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Zwischen den Welten

Das Mary Sue-Projekt
von
Koautor:  Erenya

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Prolog

Das laute Hupen eines Autos holt mich aus meinen verlorenen Gedanken und lässt mich aufschrecken. Kurz taumle ich und weiche zwei Schritte zurück, nur um sicherzugehen.

„Hey, Vorsicht“, höre ich jemanden sagen. Die Stimme ist mir unbekannt. Ich nehme sie kaum wahr, zu tief sitzt mir der Schreck noch in den Gliedern. Unter meiner Hand, die ich mir im Reflex gegen die Brust gedrückt habe, schlägt mein Herz wie wild.

Was war los mit mir? Bin ich weggedriftet? Am helllichten Tage? Und dann auch noch mitten auf der Straße, wo sich neben mir noch weitere Personen aufhalten? Das sieht mir gar nicht ähnlich.

Ich bin so sehr mit meinen Gedanken beschäftigt, dass ich nur am Rande wahrnehme, wie eine Gruppe junger Leute an mit vorbeizieht. Studenten, tippe ich. Nicht viel älter als ich selbst, vielleicht sogar jünger. Eines der beiden Mädchen wirft mir einen Blick zu, der mir sagt, dass sie meine Zurechnungsfähigkeit anzweifelt. Das andere Mädchen unterhält sich mit dem Jungen und ich nehme Wortfetzen wahr, die in etwa lauten: „Das hätte jetzt fast geklappt“ und „Schlimm, dass die Leute nie aufpassen können“.

Mir dämmert, dass sie mich damit meinen. Jetzt erst sickert bei mir auch durch, dass ich kurz einen Druck gegen meinen Rücken gespürt hatte. Das war mir erst gar nicht aufgefallen. Vermutlich hätte ich einen von ihnen beinah angerempelt. Ich tippe auf den Jungen, der mich immerhin angesprochen hatte.

Die Gruppe biegt um eine rotgeziegelte Mauer. Ich erkenne dann, dass sie sich abwärts bewegen. Im ersten Moment bin ich verwirrt, bis ich verstehe, dass sie die Treppe eines Geschäftes oder etwas in der Art hinuntergehen. Seltsam, ich bin doch sonst nicht so begriffsstutzig.

Apropos: Wo bin ich eigentlich? Was mache ich hier, wo auch immer ich bin? Und was wollte ich eigentlich?

Kurz schaue ich mich um. Ich stehe vor einem Treppenaufstieg, der nach oben zur Hauptstraße führt. Die Straße, in der ich stehe, sagt mir nichts, also suche ich nach anderen Anhaltspunkten.

Unschlüssig gehe ich ein paar Schritte, bis ich vor der rotgeziegelten Mauer stehe. Tatsächlich befindet sich direkt dahinter ein Abstieg, direkt unter der Treppe nach oben. An der Ziegelwand erkenne ich ein Schild.

„»Meido no Hitsuji«“, lese ich laut vor. Irgendwie dämmert es mir. Der Name sagt mir etwas. Japanisch?

Ich kann noch gar keinen klaren Gedanken fassen, da höre ich eine laute Männerstimme rufen: „Hey, du!“

Ich fahre zusammen. Obwohl ich nicht weiß, ob ich gemeint bin, drehe ich mich nach der Person um. Ich erkenne einen hochgewachsenen Mann, den ich auf die Dreißiger tippe, mit kurzem brünetten Haar und Brille. Sein Gesicht wirkt streng, im einen Arm hält er eine Einkaufstüte, in der anderen Hand einen Holzstock. Aber was mich am meisten beunruhigt: Er sieht mich unverwandt an und steuert mit großen Schritten direkt auf mich zu.

„Was stehst du hier draußen herum?!“, fährt er mich an. Seine Stimme erscheint mir von Nahem noch viel lauter und ich höre den Bass, der etwas nachklingt. Ich fühle mich sofort unbehaglich, irgendwie bedroht und wie unter Appell. „Dein Einsatz hat längst begonnen! Rückzug ist eine Niederlage! Der Feind wartet, zurück an die Front!“

„Wa–?“, will ich einwerfen, komme aber nicht dazu, meine Frage zu stellen.

Ohne Vorwarnung greift er nach meinem Handgelenk. In diesem kurzen Moment bemerke ich, dass er schwarze Stoffhandschuhe trägt. Das allein würde in mir schon alle Alarmglocken läuten lassen, würde sich mein klar denkender Verstand nicht gerade heftig mit meinem Erinnerungsvermögen fetzen.

Sein Griff ist fest, aber nicht brutal. Selbst wenn ich wollte, könnte ich mich nicht daraus befreien. So habe ich keine andere Wahl, als ihm einmal um die Mauer herum zu folgen.

Mein Kopf läuft Amok. Dieser Mann ist ein Fremder für mich. Er könnte mit seinen Handschuhen wirklich alles sein von Keimphobiker bis Krimineller. Nur eines ist gewiss: Er ist mir nicht so unbekannt, wie er es wohl sein sollte. Logisch betrachtet.

Wir betreten einen Seiteneingang und stehen kurz darauf in einem hellen, schmalen Flur. Zeit bleibt mir keine, mich groß umzusehen. Ich registriere nur, wie die Luft von appetitlichen Gerüchen verschiedener Speisen erfüllt ist. Schon zieht mich der Mann weiterhin unbeirrt hinter sich her. Ich finde keinen Mut, Protest zu erheben, geschweige denn Gegenwehr. Von irgendwoher höre ich das typische Geräusch einer schwenkenden Pfanne mit etwas Brutzelndem darin.

„Du hast fünf Minuten!“, appelliert er erneut, kaum dass er mich in einen Raum hineingezogen hat. Das Erste, was ich hier sehe, sind Spinde und Bänke, woraus ich einen Umkleideraum schlussfolgere. „Zieh dich um und rüste dich für den Feind! Wir werden auch die heutige Schlacht nicht verlieren! Fünf Minuten!“ Dann zieht er die Tür mit einem Knall zu.

 

Tja, und da stehe ich nun. Im Umkleideraum des »Meido no Hitsuji«, wie mir scheint. Ganz entgegen jeder Logik.

Noch ganz verwirrt gehe ich zu den Spinden hinüber. An einem davon ist ein Schild mit meinem Namen darauf angebracht. Ich öffne ihn und sehe ein in Klarsichtfolie verpacktes rot-schwarzes Kostüm darin. Mir schwant, dass es meine Arbeitskleidung ist.

„Was zum Geier ist hier los?“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Und damit herzlich willkommen bei meinem Beitrag zum "Mary Sue-Projekt". Ich wurde erfolgreich beredet und verführt, sodass ich meine anfängliche Skepsis Schippe um Schippe begraben habe. Ein kurzer Probelauf hat mir schnell gezeigt, dass mir dieses Projekt viel Freude bereitet und ich bin sehr gespannt, welches Schicksal meine "Göttin" für mich ausersehen hat.

Wer immer mich auf meinem Weg ins Ungewisse begleiten mag, dem wünsche ich viel Spaß.


Hier noch meine eröffnende Anweisung für den Prolog:

»Liebe Shicchi, Amnesia das Ikki-verse ist deine neue kurze Heimat. Du stehst plötzlich vor der Tür des Cafés und Militär-Waka begrüßt dich mit seiner charmanten Art, durch die du bemerkst, dass du wohl schon längere Zeit dort angestellt bist.« Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2017-01-20T23:21:27+00:00 21.01.2017 00:21
Macht auf den ersten Blick einen sehr guten Eindruck, sodass ich mich ohne Umschweife an das unbekannte Fandom wage. Die Charakterbeschreibungen sind in den Avataren exquisit, und dass du ein Memo im Spoiler hältst, später für die Übersichtlichkeit vermutlich angebracht. Einordnungen, Themen, Tags - alles da und aufschlußreich. Glossar ist perfekt für Laien und als Stütze. Die Kurzbeschreibung finde ich, verglichen zum Stil im Prolog, nüchterner in den Satzanfängen.

Inhaltlich wird man direkt in den Übertritt geworfen, was den klassischen Anime-Filmclip assoziiert. Die Jugendlichen, das Murmeln, wie sich das Bild aufbaut, sehr gut aneinandergereiht und mit Verwunderung des SIs zur Kenntnis genommen. Das Hinterherziehen nach dem Appell habe ich als glaubhaft eingestuft, da die Überforderung hergeleitet wurde. Was das Kostüm sein soll, hätte ich ohne das Vorwissen nicht gecheckt, das ist mir als Farbkombi zu nichtssagend - evtl. später detaillierter.
Grundsätzlich bist du im Satzbau sehr einfach gehalten, wenig Attribute, gleichmäßige Verteilung zwischen Haupt- und Nebensätzen, variierende Konjunktionen. Das macht es ideal für zwischendurch und passt mMn zu dem sachlichen SI. Was im Ausdruck Punkte verschenkt, sind Wort(stamm)wiederholungen innerhalb weniger Zeilen, wie z.B. wahrnehmen x3 , rotgeziegelte Mauer x2/Ziegel, Männerstimme/Stimme x2, Spinde x2. In der Logik hab ich mich gefragt, wo er den Gehstock, respektive Einkaufstüte lässt, um das SI zu greifen.
Dialogtechnisch ist die komplette Szene stark, der Mann ist eingängig-schräg und wird mit Panik bis Schock eingestuft.
Was mir im Aufbau extrem gut gefiel, war der Moment, als Pfanne und Gerüche im Spiel waren. Da hat alles gestimmt in dem Absatz, perfekt.
Ich bin interessiert, wieso das SI nicht nach Fluchtweg sucht, sondern sich in der Kabine - mit Gesellschaft - zuerst dem Schrank zuwendet. Als Cliffhanger gut gemacht.

Cylk.
Antwort von:  Shizana
21.01.2017 05:34
Ich habe geahnt, dass ich von dir hören werde. Nicht, dass mich das nicht freut. Ich hatte hohe Erwartung in deine Kritik!

Vielen Dank für das umfangreiche Feedback und Einschätzung zum Ersteindruck. Es freut mich, dass er so positiv ausgefallen ist.
Die Wortwiederholungen wird man mir in den ersten Kapiteln bitte nachsehen müssen. Ich habe vor, sie noch einmal beizeiten zu überarbeiten, aber [insert Ausrede here]. Ebenso mit Füllwörtern und einigen Unnötigkeiten im Text und Satzbau. Habe ich im Blick. Damals war ich noch nicht so sensibilisiert auf einige Dinge, die ich heute eher beachte. Ich denke und hoffe, dass sich das in späteren Kapiteln gebessert hat.
Du darfst natürlich dennoch gern ansprechen, was dir auffällt, versteht sich. Ich gehöre zu denen, die zielführende Kritik ebenso wie Lob zu schätzen wissen.

Warum der SI nicht an Flucht denkt? Ganz einfach: Ich fliehe nicht, prinzipiell nicht. Ich weiche aus oder ziehe mich gelegentlich zurück, das ja. Aber Flucht setzt bei mir eine ernste (Lebens)Gefahr voraus, die mir diese Situation nicht bietet. Ich werde lediglich mit dem Ereignis überrannt.
Anders sähe mein Verhalten sicher bei einem Feuer, Mörder oder T-Rex aus. Wobei die Flucht vor einem T-Rex die dümmere Wahl wäre, wenn man Jurassic Park Glauben schenken darf. ;)

Ich freue mich sehr über deine Einschätzung bezüglich Logik, Zusammenhang und Wirkung. Das ist mir persönlich ebenfalls sehr wichtig. Danke, dass du dir die Zeit für all das genommen hast.

Liebe Grüße
Shizana


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