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Den Ärger wert

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Wow, doch fünf Leser auf einen Schlag - Ich bin beeindruckt! ID
Nein, Spaß, ich freu mich über jeden, der Gefallen an der Geschichte findet, weil sie mir echt am Herzen liegt. :3
Also, weiter geht's - Wie gesagt mit Sasukes ersten Erscheinen, wuhu (( xD Komplett anzeigen

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Rabe

Mit einigem Enthusiasmus summte ich ´S.I.N.G` von My Chemical Romance mit, bis ich beim Refrain zu einem schiefen Solo ansetzte, welches rüde von einer Stimme hinter mir unterbrochen wurde.

"Naruto!", rief mein Großvater, vermutlich nicht zum ersten Mal.

Mein Gesicht war heiß, als ich die großen, orangen Kopfhörer von den Ohren riss und mich nach ihm umdrehte; Ich war mir durchaus bewusst, dass ich nicht singen konnte, weshalb ich das meistens auch nur tat, wenn ich alleine war. "Was gibt es?", fragte ich verlegen grinsend.

"Du hast doch Lautsprecher, warum benutzt du die nicht? Mit den Kopfhörern hörst du uns nie.", seufzte Jiraiya und kam auf mich zu.

"Tsunade mag meine Musik nicht und du hast doch gesagt, ich soll Rücksicht auf sie nehmen.", erklärte ich schulterzuckend, während ich den I-Pod ausmachte. Er war genauso orange wie die Kopfhörer und schon ziemlich abgenutzt, da er mir nicht selten runterfiel. Ein Mal hatte ich ihn sogar schon verloren, aber die Finderin war ehrlich gewesen - Und meine letzte feste Freundin.

"Das ist gut. Letztens durfte ich mir den ganzen Tag anhören, was für einen Krach du doch Musik nennen würdest. Ich glaube, langsam wird sie doch alt." Während er das sagte, warf mein Großvater einen prüfenden Blick auf die offene Tür, aber seine Frau hörte ihn wohl nicht, denn es kam kein Tornado heraufgestürmt.

Ich verzog das Gesicht. "Nicht jeder kann sich den ganzen Tag so ein Klassik-Zeug anhören wie ihr."

Jiraiya lachte milde und wuschelte mir durchs Haar. "In deinem Alter vermutlich nicht.", bestätigte er. "Übrigens gibt es Essen."

"Ich komme gleich."

Mit einem zufriedenen Summen warf er einen Blick auf meinen Computerbildschirm, auf dem ein noch fast leeres Dokument offen stand. "Woran arbeitest du gerade?"

Ich gab ein widerwilliges Brummen von mir. "Woran versuche ich gerade, zu arbeiten, müsstest du Fragen. Ich komm nämlich nicht voran.", schmollte ich unzufrieden und zeigte ihm das Gedicht, das ich übersetzen sollte.

"The Raven von Edgar Allen Poe.", las er vor und lächelte. "Ein schönes, aber trauriges Gedicht. Wenn du Hilfe brauchst, sag einfach Bescheid."

"Neeeein, das muss ich alleine machen." Erschöpft kämmte ich mit den Fingern durch meine unordentliche Mähne, dann lächelte ich zu meinem Großvater auf. "Das ist eine Fleißaufgabe, keine Pflicht. Aber trotzdem wurmt es mich, dass ich es nicht hinbekomme. Ich meine, ich verstehe die Worte, obwohl es ziemlich altes Vokabular ist, aber ich bekomme es nicht in Reimform."

"Tja, für solche Kreativaufgaben warst du noch nie der Typ. Aber du schaffst das schon... Überarbeite dich nicht, ja?"

Ich schüttelte den Kopf. "Nee, ich doch nicht... Ich komm gleich, Opa. Mach die Tür zu!", setzte ich nach, als er mit einem Lächeln ging, aber natürlich tat er das nicht. Seufzend verdrehte ich die Augen; Was war so schwer daran, diese verdammte Tür zu schließen? Aber das würden die beiden wohl nie mehr lernen und zumindest ging es nicht nur mir so. Meine Freunde sagten auch alle, dass ihre Eltern das nicht fertig brachten. War wohl eine Volkskrankheit unter Erziehungsberechtigten.

"And his Eyes have all the Seeming of a Demon´s that is dreaming...", las ich eine der letzten Zeilen des ewig langen Gedichts vor. Mir gefiel, was der alte Knacker damals geschrieben hatte, obwohl ich mich fragte, wie er darauf gekommen war. Ob er geträumt hatte?

"Und seine Augen sehen aus wie die eines schlafenden Dämons.", tippte ich in das Übersetzungsdokument. Natürlich passte der Satz weder von der Wortmelodie noch vom Klang her zu dem vorigen oder dem nachfolgenden Satz, der "Und das Lampenlicht, das über ihn fließt, wirft seinen Schatten auf den Boden." lautete.

Resigniert rieb ich mir über die Augen, die Ellbogen auf den Tisch gestützt. Vielleicht ging ich das ganze einfach falsch an. Bisher hatte ich es mit jeder Strophe neu versucht, ihrem übersetzten Sinn einen Reim zu entlocken, aber das funktionierte nicht, sodass ich schließlich die ganze Übersetzung gelöscht hatte. Aber wenn ich es erst übersetzte und dann überlegte, welche englischen Wörter sich reimten, könnte ich mit einigem Aufwand Erfolg haben. Etwas anderes, als es zu probieren, würde mir wohl nicht übrig bleiben.

Aber das würde ich nach dem Essen machen, denn durch die offen gelassene Tür strömte der köstliche Duft von Lasagne zu mir herauf, dem ich wie von einer Schnur gezogen folgte, sobald ich das Dokument gespeichert und geschlossen hatte. In der Küche waren meine Großeltern gerade dabei, den Tisch zu decken und ich half ihnen.

"Wasch dir die Hände.", verlangte Tsunade, sobald alles auf dem Tisch stand. Streng beobachtete sie, ob ich es auch ordentlich machte, erst dann ließ sie mich setzten, gerade so, als wäre ich erst acht. Amüsiert zwinkerte ich ihr zu und bedankte mich, als sie mir etwas von dem Gericht auftat.

"Du arbeitest viel.", bemerkte sie. Vermutlich machte sie sich Sorgen.

"Du auch.", lachte ich und fing an zu Essen. Die alte Frau war nicht nur eine begnadete Ärztin, sondern auch eine umwerfende Köchin, sodass ich wohlig aufstöhnte, als ich einen Bissen im Mund hatte. "Aaah, das ist sau lecker, Baa-chan."

"Nenn mich nicht so.", maulte sie, sah jedoch wegen des Kompliments davon ab, mit ihrer Gabel nach mir zu werfen. "Und ob du viel arbeitest oder ich das tue, sind zwei Paar Stiefel, mein Lieber. In den letzten Monaten hast du nämlich wieder kaum etwas getan und jetzt auf ein Mal bist du Feuer und Flamme."

Mit vollem Mund schmollte ich. "Tu nich so überrascht, dass ich auch mal fleißig sein kann!"

"Sprich nicht mit vollem Mund.", tadelte sie mich.

"Tschuldigung."

"Beruhige dich, Liebes.", kehrte Jiraiya zum eigentlichen Thema zurück. "Naruto arbeitet eben hart für sein Studium. Ich bin sehr stolz auf ihn."

Seine Frau seufzte, stützte die Wange in die Hand und musterte mich. "Das bin ich auch.", gestand sie schließlich langsam, was mich etwas erröten ließ. Sonst war sie nie so ehrlich. "Ich mache mir nur Sorgen. Man sieht dich kaum noch und du bist stiller als sonst."

"Ist viel Arbeit mit der Prüfung - Müsstest du ja wissen, deine Studenten dürften noch mehr zu ackern haben als ich.", grinste ich unbeschwert, den Mund voller Lasagne. Tsunade beschwerte sich darüber, ich gelobte Besserung, tat es wieder, sie regte sich auf und Jiraiya ignorierte uns, den Blick auf seine Zeitung gerichtet. Alles beim Alten, sozusagen.

"Übrigens..." Mein Großvater war völlig unbeeindruckt davon, dass er den Blick hob und sah, wie Tsunade versuchte, mich mit einer Gabel zu erstechen, was ich mit dem Salzstreuer zu verhindern wusste. "Am Wochenende fahren wir ins Seehaus."

"Waaas? Davon habt ihr ja noch gar nichts erzählt!" Ich war so empört, dass ich gar nicht mitbekam, wie meine Großmutter mich angriff, sodass ich einen unsanften Schlag auf den Kopf kassierte. "Aua!"

"Geschieht dir recht. Und beschwer dich nicht; Du bist ja nie hier, wann hätten wir es dir erzählen sollen?"

"Mann, was kann ich dafür? Ihr hättet mir eine SMS schreiben können oder so!"

Dafür kassierte ich eine weitere Kopfnuss. "Wir werden dir sicher keine SMS schreiben, solange du in unserem Haus wohnst. Das ist sowieso eine ganz schreckliche Erfindung. Die Kommunikation wird immer minderwertiger in der heutigen Gesellschaft."

Nachäffend verzog ich das Gesicht, was sie glücklicher Weise nicht mitbekam. Diesen Vortrag hielt sie jedes Mal, wenn es um E-Mails, SMS, Tweets oder ähnliches ging, aber das gehörte nun mal alles zur Kommunikation von heute. Ich versuchte gar nicht mehr, ihr das beizubringen, dafür war der Zug lange abgefahren. Mein Großvater und ich waren schon froh, dass sie ein Handy hatte, damit wir sie Notfalls erreichen konnten wenn etwas nicht stimmte, aber oft nahm sie das gar nicht mit oder ging nicht hin. Jiraiya war da das genaue Gegenteil; Er liebte allen technischen Krimskrams und hatte meistens auch das Neuste vom Neuen. Das wiederum kam mir zugute, denn ich bekam die Sachen, die er nicht mehr brauchte, und mir machte es nichts aus, das Vorgängermodel eines Mobiltelefons oder Computers zu haben.

"Wann fahrt ihr denn?", erkundigte ich mich, während ich die Teller einsammelte und in die Spülmaschine stellte. Ich drückte meiner Großmutter einen Kuss auf die Wange und grinste sie an. "Hat super geschmeckt."

Sie schnaubte, offensichtlich erfreut über das neuerliche Kompliment. "Einschmeicheln hilft jetzt auch nichts, mein Lieber."

"Wir fahren am Freitagmorgen.", erklärte ihr Mann, indem er erneut unsere Streitereien ignorierte. "Sonntag kommen wir irgendwann abends wieder. Möchtest du mit?"

"Tut mir leid, aber ich kann nicht. Ich hab ultra viel zu tun."

Mürrisch kratzte ich mich an der Wange. Das war echt blöd, weil ich das Ferienhaus meiner Großeltern wirklich mochte. Es lag in der Nähe eines kleinen Ortes, in dem ich ein paar Freunde hatte, die ich schon lang nichtmehr gesehen hatte, außerdem konnte man in der Gegend gut wandern und schwimmen gehen. Genau diese vielseitigen Ablenkungsmöglichkeiten waren allerdings auch der Grund, warum ich nicht mitkommen konnte. Wenn ich dort wäre, würde ich nämlich ganz bestimmt nicht mehr lernen, ich kannte mich selbst.

Dazu, dass es schade war, nicht in die Gegend fahren zu können, kam noch erschwerend, dass ich alleine sein würde, was ich nicht besonders mochte. Ich war ein Mensch, der gerne in Gesellschaft war, obwohl man das in den letzten Tagen nicht so sehr gemerkt hatte, weil ich die meiste Zeit in meinem Zimmer verbracht hatte. Der Gedanke, ganz alleine in dem großen Haus zu sein, stieß mir sauer auf. Andererseits hatten meine Großeltern sich ihren Urlaub verdient, sollten sie ruhig fahren.

Ich lächelte mein Unwohlsein weg. "Viel Spaß euch beiden!"
 

Das war am Montag gewesen, also hatte ich genug Zeit gehabt, mich mit dem Gedanken anzufreunden. Trotzdem hatte es mir nicht gefallen, mich von meinen Großeltern zu verabschieden, nachdem ich ihnen heute Morgen ihre Sachen in den Wagen geräumt hatte. Vielleicht lag es auch daran, was mit meinen Eltern passiert war, aber ich hatte jedes Mal ein ganz mulmiges Gefühl, wenn ich Leute für längere Zeit nicht sehen konnte.

Zeit, darüber nachzugrübeln, hatte ich allerdings nicht gehabt. Nach den Lesungen musste ich noch arbeiten, worauf ich zwar eigentlich keine Lust hatte, aber leider blieb mir nichts anderes übrig. B ließ mich nämlich nicht daheim bleiben, also musste ich zum Dienst an der Kaffeebohne antreten. Auf dem einen Ohr hatte ich den Kopfhörer, mit dem anderen hörte ich den Kunden halbwegs zu und mit den Händen kleckerte ich Kaffee, Kakao und Sahne auf meine Lernunterlagen, was mich regelmäßig zum Fluchen brachte. An der Kaffeemaschine klebte inzwischen schon dieses verfluchte Gedicht, an dem ich nach wie vor arbeitete, weil Iruka meine Übersetzung nicht gefallen hatte. Während ich darauf wartete, dass das ach so tolle Gerät spuckend die Bestellungen ausgab, kritzelte ich also Reimversuche auf ein leeres Blatt daneben. Mein Chef hatte versucht, mir als ´Profi` einen Rat zu geben, der jetzt ebenfalls darauf notiert war:
 

"Ich denk so über dies und das

Während ich in meinem Zimmer saß

Und einen Marsriegel aß

Als es an der Türe klopft bei Nacht

´Wer wohl so einen Scheißlärm macht?`

Frag ich mich und steh auf

Als ich an die Leonore denk und Fast lauf."
 

Natürlich konnte ich mit dem Quatsch nichts anfangen aber immerhin konnte ich jedes Mal, wenn ich die Zeilen sah, darüber lachen. Zumindest das war positiv; Mit einem Lachen war alles viel besser. Auf jeden Fall würde ich Iruka diese Interpretation zeigen, denn der fände sie bestimmt auch lustig. Nach gewissen Startschwierigkeiten hatte ich nämlich festgestellt, dass er gar kein so übler Kerl war und kam inzwischen auch gut mit ihm zurecht. Er war zwar streng und aufbrausend, aber auch hilfsbereit und großzügig.

"... And I´m barely listening to last Demands...", sang ich leise das Lied mit, das gerade zu spielen begonnen hatte, während ich einer Dame ihren Kaffee hinstellte.

"Dass Sie nicht zuhören merke ich. Ich habe einen Chai Latte bestellt.", motzte die Frau. Statt ihr griff ein junger, offensichtlich amüsierter Mann nach der Tasse.

"Das war für mich. Wie viel kriegst du?"

Ich grinste ihn an, nannte den Preis und brachte der übel gelaunten Kundin ihre richtige Bestellung. Vielleicht sollte ich mich doch ´nur` auf zwei Sachen auf einmal konzentrieren, aber jedes Mal, wenn ich mir sagte ´Nur das eine Lied noch, das ist so geil!` fing das nächste an und das war noch besser. Ich war eindeutig ein Musikjunkie und ja, ich war auch der Meinung, den besten Musikgeschmack der Welt zu haben. Das Mädchen, das mich da gerade zum Mitsingen verleitet hatte, nannte sich Birdy und war für ihre neunzehn Jahre einfach atemberaubend, obwohl Kyubi mich ausgelacht hatte, als ich ihm ihre Lieder vorgespielt hatte, weil es eher Balladen waren. War mir aber egal, ich wusste, dass sie gut war, das genügte.

An der Kaffeemaschine kam mir eine Erleuchtung, was das Gedicht betraf, und damit mir keiner den Lichtschalter umlegte, machte ich den Zettel los, um ihn auf den Tresen zu legen und schnell darauf zu kritzeln, was mir eingefallen war.

"Drei Neunzig.", sagte ich mit einem breiten Lächeln für die schlechtgelaunte Frau mit dem Chai Latte, dann wandte ich mich ab, klemmte die Zunge zwischen die Lippen und schrieb emsig weiter. Ein Räuspern war über mir zu hören. "Moment.", bat ich, noch immer im Schreiben begriffen. Ich schnippte die Bleistiftkrümel beiseite, dann hob ich grinsend den Blick und sah in die umwerfendsten, schwarzblauen Augen die ich jemals gesehen hatte.

Sie waren nicht geschminkt, aber die Wimpern waren lang, dicht und dunkel und rahmten diese Iriden ein, die eine Farbe hatten, die ich zuvor noch nie gesehen hatte. Die blassen Augenlieder senkten sich, verbargen den Blick, mit dem mich die Besitzerin bedachte, für eine Sekunde. Dann offenbarten sich die Augen wieder, die mich an die Gedichtzeile erinnerten, die ich am Montag bearbeitet hatte:

"And his Eyes have all the Seeming of a Demon´s that is dreaming."

Damit waren eindeutig ihre Augen gemeint, die sich jetzt in eine Schräglage brachten, sodass ein paar dunkle Haarsträhnen davor fielen. Schlanke Finger strichen das dunkle Haar beiseite. Langsam vergrößerte sich mein Gesichtsfeld um diese Augen herum wieder, sodass ich ein hübsches, schmales Gesicht erkennen konnte, das mich skeptisch musterte.

Ich wurde rot, als ich merkte, dass ich das Mädchen anstarrte und kam hastig auf die Beine; Bis dahin hatte ich halb auf dem Tresen gelegen, sodass ich erst jetzt zu voller Größe aufgerichtet war. Weil ich mich dabei so beeilt hatte, knallte mein Kopf gegen die tiefhängende Lampe und ich rieb mir fluchend die schmerzende Stelle.

Das alles beobachtete das Mädchen mit leicht hochgezogener Augenbraue und weiterhin schiefgelegtem Kopf. "Soll ich... Später noch mal wiederkommen oder bist du fertig mit der Clownseinlage?", erkundigte sie sich, was mich zu einem viel zu lauten Hyänenlachen veranlasste, bei dem ich am liebsten noch mal die Stirn gegen diese Lampe gerammt hätte. Ich war so ein Idiot.

"Äh, nein, ich bin fertig, schätze ich. Hehe..." Ich leckte mir über die Lippen und konnte nicht verhindern, sie genauer anzusehen, allerdings war der Rest von ihr nicht so ansprechend wie ihre Augen, das Gesicht und die Haare; Sie trug ein weites, schwarzes Shirt und schlabbrige Jeans über Cowboy-Stiefeln und unter ihren Männerklamotten zeichneten sich kaum Kurven ab. Mein Blick wanderte zu ihrer Brust. Sie WAR doch ein Mädchen, oder...?

Jetzt war sie es, die rot wurde, und ihre Augenbrauen schoben sich zu einem wütenden Dreieck zusammen. "Geht´s noch, du Idiot?"

Ok, sie war eindeutig eine Frau.

"Äh, sorry." Ich kam mir immer mehr vor wie ein Depp, während mein Herz in der Brust hämmerte wie eine Dampfmaschine, als würde es nie wieder damit aufhören wollen und all das nur, weil sie ihren Blick nicht von mir nahm. "Mh, was... Was willst du?"

Seufzend pustete sie sich eine lange, schwarze Haarsträhne aus den noch immer säuerlich dreinblickenden Augen. "Einen schwarzen Kaffee, ein Frischkäsebagel und ein normaler Verkäufer wären nicht schlecht."

Nervös lachend kratzte ich mich am Kopf. "Hehe... Normalerweise bin ich nicht so, aber... Hm, das hörst du bestimmt oft, aber deine Augen haben mich grad echt aus der Bahn geworfen."

Sie lachte nicht, ganz im Gegenteil wurde ihr Gesichtsausdruck mit einem Mal eisig, dass es mich tatsächlich fröstelte. "Gib mir einfach meinen Kaffee, dann vergessen wir dieses peinliche Intermezzo."

Nicht zum ersten Mal in den fünf Minuten, die unsere Bekanntschaft jetzt andauerte und die mir schon wesentlich länger vorkamen, wurde ich rot, während ich schnell nach dem Bagel griff, um ihr zumindest den schon mal hinzuschieben. "Das sollte jetzt keine billige Anmache oder so was sein...", erklärte ich, noch immer etwas aus dem Konzept. Ich stützte den Arm auf die Kaffeemaschine und sah sie an, doch der einfache Blickkontakt reichte, um mein Herz aufgeregte Purzelbäume schlagen zu lassen. Wow, das war... Peinlich?

Fand sie offensichtlich auch; Sie zog eine schmale Braue in die Höhe, was so perfekt Skepsis ausdrückte, dass ich ernstlich beeindruckt war. "Ah, nein? Kam aber so rüber."

"Neeeeein.", stritt ich mit lässigem Grinsen ab und schenkte ihr ganz automatisch Milch in den Kaffee. "Das wär ja so was wie ein Verhältnis am Arbeitsplatz und das ist nicht mein Stil."

Sie hielt den Blickkontakt einen Moment, dann sah sie auf ihr Getränk und ob ihr es glaubt oder nicht, aber ihre Braue wanderte tatsächlich noch weiter nach oben. Ich sah auch nach unten und wurde noch röter, als ich bemerkte, dass ich ganz automatisch ein Herz in das Getränk gekippt hatte, was nicht gerade von meiner Ehrlichkeit zeugte.

Sie gab etwas wie ein Glucksen von sich - Es klang ganz bezaubernd - Während sie die Tasse mit zarten, blassen Fingern zu sich drehte, um das Herz richtig herum betrachten zu können. "Niedlich... Aber ich wollte ihn schwarz."

Das Lächeln, welches sich wegen ihres Kicherns auf meine Züge geschlichen hatte, schwand langsam wieder. "Oh... Stimmt! Scheiße.", fluchte ich und wollte ihr die Tasse abnehmen, aber sie ließ die Finger darum geschlungen und sah mich mit diesen umwerfend dunkelblauen Augen an.

"Ich hab jetzt keine Zeit, dir noch länger zuzusehen, wie du den Hampelmann machst, weil du mich ja nicht zu einer ´Arbeitsaffäre` machen möchtest, also nehme ich ihn so.", erklärte sie sachlich, aber amüsiert. Sie zog den Träger ihrer ordentlichen, schwarzen Ledertasche, deren seriöse Optik so gar nicht zu ihrer sonst recht schmuddeligen Kleidung passen wollte, höher auf die Schulter, kramte Geld heraus und sammelte ihre Bestellung ein, bevor sie mir noch einen Blick zuwarf. "Übrigens klingt
 

´In die Finsternis starrend war ich lang gebannt,

wartend auf die Geisterhand

Die mich rief zu dieser Stunde, geweckt aus meinen Träumen

Raus aus meinen warmen Räumen`
 

Nicht besonders gut. Mir gefällt die Übersetzung von Luise von Ploennies am besten." Sie räusperte sich, ihre Finger glitten über das Blatt, von welchem sie meine Version abgelesen hatte, dann zitierte sie sicher und melodiös die entsprechenden Zeilen:
 

"In das Dunkel blickt’ ich schweigend, stand, mich angstvoll vorwärts neigend,

Zweifelnd, fürchtend, das zu schauen, was vielleicht mein Wahn geboren.

Doch die Nacht blieb undurchbrochen, nur mein Herze fühlt’ ich pochen,

Als ich leis’ das Wort gesprochen: Kam der Gruß wohl von Lenoren?"
 

Völlig perplex starrte ich das Mädchen an, welches unter meinem Blick verlegen wurde und sich räusperte. Sie senkte den Kopf, sodass ich ihr Gesicht hinter den Haaren nicht mehr sehen konnte, aber ich war ziemlich sicher, dass sie rot geworden war.

"Hm... Ciao...", murmelte sie und machte sich mitsamt ihrem Essen davon. Als sie das Lokal verließ, wollte ich ihr schon nachrufen, dass sie mit dem Geschirr hier bleiben musste, aber da war sie bereits weg.

Ein Lachen holte mich aus meinen verwirrten Gedanken zurück. "Das war wohl ein Korb, Alter!", schmunzelte ein junger Mann mitfühlend und ich grinste, den Blick noch immer auf die Tür gerichtet, durch die dieses seltsame Mädchen verschwunden war

"Ja...", lächelte ich abwesend. "Das war es wohl."
 

Den Nachmittag verbrachte ich damit, jeden Kunden mit Fragen zu meiner holprig gereimten Übersetzung zu belästigen, was die meisten sehr irritierte. Ein paar wenige schmunzelten über meine Versuche, ein paar gaben mir sogar Tipps, die meisten jedoch zuckten nur die Schultern und beharrten darauf, dass sie nur hier wären, um Kaffee zu bekommen, nicht, um Literatur zu studieren. Ich versuchte, mich auf andere Übungen zu konzentrieren, während ich bediente, aber die Augen des Mädchens gingen mir einfach nicht aus dem Kopf, genauso wie ihr widersprüchliches Auftreten und Verhalten. Einerseits schien sie geschmeichelt gewesen zu sein von meinen offensichtlichen Avancen, was ich nicht verstand, immerhin war sie verdammt hübsch und müsste das doch gewohnt sein. Zum anderen jedoch hatte sie mich mit Sarkasmus und Kälte auf Abstand gehalten, obwohl sich das vielleicht noch mit meinem peinlichen Verhalten erklären ließe. Jedes Mal, wenn ich daran dachte, schoss mir das Blut in die Wangen und ich wäre am liebsten im Boden versunken. Ich hatte mich benommen wie ein Dreizehnjähriger, der zum ersten Mal mit dem Mädchen redete, das er mochte! Und dieses alberne Herzklopfen...

So etwas war ich nicht gewohnt. Ich war selbstbewusst, wenn es ums Flirten ging, ging offen auf eine Frau zu, wenn ich Interesse an ihr hatte und versuchte, sie für mich zu gewinnen. Ein ´Nein` akzeptierte ich nicht, zumindest ein Date musste drin sein. Ich meine, wie soll man wissen, dass es nicht passt, wenn man es nicht mal probiert?

Aber nicht bei dem Raben-Mädchen, wie ich sie inzwischen schon nannte, weil ich so benebelt gewesen war, dass ich sie nicht mal nach ihrem Namen gefragt hatte. Sie hatte kaum etwas gesagt, aber trotzdem spielte ich die wenigen Worte immer und immer wieder in meinem Kopf ab, genauso, wie ihr Gesicht immer wieder durch meine Gedanken flimmerte. Sie war wirklich hübsch und das völlig ohne Make-Up oder aufwändige Frisur. Ihre Haare waren sogar recht kurz, nur schulterlang, und am Hinterkopf standen sie widerspenstig ab, aber sie hatten seidig ausgesehen. Wunderschön.

Ich war den Tag nervös und unruhig, ohne zu wissen wieso, bis mir auffiel, dass mein Blick ständig die Tür nach ihr absuchte. Ich wartete darauf, dass sie das Geschirr zurückbringen würde. Dass sie es einfach behalten könnte, stand überhaupt nicht zur Debatte, so eine war sie nicht. Aber sie kam und kam nicht wieder, sodass ich schon enttäuscht war, als ich am Abend die Tische putzte und alles aufräumte, was länger dauerte als sonst, da ich alleine war.

Schließlich dachte ich schon gar nicht mehr daran, als ich Schritte hörte. "Tut mir Leid, wir haben schon geschlossen... Oh.", unterbrach ich mich selbst lächelnd.

Es war sie, und sie hatte das Geschirr dabei.

Offenbar verlegen biss sie sich auf die Unterlippe, dann ging sie Teller und Tasse auf der Verkaufstheke abstellen. Mein Gesicht hellte sich auf; Also war sie nur nicht gekommen, weil es ihr peinlich gewesen war, das Gedicht zitiert zu haben. Damit konnte ich eher leben als zu akzeptieren, dass sie eine Diebin wäre. Sie wollte sich schon vom Acker machen, als ich nach ihrem Arm griff.

"Warte!"

Unter der Berührung wurde sie eine Sekunde steif wie ein Brett, dann riss sie sich heftig von mir los, stolperte ein paar Schritte weg und funkelte mich aus Gewitterwolken-Augen an.

"Fass mich nicht an.", zischte sie, einer erschrockenen Katze gleich.

Abwehrend und verdutzt hob ich die Hände. "Tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nahe treten."

Ihre Augen blitzten noch kurz, dann schloss sie sie einen Moment und senkte langsam die Schultern. "Was willst du?"

Ich lächelte, weil sie nicht einfach ging und fuhr fort, das Café aufzuräumen, wobei ich sie jedoch aus dem Augenwinkel beobachtete. "Ich wollte dir nur sagen, dass es wirklich schön war, was du vorhin zitiert hast. Ich kann so was nicht wirklich - Wie man an der miesen Übersetzung gemerkt hatte." Ich lachte über mich selbst, doch sogar sie hob die Mundwinkel zu einem schmalen Lächeln, obwohl es ihr offensichtlich peinlich war, auf ihr Zitat angesprochen zu werden. Weil sie nicht antwortete, sprach ich weiter: "Ich muss das für einen Zusatzkurs übersetzen, komm aber nicht wirklich voran. Die Übersetzung stimmt, aber sonst..." Ich zuckte die Schultern.

"Nicht jeder ist als Dichter geeignet."

"Hehe... Nein, oder? Ich studiere auch auf Lehramt, nicht Philosophie oder Literatur."

"Aha." Ihr Blick huschte zur Tür. Sie wollte gehen.

Unbehaglich biss ich mir auf die Lippe, weil ich nicht wollte, dass sie einfach so verschwand. "Sagst du mir, wie du heißt?"

Jetzt richteten ihre Augen sich wieder auf mich und mein Herz reagierte mit demselben nervösen Pochen wie schon vorhin darauf.

"Wieso?", wollte sie wissen.

Etwas verwirrt legte ich den Kopf schief. "Äh, weil... Weil ich es wissen will?"

Sie zupfte am Träger ihrer Tasche, den Blick auf den Boden gerichtet, und kämmte mit den Fingern durch ihre ordentlichen Ponyfransen, als sie wieder zu mir aufblickte. "Sasuke. Sasuke Uchiha."

"Sasuke?", fragte ich laut nach, weil ich mir nicht sicher war, sie richtig verstanden zu haben. Ihre Stimme war ziemlich leise gewesen. Als sie nickte, runzelte ich die Stirn. "Ist das nicht ein Jungenname?"

Sasuke wurde rot, vermutlich vor Zorn, ihrem Gesichtsausdruck nach zu Urteilen. "Du bist wirklich ein Idiot.", kommentierte sie erbost und wollte gehen.

"Nein, warte. Tut mir leid, ich war nur überrascht.", erklärte ich hastig und lief ihr nach, da ich mit Aufräumen fertig war.

Ich sperrte die Tür ab und war erstaunt, dass sie in einiger Entfernung stehen geblieben war und mir zusah. Unter ihrem Blick wurde ich unruhig, weshalb es etwas dauerte, bis das Schloss einrastete, was sie mit einem entnervten Schnauben kommentierte. Als es endlich geschafft war, hob ich den Blick und grinste sie an.

"So, jetzt aber." Der Schlüssel wurde in die Hosentasche gestopft, dann streckte ich ihr die Hand entgegen. "Hallo. Ich heiße Naruto Uzumaki."

Nur zögernd nahm Sasuke die angebotene Hand und zog ihre dann rasch zurück. Gemeinsam gingen wir den Flur entlang. Sie hatte die Hände in die Hosentaschen geschoben und blickte stur geradeaus, während ich die Arme hinter dem Kopf verschränkt hatte und sie beobachtete. Sie wurde immer hübscher, je länger ich sie ansah, zumindest kam es mir so vor, sogar dann noch, als sie mir einen mahnenden Blick zuwarf, weil ich sie so anstarrte.

"Woher kennst du das Gedicht, Sasuke?", fragte ich nach einer Weile des Schweigens. "Habt ihr das schon mal durchgenommen?"

Sie schüttelte den Kopf. "Es ist ein sehr bekanntes Gedicht. Das sollte jedem ein Begriff sein."

Ich schob stirnrunzelnd die Lippen vor. "Also ich hab das nicht gekannt bevor Iruka es uns als Hausaufgabe aufgegeben hat."

"Das hätte mich auch gewundert.", seufzte sie mit einem leisen Schmunzeln in der Stimme.

"Hee, was soll das jetzt heißen?", fragte ich entrüstet wegen ihrem belustigten Tonfall.

"Du wirkst nicht besonders gebildet... Oder zumindest nicht, als würde Literatur dich interessieren.", setzte sie nach kurzem Zögern noch hinzu. Inzwischen hatten wir das Gebäude verlassen, in welchem sich das Café befand. Es war schon recht spät, fast acht, also waren nicht mehr viele Leute unterwegs, aber ganz alleine waren wir nicht auf dem Campus, was Sasuke leicht nervös zu machen schien. Sie sah sich um als würde sie etwas suchen und hatte die Schultern unbehaglich angezogen.

"Na ja, das ist halt nicht so mein Ding. In Reimen denken, meine ich. Aber mein Chef ist da ganz groß - Hast du gesehen, wie er das ganze Übersetzt hat?" Ich musste lachen und auch sie gab wieder dieses leise Glucksen von sich.

"Ja, habe ich. Poe würde sich im Grabe umdrehen."

"Hey, wir haben unser Bestes gegeben, ja?", schmollte ich. "Mach´s doch besser, wenn du so schlau bist."

Kurz schwieg sie, dann sagte sie eine einwandfreie Übersetzung auf, bei der mir die Kinnlade runterklappte. Mit einem arroganten Schnauben kämmte sie die Finger durch die kurzen Haare. Lange würden ihr bestimmt auch stehen, schoss es mir durch den Kopf. "Mach den Mund zu, es zieht."

Ich kam ihrer Aufforderung nach und ersetzte das ungläubige Gaffen durch ein beeindrucktes Grinsen. "Das ist echt cool. So was hast du wirklich drauf!", lobte ich sie. "Studierst du was in die Richtung?"

"Nein."

Einen Moment wartete ich darauf, dass sie mir sagte, was sie studierte, doch dann wurde mir klar, dass nichts kommen würde, also fragte ich nach. "Was für einen Kurs machst du dann?"

"Chemie."

"Eeeh?! Das hat ja gar nichts damit zu tun!"

Erneut das arrogante Schnauben und ein Blick, der mich verspottete. "Nein."

"Woher kannst du es dann so gut?"

Sie zuckte die Schultern. "Zusatzkurse."

Jetzt verzog ich das Gesicht. "Sagst du auch mal mehr als ein Wort?"

Sie hob die Mundwinkel zu einem schmalen Lächeln. "Nein.", antwortete sie und ging etwas schneller, sodass ich laufen musste um ihr nachzukommen.

Ich lief rückwärts neben ihr her, um sie ansehen zu können, und grinste sie offen an. "Tja, dann muss ich wohl mehr reden. Sonst schweigen wir uns nur an."

"Du könntest mich auch in Ruhe lassen, damit ich nach Hause komme.", schlug sie vor, was mich zum Lachen brachte.

"Ach so, wir gehen hier ohne Ziel spazieren? Das ist ja schon fast ein Date."

Mein Lächeln ließ sie verlegen werden und sie wandte den Blick ab. "Red keinen Mist. Ich will einem Fremden wie dir nur nicht zeigen, wo ich wohne."

"Oh..." Ich runzelte die Stirn, nickte dann aber. "Ja, das ist klug."

Seufzend rollte sie die Augen und blieb stehen, was ich erst bemerkte, als ich ein paar Schritte von ihr entfernt war. Eine Laterne strahle sie von hinten an, sodass ich unter ihrem langen Pony ihr Gesicht nicht sehen konnte. "Was willst du von mir?"

"Gar nichts.", antwortete ich, erstaunt von der Frage. Bisher schien sie nicht genervt von meiner Gegenwart, immerhin hatte sie nicht gesagt, ich solle verschwinden und vorhin hatte sie sogar auf mich gewartet. Wieso also jetzt diese Frage? "Ich unterhalte mich nur gerne mit dir."

Sasuke schnaubte. "Ja, klar.", antwortete sie und klang wütend, was ich nicht verstand. Als sie gehen wollte, griff ich instinktiv nach ihrem Arm, weil ich vergessen hatte, dass sie das nicht mochte. Sie entriss ihn mir und funkelte mich an. "Ich hab dir doch gesagt, du sollst mich nicht anfassen! Was bist du, ein Grabscher? Ich mache seit zehn Jahren Kickboxen, also probier gar nicht erst irgendwelchen Mist."

"Was...?" Ich war total verdattert. "Ich wollte nur..."

"Lass mich jetzt."

"Ist alles ok?", mischte sich jetzt der männliche Teil eines jungen Pärchens ein, das gerade vorbeigelaufen war. Seine Freundin sah besorgt zwischen mir und ihm hin und her, weil er sich halb zwischen Sasuke und mich gestellt hatte. Er war Sasuke zugewandt, machte aber durch seine Haltung deutlich, dass er mich im Auge hatte, also machte ich einen halben Schritt rückwärts, damit er nicht auf die Idee kam, ich würde ihn angreifen.

Das Mädchen schwieg ein bisschen zu lange, den Blick auf mich gerichtet, bevor sie nickte. "Ja, es ist alles in Ordnung.", entschied sie sich dann und drehte um, um in der Nacht zu verschwinden.

"Hey...!", rief ich ihr nach, aber der fremde Junge fasste mich an der Schulter.

"Alter, lass sie in Ruhe, wenn sie nicht will. Wenn ihr Stress habt oder so redet lieber morgen darüber.", riet er mir.

"Ich kenn sie nicht mal!", platzte ich heraus und bemerkte erst im Nachhinein, dass das wohl nicht die beste Antwort gewesen war. "I-Ich meine, ich hab sie heute kennengelernt und..."

"Schon gut. Aber jetzt lass es echt. Du willst keinen Stress, oder?" Der Mann schien freundlich zu sein, er lächelte sogar ein bisschen, obwohl er immer noch skeptisch war. Seine Freundin sah Sasuke besorgt nach, die jedoch bereits von der Nacht verschluckt worden war.

Ich schüttelte den Kopf, ehrlich verwirrt von meiner neuen Bekannten. "Nein... Will ich nicht."

Ein müdes Lächeln legte sich über meine Lippen, als ich mich verabschiedete und betont in die andere Richtung ging, obwohl mein Motorrad in der Sektion der Uni lag, in die Sasuke gelaufen war. Ich wollte ihr die Möglichkeit geben, nach Hause zu kommen, ohne mir über den Weg zu laufen, obwohl ich ihre plötzliche Reaktion nicht nachvollziehen konnte. Was genau hatte ich falsch gemacht? Wir hatten uns doch ganz normal unterhalten, vielleicht sogar ein bisschen geflirtet, und dann...? Hatte sie nur so aufgebraust, weil ich ihren Arm berührt hatte? Oder hatte ich etwas falsches gesagt? Mir wollte beim besten Willen nicht einfallen, was das gewesen sein könnte. Aber sie war auch ein seltsames Mädchen, da konnte sie sich über seltsame Sachen aufregen... Ob sie dem Pärchen wirklich gesagt hätte, ich hätte sie belästigt, nur, um mich loszuwerden? Ich war mir ziemlich sicher, dass der Typ sie gegen mich verteidigt hätte und das machte ihn mir sympathisch, aber verdient hatte ich es nicht. Ich würde niemals einem Mädchen etwas antun, vor allem nicht einem, das mich so aus dem Konzept brachte wie dieses.

"Sasuke...", sagte ich leise und hob den Blick in den Nachthimmel, der auf einmal die Farbe ihrer Augen hatte.

Verdammt.
 

Zu Hause begrüßte mich wie nicht anders zu erwarten gewesen war Stille. Ich kickte meine Schuhe in eine Ecke, legte den Helm auf eine Ablage und machte sämtliche Lichter sowie den Fernseher an, ohne wirklich etwas ansehen zu wollen. Mein Blick wanderte zum Telefon, aber ich konnte jetzt nicht meine Großeltern anrufen. Jiraiya hatte mir schon eine SMS geschrieben in der er sagte, sie wären gut angekommen und sonst hatte ich keinen Grund, ihre Ruhe zu stören. Außerdem hatte ich eigentlich anderes zu tun.

Ich klatschte mir die Hände auf die Wangen, rief "Ok!", um mich selbst zu motivieren und packte meine Lernunterlagen aus, aber als ich auf der Couch lümmelte und versuchte, die Aufgaben zu bearbeiten, merkte ich selbst, dass meine Aufmerksamkeit immer wieder abrutschte. Und zwar zu gewissen schwarzen Augen. Zu einem gewissen hübschen Gesicht. Zu einem gewissen seltsamen Mädchen, das mir einfach nicht aus dem Kopf gehen wollte. Ich wusste nicht, was mit mir los war, immerhin kannte ich sie doch gar nicht. Aber sie interessierte mich. Ich verstand sie nicht, deshalb interessierte sie mich.

Ich war so sehr in meinen Gedanken gefangen, dass ich fast von der Couch gefallen wäre, als mein Handy plötzlich klingelte. Es war Sakura, die fragte, ob ich nicht ausgehen wollte. Normalerweise hätte ich sofort ja gesagt, aber erstens musste ich lernen - Wenn ich mich denn dazu hätte durchringen können - Und zum anderen wären ihre Freunde aus dem Studium dabei, die ich nicht besonders mochte. Sie waren arrogant und behandelten mich meistens von oben herab. Das wäre noch kein Grund, nicht mitzukommen, denn ich konnte sie ja auch ignorieren, aber irgendwie war ich auch nicht in der Stimmung. Zuerst hatte ich mich zwar beschwert, alleine zu sein, aber jetzt war ich nicht motiviert, mich in Gesellschaft zu begeben. Die Einsamkeit machte mich mürbe, ich vertrug sie nicht. Also sagte ich meiner Freundin ab und versuchte es noch mal mit lernen. Nach Sakura riefen mich noch ein, zwei Freunde an, die ich ebenso abwies. Auch als Kyubi sich bei mir meldete hatte ich eigentlich keine Lust, auf sein Angebot, bei ihm zu zocken und eine Pizza zu bestellen, einzugehen, aber er ließ das nicht gelten.

"Dein Kopf ist es nicht gewöhnt, so viel aufzunehmen. Wenn du so weiter machst, explodiert er noch.", sagte er und ich musste lachen.

"Kann schon sein, aber ich hab wirklich noch viel zu tun."

"Ich wisch die Sauerei nicht auf.", kam trocken als Antwort.

"Dann belebt Tsunade mich wieder, nur um mich noch mal umzubringen, weil ich Dreck in ihrem Haus gemacht hab.", lachte ich.

"Ah, stimmt, die beiden sind nicht da.", erinnerte mein bester Freund sich und klang dabei, als wüsste er jetzt, was los war. Natürlich tat er das auch, immerhin wusste er, wie ich darauf reagierte, wenn ich alleine war. "Komm her und mach einen Abend Pause. Es wird dich nicht umbringen."

Ich seufzte tief, als mir klar wurde, dass er nicht locker lassen würde. Und, dass er Recht hatte; Ob ich hier rumsaß und über ein Mädchen nachgrübelte, das ich fünf Minuten lang kannte, oder zu ihm ging, würde keinen Unterschied in meinem Lernpensum ausmachen. Also sagte ich zu, legte auf und machte mich auf den Weg. Eine halbe Stunde später stand ich mit der gewünschten Pizza vor seiner Haustür. Ein paar von Kyubis Mitbewohnern waren auch da.

"Oh, ich hab jetzt nur Essen für zwei mitgebracht.", sagte ich stirnrunzelnd. An die anderen hatte ich gar nicht gedacht.

Shukaku Ichibi, ein mittelgroßer Typ mit flachsblondem Haar, in welchem er einige lilane Strähnen hatte, gab aus der Küche, in der er grade tätig war, ein grummelndes Geräusch von sich. "Ist auch besser so, ich stell mich hier doch nicht für nichts hin."

"Also ich hätte lieber Pizza gehabt. Bei dir muss man immer aufpassen, ob du einen nicht gerade vergiften willst.", kommentierte ein anderer junger Mann namens Saiken Rokubi von der Couch aus. Er grinste und kämmte sich das lange, schwarze Haar aus den Augen. "Übrigens, hallo, Naruto."

Ich lächelte, kam aber nicht zu einer Antwort, denn da flog, nur Zentimeter von meinem Gesicht entfernt, ein Kugelschreiber durch die Luft und traf Saiken am Kopf. "Halt die Fresse, sonst misch ich echt noch was in dein Essen.", knurrte Shukaku wütend.

"Das wirst du nicht.", sagte eine ruhige Stimme, deren Besitzer ich bisher noch nicht gesehen hatte.

Ich grinste breit und stürmte in die Küche. "Gaara! Warum sagst du mir nicht hallo, du Arsch?"

Trotz der Beleidigung zog ich ihn in eine Umarmung, was er leicht angespannt über sich ergehen ließ. Als ich mich löste, lächelte ich ihn glücklich an, denn ich hatte ihn schon länger nicht mehr gesehen. Er wohnte in der nächsten Stadt und war zwar oft hier, da er mit Shukaku zusammen war, aber ich sah ihn nicht oft, weil ich am Wochenende eher selten in der WG abhing. Ich mochte ihn echt gerne, obwohl er ein ruhiger, etwas komplizierter Zeitgenosse war. Er zeigte es zwar nicht, aber wahrscheinlich mochte er mich auch. Sollte er auch, denn ohne mich wäre er nie mit seinem Freund zusammen gekommen. Die beiden waren ein seltsames Paar; Der aufbrausende, fast cholerische Shukaku und der ruhige, etwas labile Gaara, aber sie ergänzten sich und das war es doch, was zählte.

"Konnte ich nicht.", antwortete der Rothaarige, ohne meine Hände von seinen Schultern zu entfernen, obwohl er sonst Berührungen nicht so mochte. Genau wie... Ich schob den Gedanken weg. Dafür war jetzt kein Platz. "Die anderen haben sich gestritten, bevor ich etwas sagen konnte."

"Ja, ja, immer sind die anderen schuld." Ich lachte, klopfte ihm noch mal auf die Arme und unterhielt mich etwas mit ihm, während Kyubi versuchte, Saiken und Chomei von der Couch zu bekommen, damit wir dort zocken konnten, aber sie sahen sich einen Film an und wollten nicht gehen.

"Sieht aus, als müssten wir in mein Zimmer.", seufzte mein bester Freund, als er in die Küche kam. Er nahm sich ein Stück Pizza, von der ich schon die Hälfte alleine gegessen hatte, und lehnte sich an den Tresen. Seine Augen suchten in meinem Gesicht nach Anzeichen für die schlechte Laune von vorhin, fanden aber nichts und so schoben sich seine Mundwinkel zufrieden nach oben. Mir ging es tatsächlich besser; Gesellschaft war für mich immer noch die beste Medizin. "Habt ihr Lust, mit zu zocken?", fragte Kyubi an Gaara und Shukaku gewandt, welche die Köpfe schüttelten.

"Wir sind nachher noch im Kino.", erklärte Shukaku, der gerade die Pfanne vom Herd nahm und das Essen verteilte. Er warf Saiken einen Blick zu, als würde er wirklich gerne Abführmittel in seine Portion mischen, ließ es dann aber doch bleiben, als sein Freund ihn mit hochgezogenen Brauen ansah.

"Was schaut ihr an?", erkundigte ich mich, das letzte Stück Pizza im Mund.

"James Bond."

"Ah, der ist geil!", rief ich begeistert. "Wie der Zug in diesen Schacht rast..."

"Danke, Naruto, das wollten wir gar nicht wissen.", seufzte Shukaku wütend und ich hob abwehrend die Hände.

"Ich hab gar nichts gesagt!"

"Mhm, noch nicht. Komm, gehen wir, bevor du dich doch noch verplapperst." Kyubi hatte den Pizzakarton entsorgt und erhob sich. Ich folgte ihm aus der offenen Küche, nachdem ich noch mal Gaara an die Schulter geknufft und ihm viel Spaß gewünscht hatte.

"Aber wie der Böse dann das Mädchen erschießt war schon brutal, oder?", sagte ich laut, was mit einem entnervten Stöhnen aus der Küche beantwortet wurde.

"Das haben wir gehört, du Idiot!", maulte Shukaku uns nach und ich grinste schuldbewusst zu Kyubi auf, welcher nur amüsiert die Augen verdrehte.

"Dass er immer so abgehen muss.", maulte ich in seinem Zimmer. Mit Cola und Chips bewaffnet fläzte ich mich auf das Bett meines Freundes während dieser die Playstation anschloss.

"Du kennst ihn doch. Und ich es ist wirklich eine nervige Macke von dir, dass du immer erzählen musst, was in Filmen passiert, die man noch nicht gesehen hat."

"Pff! Du fragst doch immer, was passiert!"

"Ja." Er drehte sich nach mir um und grinste. "Aber du solltest meine Schwäche nicht fördern, indem du mir immer alles sagst. Willst du oder soll ich anfangen?"

Weil ich schon mit Essen beschäftigt war, übernahm er das Zocken und ich lachte ihn jedes Mal aus, wenn sein Charakter starb oder er sich verlief. Playstationspiele waren eines der wenigen Dinge, in denen ich besser war als er und das genoss ich auch in vollen Zügen, indem ich es ihm ständig unter die Nase rieb. Ihn störte das nicht; Auf diesem Gebiet hatte er nicht denselben krankhaften Ehrgeiz wie ich, der mich laut fluchen ließ wenn ich verlor oder vor Freude schreien, wenn ich gewann. Meine Sticheleien nahm er genauso gelassen hin wie meine ziemlich rüde vorgebrachten Tipps der Marke "Die Tür da, du Idiot!" oder "Benutz eine Combo, meine Güte, was kannst du eigentlich?!". Das war schon früher, als wir solche Abende noch regelmäßig veranstaltet hatten, so gewesen und vermutlich hatte er sich bewusst für Videospiele entschieden, um meine Laune zu heben, denn sonst verbrachte er den Freitagabend eher auswärts, im Kino oder in einem seiner diversen Sportclubs oder bei seiner Freundin, wenn er gerade mal eine hatte. Es war ihm gelungen, mir ging es schon viel besser.

"Wie lang sind deine Großeltern eigentlich weg?", fragte er etwas später, als ich am Controller war.

"Sie sind bis Sonntagabend unterwegs. Eigentlich wäre ich gerne mitgefahren, aber ich muss lernen.", schmollte ich und ließ meinen Avatar mit dem Schwert nach einem Gegner schlagen, um meinen Unmut deutlich zu machen.

Kyubi schmunzelte. "Ah ja? So lernst du also?"

"Halt die Klappe." Ich zeigte ihm den Mittelfinger, legte die Hand aber gleich wieder auf den Steuerknüppel, um nicht besiegt zu werden. "Du hast selbst gesagt, ich brauch eine Pause und ich glaub, du hast Recht."

"War ja klar. Du bist schon ein Gesellschaftsfanatiker."

Ich antwortete nicht, obwohl er natürlich goldrichtig lag. Der Großteil meiner schlechten Laune lag tatsächlich daran, dass Jiraija und Tsunade nicht da waren, aber von dem anderen Grund wusste er nichts und ich wusste auch nicht, wie ich es hätte erklären sollen. Sasuke... Ich kannte dieses Mädchen noch nicht mal und trotzdem machte ihr Verhalten mich echt fertig.

Ein tiefes Seufzend entrang sich mir, was Kyubi zum Schmunzeln brachte. "Du meine Güte, welche Laus ist dir über die Leber gelaufen?"

"Warum redest du eigentlich immer wie ein alter Herr?", fragte ich und musste über seine Ausdrucksweise lachen. Als er nur die Schultern zuckte, seufzte ich erneut und erzählte ihm schließlich doch von meiner Begegnung bei der Arbeit.

Als ich fertig war, machte er ein nachdenkliches Gesicht. "Sasuke, sagst du? Und sie studiert Chemie?"

Ich nickte, plötzlich hoffnungsvoll. "Ja. Kennst du sie?"

"Kann sein. Ich hab ein paar Lesungen mit dem Chemiekurs zusammen und da gibt es glaub ich jemanden, der Sasuke heißt. Redet aber nicht viel und ich hatte noch nie was mit ihr zu tun... Ich dachte ehrlich gesagt zuerst auch, das wäre ein Kerl.", gab er zu und sah mich entschuldigend an, als hätte er meine Freundin beleidigt. Aber das war nicht so schlimm, ich war mir im ersten Moment ja auch nicht so sicher gewesen und von weitem konnte man sie sicher für einen Jungen halten.

"Ja, das könnte sein! Sie hat schwarze Haare die so abstehen am Hinterkopf und ist voll blass und trägt Männerkleidung. Und sie ist recht groß.", fügte ich noch hinzu, als ich so darüber nachdachte. Obwohl sie ein gutes Stück kleiner war als ich, müsste sie die meisten Mädchen doch um einiges überragen, was aber bei ihren unendlich langen Beinen kein Wunder war.

"Sabber nicht mein Bett voll.", meckerte Kyubi scherzhaft und bezog sich dabei wohl auf meinen verträumten Gesichtsausdruck. "Willst du ihre Telefonnummer? Irgendwer aus meinem Kurs hat sie bestimmt."

Das klang verführerisch, aber ich schüttelte den Kopf. "Sie hält mich ja jetzt schon für einen Stalker. Wenn ich sie auch noch anriefe, würde es das nicht besser machen.", seufzte ich, ernstlich deprimiert.

"Tja, dann kann ich dir auch nicht helfen... Wobei es mich wundert, dass du dich für sie interessierst. Sonst stehst du doch eher auf sehr... Mädchenhafte Mädchen, wie Sakura. Mit Nagellack und Schminke und Röcken und so."

"Je kürzer desto besser.", grinste ich und er verdrehte belustigt die Augen, doch dann wurde ich nachdenklich. "Na ja... Du hast schon Recht. Keine Ahnung was es mit ihr ist."

"Hey, jetzt beruhige dich mal. Vielleicht kommt sie dich ja mal wieder besuchen."

"Glaub ich nicht. Ich mein, sie ist einfach weggerannt und so."

"Wahrscheinlich hast du sie nur überfordert. Ich kann mir vorstellen, dass sie sonst nicht so viel Aufmerksamkeit bekommt und du bist immer so gerade heraus."

"Eeeh? Wieso sollte sie keine Aufmerksamkeit bekommen? Sie ist voll hübsch und diese Beine! Ich wette, sie wird die ganze Zeit angebaggert, Mann!", rief ich und merkte, dass mir dieser Gedanke nicht gefiel. Die Kleine hatte es mir echt angetan... Oder ich steigerte mich einfach nur da rein, das konnte natürlich auch sein.

"Na, wenn du das sagst." Er sagte es zwar nicht direkt, aber ich merkte deutlich, wie lustig Kyubi meine Lage fand. Eigentlich verstand ich ihn sogar, immerhin benahm ich mich wie ein verknallter Teenager. "Wie auch immer, vielleicht siehst du sie ja wieder."

Ich war mir da zwar nicht so sicher wie er, aber es sollte sich herausstellen, dass er früher Recht bekommen würde als erwartet.
 

Genau genommen nämlich schon am nächsten Tag. Gegen Mittag stand sie einfach im Café und sah stur auf ihre Füße, die ich hinter dem Tresen nicht sehen konnte.

"Hi.", sagte ich, als sie eine Weile geschwiegen hatte.

Sie zuckte zusammen, als hätte sie bisher nicht bemerkt, dass ich da war, nickte steif und blickte zu mir auf. "Hi."

Ich blinzelte verwirrt, weil sonst nichts kam, dann lachte ich. "Ok... Bist du hier, um mir noch eine Chance zu geben, damit ich zeigen kann, dass ich weiß, was ein schwarzer Kaffee ist?", schlug ich vor.

Sie schien erleichtert, dass ich ihr einen Grund gab, denn sie nickte erneut und nestelte an ihrer Ledertasche herum, während ich mit dem Getränk beschäftigt war. "Wegen gestern Abend...", fing sie erstaunlich kleinlaut an. Sie hatte sich so selbstbewusst präsentiert, dass ich ihr diese Unsicherheit nicht zugetraut hätte, aber es war süß und ich war ganz Ohr. "Tut mir leid."

"Was?!", fragte ich, extrem laut, weil sie so genuschelt hatte. "Ich kann dich nicht verstehen!"

"Tut mir leid, ok?", zischte sie und ein Hauch rot legte sich auf ihre blassen Wangen. Dabei starrte sie mich wütend an, doch ich erwiderte ihren erbosten Blick mit einem Grinsen. "Es war... Einfach nicht mein Tag."

"Schon in Ordnung." Ich schob ihr die Tasse mit dem Getränk hin und lächelte. "Das war der Ausgleich für den falschen Kaffee, nehme ich an." Sie nickte, schob mir das Geld zu und sah mich noch kurz unschlüssig an, dann wollte sie gehen, bis ich das Wort noch mal ergriff. "Aber nicht wieder mit dem Geschirr weglaufen, ja?"

Ihre Mundwinkel hoben sich ein paar Millimeter, als sie mich ansah. "Dieses Mal ist kein so schönes Herz darin, also gibt es keinen Grund dazu.", erwiderte sie und setzte sich etwas weiter hinten ins Café.

Sasuke packte ein Mac-Book aus und setzte eine schlanke Brille auf, die ihre Augen noch mehr Glänzen ließ. Sie sah damit fast noch besser aus als sowieso schon, vor allem mit dem konzentrierten Gesichtsausdruck, mit dem sie ihren Laptop musterte.

Erst, als ein Kunde mich ansprach, fiel mir auf, dass ich sie schon eine Weile anstarrte, aber auch danach ertappte ich mich dabei, sie gelegentlich zu beobachten, bis Killer B mich an der Kasse ablöste. Folgsamer, als ich diese Aufgabe sonst anpackte, machte ich mich auf den Weg, die Tische abzuputzen und oh, die Sitzplätze in Sasukes Nähe sahen zufällig wirklich aus, als könnten sie eine Reinigung gebrauchen! Pflichtbewusst ging ich also zu ihnen, schenkte Sasuke ein Grinsen und fing an zu wischen. Sie warf mir einen amüsierten Blick zu, wandte sich dann aber ohne ein Wort wieder ihrer Arbeit zu.

"Du warst echt gut bei dem Gedicht.", merkte ich an. "Deine Übersetzung war schön."

"Ja.", antwortete sie schlicht. Ihre Finger rasten geradezu über die Tastatur und ihre Brille blitzte im Licht des Cafés. Sie warf mir einen Blick aus dem Augenwinkel zu. "Deine nicht."

"Tja, ich könnte halt... Ein wenig Hilfe gebrauchen."

Sie nickte zustimmend - Ich schmollte etwas; Nicht immer wollte ich Recht haben - Zuckte aber gleichzeitig die Schultern. "Mag sein, aber du findest bestimmt niemanden so kurz vor den Prüfungen." Während sie das sagte, blickte sie nicht mal auf. Sie hatte bestimmt begriffen, worauf ich hinaus wollte, ging aber nicht darauf ein. Wie unfair.

"Na jaaaa...", erwiderte ich gedehnt. “Vielleicht könntest du mir etwas unter die Arme greifen? Ich meine, du hast das wirklich drauf und so."

Jetzt konnte Sasuke meine Bitte nicht mehr ignorieren, also blickte sie seufzend zu mir auf. Eigentlich hatte ich gedacht, mich an ihren Blick gewöhnt zu haben, aber ganz im Gegensatz dazu machte mein Herz jetzt einen Schlingerer, der sogar meine Knie zum Zittern brachte. "Erstens: Wir kennen uns nicht. Wieso sollte ich das tun? Und zweitens: Ich hab selbst Prüfungen, auf die ich mich vorbereiten muss und keine Zeit, Babysitter für dich zu spielen."

Ich biss mir auf die Unterlippe. Versuchen musste ich es mal, immerhin hatte sie nicht direkt ´Nein.` gesagt, aber viel Hoffnung hatte ich eigentlich nicht. "Erstens: Wir können uns ja kennenlernen, oder? Das würde mich freuen." Ich lächelte, sie wurde ein wenig rot - Das ging ziemlich schnell bei ihrer hellen Haut - Und senkte den Blick. Das schien schon mal überzeugend, also machte ich weiter: "Und zweitens siehst du mir nicht aus, als müsstest du noch viel für deine Prüfungen tun. Ich wette, du bist schon seit drei Monaten perfekt vorbereitet und tüftelst jetzt nur noch an irgendwelchen Formeln oder so - Keine Ahnung, was ihr in eurem Studium so durchnehmt. Da könntest du doch nebenbei, während du deine perfekte Vorbereitung noch perfekter machst und versuchst, dich nervös zu machen, ein, zwei Blicke auf meine unwürdigen Arbeiten werfen. Das würde... Deinem Karma gut tun.", endete ich und musste selbst über den Versuch lachen, der sicher ziemlich verzweifelt rüber kam.

"Karma?", fragte sie, die Braue skeptisch hochgezogen. "Im Ernst?"

"Keine Ahnung, hätte ja sein können..." Grinsend kratzte ich mich am Kopf, als sie den Kopf schüttelte und sich abwandte. "Ach komm schon, bitte. Ich bin echt am Arsch wenn nicht."

"Warum sollte mich das kümmern? Wie gesagt, wir kennen uns nicht."

"Das ließe sich in dem Zuge ja ändern.", lächelte ich, aber damit hatte ich wohl das falsche gesagt, denn sie blitzte über den Rand ihrer Brille zu mir auf.

"Wer hat gesagt, dass ich dich kennenlernen möchte?"

"Äh..." Verwirrt schwieg ich einen Moment, dann deutete ich auf sie. "Du bist doch hier aufgetaucht. Also dachte ich..."

"Das solltest du lassen.", unterbrach sie mich und klappte ihren Laptop zu. Sie erhob sich mit einem gemeinen Lächeln. "Ist nicht deine Stärke."

"Hey!", schmollte ich und hörte auf zu putzen, um mich ihr zuzuwenden; Wenn ich noch weiter geschrubbt hätte, wäre vermutlich sowieso nichts mehr von dem Tisch übrig geblieben. "Wir können uns nachher in der Bibliothek treffen und du hilfst mir bei der Übersetzung und dann lad ich dich als Dankeschön zum Essen ein. Dann hast du auch was davon, ok?"

Bevor sie antworten konnte, flog ein nasser Lappen an Sasuke vorbei und landete direkt in meinem Gesicht. Ich gab ein angewidertes Geräusch von mir und kämpfte mich aus dem Geschoss frei, um in das Gesicht meines Chefs zu blicken, der nicht sehr glücklich wirkte.

"Glaubst du nicht, der Tisch ist langsam mal sauber genug?", erkundigte er sich.

Ich warf Sasuke einen kurzen Blick zu, aber sie war schwer damit beschäftigt, ihre Unterlagen in ihre Tasche zu räumen und keine große Hilfe. "Äh... Da hat jemand einen besonders hartnäckigen Fleck gemacht..."

B zog die Brauen unter seiner obligatorischen Sonnenbrille etwas in die Höhe und musterte den Tisch, den ich zehn Minuten lang geschrubbt hatte, dann sah er zu Sasuke. "Ich glaub eher, du bist hier der Hartnäckige. Lass das Mädchen in Ruhe, das gehört sich nicht."

"Ich hab gar nichts gemacht, Chef!", protestierte ich laut.

Zu meiner Überraschung sprang Sasuke für mich ein: "Es ist alles in Ordnung, Sir. Schönen Tag." Sie nickte mir zu, dann ging sie, ohne auf meine Bitte einzugehen.

"Drückst dich hier vor der Arbeit, um die Mädchen anzubaggern, also wirklich!", schalt B mich, dann nickte er aber zustimmend. "Hast du wenigstens ihre Telefonnummer?"

Ich seufzte enttäuscht. "Ne, leider nicht. Du hast mir voll die Tour versaut!"

"Und dann bist du noch hier?" Mein Arbeitgeber drohte mir mit dem schmutzigen Lappen, den er mir vorhin ins Gesicht geklatscht und inzwischen wieder an sich genommen hatte. "Lauf ihr schon nach."

"Eh...? Oh...! D-Danke!", stammelte ich. Ich machte zögernd ein, zwei Schritte, bevor ich anfing zu rennen. Natürlich wusste ich nicht, welchen Weg Sasuke genommen hatte, aber ich vermutete, sie musste in dieselbe Richtung wie am letzten Abend, also schlug ich diese auch ein. Wenig später sah ich sie am Ende der Straße, auf deren anderer Seite die Uni lag; Deshalb war das Café auch so beliebt bei den Studenten. Sie drehte sich nach mir um und mein Herz raste schon, als sie mich aus dieser Entfernung ansah, also lächelte ich und winkte ihr zu. Ich holte sie ein und überholte sie sogar, um vor ihr zu laufen, das Gesicht zu ihr und mit einem Grinsen erhellt. "Hi!", begrüßte ich sie gut gelaunt.

Sasuke schien nicht so recht zu wissen, ob sie mein Verhalten lustig oder beunruhigend finden sollte, denn sie strich sich die Haare aus den Augen und sah zur Seite. "Hi."

"Du hast nicht geantwortet.", erklärte ich und blieb stehen, sodass auch sie das tun musste, wenn sie nicht in mich reinlaufen wollte. "Tust du mir den Gefallen? Mit Nachhilfe und so?"

"Mit einem ´Nein` wirst du dich nicht abspeisen lassen, oder?"

Grinsend kratzte ich mich am Kopf. "Natürlich nicht! Es geht um mein Studium! Und ich kann den Kindern doch nicht diesen super Lehrer vorenthalten, oder?" Bekräftigend wackelte ich mit den Augenbrauen und deutete mit den Händen über meinen Körper, was ihr dieses leises Lachen entlockte, das mein Herz fast noch schneller schlagen ließ als ihre Augen. Erst, als sie mich etwas an den Rand des Fußgängerweges zog, wurde mir bewusst, dass wir mitten auf dem Gehweg standen und die Passanten sich mit wütendem Gemurmel an uns vorbei schoben.

"Ja, du hast unserem Bildungssystem gerade noch gefehlt.", antwortete sie und jetzt musste ich über ihren Sarkasmus lachen.

"Wow, du hast Humor, dafür, dass du ungern sprichst."

"Der Unsinn, den du von dir gibst, ist ansteckend.", erklärte sie und sah kurz zu Boden, bevor sie schicksalsergeben seufzte. "Wie lang musst du arbeiten?"

Am liebsten hätte ich sie in den Arm genommen, so glücklich war ich, aber sie mochte das ja nicht, also ließ ich es bleiben, sonst überlegte sie es sich am Ende noch anders. "Bis um vier."

"Also gut. Kennst du das Café am Ende der Kasumigaseki Straße?" Ich kannte nicht mal die Straße, bestätigte es aber. Da würde ich schon hin finden. Sasuke schien skeptisch, aber sie nickte. "Wir treffen uns dort um halb fünf. Ich sitze im ersten Stock irgendwo zwischen den Büchern."

"Bücher?", fragte ich erstaunt.

Sie schnaubte amüsiert. "Ich dachte, du kennst das Lokal?"

"Eh... Hehe...", lachte ich verlegen. Sasuke verdrehte nur die Augen, dann hob sie verabschiedend die Hand, mahnte mich zu Pünktlichkeit und ließ mich stehen.

Als würde ich so eine Frau warten lassen!


Nachwort zu diesem Kapitel:
… Es tut mir leid, ich kann mir ein wenig NaruGaa einfach nicht verkneifen ID° Aber keine Sorge, Gaara bleibt bei Shukaku.
Wie findet ihr die Biju-WG? Bisher haben wir Kyubi, Saiken, Shukaku und Isobu kennengelernt. Ich weiß noch nicht, ob ich Zeit habe, die anderen vorzustellen, obwohl ich schon viele weitere Kapitel habe… Mal sehen :)

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Zeichenfeder
2016-02-04T09:04:57+00:00 04.02.2016 10:04
Also die Unterhaltung am Anfang mit den Großeltern kommt mir auf erschreckende Art bekannt vor. Hast du bei mir zu Hause spioniert? Das war ja fast der selbe Wortlaut! XDDD

Und ist es falsch, dass ich mir dieses "Verdammt" nach dem Naruto in den Nachthimmel blickt, der die selbe Farbe wie ihre Augen hat, wie das verdammt von dem Urzeitbiber aus Ice Age 2 vorgestellt habe? *grins*

Mir gefällt, dass Sasuke so eine... sympatische Bitch ist XD Ich mag sie jetzt schon sehr gerne ;)
Und Naruto bekommt endlich mal was zu tun bei einem Mädel ;) sehr schön. Jetzt bin ich sehr auf die Nachhilfestunden gespannt. Er wird wohl viel einstecken müssen bei ihren Kommentaren XDDD
Antwort von:  RedRidingHoodie
04.02.2016 12:21
Haha, endlich hat sich die Kamera in eurem Wohnzimmer ausgezahlt xDD Schön, dass es überzeugen kann <3

An den Biber kann ich mich nicht mehr erinnern… Aber ne komische Betonung würde sehr zu naruto passen, also wieso nicht? xP

Du findest sie sympathisch?! Ich finde sie wahnsinnig anstrengend xDD Aber ja, Naruto wird mal ein bisschen was zu hören bekommen <3
Von:  solty004
2015-03-12T11:58:32+00:00 12.03.2015 12:58
Hey,
Spät aber doch ein Kommentar.

Es waren echt spitzen Kapiteln!

Bin schon gespannt wie es weiter geht, Neugier halt durch bis zum nächsten Kapitel.
Freu mich schon auf das nächste Kapitel von dir für mein Kopf Kino.

LG Solty

Antwort von:  RedRidingHoodie
13.03.2015 07:02
Vielen Dank für den Kommentar, freut mich sehr dass es gefällt :)
Von: abgemeldet
2015-03-08T13:09:21+00:00 08.03.2015 14:09
Hi ^_^

Wiedermal ein super Kapitel weiter so. ;-)
Antwort von:  RedRidingHoodie
08.03.2015 15:44
Vielen Dank :)
Von:  fahnm
2015-03-08T10:28:05+00:00 08.03.2015 11:28
Eine Bijuu WG?
Coole idee.
Ich bin aufs nächste Kapitel
Antwort von:  RedRidingHoodie
08.03.2015 15:44
Freut mich dass es gefällt und vielen Dank für die Kommentare ^^


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