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Überzeugungsarbeit

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Überzeugungsarbeit

Es war noch früher Morgen und über Sindria lag eine friedliche Stille.

Sharrkan hatte es sich auf einem der unzähligen Balkone des Palastes bequem gemacht und starrte über die Stadt. Und obwohl mittlerweile goldene Sonnenstrahlen auf seine braungebrannte Haut fielen und die Vögel fröhlich anfingen zu zwitschern, konnte er dennoch nicht den Ärger hinunterschlucken, der ohne es zu wollen immer wieder in ihm aufwallte.

Warum konnte er das von gestern nicht einfach vergessen?

Warum fiel es ihm ständig ein, obwohl er doch gerade hier, allein und mit herrlichem Ausblick, einfach nur seine Ruhe haben wollte?

Missmutig stützte er zum Trotz sein Kinn auf die Handfläche und zischte ein ‚Verdammt…‘ in die Stille hinaus.
 

„Was hast du denn, Sharrkan?“, urplötzlich erklang eine helle Stimme hinter seinem Rücken und riss ihn aus den Gedanken.

Perplex fuhr Sharrkan herum und blickte in zwei große, rote Augen. Es war Pisti, die ihn fragend ansah.
 

Innerlich schon jetzt genervt seufzend drehte er sich wieder um und wandte seinen Blick lieber der Stadt zu. Auf einmal waren die weißen, gestaffelten Gebäude in der Ferne hochinteressant und das Glitzern des Meeres faszinierend. Zumindest besser als eine öde Diskussion über etwas, was er sowieso verdrängen wollte.

„Nichts“, antwortete er einsilbig, in der Hoffnung sie würde sich damit abspeisen lassen und einfach wieder verschwinden.

Doch das kleine, zierliche Mädchen wollte nicht lockerlassen: „Nun sag schon, man sieht doch ganz genau, dass dich etwas gehörig wurmt…!“

Jetzt seufzte Sharrkan deutlich hörbar bevor er antwortete.
 

„Das geht dich gar nichts an“

Unzufrieden über diesen ruppigen Ton schnappte Pisti kurz nach Luft. Doch anstatt zu gehen packte sie ihn kurzerhand an dem Kettenhalsschmuck, den er ständig trug, und zwang ihn so dazu sie anzusehen.

„Jetzt hör mir mal genau zu, was fällt dir eigentlich ein, so mit mir zu reden!“, schimpfte sie in einem Tonfall, den man ihr gar nicht zugetraut hätte. Doch Sharrkan kannte die junge Frau schon lange und kniff deswegen nur wiederwillig seinen Mund zusammen um nicht auch die Stimme zu erheben.

Taktikwechsel - vielleicht ging sie ja, wenn er schwieg. Leider wollte diese Vorgehensweise auch nicht so recht funktionieren. Erwartungsvoll starrte Pisti ihn an, wohl auf eine Entschuldigung hoffend.

Doch auf einmal weiteten sich ihre Augen, als sie etwas entdeckte.
 

„Sharrkan, du hast ja eine Beule mitten auf der Stirn!“
 

Kaum dass sie den Satz ausgesprochen hatte fing sie auch schon an zu kichern.

„Hör gefälligst auf zu lachen! Das ist nicht lustig! Hör auf zu…“

Bevor er weiter zetern konnte hatte Pisti ihm einen Finger auf die Lippen gelegt.
 

„Du und Yamraiha habt euch wieder gestritten, richtig?“
 

Sharrkan verdrehte die Augen und starrte dann trotzig auf irgendeinen Punkt in der Ferne.

„Also habt ihr euch gestritten. Gestern Abend war es eh so laut…“
 

Eigentlich wollte er das Ganze vergessen. Eigentlich. Aber jetzt wurde er schon wieder dran erinnert.

Seine Augenbraue zuckte schon bedrohlich wenn er nur an den gestrigen Abend zurückdachte. Er konnte gar nicht anders. Er konnte sich jetzt einfach nicht mehr zurückhalten.
 

„Das blöde Weibsstück hat mich mit allem was ihr zwischen die Finger kam beworfen! Stell dir das vor! Den Krügen konnte ich ja noch ausweichen aber dieser bescheuerte Hocker…!“, platze er heraus und rang nach Luft, „dabei weiß doch jeder, dass Schwertkunst um Längen effektiver und schöner ist als diese doofe Magie!“

Pisti musste bei dem Anblick eines völlig aus der Fassung geratenen Sharrkans, der neben dem verzweifelten Tonfall auch noch mit den Händen wilde Gesten formte um das Ganze zu betonen, erneut auflachen.

Dafür erntete sie glatt einen missbilligenden Blick von ihm.

„Du nimmst mich sowieso gar nicht ernst, wieso erzähl ich dir eigentlich davon?“, brummte er schließlich, löste Pistis Griff um seinen Halsschmuck und wendete sich wieder der Stadt zu.
 

„Na ja, ihr streitet euch schon so lange, da ist das einfach nur noch lustig“
 

„Wenn die dumme Kuh nicht einsieht, dass ich recht habe, werden wir uns noch ewig so weiterstreiten, so ist das eben“, motzte Sharrkan wie ein kleines Kind und plusterte dabei auch noch seine Backen auf.

Am liebsten hätte Pisti ihm jetzt in diese gepiekt und auf die wahrscheinlich sehr amüsante Reaktion seinerseits gewartet, doch das würde das Gespräch nicht wirklich weiterbringen.

Immerhin hatte sie ein Ziel.
 

Nach einem kurzen Schweigen lehnte sich das Mädchen schlussendlich neben ihm an das Geländer und raunte mit verschwörerischem Tonfall: „Also möchtest du ihr gerne zeigen, dass deine Schwertkunst besser ist als ihre Magie?“

Bei ihren Worten schnaubte der Schwertkämpfer nur.

„Als ob ich das noch nie versucht hätte. Aber glaub mir, sie sieht es einfach nicht ein, egal wie sehr ich mich anstrenge es ihr zu beweisen!“
 

„Jaja, du hast es versucht. Mit deiner Männerlogik. Aber das klappt bei Frauen nicht. Wir haben eine ganz andere Logik!“

Pisti musste grinsen, als Sharrkan sich auf einmal zu ihr wandte.

Sein Blick war noch leicht skeptisch, aber immerhin wich er ihr nicht mehr aus. So langsam hatte sie ihn so weit, dass er ihr endlich zuhörte. Wirklich zuhörte.

„Und wie sollte ich es, deiner Meinung nach, schaffen?“
 

Die junge Frau lächelte und strich eine ihrer Haarsträhnen beiseite. „Das ist ganz einfach! Du wirst sie aus einer Notsituation retten!“

Man sah direkt wie der erwartungsvolle Ausdruck aus Sharrkans Augen verschwand.

„Das hab ich doch schon zigmal gemacht. Und jedes Mal hat sie mich nur angepflaumt, ich soll ihr gefälligst nicht im Weg stehen…“
 

Das waren keine Notsituationen, mein Lieber! Sie muss sich richtig fürchten, erst dann zählt die Rettung etwas!“

„Und wie sieht so eine Notsituation bitte aus?“, fragte der Weißhaarige während er Pisti dabei beobachtete wie sie sich auf das Geländer setzte und mit dem Zeigefinger vor seinem Gesicht herumfuchtelte als wäre sie eine verdammte Lehrerin.
 

„Na ja, ihr Gegner muss eben sehr furchteinflößend sein…“

Nachdenklich tippte sie nun an ihrer Lippe herum.

„…etwas wovor man am liebsten wegrennen würde…“

Gerade als Sharrkan schon davon ausging, dass seine angebliche Hilfe keinen Schimmer hatte, was zu tun war, platze Pisti plötzlich doch lautstark heraus: „…eine Spinne!“
 

„Eine was?“

„Eine Spinne, bist du taub?“, fast schon beleidigt blickte sie in Sharrkans ungläubiges Gesicht.

Wie konnte er es wagen, ihre Idee anzuzweifeln!
 

„Wer sollte denn vor so etwas popligen wie einem Insekt Angst haben?“

„Glaub mir, das wird klappen! Als wir letztens zusammen Kekse gegessen hatten ist Yamraiha auch blitzschnell aufgestanden und gegangen, als sie eine Spinne an der Wand neben sich entdeckt hatte. Ich bin mir sicher, dass sie, mit der entsprechenden Inszenierung natürlich, richtig Angst bekommen wird!“

„Warte…ihr habt zusammen Kekse gegessen?“, fragte Sharrkan perplex, konnte er sich Pisti und Yamraiha nicht wirklich bei einem gemütlichen Kekse-knabbern vorstellen.

Doch die Kleine überging seine Frage großzügig und sprang hurtig vom Geländer herunter.
 

„Das tut jetzt nichts zur Sache…der Plan ist einfach perfekt!“

Mit Misstrauen betrachtete Sharrkan das verschwörerische Glitzern in Pistis Augen.
 

„Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich da überhaupt mitmache. Du hast mir ja noch gar nichts Genaues gesagt“

Zur Verdeutlichung verschränkte er die Arme vor dem Brustkorb und sah sie fordernd an.

Pisti schien nur darauf gewartet zu haben.
 

„Gut, pass auf: Yamraiha wird in ihrer Arbeitsstube sein und in ihren Wälzern schmökern. Du wirst dich in der Nähe aufhalten und rufbereit sein. Soweit klar?“

„Glasklar, bin ja kein Idiot…“

Den zweiten Teil des Satzes ignorierte die Kleine und fuhr fort: „Ich werde dafür sorgen, dass in dem Zimmer eine Spinne ist. Kinderspiel für mich, ich werde einfach eine Spinne suchen und mit ihr reden.“

Da Pisti die Gabe hatte mit Tieren zu kommunizieren schien dieser Teil des Plans auch wirklich machbar.

„Yamraiha wird die Spinne sehen und vor Angst aufschreien. Das ist dann dein Part: Du kommst natürlich ins Zimmer geschossen und rettest sie! Und wehe, ich sehe keinen heldenhaften Auftritt!“
 

Diesmal war es Sharrkan, der in schallendes Gelächter ausbrach. So laut, dass selbst die Vögel auf den naheliegenden Dächern verschreckt aufflatterten und das Weite suchten.
 

„Das soll dein Plan sein? Eine Spinne? Und ich soll Yamraiha retten?“, druckste er mühsam hervor, bemüht nicht gleich wieder laut los zu prusten. „Und mein Auftritt soll heldenhaft sein? So mit den Worten: Ich rette dich, mein holdes Fräulein! Vor…“, in dieser theatralischen Pause machte er eine heroische Handbewegung bevor er mit ironisch ernsthafter Stimme fortfuhr: „einer Spinne…“
 

Ohne es zu wollen war Pisti bei Sharrkan beißenden Worten rot geworden. Wenn er das Ganze so betonte klang der Plan wirklich etwas lächerlich. Aber wozu hatte sie sich denn eigentlich die Mühe gemacht, wenn er sie am Ende auch noch auslachte! Verärgert drehte sich die junge Frau um und stapfte davon.

„Ich wollte dir ja bloß helfen! Aber dir ist wohl nicht mehr zu helfen!“, würgte sie noch so laut sie konnte hervor bevor sie den Balkon dann schnellen Schrittes verließ.
 

Sharrkan Miene wurde wieder etwas ernster und stumm blickte er ihr hinterher. Endlich würde er wieder seine Ruhe haben! Aber anstatt sich zu freuen breitete sich eher ein ungutes Gefühl in seiner Brust aus. Jetzt hatte er Pisti auch noch verärgert, obwohl das ja gar nicht sein Ziel gewesen war. Und eigentlich wollte sie ihm ja wirklich helfen. Er kniff die Augen zusammen und trommelte mit den Fingern gegen das steinerne Geländer.

Immer war es das Gleiche…aber…aber diesmal würde er über seinen Schatten springen.

Noch einmal atmete er genervt aus bevor er die Augen wieder öffnete und gezielten Schrittes losmarschierte.

„Pisti! Warte!“
 


 

Er hatte sich also schlussendlich doch auf diesen Plan eingelassen.

Diesen Plan, der schon beim ersten Anhören total bescheuert klang und sicherlich bei der Durchführung auch keine viel bessere Figur abgeben würde. Aber vielleicht geschah ja ein Wunder und es würde wirklich funktionieren, so wie die Kleine ihm vor ein paar Stunden immer und immer wieder versichert hatte.

Jedenfalls konnte er jetzt keinen Rückzieher mehr machen, immerhin hatte er Pisti versprochen, dass er in Rufweite sein würde.

Lässig lehnte er an einer Wand innerhalb des Säulengangs. Hier im Schatten war es noch einigermaßen erträglich, während draußen die erhitzte Luft über den Dächern schon flirrte. Wie konnte man bei solch einer Hitze noch in seinem Arbeitszimmer hocken und Bücher lesen? Sein Blick wanderte am Horizont entlang. Während der Mittagsruhe gäbe es sicherlich mindestens hundert interessantere Dinge zu tun. Zumindest fielen ihm auf der Stelle schon allein ein gutes Dutzend ein.
 

Da er aber nun mal hier warten musste zog er schlussendlich sein Schwert und fuhr bedächtig über den angenehm kühlen Stahl. Es war einfach wunderschön und lag auch noch federleicht in seiner Hand. Gerade wollte er es wieder wegstecken, da zerriss plötzlich ein spitzer Schrei gefolgt von einem sehr lauten Poltern die Stille.

Unverkennbar war es Yamraiha Stimme gewesen und der Laut klang so verängstigt, dass Sharrkan vor Schreck zusammenzuckte. Schnell stieß er sich von der Wand ab und hechtete zu ihrem Arbeitszimmer.

Dieser Schrei klang ganz und gar nicht so, als könnte eine mickrige Spinne der Grund dafür sein!
 

Angespannt riss er die Tür zu ihrem Arbeitsbereich auf und blieb wie angewurzelt stehen. Ihm bot sich ein solch bizarrer Anblick, dass er einen Augenblick wie in eine Starre verfiel. Wie vor einem Kampf üblich versuchte er sich ein Bild von der Lage zu machen.

Sein Blick glitt von dem halb umgeworfenen Bücherregal, das jetzt schräg zwischen der Wand und einem Tisch hing, den wild verstreuten Büchern und Gefäßen, von denen alle noch ganz zu sein schienen, über den arg verrückten Arbeitstisch bis hin zu einer am Boden liegenden Yamraiha. Ihr schien es soweit gut zu gehen, wenn man davon absah, dass sie wie Espenlaub zitterte und mit starrem Blick das Regal beäugte. Und das mit einem Ausdruck, als würde ein leibhaftiger Dämon vor ihr stehen.

Dass ihr eine Spinne so viel Angst einjagen würde, hätte er wirklich nicht erwartet! Seine Lippen formten ein lässiges Grinsen und mit geschmeidigen Schritten trat er ein.
 

„Hab keine Angst Yamraiha. Ich rette dich!“

Eigentlich hätte sein selbstgefälliger Ton die Besagte schon längst auf die Palme bringen sollen, doch anstatt sich darüber aufzuregen blickte sie ihn nur erschreckt an.

„Sharrkan…“, murmelte sie leise vor sich hin. Überrascht über diese Reaktion hielt der angehende Retter inne und lehnte sein immer noch gezogenes Schwert über die Schulter. Doch noch bevor er sie fragen konnte, warum sie denn gar so verängstigt war, begann sich etwas hinter dem gekippten Regal zu regen. Ein langes, haariges Bein kam zum Vorschein, dann ein zweites und ein drittes. Sie hatten beachtliche Ausmaße, gute eineinhalb Meter war jedes dieser Dinger lang.

Ein Ruck ging durch das Regal und die letzten Bücher, die sich bis jetzt noch hartnäckig gehalten hatten, fielen polternd heraus. Ganz langsam schob sich ein riesiger Spinnenleib aus der verzwickten Lage. Das Ding war am Körper noch viel haariger als seine Beine es schon waren und die acht pechschwarzen Augen glänzten wie blank polierter Stahl.

Ein leises Knirschen ging durch den Raum, als es die Mundwerkzeuge drohend bewegte.
 

Bei diesem Anblick wurde sogar Sharrkan etwas fahl im Gesicht.

Sollte das etwa die Spinne sein, von der Pisti gesprochen hatte?!
 

„Sharrkan…lauf weg…“, murmelte die Magierin nun und versuchte umständlich sich aufzurappeln. Sie derart aus der Fassung zu erleben rüttelte ihn wieder wach und er zwang sich in eine souveräne Haltung zurück.
 

„Nichts da, ich bin gekommen um dich zu retten, da werde ich doch nicht weglaufen!“, polterte er voller Überzeugung und hielt das Schwert in Angriffsposition.

„Hey, du etwas übergroßes, spinnenartiges Ding, ich bin dein Gegner!“, mit diesen Worten preschte er nach vorne und beobachtete wie sich die Spinnenaugen auf ihn fixierten. Klappernd schnappte das Ungetüm immer wieder in die Luft und seine Vorderbeine hielt es fuchtelnd in die Höhe.

Doch die Drohgebärden halfen bei einem Kontrahenten wie Sharrkan nicht. Sein Schwert beschrieb sirrend einen Halbkreis und zerteilte eines der Vorderbeine mit einem glatten Schnitt. Die Spinne schrie auf, ein wirklich grässlicher Laut, und ging nun auch zum Angriff über. Ihr Kiefer schnappte blitzschnell und die ganze Spinne machte einen dermaßen weiten Satz nach vorne, dass Sharrkan nur mit Müh und Not ausweichen konnte.
 

„Sharrkan!“
 

Aus dem Augenwinkel heraus konnte er erkennen, dass sich Yamraiha inzwischen am Arbeitstisch hochgezogen hatte. Ihr Ton hatte sich auch schon wieder der üblichen Tonlage angenähert.

„Du Idiot! Du verstehst nicht...flieh doch, verdammt!“
 

„Stör mich nicht, immerhin rette ich dich doch gerade!“, wetterte er dagegen und konnte die Spinne mit einem weiteren Hieb ein Bein ärmer machen. Diese fauchte nun bedrohlich und ihre Augen funkelten den Schwertkämpfer böse an. Das Ding würde ihn gleich wieder anspringen, deshalb versuchte er sich schon vorsorglich aus ihrem Angriffsradius zu entfernen. Ihre Beine spreizten sich und mit einem Ruck schoss das Vieh vorwärts.

Ohne etwas dagegen tun zu können kam dieses Untier immer näher, bis sich schließlich die Kiefer in seinen Ärmel bohrten.

Zum Glück waren diese weit genug, damit die Spinne seinen Arm verfehlte, aber nichts desto trotz hing Sharrkan nun fest.

Wie ein Spielzeug wurde er mit dem Biest mitgerissen, viel zu groß war der Schwung gewesen, bis es endlich zum Stehen kam und die Beinharken sich knirschend im Boden verkrallten.

Das Herz schlug dem Schwertkämpfer plötzlich bis zum Hals. Selten hatte ein Gegner ihm so viel Kontra geben können! Doch gerade solche Gefahrensituationen machten den Schwertkampf auch interessant!
 

Wie in Zeitlupe nahm er wahr, dass die Spinne erneut zum Angriff ansetzte und ihn mit einem Bein auf dem Boden hinunter drücken wollte. Wenn sie das schaffen sollte, dann wäre er wirklich in Gefahr. Sein Ärmel hing immer noch im Kiefer dieses Untiers und machte auch keine Anstalten zu zerreißen. Aber er musste sich einfach befreien!

Das Blut rauschte in seinen Ohren, als er das Schwert anhob und mit einem gezielten Schnitt durch den Stoff fegte. Ruckartig kam er frei, fiel zu Boden und rollte sich mehr zweckmäßig als elegant ab. Mit einem Krachen donnerte die Spinne ihr Bein hinab und verfehlte ihn um Haaresbreite.

Mit bebendem Atem zwang er sich zum Richtungswechsel und stieß sich aus der Hocke heraus wieder zu seinem Gegner ab. Mit einem weiteren Streich verlor die Spinne die Spitze ihres zweiten Vorderbeins. Nun kreischte das Tier außer sich vor Wut und wenn es nicht unmöglich gewesen wäre, hätte Sharrkan schwören können, dass die Augen dieses Biestes rot aufblitzen, als sie ihn fixierten.

Auf jeden Fall rollte er sich unter ihr hindurch, wohl darauf achtend nicht an den verbliebenen fünf Beinen hängen zu bleiben und wollte schon zum nächsten Schlag ausholen.
 

Doch auf einmal spritzte etwas aus dem Leib seines Kontrahenten und schoss direkt auf ihn zu. Das klebrige Zeug riss ihn förmlich von den Beinen und er wurde unsanft gegen eines der Bücherregale geschleudert.

Durch den Aufprall ins Wanken gekommen fielen einige der Bücher heraus und donnerten auch noch auf seinen Kopf.
 

Diese verflixten Wälzer!
 

Und dieses verflixte Biest!
 

Mühsam versuchte Sharrkan sein schwankendes Blickfeld wieder zu klären.

Seine Arme und Beine konnte er jedenfalls nicht mehr bewegen und sein Rücken schmerzte jetzt schon.

Verbissen versuchte er dennoch seine Arme loszureißen, doch die Spinnfäden wollten einfach nicht nachgeben. Sein Herz schlug noch wilder als zuvor im Kampf und sein Kopf dröhnte, als die Spinne sich zu ihm umwandte und kreischte.

Er würde jetzt sterben.

Er würde jetzt einfach sterben.

Und so eine doofe Spinne hätte ihn besiegt.
 

Wütend knirschte er mit den Zähen, doch sein Zorn hielt nur so lange, wie er den Druck zwischen den Zähnen aufrechterhalten konnte. Als der weit aufgespreizte Kiefer mit erschreckender Geschwindigkeit auf ihn zuschoss fühlte er nur noch ein unsagbar kaltes und doch irgendwie brodelnd heißes Gefühl und die Angst überwältigte plötzlich seinen Körper.

Er versuchte alles auszublenden und kniff die Augen zusammen und doch hörte er Yamraihas Stimme, die irgendetwas schrie.
 

Im nächsten Augenblick erfüllte ein klirrendes Geräusch den Raum und Kälte machte sich breit.

Einige Sekunden lang herrschte Stille, erst dann wagte Sharrkan die Augen zu öffnen. Einen halben Meter vor sich blickte er der Spinne ins Gesicht, ihre Kiefer waren noch immer geöffnet und angriffsbereit. Und doch hatte sie in der Bewegung inne gehalten, war erstarrt in einer riesigen Eisblase. Fasziniert starrte der junge Mann auf die glatte Oberfläche und seinen dahinterliegenden Kontrahenten, dessen Augen immer noch böse glänzten.

Erst langsam begann er zu realisieren, dass Yamraiha ihn gerettet hatte.
 

Schnelle Schritte rissen ihn aus der Benommenheit, die ihn bis dahin umklammert hatte. Die Magierin eilte heran und kniete sich zu ihm hinunter. Noch bevor er protestieren konnte schob sie ihre Arme um ihn herum und drückte ihn.
 

„Du Idiot!“, schimpfte sie mit zittriger Stimme, die so gar nicht zu ihr passen wollte.

Perplex schwieg der Dunkelhäutige erst mal bevor er das Erstbeste sagte, was ihm in den Sinn kam: „Du bist doch hier die Idiotin, wirfst dich freiwillig in die Spinnfäden, die doch wie die Seuche kleben…“

Erst jetzt merkte er, dass etwas Nasses auf seine bloßen Schultern tropfte.
 

„Weinst du etwa?“
 

Yamraiha schniefte kurz und meinte dann mit trotziger Stimme: „Wegen dir, du Trottel, würde ich in hundert Jahren nicht weinen!“

Sharrkan konnte nicht anders und lachte ganz leise vor sich hin.
 

„Hör auf zu lachen du Schwerttrottel, ich sagte dir doch hundertmal, dass du es ja nicht wagen sollst im Kampf zu sterben! Und was sollte dann diese traurige Vorstellung? Du wärst beinahe draufgegangen!“

Sonst funkelten ihre Augen immer voller Zorn, wenn sie diese Worte zu ihm sagte, doch heute quollen nur umso mehr Tränen hervor.

Sharrkan beobachtete stumm wie sie über ihre Wangen kullerten und glitzernd zu Boden fielen.
 

So oft schon hatte er in ihr Gesicht geblickt. Sie in die Wangen gekniffen. Ihr an den Haaren gezerrt. Doch auf einmal war es so anders zwischen ihnen. Er begann zu verstehen.
 

„Hör auf zu weinen, Dummkopf. Ich kann doch gar nicht im Kampf sterben. Ich bin doch ein ausgezeichneter Schwertkämpfer, um nicht zu sagen der Beste weit und breit! Und…“, er machte eine kleine Pause, denn die nächsten Worte waren für ihn gar nicht so einfach zu sagen.
 

„Und außerdem weiß ich doch, dass du bei mir bist…“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Nando
2015-02-07T09:45:48+00:00 07.02.2015 10:45
aw wie süß is das denn?
Ich mag Sharrkan nd Yam
mir gefällt die story wirklich sehr gut und das passt wirklich perfekt zu den charakteren
Antwort von:  DJ-chan
08.02.2015 19:47
Dankeschön :D


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