unerwartet war, dass es Tao ein wenig aus der Bahn warf.

»Baekhyun scheint hier beliebt zu sein«, sprach Tao dann weiter.

»Hmh«, machte Kris, wieder weniger gut gelaunt. »Das wäre mir die letzten Male nicht unbedingt aufgefallen. Er ist nur jetzt ein Gesprächsthema, weil er nicht da ist.«

»Bist du sehr gut mit ihm befreundet? Was ist mit Luhan?«, sprach er dann neugierig weiter.

»Luhan wäre immer meine erste Wahl gewesen. Aber er hat Höhenangst und hält sich von den Drachen lieber fern. Deswegen hatte ich die ersten Male Baekhyun mitgenommen. Allein zu reisen ist langweilig. Vor allem dann, wenn man mehrere Tage unterwegs ist. Und Baekhyun ist in Ordnung. Ich kann ihn gut leiden.«

Tao blickte ihn einen Moment schweigend an. »Wieso hast du ihn nicht diesmal mitgenommen?«

»Ich kann dich besser leiden«, antwortete Kris und zuckte dann mit den Schultern.

»Obwohl ich dir ins Gesicht geschlagen hab?« Tao grinste etwas.

»Vielleicht genau deswegen«, sagte Kris und klang nicht so, als würde er seine Aussage ernst meinen.

Tao blickte sich in dem großen und schönen Zimmer um. »Oh«, machte er dann leise. »Wo darf ich denn schlafen?« Ein eigenes Zimmer würde er wohl nicht bekommen, das wäre auch zu viel verlangt. Aber vielleicht gab es ja ein extra Zimmer für Leute wie ihn, das er sich mit anderen teilen durfte. Ihm war das egal, denn er würde auch glatt auf dem Teppich schlafen. Bequem sah es auf jeden Fall aus.

»Wo du möchtest«, war die Antwort, die er von Kris bekam.

Tao sah sich um. Wo er mochte. Das Bett war sicher am bequemsten, aber das wollte er Kris nicht streitig machen. Vermutlich würde seine Wahl auf die Ecke mit den vielen Sitzkissen fallen. Das wäre sicher ein Traum auf Erden. Wie alles hier.

Die Wahl fiel tatsächlich auf die Kissen und Tao glaubte, dass es die beste Entscheidung der vergangenen Tage gewesen war.
 

Baekhyuns Arme hingen schlaff über dem Holzzaun und seine dunklen Augen waren motivationslos nach vorn gerichtet, sahen dabei zu wie Luhan dabei war das störrische Alpaka zu bürsten. Das Alpaka, das im Moment gar nicht so störrisch wirkte, sondern nur graste und Luhans Taten offensichtlich genoss. Als er das Tier zum ersten Mal gesehen hatte, war es ziemlich unruhig gewesen, hatte sich fast wie eine Diva verhalten, aber im Moment schien es ein paar gute Minuten zu haben. Oder es hatte angefangen Luhan zu mögen.

Vermutlich hatte es angefangen ihn zu mögen, aber Luhan fütterte es ja auch. Wäre ja dumm von dem Wesen, wenn es die Hand beißen würde, die ihn fütterte.

Baekhyun gab ein Seufzen von sich.

»Alles in Ordnung?«, hörte er plötzlich eine Stimme irgendwo hinter sich und an dem Lispeln erkannte er auch sofort, wer es war. Er drehte seinen Kopf und sah zu Sehun, der sich im nächsten Moment neben ihn an den Zaun lehnte und für einen Moment mit einem leichten Lächeln zu Luhan blickte, ehe er sich zu ihm wandte.

»Glaube schon«, antwortete er und zuckte mit den Schultern, so gut das in seiner Position eben ging.

»Nichts zu tun? Oder bist du deprimiert, weil er dich diesmal nicht mitgenommen hat?«, wollte Sehun wissen und Baekhyun verfluchte ihn für die Tatsache, dass er sehr richtig lag.

Baekhyun seufzte lautlos durch die Nase und sah dann wieder nach vorn zu Luhan, der Sehun offensichtlich noch nicht bemerkt hatte. »Ein bisschen. Ich hab mich eigentlich drauf gefreut. Aber es ist auch völlig in Ordnung, wenn er Tao mitnimmt.« Erneut hob er die Schultern leicht an. »Er scheint ihn ja sehr zu mögen. Und Tao ist in Ordnung, ich gönne es ihm wirklich.«

Sehun beobachtete Baekhyun prüfend von der Seite und schien seinen Kummer wohl irgendwie nachvollziehen zu können. Zumindest laut seinem Gesichtsausdruck. »Wieso hast du nicht gefragt, ob du trotzdem mitkannst? Wäre doch sicher kein Beinbruch gewesen, wenn du auch noch mitgegangen wärst.«

»Mhmm«, machte er lustlos. »So viel Recht hab ich nicht. Ich kann den Prinzen nicht einfach um so einen Gefallen bitten. Das ist unhöflich.«

»Oh, Sehun!« Luhan hatte sich umgedreht und den Neuzugang bemerkt und war, noch immer mit der Alpakabürste in der Hand, zu ihnen an den Zaun gelaufen. Auf seinem hübschen Gesicht lag ein erfreutes Lächeln. »Wie geht’s dir?«

»Besser als ihm«, war Sehuns Antwort, während er zu Baekhyun deutete, der sich langsam aus der doch recht unbequemen Situation hob und die Unterarme schließlich auf den Zaun legte.

Luhan, der noch immer auf der andren Seite des Zaunes stand, warf ihm einen fast schon bemitleidenden Blick zu. »Können wir dich irgendwie aufheitern?«

»Nein, mir geht’s gut«, sagte Baekhyun, wusste jedoch nicht, ob es wirklich zutraf. Er setzte schließlich ein Lächeln auf. »Ich lass euch beide dann mal allein. Muss sowieso noch ein paar Dinge erledigen.« Er entfernte seine Arme von dem Zaun.

»Uh, okay. Aber wenn du Gesellschaft brauchst, weiß du ja, wo wir sind.« Luhan schenkte ihm ein ehrliches Lächeln und Baekhyun bedankte sich, winkte ihnen, verließ die Ställe und lief Richtung Palast.

Er seufzte und versuchte seinen Trübsal zu vergessen. Vermutlich war er tatsächlich enttäuscht und deprimiert, dass er nicht hatte mitgehen dürfen. Dabei hatte er sich so darauf gefreut Chanyeol wieder zu treffen.

Vor zwei Jahren hatten sie sich das erste Mal, auf dem Treffen im neutralen Land Emeralt, getroffen. Er hatte ihn damals angesprochen und Baekhyun hatte sich auf Anhieb gut mit ihm verstanden. Baekhyun glaubte, dass es sein Lächeln gewesen war, das ihm so unglaublich gut gefallen hatte. Sie hatten sich bis spät in die Nacht unterhalten und Baekhyun hatte damals sogar vergessen, dass er ja eigentlich bei Kris hätte bleiben sollen. Zum Glück war ihm der Prinz nicht nachtragend gewesen.

Die Erinnerung an das letzte Treffen wollte aber auch nicht aus seinen Gedanken weichen.
 

»Du solltest mit mir mitkommen«, hatte Chanyeol zu ihm gesagt.

Und Baekhyun hatte ihn mit großen, fassungslosen Augen angesehen. Er hatte den Mund geöffnet, ihn wieder geschlossen und schließlich die Sprache wieder gefunden. »Ich kann nicht. Du weißt, dass ich im Palast arbeite un-«

»Es gibt genug Leute, die deine Arbeit ersetzen können. Aber bei uns gibt es niemand, der dich ersetzen kann«, hatte Chanyeol ihn unterbrochen und Baehyun hatte ihn angestarrt und war sich nicht genau sicher gewesen, wie sein Gegenüber das gemeint hatte.

Chanyeol hatte leise durch die Nase geschnaubt. »Niemand in Aschenschlund schenkt mir so ein ehrliches Lächeln wie du es tust. Der Prinz behandelt mich wie Dreck, der Respekt des Königs ist aufgesetzt und die Bürger trauen sich nicht einmal mich anzusehen, weil sie Angst vor mir haben. Für diese Personen bin ich kein Mensch. Für sie bin ich nur der Phönix, der aus der Asche gestiegen ist. Ich soll sie beschützen und gleichzeitig behandeln sie mich als wäre ich ein Monster.«

Baekhyun hatte beobachtet wie der junge Mann mit den gelockten Haaren sich schmerzhaft auf die Unterlippe gebissen und weggesehen hatte. Es hatte ihn durchaus Überwindung gekostet seine Hand zu heben und nach der von Chanyeol zu greifen. Er konnte sich noch gut daran erinnern, dass er nie gewusst hatte, was er darauf hätte sagen sollen. Er hatte ihn trösten wollen, hatte ihn wieder lächeln sehen wollen.

»Du bist kein Monster«, hatte er ihm leise gesagt und war von seiner Aussage überzeugt gewesen.

Chanyeol hatte seinen Kopf in Baekhyuns Richtung gedreht, ihn beobachtet und dann hatte er bemerkt, wie er den Druck seiner Hand etwas verfestigt hatte.

»Komm mit mir mit«, hatte Chanyeol wiederholt. »Sonst veranstalte ich da drüben noch ein Massaker.«

Wäre er kein so verantwortungsbewusster junger Mann gewesen, hätte er sofort zugesagt. Er hatte schnell angefangen Chanyeol zu mögen; er liebte es sich mit ihm zu unterhalten und auch wenn sie sich in zwei Jahren nur ein paar Tage gesehen hatten, hatte es zwischen ihnen immer gestimmt. Als wären sie auf einer Wellenlänge gewesen.

Er hatte ihm gesagt, dass er das leider nicht konnte. Und dann hatte er ihn damit getröstet, dass sie sich in einem Jahr ja wieder sehen würden.
 

Baekhyun hatte ein schlechtes Gewissen. Weil er ihn wohl irgendwie angelogen hatte. Und eigentlich tat er das nicht gern. Vor allem hatte er Chanyeol nicht anlügen wollen. Er hatte sich wirklich auf dieses Treffen gefreut; so wie immer.

Aber diesmal lief wohl alles ohne ihn ab. Er hoffte nur, dass Chanyeol ihm nicht böse war. Das war das Letzte, was er hatte erreichen wollen.

Und zu seinem Glück wusste er nicht, was in Aschenschlund passiert war – hätte er es erfahren, hätte er sich vermutlich durchaus Vorwürfe gemacht. Große Vorwürfe.

Stattdessen blieb es nur bei dem schlechten Gewissen, weil er ein leeres Versprechen gegeben hatte.
 


 

Er registrierte das Zwitschern der Vögel in den letzten Augenblicken seines Traumes, dessen Erinnerungen sofort verflogen waren, als er die Augenlider öffnete und gegen das helle Licht blinzelte. Er schloss die Augen wieder, drehte sich auf die Seite und fühlte sich fürchterlich ausgeschlafen.

Er rieb sich die Augen, gab ein leises entspanntes Stöhnen von sich und drehte sich auf dem Kissenberg um. Die Erinnerungen an den vergangenen Tag traten sofort ein, als er sich müde umgesehen hatte und ein sanftes Lächeln lag auf seinen Lippen.

Es war kaum zu realisieren und der Kummer von gestern Abend war auch verschwunden. Vielleicht weil er seit Langem so gut geschlafen hatte, vielleicht auch weil es so ein unglaublich schöner Tag war.

Schließlich zog er die Decke, die Kris ihm netterweise gegeben hatte, zur Seite und stand vorsichtig auf, blickte zu dem Bett und stellte fest, dass es leer war. Und sehen konnte er Kris auch nicht. Er fragte sich wo er war, kam aber zu keiner Antwort. Und dann bemerkte er, dass etwas auf dem Tisch stand. Offensichtlich Essen. Und wow, das kam wie gerufen, denn Tao hatte unglaublichen Hunger.

Er hatte gezögert, hatte sich gefragt, ob das Essen überhaupt für ihn war, sich dann jedoch einfach dafür entschieden das Risiko einzugehen, weil Kris nicht anwesend war.

Schließlich hatte er gegessen, war zum Fenster gelaufen und hatte hinausgeguckt und im Licht war die Umgebung noch viel beeindruckender. Mit großen Augen und leicht geöffneten Mund sah er aus dem Fenster, das er geöffnet hatte, und bemerkte, dass er noch nie so viel Grün auf einmal gesehen hatte. Er sah Bäume, die er noch nie zuvor gesehen hatte und bemerkte, dass das Weiß der Brunnen, die in dem gewaltigen Garten standen, wunderbar mit dem saftigen Grün harmonierte. Und der blaue, fast wolkenlose Himmel sah hier viel schöner aus, als in ihrem Land.

Er stand einige Minuten an dem Fenster, sah hinaus und genoss die warme Luft auf seiner Haut. Er wollte raus und fragte sich kurz darauf, ob er das einfach so konnte. Er wusste nicht wo Kris war, aber er glaubte auch nicht, dass es schlimm sein würde, würde er das Zimmer verlassen.

Er zögerte trotzdem einige Minuten, ehe er das Zimmer vorsichtig verließ und sich umsah. Vielleicht würde er jemand treffen, der ihm sagen konnte, wo Kris sich aufhielt.

Gesehen hatte er niemand und als er auf der weißen Terrasse stand, auf der er gestern Kai, D.O und Chanyeol kennengelernt hatte, seufzte er. Das Wetter war herrlich, die Umgebung war wunderbar und es wirkte, als wäre das hier einem Traum entsprungen.

Er sah sich um, schwang sich dann über die Balustrade und als er das kühle Gras unter seinen Füßen spürte, bemerkte er, dass er seine Schuhe vergessen hatte. Macht der Gewohnheit. Aber vermutlich hätte er das angenehme Gras eh unter seinen nackten Füßen spüren wollen.

Ohne zu wissen, wohin er wollte, lief er durch den Garten, sah sich um, bemerkte seltsame Vögel in den Bäumen sitzen und kurz gesagt, kam er aus dem Staunen einfach nicht mehr heraus.

Sein Morgenspaziergang wurde länger als erwartet und irgendwie hatte Tao gar keine richtige Lust umzudrehen. Es gab hier einfach zu viel zu sehen und er hoffte, dass er den Weg zurück noch finden würde, aber er glaubte, dass es recht einfach sein würde, das weiße, gigantische Anwesen wieder zu finden. Hier war ja sonst nur alles grün.

Als er dann aber den See gesehen hatte, war der Gedanke umzudrehen, verschwunden. Taos Augen beobachteten die Oberfläche des Wassers, das das Sonnenlicht fast schon glitzern ließ, voller Bewunderung. Er kannte nur kleine Oasen und das Meer, das er von dem Drachen aus gesehen hatte, aber das hier war eindeutig etwas anderes. Er konnte das Ufer der anderen Seite sehen und dennoch war es ein sehr großer See mit einem recht klaren Wasser.

Nach ein paar Sekunden Starren setzte er sich in Bewegung, tapste über den steinigen und kühlen Boden und hielt kurz darauf seine Zehen in das Wasser, das eine angenehme, minimal kühle Temperatur hatte. Und würde sein Verstand ihn nicht aufhalten, würde er mitsamt seinen Klamotten einfach in das Wasser springen. Da das aber eher eine suboptimale Idee war, ließ er es lieber bleiben. Verführerisch war es trotzdem.

Tao bewegte sich zu ein paar größeren Steinen, die am Ufer lagen und fast einen kleinen Vorsprung bildeten und ließ sich auf den Stein, der durch das Sonnenlicht angenehm warm geworden war, nieder. Er gab ein entspanntes Seufzen von sich, zog seine Beine an und starrte auf das Wasser. Und im nächsten Moment hörte er irgendwo ein leises Plätschern. Und kurz darauf ein Fluchen.

Tao runzelte die Stirn.

»Ouch, ich hab gesagt, du sollst vorsichtig sein«, hörte er jemand aufgebracht fluchen und Tao glaubte, dass er die Stimme kannte. War das Kai?

Er hörte ein leises Schnauben. »Wir wissen beide, dass du darauf stehst.«

Tao blickte in die Richtung, aus der die Stimmen kamen und er war sich ziemlich sicher, dass die zweite Person D.O sein musste. Und dass die beiden sich wohl auf der anderen Seite der kleinen Steinbrocken befanden.

»Ach, halt die Kla-« Der Satz wurde mit einem schmerzhaften Stöhnen abgebrochen und Taos Blick, der noch immer auf den Stein gerichtet war, nahm neue Dimensionen des Wortes ‚verwirrt‘ an.

Er hörte D.O amüsiert glucksen und danach etwas, das sich vielleicht wie ein lautes Ausatmen angehört hatte. Tao war sich nicht sicher, da die beiden Stimmen doch noch etwas entfernt von ihm waren, was dazu führte, dass er nur spekulieren konnte.

Kurz darauf hatte er sich etwas erhoben, war aus reiner Neugierde etwas höher geklettert und warf, oben angekommen, er vorsichtig einen Blick über den höchsten Stein.

Es war ein reiner Reflex, dass er seinen Mund fassungslos etwas öffnete und die Augen weitete. Vielleicht war das ein Bild gewesen, das er absolut nicht erwartet hätte. Nein… absolut nicht. Er schluckte und starrte auf D.O, der völlig entkleidet bis zum Bauch im Wasser stand und Kais nackte Oberschenkel festhielt und an seinen eigenen Körper drückte. Kai hatte seine Arme um den Hals seines Bruder geschlungen und seinen Kopf gefährlich nahe an D.Os. Der Jüngere der beiden hatte seinen Mund leicht geöffnet, die Augenlider genüsslich geschlossen und Tao glaubte, dass er ihn angestrengt, wenn auch leise, atmen hören konnte.

Kai griff mit einer Hand in D.Os Haare und drückte seine Lippen kurz darauf verlangend auf die des anderen um ihn in einen verlangenden Kuss zu ziehen.

Tao zog seinen Kopf wieder zurück und starrte gegen den grauen Stein vor seinem Gesicht und glaubte, dass sein Verstand ihm gerade einen ziemlich dämlichen Streich spielte, oder dass die beiden Prinzen von Eranian eine etwas andere brüderliche Beziehung führten.

Sein Herzschlag war rascher geworden, wieso genau wollte er lieber gar nicht wissen. Das Bild, das er eben gesehen hatte, hatte ihn schon so genug aus der Bahn geworfen. Er blinzelte kurz und hörte Kais heiseres Stöhnen.

Oh Gott.

Oh Gott.

Vielleicht hätte er doch umdrehen sollen.

Vorsichtig und darauf bedacht keinen Laut von sich zu geben, kletterte er die grauen Steine wieder nach unten und glaubte, dass es besser wäre, wenn er sich ganz schnell verziehen würde. Er wollte ja auch nicht stören und ehrlich gesagt wollte er auch nicht Zeuge ihres Techtelmechtels werden.

Oh Gott, er hoffte nur, dass er die beiden nicht noch einmal sehen würde, denn er war sich sicher, dass ihre Anwesenheit ihn an genau dieses Ereignis erinnern würde.

So leise es nur irgendwie ging trat er über die kleinen, piksenden Steine des Ufers und erreichte schließlich wieder das weiche Gras. Er atmete auf, sah kurz zurück zu den Steinen, die das Bild der beiden Prinzen verdeckten und lief schließlich wieder zurück Richtung Anwesen.

Tao war verwirrt.

Einfach nur verwirrt. Weil er sich nicht sicher war, ob das in ihrem Land normal war. Möglich wäre es durchaus. Andere Länder, andere Sitten. Und eigentlich war es ihm völlig egal, was andere Menschen trieben; war ja nicht seine Sache. Er respektierte die Vorlieben anderer Menschen, aber das zu sehen hatte ihn nun doch etwas… überrascht.

Und stören in ihrer lieblichen Zweisamkeit wollte er sie ja auch nicht…
 

Er hatte den Weg zurück gefunden, war sogar halbwegs auf andere Gedanken gekommen, was wohl nur daran gelegen hatte, dass er einen großen, weißen Vogel mit sehr langen Beinen und einem riesigen Schnabel gesehen hatte, der irgendwo in der Wiese stand und sich nicht bewegte. Er war nicht näher zu ihm getreten, hatte ihn jedoch einige Minuten aus der Ferne beobachtet und erst als er festgestellt hatte, dass das Tier wohl keine Lust hatte sich zu bewegen, hatte er seinen Weg weiter gesetzt. Das Gebäude war dann recht schnell in Sichtweite gekommen und Tao hoffte, dass er Kris treffen würde. Vielleicht war er wieder in ihrem Zimmer. Er würde das zumindest sehr begrüßen. Denn jetzt hatte er keine Ahnung mehr, was er mit sich anfangen sollte, außer sich weiter umzusehen. Und eigentlich wollte er auch nicht weg sein, wenn Kris vielleicht zurückkommen würde. Zurückkommen von was auch immer.

Er betrat das Gebäude und bemerkte sofort, dass der edle Boden durchaus kühler als das Gras draußen war. Lag wohl daran, dass der Flur größtenteils im Schatten lag. Es hatte sicher eine Ewigkeit gebraucht dieses Gebäude aufzubauen. Jede der Säulen war wunderbar verziert, viele der Wände besaßen ebenfalls wie der Boden ein mosaikähnliches Muster und von den Tischen und Vasen die an manchen Stellen standen, wollte er erst gar nicht anfangen. Es war auf jeden Fall eine ganz andere Liga als das Schloss von Kris‘ Königsfamilie. Nicht unbedingt schöner, aber eben anders. Man bemerkte die andere Kultur sofort.

Schließlich trat er durch die Tür und war froh, zu sehen, dass er das richtige Zimmer erwischt hatte. Dummerweise war der Raum noch immer leer und Tao fragte sich wo Kris war. Vielleicht hatten sie sich in der Zeit, in der draußen gewesen war, verpasst. Das wäre irgendwie bitter.

Er schloss die Tür hinter sich und trat dann in das Zimmer und warf sich im nächsten Moment spontan in den Kissenhaufen, drückte die weichen Kissen an seine Wange.

Still blieb er so liegen, umarmte eines der Kissen schließlich halbherzig und fragte sich, was seine Eltern gerade taten. Und wie es ihren Tieren ging und ob sie ohne seine Hilfe auch keine Probleme hätten. Gut, okay, das war wohl höchst wahrscheinlich, weil Tao nur einfache Aufgaben tat. Aber an sich bedeutete seine Abwesenheit durchaus mehr Arbeit für die Familie.

Daran hatte er noch gar nicht gedacht.

Tao fühlte sich plötzlich etwas unwohl, weil er hier im reinsten Luxus lag und nicht an seine Familie gedacht hatte. Er war doch sonst kein egoistischer Mensch und dachte erst an seine Familie und die Farm. Seine Familie brauchte ihn, das wusste er.

Unbemerkt hatte er sich auf die Lippen gebissen und versuchte sich einzureden, dass es ja nur für ein paar Tage war und dass dann sicher alles wieder beim Alten war. Vielleicht hätte Kris niemals auf der Farm auftauchen dürfen – wieso zur Hölle hatte er das eigentlich getan? Tao glaubte, dass er Kris das irgendwann mal fragen sollte.

Er seufzte schließlich und drückte sein Gesicht in das weiche Kissen und verfluchte sich, weil er sich Sorgen und Vorwürfe machte und das eigentlich im Moment gar nicht tun wollte. Er wollte den Aufenthalt hier genießen, weil es etwas Einmaliges war. Tao wusste, dass er keine zweite Chance bekommen würde und er konnte sich nur schwer vorstellen, dass Kris ihn nächstes Jahr noch einmal hierher mitnehmen würde. Natürlich würde er nicht Nein sagen, aber Tao glaubte, dass dieses Verhältnis, das er und Kris im Moment hatten, nicht lange halten würde.

Weil er ein einfacher Alpakabauer und Kris ein Prinz war. Das passte nicht, weder hinten noch vorn. Kurz musste er an die Frage denken, die Chanyeol ihm gestellt hatte, verwarf sie dann aber wieder, weil er sich nicht vorstellen konnte, dass Kris auf so etwas aus war. Und wenn, dann hätte er das wohl schon lange bemerkt, war ja nicht so, dass Tao beschränkt im Kopf war.

Irgendwie wurden sein Leben sowie seine Gedankenwelt hier gerade ziemlich auf den Kopf und die Probe gestellt.

Ein Klopfen riss ihn – zu seinem Glück – aus den unangenehmen Gedanken und Tao erhob sich etwas, blieb jedoch immer noch halbwegs in dem Kissenhaufen sitzen und blickte zu der dunkelbraunen Holztür, die geöffnet wurde. Ein dunkelbrauner Haarschopf war zu sehen und Tao war im ersten Moment enttäuscht, dass es nicht Kris war, der das Zimmer vorsichtig betreten hatte.

»Ah, Ihr müsst Tao sein!« Das war mehr eine Feststellung, als eine Frage. »Oder?« Das war eine Frage.

Auf seinen Lippen erschien ein amüsiertes Lächeln und im nächsten Moment erhob er sich aus seiner faulen Position. »Ja«, antwortete er einsilbig, aber nicht unhöflich – eher ein wenig fragend.

»Gut geruht? Ich hoffe, ich habe Euch nicht geweckt.«

»Nein, ich bin schon seit einigen Stunden wach«, erklärte er dann. Zumindest war er sich ziemlich sicher, dass er einige Stunden unterwegs gewesen war.

»Sehr schön«, sagte der Unbekannte, dessen Frisur ihn fast an seine eigene erinnerte. »Prinz Kris schickt mich.« Damit wollte er wohl seine Anwesenheit erklären.

»Oh«, machte Tao und wartete darauf, dass er weiter sprach, weil diese Aussage nicht alle seine Fragen beantwortete.

»Er würde sich freuen, wenn Ihr mit mir mitkommen würdet. Ich bring Euch zu ihm – natürlich nur, wenn Ihr wollt.« Die Person, die ihn zu Kris führen sollte besaß eindeutig gute Manieren. Er sah gepflegt aus, hatte schöne, helle Haut und ein Lächeln, das durchaus vertrauenswürdig erschien. Aber das von Chanyeol hatte auf ihn im ersten Moment auch so gewirkt, was er jedoch erfahren hatte, war alles andere als vertrauenswürdig.

»Sehr gern«, antwortete Tao dann sofort weil es erstens höflich und zweitens ehrlich war. Er schlüpfte in seine Schuhe und bewegte sich dann mit großen Schritten zu der Tür, und wenig später lief er neben dem jungen Mann, der gut zehn Zentimeter kleiner als Tao war, her.

»Und, gefällt es Euch hier?«, fing die Person dann locker an mit ihm zu reden, jedoch ohne die Höflichkeit zu verlieren.

»Ja, es ist sehr schön.«

»Etwas ganz anderes als die ewige Wüste, hm?«

»Kann man sagen«, antwortete er mit einem Lächeln.

»Ah! Ich hab mich noch gar nicht vorgestellt! Entschuldigt meine Unhöflichkeit. Mein Name ist Suho. Ich gehöre zum Gesinde des Kar’ahl Könighauses.«

Erstaunlich, was für Leute er hier kennenlernte. Leider konnte er schlecht sagen, dass er aus einer stinkenden Alapakafarm stammte und nur hier war, weil er Kris bei ihrem ersten Treffen wohl so gut im Gedächtnis geblieben war, dass er angefangen hatte ihn zu registrieren und nicht wie alle anderen zu ignorieren. Er war also etwas ratlos, was er darauf sagen sollte und bemerkte dann, dass er ja noch gar nichts über das Königreich im Nordosten wusste, außer dass es wohl in den Bergen lag.

»Kann ich Euch eine Frage stellen?«, fragte er deswegen vorsichtig.

Suho nickte. »Natürlich. Alles was Euch auf dem Herzen liegt.«

»Wie genau kann ich mir Euer Königreich vorstellen?«

»Hm«, machte er kurz überlegend. »Unser Land wird sehr von Bergen dominiert. Im Gegensatz zu den Temperaturen hier ist unser Land wohl als sehr kalt zu beschreiben. Dort wo keine Berge sind wachsen grüne Nadelbaumwälder. Im Gegensatz zu Eurem Land ist unser Sommer sehr kurz und der Winter ist immer verschneit.«

»Verschneit?«, fragte Tao verwirrt. »Was ist das?«

»Sagt dir Schnee etwas?«, wollte Suho wissen.

»Nein«, gestand Tao unsicher.

Suho schenkte ihm ein leichtes Lächeln. »Schnee ist gefrorener Regen. Und weiß.«

»So kalt ist es bei euch?«, wollte er ungläubig wissen. Das konnte er sich kaum vorstellen.

Suho gluckste amüsiert und Tao registrierte die vielbeschäftigten Menschen, die hin und wieder an ihnen vorbei eilten nur am Rande. Er war eher damit beschäftigt Suho mit großen Augen von der Seite anzusehen. »Kann ich mir gar nicht vorstellen.«

»Genauso wenig kann ich mir einen Winter ohne Schnee vorstellen.«

Tao schenkte ihm ein Grinsen. »Dann ist das Klima hier wohl auch schon recht warm für Euch, oder?«

Suho nickte. »Gute Sommertage sind mit viel Glück so wie das Wetter heute.«

Tao wusste, in welches Königreich er nur ungern gehen würde. Wobei er Kälte an manchen Tagen durchaus begrüßen würde. »Wow«, machte er dann leise, weil es durchaus beeindruckend klang. Vermutlich war für einen Bauersjungen alles beeindruckend.

Sie liefen noch ein paar Minuten und Suho erzählte ihm, dass in ihrem Königreich besonders viel Holz und Erze gewonnen wurden und dass ihr Königreich auch genau dafür bekannt war. Und für Gold. Vermutlich war es sogar eines der reichsten Länder, wenn man von dem materiellen Wert ausging. Was Nahrung anging, waren sie wohl nur sehr einseitig. Es gab zwar viele Nutztiere, aber dafür wuchsen nur sehr wenige Obst- und Gemüsesorten in ihrem Reich.

Und schließlich traten sie auf eine Art überdachte Terrasse. Das Dach wurde von großen Säulen gehalten, in der Mitte des runden Bereiches stand ein großer, weißer Springbrunnen und Tao konnte gehörnte Pferde auf selbigen erkennen. Und danach bemerkte er Kris, er auf einer Chaiselongue, überzogen mit rotem Stoff, lag. Tao musste feststellen, dass der Prinz heute verboten attraktiv aussah. Gerade in so einer Umgebung wirkte er fürchterlich anmutig.

Tao erinnerte sich daran, dass er Kris sein makelloses Gesicht bei ihrem ersten Treffen am liebsten zerkratzt hätte. Heute war er einfach nur beeindruckt davon.

Und kurz darauf bemerkte er auch eine weitere Person, die auf der Liegecouch, gegenüber von Kris, saß. Er hatte kurzes, braunes und wildes Haar und als er in ihre Richtung sah, stellte Tao fest, dass er ein hübsches, rundes Gesicht hatte. Und markante Augenbrauen. Er schenkte ihnen ein leichtes Lächeln und winkte sie in ihre Richtung und Tao folgte Suho, der, bei ihnen angekommen, seinen Kopf senkte und wohl eine Verbeugung andeutete. Tao wusste nicht so recht, was er tun sollte und tat es deswegen auch, weil er davon ausging, dass die andere Person vermutlich der Prinz von Kar’ahl war.

»Entschuldigt unsere Verspätung«, sagte Suho.

»Ihr seid nicht zu spät«, bemerkte die Person, deren Namen Tao nicht kannte.

Suho drehte sich minimal zu Tao. »Tao, darf ich Euch Prinz Xiumin, den Thronfolger von Kar’ahl vorstellen?« Jetzt wusste Tao seinen Namen.

»Es ist mir eine Ehre Euch kennenzulernen«, sagte er und hoffte, dass seine Aussage angebracht und nicht zu unhöflich war. Kris hätte ihm vielleicht wenigstens sagen können, wie er sich am besten vor solchen Hoheiten verhalten musste. Er selbst hatte ja keine Ahnung. Er kannte nur das im Dreck auf den Knien um Gnade betteln – eben das klassische Bild, das ein Bauer im Kopf hatte, wenn es um Könige ging. Aber im Moment gab es ja keinen Grund um Gnade zu bitten – hoffte er zumindest.

»Die Ehre ist auf meiner Seite«, sagte Xiumin, der eine sehr angenehme, ruhige Stimme hatte. »Und können wir dieses förmliche Gerede lassen? Das muss ich später noch lang genug hören.«

»Natürlich«, sagte Suho und klang noch immer so respektvoll wie zuvor.

Tao blinzelte kurz und registrierte Kris minimales Grinsen, der ihn schließlich zu sich winkte. Einen Moment zögerte der Schwarzhaarige, ehe er sich schließlich in Bewegung setzte. Kris setzte sich auf und Tao glaubte, dass er ihm Platz machen wollte. Sicher, ob er sich setzen konnte, war er jedoch nicht. Er wollte nicht dreist erscheinen. Erst als Kris eine eindeutige Kopfbewegung machte, setzte sich Tao neben ihn und musste sich die Frage, wo er heute früh gewesen war verkneifen.

»Du siehst ausgeschlafen aus«, bemerkte Kris und Tao bemerkte, dass sein Blick anders als gestern, als sie allein gewesen waren, war. Und dachte er darüber nach glaubte er, dass Kris in der Anwesenheit der anderen inzwischen immer etwas anders war.

»Bin ich auch«, gestand er.

Kris zog seinen linken Mundwinkel zu einem kurzen, aber sehr schiefen Grinsen hoch.

»Hab gehört ihr habt Chanyeol gestern getroffen«, sagte Xiumin. »Hat sich ganz schön verändert, oder bilde ich mir das nur ein?«

»Zumindest ist er noch etwas größer geworden«, sagte Suho, der noch immer neben Xiumins Chaiselongue stand, bis selbiger ihm mit dem Klopfen auf das Polster ein Zeichen zum Setzen gab.

Kris‘ Blick hatte sich etwas verfinstert. »Zumindest ist jetzt offensichtlich, dass seine gute Laune nur ein Vorhang ist. Hätte mir das letztes Jahr jemand erzählt, hätte ich diese Person wohl ausgelacht.«

»Na ja, wenn man daran denkt, was er ist, ist das eigentlich gar nicht so abwegig. Sei nur froh, dass dein Drache nicht auf den Thron passt, sonst würde er vielleicht auch sehr schnell zum Usurpator werden.« Xiumin schenkte Kris ein amüsiertes Grinsen.

»Es gibt keine loyaleres Wesen als Ace.« Kris sagte es mit so einer Überzeugung und so einer Arroganz, dass Tao ihm sofort glaubte.

»War’n Scherz«, sagte Xiumin dann. »Hatte er nicht immer mit deiner letzten Begleitung rumgehangen?«

»Ja«, sagte Kris und man konnte hören, dass er nicht gut gelaunt war. »Ich bin froh, dass ich ihn diesmal nicht mitgenommen hab. Mit jemand wie Chanyeol möchte ich nichts zu tun haben.« Tao bemerkte den kalten Ton in der Stimme seines Prinzen.

Es klang hart, dachte Tao darüber nach, war Kris‘ Aussage wohl nachvollziehbar. Dennoch konnte Tao die Geschichte nicht so recht fassen. Chanyeol hatte wirklich nett gewirkt.

»Können nur hoffen, dass er in seinem jungen Leichtsinn nicht plötzlich einen schweren Streit anzettelt oder Krieg provoziert«, mischte sich Suho in das Gespräch ein.

»Das würde er gar nicht wagen«, sagte Xiumin und zuckte mit den Schultern. »Er weiß, dass unser Königreich sich bei so etwas quer stellen würde und er weiß auch, was mein Vater damals getan hat.«

Tao verstand nicht, wovon der Prinz von Kar’ahl sprach. Kris offensichtlich schon.

»Außerdem glaube ich nicht, dass er so etwas vorhat. Vielleicht ist er ein Thronräuber, aber ich denke, dass es falsch wäre ihn als dumm zu beschreiben. Chanyeol war zwar nie bestimmt dafür auf dem Thron zu sitzen, aber jetzt, da er es tut, kann man durchaus bemerken, dass er Qualitäten hat. Auch wenn ich das nur sehr ungern zugebe«, sprach Xiumin weiter.

Kris gab ein missgelauntes Geräusch von sich. »Ich würde ihn trotzdem am liebsten von seinem hohen Ross holen«, brummte er dann.

»Auf deinem Drachen sitzt du doch sowieso höher«, bemerkte Tao plötzlich.

Kris warf ihm einen skeptischen Blick zu und Xiumin gab ein amüsiertes Lachen von sich. »Wo er Recht hat«, kommentierte er.

Kris zog seine Lippen zu einem leichten Grinsen und warf dann einen Blick in den Garten. »Ich werde mich mal nach dem Wohl von Ace erkundigen«, sagte Kris und stand auf. »Tao, du kommst mit.«

Ohne ein Widerwort erhob er sich, schenkte Suho und Xiumin ein leichtes Lächeln.

»Wir sehen uns später«, verabschiedete Xiumin sich von Kris, der nur nickte und sich in Bewegung setzte. Tao folgte ihm. Es war um Welten besser Kris zu folgen, als allein im Zimmer zu sitzen und sich mit unangenehmen Gedankengängen herumzuschlagen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück