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Den Ärger wert

von

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Siege

Als ich endlich meine Sprache wiedergefunden hatte, brachte ich nichts Einfallsreicheres als ´Hallo` heraus und ich hätte mir am liebsten ins Gesicht geschlagen. Stundenlang hatte ich überlegt, was ich sagen würde, wenn ich sie sah und jetzt, wo sie vor mir stand, war alles weg, sodass ich sie nur dumm anglotzen konnte. Ein gewisses Amüsement war auf Sasukes Gesicht getreten, als sie die Arme verschränkte und den Kopf schief legte.

Ich war aufgestanden, weil es mir albern vorgekommen war, sie so von unten herauf anzusehen, aber jetzt wusste ich nicht wohin mit meinen Armen und Händen, sodass ich nervös mit ihnen herumdruckste.

"Hallo", erwiderte sie schließlich gnädig.

"Ich... Also..." Mein Gestammel wurde unterbrochen, als der Kellner ein großes Glas brachte. Er sah ein wenig verärgert und fragend zu Sasuke, um zu erfahren, wo sie sich niederzulassen gedachte. "Setzt dich zu mir... Wenn du willst", fügte ich ein wenig verlegen hinzu und zur Überraschung beider männlicher Anwesenden kam Sasuke meinem Angebot nach, indem sie auf dem Sessel gegenüber von dem, auf dem ich zuvor gesessen hatte, Platz nahm.

Sie trug niedrige Springerstiefel und dunkelblaue Bermudas, aber ihre perfekten Beine, die sie jetzt elegant unterschlug, konnte sie damit trotzdem nicht verbergen; weiß und schlank bogen sie sich über dem braunen Leder ihrer Sitzgelegenheit und verdammt, ich hätte gerne jeden Millimeter von ihnen geküsst. Ich wusste nicht, was an ihr es war, das mich so anzog, denn alles an ihrer Erscheinung legte größten Wert auf geringe Weiblichkeit, aber ich fand diese Beine waren zum Auffressen.

Als ich wieder in ihr Gesicht, in diese verwirrend dunkelblauen Augen, blickte, senkte sie für einen Moment die Lieder, ehe sie mich gewohnt offen anblickte.

"Sag mir nicht, du bist hier, um zu lesen", sagte sie, als Akira gegangen war.

"Wa...? Nein... Nein, also..." Ich räusperte mich verlegen, denn dieser Stalker-Überfall war genau das Gegenteil von dem, was ich ihr versprochen hatte, und ich hatte keine richtige Erklärung dafür.

"Also was? Das einzige, was ich jetzt sehe, ist, dass du dich dazu entschlossen hast, deine Ankündigung zurückzunehmen."

"Nein... Sasuke, so ist das nicht. Ich stehe nach wie vor zu meinem Versprechen; wenn du genug von mir hast, dränge ich mich dir nicht auf."

"Und deswegen wartest du hier an einem sonnigen Tag auf mich, ohne zu wissen, ob ich kommen werde? Da gibt es ein aber."

"Dass ´aber` ist, dass du noch hier bist und ich annahm, dass es ok für dich ist, mit mir zu sprechen", erklärte ich offen, aber ein wenig verunsichert von ihrer brüsken Art. Sie schien zwar nicht sauer über meine Anwesenheit, aber auch nicht erfreut und das machte es schwer, mich ihrer Stimmung anzupassen.

Sie wandte den Blick ab und gab vor, die Bücherrücken im Regal neben sich zu studieren. "Und was erwartest du jetzt von mir?"

"Ich erwarte nichts. Im Gegenteil hab ich dir ein Angebot zu machen. Eines, dass du nicht ausschlagen kannst", endete ich in tiefergelegter Stimme, was sie zum Lachen brachte. Sie lachte viel zu selten, deshalb sah sie auch so alt aus, nicht wie neunzehn.

"So? Und was ist das für ein Angebot?", fragte sie amüsiert. "Aber bedenke, dass mir die ganze Welt offen steht, also habe ich viele Optionen, um abzulehnen."

"Nun, es geht um uns. Dich und mich."

"Ja, das versteht man gemeinhin unter ´uns`. Was ist jetzt damit?"

Dieser Teil der Ansprache, die ich eingeübt hatte, war mit Abstand der Peinlichste und ich hatte keine Ahnung, wie Sasuke darauf reagieren würde. Ein Teil der Faszination, die sie auf mich ausübte, stammte von eben dieser Unberechenbarkeit, aber gerade wünschte ich mir sehr, sie wäre etwas durchsichtiger in ihren Handlungen. So musste ich nämlich völlig ins kalte Wasser springen. Normalerweise machte mir das nichts; ich wurde gerne überrascht. Aber bei Sasuke war es etwas anderes, weil ich mir ihrer sicher sein wollte. Ich brauchte sie.

"Weißt du, ich glaube, ich sage dir nichts Neues, wenn ich zugebe, dass ich dich sehr mag. Du interessierst mich auf jede erdenkliche Art; als Frau, als Mensch, als Freund. Ich verbringe gerne Zeit mit dir, weil du mich forderst und ich nie sagen kann, wie du reagierst. Deswegen will ich unsere Freundschaft nicht einfach so beenden, obwohl ich nicht weiß, was an dem Tag mit dir los war. Du musst es mir auch nicht sagen, ich will nur, dass du weißt, dass du es mir in Zukunft erzählen kannst, wenn du Probleme hast, und mich nicht von dir stoßen musst. Und selbst, wenn du jetzt entscheidest, das wieder zu tun, musste ich einfach kommen, weil ich es immer bereut hätte, es nicht zumindest versucht zu haben. Und weil ich versuche zu leben ohne etwas zu bereuen, bin ich hier, um dich etwas zu fragen. Nicht unbedingt, dass du aufhören sollst, Angst zu haben..."

"Ich habe keine..."

Lächelnd unterbrach ich sie: "Natürlich hast du Angst. Und das ist auch völlig ok. Es ist menschlich, Sasuke, und du hast bestimmt gute Gründe für dein Misstrauen. Aber du könntest versuchen, für eine kleine Weile stark genug zu sein um mir dein Vertrauen zu schenken. Wenn du das schaffst, bin ich mir nämlich sicher, dass ich dich im Gegenzug stärker machen kann."

Als ich endete, räusperte ich mich zwar peinlich berührt, aber ich hätte kein Wort davon zurückgenommen. Neugierig beobachtete ich Sasukes Reaktion. Sie sah zu Boden, strich sich das Haar aus den Augen, wirkte – zu meiner Überraschung – Aber ziemlich amüsiert.

"Gut, dass es dir nicht an Selbstvertrauen mangelt", antwortete sie, nachdem sie sich ein paar Minuten Bedenkzeit genommen hatte.

"Wieso sollte es das auch?"

"Hm... An der Rede hast du ewig gefeilt, nicht?"

"Was meinst du, warum es drei Wochen gedauert hat, bis ich wieder auf der Matte stand?"

Sie öffnete den Mund, schüttelte dann aber nur den Kopf. "Du bist verrückt."

"Ja." Nach ihr - Aber das sagte ich Sasuke lieber nicht, immerhin war sie schon mal vor mir weggelaufen und das wollte ich nicht nochmal erleben. "Das sagen viele. Also, was denkst du?"

"Ich habe dir die Freundschaft nicht aufgekündigt."

"Ich dir auch nicht. Das war..."

"Ein Ultimatum - Und ich lasse mich nicht erpressen."

"So war das nicht gemeint."

"Wie dann?"

"Als Angebot. Ich habe dir angeboten, dir auszusuchen, ob du mich weiterhin sehen möchtest, aber ich hab mich wohl schlecht ausgedrückt. Ich wollte dich damit damals nicht unter Druck setzen, sondern dir die Wahl lassen, bloß habe ich wohl keine Alternativen zu einem Kontaktabbruch genannt. Ich will nicht alles oder nichts, sondern dich einfach nur besser kennenlernen. Alles andere ergibt sich dann von alleine. Ich hoffe, dieses Mal habe ich mich gut genug erklärt."

Der Strohhalm in Sasukes Getränk war so grün wie die Flüssigkeit selbst. Er brachte die Eiswürfel im Glas in Aufruhr, als sie ihren Eistee damit umrührte und das leise Klirren erfüllte den Raum, der sonst von Schweigen beherrscht wurde. Sie nahm sich wirklich lange Zeit, um das zu bedenken, das machte mich echt nervös...

"Du bietest mir also deine Freundschaft ganz offiziell an - Mit allem, was dazu gehört", fasste sie meine umständlichen Ausführungen knapp zusammen.

Ich zuckte die Schultern, doch etwas verlegen darüber, dass ich es nicht besser hatte auf den Punkt bringen können. "Was gehört denn deiner Meinung nach großartig dazu?"

Sie pustete das Haar aus ihren Augen, die mich unverwandt musterten. "Zum Beispiel, dass du aufhörst, mich anzuflirten. Keine Einladungen mehr zum Essen oder sonst wo hin, wo man sonst zu einem Date hingeht. Kein ´Gehen wir einen trinken?` mehr - Zumal ich sowieso keinen Alkohol trinke, merk dir das. Keine Versuche mehr, meine Hand zu halten, mich zu umarmen oder... Oder anderes."

"Ich soll dich auch nicht küssen", sprach ich es offen aus. Sie wurde zwar verlegen, aber das war mir egal, immerhin hatte sie mich mit ihrer Ansprache darüber, was ich schon alles ausprobiert hatte, um sie rumzubekommen, auch in Verlegenheit gebracht. "Ich versteh zwar nicht, was dein Problem ist, aber ok. Allerdings gehören für mich Sachen wie einen trinken gehen oder ins Kino zu einer Freundschaft, aber ich kann damit leben, dass du darin eben kein Date siehst. Ich zahl dann halt nicht mehr für dich, wie du möchtest."

Sie zog ihre Braue hoch und sah mich skeptisch an. "Das werden wir sehen."

"Heey, ich halte mich immer an das, was ich sage!"

"Deine bloße Anwesenheit widerspricht dir."

"Du bist eben die Ausnahme", grinste ich und sie verdrehte die Augen. Ihr Verehrer, der Kellner, kam zu uns und fragte, ob wir noch etwas bräuchten, aber mit einem Blick auf die Uhr in meinem Handy schüttelte ich den Kopf. "Ich muss weiter. Ich mach jetzt so ne Sport-Nachmittagsbetreuung für Kinder, was ziemlich cool ist, aber gerade könnte ich darauf verzichten.", erklärte ich ungefragt, während ich nur meinen Eiskaffee bezahlte, ganz so, wie Sasuke sich das gewünscht hatte. Sie beglich ihre eigene Rechnung und sammelte ihre Sachen ein, dann gingen wir gemeinsam nach draußen, wobei ich mich streckte und genüsslich in die Sonne blickte, während Sasuke verärgert blinzelte und einen sehnsüchtigen Blick zurück in den Halbschatten des Cafés warf.

"Heh, du bist nich so die Sonnenanbeterin, was?", fragte ich amüsiert. Ich war das genaue Gegenteil; Fast wie eine Sonnenblume wandte ich mich jedem Lichtstrahl zu, den ich aufsaugen konnte.

"Doch - Sieht man doch an meinem Teint."

Ich lachte und ließ den Blick über ihre makellos blasse Haut gleiten. Sonst gefiel mir eine leichte Sommerbräune an Mädchen schon ganz gut, aber zu ihr hätte das überhaupt nicht gepasst. "Stimmt. Ich brauch nur ne Lampe anknipsten und schon seh ich aus wie ein Neger." Als Sasuke mir wegen der Bezeichnung, die ich ganz und gar nicht böse gemeint hatte, einen finsteren Blick zuwarf, hob ich abwehrend die Hände. "Oooh, sorry. Wie ein Maximalpigmentierter, meinte ich."

Sie verdrehte die Augen. "Idiot."

"Tja, Idiot hin oder her, jetzt hast du offiziell zugestimmt, mit mir befreundet zu sein und wirst mich nicht mehr so leicht los."

"Soweit ich weiß, habe ich noch überhaupt nichts zugestimmt. Und wenn du weiter so einen Quatsch redest, überlege ich es mir noch mal. Ich will nichts mit Rassisten zu tun haben."

"Hey! Ich bin kein Rassist, ich mag alle Menschen. Man muss auch mal einen Witz machen können." Empört schob ich die Unterlippe vor und musterte sie beleidigt, doch das hielt nicht lange an. Ich stellte mich vor sie, sodass sie fast in mich reingelaufen wäre, und streckte ihr die Hand entgegen. "Also, nochmal ganz öffentlich: Sind wir Freunde?"

Sasuke sah von meiner Hand in meine Augen und zurück, dann seufzte sie. "Du bist peinlich."

"Kann schon sein. Aber darauf musst du dich einlassen. Ich geb dir nen Tipp; Ich lass dich eh nicht mehr in Ruhe." Ich zwinkerte ihr zu und sie verdrehte die Augen, doch dann nahm sie die angebotene Hand und drückte sie, erstaunlich fest dafür, dass sie so zierliche Finger hatte.

"Also schön."

"Freunde?"

Sasuke brummte genervt. "Wie du meinst."

"Awwwww, komm schon. Das ist jetzt aber ein Grund, aus dem ich dich umarmen darf!", rief ich begeistert und streckte die Arme nach ihr aus, doch sie schnaubte nur, wandte sich ab und ging weiter.

"Nein."

"Mensch, Sasuke, du musst echt mal den Stock aus dem Arsch ziehen. Ist ja furchtbar.", klagte ich laut, doch schon im Begriff, ihr zu folgen. Ich vergrub die Hände in den Hosentaschen und sah mit einem warmen Lächeln zu ihr runter. "Weißt du eigentlich, dass so eine Freundschaft nicht nur Verbote beinhaltet?"

"Mhm?"

"Jaa, jetzt hab ich nämlich auch Rechte. Zum Beispiel darfst du nicht ständig absagen, wenn ich dich einlade, Zeit mit meinen Freunden zu verbringen."

"Deine Freunde standen nie zur Debatte."

"Die gehören aber einfach zum Gesamtpaket. Für mich sind meine Freunde auch Familie, und ich liebe meine Familie. Ich würde alles für sie... Für euch tun.", korrigierte ich, vielleicht eine Spur zu zärtlich, als mir einfiel, dass sie jetzt ja auch zum Verein gehörte. "Was ist dein Problem? Die meisten beißen nicht - Zumindest keine Mädchen." Ich lachte, doch sie warf mir nur einen missbilligenden Blick zu, sodass ich seufzte. "Also gut, wollen wir dich nicht überfordern... Aber bei deinen ganzen Bedingungen bräuchten wir fast einen Vertrag oder sowas. ´Terms of Services for Sasuke Uchiha. Beware of Sarcasm.`", grinste ich, obwohl ich es nur halb scherzhaft meinte. Sie war echt eine Nummer für sich und ich glaubte nicht, dass ich mir auf Anhieb würde merken können, was ihr so alles nicht in den Kram passte.

"Und was machst du, wenn du gegen die Vereinbarung verstößt?"

"Huh? Uhm... Keine Ahnung. Ich mach nen Handstand?"

"Was bringt mir das?"

"Du siehst meinen perfekt trainierten Bauch." Ich klopfte mir auf selbigen und lachte, als sie die Augen verdrehte. "Nein, ich weiß es wirklich nicht. Möchtest du sowas denn? Ich will dir nämlich echt nicht zu nahe treten und ich glaub, das passiert bei mir echt schnell, weil ich doch etwas anders bin als du."

"Etwas...", wiederholte Sasuke mit amüsiertem Schnauben.

"Ok, vielleicht auch etwas mehr. Also mich stört es nicht, wenn du dir so Bedingungen ausdenkst. Dann versuch ich auch, mich daran zu halten."

Sie schwieg einen Moment und schüttelte dann den Kopf: "Ich glaube, das ist nicht nötig. Du hast ja angekündigt, mich besser kennenlernen zu wollen und dann lernst du das schon."

Jetzt war es an mir, zu schnauben. "Von wegen! Ich wette, du hast eine hundertseitige Bedienungsanleitung! Aber ok, ich geb mir Mühe. Wir kriegen das schon hin."

Ich lächelte sie motiviert an und auch ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, welches ihr hervorragend stand. Zu gerne hätte ich ihr durchs Haar gewuschelt, aber ich musste Vorlieb mit dem Ansehen nehmen, was schwerer war als erwartet.

Um mich abzulenken, unterbrach ich den Moment des angenehmen Schweigens: "Sag mal, soll ich dich eigentlich zum Bahnhof oder so bringen? Oder wo musst du noch hin?"

"Ich muss nirgendwo mehr hin."

"Super, dann komm doch mit zu meinem Kurs. Das stört da niemanden... Wir sind eh schon zu lange nicht mehr Motorrad gefahren. Aber ich hab leider immer noch keinen zweiten Helm gekauft", erzählte ich gut gelaunt. Sie zögerte kurz, überraschte mich dann erneut, indem sie zusagte. Hoch erfreut ging ich mit ihr zu meinem Motorrad, das ich mal wieder illegal auf einem Grünstreifen geparkt hatte. Ich hatte es vermisst, Sasuke hinter mir auf der Maschine zu haben. "Meine Oma würde mich umbringen, wenn sie wüsste, dass ich ohne Helm fahre.", ergänzte ich, während ich ihr meine Jacke aus dem Topcase holte.

"Dann zieh ihn auf.", erwiderte Sasuke und wollte den Schutz vom Kopf ziehen, doch ich drückte ihr das Ding zurück auf den Schädel.

"Nein, nein, es passiert schon nichts. Und wenn was passiert tu lieber ich mir weh als du dir, immerhin hab ich im Gegensatz zu dir nur heiße Luft im Kopf." Sie schien das nicht lustig zu finden und die Tatsache, dass sie sich Sorgen um mich machte, fand ich sehr süß, aber schließlich saß ich trotzdem auf der Maschine. „Wir können ja mal einen zweiten Helm kaufen gehen.“, schlug ich vor, woraufhin sie zögerlich nickte.

„Von mir aus.“

"Halt dich fest.", verlangte ich, doch ihre Hände wollten sich nicht um meine Mitte schließen, sodass ich ihr einen fragenden Blick zuwarf, bis mir ihre Berührungsängste einfielen. Vermutlich war es schon eine große Ehre, dass sie sich so nah hinter mich gewagt hatte. Die Fahrt dauerte keine zwanzig Minuten und endete vor einer Realschule, deren Pforte wegen der Ferien abgesperrt war. Ungerührt sprang ich über das Stahlgatter und sah mich nach meiner Begleitung um, die etwas zögerte, mir dann aber kommentarlos folgte.

"Hast du keinen Schlüssel oder so?"

"Ne, wieso? Außerdem ist auf der anderen Seite des Schulgebäudes ein offenes Tor, aber ich hatte keinen Bock, da rüber zu gehen."

Sie warf mir einen geringschätzigen Blick zu, in dem jedoch auch ein Hauch Belustigung mitschwang. "Für einen angehenden Sportlehrer bist du ganz schön faul."

"Ich bin nicht faul, ich bin auf optimale Krafteinteilung ausgelegt.", erklärte ich grinsend und hielt ihr die Tür der Turnhalle auf, was Sasuke mit einem leisen Schnauben zur Kenntnis nahm. Offenbar gefiel ihr diese Art von Galanterie auch nicht, aber das war mir egal; Ich war von einem Frauenheld erzogen worden und der hatte mir beigebracht, dass man ein Mädchen stets zuvorkommend behandelte. Vorwerfen, dass ich sie damit anbaggerte, konnte sie mir auch nicht, immerhin hätte ich das für jede Frau getan.

Die Sportanlage war in zwei Stockwerke aufgeteilt; Eine Art Galerie, auf der wir uns jetzt befanden, beherbergte die Umkleiden und Duschen. Alles war schon ein bisschen in die Jahre gekommen, aus grünem Stahl und hellem Holz und mit Graffiti und Schnitzereien von den Schülern verziert, aber für eine staatliche Mittelschule war das schon in Ordnung. Die Halle selbst lag etwa drei Meter tiefer und war nur durch einen hüfthohen, ebenfalls grünen Zaun abgetrennt, sodass wir eine Gruppe Kinder sehen konnten, die bereits in ein Fußballspiel verwickelt war. Man konnte die Anlage durch große Vorhänge voneinander trennen, aber jetzt stand den Hobby-Sportlern die gesamte Fläche des etwa hundert Meter langen Saals zur Verfügung.

"Ich hol dir ein paar Sachen zum Ausleihen, ok?", bot ich Sasuke lächelnd an, die den Kindern beim Spielen zusah, doch sie schüttelte den Kopf.

"Nein, ich sehe nur zu."

"Waas? Ach komm schon, ohne dich ist das voll langweilig!"

"Vorhin sagtest du noch, du würdest diese Stunde mögen, und da hatte ich noch nicht zugesagt, hierher zu kommen."

"Ja und? Aber jetzt, wo du da bist, ist es eben langweilig, wenn du nur rumstehst."

"Nein."

"Warum denn? Hast du Angst, du könntest nicht mithalten?"

Sie lehnte inzwischen an der Wand und ich stützte eine Hand neben ihr ab, wodurch ich mich zu ihr beugte. Sasukes Blick folgte unbeeindruckt meinem Arm, der Schulter und blieb schließlich an meinem Gesicht hängen. Sie sagte nichts, aber ihr Blick machte deutlich, dass ich ihr zu zutraulich war, also zog ich mich zurück und hob mit einem entschuldigenden Lächeln die Hände.

Sasuke verdrehte nur die Augen und verschränkte die Arme unter der Brust, dann sah sie wieder auf die Sportler hinab. "Ich ziehe ungern Kleidung von anderen an.", erklärte sie schließlich widerstrebend.

"Hää? Aber das ist doch alles gewaschen und..."

"Ich sehe zu. Und du solltest dich jetzt besser umziehen."

Sie sagte das mit so einer Endgültigkeit, dass ich aufhörte, auf sie einzudringen, und mich stattdessen in die Umkleide zurückzog. Wenig später kam ich in Sportmontur zurück und fand Sasuke im Gespräch mit meiner Kollegin vertieft, die offenbar nicht erfreut über die Anwesenheit der Fremden war.

"... Mir Leid, aber Sie dürfen hier nicht sein..."

"Tami-san, schmeiß sie nicht raus. Sie gehört zu mir", protestierte ich und trat zu den beiden Frauen. Tamina (Tami) Erza war eine Sporttherapeutin, etwa Mitte dreißig mit schwarzem, zu einem Pferdeschwanz gebundenem Haar und ernsten Augen, die jetzt zwischen Sasuke und mir hin und her wanderten. "Das ist Sasuke. Ich hab sie grade... Spontan getroffen und sie eingeladen, mitzumachen. Ist doch kein Ding, oder?"

"Du hättest Bescheid sagen sollen."

"Sorry, aber war wie gesagt ganz zufällig. Geht das klar? Sie will auch nur zusehen."

Sasuke wurde noch mit einem prüfenden Blick bedacht, dann wandte meine Vorgesetzte sich so rasch ab, dass ihr Zopf durch die Luft peitschte, und schritt zügig auf die Treppe zu, die in das untere Stockwerk führte. "Wenn die Kinder abgelenkt sind, gehen Sie wieder."

"Natürlich", versprach meine Begleitung sachlich und folgte mir, als ich nach unten ging.

Ich grinste sie verschwörerisch an und verdrehte die Augen über diese Strenge. "Eigentlich ist sie in Ordnung, denk dir nichts dabei."

"Ihr Verhalten ist richtig, immerhin geht es um die Sicherheit der Kinder."

"Pf... Wenn du versuchst, eines zu entführen, könnte ich dich schon aufhalten."

"Das sehen wir dann ja", antwortete Sasuke arrogant, während sie den Blick durch die Halle wandern ließ.

"Ich wusste gar nicht, dass du eine Entführung planst."

"Du weißt vieles nicht."

Sie lächelte ihr schmales, kaum sichtbares Lächeln und ich grinste vielsagend, bis Tamina uns mit knappen Instruktionen unterbrach: "Da Mr. Uzumaki uns auch endlich die Ehre erweist, können wir ja anfangen." Das war an die ganze Gruppe gerichtet, den letzten Satz sagte sie jedoch zu mir direkt: „Sie sind schon aufgewärmt, du hast heute den hinteren Teil der Halle."

Meine Gruppe an Kindern hatte sich bereits aus dem Pulk gelöst und kam auf uns zu. Es waren elf Jungs und vier Mädchen, alle zwischen elf und vierzehn Jahren alt und ich mochte jeden einzelnen von ihnen, obwohl ich mit dem ein paar von ihnen manchmal das eine oder andere Problem hatte. Ich begrüßte sie gut gelaunt und stellte meine Begleitung vor: "Das ist Sasuke. Sie wird heute ausnahmsweise mitmachen und ich will sie beeindrucken, also strengt euch an!"

Diese Ankündigung brachte unserem Gast weitere neugierige Blicke, denen sie erst entkam, als Tamina mit einem Arm voll geliehener Sportkleider zu ihr trat und sie in eine Umkleide entführte. Zwar wollte das Mädchen sich wehren, aber die Gruppenleiterin konnte sehr überzeugend - Beziehungsweise störrisch - Sein und schließlich beugte die jüngere Frau sich. Während Sasuke sich also umzog, sorgte ich dafür, dass die Kinder sich weiter aufwärmten und diskutierte mit ihnen, was sie heute machen wollten. Da fast nur Jungen anwesend waren, wurde man sich schnell einig, dass es Fußball sein sollte, doch die anwesenden Mädchen waren alles andere als begeistert. Ich hatte zwar auch Fußballerinnen in der Gruppe, die sogar recht gut spielten, aber eben heute nicht da waren und die vertretenen jungen Damen waren Opfer des Klischees; Sie trugen rosane Sport-Dresse, langes Haar und würden in ein, zwei Jahren anfangen, sich zu schminken und Stöckelschuhe zu tragen. Ihnen war Leichtathletik lieber.

Also sorgte ich dafür, dass die vier Grazien in Taminas Gruppe wechselten und ich stattdessen ein paar Jungs bekam, die Lust auf Fußball hatten. So waren die Teams bereits eingeteilt und plänkelten zur Übung ein bisschen herum, als eine frisch umgezogene Sasuke zurückkehrte.

Ich lächelte, als sie auf mich zukam, vermutlich ziemlich dümmlich. Man sah ihr an, dass sie sich in dem lilanen Träger-Top und den grauen Jogginghosen nicht besonders wohl fühlte. Keine Ahnung, was ich erwartet hatte, als ich meinen kleinen Überfall auf sie plante, aber sicherlich nicht, dass sie jetzt hier wäre, um mit mir Sport zu machen. Ich freute mich über den Lauf der Dinge und war froh, dass ich doch nicht aufgegeben hatte.

"Spielst du gerne Fußball?", erkundigte ich mich, während wir uns dehnten.

Vermutlich zuckte sie die Schultern, aber das ließ sich nicht so genau sagen, weil sie diese gerade kreisen ließ. "Ich habe es lange nicht versucht."

"Hmm... Du gehst in das Team, ich in das andere, ok?"

"Waas? Das ist total unfair, wenn du mitspielst!", protestierte ein Junge aus Sasukes Team laut und die anderen schlossen sich ihm mürrisch an.

Ich hob beschwichtigend die Hände. "Schauen wir erst Mal, ja? Vielleicht ist Sasuke ja ein Naturtalent. Außerdem habt ihr Konohamaru."

Konohamaru war ein Junge mit abenteuerlicher Frisur, einer Schwäche für Schals - Selbst beim Sport trug er sie - Und einem mindestens genauso enormen Selbstbewusstsein wie meinem. Sehr zum Leidwesen von Tamina hatte er mich wohl auch als sein Vorbild ausgesucht, weshalb ihm vor Stolz über das Lob die Brust anschwoll. Aber die Anerkennung war durchaus berechtigt, war er doch einer meiner fittesten Schützlinge. Er war oft laut, frech und neigte dazu, Unsinn anzustellen und er erinnerte mich auf so sympathische Weise an mich in diesem Alter, dass ich ihm keinen seiner Streiche übel nehmen konnte - Ganz im Gegensatz zu Tamina, der seinetwegen sicher schon einige graue Haare gewachsen waren. Vermutlich wollte er einfach Aufmerksamkeit, denn seine Eltern waren gestorben, als er noch sehr klein war, sodass er jetzt bei seinem Onkel und dessen Frau lebte. Die beiden liebten ihn sicher, aber er war sich eben stets bewusst, dass er nicht ihr leibliches Kind war und jetzt, wo seine Tante ein Baby erwartete, fühlte Konohamaru sich eben verunsichert. Ich versuchte, ihm Freund und Vorbild in einem zu sein, um ihm zu helfen.

"Du bist aber besser als Konohamaru", kommentierte eines der Mädchen, das noch geblieben war, um unserer Diskussion zu lauschen.

Der in seinen Fähigkeiten derart unterschätzte Konohamaru blies die Backen auf. "Was soll das denn jetzt heißen?!"

"Na, dass er besser ist als du, Idiot." Rotzfrech streckte die Kleine ihm die Zunge raus, was mir ein lautes Lachen entlockte.

"Ok, ok, genug jetzt damit. Kommt schon, Jungs, stellt euch nicht so an. Sasuke jammert ja auch nicht, obwohl sie gleich verlieren wird."

"Tche... Davon träumst du."

Ein herausforderndes Glitzern trat in ihre dunklen Augen, als sie das Haar zurücknahm und mit einem Gummi hoch band, und in meine Brust trat wieder das rasante Herzklopfen, welches ihre Nähe bei mir auslöste. Sie sah umwerfend aus, wenn sie fest entschlossen war. Aber das würde auch nichts daran ändern, dass ich dieses Spiel mit meiner Mannschaft gewinnen würde.

Das Mädchen, das zuvor mit Konohamaru gezankt hatte, trat auf mich zu, ein schüchternes Lächeln auf den Lippen. "Viel Glück, Naruto!", sagte sie rasch, bevor sie sich zu ihren Freundinnen davon machte. Es war süß von ihr, mir Erfolg zu wünschen, während alle anderen wussten, dass ich der Beste hier war. Ich lächelte warm, als ich ihr nachblickte, und sah erst auf, als ich mich beobachtet fühlte. Sasuke musterte mich nachdenklich, wandte sich aber ab, als ich ihr zuzwinkerte, was so viel wie ´Neidisch?` bedeutete.

Ich sortierte meine Mannschaft in Positionen, von denen ich wusste, dass sie ihnen lagen und warf der anderen Gruppe einen Blick zu, die gerade Sasuke in ihre Aufstellung zu integrieren suchte. Erleichterung darüber, dass sie trotz ihrer Schweigsamkeit so schnell angenommen worden war, durchströmte mich und ich war echt gespannt, wie sie sich anstellen würde, denn ich wusste nicht so recht, was ich erwarten sollte. Einerseits glaubte ich nicht, dass sie das typische Mädchen mit zwei linken Füßen war, andererseits hatte sie gesagt, sie hätte lange nicht gespielt und sie hatte sich nicht in die Mannschaft einarbeiten können während wir alle schon eingespielte Teams waren.

Zum Anstoß trat Konohamaru mir in der Mitte gegenüber. Mit dem größten Ernst, der mich zum Schmunzeln brachte, schüttelte er mir die Hand, dann ging es los und ich lupfte den Ball über den Kopf des Jungen auf die andere Seite des Spielfelds. Das war riskantes Machogehabe, aber immerhin wollte ich hier ein Mädchen beeindrucken.

Dieses Mädchen hatte sich in die Verteidigung eingereiht und stand angespannt wie eine Raubkatze vor dem Tor, auf das ich zulief. Ich grinste sie an und gab den Ball an einen Teamkollegen ab, der günstig stand, die Möglichkeit aber nicht verwandeln konnte. So ging es zurück auf unsere Seite, wo ein Knäuel aus Kindern versuchte, sich auf den Ball zu stürzen, als ein Teil unserer Stürmer der Verteidigung zur Hilfe eilen wollten.

Schließlich passierte, was passieren musste, und der Ball landete im Aus. Ich lief dem Jungen, der schießen sollte, nach, um ihm zu erklären, was er machen sollte, obwohl er im gegnerischen Team war. Als er es trotzdem versemmelte und zu einem aus meiner Mannschaft schoss, klopfte ich ihm auf die Schulter und versprach aufmunternd, dass wir das nächstes Mal üben würden. Natürlich zogen die anderen ihn trotzdem auf, aber lange hatten sie keine Zeit dafür, denn Sasukes Mannschaft preschte vor, spielte die Verteidigung aus und zielte direkt aufs Tor. Einige von uns stöhnten schon, was sich jedoch in Jubel verwandelte, als der Torwart halten konnte.

Das Spiel machte Spaß, weil alle mit dem nötigen Ehrgeiz, aber nicht ohne Spaß bei der Sache waren und ich war ehrlich beeindruckt von Sasuke, die es ein paar Mal sogar schaffte, mir den Ball abzunehmen; Meine scherzhafte Bemerkung, sie sei ein Naturtalent, hatte sich bewahrheitet. Als ich fragte, ob sie nicht doch regelmäßig spiele, antwortete sie nur schulterzuckend, ein Uchiha könne eben alles.

Am Ende war das Ergebnis nicht so vernichtend, wie ich mir erhofft hatte; Sasuke spielte tatsächlich nicht schlecht, wenn auch nicht unbedingt professionell, und die Jungs gaben ihr Bestes, um ihre Teilzeit-Kollegin zu beeindrucken. Trotzdem gewann meine Mannschaft schließlich knapp, aber verdient, und während die Kinder angeregt miteinander debattierten, wer wen wie gefoult hätte und warum das nicht gewertet worden wäre, zog es mich ganz natürlich zu Sasuke, der die erhitzte Röte in ihren Wangen wirklich ganz hervorragend zu Gesicht stand.

"Nicht schlecht. Wirklich nicht schlecht", lobte ich sie gönnerhaft, was sie zu einem missbilligenden Schnauben inspirierte. "Hey, jetzt sei nicht so, das war ein Kompliment! Du kannst echt rennen wie ne angestochene Sau."

"Wenn das die Art Kompliment ist, die du üblicher Weise machst, weiß ich, warum du Single bist."

Schmollend blies ich die Backen auf. "Pff... Woher willst du überhaupt wissen, dass ich Single bin?"

"Ich bitte dich.", gluckste sie hell und obwohl ich ihr Lachen mochte, war ich beleidigt.

"Was soll das jetzt heißen?"

"Das heißt, dass du nicht der Typ bist, der eine andere anbaggert, während er eine Freundin hat. Du bist der Typ, der Frauen so lange auf Händen trägt, bis es ihnen zu viel wird. Wie so ein... Kleiner Hund, der Zuneigung braucht", endete sie, was es nicht unbedingt besser machte.

"Wen flirte ich denn überhaupt an?", provozierte ich sie daher zurück. Erwartungsgemäß wurde sie verlegen; Sie sprach offensichtlich lieber subtil als direkt, wenn es um Gefühle ging, trotz ihrer sonstigen Geradlinigkeit, aber ich brachte die Sachen eben gerne auf den Punkt. Und der Punkt in dieser Sache war, dass sie mir verboten hatte, mit ihr zu flirten und ich versprochen hatte, mich daran zu halten.

"Die Kleine von vorhin", wich Sasuke schließlich aus, als ich nicht zurückruderte, sondern sie nur abwartend musterte. "Sie ist doch offensichtlich verknallt in dich."

"Hehe... Ja, kann sein", schmunzelte ich geschmeichelt.

Ich hatte zwar länger gebraucht als andere, bis ich den Dreh mit dem anderen Geschlecht raushatte - Meine erste Freundin hatte ich erst mit achtzehn gehabt - Aber danach hatte ich wirklich keine Probleme mehr gehabt, Frauen anzusprechen und auch für mich zu gewinnen. Meist verliebte ich mich schnell und heftig. Ich mochte feste Beziehungen und das Gefühl, verliebt zu sein und geliebt zu werden genauso sehr, wie ich mich selbst mochte. Dieses Selbstvertrauen und diesen Bindungswillen spürten die Mädchen und es gefiel ihnen. Trotzdem hätte ich nie erwartet, dass ich mal die Art Mann, beziehungsweise Lehrer, sein würde, in die sich die Schülerinnen vergugten. Tja, so spielte das Leben.

"Eifersüchtig?", fragte ich amüsiert, doch sie wandte sich nur mit einem entnervten Schnauben ab und ich lief ihr unter Entschuldigungen nach, ein Markenzeichen unserer Freundschaft, wie ich später noch feststellen würde. Schließlich gab sie meinem Jammern aber nach und blieb stehen, damit ich zu ihr aufschließen konnte. Ich zeigte ihr die Umkleiden - Vorhin hatte Tamina sie in die Lehrerkabine gelassen - Und wartete, nachdem ich geduscht hatte, an der Eingangstür auf Sasuke. Kyubi hatte mir eine SMS geschickt, in der er fragte, wie meine Stalker Attacke gelaufen war. Ich konnte nur mit einem Daumen reckenden Smiley antworten, weil ein paar Jungs aus der Gruppe mich wegen Sasuke ausquetschten.

"Ist sie deine Freundin?"

"Ja... Aber sie weiß es noch nicht, also: Pst!" Verschwörerisch legte ich den Finger an die Lippen und lachte, als die drei verwirrte Blickte tauschten. "Ich sag´s ihr schon noch, keine Sorge."

Sasuke hatte nur den letzten Satz gehört und mein entschlossenes Lächeln gesehen, als sie auf uns zukam, sodass sie skeptisch die Stirn runzelte. Fragen tat sie aber nach etwas anderem: "Gehen wir?"

Wir verabschiedeten uns von den Kindern und machten uns auf den Weg zu meinem Motorrad, wobei mir der neue Apfel-Duft von Sasukes Haar in die Nase stieg. Die nicht zu süße oder gar aufdringliche Note passte zu ihr, überdeckte aber den feinen Chlor-Geruch, den sie zuvor noch an sich gehabt hatte und den ich jetzt seltsamer Weise vermisste.

"Was ist?", fragte Sasuke leicht gereizt, als sie merkte, dass ich versuche, unauffällig an ihrem Haar zu schnuppern was ein ziemlich schweres Unterfangen ist, ich meine, die Haare sind immerhin direkt auf dem Kopf.

Errötend zuckte ich von ihr zurück. "Äh... Nichts! Darf ich dich jetzt, wo wir offiziell Freunde sind, nach Hause fahren?", versuchte ich, das Thema zu wechseln.

"Zum Bahnhof", sagte sie auf die bestimmt-höfliche Art, mit der sie mich jedes Mal zurückwies. Ich nickte mit einem enttäuschten Seufzen, konnte aber nicht verhindern, dass die Geheimniskrämerei meine Phantasie anstachelte. Wer waren ihre Eltern, überlegte ich auf dem Weg zum Bahnhof, dass ich sie nicht kennenlernen durfte? In meinem Kopf spielten sich ganze Krimis und Mafia-Filme ab, ich sah eine heruntergekommene Absteige oder als Gegensatz regelrechte Paläste, vielleicht auch einen schwer kranken Elternteil oder eine ganze Horde von Geschwistern.

Letztlich wusste ich zwar, dass das alles Quatsch war, aber ich steigerte mich in solche Gedanken öfter mal rein und da Sasuke mir nicht die Wahrheit sagen wollte, konnte meine Phantasie in Ruhe Amok laufen.

Wir hatten Sasukes Zug gerade verpasst und ich kaufte mir für die Wartezeit beim Bahnhofskiosk etwas zu essen. "Willst du auch was?", fragte ich, als die Verkäuferin mir Schokoriegel und Cola aus den Regalen kramte.

"Nein."

"Komm schon, das letzte, was du hattest, war dieses seltsame Gesöff aus dem Café."

"Das war Eistee."

"Echt?" Ich verzog angewidert das Gesicht. "Sah aus wie Rotze. Jedenfalls solltest du wenigstens was trinken, immerhin haben wir Sport gemacht."

Sie sah wohl ein, dass ich keine Ruhe geben würde, also verdrehte Sasuke schicksalsergeben die Augen. "Wasser", befahl sie der Verkäuferin, die sie wegen ihrer Einsilbigkeit böse musterte. Trotzdem brachte sie das Gewünschte und erwiderte mein Lächeln, als ich zahlte.

Gemeinsam gingen wir raus und Sasuke trank schweigend einen Schluck Wasser, den Blick auf die andere Seite des Bahnhofs gerichtet, wo einige Fahrräder standen und gerade ein Bus hielt. Eine Mutter hob hastig ihre Tochter auf die Arme und rannte, vermutlich, um die Bahn noch zu erwischen, die gerade auf dem zweiten Gleis einfuhr. Ich ging in die Sonne, aber Sasuke blieb unter dem Vordach des Bahnhofskiosks im Schatten stehen, als würde sie sich sonst verbrennen.

"Soll ich ab jetzt jedes Mal einen Sonnenschirm für dich mitbringen, wenn wir uns treffen?", fragte ich lachend.

"Das könnte ich schon selbst."

"Sei doch nicht immer so ernst. Man muss auch über sich selbst lachen können."

"Ich bin aber nicht sonderlich lustig."

"Ich finde schon, dass du Humor hast. Ist halt eher subtil und ziemlich schwarz, aber das gefällt mir", überlegte ich, woraufhin sie nichts mehr sagte. Ich schob mir die Schokolade in den Mund und stöhnte genüsslich. "Magst du echt nichts?"

"Ich mag keine süßen Sachen."

"Ach, deswegen wolltest du dich nicht mit mir treffen."

Sasuke sah mich böse an. "Naruto..."

"Oh, schon gut, entschuldige. Ich muss erst noch üben, nicht zu flirten."

Sie verdrehte die Augen, sagte nichts mehr dazu und warf einen Blick auf die Anzeigetafel, aber wir mussten immer noch zehn Minuten warten, was ich persönlich viel zu kurz fand. Es wäre schön gewesen, noch den Rest des Tages mit ihr zu verbringen, wo der Nachmittag schon so vielversprechend angefangen hatte. Ich hatte mir eigentlich nichts davon versprochen, Sasuke aufzusuchen, und jetzt waren wir offiziell Freunde.

"Wenn ich das den anderen erzähle!“, platzte es plötzlich vor Freude aus mir heraus. „Die haben nicht mehr dran geglaubt, dass du überhaupt noch mit mir redest."

"Vielleicht hätte ich das auch nicht tun sollen. Du hörst ja gar nicht mehr damit auf..."

"Das sagt Saku auch immer", lachte ich, ohne auf ihre Kritik einzugehen. Als ich den Namen meiner besten Freundin nannte, kam mir ein ganz anderer Gedanke und ich sah Sasuke mit großen Augen an. "Hey, hast du eigentlich einen Spitznamen?"

"Seh ich so aus?"

Ich musterte sie eingehend, zuckte dann die Schultern. "Ich weiß nicht, wie Leute aussehen müssen, die einen Spitznamen haben. Die meisten haben einfach einen. Aber ich nehme mal an, das heißt, du hast keinen."

"Ja."

"Hmm...", machte ich nachdenklich, während ich die Coladose öffnete und einen Schluck trank. Gott, ich liebte dieses Zeug, und wenn es mich eines Tages noch umbringen mochte! "Wenn wir Indianer wären, würdest du bestimmt Donnerauge heißen."

"Bist du sechs Jahre alt? Über was denkst du bitte nach?"

"Oder ´Ewig schlecht gelaunte`. Man, lass mich doch, wenn es mir Spaß macht. Außerdem ist es doch echt so; Man sieht die Gewitterwolken in deinem Gesicht aufziehen, wenn du schlecht gelaunt bist. Und wenn du gut drauf bist, sind deine Augen wie ein sternenklarer Nachthimmel."

Sasuke zog die Brauen zu dem skeptischen Gesichtsausdruck hoch, mit dem sie mich meistens bedachte. "Ah ja... Und du würdest ´Der, der immer Müll redet` heißen."

Ich lachte und klopfte ihr auf die Schultern. "Siehst du? Du kannst es auch!"

"Was denn? Dumme Namen erfinden?"

"Spaß haben", antwortete ich mit einem warmen Lächeln, das sie zu irritieren schien. Weil sie nichts dazu sagte, kam ich auf das eigentliche Thema zurück: "Also ein Spitzname für Sasuke... Uke, vielleicht?", grinste ich breit.

"Ich denke, ich nehme dein Angebot bezüglich unserer Freundschaft doch nicht an."

"Waaas?! Jetzt ist es schon zu spät dafür, du hast zugesagt! Ein Ehrenmann hält sein Wort!", rief ich entsetzt und bereute sofort, dass ich ´Mann` gesagt hatte, aber Sasuke schien es nicht mal zu bemerken, was mich verwirrte. Meine anderen Freundinnen legten sehr viel Wert auf solche Ausdrucksweisen und gerade die emanzipierte Sasuke hätte ich für kritischer gehalten.

"Was ist?", fragte sie, als sie meinen verwirrten Blick bemerkte. "Solang du mich nicht so nennst, halte ich mich auch an mein Wort, also schau nicht so."

"Na dann ist ja gut. Ich hatte übrigens wirklich mal ne Freundin, die wir Uke genannt haben. Ihre Freundin war aber auch wirklich dominant und ja, da passte das."

Ich merkte, dass diese Anekdote Sasuke nicht interessierte und irgendwie fiel mir gerade auf, dass sie nie von ihren Freunden sprach oder von ihrer Familie. Klar, ich wusste, dass sie einen Bruder hatte und ich vermutete, dass nur noch ihr Vater mit den Geschwistern zusammen lebte, aber ich wusste nicht, was mit ihrer Mutter war und ob sie überhaupt Freunde hatte. Bei ihrer Art wäre es nicht verwunderlich, wenn sie keine hätte; sie schien ja nicht mal welche zu wollen. Ich fand das schade und irgendwie deprimierend... Aber immerhin hatte sie jetzt ja mich.

"Was würdest du von Sasu halten?", führte ich das Gespräch fort.

"Warum brauche ich überhaupt einen Spitznamen?", fragte sie resigniert.

"Weil man Freunden einen gibt und weil du offensichtlich keinen haben willst, deshalb. Also nicht Sasu? Hmmm... Sas? Oder was mit deinem Nachnamen? Uchiha, Uchiha... Uschi!", schlug ich vor und brach in schallendes Gelächter aus, bis Sasuke mich in die Seite boxte und das erstaunlich fest für so ein dünnes Mädchen. "Au!"

"Geschieht dir Recht", schnaubte sie. Trotzdem schlug ich noch ein paar lustige Sachen wie Schischi, Uli und Sasi vor, was ihr alles nicht gefiel. Schließlich kam die Bahn und ich hatte das Gefühl, als wäre sie erleichtert, endlich einsteigen zu können. "Du kannst ganz schön anstrengend sein", kommentierte sie die letzten Minuten erschöpft.

Ich grinste. "Tja, mit mir kommen nur Profis zurecht, Sas."

Sasuke zog die Brauen hoch. "Aha, hast du dich jetzt entschieden?"

"Ja! Und sieht aus, als könntest du damit leben", stellte ich erfreut fest, woraufhin sie nur die Schultern zuckte.

"Ist besser als die meisten anderen. Und wenn du es nicht lassen kannst...", versuchte sie es noch mal.

Ich schüttelte nur grinsend den Kopf. "Nope."

Seufzend gab sie auf. "Wie du meinst."

"Es geht doch! Nächstes Mal sag einfach gleich ja, ich bekomm nämlich sowieso immer, was ich will... Also, bis dann."

"Bis dann, Naruto."

Die Bahn fuhr ein und mit ihr ein starker Wiederwillen meinerseits, Sasuke gehen zu lassen. Das einzig Gute an der Situation war, dass ich diesmal wusste, dass ich sie wiedersehen würde. Die Leute sammelten sich bei den Türen und stiegen nacheinander ein und auch Sasuke nickte mir ein letztes Mal zu. Ich winkte ihr lächelnd nach als sie einstieg. Wieder einmal drehte sie sich nicht um, als sie ihre Kopfhörer aufsetzte und sich einen Platz suchte, aber diesmal hob auch sie grüßend die Hand und das gab mir so das Gefühl, heute einen kleinen Sieg errungen zu haben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Zeichenfeder
2016-02-16T14:43:29+00:00 16.02.2016 15:43
oh das war ja schön kitschig ;)
Es freut mich gerade voll für Naruto XD immerhin ist das Mädchen so anstrengend, ich gönne ihm diesen Sieg wirklich! ;)
Auch wenn er erstmal in der Friendzone steckt XD

Ich muss gestehen nach dem Kapitel aus Sasukes Perspektive hatte ich mir aber erwartet, dass sie jetzt weniger anstrengend sein würde, aber sie zieht es kontinuierlich durch ;) old habbits don't die... XDDD


Von:  fahnm
2015-07-24T08:38:47+00:00 24.07.2015 10:38
Ja Naru und Sasu sind nun Freunde.
Da kann man neugierig werden wie es weiter gehen wird.
Von:  solty004
2015-07-23T19:55:51+00:00 23.07.2015 21:55
Hei,
Ein super Kapitel.

Es ist schön das Naruto geschafft Sasuke zu einer seiner Freunde würde.
Es ist auch schön das sie es auch wollte. Es scheint das sie ihn auch irgend wie Ver misst hat, ansonsten wäre sich nicht so schnel drauf ein gegangen.
Es machte auch den Anschein das sie den Nachmittag mit Naruto genossen hat. Auch wen Sie es nie zugeben würde.

Bin schon gespannt wie es weiter geht mit, Neugier halt durch bis zum nächsten Kapitel.
Freu mich schon auf das nächste Kapitel von dir für mein Kopf Kino.

LG Solty
Antwort von:  RedRidingHoodie
23.07.2015 23:16
Danke für den Lieben Kommentar, ich freu mich sehr. Bis zum nächsten mal :)


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