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Ad Interim

von

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Jahr 3


 

"Letting go. Everyone talks about it like it’s the easiest thing. Unfurl your fingers one by one until your hand is open. But my hand has been clenched into a fist for…years now; it’s frozen shut."


 

— Gayle Forman, Where She Went

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Den Handschuh hast du nicht etwa mitgenommen, weil du ihn brauchst – Korra besucht nur aus zeremoniellen Gründen – sondern vielmehr, weil es zur Gewohnheit geworden ist. Ein Stück von früher; ein Symbol für alles was passiert ist und ihr gemeinsam durchgestanden habt. Es hat sich viel verändert – es ist viel Zeit ins Land gezogen – und du möchtest zumindest ein wenig Beständigkeit in deinem Leben.
 

Pema gibt dir eine herzliche Umarmung zur Begrüßung. „Was hast du dir dabei gedacht, uns so lange nicht zu besuchen?“ Sie drückt dich erneut.
 

„Das tut mir Leid“, antwortest du ehrlich. „Es ist wirklich zu lange her.“
 

„Dann wiederum bist du so beschäftigt gewesen. Man sagt, dass das neue Schienensystem das Beste weltweit ist.“
 

„Wollen wir erst mal sehen, wie es nach einem Tag aussieht“, lachst du. „Kannst du mir vielleicht den Weg zum Waschraum zeigen? Ich bin seit heute Morgen auf den Beinen.“
 

„Aber natürlich“, sagt Pema und deutet darauf ihr zu folgen.
 

Es ist simpel eingerichtet, ohne viel Dekoration, ohne dabei zu ungemütlich zu wirken und sogar ein wenig heimisch. Du betrachtest dein Make-up in einem kleinen Spiegel, der über dem Waschbecken hängt. Einen Moment lang spielst du mit dem Gedanken, deine Haare aus ihrem Zopf zu lösen. Den Gedanken verwirfst du so schnell wie er aufgetaucht ist; es fühlt sich nicht ehrlich an.
 

Du gehst wieder raus und machst dich auf den Weg zur Menschenmenge, die bereits auf Korra wartet. Dein Herzschlag beschleunigt sich bei dem Gedanken daran, sie nach all den Jahren wieder zu sehen.
 

Du fragst dich, was du ihr sagen wirst, wenn du sie wieder siehst und was sie dir im Gegenzug antworten wird.
 

/////
 

Der Barhocker und ein volles Glas Rotwein sind deine Begleiter seit ein paar Stunden; du versuchst allen auszuweichen, die dich kennen und dich in ein Gespräch verwickeln könnten.
 

Es fühlt sich falsch an Präsident Raikos brillanten Erfolg des Transportsystem zu feiern, wenn es noch Wochen dauern wird bis die Arbeiten als abgeschlossen gelten. Deine Angestellten gehen erschöpft und schmutzig von der Arbeit, während Republicas High Society sich hier in Szene setzt.
 

Kosten sind für die Festivität nicht gespart worden. Du schaust dir die wunderbar verzierte Decke von Republicas prunkvollstem Ballsaal an. Die Musik der Bigband sorgt für Schwung, das Essen ist hervorragend und die Auswahl an Getränken vielfältig und exquisit. Du nimmst einen Schluck von deinem Wein und machst dich mental auf unvermeidbare Begegnungen bereit. So wie das Designen und Organisieren zu deinen Aufgaben gehört, ist auch dein Aufenthalt bei solchen Veranstaltungen gefragt. Lieber würdest du zu Hause sein und an einer deiner Basteleien weiterarbeiten.
 

Ein tiefes Lachen fängt deine Aufmerksamkeit ein und du schaust in die Richtung aus der es gekommen ist. Eine junge Frau – wahrscheinlich nur ein paar Jahre älter als du - drückt ihren Zeigefinger in Raikos Brust und lacht, wenn auch verhaltener, mit ihm. Sie kommt dir bekannt vor, du bist dir jedoch nicht sicher woher.
 

Die junge Frau bemerkt, dass du sie beobachtet hast; ihr Blick findet deinen und sie sieht dir direkt in deine Augen. Sie hebt eine feine Augenbraue – dein Blick wendet sich ab und du schwenkst leicht den Wein in deinem Glas. Als dein Blick wieder hoch wandert, siehst du wie sie etwas in Raikos Ohr flüstert und in deine Richtung zeigt.
 

Beide machen sich auf den Weg zu dir; lassen sich von der Menschenmenge nicht lange aufhalten.
 

„Miss Sato, darf ich Ihnen Miss Mirza vorstellen.“
 

„Bitte“, fängt sie an und streckt dir ihre Hand entgegen. „Nenne mich Kunik.“
 

„Asami“, antwortest du dir, ihre Hand entgegen nehmend. Dir fällt auf, wie sie ihren Kopf leicht nach unten senkt, um ihre Wimpern zu betonen – obwohl sie bereits kleiner ist als du -, eure Hände länger verweilen lässt als angebracht und üblich. Du ziehst deine Hand langsam zurück und umfasst erneut dein Glas.
 

„Kuniks Vater ist ein alter Freund meinerseits“, erklärt Raiko. Einen Augenblick lang studierst du ihr Gesicht; es dämmert dir woher du sie kennst.
 

„Du bist die Geschäftsführerin von Mirza Make-Up, oder?“ Ihr Gesicht ziert unterschiedliche Zeitschriften und Magazine.
 

Ihre Augen fangen augenblicklich an zu glitzern, ein zufriedenes Lächeln umspielt ihre Lippen. Du hast das Gefühl, eine unausgesprochene Prüfung bestanden zu haben. „Gut aufgepasst.“ Ihre Stimme ist rauchig.
 

„Eines Morgens bin ich aufgewacht und habe mich gefragt, warum diese ganzen alten und langweiligen Männer einem Produkte verkaufen, von denen ich viel mehr verstehe. Warum nicht ein wenig Geld damit machen?“
 

Du lachst höflich, während Raiko sich unbehaglich umsieht. Sie ist definitiv schön – ihre langen, beinahe schwarzen Haare liegen elegant auf ihrer Schulter, ihre tiefbraunen Augen glänzen mit Freude, wenn sie spricht und werden mit einem Lidstrich hervorgehoben. Ein dezentes Make-up rundet ihre elegante Ausstrahlung ab.
 

„Die größte Kosmetikfirma des Landes aufzubauen ist also keine große Sache gewesen?“
 

Sie hebt leicht ihre Schultern. „Nicht wirklich.“
 

„Wenn Sie mich entschuldigen würden, ich werde woanders benötigt“, unterbricht Raiko euch. Er beugt sich runter um Kuniks Hand zum Abschied einen höflichen Kuss zu geben. Du beobachtest das Schauspiel bis er weg ist und Kunik seufzt. Schnell ist ihre Aufmerksamkeit wieder auf dich gelenkt.
 

Sie winkt einen Kellner zu euch. „Solche Veranstaltungen sind ziemlich langweilig, findest du nicht auch?“
 

„Definitiv“, antwortest du leicht abgelenkt. Du kämpfst damit deine Augen von ihren Lippen abzuwenden; der Linie ihres Halses zu folgen, als sie einen Schluck von ihrem Wasser trinkt. Ihr unterhaltet euch ein wenig – über Raiko, eure Aufgaben als Geschäftsführer - und im Laufe der Konversation lehnst du dich langsam immer näher an sie heran; begibst dich in ihre Umlaufbahn. Dein Herz schlägt unregelmäßig – etwas zu schnell – und du fühlst dich magisch zu ihr hingezogen.
 

Kunik lehnt sich dir entgegen, legt ihre Hand einen Müh zu hoch auf deinen Oberschenkel.
 

Ihre Lippen berühren gerade so deine Ohrmuschel und du kannst ihren Atem spüren als sie dir ins Ohr flüstert. „Möchtest du von hier verschwinden?“
 

Du drehst deinen Kopf leicht um sie anzusehen; ihr Gesicht ist deinem gefährlich nah. Du bist dir sicher, ihre Signale richtig zu deuten – ihr Lächeln ist kokett, ihre Augen auf deine Lippen gesenkt; du bemerkst erst jetzt, dass du auf deine Unterlippe nervös zwischen deinen Zähnen hältst.
 

Zögernd musterst du sie. Es ist zu lange her.
 

Kunik grinst dich an und geht ein paar Schritte von dir weg. Sie dreht sich um, wirft dir einen kurzen, aber intensiven Blick über ihre Schulter zu. Du schaust ihr kurz hinter her, siehst, wie elegant sie durch den Saal geht.
 

Dein Glas trinkst du mit einem beherzten Schluck leer und folgst ihr.
 

::
 

Kunik folgt dir nach Hause. Die dunklen Straßen sind leer und ruhig.
 

Sie verschwendet keine Sekunde, zieht dich in einen feurigen Kuss und vergräbt ihre Hände in deinen Haaren als du die Tür hinter euch schließt. Gänsehaut breitet sich über deinen Körper aus und du stöhnst in ihren Kuss, lässt dich gegen die Wand drücken; ihr Körper gegen deinen ist eine willkommene Abwechslung. Deine Hände zittern leicht und finden ihren Weg auf Kuniks Hüften und verstärken ihren Griff, als sie hauchzarte Küsse entlang deines Halses verteilt. Du bist dir sicher, dass sie deinen Puls pochen spürt.
 

Oh.“ Du holst scharf Luft als sie an deinem Nacken zu nippen beginnt; das Gefühl breitet sich schlagartig in deinem ganzen Körper aus. Sie lacht verrucht auf und drückt ihr Becken an deines.
 

„Nimmst du immer jemanden von Feiern mit?“, fragst du außer Atmen. Du lehnst deinen Kopf zur Seite, bietest ihr weiteren Spielraum, willst mehr spüren.
 

„Nur wenn ich jemand besonders faszinierend finde“, antwortet sie und löst sich von dir. Du beobachtest jede noch so kleine Bewegung ihrerseits als sie ihre Pumps auszieht und ihr Kleid langsam von ihren Schultern gleitet. Sie lehnt sich wieder an dich und beißt verführerisch auf ihre Lippe; du spürst die Wärme von ihrem Körper auf deiner Haut.
 

„Und was ist mit dir? Gehst du immer mit Fremden, die dir ins Ohr flüstern?“, fragt sie dich und löst endgültig deine Haare aus ihrer Frisur.
 

„In letzter Zeit nicht, nein.“ Du umfasst ihr Gesicht in deinen Händen und küsst sie langsam, nimmst Geschwindigkeit aus dieser sich viel zu schnell entwickelnden Situation. Dein Körper sehnt sich jedoch nach mehr.
 

„Nun“, flüstert sie und lächelt in den Kuss hinein. „Da es ein besonderer Anlass ist, sollte er sich lohnen.“
 

Langsam – qualvoll langsam – wandert sie deinen Körper hinab.
 

::
 

Am nächsten Morgen wachst du auf und streckst dich. Vorsichtig streichst du über deinen empfindlichen Hals. Dein Körper erzittert bei den Erinnerungen an die letzte Nacht – du hast gelernt, dass Kunik äußerst talentiert ist, was ihren Mund betrifft. Die nächsten Tage wirst du einen Schal tragen müssen.
 

Die Frau selbst ist verschwunden, nur der Duft ihres Parfüms in den Laken und ein kleiner Zettel auf deinem Kopfkissen sind alles was von letzter Nacht verbleiben. Es ist eine Entschuldigung, dass sie bereits gegangen ist und ihre Telefonnummer. Lächelnd gehst du in dein Badezimmer und lässt heißes Wasser in die Badewanne laufen.
 

::
 

Liebe Korra, letzte Nacht habe ich mir mit einer fremden Frau das Bett geteilt. Sie ist aufmerksam und reizend gewesen, aber ich bezweifle, dass sich zwischen uns mehr entwickeln wird.
 

Du spielst mit dem Zettel in deiner Hand und dem Gedanken, die Nummer zu wählen. Die Begegnung letzte Nacht mit ihr ist aufregend gewesen und dein Körper erinnert sich jetzt noch an ihre Berührungen. Außerdem hast du seit über einem Jahr kein Wort mehr von Korra gehört und sie beinahe drei Jahre nicht mehr gesehen. Es ist absurd nach so langer Zeit noch daran festzuhalten, aber du kannst dich nicht überwinden komplett loszulassen.
 

Das Telefon beginnt zu klingeln.
 

„Hallo?“
 

„Asami, ich bin es, Tenzin. Ich habe letzte Nacht bereits versucht es dir zu erzählen, aber ich konnte dich nirgendwo finden“, sagt er.
 

Du räusperst dich kurz. „Ich bin früher gegangen. Aber was wolltest du mir erzählen? Ist alles in Ordnung?“
 

„Es ist alles wunderbar. Ich habe exzellente Neuigkeiten: Korra soll nächsten Monat nach Republica kommen.“
 

Dein Atem stockt und dir schwellt eine Hoffnung heran, die du in Jahren nicht gespürt hast. Leise nimmst du Tenzin am anderen Ende der Leitung wahr.
 

„Das sind fantastische Neuigkeiten“, atmest du aus. Dir ist nicht aufgefallen, dass du den Atem angehalten hast.
 

„Tonraq hat geschrieben, dass er und Korra gemeinsam zu Prinz Wus Krönung anreisen.“
 

Kuniks Nummer bleibt vergessen liegen.
 

/////
 

Dein Herz ist schwer in deiner Brust. Du schaust hinaus auf das Wasser, hörst dir das sanfte Rauschen der Wellen an; spürst wie die Luft kühler um die herum wird.
 

Korra ist verschwunden. Sie muss ihre Eltern angelogen haben – oder noch schlimmer: sie wollte herkommen und ihr ist unterwegs etwas zugestoßen, oder-
 

Nein, das kannst und willst du dir nicht vorstellen.
 

Nachdem euch die Nachricht erreicht hat ist Raiko schlecht gelaunt in sein Büro zurückgekehrt; Tenzin hat sich angeregt mit Tonraq unterhalten und während Pema die Kinder rein geschickt hat. Mako hat versucht dich zu trösten – vielleicht hat er dich damals doch gehört oder du hast deine Gefühle in dem Augenblick zu offen getragen – du hast in jedoch abgewimmelt.
 

Du hältst den Brief in deinen Händen. Du hast ihn mitgebracht; kannst dich nicht von ihm lösen. In den letzten Jahren hast du es bewältigt dein Leben und Future Industries wieder auf die Beine zu stellen, hast versucht nicht zu verharren, aber jetzt möchtest du nichts sehnlicher als Korra all dies zu erzählen und deine Erfahrungen mit ihr zu teilen; ihr die Lücke zeigen, die sie hinterlassen hat und niemand Anderes zu füllen vermag.
 

„Wo bist du?“, fragst du in die Nacht hinein. Du sitzt auf einer Bank und schaust in den Sternenhimmel. In der Hoffnung, dass sie, wo auch immer sie jetzt sein mag, sicher ist.
 

Dass sie eines Tages heil zurückkehren wird.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Kunik (Inuit): Kuss

Puh, das war's dann wohl. Erste Fanfiction abgeschlossen, die mehr als ein Kapitel hat. Ihr wisst gar nicht, wie lange ich nach einem Namen für die gute Frau gesucht habe. Ich hoffe, dass der Name zumindest vom Klang halbwegs in Avatar Universum passt. Sonst ist die ganze Suche umsonst gewesen .__.

Wie immer ist Feedback in sämtlichen Formen gerne gesehen :D Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Dark777
2015-02-16T11:30:10+00:00 16.02.2015 12:30
Verdammt, ich könnte heulen T_T! Ich gönne Asami diese Nacht von Herzen, da sie sich all die Jahre nach Korra verzehrt. Dieses Ende hatte ich nicht erwartet und es nimmt mich etwas mit. Wie immer unterstreichst du die Sehnsucht und Tristesse sehr gut mit deinem Schreibstil. Es hat sich wie immer gelohnt deine Geschichten zu lesen, auch wenn ich mir ein anderes Ende gewünscht hätte.

V(~_^)
Von:  fahnm
2015-02-02T01:54:49+00:00 02.02.2015 02:54
Klasse Kapitel


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