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Ego sum qui intus habitat...

von

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06:00 Uhr

Ein Flimmern vor den geschlossenen Augen, ein heftiges Summen im Schädel.

Schmerz, brennender Schmerz in all seinen Körperteilen.

Jedoch fiel das Atmen leichter als zuvor.

Er wagte es nicht, die Augen zu öffnen, um zu sehen, wo er war – doch es musste Sicherheit sein. Seine Ohren nahmen dumpfe, jedoch nicht identifizierbare Geräusche wahr.

Genauso wie er es nicht wagte, die Augen zu öffnen, so wagte er es auch unter keinen Umständen, auch nur einen Millimeter seines Körpers zu bewegen, der sich anfühlte, als er gerade durch eine Kettensäge gelaufen. Mit dem Kopf voran.

Der dumpfe Klang seiner Ohren ließ nur allmählich nach; er konnte ferne Stimmen erkennen. Stimmen, die ihm dennoch nichts sagten.

Wo war er?
 

„.... ich weiß nicht, er ist schwer verletzt. Seine Beine und sein Becken sind zertrümmert, seine Rippen gebrochen, eine Rippe hatte sich in die Lunge gebohrt... der Brustkorb zerquetscht, zwei Halswirbel gebrochen. Der rechte Arm ist gebrochen und das Handgelenk zertrümmert. Eine Gehirnerschütterung zweiten Grades liegt vor, ebenso ein leichter Schädelbruch... Severus.. wie zum Teufel hat er das überlebt?“
 

Es war die Stimme einer ältlich wirkenden Frau, soviel konnte er entziffern. Wow, sein Körper war - wenn er es so sagen durfte – ganz schön in Mitleidenschaft gezogen.

Die Stimme eines Mannes ertönte, eine eher ölige, die sich bebend im Raum erhob:
 

„Ich weiß es nicht, aber ich habe viele Vermutungen – erst mit der Zeit wird sich das herausstellen. Augenzeugen behaupten, der Aufprall sei kaum überlebenswert gewesen...“

„Ja, es wird lange dauern, bis er wieder auf den Beinen ist...und Severus...“

„Ja?“

„Ich vermute, dass er einen Teil seines Gedächtnis verloren hat. Ob es nur eine vorübergehende Amnesie ist oder eine dauerhafte, dass kann ich jetzt noch nicht sagen.“

„Woher wissen Sie das, Madame Pomfrey?“

„Nun ja, die Verletzungen sind wirklich übel. Bei so einem Unfall gefolgt von Traumata, die er mit Sicherheit haben wird, ist das häufig so. Er hat sich bis jetzt auch noch nicht geäußert. Etwas geflüstert hat er nur.“

„Geflüstert?“, murrte die ölige Stimme, doch es lag Interesse darin.

„Ja, ja. Es war keine Sprache, die ich kannte. Sehr seltsam. Eventuell ist das Gehirn durch den Schock geschädigt und betätigt nun Regionen, die normalerweise für Fremdsprachen zuständig sind.“

„Mag sein.....“
 

Kurze Stille herrschte, während er spürte, wie die Personen näher zu ihm kamen; standen sie vor seinem... wo auch immer er lag?
 

„Rufen Sie mich sofort, wenn er wach wird.“

„Aber der Krieg...“, murmelte die Frau, die er als Madame Pomfrey identifizierte – laut dem Gespräch.

„Der Krieg ist vorbei. Der Dunkle Lord ist tot. Die Stille müsste Ihnen aufgefallen sein.“

„Schon, aber ich war zu beschäftigt, wissen Sie- so viele Tote, Verletzte...“
 

Ein bitteres Seufzen erklang, und er hörte, wie sich etwas raschelnd von seinem Ort fortbewegte. Ein leises Summen ertönte, direkt in der Nähe seines Ohres.

Plötzlich spürte er einen nassen, etwas kühlen Druck auf seiner Stirn, bevor der Raum mit weglaufenden Schritten vollkommen still war.
 

Erst, als seine Ohren keine Geräusche mehr registrierten, öffnete er zum allerersten Mal seit langer Zeit die Augen.

Der Raum, in dem er lag, war ähnlich eines kleinen Saals; altes Gemäuer umrandete es, es gab große Fenster (jedoch schien die Sonne noch nicht), und viele Betten standen dort. Einige der Betten waren belegt; Kranke lagen darin, Verletzte, und unter einem weißen Tuch bedeckt schien ein kürzlich Verstorbener zu liegen.

Doch was für ein Ort war dies?

Die restlichen Menschen, die sich in diesem Raum befanden, schienen alle noch tief und fest zu schlafen.

Er wagte noch nicht, sich aufzusetzen; die Schmerzen waren noch zu groß und so wie er gehört hatte, war er eh nicht in der Lage dazu.

Wo war er? Wer war er?

Der Name Draco Malfoy schien ihm zu gehören, und doch konnte er nichts damit anfangen. Er hatte nichts in seinem Kopf, außer Schatten und düstere Bilder, die er jedoch nicht zuordnen konnte. Was auch immer passiert war, es musste schrecklich gewesen sein.

Und was war das für ein Krieg, von dem alle sprachen? Der Dunkle Lord?

Hatte er eine Familie? Waren die Leute, die ihn ausgegraben hatten (und zu denen er immer noch kein Gesicht hatte) seine Freunde?

Die Fragen bohrten sich in seinen Kopf, ließen ihn wieder rasch die Augen schließen. Alles in seinem Körper pochte und war nicht bereit, sich jetzt schon der Gegenwart zu stellen. Noch nicht...

Einatmen, ausatmen.
 

Die innere, bleierne Müdigkeit überrannte ihn...
 

„Er hat ja nochmal Glück gehabt, nicht?“

„Ja... wie seltsam dass doch ist, dass du ihn besuchen wolltest... Man, dir ist wohl etwas auf den Ko...“

„Ron, er ist wie viele andere ein unschuldiges Opfer gewesen! Vielleicht hat er diese Dinge alle nie gewollt....“

„Wer's glaubt. Hermine, wir reden hier von Malfoy!“

„Ron, vielleicht hat sie Recht....“
 

Drei flüsternde Stimmen drangen an sein Ohr, als er halb verschlafen und in einem leichten Nebel die Augen vorsichtig öffnete. Die drei Stimmen, die von drei noch finsteren Gestalten zu kommen schienen, verstummten sofort und blickten mit gemischten Gefühlen auf ihn, Draco, der sich gerade an das Licht gewöhnen musste.

Alles war so hell. Die Sonne musste aufgegangen sein in den Stunden, in denen er wie im Koma geschlafen hatte....

„Hallo, Malfoy.“

Draco blinzelte gegen die Helligkeit an und hörte die etwas raue Stimme, die gerade einen seltsamen Namen genannt hatte. Aus dem Kontext wusste er, dass es sein Name sein musste. Sein Nachname.

Nur widerwillig nahmen seine Augen nun endlich alles wahr; die drei mehr oder weniger besorgten Gesichter, die an seinem Bett standen und ihn ansahen, das helle, lichtdurchflutete Krankenzimmer, in dem es um einiges lauter war als vorher.

„Wo bin ich....?“, krächzte seine Stimme; sie war so heiser und angeschlagen, dass er sich nicht gewundert hätte, wenn sie nach diesen drei Wörtern komplett versagt hätte.

„Du bist in Hogwarts, im Krankenflügel. Der Krieg ist vorbei. Du bist verschüttet worden, als dich eine.... ich weiß nicht... als dich etwas angegriffen hatte. Hatte zumindest den Anschein... eine ganze Gesteinswand ist auf dich niedergeprallt....“, sagte die leise und leicht zittrige Stimme einer jungen Frau, die ebenfalls an seinem Bett stand. Sie hatte braunes, langes, etwas wirres Haar und sah wie vom Krieg gezeichnet aus, ebenso wie der schwarzhaarige junge Mann und der Rothaarige daneben.

Draco verzog das Gesicht, als er sich aufsetzen wollte; als er merkte, dass es zu viel mit Schmerzen verbunden war, blieb er einfach liegen.

„Hogwarts?“, war seine nächste, krächzende Frage, die in allen drei Gesichtern leichten Schock hervorrief.

„Ja, unsere Schule....“

„Schule?“

„Malfoy, du bist Zauberer an der Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei. Und du hattest einen schweren Unfall. Deine Eltern waren heute Morgen auch schon hier, aber Madame Pomfrey meinte, da hättest du so tief geschlafen...“

„.. meine Eltern? Ja, ich...“

Die Räder drehten sich unwillkürlich in seinem Kopf: Eltern, Schule, Hogwarts, Zauberei. Natürlich. Der Dunkle Lord... Es war vorbei!

Ein Kribbeln lief durch seine gesamten Glieder und ließ ihn leicht keuchen: Ja, ansatzweise wusste er da irgendetwas. Und doch blieb das meiste im Schatten. Er wusste, wer er war; doch was alles exakt geschehen war, davon erkannte er nur etwas wie in einer Erzählung. Dunkler Lord, Krieg, Tod, Frieden. All das sagte ihm so viel- und doch gar nichts.

Er runzelte die Stirn leicht und sah die immer noch um sein Bett stehenden drei Menschen an, die ihm anscheinend das Leben gerettet hatten.

„Ihr habt mich gerettet...“, fing er an.

Das Mädchen schluchzte. Der schwarzhaarige Junge rollte mit den Augen und klopfte ihr auf die Schulter.

„Eigentlich“, begann dieser, während er mit einem Kopfnicken auf die anderen beiden deutete; „eigentlich waren es nur die zwei. Ich habe Lord Voldemort währenddessen getötet.“

Draco schluckte und versuchte, die heiße Flut an Flüssigkeit, die in seinen Augen schwamm, wegzudrängen.

„Danke“, brachte er nur hervor, während die beiden Jungs mit den Schultern zuckten und lächelten; das Mädchen hingegen schluchzte.

„W...Wir haben so... so viele verloren, da sollten selbst die, die eigentlich... sowas wie... F.. Feinde waren nicht auch noch...“

„Wir waren Feinde?“

Die drei sahen sich mit einem äußerst verwirrten Blick an, den Draco richtig interpretierte: Anscheinend war er eigentlich jemand anders, bevor dieser riesige Haufen Gestein auf ihn geprallt war.

Jemand ganz anderes. Ein schrecklicher Mensch, vielleicht.

Wer wusste das schon.

Er griff mit seinem rechten Arm auf seinen Nachttisch, um einen Schluck aus dem Glas Wasser zu nehmen; der Arm war dick eingebunden. Doch er konnte ihn bewegen... Wie zum...?

Das Mädchen mit den braunen Haaren schien seinen geschockten Blick richtig gedeutet zu haben, denn sie lächelte sanft.

„Madame Pomfrey kann Brüche innerhalb von Minuten wieder heilen. Dein Becken und deine Beine und dein Brustkorb werden dauern, aber der Rest geht schon wieder.“

„Zauberei...“, murmelte Draco und betrachtete seinen Arm kurz.

Die drei wandten sich zum Gehen.

„Also Malfoy...“

„Nennt mich doch Draco. Anscheinend hat mich jemand so gerufen, ich erinnere mich dunkel daran, als ich verschüttet war...“

Die drei lächelten.

„Also dann...“, sagten sie.
 

Am Abend war Draco schon wieder mehr auf dem Laufenden mit seinem Gedächtnis; seine Eltern waren dagewesen, die hatte er erkannt, und auch nach und nach und durch Erzählungen unterstützt bekam er immer wieder Bilder in den Kopf, die wie zu einer Geschichte passten.

Doch passend zu diesen Geschichten fühlte er sich nicht.

Und wenn er ehrlich war: Er kannte die Person von früher gar nicht. Es war wie ein Albtraum, in dem einem alle Leute etwas erzählen, und man weiß ganz genau, dass man selbst damit gemeint war... jedoch fand man einfach keinen Zugang dazu.

Ein einziger Albtraum, dachte er, als er seinen letzten Heiltrank des Tages nahm und sich dann zur Ruhe legte.

Was für ein Tag.

Was für ein Tag.......
 


 

03:00 Uhr
 

Mit einem Schlag saß er kerzengerade und aufrecht im Bett, als hätten alle Verletzungen nie existiert. Totenstill war es im Krankenraum, nur das leise Atmen der anderen war zu hören.
 

Ego sum qui intus habitat....
 

Die Stimmen. In seinem Kopf. Sie waren doch nur Einbildung während seiner Verschüttung gewesen.. oder nicht?

Draco's Kopf drehte sich hektisch in Richtung Uhr. Es war genau 03:00 Uhr mitten in der tiefsten Nacht.

Nur der Mond erhellte die Szenerie leicht. Draco spürte eine hitzige Welle durch seinen Körper schlagen, die sich fast wie Feuer anfühlte. Er schwitzte. Er konnte seinen eigenen Herzschlag in seinem Ohr hämmern hören, als sei dieser auf der Jagd nach ihm. Es roch, als würde es irgendwo brennen.

Als er den Kopf leicht drehte knackte sein Nacken so laut, dass ein kleiner Junge im Bett neben ihm ein Auge aufmachte, um zu sehen, was dort los war.

Draußen blitzte es; das grelle Licht tauchte das Zimmer für zwei Sekunden in einen wahrhaften Albtraum.

Draco spürte plötzlich, wie sich sein Rücken verkrampfte. Er bog sich durch, alle Muskeln spannten sich bis zum Äußersten an, und er blieb in dieser bizarren Position wie von Geisterhand liegen; seine Arme wanden sich und verkrampften sich ebenfalls in eine absurde Position, während sein Atem rasend ging und er spürte, wie sich seine Augen in die Höhle verdrehten und wieder zurück.

Atmen fiel schwer.
 

Alles brannte, alles tat weh, alles brannte....
 

Schmerz, Schmerz, Schmerz.

Er schnaubte und zischte, während sein Körper sich immer mehr zu einer grotesken Figur und Starre verzerrte; als die heftigen Krämpfe aufhörten, lag er um 180 Grad gedreht, den Rücken verbogen, die Arme grotesk abstehend... und seine Augen, die in der Dunkelheit pechschwarz waren, sich ausgeweitet hatten und beinahe die gesamte Pupille einnahmen, starrten genau den kleinen Jungen an, der bitter anfing zu zittern.

Ein Knacken ertönte und ein Knirschen; Draco's Zähne knirschten gegeneinander, während der starre, bohrende Blick den kleinen Jungen durchlöcherte.

Dieser flüsterte nur ein: „Drac....“

Als sich mit einem Mal Draco's Mund öffnete, und er in einer vollkommen düsteren Stimmlage die Worte: „Ego sum qui intus habitat“, zischte, gefolgt von einer weiteren Verkrampfung, die sein Genick widerlich knacken ließ, da durchbrach ein gellender Schrei die Dunkelheit der Nacht, gefolgt von einem ungeheuerlichen Gebrüll,welches man in Hogwarts noch nie zuvor gehört hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  MiezMiez
2015-07-28T20:59:59+00:00 28.07.2015 22:59
Hallo!
Jetzt musste ich mir erstmal deinen Satz "Ego sum qui intus habitat" von google übersetzen lassen. Das ja mal echt gruselig und habe einen kleinen Verdacht, was damit gemeint sein könne.
Bin sehr gespannt ob Draco wieder, im wahrsten Sinne des Wortes, auf die Beine kommt.
Mach weiter so!
Liebe Grüße MiezMiez


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