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Gib mir Kraft

von

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Es war der Herbst, welcher die Blätter der Bäume in warme Farben tauchte und welche, vom Wind erfasst, in die Welt getragen wurden.
 

Es war aber auch der Herbst, der die Regenwolken mit sich trug, welche den Boden matschig und rutschig machten.
 

Er fühlte sich so, als würde er auf genau so einem Boden gehen. Einem dreckigen Boden, auf dem er alle paar Meter ausrutschte.
 

Irgendwann hatte er aufgehört sich zu fragen, warum das so geschehen musste? Warum er zur rechten Zeit nicht eine bessere Entscheidung getroffen hatte. Bisher hatte er immer Antworten gefunden, die seiner Meinung nach völlig sinnig waren.
 

Mittlerweile zweifelte er an seinen eigenen Ansichten, an seinen eigenen Worten, an das was er geglaubt hatte und an was er noch glaubte.
 

Jeder Schritt fühlte sich schwerer an, jede Bewegung zerrte an seinen Muskeln und jeder Atemzug ließ seine Lungen sich mehr und mehr zusammen schnüren.
 

Am liebsten würde er morgens nicht mal mehr aufstehen, denn jeden Morgen führte ihn sein Weg an einem Spiegel vorbei. Und jeden Morgen sah er hinein, obwohl er versuchte, es zu unterlassen.
 

Doch es zog ihn wie magisch an, ließ ihn das erblicken, was er nicht sehen wollte. Sich selbst, so verletzlich, so kaputt und nicht mehr zu retten.
 

Viel zu oft schon hatte er darüber nachgedacht, etwas dagegen zu tun. Hatte jede Möglichkeit in Betracht bezogen, sogar daran, sich selbst das Ende zu bereiten, bevor er elendig zugrunde ging.
 

Aber auch dafür war er zu feige, zumal ihn sicher jemand vermissen würde. Kaum zu glauben für ihn, doch es gab tatsächlich jemanden, der ihn vermissen würde. Vielleicht sogar zwei.
 

Seine Mum, die sich um ihn sorgte, der er aber immer wieder versicherte, dass alles gut war und sie sich keine Sorgen zu machen brauchte. Und Harry, sein einstiger Rivale und nun... ja.. was war er nun?
 

Harry nannte es einen 'festen Freund', doch für ihn klang das zu unwirklich. Es klang nicht falsch, aber auch nicht richtig. Er war doch viel zu zerstört, um eine Beziehung zu haben.
 

Und wie jeden Morgen stand er auch heute vor dem Spiegel, dachte nach, bemitleidete sich selbst. Und jedes mal hoffte er, dass Harry dies nicht mitbekam.
 

Sein Blick ging zu seinem linken Arm, wo noch immer das schwarze Mal prangte. In seinen Träumen verschlang es ihn sogar, nahm Besitz von ihm und ließ ihn scheußliche Dinge tun.
 

Jedes Mal, wenn er so einen Traum hatte, dann wachte Harry auf, hatte ein Gespür dafür bekommen und hielt ihn im Arm. Er wartete sogar solange, bis der Blonde wieder ruhiger wurde.
 

Manchmal blieb er sogar die ganze Nacht wach, nur damit es ihm besser ging und er darauf achten konnte, dass nichts weiter geschah.
 

Es klang süß, wenn man so darüber nachdachte. Leider war es eine Notwendigkeit geworden und mit ein Grund, warum er nicht verstand, was Harry nur an ihm fand.
 

Denn manchmal kam es vor, dass er versuchte, sich das Mal vom Arm zu kratzen, es sich runter zu schneiden oder ähnliches zu tun. Immer dann, musste der schwarzhaarige aufpassen und ihn davon abhalten.
 

Wie konnte das jemand aushalten? Draco hielt sich selbst nicht mal so aus, wie also schaffte es sein Freund jedes Mal aufs Neue? Jeden verdammten Tag, jede Minute.
 

"Worüber denkst du nach?", fragte plötzlich jemand hinter ihm. Er war wohl doch wach geworden.
 

"Nichts", kam es lediglich als Antwort. Durch den Spiegel konnte er in Harrys Gesicht sehen, konnte sehen, dass dieser ihm die Antwort nicht abkaufte. Dafür kannte er ihn auch viel zu gut, ihm konnte er nichts vor machen.
 

"Komm zurück ins Bett. Es ist Sonntag." Jeden Sonntag blieben sie nur daheim, empfingen keinen Besuch und blieben für sich. Meist verließen sie das Bett nur, wenn es unbedingt nötig war.
 

Draco stand nur mit Boxer im Schlafzimmer und die Aussicht auf ein wenig Zweisamkeit und Wärme, ließ ihn zurück ins Bett gehen. Die Gedanken aber, ließen sich nicht vertreiben.
 

Sofort schlangen sich zwei Arme um ihn und zogen ihn an sich, gaben ihm Schutz, Nähe und Geborgenheit. Notwendige Dinge, wie Harry es nannte.
 

"Also? Dasselbe wie immer, ja?" Harrys Stimme klang so sanft, das er sich manchmal fragte, ob er wirklich so ruhig war oder es nur für Draco war. Jeden Tag machten sie diese Tortur durch und jeden Tag fand der ehemalige Gryffindor die Kraft, weiter zu machen.
 

"Warum.. tust du das alles für mich?"
 

"Weil ich dich liebe."
 

"Früher hast du mich gehasst."
 

"Wir haben uns gegenseitig das Leben schwer gemacht, doch wenn es drauf ankam, haben wir uns gegenseitig nicht verpfiffen."
 

Es war klar, das dieser auf den Kriegt anspielte. Darauf, dass Draco ihn nicht an Voldemort verraten hatte und darauf, dass Harry ihn aus dem Höllenfeuer gerettet hatte.
 

"Du liebst mich aus Mitleid."
 

"Du weißt doch genau, dass das nicht stimmt. Ich kann dich lieben, weil ich endlich mehr von dir gesehen habe. Weil du mir mehrere Seiten gezeigt hast. Du bist eben wie du bist und darum liebe ich dich. Zumal es gar keine Erklärung brauch... Es hat sich so entwickelt und das wir nun zusammen sind, das ist die Hauptsache."
 

Der Blonde seufzte. Auch das gehörte zu ihren Tagen dazu. Seit Draco zu ihm gezogen war - wobei Harry dem Ministerium versichert hatte für ihn zu Bürgen, sollte etwas geschehen.
 

Wo er früher vor Selbstbewusstsein strotzte, war er nun nicht mehr, als ein kleiner Haufen Elend. Jemand, der keine Kraft mehr hatte um weiter zu machen und der die fehlende Kraft bei jemand anderen suchte.
 

Harry hatte ihm das erst aufzwingen müssen, hatte ihm den Willen zu Leben wiedergeben müssen.
 

"Draco?"
 

"Hm?"
 

"Du weißt, dass alles was geschehen ist, nicht rückgängig gemacht werden kann. Mit jedem deiner Fehler musst du leben."
 

"Ich weiß."
 

"Du weißt aber auch, dass du daraus lernen kannst. Man hat dir eine zweite Chance gegeben."
 

Auch das wusste er, doch was nützte einem die zweite Chance, wenn man sie doch nicht verdient hatte?
 

"Ich will nicht mehr."
 

"Das ist verständlich. Aber hör nicht auf zu kämpfen. Versuch es zu verarbeiten. Ich bin immer da, um dir zu helfen."
 

Erschöpft ließ sich der Blonde noch mehr an Harry fallen, lagerte all sein Gewicht auf ihn und genoss sogar für einen kurzen Moment den Halt.
 

Sie hatten viele Gespräche geführt und würden immer noch weitere führen. Solange, bis Draco wieder Freude am Leben haben konnte, hatte Harry gesagt. Und bis heute versuchte dieser immer wieder Draco auf die Beine zu helfen.
 

"Du hast wieder daran gekratzt. Damit musst du wirklich aufhören, sonst entzündet sich dort wieder etwas." Die Stimme seines Freundes klang so fürsorglich, dabei hatte er das nicht verdient.
 

Das jedoch sagte er lieber nicht, denn dann würde Harry sich wieder aufregen. Und es stimmte, er hatte daran gekratzt. Hatte versucht, das Mal weg zu bekommen.
 

Es waren kleine Narben auf seinem Arm, die alle von solchen Versuchen herrührten. Manches mal hatte es sich wirklich entzündet und ein Verband musste drum gemacht werden.
 

Immer dann fühlte er sich besser, denn er musste es nicht mehr sehen. Musste nicht mehr sehen, was aus ihm geworden war.
 

In diesem Moment legte sich Harry auf den Rücken, zog Draco halb auf sich und deckte ihn und sich zu. Er wusste, dass der ehemalige Slytherin sehr gerne so bei ihm lag.
 

Dabei ließ er es sich nicht nehmen, wie sehr oft, über das Mal zu streicheln. Er wollte ihm zeigen, dass er es akzeptierte und das er ihn liebte, trotz dieser Vergangenheit.
 

Manchmal war auch Harry ziemlich überfordert, hatte kaum Kraft, um weiterzukämpfen. Doch dann gab es da gute Momente, kurze, aber so hoffnungsvolle, welche ihm wieder neue Kraft gaben.
 

Immer dann, wenn Draco, so wie jetzt, auf ihm lag, sich entspannte und seinen Arm locker ließ, damit Harry ihn dort besser streicheln konnte.
 

Und auch Draco fühlte sich in solchen Momenten wohler, es wurde erträglicher. Stück für Stück nahm Harry ihm etwas von der Last auf seinen Schultern ab. Dennoch würde es ein weiter Weg werden, das war beiden bewusst.
 

"Harry?"
 

"Ja?"
 

"Bleibst du bei mir?"
 

"Für immer!"
 

Es war ein Versprechen, das wusste er und das half ihm, gab ihm neuen Mut, auch den nächsten Tag zu überstehen.
 

Sein Freund antwortete immer mit diesen zwei Worten, jedes mal und es war egal, wie oft er ihn danach fragte. Niemals änderte sich etwas daran, auch nicht daran, was sie bedeuteten.
 

Irgendwann würde auch Draco nicht mehr so kaputt sein, irgendwann, würde er mit ihm raus gehen und das Leben genießen können. Doch bis dahin, genoss er diese kleinen Momente, wo er sich fühlte, als könnte ihm nichts und niemand etwas anhaben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Omama63
2014-07-17T12:26:24+00:00 17.07.2014 14:26
Ein klasse OS.
Es ist süß, wie Harry Draco beruhigt und wieder aufbaut.
Hat mir gefallen.
Super geschrieben.

glg
Omama63
Antwort von:  Nanacchi
17.07.2014 15:46
Dankeschön für dein Kommi. Freut mich, dass dir der OS gefällt. x3
Von:  Jonouchi
2014-06-24T13:24:38+00:00 24.06.2014 15:24
Ohh~. So kurz und dabei so gefühlvoll. Toll! Ach du bist eine starke Schreiberin! :)
Sehr schöne Wortwahl, prima platziert, leicht zu lesen. Das mag ich. <3
Antwort von:  Nanacchi
17.07.2014 15:47
Hier danke ich dir auch noch mal. x3


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