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Rise of an eagle

von

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Firenze sechs Monate später:
 

„Adrianna?“, herrschte die weibliche Stimme aus dem unteren Stockwerk, als sich das Mädchen erschrocken zur Zimmertür wandte. Eilig legte sie das angefangene Buch aus der Hand und sprintete die Treppen hinab direkt vor die Füße Marias.

„Si, Maria?“, wollte sie neugierig wissen. Die Haushälterin hielt sich ein Tuch vor Mund und Nase, als sie heftig schniefte. Eine bittere Erkältung hatte sie letzte Nacht heim gesucht und so sehr sie sich dagegen gewehrt hatte, so hielt es sie doch die meiste Zeit des Tages ans Bett gefesselt. Die alte Frau musste sich eingestehen, dass ihr Körper schon lange nicht mehr fit und fidel war.

„Adrianna, tut mir einen Gefallen und besucht Doktor Rastelli. Lasst euch Medizin gegen diese Erkältung geben und kehrt sofort zurück.“, begann die Haushälterin schwach. Fast hätte das Mädchen einen Freudensprung veranstaltet, besann sich jedoch und nickte artig. Ihr Magen zog sich erregt zusammen, als sie realisierte, dass sie das erste Mal seit einigen Monaten das Haus verlassen durfte. Zudem noch ganz alleine. Die freudig funkelnden Augen ihrer Ziehtochter konterte Maria mit einem warnenden Blick.

„Keine Umwege und nichts wodurch ihr die Aufmerksamkeit auf euch ziehen könntet. Verlasst die große Straße nicht. Rastellis Haus befindet sich hinter dem Piazza della Signora auf der Handelsstraße rechts.“, brummte Maria. Wieder nickte Adrianna schlicht, wobei sie es kaum erwarten konnte das Haus zu verlassen. Auch wenn es für Maria nicht sonderlich erfreulich war, so hätte Adrianna nichts Besseres geschehen können, als diese Erkältung. Sie schnappte sich eilig die ledernen Handschuhe von der Garderobe und zog sie sich über, ehe sie den schlichten braunen Mantel überwarf und ihre Linke bereits an den Türknauf legte.

„Adrianna...“, begann Maria erneut besorgt.

„Keine Umwege, keine Auffälligkeiten. Die große Handelsstraße entlang bis hinter den Piazza della Signora rechts.“, flötete das Mädchen schlicht, als die Tür schon hinter ihr ins Schloss fiel. Kurz hielt sie inne und sog die frische Luft in ihre Lunge. Sie schloss bedächtig die Augen und ließ die kühle Sonne auf ihre Haut treffen, ehe sie freudig im Kreis sprang. Leichtfüßig folgte die der Seitengasse auf die große Handelsstraße, die sie mit großen Augen entlang schritt. Bedächtig hielt sie bei jedem auffälligen Gebilde inne und betrachtete die Architektur. Sie versuchte sich so viel, wie ihr nur möglich war, einzuprägen, denn wer wusste schon, wann sie das nächste Mal das Haus verlassen würde. Belanglos eilten die Menschen an ihr vorbei, ohne das Mädchen auch nur eines Blickes zu würdigen, doch das war ihr nur Recht, denn immerhin sollte sie keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Während sie über die gepflasterte Straße schritt, genoss sie jedes Geräusch, die Stimmen der vielen Menschen, die Sonne, die Umgebung, bis sie unerwartet gegen jemanden prallte. Ein harter Gegenstand klopfte ihr gegen den Kopf, ehe sie sich besann und schmerzlich die Stirn kräuselte.

„Scusa!“, rief ihr eine jugendliche Stimme entgegen. Ihr Gegenüber hatte eine beachtliche Summe an Leinwänden in der Hand, sodass man ihn dahinter kaum erkennen konnte, genauso wenig konnte er erkennen, wohin er gerade lief. Neugierig umrundete Adrianna den fremden Jungen und erhaschte einen flüchtigen Blick auf ein Gemälde, welches noch auf seine Fertigstellung wartete.

„Boun giorno.“, gab das Mädchen verwundert von sich. Daraufhin fielen die Leinwände polternd zu Boden. Der Junge setzte ein breites, wenn auch schüchternes Lächeln auf, während er sich den rötlichen Hut auf seinen zerzausten blonden Haaren richtete. Die Ärmel seines weißen Hemdes waren mit Farbe bekleckert, während seine Beine in einer sauberen schwarzen Hose steckten.

„Buon giorno, Seniorina.“, entkam es ihm freundlich. Zwischenzeitlich hatte sich das Mädchen bereits auf den Boden gekniet und hob die kleineren Leinwände auf, wobei sie es sich nicht nehmen ließ, jedes Einzelne genaustens zu betrachten. Es wirkte fast, als habe man die Natur auf das Bild gezogen, so unglaublich echt schien diese Malerei.

„Das sind wirklich wunderschöne Gemälde.“, gab sie hauchfein von sich. Das Staunen war ihr aus den sturmgrauen Augen abzulesen.

„Bene grazie. Ein paar Anfängerbilder. Senore Andrea del Verrocchio hat mich in seine Malerwerkstatt aufgenommen und wird mich lehren noch viel besser zu malen.“, bemerkte der Junge schlicht. Sein skeptischer Blick betrachtete das Bild, welches Adriannas Aufmerksamkeit erlangt hatte. Es handelte sich um ein Stillleben. Ein ruhiger See, umgeben von herbstlichen Bäumen, eine einzelne Bank und ein wunderschön festgehaltener Sonnenuntergang, der sich an der Wasseroberfläche spiegelte.

„Anfängerbilder? Ich wäre froh, würde ich so etwas je zustande bringen.“, gab Adrianna von sich.

„Ich möchte mehr, als diese einfachen Landschaftsbilder. Ich möchte Menschen malen, bei denen man das Gefühl bekommt, sie würden einen aus dem Bild heraus anblicken. Menschen sind sehr interessante Geschöpfe, findet ihr nicht?“, sinnierte der Junge mit einem träumerischen Lächeln auf den Lippen, während er sich zu dem Stillleben hinab beugte und es vom Boden aufhob.

„Hier nehmt es.“, fügte er beiläufig hinzu, als er es Adrianna in die Hand drückte. Diese zog nur ein verwundertes Gesicht und schüttelte vehement den Kopf.

„Das... das kann ich nicht annehmen und ich habe kein Geld, um es euch zu bezahlen.“, haspelte sie.

„Unsinn. Ich benötige es nicht mehr, aber ihr könnt mir dafür gerne einen Gefallen tun. Mein Name ist übrigens Leonardo Da Vinci.“, schmunzelte er. Er war vielleicht gerade mal wenige Jahre älter, als Adrianna. Nichts desto trotz hatte das Mädchen schon jetzt das Gefühl, dass sein Intellekt den einiger Erwachsener bei Weitem überstieg. Zumindest schien er sehr ehrgeizig zu sein und große Pläne für seine Zukunft zu schmieden.

„Welcher Gefallen?“, wollte sie vorsichtig wissen.

„Ihr könntet mir Model für ein Gemälde stehen. Es wäre mein erstes Mal, dass ich mich an einem Menschen versuche, aber ihr habt auffällig graue Augen, vielleicht würde man euch darauf erkennen.“, feixte er.

„Ich bin sicher, dass ihr eine hervorragende Arbeit machen würdet, aber ich kann nicht. Scusa.“, gab Adrianna sofort von sich, während Marias Warnung in ihrem Kopf widerhallte.

„Man könnte beinahe meinen ihr habt Etwas zu verbergen.“, belächelte er nur.

„Wie... wie kommt ihr darauf?“, versuchte sie beiläufig zu klingen.

„Ihr nennt euren Namen nicht, ihr wollt nicht Model stehen für ein einfaches Portrait. Jede andere Frau in Firenze wäre meinem Vorschlag sofort nachgekommen. Vielleicht seid ihr auch einfach jemand der vernünftigen Sorte.“, gab er schlicht zurück. Adrianna versuchte ihren ertappten Gesichtsausdruck mit einem feinen Lächeln zu überspielen, was er mit einem Zwinkern konterte.

„Falls ihr eure Meinung ändern sollte, dann besucht mich doch in der Malerwerkstatt. Ihr werdet sie leicht finden. Folgt einfach den Flüchen des alten Mannes. Mein Lehrmeister ist bei Zeiten sehr ungehalten, aber eigentlich ein feiner Kerl.“, bemerkte er, als er sich daran machte die Leinwände wieder auf seinen Armen zu stapeln.

„Ich wünsche euch einen schönen Tag und bene grazie für das Gemälde, Leonardo.“, lächelte Adrianna, die es, wie ein Schmuckstück fest umklammert an den Bauch gepresst hielt.

„Prego. Arrivederci Senorina.“, erwiderte er freudig, ehe er sich daran machte seinen Weg erneut aufzunehmen. Sie blickte ihm noch einige Zeit lang hinterher, während sie innerlich mit sich kämpfte seiner Einladung nicht zu folgen. Auch, wenn sie es sich nicht gerne selbst gestand, so war sie seit der Abreise ihres Onkels seltsam einsam. Auch wenn sich Maria aufopfernd um das junge Mädchen sorgte, so fehlte ihr einfach ein Ansprechpartner. Ein Mensch, mit dem sie einfach ungezwungen sprechen konnte, außerhalb der Familie. Ein Freund. Adriannas Blick glitt erneut über das Gemälde Leonardos, ehe sie sich abwandte und der Handelsstraße weiter folgte. In wenigen Minuten würde sie auch das Anwesen des Doktors erreichen und konnte die Medizin für ihre kranke Haushälterin besorgen.



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