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Starke Kerle, starke Gefühle

von

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Kapitel 11 - Starke Freunde

Kapitel 11 - Starke Freunde
 

~Matthias~

Ist das schön! "Du riechst so gut", wird mir ins Ohr geraunt, während ich mich mit dem Rücken an den starken Körper hinter mir lehne. Ich grinse leicht und strecke meinen Hals durch, damit mein Hinterkopf auf Theos Schulter zum liegen kommt und ich fange an, an seinem linken Ohrläppchen zu knabbern, während sein Mund sich an meinem Hals zu schaffen macht.

"Das ist das Duschgel", schnurre ich und genieße seine Behandlung in vollen Zügen.

"Sicher nicht."

"Sicher."

Theo lässt von mir ab und greift nach dem Fläschchen. "Das riecht anders. Riech." Das Duschgel wandert unter meine Nase. Ich schiebe es sanft bei Seite, sodass ich mich weiter an Theos Ohrläppchen zu schaffen machen kann. Klappernd fällt das Gel in die Duschwanne, als ich meine Hände nach hinten schiebe und die Finger über seine Seiten kratzen lasse.

"Woher soll ich auch wissen wie ich dufte?", frage ich und strecke mich, damit ich besser in sein Ohr sprechen kann.

"Weiß nicht." Theos Haare hängen ihm tropfend ins Gesicht. Wie ich diesen Anblick liebe.

"Aber ich kann herausfinden, wie ich schmecke ..." Spielerisch züngle ich über Theos Lippen, schlüpfe dann zwischen ihnen hindurch und erkunde seine Mundhöhle. Kräftige Hände kneten meine Pobacken durch. Ich könnte schon wieder! "Theo! Mach so weiter und ..."

"Du kannst dich nicht mehr zurückhalten, was?" Ich nicke. "Vergiss aber nicht, dass das David und Jacks Wasser ist, das wir hier vergeuden." Muss er das jetzt sagen?

"Meinst du, die bemerken es, wenn wir uns heimlich hinausschleichen?"

"Bestimmt. David sitzt mit Sicherheit schon in Lauerstellung und wartet nur darauf, bis wir hier rauskommen, damit er uns ausfragen kann."

"Gemeiner David", wispere ich, drehe mich herum und lecke die unzähligen Wassertropfen auf, die sich über Theos Schlüsselbein schlängeln.

"Lass uns bei mir weitermachen."

"Geht nicht", sage ich.

"Warum nicht?"

"Spürst du es nicht?"

"Doch. Aber dagegen hilft kaltes Wasser."

"Wehe!" Das macht er doch nicht wirklich?!

Theo lacht und drückt mich gegen die Duschwand. "Noch einmal. Dann gehen wir raus und stellen uns den Fragen und den wissenden Blicken. Klar?"

"Uhhhh!" Theo umfasst meinen Schwengel und pumpt ihn fordernd. "Nicht so ... schnell!"

"Wir müssen uns aber beeilen." Ich hasse es, es zugeben zu müssen, aber er hat recht.

Ich klammere mich an ihn, bewege mich im Gleichtakt seiner Pumpbewegungen und treibe mich schnell in seine Faust, als es mir schon kommt, ich mich in kontinuierlichen Schüben in seiner Hand ergieße und mir die Beine wegknicken. Zum Glück packt mich Theo noch rechtzeitig, sodass ich nicht in die Duschwanne knalle. "Theo ..." Ich drücke mein Gesicht an seinen Oberkörper, um nicht so viel Wasser einzuatmen.

"Hiermit ist die Duschzeit rum", grunzt er und stellt das Wasser ab. "Kannst du alleine stehen?" Ich nicke und rutsche aus seinen Armen.

"Und du?" Ich deute auf seine Körpermitte, die auch schon wieder fast einsatzbereit ist.

"Das holen wir bei mir Zuhause nach." Mir wird ganz kribbelig unter seinem Blick!

Wir steigen aus der Dusche und trocknen uns gegenseitig ab, was länger dauert, als sich schnell selbst abzurubbeln, aber auch viel mehr Spaß macht. Im Schlafzimmer suchen wir dann noch fix unsre Kleidung zusammen und ziehen uns an, als mein Handy klingelt. "Das ist Laurin", stelle ich fest. "Sicher will er wissen was jetzt mit uns ist." Theo umarmt mich von hinten und haucht mir einen Kuss hinters Ohr. "Soll ich dran gehen?"

"Warum nicht? Dann hast du es hinter dir. Denn er gibt bestimmt nicht auf, ehe du mit ihm geredet hast."

"Stimmt auch wieder." Also hebe ich notgedrungen ab. "Ja?"

/Hallo Matthi. Ist Theo bei dir?/

"Natürlich ist er bei mir. Ganz nah sogar ...", gluckse ich und lege meinen Hals schief, damit er dort weiter machen kann, mich zu küssen. "War's das? Denn: Laurin du störst gerade."

/Tut mir leid, aber es ist ein Notfall. Kannst du mit ihm herkommen?/ Hä?

"Warum denn? Muss das jetzt sein?"

/Ich würde nicht fragen, wenn es nicht wichtig wäre./

"Na schön. Wir kommen vorbei."

/Ist gut./

"Und wohin? Zu dir oder bist du bei Vince?"

/Bei Vince. Adresse Simse ich dir. Bis nachher./

"Ja. Bis nachher. ... Sowas."

"Was ist denn? Klang wichtig."

"Wir sollen sofort zu ihm und Vince fahren."

Theo lässt mich los und zieht die Stirn kraus. "Warum denn? Ist was passiert?"

"Hat er nicht verraten."

"Sehr merkwürdig." Das kann er laut sagen.

"Aber wenigstens haben wir jetzt eine Ausrede, ganz schnell von hier abzuhauen", sage ich und grinse Theo an.
 

~Theo~

"Na? Endlich ausgesprochen?" Wie erwartet steht David mit schräg gelegten Kopf vor uns, als wir aus seinem Schlafzimmer kommen.

"Und wie!", grinse ich und drücke Matthi, dem ich meinen Arm umgelegt habe, noch fester an mich.

"Wie schön für euch. Dafür dürft ihr auch unser Bett frisch beziehen." Jack hat schon einen Stapel Bettwäsche auf den Armen, den er uns hinhält.

"Tut mir leid, aber wir müssen los. Laurin braucht uns."

"Lahme Ausrede!", zetert Jack. "Erst unser heiliges Reich einsauen und dann abhauen?! Wie nett von euch!"

"Jack!" David schenkt seinem Liebsten einen bösen Blick. "Was ist den mit Laurin?"

"Hat er nicht gesagt. Aber es klang dringend", erklärt mein Schnuckel nochmal, was meinen Bruder und meinen Schwager dann doch überzeugt.

"Zu Weihnachten bekommt ihr frische Bettwäsche von uns. Versprochen!", rufe ich und zerre Matthi schon aus der Wohnungstür. Wir hören Jack noch leise fluchen, grinsen uns dabei an und steigen die Treppen runter.

Der Weg bis Vincents Wohnung ist nicht lang, wie mir mein Navi kundtut und innerhalb von zwanzig Minuten sind wir da. Als ich klingle, stürmt mir schon ein total aufgeregter Laurin entgegen. "Endlich!", begrüßt er uns. "Kommt rein! Los!" Huh! Was für ein Stress! Hinter ihm taucht ein schmaler Bursche mit schwarzen Haaren auf, der Matthias und mich mit so riesigen Augen anschaut, als hätte er Angst, wir wollten ihn gleich fressen. Putzig.

Laurin führt uns bis in die Küche, wo Vince steht, der uns ebenfalls begrüßt und uns dann den schmächtigen Burschen vorstellt. Justin heißt der Kleine. Matthias bleibt wie ich stehen und will auch gleich mal wissen, warum wir am späten Abend hier her beordert wurden. "Was ist den los, dass ihr uns so dringend zu euch ruft?"

"Es geht um meinen Exfreund. Niels", beginnt Vincent, der richtig mitgenommen aussieht.

"Macht er Ärger?", will ich wissen und lasse meine Muskeln spielen. Wenn der Ex meinem Kumpel und seinem Freund Probleme macht, kann er sich auf was gefasst machen!

Doch Vince verneint kopfschüttelnd. "Wie man es nimmt. Er hat große Probleme. Er kam heute Nachmittag zu mir und bat mich um Hilfe. Der Kerl, wegen dem er mich damals verlassen hat, muss ein ganz fieser Typ sein."

"Und wie sollen wir euch da helfen?", fragt mein Schnuckel besorgt.

"Theo? Du hattest mir doch mal was von einem Freund von dir erzählt. Der mal bei der Polizei war und der jetzt im Personenschutz arbeitet." Langsam dämmert es mir, was Laurin von mir will.

"Du meinst sicher Frank. Der arbeitet jetzt als Streetworker." Das tat er jedenfalls vor gut einem halben Jahr, als ich ihn das letzte Mal getroffen habe.

"Meinst du, der könnte Niels irgendwie helfen?" Vincents Blick ruht hoffnungsvoll auf mir.

"Ich weiß nicht genau. Aber ich kann ihn anrufen und fragen."

"Jetzt?" Ich nicke Laurin zu und krame mein Handy aus der Hosentasche. Mit Laurin im Schlepptau marschiere ich aus der Küche. "Gehen wir ins Schlafzimmer. Da sind wir ungestört", sagt er leise.

"Wirklich? Was hast du denn da mit mir vor?"

"Ha ha! Hör bitte auf mit den Scherzen. Danach ist mir gerade gar nicht."

"Sorry." Dann eben nicht.
 

"Sag mir erstmal ein bisschen was über diesen Ex", bitte ich Laurin.

Der macht ein ganz bedrücktes Gesicht, bevor er anfängt mir von ihm zu erzählen. "Niels ist wie bereits erwähnt Vincents Ex. Er ist vorgestern von seinem jetzigen Freund geflüchtet, weil er ihn mehr als schlecht behandelt hat. Zur Polizei will er nicht, soviel Angst hat er vor diesem Typen und vorhin ... Ich habe ihn unter die Dusche gesteckt, weil er so aussah, als habe er die dringend nötig." Laurin schluckt und sieht mich ganz betroffen an. "Er hat lauter Verletzungen auf seinem Oberkörper. Blaue und schwarze Flecken. Rote Striemen. Es war ihm peinlich, dass ich es gesehen habe und hat mich angeschrien, als ich sie mir genauer ansehen wollte."

"Verständlich." Ich kenne mich nicht so gut mit dem Verhalten von Missbrauchsopfern aus, aber Frank ganz sicher. Der kann mit solchen äußerlich und innerlich verletzten Menschen hervorragend umgehen, wofür ich ihn schon immer sehr bewundert habe. "Gut. Das langt fürs Erste. Jetzt weiß ich, was ich Frank zu erklären habe."

"Danke Theo."

"Drück die Daumen, dass er uns auch helfen kann." Das ist nämlich nicht gesagt. Frank ist immer mehr als beschäftigt, setzt sich für seinen Verein ein, der sich um Jugendliche kümmert, die auf der Straße herumlungern, und sonst auf schräge Gedanken kommen würden.

Ich suche Franks Nummer raus und tippe auf Anrufen. Es klingelt nicht lange, da höre ich auch schon seine tiefe Bassstimme. Von der bekomme ich wie immer eine leichte Gänsehaut. Schade, dass er damals nichts von mir wollte. Er steht nur auf kleine Bübchen, wie dieser Justin einer ist. Aber was denke ich da! Ich habe Matthi, und der ist tausendmal besser, als alle Franks der Welt! "Hallo Frank. Ich bin's, Theo!"

/Hey Theodore du altes Haus!/ Ich verdrehe die Augen. Ich hasse es, wenn er mich so nennt! /Was gibt's?/

"Bei mir brennt die Luft", fange ich an zu erzählen, damit ihm der Ernst der Lage klar wird. "Mein Freund hat einen Bekannten, der von seinem Ex geflüchtet ist. Der muss ihn ganz schön verprügelt haben."

/Oh./

"Zur Polizei will er partout nicht."

/Das ist meistens der Fall. Da hilft nur zureden und gute Überzeugungsarbeit./ Das hört sich nicht so an, als wolle er uns helfen. Shit! Dann eben anders.

"Laurin hat gesagt, er sähe ziemlich schlimm aus. Dunkle Flecken auf dem Oberkörper und lauter rote Striemen. Außerdem scheint er eine riesige Angst zu haben, sein Ex könnte ihn finden und wieder einsperren."

/Einsperren und rote Striemen? Hört sich ja echt brenzlig an./ Es wird still am anderen Ende. Anscheinend denkt er nach. /Schön. Könnt ihr ihn zu mir bringen?/

"Können wir." Uff! Schwein gehabt!

/Ich bin Zuhause. Meine Adresse hast du noch?/

"Ja."

/Keine Sorge. Das bekomme ich schon hin./

"Danke Frank."

/Kein Ding./ Ich atme erleichtert aus und lege auf.

"Alles klar. Frank ist einverstanden, dass wir ihn zum ihm bringen."

Laurin, der ganz und gar in einer nachdenklichen Starre gefangen war, erwacht daraus und strahlt mich mehr als froh an. "Oh Gott! Danke Theo!" Er fällt mir um den Hals und knutscht eine Wange ab.

"Schon gut, schon gut", lache ich und schiebe meinen Kumpel außer Reichweite meiner schon feuchten Backe. "Aber darf ich eins fragen?"

"Frag", erlaubt er mir und grinst noch immer von einem Ohr zum anderen, wobei sich mir die gleich gestellte Frage nur noch mehr aufdrängt.

"Warum bist du so versessen darauf, Vincents Ex zu helfen?"

Laurin wird wieder etwas ernster. "Ist das nicht offensichtlich?", fragt er. "Mensch Theo! Du hättest ihn sehen sollen! Ich will gar nicht wissen, was er die ganzen Monate durchmachen musste. Und dann dieser Ausdruck in seinen Augen. Niels ist am Ende." Ihm geht das wirklich nahe.

"Also schön", rufe ich und klatsche in die Hände. "Sag ihm Bescheid, dann fahren wir los."

"Alles klar!" Laurin will schon losgehen, doch an der Tür halte ich ihn nochmal kurz zurück. "Was denn?", fragt er und schaut mich an.

"Mein Handy ist immer an. Nur für den Fall, dass dieser Kerl bei euch auftaucht." Es ist mir wichtig, ihm das zu sagen. Wer weiß, ob der Kerl hier nicht doch noch auftaucht und nach diesem Niels sucht.

"Gut zu wissen, mein ganz privater Bodyguard", witzelt Laurin und fällt mich schon wieder an, knutscht meine Backe zum wiederholten Mal ab und kichert, als ich ihm ein grimmiges Grollen schenke.
 

~Matthias~

"Hoffentlich hat das bald ein Ende und Niels ist endlich hier raus", giftet Justin, als Theo und Laurin aus der Küche verschwunden sind. Der ist ja eine ganz schöne Zicke! Hätte ich ihm auf dem ersten Eindruck gar nicht zugetraut.

"Dicke Luft?", frage ich ihn, weil ich mehr über diesen mysteriösen Ex erfahren will.

"Erraten. Keine Ahnung, weshalb ihr wegen dem so einen Aufriss macht." Tzäh! Was für ein Früchtchen!

"War die Trennung so schlimm?", harke ich weiter nach, da mich dieses Thema mehr als interessiert. Schließlich geht es hierbei ja auch um meinen besten Freund.

"Er hat Vince einfach wegen diesem Typen verlassen!"

"Justin es reicht. Es ist vorbei und ich bin so gut wie darüber hinweg. Nicht zuletzt wegen Laurin und auch davon, dass ich Niels vorhin endlich das sagen konnte, was sich all die vergangenen Monate in mir angestaut hatte." Vincent starrt den kleinen Justin mahnend an und stellt mir eine Tasse voll dampfenden Kaffee hin.

"Trotzdem noch kein Grund, eure Freunde scheu zu machen, damit sie ihm helfen", setzt Justin nochmal nach und rümpft die Nase. Echt niedlich der Kleine, wie er sich darüber aufregt.

Aber ich kann ihn verstehen. Das, was mir Theo heute erzählt hat, diese Story über Konstantin. Wäre Konstantin plötzlich da, würde ich ihn auch hochkant rausschmeißen, egal was Theo sagen würde. Das Laurin uns, oder besser gesagt Theo, um Hilfe für Vincents Ex gebeten hat, zeigt nur wieder, was für ein netter Kerl er doch ist. Doch was hält Vincent davon? Hat er überhaupt eine Ahnung, was für einen Hauptgewinn er da mit Laurin gezogen hat? Nicht, dass er weich wird und es nochmal mit Niels probieren will. "Und Laurin nimmt das alles so hin? Das Niels hier aufgetaucht ist und alte Wunden bei dir aufreißt?", frage ich deshalb Vince und trinke einen großen Schluck vom herrlich heißen Kaffee.

"Er nimmt es lockerer als ich. Laurin nahm quasi alles in die Hand und wusste praktisch sofort was zu tun war."

"Ach wirklich? Er hat nicht mit dir vorher geredet?" Skeptisch beäuge ich den Partner meines besten Freundes und lasse ihn das auch mitbekommen.

"Natürlich haben wir darüber geredet. Falls du jetzt darauf anspielst, es könnten alte Gefühle für Niels hochkommen, dann kann ich dich beruhigen. Das mit Laurin und mir ist ernster den je."

"Das freut mich zu hören", sage ich erleichtert.

Wir grinsen uns an, während Justin weiter schmollt und mit einem lauten Krachen die Küchentür auffliegt. "Es ist alles geregelt! Niels kann zu Theos Bekannten!", verkündet uns Laurin, strahlt übers ganze Gesicht, schiebt Theo zu uns in die Küche und dreht wieder um.

"Was macht er denn jetzt?"

"Sicher Niels Bescheid sagen", meint Theo und setzt sich neben mich.

"Und wo ist dieser Niels jetzt?" Ich kann nicht anders und lehne mich an ihn, klaue mir einen Kuss und nehme seine Hand, die ich ganz fest drücke. Irre ich mich, oder fliegen gerade Herzchen um unsre Köpfe herum?

"Noch mehr Pärchenglück! Mir wird schlecht."

"Justin! Lass deinen Frust nicht an Theo und Matthias aus! ... Sorry. Justin hat Liebeskummer." Vincent zuckt mit den Schultern und lächelt schmal.

"Kein Ding. Sowas ist ja auch nicht schön. Besonders wenn alle anderen um einen herum glücklich sind." Theo weiß anscheinend wovon er redet. Aber das ist ja jetzt glücklicherweise vorbei! Vincent sagt noch was, was ich allerdings nicht richtig mitbekomme. So sehr bin ich in Theos Anblick versunken. Alles meins!
 

Meine stolzen Betrachtungen enden erst, als die Tür wieder aufgeht und ein total schüchterner junger Mann eintritt. Er hat blonde, kinnlange Haare, die feucht in sein Gesicht hängen. "Niels? Das sind Theo und Matthias. Unsre Freunde."

"Hey!" Ich lächle den schmächtigen Kerl an, doch er verzieht keine Miene. Ausdruckslos starrt er erst mich, dann Theo an. Ohne einen Ton setzt er sich zu uns an den Tisch und glotzt die Tischplatte an. Wie nett! Ein einfaches Hallo wäre doch nicht zu viel verlangt, oder?

"Am besten, du trocknest dir gleich die Haare und wir fahren sofort los. Je eher du in Sicherheit bist, desto besser", redet Theo auf diesen ungehobelten Futzi ein, der nun den Kopf leicht schüttelt.

"Mit euch gehe ich nicht mit." Bitte?!

"Hast du sie noch alle?! Wir sind extra hier her gekommen, um dir zu helf..." Theo drückt meine Hand und mahnt mich zur Ruhe. Er will das anscheinend übernehmen. Von mir aus!

"Du hast keine andere Wahl. Hier kannst du nicht bleiben, es sei denn, du willst, dass dich der Kerl schneller wieder findet als dir lieb ist." Jetzt hebt Blondchen doch den Kopf und schaut Theo mir so einer Panik an, dass es mir die Sprache verschlägt.

"Er darf mich nicht finden!", haucht er erstickt. Niels muss wirklich eine riesige Angst vor diesem Typen haben.

All das Gedachte eben tut mir auf der Stelle leid. Ich kenne Niels doch gar nicht, weiß nicht was er durchmachen musste, damit er jetzt so verschlossen vor uns sitzt und uns allem Anschein nach nicht genug vertraut. "Wir bringen dich in Sicherheit. Versprochen", sage ich leise zu ihm stehe auf. "Hast du irgendwelche Sachen dabei? Die mache ich dann schon mal ins Auto."

"Hab nichts dabei bist auf einen kleinen Rucksack. Der liegt im Wohnzimmer." Ich nicke und fliehe fast aus der Küche. Die bedrückende Stimmung dort, die sich mit einem Schlag darin ausgebreitet hat, ist fast nicht zum aushalten. Froh, was zu tun zu haben, suche ich das Wohnzimmer, das ich auch nach dem dritten Anlauf finde und schaue mich um.

"Der da ist es." Justin steht hinter mir. "Der Rest ist von mir."

"Flüchtest du auch vor jemanden?", frage ich ihn schmunzelnd, senke aber meine Mundwinkel gleich wieder. Ich bin doch nicht etwa schon wieder in ein Fettnäpfchen getreten?!

"Ja. Irgendwie schon", gesteht er mir.

"Diesen Blick kenne ich."

"Alte Geschichte und längst vergessen." Justin versucht sich an einem Lächeln, was aber gehörig misslingt. So alt scheint die Geschichte also nicht zu sein und vergessen schon mal gar nicht. Doch wer bin ich, mich jetzt auch noch hierbei einzumischen? Außerdem, wie ich Laurin kenne, hat er Justins Gefühlslage schon längst auf dem Schirm.

Ich schnappe mir Niels Rucksack, klopfe Justin nochmal auf die Schulter und sage ihm, er solle den Kopf nicht hängen lassen. Dummer Spruch, ich weiß. Doch für bessere Ratschläge kennen wir uns definitiv noch viel zu schlecht.
 

~Theo~

Niels beäugt mich noch immer mehr als misstrauisch. Er gleicht einem verängstigten Reh, das von einem Wolf in die Enge getrieben wurde. Man sieht ihm ganz genau an, wie er zwischen mitgehen und flüchten schwankt. "Hör zu Niels. Bei Frank bist du sicher. Dein Exfreund kann ihn mit dir nicht in Verbindung bringen und dich dort demnach auch nicht finden. Vertrau uns einfach."

"Habe ich eine andere Wahl?", murmelt er und popelt an seinen Fingernägeln herum.

"Nicht, wenn du deinem Ex nicht wieder in die Arme laufen willst." Damit scheine ich ihn überzeugt zu haben, denn er steht auf und brummt, dass er sich die Haare trocken föhnen geht.

"Niels' Rucksack ist im Auto", verkündet Matthias und schlüpft wieder an meine Seite, was bei mir ein heißes Kribbeln im Bauch auslöst und mein Herz bis zum Hals schlagen lässt. Was bin ich froh, dass zwischen uns wieder alles geklärt ist!

"Dann fahren wir sofort los, wenn Niels wieder hier ist. Je eher wir bei Frank sind, desto besser."

"Sehe ich auch so", sagt Laurin und sieht mich dankbar an.

Nachdem Niels mit trockenen Haaren zu uns zurückgekehrt ist, verabschieden wir uns von Laurin, Vince und Justin. Laurin ringt mir noch das Versprechen ab, dass ich ihm Bescheid gebe, wenn wir Niels sicher zu Frank gebracht haben, ehe wir zusammen mit dem ängstlichen Blondchen im Schlepptau zu meinem Auto laufen, und ihn auf die Rückbank verladen. Mit einem argen Druck im Magen schaue ich ihm im Rückspiegel zu, bis er sich endlich angeschnallt hat. Seine Hände zittern dabei so sehr, dass ich fast schon denke, er packt es nicht ohne Hilfe. Aber was noch schlimmer ist: Seine langen Ärmel sind dabei für einen ganz kurzen Moment hochgerutscht und gaben ganz eindeutige, rote Male um seine Handgelenke frei. Fesselspuren! 'Scheiße!', denke ich nur, da mir echt die Worte Fehlen und starte den Motor. Hoffentlich bekommt Frank ihn dazu, zur Polizei zu gehen. Dieses Schwein gehört bestraft und vor allem weggesperrt, dass er niemals wieder jemandem sowas antun kann.
 

Die Fahrt dauert etwas über eine Stunde bei freier Fahrbahn. Es herrscht eine bedrückende Stille und ich bin froh, dass Matthias mir hin und wieder zulächelt. Wir kommen gut durch um diese Uhrzeit und als wir nach der nahezu wortlosen Autofahrt wieder aussteigen, tun mir die Knie vom sitzen weh. Wahrscheinlich liegt es an dem ereignisreichen Tag, dass ich so OK bin.

"Hier wohnt er? Hübsch." Matthias hat recht. Frank hat ein kleines Häuschen mit Garten am Stadtrand.

"Fast schon spießbürgerlich", sage ich und grinse die beiden an. Niels verzieht keine Miene, schaut sich noch nicht mal in der Gegend um. "Gehen wir. Frank erwartet uns bereits." Emotionslos geht unser Schützling eingekeilt zwischen uns her, doch man kann es unter seiner Oberfläche brodeln sehen. Er hat angespannte Kiefermuskeln und seine Hände sind zu Fäusten geballt. Niels ist total verunsichert und hat eine Heidenangst. Die hätte ich an seiner Stelle vielleicht auch, auch wenn ich es mir nur schwer vorstellen kann. Aber er wird bald sehen, dass Frank genau der Richtige ist, um ihn da hinaus zu helfen.

Apropos Frank. Der macht uns gerade die Tür auf, obwohl wir noch nicht mal die Treppen zu seiner Haustür betreten haben. "Theo! Schön dich wiederzusehen!"

"Gleichfalls Frankie." Wir schließen uns in die Arme, drücken uns fest und wie immer zerschlägt er mir dabei fast den Rücken mit seinen Pranken. Dennoch ... "Du hast nachgelassen!" Frank hatte früher schon mal mehr Muskeln sein Eigen nennen dürfen.

"Das bedeutet aber nicht, dass ich dich nicht noch immer im Boxen besiegen kann", lacht er aus vollem Halse.

"Ich weiß ja nicht ... Aber für den Fall der Fälle habe ich Matthias dabei. Darf ich vorstellen: Mein Partner." Stolz und Liebe durchflutet mich, als ich auf meinen Schnuckel deute, und ihm meinen alten Kumpel vorstelle.

"Das gibt's nicht! Du bist endlich in festen Händen?!" Frank lacht wieder sein typisch offenes Frank-Lachen und begrüßt Matthias genauso stürmisch wie mich eben. "Und du bist mein neuer Schützling, habe ich recht?" Frank streckt Niels die Hand aus, doch er reagiert bloß mit stoischem Dauerglotzen. Er misstraut uns. 'Kein Wunder.'

"Ja, das ist Niels", springe ich ein.

"Fein! Kommt doch erstmal mit rein. Tee?"
 

Drinnen ist es angenehm kühl. Wir stehen in einem breiten, offenen Flur, von dem alle anderen Zimmer abgehen. Sieht man gerade aus, kann man ein großes Wohnzimmer erkennen. Alles ist hell und modern eingerichtet, aber dennoch irgendwie gemütlich. "Hast dir ja ein feines Nest zurechtgemacht."

"Danke! Geht doch schon mal ins Wohnzimmer. Einfach geradeaus weiterlaufen. Ich komme gleich nach." Ich nicke Frank zu und übernehme die Führung.

"Eine Terrasse!" Matthias tritt gleich an die große Fensterfront, die an der Stirnseite des Wohnzimmer ist und in den Garten führt. "Ich ziehe auch aufs Land! Ist ja wahnsinnig schön hier!" Bei dem Satz überläuft es mich. Umziehen ... Mit Matthias zusammenleben ... Mir wird heiß und kalt zur gleichen Zeit.

"Setzt euch." Hinter mit klimpert es. Frank, bewaffnet mit einem Tablett, auf dem Tassen und, ich muss grinsen, ein Teller voll Kekse stehen, trappelt wie eine gute Hausfrau auf uns zu. Er stellt das Tablett auf den Glastisch und klatscht in die Hände. "Kinders! Ihr müsst ja halb verhungert sein! Wollt ihr was essen?"

Fassungslos klappt mir die Kinnlade runter. "Frank?"

"Hm?"

"Du bist doch Frank?"

Mein alter Kumpel legt den Kopf schief und verengt seine Augen. Blitzschnell stürmt er auf mich zu, dreht mich um neunzig Grad und pinnt meine Arme auf meinem Rücken zusammen. "Sag du mir doch, wer ich bin", grunzt er dicht an mein Ohr. Fuck! Ich hatte vergessen, was für ein hinterhältiges Arschloch er sein kann!

"Ist ja schon gut! Ich glaub dir ja, dass du Frank bist!", keuche ich halb lachend. Frank lässt mich wieder los und prompt werde liebevoll von zwei starken Armen umfangen. Matthias!

"Was sollte das denn?" Oha! Wut glitzert in seinen Augen, die er auf Frank gerichtet hat. Sexy.

"Schon gut Matthi. Das machen wir immer so", beruhige ich ihn. Mein Schnuckel brummt dunkel und zerrt mich auf's Sofa.

"Der passt wirklich gut auf dich auf, was?" Frank lacht und setzt sich uns gegenüber. Niels, der noch immer so gut wie unsichtbar an unserer Seite ausharrt, setzt sich vorsichtig auf den kleinen Sessel am Tischende. "Bedient euch." Frank deutet auf das Tablett. "Und du versteckst dich also vor deinem Exfreund?", kommt er auch gleich zur Sache und schaut Niels mit einem Blick an, den man wohl erst erlernen muss. Einfühlsam, aber nicht mitleidig, beruhigend, aber nicht gelangweilt und vor allem: wissend. Man sieht Frank an, dass er genau weiß, mit was für eine Situation er es gerade zu tun hat. Es beruhigt mich ungemein, den Kleinen in kundigen Händen zu wissen, und das ich Laurin nachher sagen kann, dass alles in Ordnung ist. Nur leider sieht das Niels anscheinend ganz anders.

Er sitzt weiterhin stumm da, glotzt den Boden vor sich an und rührt sich nicht. "Der Kerl sucht ihn wahrscheinlich", springe ich wieder ein.

"Ist er gefährlich?" Ich zucke nur mit den Schulter. "Na gut! Darüber zu reden hat ja noch bis morgen Zeit. Niels? Hast du ein paar Sachen dabei? Kleidung, Zahnbürste, sowas eben?" Keine Reaktion, was mich langsam wütend macht.

"Er hat einen kleinen Rucksack. Der ist aber noch im Auto." Matthias steht auf. "Ich geh ihn holen." Mein Schnuckel ist heute wohl der Gepäckträger vom Dienst.

"Falls dir was einfällt, was du noch brauchst, am Kühlschrank hängt ein Block, auf dem ich alles aufschreibe. Tu dir keinen Zwang an." Endlich nickt Niels mal. Wenigstens etwas! "Und Theo? Wie kommt's?" Er zwinkert mir zu und deutet hinter sich, meinem heraus eilenden Freund hinterher.

"Es ergab sich so", antworte ich und lehne mich ein Wenig zur Seite, um noch einen Blick auf Matthias Hinterteil zu erhaschen.

"Er sieht nett aus. Ganz nach deinem Geschmack, wie ich mich erinnere." Oh ja!

"Ist er auch. Nett, meine ich. Nett und ... Keine Ahnung! Matthias ist einfach was Besonderes." Shit! Gerate ich gerade ins Schwärmen?! Sieht so aus. Besser ich zügle mich. Niels geht es beschissen, und ich säusle hier mit dicken, roten Herzen in den Augen von Matthias rum!

"Dich hat es aber ganz schön erwischt." Frank lächelt mich an steht aber auf, da es klingelt. "Dein Schatz hat sich wohl ausgesperrt." Ich grinse schief. Das kann auch nur wieder ihm passieren.
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Laloona19
2017-04-21T19:42:38+00:00 21.04.2017 21:42
da sieht man mal wieder wenn du deine freunde brauchst, da sind die auch da. aber eine frage hab ich wie geht´s jetzt eigentlich mit niels weiter? schreibst du dazu auch eine story oder bleibt das unserer fantasie überlassen?
Antwort von:  Fara_ThoRn
23.04.2017 10:51
Die Story über Niels ist immer noch in Planung. Ich habe zwar schon angefangen, aber bis jetzt ist es nicht mehr als eine Seite. Mir fehlt noch etwas Inspiration und auch der Drang, daran weiterzuschreiben. Das wird eine ziemlich schwere Kost werden.
Von:  Fuchsfarben
2014-08-04T19:43:47+00:00 04.08.2014 21:43
oh ich ahne böses qwq hoffentlich ist matthias da draußen nichts passiert >__<
Von:  selena
2014-08-04T17:14:33+00:00 04.08.2014 19:14
oh oh ich hab da en ganz komisches gefühl im bauch. das is bestimmt nicht nur matthias der da vor der tür steht.
hoffe natürlich das ich da mit meinem gefühl falsch liege. -.-
Von:  Ayres
2014-08-04T10:40:30+00:00 04.08.2014 12:40
Nein Q.Q
Du kannst echt nicht an DIESER Stelle aufhören! Tu mir das nicht an. Ich muss doch noch arbeiten gehen T.T
Von:  tenshi_90
2014-08-04T05:02:41+00:00 04.08.2014 07:02
Freud und Leid liegen immer wieder so nah beieinander...

Man merkt das hier ganz deutlich :)
Von:  emina
2014-08-03T21:11:04+00:00 03.08.2014 23:11
ich ahne böses bitte das ich mich täusche Bitteeeeeeeeeeeeeeeee

übrigens hab mir sorgen gemacht kommt nicht oft vor das du so viele Tage nichts veröffentlichst, vor allem nicht wenn es so spanend wird. ist alles ok oder warst du nur beschäftigt ^^
Antwort von:  Fara_ThoRn
04.08.2014 06:26
Du ahnst Böses? Niemals nicht! ^^
Jo, diesmal hat es etwas gedauert. Aber bei mir is alles ok. ^^


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