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Zwei Sturköpfe finden zusammen

E-Mails die zu Herzen gehen
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So hier kommt das zweite Kapitel, aus der Sich von Seto Kaiba geschrieben noch von Melmoth.
Ich hoffe das es ihr gut geht und das sie sich bald mal melden kann.
Werde auch die anderen schon fertigen Kapitel noch One stellen, so weit wie sie schon geschrieben sind.
Nun wünsche ich euch allen die es lesen und kommentieren auch wer keinen Kommi schreibt viel Spaß mit dem Kapitel.


LG
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Kaiba´sche Führsorge

Kaiba´sche Fürsorge

Nachdenklich betrachte ich den Köter, der immer noch bewusstlos da liegt. Der diensthabende Arzt hat mich kurz über seinen Zustand unterrichtet. Allem Anschein nach hat Wheeler lediglich einen Schock, was bei den näheren Umständen keine Überraschung darstellt. Ansonsten hat er keine weiteren Verletzungen und sein Zustand ist stabil. Sobald er aufwacht, darf er das Krankenhaus wieder verlassen.

 

Ich vernehme Schritte auf dem Flur, die sich der Tür zu Wheelers Krankenzimmer nähern und blicke durch das Fenster. Zwei Polizisten sind auf dem Weg hierher. Vermutlich hat das Krankenhaus sie informiert und nun wollen sie Wheeler zu den Geschehnissen befragen. Ich überlege kurz, dann verlasse ich leise das Zimmer und fange die Polizisten gerade noch rechtzeitig ab, bevor sie die Tür erreichen. Der Jüngere von Beiden scheint mich zuerkennen und wirkt sichtlich überrascht. Der andere sieht mich lediglich fragend an, als ich ihnen den Weg verstelle.

 

„Sie wollen zu Joey Wheeler.“ Es ist keine Frage meinerseits, sondern eine Feststellung.

 

Der ältere Polizist will gerade zu einer scharfen Erwiderung ansetzen, als sein Kollege ihn am Arm packt. „Das ist Seto Kaiba, Frank.“ Der Mann mustert mich kurz abschätzend und ich quittiere seinen Blick kühl mit hochgezogener Braue. Befriedigt bemerke ich, dass er schluckt und gewillt ist, seinem Kollegen das Wort zu überlassen. Dieser nickt mir leicht zu.

 

„Ja, Herr Kaiba, das wollen wir. Die Krankenhausleitung hat uns angerufen. Scheinbar liegt hier eine versuchte Körperverletzung vor. Daher wollen wir mit dem Opfer sprechen, damit wir den Täter ausfindig machen können“, erklärt er mir, was ich längst weiß. Ich mache eine wegwerfende Geste.

 

„Das können sie sich sparen“, entgegne ich und beide sehen mich überrascht an. „Ich kann ihnen sagen, wer der Täter ist.“

 

Beide Herren wirken sichtlich irritiert, der Ältere dazu noch etwas ungehalten. Ich vermute, es behagt ihm nicht, dass ein junger Mann wie ich, mehr Autorität genießt, als er mit seiner albernen Marke. Sein Kollege ist eher diplomatischer Natur.

 

„Sie wissen, wer es war?“, fragt er erstaunt. Ich nicke. „Sein Vater. Ihren Akten werden sie entnehmen, dass dies nicht der erste Zwischenfall dieser Art ist“, teile ich dem Jüngeren mit und es fällt mir schwer, meinen Abscheu zu verbergen. Nicht ihm gegenüber, sondern Wheelers Erzeuger. Vater kann man solch ein Subjekt schließlich nicht nennen.

 

„Und woher wissen sie das?“, will nun der Ältere wissen und beäugt mich skeptisch. Ich quittiere seinen Blick mit gleichmütiger Gelassenheit. „Ich war Zeuge des Vorfalls“, erkläre ich ungerührt und seine Augen weiten sich. „Das heißt... sie haben es gesehen? Und warum haben sie dann nicht...“

 

Ich lasse ihn nicht ausreden. Sein Tonfall gefällt mir nicht im Mindesten. „Weil ich es für angebrachter hielt, erst einmal einzugreifen und dem Opfer zu helfen“, entgegne ich scharf und stelle vergnügt fest, dass er leicht zusammenzuckt. „Die Versorgung von Wheeler hatte Vorrang, daher werden sie sicher verstehen, dass ich nicht auch noch in der Lage war, seinen Vater festzunehmen.“

 

Der jüngere Polizist nickt zustimmend. „Natürlich. Das Opfer ging in diesem Augenblick vor“, meint er und lächelt mich an. Ich vermute, dass dies eine wohlwollende Geste sein soll. Ich nicke leicht. Schließlich kann der Junge nichts dafür, dass sein Partner solch ein unhöfliches und offensichtlich inkompetentes Geschöpf ist.

„Sie sehen, sie können Wheeler erst einmal ausschlafen lassen. Er wird ihnen ohnehin keine weiteren Informationen liefern können“, erkläre ich entschieden und weiß im gleichen Augenblick, dass zumindest der Ältere protestieren wird. Was er natürlich umgehend tut. „Das mag ihre Auffassung sein, wir sind allerdings hier, um unsere Arbeit zu machen und das heißt, dass wir mit dem Opfer reden müssen. Zudem stellt sich die Frage der Unterbringung.“

 

Ich verziehe spöttisch den Mund.

 

Es ist offensichtlich, dass seinem Partner der Verlauf der Unterhaltung keineswegs behagt. Ich kann es ihm nicht verdenken. Für den Bruchteil einer Sekunde bedauere ich den Jüngeren sogar, dass er sich mit solch einem Kollegen herumschlagen muss. Es ist offensichtlich, dass ihn Wheelers Schicksal nicht im Mindesten berührt. Er ist hier, weil seine Dienststelle es befohlen hat, aber er würde mit Sicherheit lieber hinter seinem Schreibtisch sitzen und sich an seinem Hintern kratzen. Oder irgendeine Sportübertragung in der Zentrale ansehen.

 

Unwillkürlich muss ich an den Beamten denken, der nach dem Unfall meiner Eltern in unser Haus gekommen ist. Dieser war ein ähnlicher Typ. Ein Mann, jenseits der Vierzig, leicht übergewichtig und abgestumpft, doch keineswegs weil er zu viel gesehen hatte, sondern weil er sich nicht für die Menschen, die hinter seinen Aktennummern steckten, interessierte.

 

„Ihre Arbeit besteht darin, den Täter zu fassen. Sie wissen nun, wer dieser ist. Folglich können sie ihrer Arbeit nachgehen. Was Wheeler anbelangt, so brauchen sie sich keine Gedanken um seine Unterbringung zu machen. Darum werde ich mich kümmern“, teile ich ihm verächtlich mit und sehe belustigt zu, wie seine Augen zu zwei schmalen Schlitzen werden. Ich bin sicher, dass er gerade seine gesamte Selbstbeherrschung aufbringen muss, um mich nicht anzuschreien.

 

Für einen kurzen Augenblick wünsche ich mir fast, er würde es tun.

 

„Ähm... ok, das ist sehr nett von ihnen“, ergreift sein Kollege nervös das Wort. „Andernfalls wären wir gezwungen gewesen, den Jungen in ein Heim zu bringen. Immerhin sieht es so aus als wäre sein Vater ein Wiederholungstäter, deshalb kann er unmöglich zurück in seine Wohnung.“

 

Ich nicke zustimmend. Wenigstens einer der Beiden scheint seinen Verstand zu benutzen. Erfreulich.

 

„Ok, dann wäre das ja geklärt. Falls wir noch Fragen an den Jungen haben, setzen wir uns mit ihnen in Verbindung, Herr Kaiba“, meint er weiter und ich reiche ihm meine Karte. „Sicher. Tun sie das“, entgegne ich und will eigentlich auf dem Absatz kehrt machen, als ich es mir anders überlege. Ich blicke dem Jüngeren direkt in die Augen. Er schluckt etwas verlegen. Dann sage ich: „Ich wünsche ihnen noch eine gute Nacht.“ Und beobachte, wie sein Mund aufklappt, sichtlich erstaunt, und er dann eifrig nickt. „Danke, ich ihnen auch, Herr Kaiba.“

 

Ohne einen weiteren Blick an seinen Kollegen zu verschwenden, drehe ich mich um und lasse die Polizisten stehen.

 

Ich begebe mich erneut in Wheelers Zimmer. Er schläft noch immer. Einen Moment stehe ich einfach nur vor dem Bett und sehe ihn an.

 

Dieser verfluchte Köter. Warum bringt er sich auch immer wieder in solche Situationen? Es war doch schließlich nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sein Erzeuger ihn fand. Ich seufze leise. Dabei hätte der Kläffer nur seinen Mund auf machen müssen. Das kann er doch für gewöhnlich gut und macht es auch ansonsten allzu gerne.

Aber über seinen Erzeuger zieht er es vor zu schweigen.

 

Ich kenne seine Akte genau. Es war nicht weiter schwer für mich, das Computersystem der Polizei zu hacken und sie mir herunterzuladen. Ein beeindruckendes Register. Fünf Mal war er bereits in der Notaufnahme. Jedes Mal wurde die Polizei verständigt, da alles auf Körperverletzung hindeutete, aber Wheeler verweigerte entweder die Aussage oder behauptete, er könne sich nicht erinnern. Nur einmal hatte es eine Zeugin gegeben, eine alte Dame, die beobachtet hatte, wie sein Vater ihn schlug und dies auch den Beamten mitteilte. Aber da der Köter erneut nicht sein Maul aufmachte, wurde nichts weiter unternommen.

 

Zwar hat irgendein Beamter in seinem Bericht vermerkt, dass man das Jugendamt auf diesen Fall hinweisen sollte, doch passiert ist natürlich nichts. Der Bericht wurde zu den Akten gelegt und diese verstaut. Der gewöhnliche, inkompetente, bürokratische Gang.

 

Erst als Duke Devlin sich der Sache annahm, setzte sich das Jugendamt in Bewegung. Scheinbar hatte der Würfelfreak als Einziger von dem Kindergarten begriffen, wie ernst Wheelers Lage tatsächlich war. Unwillkürlich schüttele ich den Kopf, wenn ich an diese "Gutelaunetruppe denke". Da predigten sie den lieben langen Tag von Freundschaft und Zusammenhalt und wenn es darauf ankam, ließen sie ihren Freund im Regen stehen. Erbärmlich.

 

Dabei konnte keinem von ihnen entgangen sein, wie es dem Kläffer ging. Es war offensichtlich. Sogar ich hatte es bemerkt und mich interessierte es nicht einmal.

 

Die blauen Flecke, die er beim Sportunterricht zu verbergen versuchte, waren nur ein Indiz dafür gewesen. Man musste weiß Gott kein Genie sein, um eins und eins zusammenzählen zu können. Für einen kurzen Moment verspüre ich einen Anflug von Wut. Wut auf Wheelers vermeintliche Freunde und auf ihn selbst, dass er es so lange ertragen hat, ohne sich zur Wehr zu setzen. Letzteres passt einfach nicht zu dem Bild, dass ich von ihm habe. Er mag eine unflätige Nervensäge sein, mit Sicherheit ist er ein drittklassiger Duellant und ebenso ein aufbrausender Chaot, aber er ist auch ein Kämpfer und das nicht nur, weil er mir das unzählige Male an den Kopf geworfen hat.

 

Aber warum mache ich mir eigentlich all diese Gedanken um ihn?

 

Mein Teil ist getan, ich habe genau genommen sogar mehr getan, als ich hätte tun müssen. Ein Teil von mir ist sich immer noch nicht sicher, warum ich der Polizei gesagt habe, dass ich mich um seine Unterbringung kümmern würde. Es ist schließlich nicht meine Angelegenheit. Im Grunde sollte es mir egal sein, wo der Köter untergebracht wird.

 

Doch der Gedanke, dass man ihn in ein Heim bringen würde …

 

Für einen Moment war meine eigene Erinnerung an das Waisenhaus, in das man Mokuba und mich brachte, wieder aufgeflackert. Ich sah das Gesicht meines kleinen Bruders vor mir, wie er ängstlich zu mir aufblickte und sich dabei an mich klammerte.

 

Kurz überlege ich, ob ich Devlin anrufen soll. Vermutlich würde dieser Wheeler für ein paar Tage aufnehmen. Gerade als ich mich zu einem Entschluss durchringen will, öffnet der Köter langsam die Augen. Ich rühre mich nicht. Er blinzelt, sichtlich geblendet von dem Neonlicht, das den Raum taghell erleuchtet.

 

Ich beobachte wie der Blonde leicht den Kopf schüttelt und dann langsam die Augen öffnet.

 

„Krankenzimmer?! Wieso bin ich im Krankenhaus?“, fragt er sichtlich irritiert und wie ich vermute mehr sich selbst. Ich antworte dennoch.

 

„Du warst bewusstlos, Köter“, erkläre ich knapp und sein Blick richtet sich schlagartig auf mich. Seine Augen weiten sich irritiert und für einen Moment bedauere ich fast, meinen harschen Tonfall. Schließlich ist er verletzt und steht unter Schock.

 

„Kaiba? Wie, ich meine, warum bist du hier?“, will er erstaunt wissen und ich entgegne leicht süffisant: „Ich mag zwar manchmal etwas kratzig sein, doch einen Schulkameraden im Dreck liegen zulassen, soweit gehe ich dann doch nicht. Gewöhne dich aber erst gar nicht daran.“

 

Er schluckt und ich bereue meine Worte. Es ist offensichtlich, dass er nicht dazu aufgelegt ist, unser gewöhnliches Geplänkel aufzunehmen. „Danke, Kaiba“, flüstert er dann und ich habe den Eindruck, dass es ihm schwer fällt, diese Worte zu sagen. Ich kann es ihm nicht verdenken. Mir würde es sicher ebenso schwer fallen, mich bei ihm zu bedanken. Er schließt wieder die Augen und ich betrachte ihn noch einen kurzen Moment.

 

Entweder er ist noch immer müde oder er will mir auf diesem Wege signalisieren, dass ich gehen soll.

 

Ohne ein weiteres Wort verlasse ich das Zimmer und überlege erneut, ob ich den Würfelfreak anrufen soll. Doch stattdessen wende ich mich an eine der Schwestern und verlange nach dem Arzt. Ich muss nicht lange warten, natürlich nicht. Immerhin habe ich erst vor ein paar Monaten eine großzügige Summe für die Vergrößerung des Kinderflügels gespendet. Man wollte dieses sogar nach mir benennen, aber ich habe dankend abgelehnt. Meine PR-Abteilung war alles andere als begeistert. Schließlich hätte es mir eine unglaubliche Publicity eingebracht. Doch wenn ich spende, dann für ein Projekt, hinter dem ich stehe oder das mich interessiert, zu unterstützen. Nicht, um meinen Namen in riesigen Buchstaben irgendwo zu lesen.

 

Dafür habe ich schließlich schon die Kaiba Corporation.

 

In knappen Worten erläutere ich dem Arzt mein Anliegen. Er mustert mich einen Augenblick abschätzend und ich bin sicher, dass er sich fragt, warum ich das tue, warum ich wünsche, dass ein einfacher junger Mann in meine Villa verlegt wird, doch er stellt keine Fragen.

 

„Der junge Mann ist nicht ernsthaft verletzt, aber er dürfte nach wie vor unter Schock stehen. Das müssen sie bedenken. Vielleicht sollten sie mit der Verlegung warten, bis er wieder zu sich gekommen ist. Augenblicklich schläft er, wir haben ihm ein Beruhigungsmittel gegeben“, meint der Arzt und ich überlege kurz.

 

Wie ich Wheeler kenne, würde er einen Mordsaufstand machen, wenn ich ihm mitteile, dass ich ihn bei mir zuhause unterbringen will. Dieser planlose Köter würde es fertig bringen und Hals über Kopf aus dem Krankenhaus stürmen, vermutlich direkt wieder in die Arme seines Erzeugers. Erneut kommt mir der Gedanke, dass ich Devlin einschalten könnte. Es würde die Angelegenheit sicher vereinfachen. Zudem bin ich dem Kläffer nichts schuldig. Dennoch entscheide ich mich erneut dagegen.

 

„Bereiten sie ihn für den Transport vor. Ich denke, es ist besser, wenn er dabei nicht wach ist. Die Polizei weiß bereits Bescheid“, entgegne ich und der Mann nickt zögernd. Doch er erteilt umgehend einer Schwester den Auftrag, Wheeler für eine Verlegung vorzubereiten. Ich rufe Roland an und sage ihm, dass er mich abholen soll. Dann warte ich auf die Sanitäter, die den Köter überführen werden. Ich gebe ihnen meine Adresse und verlasse einen Augenblick später auch schon das Krankenhaus.

Mein Assistent wartet bereits.

 

In der Villa angekommen, teile ich meinem Hausmädchen mit, sie möge eines der Gästezimmer vorbereiten. Der Krankentransport lässt nicht lange auf sich warten. Wheeler ist noch immer am Schlafen. Das vereinfacht die Dinge ungemein.

 

Dafür taucht Mokuba aus dem Nichts auf. „Was ist denn los, Seto?“, will er wissen und erkennt erst dann Joey auf der Liege. Entsetzt reißt er die Augen auf. „Es ist alles unter Kontrolle, Mokuba. Wheeler wurde angegriffen, aber er ist nicht ernstlich verletzt. Augenblicklich steht er unter dem Einfluss eines Beruhigungsmittels“, erkläre ich ihm knapp und der Kleine atmet erleichtert auf, dann sieht er mich allerdings skeptisch an.

 

„Hast DU ihn angegriffen?“, fragt er dann doch tatsächlich ernsthaft. Ich ziehe unwillkürlich eine Braue nach oben. „Wie kommst du darauf?“, entgegne ich und muss gestehen, dass ich doch etwas geschockt über diesen Vorwurf bin. Mein Bruder zuckt mit den Schultern. „Na ja, warum sonst solltest du ihn hier herbringen lassen?“, meint er scharfsinnig. „Bitte, Seto, sag mir, dass du ihn nicht ...“ Ich verdrehe leicht die Augen. „Natürlich nicht! Was denkst du denn von mir, kleiner Bruder? Sicher, Wheeler ist eine Plage, aber zu solchen Mitteln würde ich bestimmt nicht greifen. Das müsstest du eigentlich wissen!“

 

Mokuba seufzt erleichtert. „Entschuldige, Seto. Es war nur... Aber warum ist er dann hier? Und wer hat ihn angegriffen?“ Der Kleine beäugt mich noch immer etwas argwöhnisch, aber ich kann ihm nicht böse sein. Niemand kann Mokuba böse sein. „Sein Vater“, entgegne ich und muss mich beherrschen, meine Wut nicht mit mir durchgehen zu lassen. Mokuba schluckt schockiert. „Ich bin zufällig Zeuge des Angriffes geworden und habe Wheeler ins Krankenhaus bringen lassen.“ Der Kleine nickt. „Ein Glück, dass du da warst, Seto. Du hast ihm vielleicht das Leben gerettet!“ Jetzt strahlen mich die großen dunklen Augen an und ich muss unwillkürlich lächeln. „Nun, vielleicht könnte man es so ausdrücken“, stimme ich zu.

 

„Und warum ist er jetzt hier?“ Mokuba hat seine eigentliche Frage nicht vergessen. Natürlich nicht. Ich seufze. Ich hasse es, wenn ich meine Beweggründe erläutern muss. Sogar meinem Bruder gegenüber. Und ich bin es auch nicht gewohnt, hinterfragt zu werden. Außer von Mokuba. Der Kleine sieht mich weiterhin fragend an und ich weiß, dass er keine Ruhe geben wird, solange ich ihm nicht antworte.

 

„Ich habe ihn ins Krankenhaus begleitet. Schließlich musste ich noch eine Aussage machen“, teile ich ihm dann, nicht ganz wahrheitsgemäß mit. „Das Krankenhaus konnte ihn nicht mehr länger da behalten, da sein Zustand stabil ist, doch die Polizei wollte nicht, dass er zu sich nach Hause geht. Die Gefahr, dass sein Vater, dort auf ihn wartet ist zu groß. Also wollten sie ihn in ein Heim bringen lassen und ...“ Ich spreche nicht weiter, sondern mache eine vage Geste mit der Hand, in der Hoffnung, dass mein Bruder auch so versteht. Was Mokuba natürlich tut. Er lächelt. „Und da hast du ihn lieber mit zu uns genommen!“, beendet er meinen Satz. Ich nicke. „Ach Seto, du bist der beste große Bruder, den es gibt. Joey hätte es in einem Heim sicher nicht gefallen.“ Wieder nicke ich und Mokubas Fragerei scheint damit befriedigt.

 

„Darf ich später nach ihm sehen?“, will er dann jedoch wissen. Ich nicke. „Natürlich, aber lass ihn erst einmal ausschlafen“, entgegne ich und streiche ihm kurz sanft durchs Haar. „Hast du deine Hausaufgaben schon gemacht?“ Er nickt. „Sehr gut. Ich sehe sie mir später an, Mokuba. Jetzt werde ich erst einmal nach Wheeler sehen.“

 

Damit wende ich mich ab und begebe mich nach oben. Roland steht vor dem Gästezimmer und erwartet mich bereits. „Er schläft noch immer“, teilt er mir mit und ich nicke. Dann gehe ich an ihm vorbei in das Zimmer.

 

Erneut betrachte ich für einen Augenblick meinen schlafenden, selbsternannten Erzfeind und muss unwillkürlich schmunzeln und in meinem Kopf vernehme ich deutlich seine Stimme: „Dich mach' ich so fertig, Kaiba, das du nicht mehr weißt, ob du Männchen oder Weibchen bist!“

 

Nur Wheeler ist fähig, mir solch alberne Sprüche, ins Gesicht zu schleudern. Dabei scheint es ihm vollkommen gleichgültig, was seine Worte über ihn sagen. Auch verfügt er über ein unglaubliches Repertoire an vulgären Ausdrücken, kein Wunder, wenn man bedenkt, wo er herkommt.

 

Ich mustere das friedlich schlafende Gesicht und stelle fest, dass es mir nicht behagt, den Köter so ruhig zu sehen. Ich verbinde eine Menge mit Wheeler, aber keineswegs Ruhe und Stille. Beides passt nicht zu ihm.

 

Unschlüssig was ich tun soll, lasse ich mich auf dem Sofa nieder und denke nach.

 

Über Wheeler.

 

Bislang habe ich mir nie wirklich große Gedanken um ihn gemacht. Wozu auch? Er interessiert mich nicht. Seine Existenz spielt für mich eigentlich keine Rolle und abgesehen davon, dass wir in die gleiche Klasse gehen und er an den gleichen Turnieren teilgenommen hat, verbindet uns nichts. Dennoch ist ausgerechnet er der Mensch, mit dem ich neben Mokuba und Roland tatsächlich am Meisten rede. Was natürlich daran liegt, dass er mich immer wieder provozieren muss.

 

Aber schließlich hat er es zu seinem Ziel gemacht, mich irgendwann bei DuelMonsters zu schlagen. Was natürlich nie geschehen wird. Dennoch ist seine Ausdauer bewundernswert. Gleichgültig wie oft er mir unterliegt, er steht immer wieder auf und versucht es erneut.

 

Wenn er sich in der Schule ebenso anstrengen würde, wären seine Noten um einiges besser.

 

Unwillkürlich wandern meine Gedanken zum heutigen Schultag zurück. Gruppenarbeit. Schon als ich dieses Wort hörte, wusste ich, dass der Tag gelaufen ist und dann wurde mir auch noch Wheeler zugeteilt. „Vielleicht hilft diese Gruppenarbeit ihnen dabei, ihre Differenzen beizulegen“, höre ich den Lehrer wieder sagen und verdrehe die Augen. Ich bedauere, dass ich ihn nicht darauf hingewiesen habe, dass man bei zwei Personen nicht mehr von einer Gruppe reden konnte. Schon länger hege ich den Verdacht, dass dieser Mann versucht, die Stimmung zwischen Wheeler und mir zu verbessern.

 

Heute zumindest hat er mit seiner absurden Aufgabe lediglich das Gegenteil erreicht.

 

Und wer dachte sich nur solche Themen aus? „Wie ich mir eine Freundschaft aufbaue und was ich dafür tun muss, um diese zu behalten“ Wir befinden uns schließlich nicht mehr in den 60ern. Einfach nur absurd und dermaßen belanglos. Aber Sozialkunde ist ohnehin ein triviales Fach. Nur wenige Aspekte daran sind im realen Leben tatsächlich von Belang, wie zum Beispiel die wichtigsten Formen des gesellschaftlichen Zusammenlebens, die demokratische Gestaltung der staatlichen Ordnung und die Mitgestaltung der internationalen Politik.

 

Ich führe eine internationale Firma, was interessiert es mich, wie ich mir eine Freundschaft aufbaue.

 

Natürlich war der Kindergarten von dem Thema begeistert. Nichts anderes war zu erwarten und auch Wheeler schien motiviert zu sein. Zumindest hat er sich sofort an die Arbeit gemacht. Einen Plan hatte er selbstverständlich nicht. Stattdessen jedoch das Bedürfnis, mich mit dem Thema weiter zu behelligen.

 

Natürlich habe ich ihm auf unmissverständliche Art mitgeteilt, dass ich weder denn Wunsch nach einer Zusammenarbeit hege, noch gewillt bin, mich mit solch einem Unsinn auseinanderzusetzen. Seine Erwiderung viel gewohnt vulgär aus. „Du könntest das aber echt gebrauchen, Eisklotz, auf dem Gebiet bist du nämlich voll die Pappnase!“

 

Mein Blick wandert wieder zu dem großen Bett, in dem Wheeler noch immer friedlich schläft und ich komme nicht umhin festzustellen, dass dies vermutlich der einzige Moment ist, den wir beide so lange ruhig zusammen in einem Raum verbracht haben.

 

Ich zucke kaum merklich zusammen, als er sich zu regen beginnt und dann langsam die Augen öffnet. Dieses Mal muss er nicht blinzeln, aber ich habe auch vorsorglich das Licht gedämmt. Ich beobachte ihn dabei, wie er sich langsam aufrichtet und abermals seine Umgebung betrachtet. Dieses Mal ist er jedoch sichtlich erstaunter. Sein Blick streift über die teuren Möbel und seine Stirn legt sich in Falten.

 

„Endlich ausgeschlafen, Köter?“, frage ich als sein Blick meinen trifft.

 

Jetzt blinzelt er, als wäre ich eine Halluzination. Ich unterdrücke den Anflug eines Lächelns. „Wo bin ich?“, will er wissen und mir entgeht nicht der skeptische Unterton.

 

„Bei mir Zuhause.“

 

„Wieso bin ich hier?“

 

Seine Haltung ist angespannt und er behält mich argwöhnisch im Auge.

 

Inzwischen habe ich mir meine Antwort zurechtgelegt. Nachdem ich Mokuba erfolgreich unterrichtet habe, fällt es mir bei Wheeler nicht weiter schwer. Nüchtern und sachlich erläutere ich ihm daher, den Grund für seine Anwesenheit: „Das Krankenhaus hat Anzeige wegen Körperverletzung bei der Polizei gestellt. Diese ist mit deiner Akte nur allzu vertraut. Dein Vater hat dir das angetan, nicht wahr? Wieder einmal. Dein Zustand ist stabil, daher konnte das Krankenhaus dich nicht länger dortbehalten, aber die Polizei geht davon aus, dass dein Vater einen erneuten Anschlag auf dich verüben könnte und wollte dich in ein Heim bringen. Da habe ich interveniert und dich mitgenommen.“

 

Ich kann geradezu sehen, wie es in seinem Kopf beginnt zu rattern. Die Nerven laufen sicher heiß dabei. Er braucht einen kurzen Augenblick, bis er meine Worte verarbeitet hat, dann nickt er leicht und schwingt auch schon die Füße aus dem Bett. Dabei stellt er fest, dass er keine Hosen an hat. Zarte Röte erscheint auf seinen Wangen, was ich beiläufig registriere.

 

„Danke, Kaiba, ehrlich. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Aber du brauchst dich nicht weiter um mich zu kümmern, ich bin immer allein klar gekommen und das mit dem Alten werde ich auch noch geregelt kriegen. Ich gehe, also gib mir bitte meine Kleider und ich bin weg!“

 

Was auch immer in ihm vorgehen mag, seine Miene drückt Entschlossenheit aus.

 

„Ich halte das zwar für keine gute Idee, aber wie du willst. Ich kann dich ja nicht festhalten“, entgegne ich und gehe zu der Kommode. Roland hat bereits Kleidung zurecht gelegt. Ich zögere einen kurzen Augenblick, doch ich kenne Wheeler, wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, weicht er nicht davon ab. Logischen Argumenten gegenüber ist er ohnehin resistent. Ich greife mir die Kleidung und werfe sie ihm zu. Er nickt kaum merklich und macht sich daran, sich anzuziehen. Dann ist er auch schon auf dem Weg zur Tür und reißt diese auf. Roland stellt sich ihm in den Weg, doch ich deute meinem Assistenten an, Wheeler gehen zu lassen. Für den Bruchteil einer Sekunde wirkt Roland erstaunt. Ich stöhne leise auf, während ich den Köter die Treppe runter hasten höre.

 

Ich weiß, ich sollte ihn aufhalten. Es ist Nacht und er ist noch geschwächt und vermutlich auch durcheinander, wobei letzteres ein chronischer Dauerzustand sein dürfte. Einen Moment spiele ich tatsächlich mit dem Gedanken, ihn aufzuhalten und gegen seinen Willen festzusetzen, doch ich entscheide mich dagegen.

 

Es ist eindeutig, dass er meine Hilfe nicht wünscht. Sein Stolz verbietet es und zumindest das kann ich verstehen.

 

„Folgen sie ihm, Roland. Unauffällig. Und berichten sie mir wohin er geht“, weise ich meinen Assistenten dann an und verlasse das Gästezimmer. Roland hat sich bereits in Bewegung gesetzt. Ich spüre wie meine Schläfen zu pochen beginnen und begebe mich langsam nach unten.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Jetzt noch etwas eigen Werbung dem nächst werde ich einen etwas weniger fröhlichen OS zu den beiden One stellen.
Bin gespannt wie er euch gefällt, und freue mich dann auch auf eure ehrliche Meinung dazu.

LG
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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  jyorie
2014-11-03T05:40:46+00:00 03.11.2014 06:40
Hey ٩(^ᴗ^)۶

*schmunzelt* in dem Kapitel waren die beiden wirklich richtige Sturköpfe *hi hi*

Ich mag die Art wie Seto die Polizisten abgefangen hat und auch wie er zu dem einen netter war, als zu dem etwas stupideren Kollegen der ihn nicht respektiert hat und auch sonst nicht so viel zu kapiert haben scheint. Aber auch wie Seto immer wieder versucht alles zu rechtfertigen was er tut nur damit er für sich nichts eingestehen muss.

Und dann Joey, der (keine Ahnung) undankbar/verlegen ist und nichts von Seto annehmen will (schade) manchmal sollte man einfach dinge belassen wie sie sind und etwas annehmen. Bin mal gespannt, ob das gut geht, wenn Joey allein herum streift und wo er den hin will.

CuCu, Jyorie

Antwort von:  Onlyknow3
03.11.2014 18:03
Vielen dank für deinen Kommi auch im Namen von Melmoth, deren Kapitel das ist. Ja Joey ist halt sehr stolz darauf das er niemandem auf der Tasche liegen will. Seto tut es ihm gleich mit dem Stolz nur er vergräbt seine Gefühle darunter.

LG
Onlyknow3
Von:  RandaleEiko
2014-10-31T22:22:05+00:00 31.10.2014 23:22
Klaassee es geht weiter
Das kapi is schön geewesen
Antwort von:  Onlyknow3
01.11.2014 13:15
Ich bedanke mich hier auch im Namen von Melmoth bei dir für den Kommi. Die freued ist ganz meiner seits das es dir gefällt,, werde mir mit dem nächsten kapitel nicht so viel Zeit lassen, und es mitte der Woche vielleicht schon Hochladen.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  RandaleEiko
01.11.2014 14:43
Hui das is aber lieb das ihr euch so viel mühe gebt.
Liebe Grüße
R.E.
Antwort von:  Onlyknow3
01.11.2014 14:52
Es sind schon vorgeschrieben Kapitel, die schon auf der Seite von Melmoth Oneline sind, von daher kann ich das so schnell. Also wenn du die geschichte schneller haben möchtest, geh einfach auf die Seite von Melmoth. Ich kann dir aber auch später den Link ihrer Seite schicken, si hat noch viel andere Interessante FFs One.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  RandaleEiko
01.11.2014 18:00
Das wär cool danke :3
Von:  Sujang
2014-10-31T21:30:58+00:00 31.10.2014 22:30
Juhu ^^
super kappi ;)
Hab ich riesig gefreut als ich es heute gesehn hab.
finden eure schreibstyl beide wirklich kalsse und freu mich schon RIESIG auf das nächste kappi
lg sujang *wink*

Antwort von:  Onlyknow3
01.11.2014 13:18
Auch dir ein herzliches Dankeschön im Namen von Melmoth, und es freud mich sehr das dir die Geschichte gefällt. Wie oben schon erwähnt, wird das nächste Kapitel, vielleicht schon mitte der Woche kommen.
Danke fürs lesen.

LG
Onlyknow3


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