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Der Wolfsprinz

Wenn das kälteste Eis zu schmilzen beginnt
von

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Undank ist der Weltenlohn

„Ja, so wahr ich hier sitze: Es war mehr als verlangt!“, sagte der Verwalter nachdem er den Becher mit starkem Rum in einem Zug geleert hatte.

Nachdem er dem Bürgermeister davon erzählt hatte, hatte dieser ihn nochmals genau darüber ausgefragt. „Wie können Sie auf einmal so viel Geld haben?“

„Das weiß ich auch nicht. Aber damit sind vom Haken!“

„Oh nein. Noch lange nicht!“, sagte der Bürgermeister. „Ich lasse mir was einfallen!“

„Und was genau?“

„Lass mich nur machen!“, sagte der Bürgermeister.
 

Noch spät in der Nacht saß der Bürgermeister in seinem Sessel und dachte darüber nach, wie sie wieder Ramon und seiner Familie zu setzen könnten.

Es ging ihm nicht darum sie aus dem Dorf zu vertreiben. Sondern sie nur für das zu bestrafen, was ihr Sohn getan hatte.

Dass es dabei nicht zu weit gehen darf, war ihm bewusst. Aber er wusste auch, dass Ramon und seine Familie nie auf die Idee kommen würden, das Dorf zu verlassen.

Der Pass und alle anderen Straßen, die aus dem Tal führten, waren durch den Schnee stark zu geschneit und daher unüberwindbar.

So waren sie dazu gezwungen hier zu bleiben und sich alles gefallen zu lassen. Wenn aber der Schnee schmolz…

Bis dahin war aber noch Zeit.

Er teilte die Angst der Dorfbewohner. Bisher hatte es keine Probleme gegeben. Jeder hat, so schwer es ihm auch gefallen war, es akzeptiert. Keiner hat sich dagegen gewehrt. Aber nun hatte ein Junge es gewagt. Und damit Unheil über sie gebracht.

Er hatte die stille Hoffnung, dass wenn sie die Familie nur lange genug zermürben müssen, dann würde ihr Sohn freiwillig das Weite suchen.

Nur jetzt hatte es dieser Bengel irgendwie geschafft, soviel Geld auf zu treiben. Er musste sich also was Neues einfallen lassen.

Vielleicht sollte er den Müller bestechen, damit er den Preis für das Mehl höher zu setzen, sodass Ramon keins mehr holen kann. Aber dann würde auch der Müller den Kürzeren ziehen.

Er musste sich also was anderes einfallen lassen.

Plötzlich jagte ein kalter Wind den Kamin hinunter und ließ das Feuer erlöschen. Es wurde schlagartig dunkel und eine eisige Kälte erfüllte den Raum.

Der Bürgermeister schauderte und schaute sich erschrocken um.

Für einen langen Moment blieb er wie erstarrt. In der plötzlichen Stille dröhnte sein Herzschlag in seinen Ohren wie Trommelschläge. Doch dann riss er sich zusammen.

„Wo sind bloß die Streichhölzer?“, fragte er und tastete in der Dunkelheit nach ihnen.

Als er sie fand, nahm er eins und entzündete es. Aber kaum das es brannte, wurde es von einem Lufthauch ausgeblasen. „Was zum…?“

Er wollte ein zweites nehmen, doch da zog sich eine Schicht aus Eis über das Glas der Fenster. Kroch dann über die Fensterbank über das Holz der Wände.

Überzog dabei alles mit einer glatten Eisschicht. Die Möbel, der Boden.

Unaufhaltsam kroch die Eisschicht weiter. Bis zum Bürgermeister, der entsetzt die Beine anzog. Kurz vor seinem Sessel blieb die Eisschicht stehen.

„Was geht hier nur vor sich?“, fragte er panisch. Wollte nach seinem Diener rufen, doch da schoss plötzlich ein Schmerz durch seinen Kopf.

Kälte breitete sich in diesem aus und presste sein Hirn zusammen.

Dann breitete sie sich weiter wie ein kaltes Feuer über seinen ganzen Körper. Lähmte ihn.

Er war nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen. Es herrschte gähnende Leere.

Und in dieser Leere hörte er deutlich eine bedrohliche Stimme.

„Hör mir gut zu. Du und die anderen werden die Familie des Bäckersohns in Frieden lassen. Sein Leben und das ihrige gehören mir. Und nur mir. Andern falls werdet Ihr alle sterben!“

Die Botschaft war kurz gewesen, dennoch verstand der Bürgermeister jedes Wort und auch wenn er diese Stimme noch nie gehört hatte, wusste er, wer da zu ihm gesprochen hatte.

Der Wolfsprinz!

Die Augen des Bürgermeisters wurden vor Entsetzen groß. Es spielte für ihn keine Rolle woher er von den Machenschaften wusste. Die Drohung, die in den Worten lag, ließ ihn noch mehr erstarren. Und so plötzlich wie die Kälte kam, so verschwand sie auch wieder. Die Wärme kehrte wieder in den Raum zurück. So auch das Feuer im Kamin. Doch es dauerte eine Ewigkeit, ehe die Wärme die Kälte, die den Bürgermeister in ihren Klauen gehalten hatte, vertrieb.
 

Unweit vom Dorf auf einem Hügel stand ein großer weißer Wolf. Mit blauleuchtenden Augen blickte er auf das Dorf. In seinen Augen schimmerte es kalt. Und ein tiefes Knurren entwich seiner Kehle.

Er wusste dass er damit gegen seine eigenen Prioritäten verstieß. Und eigentlich hatte er sich gesagt, dass es ihm nichts anging, was genau da unten sich im Dorf zu trug. Doch etwas hatte ihn nachdraußen getrieben. Eine innere Unruhe. So hatte Mandariel die Gestalt eines Wolfes angenommen und war in das Tal gerannt. Schon von weitem konnte er die hinterhältigen Gedanken des Bürgermeisters hören und hatte das tiefe Bedürfnis verspürt, diesem Elenden klar zu machen, wer hier wahre Macht hatte. Es bereitete ihm eine kalte Freude, diesem Mann einen Schrecken ein zu jagen.

Mit Absicht hatte er es so aussehen lassen, dass die gesamte Familie ihm gehörte. Denn wenn er nur den Jungen als sein Eigentum bekundet hätte, hätten sie vermutlich eine Verbindung zwischen ihm und sich festgestellt. Sie waren zwar dumm. Aber so dumm auch wieder nicht. Und in ihrer jetzigen aufgebrachten Stimmung würden sie nicht lange brauchen, um darauf zu kommen.

Und es war auch nicht sonderlich schwer sich von anderen zu irgendwelchen Schandtaten anstiften zu lassen oder gar in die Herzen anderer Angst und Unsicherheit zu säen.

Sie erinnerten ihn an eine Viehherde.

„Ich frage mich wirklich, was in Eurem Kopf vorgeht?“, hörte er Ardou sagen.

„Sein Leben gehört mir!“, erklärte Mandariel kühl. „Er gehört mir. Und damit steht er unter meinen Schatz!“

„Und wieso dann seine Familie?“, hakte Ardou nach. Auch er hatte die Gestalt eines Wolfes angenommen. Beide standen da und schauten gemeinsam zum Dorf.

„Das dient nur zur Täuschung!“

Ardou sah seinen Herren ein wenig skeptisch an. „Ist das wirklich so? Oder Liegt es daran, das Euer Herz beginnt durch diesen Jungen auf zu tauen? Reicht sein Einfluss schon so weit, dass Ihr eine ganze Familie unter Euren Schutz stellt?“

„Du begibst dich auf sehr dünnes Eis!“, warnte Mandariel ihn in Gedanken, wobei ein tiefes Knurren zu hören war.

„Ich will Euch nur zur Vernunft bringen!“, wandte Ardou ein. Senkte ein wenig den Kopf.

In seiner Stimme schwang bitterer Ernst mit.

„Danke. Aber das ist nicht nötig!“, sagte Mandariel, wandte sich um und wollte gehen.

„Was ist mit der Prophezeiung?“

Mandariel blieb stehen.

„Habt Ihr vergessen was die Eisfeen prophezeit hatten?“

Lange sagte Mandariel nichts sondern schaute nur vor sich hin. Seine Wolfskiefer pressten sich zusammen und kurz legte sich ein Schatten über sein Gesicht. „Nein, das habe ich nicht!“, sagte er schließlich. Dann lief er davon.

Ardou blickte ihm nach. Sah noch ein letztes Mal zum Dorf hinunter. Seine Augen verfinsterten sich.

Kurz dachte er darüber nach, in das Dorf zu gehen und den Jungen zu töten.

Tat es jedoch nicht. Auch wenn er über den Wandel seines Herren besorgt war und ahnte, dass dieser Mensch ihm noch gefährlich werden konnte, wollte er das Vertrauen, welches er bei seinem Herren genoss, nicht zerstören.

So drehte er sich um und lief seinen Herren nach.
 

Am nächsten Tag berief der Bürgermeister eine Versammlung, ohne das Ramon und seine Familie in Kenntnis gesetzten wurden. Vincent wohnte dieser bei, nicht jedoch sein Sohn. Nach dem ganzen Schlamassel hielt er es für unklug seinen Sohn mit zu nehmen. In kurzen Worten erzählte er was ihm letzte Nacht geschehen war und was der Wolfsprinz ihm angedroht hatte. Den Leuten lief es gleichermaßen kalt den Rücken hinunter. Sogleich begannen sie zu tuscheln.

„Das wird ja immer schlimmer und schlimmer!“

„Jetzt sollen wir alle sterben!“

„Wir hätten sie gleich aus dem Dorf jagen sollen!“

„Ruhe! Ich verlange Ruhe!“, rief der Bürgermeister. „Die Warnung war klar und deutlich: Lassen wir sie nicht in Ruhe, wird der Wolfsprinz uns alle töten!“

Daraufhin kehrte Stille ein.

„Wenn das so ist…soll er sie doch alle holen. Was kümmert es uns!“, flüsterte wieder jemand. „Das stimmt. Warum uns die Hände weiter an denen schmutzig machen, wenn dieser Teufel und seine Bestien sie irgendwann zerfleischen werden!“

„Sei es wie es sei. Tatsache ist, dass wir von nun an nichts mehr gegen sie unternehmen werden!“, sagte der Bürgermeister. Da waren sich die Leute einig. Auch wenn einige von ihnen der Meinung waren, dass sie sich davon nicht abhalten lassen sollten, diesen Verdammten weiterhin das Leben schwer zu machen. Aber dann sagten sie sich, dass sie nicht ihr Leben riskieren wollten und schlossen sich den anderen an.
 

„Was willst du?“, fragte Vincent als Flora mit Rene vor seiner Tür standen.

Flora wich einen Schritt zurück. So wie er sie ansah, hätte man denken können, dass er ihr am liebsten die Tür vor der Nase zu geschlagen hätte. Rene gab ihr einen leichten Stoß.

„Ich muss mit Jaque sprechen!“, sagte sie. Versuchte dabei so viel Entschlossenheit in ihre Stimme zu legen, wie sie konnte. Vincents Augen wurden schmal. „Warum?“

„Das…das kann ich Ihnen nicht sagen. Das ist eine Sache zwischen mir und Jaque!“

„Willst du ihm etwa wieder das Herz brechen?“, warf er ihr wütend vor. Floras Hände ballten sich zu Fäusten. Er tat gerade so, als ob sie sich nichts dabei gedacht hätte. Jaque leichthin von sich gestoßen hatte. „Nein!“

„Was ist es dann?“

„Bitte. Es ist wichtig!“, kam es aus Flora flehend. Sie wollte sich schon an ihm vorbeischieben. Doch Vincent versperrte ihr den Weg.

„Wenn es so wichtig ist kannst du es auch mir sagen. Jaque ist momentan nicht in der Verfassung erneut von dir verletzt zu werden!“

„Sie ihn verletzen?“, mischte sich nun Rene ein. Er war fassungslos über Vincents Kaltschnäuzigkeit. „Denkst es machte ihr nichts aus, als sie ihm sagte, dass sie sich trennen sollten? Ihr alle habt sie doch dazu getrieben!“

Vincent und auch Flora sahen ihn gleichermaßen mit großen Augen an.

Bis jetzt hatte er sich zurück gehalten. Doch nun war ihm der Kragen geplatzt. Vincent brauchte eine Weile, dann aber schien er wieder sich gefangen zu haben.

„Was denkst, wer du bist?“, schnaubte er. „Macht Euch davon. Oder ich…!“

Mit diesen Worten griff er nach seinem Schmiedehammer und hob ihn drohend.

Daraufhin machten Flora und Rene einen Schritt zurück. In ihren Augen war deutlich Unsicherheit und auch etwas Furcht zu sehen. Sie erkannten den sanftmütigen und auch nachdenklichen Mann, den sie schon seit sie Kinder waren, kannten, kaum wieder. Er war wie ausgewechselt.

Machte er das wirklich, um seinen Sohn vor mehr Herzschmerz zu schützen oder steckte da mehr dahinter?

„Los! Worauf wartet Ihr? Macht endlich, dass Ihr wegkommt!“, brüllte er. Hob den Hammer noch ein wenig höher. Rene nahm Flora bei der Hand. Zog ein wenig an ihr.

Es würde nichts bringen weiterhin darauf zu bestehen, zu Jaque zu wollen. Das sah auch Flora ein. Ihre Augen begannen feucht zu schimmern. Mühsam kämpfte sie gegen die Tränen an.

Steif und staksig lief sie hinter ihrem Bruder her, während er sie weiterhin an der Hand hielt und sie nachhause führte. Er glaubte, wenn er sie nicht an der Hand halten würde, würde sie davon laufen. Fort aus diesem Dorf und fort vor dem Schmerz, der in ihrer Brust tobte.

Hin und wieder schaute er nach ihr. Sie hielt ihren Kopf gesenkt, sodass ihr Haar ins Gesicht fiel wie ein Vorhang. Es gab so vieles was er sagen oder sie fragen wollte, doch er schaffte es nicht eine Silbe heraus zu bringen. Aus Angst, dass sie hier auf offener Straße zusammen brechen würde. So ging er mit ihr weiter bis sie zuhause waren.

Wortlos stieg sie dann die Stufen hoch und verschwand wieder in ihrem Zimmer. Rene stand am Fuße der Treppe und sah ihr nach. Er fühlte sich seltsamerweise erschöpft und ausgelaugt. Wie mochte es da erst seiner Schwester geben. Er fürchtete, dass sie irgendwann daran zerbrechen würde. Wohin soll das noch alles führen, fragte er sich und rieb sich den Nacken.
 

Flora lag auf ihrem Bett. Sie hatte das Gesicht tief ins Kissen vergraben. Im Nach hinein musste sie erkennen, dass sie es sich viel zu einfach vorgestellt hatte.

Nach allem schien er nun genauso verstockt zu sein und für jeden Versuch, Jaque wieder zu sehen, blind und taub zu sein.

Sie zweifelte dass sie ihn jemals wieder sehen wird. Schon allein bei diesem Gedanken traten ihr Tränen in die Augen. Auch wenn sie nicht gedacht hatte, dass sie überhaupt noch weinen konnte. Mit einem leisen Fluch wischte sie sich die Tränen weg und wollte die Augen schließen. Doch da klopfte es. Sicher war es Rene. Flora seufzte schwer. „Nein!“, rief sie zur Tür. Ihre Antwort blieb aber nicht beachtend. Ein weiteres Klopfen erklang. Dann ein drittes und viertes. Flora stöhnte genervt, kletterte aus dem Bett und stapfte zur Tür. „Ich sagte: Nein!“, rief sie und schlug gegen die Tür.

Erst als es zum fünften Mal klopfte, wurde ihr klar, dass es nicht die Tür war, sondern das Fenster. Flora runzelte die Stirn und trat an das Fenster. Schaute hinaus. Ihr blieb kurz das Herz stehen, als sie eine dunkle Gestalt unter ihrem Fenster stehen sah. In ihrem Kopf überschlugen sich sogleich die Gedanken.

War das einer Dörfler, der ihr einen Schrecken einjagen wollte?

Sofort machte sich Ärger in ihr breit.

„Na warte…!“, zischte sie, eilte aus dem Zimmer ins Bad, schnappte sich die Waschschüssel und füllte sie dann mit Wasser. Schnell lief sie zurück in ihr Zimmer, vergewisserte sich mit einem raschen Blick, dass er noch da war und öffnete das Fenster. Kaum dass es offen war, kippte sie das Wasser schwungvoll raus, auf den Besucher.

„Ahh…was soll das…!“, rief dieser sogleich erschrocken und Floras Ärger wisch schnell Entsetzen. „J-Jaque…?“, rief sie und ihr wäre beinahe die Schale aus der Hand gefallen. Im nächsten Moment merkte sie, dass sie viel zu laut gesprochen hatte und flüsterte dann.

„Was machst du denn hier?“

„Ich wollte dich sehen. Und nicht geduscht werden!“, kam es zerknirscht von Jaque. Flora merkte wie sie rot wurde. „Es…es tut mir leid…ich… ich dachte, du wärst…!“, stammelte sie.

„Kommst du runter? Ich muss mit dir reden!“, drängte Jaque. „Gib mir fünf Minuten!“

Schnell hatte sich Flora ihren Mantel über geworfen und war hinunter in den Garten geeilt.

Ihre Schamesröte hielt noch an, als sie nun Jaque gegenüber trat und sah, welchen Schaden sie mit ihrem Wasserangriff wirklich angerichtet hatte. Das Wasser hatte ihn vom Kopf bis zu den Schultern durchnässt und bei der Kälte, die momentan herrschte, würde er sich noch eine schwere Erkältung zu ziehen. „Tut mir leid, das mit dem Wasser. Ich…ich dachte du…!“, versuchte sie sich zu entschuldigen. Jaque winkte mit einem schwachen Lächeln ab. „Schon gut. Ich kann es dir nicht verübeln!“, sagte er. „Was…was möchtest du denn?“, fragte dann Flora. „Ich habe gehört, wie du meinen Vater gebeten hast, mich mit dir sprechen zulassen und das er…naja…es nicht wollte. Also habe ich mich rausgeschlichen!“

Flora musste ein wenig lächeln. Wurde aber dann wieder ernst. Auch über Jaque legte sich ein dunkler Schatten. „Ich nehme an, du wolltest mich wegen meinem Antrag sprechen!“

Flora nickte. „Ich…ich habe lange überlegt. Ich weiß, dass ich ihn eigentlich nicht annehmen sollte. Es würde alles nur noch schlimmer machen. Aber das würde auch bedeuten, dass ich meine Gefühle zu dir verleugnen und dir das Herz brechen würde!“

Jaque sagte nichts, sondern hörte nur zu. Ihm war an zusehen, dass er ihre Worte als etwas deutete was einem Nein gleichkommen würde. Sein Gesicht wurde trübsinniger und trübsinniger. „Und das würde ich nicht ertragen. Darum…!“, fuhr sie fort und nahm seine Hände. „Ja, ich will deine Frau werden!“

Sofort hellte sich Jaques Gesicht auf und er umarmte Flora stürmisch. Drehte sich mit ihr einmal um sich selbst und lachte. „Du machst mich damit zum glücklichsten Mann der Welt!“

Auch Flora freute sich. Dennoch wirkte sie ein wenig geknickt. „Ich habe da nur eine Bitte: Lass uns erst heiraten, wenn die Zeit des Erwachens anbricht!“, kam es dann von ihr. Jaque sah sie ein wenig verwirrt an. Doch dann hob er die Schultern. „Was immer du willst!“
 

Am nächsten Tag hatte Rene größte Mühe, sein Frühstück nicht über den Tisch aus zu spucken, als Flora ihm von ihrem Missgeschick mit dem Wasser und Jaque erzählte. „Das ist nicht lustig!“, murrte Flora. „Doch. Irgendwie schon!“, kicherte Rene. „Was wollte er denn?“

Flora wurde nun rot und lächelte verlegen. „Er wollte mich wegen dem Antrag fragen!“

„Und?“

„Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn annehme!“, sagte sie mit einem verlegenen Lächeln. Rene strahlte über das ganze Gesicht. Dennoch wussten beide, dass die Freude über die baldige Vermählung von Flora und Jaque nur von kurzer Dauer war und das schmerzlichste nur wenig verbarg. „Wirst du es unseren Eltern sagen?“

„Das werde ich wohl müssen. Aber erstmal müssen wir es seinem Vater beibringen!“, sagte sie mit schwerer Stimme. „Das dürfte nicht gerade leicht werden!“

Da stimmte Rene ihr zu. Vincent würde Zeter und Mordio schreien, wenn sie ihm davon erzählten. „Soll ich mitkommen?“

„Nein. Dieses Mal muss ich das allein machen. Zumindest mit Jaque!“
 

Floras Bedenken was Vincents Ablehnung betraf, waren mehr als bestätigt. Denn kaum dass sie und Jaque ihm von der Verlobung der beiden erfuhr, begann er los zu brausen. „Das kann nicht Euer Ernst sein!“, rief er außer sich. „Jaque sag mir, dass das ein dummer Scherz ist!“

„Nein, das ist es nicht, Vater!“, erklärte Jaque inbrünstig und ergriff Floras Hand.

Vincents Blick wechselte zwischen den beiden hin und her und sein Gesicht wurde immer entsetzter. Beinahe schon panisch. Dann schüttelte er den Kopf. „Du weißt gar nicht, was du dir da einbrockst, du Narr!“

„Mir ist bewusst, dass ich damit den Groll sämtlicher Dorfbewohner vollkommen auf mich ziehe und dich dabei mit ins Unglück stürze!“, sagte Jaque trocken und sah seinen Vater kühl an. „Aber ich sehe nicht ein, warum ich noch länger mein Glück hinter das der anderen stellen soll. Mir ist gleich was die Leute darüber denken. Und vor allem was du darüber denkst. Von mir aus verstoße mich ruhig. Das ist mir gleich…!“

Bei diesen Worten verkrampfte sich Floras Herz und sah ihren Liebsten erschrocken an. Wollte er wirklich sich von seinem Vater lossagen, nur um mit ihr zusammen zu sein?

Trotz dass sie ihn dafür ein wenig bewunderte, wollte sie dennoch nicht, dass es so weit kam. Jaque brauchte seinem Vater. Außer ihm hatte er niemanden aus seiner Familie.

„Jaque….nicht…!“, sagte sie. Doch Jaque schüttelte den Kopf. „Lebe damit oder lass es!“

Vincent sah mit finsterer Miene seinen Sohn an. In seinem Gesicht zeigte sich deutlich, dass es innerlich in ihm brodelte. Wut und Fassungslosigkeit wechselten sich ab. Dann packte er seinen Sohn an den Schultern.

„Ich werde nicht zulassen, dass du wegen Ihr dein Leben wegwirfst!“

„Mein Leben wegwerfen? Was redest du da?“

Vincents Lippen wurden zu einem harten Strich und er ließ seinen Sohn los. Sein Blick wurde nun finster und er sah zu Flora. „Wieso sagst du es ihm nicht?“

Flora versteifte sich augenblicklich. In ihrem Kopf drehte es sich kurz, während ihre Gedanken etwas formten, was ihr das Blut in den Adern gefroren ließ. Jaque sah sie daraufhin an. Verwirrung war deutlich in seinem Blick zu sehen. „Was meint er damit Flora?“

Flora konnte nichts darauf sagen. Sondern schaute nur vor sich hin. Es vergingen einige Augenblicke in denen sie schwieg. Jaque fasste sie an der Schulter. Drückte sie. „Flora. Sag doch etwas!“

„Wenn ich es tue, sind wir alle des Todes!“, flüsterte sie und schloss die Augen. Jaque schrak zurück. „Was…was meinst du damit?“

„Sie meint damit, dass sie und ihre Familie verdammt sind. Der Bürgermeister hat es uns erzählt. Ihre Leben gehören dem Wolfsprinzen. Früher oder später wird er sich die ihrigen holen. Und ich werde nicht zulassen, dass er dich auch noch bekommt!“

Schweigen legte sich wie ein schweres Tuch über sie. Jaque sah Flora an und auch wenn sie ihn nicht anschaute, konnte sie seinen fassungslosen Blick auf sich gerichtet spüren.

Vincent stand da und schien darauf zu warten, was sie dazu sagen würde.

Und nach langer Zeit sagte sie etwas. „Es ist wahr!“, sagte sie nur, aber das reichte schon aus.

„Was dein Vater gerade gesagt hatte, stimmt!“

Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und stürmte davon.
 

Mit einem lauten Knall warf sie die Tür zu und lehnte sich von heftigen Schluchzern geschüttelt gegen die Tür.

Sie sank in die Knie und umschlang die Knie mit ihren Armen. „Flora? Bist du das?“, hörte sie jemanden rufen und Rene kam aus der Wohnstube. Als er seine Schwester so sah, eilte er sofort zu ihr. „Flora? Was hast du denn?“

Vorsichtig berührte er sie an der Schulter. Kaum dass sie seine Hand spürte, warf sie sich schon in seine Arme und vergrub das Gesicht in sein Hemd. Er konnte spüren wie ihre Tränen seinen Stoff durchnässten. Er hatte das dumme Gefühl, dass sie bei Jaques Vater nicht gerade auf Verständnis getroffen waren. Langsam zog er sie auf die Füße und führte sie in die Stube. Mit sanftem Nachdruck bugsierte er sie auf die Couch. Dann setzte er sich neben sie und legte tröstend den Arm um die Schulter. „Erzähl was passiert ist!“, sagte er.

Flora schluchzte noch einige Male und rang die Hände. Sie kämpfte deutlich mit sich. Dann aber begann sie mit zittriger Stimme zu erzählen. „Er weiß es…Sie alle wissen es. Dass unsere Leben ihm gehören…!“

„Wo-woher sollen sie das wissen?“

„Der…der Wolfprinz muss es ihnen gesagt haben. Ich weiß auch nicht wieso…aber sie wissen es…!“

Nur langsam drangen ihre Worte in seinen Verstand und lösten ein heilloses Durcheinander in seinem Kopf aus. Der Wolfsprinz hatte es ihnen gesagt? Aber wieso?

Was hatte ihn dazu getrieben?

Da gab es aber etwas, was in ihm noch mehr in Aufruhr versetzte. Ist nun ihr Leben verwirkt?

Wird er sie nun bald schon holen? Aber wieso?

Wieso hatte er gegen seine eigene Bedingung verstoßen?

Spielte er damit leichthin mit ihren Leben?

Rene wurde schwindelig von all diesen Fragen, die sein Herz immer mehr zusammen drückten.

„Was hat er sich nur dabei gedacht?“

Die Nachricht, dass Vincent nicht seinen Segen gegeben hatte, ließ ihre Eltern und ihre Großmutter fassungslos nach Luft schnappen. „Ist dieser Mann von allen guten Geistern verlassen!“, kam es von Ramon durch zusammen gebissenem Zähnen.

Flora hatte natürlich verschwiegen, was der wirkliche Grund war. Wobei sie sich genau wie Rene fragte, ob es nicht schon längst an Absurdum grenzte. Immerhin wussten nun alle, außer ihrer Familie natürlich Bescheid.

Auch wenn der Wolfsprinz die Tatsachen ein wenig verdreht hatte, waren sie dennoch zum Schweigen verdammt.

Schließlich hatten sie den Pakt und nicht ihre Familie.

„Ich glaube ich werde mal mit ihm ein ernstes Wort reden!“, hörte sie ihren Vater sprechen und alles in ihr gefror zu Eis.

„Nein, bitte. So machst du alles noch schlimmer!“

Ramon hob die Brauen. „Wie soll ich es damit noch schlimmer machen?“, fragte er seine Tochter entrüstet. „Schau dich doch mal um. Es ist bereits schlimmer. Wegen diesen Scheusalen kannst du nicht mal heiraten!“

Flora sagte nichts. Sondern schaute nur zu Boden. „Ich werde jetzt Vincent zur Rede stellen und das ein für alle Mal klären!“, erklärte er, drehte sich um und wollte gehen. Da mischte sich Martha ein. Ramon. Wie gut kennst du deine Tochter?“

Ramon hielt inne und sah sie zweifelnd an. „Was hat das jetzt damit zu tun?“

„Eine Menge. Flora ist nicht wie die anderen hysterischen Hühner. Wenn sie dich um etwas bittet, ist es etwas Ernstes!“, erklärte Martha und stellte sich neben ihre Enkelin. Fasste sie an der Schulter. „Sie hat Recht. Egal was auch passiert ist, mach es nicht schlimmer!“

Flora sah ihre Großmutter dankbar an.
 

Noch in der gleichen Nacht suchte Rene den Wolfsprinzen auf um ihn zur Rede zu stellen. Und man musste ihn bereits erwartet haben. Denn die Wölfin saß da und sah ihn an, als sie damit gerechnet, dass er auf die Lichtung kam.

„Wartest du schon lange?“

Die Wölfin neigte ein wenig den Kopf. „Nein!“, schienen ihre blauen Augen zu sagen. Rene nickte.

Versuchte sich nicht zu wundern, dass er wieder die Gedanken des wilden Tieres hören konnte. „Ist dein Herr zu sprechen?“

„Er erwartet dich!“

Etwa in Rene schnürte die Kehle zu. War es so weit?

Würde er nun sein Ende finden?

Aber warum?

Er hatte nichts verraten. Oder hatte der Wolfsprinz das alles geplant umso schneller sein Recht ein zu fordern.

„Denkst du wirklich so schlecht von unserem Herrn?“, hörte er die Stimme der Wölfin. Rene sah sie einige Minuten nur an. Schüttelte dann den Kopf wobei er gleichzeitig die Schultern zuckte. „Inzwischen weiß ich nicht mehr, was ich denken soll!“, kam es von ihm.

„Dann komm mit und frage ihn!“

Wortlos folgte er der Wölfin.

Kaum das er in den Raum trat, wurde er auch schon einem weiteren Wolf begrüßt.

Zuerst erkannte Rene ihn nicht. Doch als er genauer hinsah, erkannte er in dem Wolf den Welpen wieder, der sich auf seinem Schoß erleichtert hatte.

Nur war dieser um einiges größer geworden und wirkte nun nicht mehr putzig.

Er reichte ihm mit dem Rücken bis unterhalb seiner Knien. War dennoch halbwegs eine halbe Portion, doch die Zähne, die er entblößte, flößten durch aus Respekt ein.

Daher machte er einen großen Schritt zurück.

Die Ohren des Wolfes zuckten kurz, dann ließ er sie hängen und schaute ihn geknickt an. Deutlich konnte er hören, was der Wolf dachte. „Ich bin es doch? Wieso hast du Angst vor mir?“

Rene stand erstmal nur da und sah den jungen Wolf nur an. Dann wandte er sich an die Wölfin. „Wird er mich beißen?“

„Nicht wenn du ihm die Hand gibst!“, hörte er in seinem Kopf sie lachen.

So machte Rene einen halben Schritt auf ihn zu, beugte sich ein wenig vor und streckte ihm die Hand hin. Sofort gingen wieder die Ohren hoch und der Wolf begann seine Hand zu beschnüffeln. Seine Nase war nass aber dennoch warm. Stieß leicht dagegen. Dann leckte er über die Fingerknöchel. Rene musste dabei ein wenig lachen, da es kitzelte.

Dennoch vorsichtig drehte er dann ein wenig die Hand und schob sie langsam in das Fell des Wolfes. Dieser ließ es zu. Auch als Rene begann ihn zu kraulen.

Er legte sogar den Kopf ein wenig schräg, sodass Rene seinen Hals kraulen konnte.

Mit geschlossenen Augen und aus dem Maul heraushängender Zunge genoss er die Streicheleinheiten. Rene kam es vor, als würde er einen Hund und keinen Wolf vor sich haben.

„Wie es aussieht habt Ihr Euch vertragen!“, hörte er plötzlich den Wolfsprinzen und hörte abrupt auf. Der junge Wolf bekundete sein Missfallen deutlich durch ein Schnauben und drehte sich wiederwillig zu seinem Herrn herum. „Eigentlich ist er nicht so übel!“, sagte Rene. Sanft klopfte er ihm auf den Rücken. „Als ob ich derjenige war, der jemand anderen als halbe Portion bezeichnet hat!“, schnappte er der Wolf.

„Dafür hast du dich ja gerächt!“

„Und ich würde es wieder tun!“

„Ich störe Eure Unterhaltung nur ungern. Aber ich habe den Eindruck, dass Rene nicht aus reiner Höflichkeit zu Besuch ist!“, mischte sich Mandariel ein. „Würden du und Nima uns allein lassen?“

Nur ungern wich der Wolf ihm von der Seite. Mit hängendem Kopf trottete der Wolf zu Mandariel und verschwand durch die Tür. Nima folgte ihm. Als sie allein waren, kam Rene sich ein wenig verloren vor.

Ihm wäre es lieber gewesen, wenn die beiden geblieben wären.

Irgendwie hatte er die stille Hoffnung, dass der Wolfsprinz sich in ihrer Gegenwart zurückhalten würde. Egal was auch immer er vorhatte. Wobei er sich das kaum vorstellen konnte. Immerhin war er ihr Herr.

„Nun? Was verschafft mir die Ehre?“, fragte Mandariel und holte ihn aus seinen Gedanken.

Für einen kurzen Moment wusste Rene es selbst nicht. Doch dann fiel es ihm wieder ein. Um ihm nicht zu zeigen, dass er sich unwohl in seiner Haut fühlte, straffte er die Schultern. „Wieso habt Ihr das getan?“, platzte es aus Rene. Mandariels Brauen hoben sich etwas. „Was meinst du damit?“

„Wieso habt Ihr dem Bürgermeister gesagt, dass das Leben meiner Familie Euch gehört?“

Für einige Atemzüge war es still. Doch dann nahm das Gesicht des Wolfsprinzen einen kühlen Ausdruck an. „Stimmt es denn nicht?“

„Nein. Es war ausgemacht, dass Ihr nur mein Leben bekommt!“

„Und wenn du was ausplauderst, dass ich das Leben deiner Familie nehme!“

„Aber ich habe nichts verraten. Nur Ihr! Also warum?“

„Es war die einzige Möglichkeit!“

„Für was?“

„Bist du wirklich so dumm oder willst du es nicht verstehen?“, fuhr der Wolfsprinz ihn an und Rene wich einen Schritt zurück. In den Augen des Wolfsprinzen blitzte es gefährlich. Doch dann wirkte er erschöpft. „Nach allem was du mit erzählt hast, fand ich es für das einzig Richtige diesen Elenden genügend Angst zu machen, damit sie Euch in Ruhe lassen. Ich habe gesehen, wie sehr es dich bedrückt, deine Schwester unglücklich zu sehen. Ich wollte dir damit zeigen, dass ich es verstehe. Und so habe ich behauptet, dass Euer aller Leben mir gehört!“, sagte Mandariel und sah ihn enttäuscht und vorwurfsvoll an. „Und anstatt mir dafür dankbar zu sein, wirfst du mir vor, dich hintergangen zu haben!“

Daraufhin sagte Rene erstmal nichts. Schaute zu Boden und kam sich wie der letzte Dreck vor.

Als er so darüber nachdachte, musste er zugeben, dass er ihm mehr nur Unrecht getan hatte. Am liebsten wäre er vor Scham im Boden versunken. Doch das hieß nicht, dass damit die Wogen geglättet waren. Denn mit seinem Vorhaben hatte er dafür gesorgt, dass Flora und Jaque gar nicht mehr zusammen sein konnten. So gut er es auch gemeint hatte.

„Mir wäre es lieber gewesen, wenn Ihr bei der Wahrheit geblieben wärt!“, flüsterte er. „denn dann könnten meine Schwester und Jaque zusammen sein. Und heiraten!“

„Und was soll das nun wieder heißen?“, fragte Manadriel etwas genervt. Wieso musste dieser Junge so unzufrieden sein. „Ganz einfach. Wegen Euch hat der Vater von Jaque die Hochzeit der beiden verboten!“, kam es aufgebracht von Rene. „Jaque ist der Mann, der deine Schwester liebt?“

„Wer sonst!“

„Wie kommt dessen Vater dazu?“

„Weil er denkt, dass dann auch das Leben seines Sohnes verwirkt ist!“, sagte Rene. Mandariel seufzte und sagte etwas fremdsprachiges, was wohl ein Fluch sein sollte. „Was diese Narren da hineininterpretieren…darauf habe ich keinen Einfluss!“, sagte er dann. Rene presste hart die Lippen aufeinander.

„Kannst du es denn nicht richtig darstellen?“, fragte Rene.

Er wusste wie dumm, wie kindisch das klang. Aber er wollte nicht länger dass seine Schwester darunter litt. „Wie stellst du dir das vor? Soll ich etwa hingehen und sagen, dass das alles ein Irrtum war?“, fragte Mandariel zweifelnd. Seine Liebe zu seiner Schwester in allen Ehren. Aber er musste auch einsehen, dass das nicht so einfach war.

Außerdem wenn dieser Jaque seine Schwester wirklich so sehr liebt, sollte er dazu stehen und seinem Vater die Stirn bieten. Dies sagte er auch. „Was Ihr…was deine Schwester und er daraus machen, ist Ihnen überlassen. Wenn sie sich so sehr lieben, sollten sie sich davon nicht abhalten lassen!“

„Es ist nicht Jaque, der davor zurück schreckt. Sondern Flora. Sie will nicht, dass er und sein Vater sich zerstreiten!“, erklärte Rene und hatte deutlich vor Augen, wie sie mit Tränen in den Augen davongeeilt war. „Wenn das so ist, sollte sie sich es nochmal genau überlegen, was sie wirklich will. Entweder tun was ihr Herz sagt oder weiterhin tun, was die anderen von Ihr verlangen!“

Etwas an seinen Worten ließ Ärger in Rene hochkommen. Wütend ballte er die Hände zu Fäusten. „Wart Ihr schon mal verliebt?“, kam es gepresst aus Rene. Mandariel sah ihn lange schweigend an. War kurz verwirrt über diese Frage, erkannte aber den Grund, der sich hinter dieser Frage verbarg. Ein leichtes, ironisches Lächeln huschte über sein Gesicht. „Nein!“

Noch bevor Rene darauf etwas erwidern konnte, fragte der Wolfsprinz ihn wiederum:

„Und du?“

Nun war es Rene, der nichts sagte. Zu verwirrt und nicht wissend was er darauf antworten sollte, schüttelte er den Kopf. Um Mandariels Mundwinkel zuckte es. „Dann hör auf von Dingen zu sprechen, von denen du nichts verstehst!“

„Das tut Ihr doch auch nicht!“, ging es ihm wütend durch den Kopf. Was nahm sich dieser…dieser Mistkerl heraus?

Wusste selbst nicht, was es bedeutet zu lieben und belehrte ihn stattdessen. In Rene brodelte und kochte es.

Zuvor glaubte er noch etwas menschliches in ihm gesehen zu haben und nun…!?

Nein. Egal was der Wolfsprinz auch versuchte um ihm davon zu überzeugen, dass ein menschliches Herz in ihm schlug…

Er würde sich davon nicht einwickeln lassen. „War es das? Oder gibt es noch etwas was du mir an den Kopf werfen willst?“, fragte Mandariel kalt, der die ablehnende Haltung Renes deutlich spürte. Mal abgesehen von einem Ziegelstein, dachte Rene. Verbiss es sich aber. „Nein. Das war das einzige!“, sagte Rene stattdessen schroff, drehte sich um und wollte aus der massiven Tür gehen. „Warte!“

Nur widerwillig blieb Rene stehen. Mit einem Blick, der deutlich sagte, dass er nicht noch länger hierbleiben wollte, schaute er über die Schulter. „Was?“, wollte er schon fragen, da wandte sich Mandariel den Kopf zur anderen Tür. „Nima!“

Sogleich war die Wölfin wieder da und schaute fragend zu ihrem Herren. „Geleite unseren Gast nachdraußen und zur Lichtung!“, wies er sie an.
 

Noch immer stocksauer auf den Wolfsprinz, stapfte Rene durch den Schnee neben der Wölfin her. „Von wegen, dass ich nichts von Liebe verstünde. So ein Unsinn!“, murrte er vor sich hin.

„Warum kannst du nicht aufhören, ihn als Monster zu sehen?“, fragte die Wölfin irgendwann. Sie klang dabei traurig. Und auch dabei ein wenig entrüstet. Rene sah sie kurz grimmig an. „Warum kann er nicht aufhören, so zu tun als würde ihn das nicht kümmern?“, konterte Rene scharf. De Augen der Wölfin wurden plötzlich zu schmalen Schlitzen. Rene lief es dabei kalt den Rücken hinunter. Und ermahnte sich dabei, dass er einer Dienerin des Wolfsprinzen gegenüber stand, die für ihren Herren einstehen würde.

Sogleich versuchte er noch das Ruder herum zu reißen, doch da bleckte die Wölfin die Zähne.

„Anstatt weiterhin Groll ihm gegenüber zu empfinden, solltest du froh sein, dass er sich für deine Familie eingesetzt hat. Nicht jeder kann das von sich behaupten!“, hörte er sie in seinen Gedanken. Rene schluckte. Senkte den Kopf.

„Es tut mir leid. Ich wollte…!“

„Spar dir das. Entschuldige dich nicht bei mir. Sondern bei ihm!“, fuhr sie ihm durchs Wort. Ging dann weiter. Rene folgte ihr.
 

„Sowas undankbares. Ich verstehe nicht wieso Ihr Euch das bieten lasst?“, fragte Ardou, nachdem Nima und Rene das Schloss verlassen hatten und seinem Herren aufgesucht hatte. Die Undankbarkeit und Ignoranz dieses Jungen brachten sein Blut zum köcheln. Der Wunsch ihm die Kehle zu zerfetzen, war wieder deutlich greifbar. Dennoch hielt er diesen zurück.

Sein Herr hatte ihm deutlich gemacht, dass er-und nur er-dem Leben des Jungen ein Ende setzte.

Jedoch blieb da immer noch dieser Zorn, den er kaum verbergen konnte.

„Ihr hättet mir erlauben sollen, ihn dafür zu bestrafen, dass er Euch verletzt hat!“, sprach er nach einer Weile als Mandariel nichts dazu sagte. Erst da schien Mandariel ihn bemerkt zu haben. Er sah seinen Getreuen mit einem schiefen Lächeln an. „Höre ich da etwa Neid in deiner Stimme?“

„Unsinn. Es geht mir nur darum, dass Ihr noch nie zuvor sowas getan habt!“

„Manche Dinge ändern sich eben!“, meinte Mandariel nur und ließ seine Gedanken wieder zu Rene wandern.

Obwohl er ihm mit seinen Worten vor den Kopf gestoßen hatte und Grund hatte auf ihn wütend zu sein, begann er sich zu fragen, ob er es nicht doch falsch angegangen hatte.

Dabei fragte er sich zugleich, wieso es ihn so beschäftigte. Ardou hatte Recht. Noch nie war es vorgekommen, dass er sowas getan hatte. Was war nur mit ihm los?



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  furaushi
2016-08-02T16:11:11+00:00 02.08.2016 18:11
Oh ist da jemand dabei langsam von Gefühlen aufgetaut zu werden?
Wieder ein sehr schön geschriebenes Kapitel. Auch wenn es inhaltlich "nicht so schön" ist. - Ich kann Zebran20121 nur zustimmen. Ich mag die Dorfleute auch nicht. Aber es liegt leider wirklich in der Natur des Menschen größtenteils so zu reagieren... Aber ich bin zuversichtlich das die Leute es noch bereuhen werden *lach* und auch die Hochzeit stattfindet. Irgendwie und Irgendwann. Ich hoffe auch das Renes Vorurteile gegenüber Mandariel langsam schwinden und sein Blick auch für einpaar Details frei werden.

Im übrigen finde ich es sehr schön das du den Charas Kapitel für Kapitel auch Zeit gibst sich zu entwickeln und aneinander anzunähern. Oft geht dies viel zu schnell.

Bin wie immer sehr gespannt wie es weiter geht!
Von:  Zebran20121
2016-08-02T15:27:18+00:00 02.08.2016 17:27
Hallo

Schönes Kapitel. Der Titel hat mich bereits etwas stutzig gemacht zurecht wie ich sehe. Zum einen Kann ich Rene Verstehen! Durch Mandariels eingreifen lassen die Dorfbewohner sie jetzt in Ruhe aber zugleich hat er etwas unüberlegt gehandelt und die Konsequenzen nicht bedacht wie Z.B. das Verhalten von Vincent seinem Sohn und Flora gegenüber (was ich im übrigen ziemlich bekloppt finde) andererseits wollte Mandariel nur helfen (ein Fortschritt wie ich finde) er hat es nur etwas falsch angepackt er hat es aber nicht verdient wie ich finde dafür vor den Kopf gestoßen zu werden. Jeder macht mal Fehler auch der Wolfsprinz. Ich finde Rene sollte sich entschuldigen. Hab ich eigentlich schon erwähnt dass ich diese Idiotischen Dorfbewohner nicht leiden kann? wenn nicht sag ich es gern immer und immer wieder. Wie kann mann nur so blöd und grausam sein? wollen sie einfach den Wölfen zum fraß vorwerfen (wortwörtlich) und am liebsten ihnen noch weiter das Leben schwer machen. Bei sowas krieg ich das kotzen da haben die Wölfe im Palast mehr Gefühle (der kleine Wolf wächst aber verdammt schnell. Ich kann mir vorstellen dass die beiden eigentlich recht flott dicke Freunde werden könnten). Ich bin gespannt wie das nächste Kapitel wird. Schöne Woche noch.

LG Zebran
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
02.08.2016 19:05
Der kleine ist eben kein normaler Wolf. Und selbst wen...Hunfe wachsen eben schnell..
Jaja, die Drfbewohner ich glaube dazu muss man nichts mehr sagen...


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