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April April!

von

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Letters to Effie

Letters to Effie

Effie und Portia

Erster April
 


 

Der Umschlag geglitzerte rosa und roch so gut, als der Avox ihn ihr überreichte. Neugierig wendete sie den Brief in den Händen und stockte, als sie den Absender erfasste. Auf der Rückseite stand als Absender Distrikt Zwölf! Kein Wunder also, dass die dreizehnjährige Effie den Umschlag sofort auf riss. Keine Spur mehr von damenhafter Zurückhaltung. Und tatsächlich! Sie konnte ihren Augen nicht trauen. Da war sie! In schönste Sonntagsschrift endlich die Antwort auf die Fanpost, die sie vor fünf Jahren verschickt hatte.

Vor Glück quietschend, drehte sich Effie mit dem Papier im Kreis. Das war unglaublich! Zu gut um wahr zu sein! Sie lief mit dem Brief in der Hand nach unten, wo sie der Fahrer der Familie erwartete um sie zur Schule zu bringen. Und das kam Effie gerade recht, denn dort würde sie auf ihre beste Freundin treffen und der musste sie die Zeilen doch unbedingt auch zeigen!

Wann bitte passierte einem denn so etwas? Die Fahrt dauerte viel zu lange und Effie war zu hibbelig. Sie musste dieses Ereignis mit jemanden teilen, der sich auch für sie freute. Sie sprang sogar ganz undamenhaft aus dem Auto und ihr kleines, rosa Handtäschchen flog nur so durch die Luft, als sie sich rennend auf die Suche nach Portia machte, aber jetzt war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt für Manieren. Jetzt war sie zu aufgeregt um auf so etwas zu achten. Und Manieren verlangsamten sie nur.
 

„PORTIA!“, kreischte Effie, als sie ihre beste Freundin endlich im halbvollen Klassenzimmer entdeckte. Ohne Umschweifen setzte sie sich zu dem anderen Mädchen und rückte ganz nah an sie heran. Das Portia gerade in einer Modezeitschrift blätterte, ignorierte Effie, die sonst sicherlich Interesse daran gehabt hätte und mitlesen würde. Aber nicht heute! Heute war alles andere unwichtig. Was zählte, war ihr Brief.

„Portia, du glaubst mir das nie!“, wisperte Effie aufgeregt und trommelte beinahe mit den Händen auf Portias Zeitung herum. Eigentlich war ihr nicht danach still zu sitzen. „Ich habe Post bekommen und rate mal von wem!“, fuhr sie mit vor Freude strahlenden Augen fort. Allerdings konnte Portia das unmöglich erraten. Und genauso ratlos sah sie auch gerade aus. Ratlos und neugierig. Effies Aufregung musste ansteckend sein. „Sag es mir!“, verlangte Portia jetzt nicht minder aufgedreht und Effie schob ihr den Brief hin. Das musste Portia mit eigenen Augen sehen.

„Aber mach ihn nicht kaputt. Ich will mir den einrahmen!“, ermahnte sie Portia eindringlich und sah dann gespannt dabei zu, wie ihre beste Freundin den Brief aus dem Umschlag zog. Effie selbst hatte das ungefähr noch zehn Mal auf der Fahrt zur Schule getan. Und trotzdem sah sie wieder mit auf das Papier. Sie konnte die Zeilen nicht oft genug lesen! Und jedes Mal weckten sie den Wunsch in ihr jubelnd herum zu hüpfen.
 


 

Liebste Effie,
 

Du siehst den gleichen Mond

wie ich,

Du siehst die gleiche Sonne

wie ich,

Du siehst die gleichen Sterne

wie ich.

Aber mich sehen tust du nicht.
 

Effie, lange habe ich mich nicht getraut auf deinen Brief zu antworten, den du mir am 23. September vor fünf Jahren geschickt hast. Aber ich musste immer daran denken und jetzt habe ich meinen Mut zusammen genommen und dir geantwortet. Ich will dich sehen. Triff mich dieses Jahr wenn ich während der Hungerspiele im Kapitol bin. Möchtest du? Kreuze an

[] Ja

[] Nein

[] Vielleicht
 

Für immer der Deine,

Haymitch Abernathy
 


 

Stumm formten Effies Lippen die Briefzeilen mit. Sie hatte das Schreiben natürlich schon auswendig gelernt. Und nun sah Effie erwartungsvoll zu Portia auf, deren Mund aufgeklappt war. Sie starrte Effie zurück an und irgendwann hielt Effie die Stille nicht mehr aus. „Und? Und?! Sag was, Tia!“, stieß Effie aufgeregt und mit glühenden Wangen hervor. Ihr Herz wummerte immer noch vor lauter Aufregung. Und sie wollte, dass Portia endlich etwas dazu sagte und sich mit ihr freute.

„Effie, das ist… Das ist ja der Wahnsinn! Wie kommt es, dass ein Sieger dir so etwas schreibt?“ Jetzt war auch Portia ganz aufgeregt und das gefiel Effie schon sehr viel besser. Natürlich enttäuschte sie ihre beste Freundin nicht, aber immerhin war das nichts Alltägliches und sie kannte niemanden, der schon einmal Post von einem Sieger bekommen hatte. Auch nicht diejenigen, die sich wie Effie selbst die Mühe machten, Fanpost zu verschicken.

Aber sie, Effie Trinket, hatte Erfolg gehabt. Sie war so ein Glückspilz! Vielleicht hatte ihm ihr Brief als Einziger richtig gut gefallen und er war schüchtern und so lieb. Sie konnte sich sogar richtig gut vorstellen, wie Haymitch ihren Brief immer und immer wieder gelesen hatte und sich nun dazu durchgerungen hatte, ihr zu antworten. Wenn Effie ehrlich war, wusste sie schon gar nicht mehr, was sie in ihrem Brief geschrieben hatte. Sie war ja noch so klein gewesen! Aber sie hatte lauter Herzchen gemalt und ihm geschrieben, dass er von Anfang an ihr Favorit gewesen war.

„Ich habe ihm damals einen Brief geschrieben. Du weißt doch, sie schicken die Briefe an die Distrikte zum Dorf der Sieger. Und ich fand ihn ja schon immer sehr süß. Die ganze Zeit während des Jubeljubiläums. Da habe ich ihm einfach geschrieben. Und jetzt hat er geantwortet! Und er ist so romantisch. Ein richtiger Poet“, schwärmte Effie und strich ehrfürchtig über den Brief, der sogar zu ihrem Nagellack passte. Sie trug heute rosanen Nagellack mit kleinen Blümchen auf den Nägeln. „Er wusste sogar, was meine Lieblingsfarbe ist. Wir sind füreinander bestimmt“, hauchte sie ganz verzückt und sah vor ihrem inneren Auge bereits die rosanen Hochzeit vor sich. Sie könnte ihm einen rosanen Anzug aussuchen. Er würde so gut darin aussehen!

Portias Augen würden noch größer. „Und jetzt? Triffst du dich mit ihm?“, wollte sie aufgeregt wissen und Effie nickte, während sie rot wurde. „Natürlich treffe ich mich mit ihm! Das ist doch Schicksal, dass er mir geschrieben hat, oder nicht? Tia? Du würdest dich doch auch mit ihm treffen, oder?“, fragte Effie ganz aufgeregt und klatschte voller Vorfreude in die Hände. „Zum Glück haben wir noch Monate Zeit um mein Outfit zu planen. Du kannst das doch so gut, du musst mir helfen“, verlangte Effie. „Ich will wirklich gut für ihn aussehen.“

Sie ging schon die neusten Trends durch und fragte sich, was Haymitchs Lieblingsfarbe war. Dann würde sie sich in der Farbe kleiden. Und vielleicht sollte sie versuchen etwas fraulicher zu wirken. So wie die Mädchen in seinem Alter. Hoffentlich störte es ich nicht, dass sie etwas jünger war. „Das ist so aufregend“, fand auch Portia und bestätigte, dass sie ihr bei der Wahl ihrer Garderobe helfen würde.
 

„Was ist aufregend?“, ertönte eine Stimme hinter ihnen und sie fuhren beide erschrocken herum und unterbrachen ihre Outfitpläne. „Ähm“, machte Portia und warf Effie einen hilfesuchenden Blick zu, während Effie selbst die Lippen schürzte. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. „Nichts, Honoria“, gab Effie schnell zurück und ließ den Brief in ihrer Handtasche verschwinden. Denn die Angelegenheit ging Honoria gar nichts an.

Honoria und sie waren einmal beste Freundinnen gewesen, bis Effie es gewagt hatte, Portia für eine Modenshow, bei der ihre Mutter beteiligt gewesen war, mitzunehmen. Sie hatte davor immer Honoria mitgenommen und dabei wusste sie, dass Portia sich dafür ebenfalls interessierte. Ja Portia, hatte ihr sogar verraten, dass sie später mit Mode arbeiten wollte. Und Effie hatte gedacht, dass das einmal nicht schlimm gewesen wäre. Honoria würde schon verstehen, dass sie immer nur eine Freundin mitnehmen durfte und sie war ja schon so oft gewesen. Das nächste Mal würde sie einfach wieder Honoria mitnehmen. Sie hatte sich kräftig getäuscht, denn tatsächlich hatte Honoria ihr anschließend die Freundschaft gekündigt. Effie war immer noch sauer deswegen. Das war doch kein Grund! Sie wäre vielleicht auch sauer und enttäuscht gewesen, aber gleich eine Freundschaft zu kündigen! Das gehörte sich nun wirklich nicht!

Seitdem gingen sie sich eigentlich aus dem Weg, wenn Honoria nicht die ein oder andere spitze Bemerkung abließ. Deswegen ignorierte Effie sie auch lieber und hielt sich nun an Portia. Die war auch sowieso viel netter! Honoria war immer so egoistisch gewesen. Portia war eindeutig eine bessere beste Freundin.

„Du solltest ihn treffen und dann könnt ihr heiraten und Kinder bekommen und einen Pudel“, fuhr Honoria ungerührt mit lauter Stimme fort und jetzt klappte Effie der Mund auf. „Woher weißt du das?“ Und damit meinte sie keinesfalls die Hochzeit, die sich Effie bereits als Kind ausgemalt hatte. Oder Coco, den Pudel. Das hatte sie Honoria damals leider alles erzählt. Effie meinte die Tatsache, dass Haymitch ihr geschrieben hatte. Auch Portia sah nun verwirrt aus. „Du kannst doch gar nicht wissen, dass Effie jemand treffen will“, fand Portia jetzt auch irritiert, während Effies Augen ganz schmal wurden, als sie Honorias breites Grinsen sah. Das konnte doch nicht wahr sein! Mittlerweile hatten sie auch die Aufmerksamkeit der anderen Klassenkameraden und Effie Kopf färbte sich langsam aber sicher rot.

„Du siehst den gleichen Mond wie ich, du siehst die gleiche Sonne wie ich“, begann Honoria und stockte nur, weil Effie aufsprang und völlig außer sich war. „Ich habe dir damals im Vertrauen von meinem Brief erzählt! Du hast versprochen es niemanden zu sagen!“ Genauso wie den Rest, den sie Honoria anvertraut hatte, aber mittlerweile war selbst Effie klar, dass der Brief nicht von Haymitch Abernathy stammte, sondern von ihrer ehemaligen besten Freundin. „Das ist echt gemein! Einfach so einen Brief zu fälschen“, sprang Portia Effie bei, die heftig nickte und Tränen in den Augen wegblinzelte.

Wie dumm sie gewesen war, dass sie geglaubt hatte, ein Sieger hätte ihren Brief so lange aufbewahrt und wollte sie nun treffen. „Aber Effie, es ist der erste April, da macht man Scherze“, wiegelte Honoria harmlos ab und Effie wollte ihr am liebsten das falsche Grinsen aus dem Gesicht schlagen. Wobei sie sich bei der Botoxmasse am Ende nur selbst verletzen würde.

„Du bist so gemein!“, quietschte sie den Tränen nahe und schnappte sich ihre Handtasche, um aus der Klasse zu stürmen! Sie hörte zwar noch, wie Portia ihr nachrief, aber Effie wollte nicht stehen bleiben. Sie wollte nicht zurück in die Klasse. Sie würde sich abholen lassen! Sie würde sich krank ins Bett legen. Aber erst würde sie den Brief verbrennen und dann würde sie überhaupt alles, was sie an Fanartikeln von dem Sieger hatte wegwerfen! Jetzt schämte sich Effie in Grund und Boden, weil sie den Brief für echt gehalten hatte. Ja, klar, als ob Haymitch Abernathy ausgerechnet zu ihr Kontakt aufnehmen würde...
 

Vielleicht hatte sie ja diesen gemeinen Aprilscherz gebraucht um einzusehen, dass ihre kitschige Vorstellung mehr als unrealistisch war und sie sich davon verabschieden sollte. Auf Wiedersehen rosa Hochzeit, auf Widersehen süße Kinder, auf Widersehen Coco und auf Widersehen Mitchi. Und ab jetzt war der erste April ihr persönlicher Hasstag. Eine so blöde Erfindung anderen Menschen Streiche zu spielen! Wer erfand bloß so etwas Gemeines? Effie jedenfalls würde ab jetzt an diesem Tag immer krank im Bett bleiben, so viel stand fest.



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