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Wintersonne

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Dies ist meine erste Geschichte, die ich im Internet veröffentliche. Es ist nicht sicher, dass jeden Tag etwas Neues hinzu kommen wird, da dies doch sehr mit Lust, Laune & Muse zu tun hat. Dennoch würde ich mich freuen, wenn ihr mir Kommentare da lasst und mich an euren Gedanken zu Wintersonne teilhaben lasst.
Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit. Komplett anzeigen

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Der Einzug

Von Anfang an hatte ich gewusst, dass etwas nicht stimmte. Allein der Anblick bereitete mir eine Gänsehaut. Meine Nackenhaare stellten sich auf. Ich gruselte mich. Ja, ich hatte wirklich Angst davor. Das ganze Haus wirkte auf mich wie eine bedrohliche Gestalt. Es war nicht so als wäre ich ein Mensch, der immens schreckhaft wäre oder leicht zu verängstigen wäre. Aber ich ahnte bereits im ersten Moment, dass ich dieses neue Gebäude niemals als mein Zuhause akzeptieren konnte, dass ich es niemals als meinen Rückzugsort ansehen würde. Egal wie sehr meine Eltern von diesem Haus schwärmten, sie schafften es nicht, mich mit ihrer Euphorie anzustecken. Für mich würde es immer ein alter Holzklotz mit Fenstern und knarzenden Dielen bleiben, welcher nichts als Kälte und Unbehagen verbreitete. Da konnten auch Mums liebevolle Dekoversuche nichts mehr ändern.

Meine Hände gruben sich tiefer in die Känguruhtasche meines Pullovers. Ich hatte keine grosse Lust meine Kartons ins Haus zu bringen. Am Liebsten hätte ich dem Kerl vom Lieferservice gesagt er solle meine Sachen samt mir zurück nach Lewiston bringen. Zurück zu dem Ort, an dem ich aufgewachsen war, an dem alle meine Freunde wohnten und der für mich immer mein Zuhause sein würde.

Ich schnaufte und pustete mir die rote Haarsträhne aus dem Gesicht, welche sich keinen Wimpernschlag später erneut in meinen Wimpern verfing. „Wenn's dich stört solltest du den Busch mal wieder schneiden“, witzelte Derrick und kletterte an mir vorbei auf die Ladefläche des Transporters. „Ach sei still“, brummte ich frustriert, worauf er nur mit den Augen rollte. „Ich versteh echt nicht was du gegen das Haus hast. Es ist doch toll. Und so mega gross! Hast du es überhaupt schon mal von innen gesehen, seit Dad renoviert hat?“, die braunen Irden meines kleinen Bruders hefteten sich auf mein Gesicht und er wirkte mal wieder so altklug, obwohl er erst zwölf war. „Und Mum hat jegliche Spinnweben mit dem Staubsauger verschluckt. Dir krabbelt also auch kein Achtbeiner mehr in die Fressluke, während du schläfst.“ Ich boxte ihm in die Seite und er liess beinahe den Basketball fallen, den er gerade aufgehoben hatte. „Au! Hey! Was soll das?!“ „Manchmal redest du zu viel.“ „Wenigstens ist einer von uns Beiden im Stande sich ordnungsgemäss zu artikulieren, anstatt seinen Frust in Handgreiflichkeiten und Schnaufen zu kompensieren.“ Er wackelte spöttisch mit den Augenbrauen. „Wie alt sollst du nochmal sein?“, ich hob meinerseits eine Augenbraue und schüttelte den Kopf. „Zwölf Jahre und vier Monate. Schön dich, als meine Schwester solltest du das wissen.“ „Ich wollte nur noch einmal nachfragen. Zur Sicherheit.“ „Zur Sicherheit?“ Er sprang von der Ladefläche, an der ich noch immer lehnte. „Japp. Jetzt bin ich sicher, dass du bei der Geburt vertauscht wurdest. Weder Mum noch Dad können für eine solche Intelligenzbestie verantwortlich sein.“ Grinsend fuhr er sich durch seine ordentlichen Haare. „Danke für das Kompliment, Schwesterchen. Du scheinst ja doch noch zur Vernunft zu kommen und mein Talent zu entdecken.“ Derrick dribbelte auf der Stelle, ehe ich gegen den Ball trat und er in den Vorgarten flog und im Hortensienbusch landete. Einen Moment hielt ich die Luft an und erwartete schon eine Furie, die aus dem Haus stürmen würde und wild mit dem Pantoffel gestikulierte. Aber Mum war wohl noch zu sehr damit beschäftigt auszupacken.

„Du solltest mal eine Antiaggressionsübung machen“, warf der Knirps ein, ehe er davon schlurfte, den Ball holte, vom Blumendreck befreite und im Haus verschwand. Noch einen Moment blieb ich wo ich war und beäugte das Gebäude. Je länger ich es betrachtete, um so grösser wurde er Drang in mir mich auf den Boden zu werfen und so lange mit den Fäusten auf den Asphalt zu trommeln, bis meine Eltern ihren Fehler einsahen und wir wieder zurück nach Lewiston fuhren. Allerdings schaffte ich es diesem kindischen Verlangen zu widerstehen und stattdessen nach dem ersten Karton zu greifen, auf dem mit schwarzem Filzer Hannah stand. Sogleich bereute ich, dass ich die Kisten randvoll gepackt hatte. Ich hatte sicher zwanzig Kilo in den Händen, aber irgendwie schaffte ich es trotzdem sie bis zur Veranda zu schleppen und dort auf die Hollywoodschaukel zu hieven. Mein Blick war auf die geöffnete Tür gerichtet. Obwohl es kein Hindernis gab, hatte ich das Gefühl eine Barriere überwinden zu müssen um ins Haus zu gelangen. Seufzend blickte ich in den langen Flur, dessen Ende in das Wohnzimmer führte. Ich konnte Dad sehen, wie er seine heissgeliebten Schallplatten in das Regal räumte. Irgendwo hörte ich auch meine Mutter, die leise It's raining men mitsang. Ein Lächeln huschte über meine Züge. Glücklich war ich jedoch nicht. Es war irgendwie unfair. Wieso fühlten sich alle ausser mir wohl? Kümmerte sie es denn gar nicht, dass es mir schlecht ging? Oder lag es einfach an mir?

„Hannah?“ Die Hand meines Vaters legte sich auf meine Schulter. Sie fühlte sich warm und schwer an. „Ist alles in Ordnung, Liebling?“, fragte er und sah mich prüfend an. „Ja... nein... Ich...“, mein Blick wanderte gen Boden. Ich konnte ihm nicht in die Augen schauen. „Wie wäre es wenn du erst einmal deine Kartons hoch bringst und wir uns danach mit einer heissen Schokolade auf die Veranda verziehen, hm?“ Er stupste mir mit seinem Zeigefinger gegen die Nase. Meine Mundwinkel zuckten. Ich liebte meinen Dad. Immer wenn es mir schlecht ging war er der Erste der es bemerkte und seine Worte und Gestiken schafften es immer wieder mich dazu zu bringen meinen Frust oder meine Trauer zu vergessen. Und selbst diesmal schaffte es er die düsteren Gedanken zu verscheuchen und mein Lächeln zurück zu holen. „Okay“, erwiderte ich und griff nach der Schachtel, doch mein Vater nahm sie mir aus den Händen. „Ich bring ihn dir hoch. Hol du schon einmal die Anderen.“ Er zwinkerte und lächelte, wodurch die kleinen Grübchen an seinem Mundwinkel sichtbar wurden, die ich so mochte. Es liess ihn so unsagbar freundlich wirken. „Ist gut“, trällerte ich mit einem Mal gut gelaunt.

Es dauerte keine zwanzig Minuten bis ich alle elf Kartons in mein neues Zimmer verfrachtet hatte. Dad war gerade mit dem Aufbau des Bücherregals fertig geworden. Ich liess den Blick schweifen. Mein Zimmer war gross. Nicht zu vergleichen mit den acht Quadratmetern, die ich vorher mein Eigen hatte nennen können. Es waren sicher fünfzehn, wenn nicht sogar zwanzig Quadratmeter. Durch mein grosses Bücherregal war der Raum in zwei Teile getrennt worden. Ich hatte meine eigene, kleine Leseecke bekommen. Das war der Kompromiss, ohne den ich dem Umzug nie zugestimmt hätte – nicht dass man mein Veto irgendwie beachtet hätte, wäre diese Bedingung nicht erfüllt worden.

„Gefällt's dir?“, wollte mein Dad wissen und deutete mit einem Nicken auf das Regal. „Es ist toll. Aber ich bezweifle, dass es gross genug ist.“ Meine blauen Augen schätzen den Stauraum für die Bücher skeptisch ab. „Es wird schon reichen, Hannah. Und wenn nicht, schauen wir uns morgen nach einem zweiten um.“ Ich spürte seinen Blick auf mir ruhen, als ich schwieg. Ich wusste es war nicht fair zu schmollen, aber wenn man mich schon gegen meinen Willen aus meinem gewohnten Umfeld riss, dann durfte ich doch wenigstens versuchen das Beste raus zu reissen, was möglich war.

„Was ist denn?“, bohrte Dad nach. „Der Sessel“, murmelte ich kleinlaut. „Was?“, er neigte den Kopf zur Seite als würde er nachdenken müssen. „Der Sessel!“, sagte ich erneut, diesmal lauter, „der braune, gemütliche Ledersessel. Du hast gesagt du überlegst es dir noch einmal.“ Nun schien mein Vater sich zu erinnern und er rieb sich etwas genervt über das Gesicht. Ich machte einen Schmollmund und sah ihn mit grossen, traurigen Augen an. Er schien mit sich zu ringen. „Bitte?“, fügte ich nuschelnd hinzu und zwirbelte die Schnüren meiner Kapuze um den Finger. Sein brummiges Seufzen war wie Musik in meinen Ohren. „Also schön. Aber nur wenn ich keinen Mucks mehr wegen dem Umzug höre.“ Prüfend musterte er mich, ehe ich nickte. „Einverstanden.“ Sogleich verschwand mein Schmollmund ich begann meine Bücher in das Regal zu räumen, während Dad mein Bett zusammen schraubte und danach das Zimmer verliess.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Mehr folgt, falls es gewünscht wird. :) Komplett anzeigen

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